BGH,
Urt. v. 5.9.2006 - 1 StR 107/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 107/06
vom
5.9.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
5.09.2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur
Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 6.10.2005, der Frist zur Stellung des Antrags auf
Entscheidung des Revisionsgerichts nach Verwerfung der Revision durch
das Landgericht und der Fristen zur Stellung der
Wiedereinsetzungsanträge Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt.
2. Der Beschluss des Landgerichts Landshut vom 11. Januar 2006 ist
damit gegenstandslos.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 6.10.2005 wird mit der Maßgabe verworfen, dass
der Angeklagte,
a) soweit er wegen Computerbetrugs verurteilt ist, des Computerbetrugs
in 11 Fällen und
b) soweit er wegen versuchten Computerbetrugs verurteilt ist, des
versuchten Computerbetrugs in drei Fällen
schuldig ist.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und
der Wie-
dereinsetzung.
Von Rechts wegen
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Gründe:
I.
Hinsichtlich der Wiedereinsetzungsentscheidung, die zur
Gegenstandslosigkeit des Verwerfungsbeschlusses des Landgerichts vom
11. Januar 2006 führt, verweist der Senat auf die zutreffenden
Ausführungen der Generalbundesanwältin in ihrem
Antrag vom 14.07.2006.
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II.
Nachdem der Angeklagte wegen einer Einbruchsserie in Pkws und weiterer
Straftaten (z. B. versuchter schwerer räuberischer Erpressung)
verhängte langjährige Freiheitsstrafen
verbüßt hatte, lebte er "nach eigenem
Eingeständnis von Straftaten". Teils zusammen mit seinem
Vater, teils mit anderen Mittätern brach er vor allem Pkws
auf, aus denen er insbesondere Mobiltelefone und EC-Karten entwendete;
teilweise entwendete er auch Pkws oder versuchte dies. Weitere
Straftaten, insbesondere Betrug, Computerbetrug,
Urkundenfälschung und Ausweismissbrauch hingen mit der
Verwertung der Beute zusammen. Hinzu kam häufiges Fahren ohne
Fahrerlaubnis. Dem Angeklagten war bereits vor Jahren die Fahrerlaubnis
gerichtlich entzogen worden; eine neue hat er auch nach Ablauf der
Sperrfrist nicht erworben. Gleichwohl fuhr er immer wieder auf
öffentlichen Straßen mit einem Pkw. Er wurde wegen
insgesamt mehr als 100 Straftaten - davon dreizehn Mal Fahren ohne
Fahrerlaubnis - zu sieben Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
Zugleich wurde eine (isolierte)
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Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von vier
Jahren (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) festgesetzt.
Seine auf die näher ausgeführte Sachrüge
gestützte Revision führt zu dem für die
Gesamtfreiheitsstrafe im Ergebnis nicht bedeutsamen Wegfall einiger
Fälle des Computerbetrugs, bleibt aber im Übrigen
auch unter Berücksichtigung der schriftlichen
Ausführungen seines früheren Verteidigers
(Rechtsanwalt S. ) erfolglos.
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1. Zu den Schuldsprüchen wegen (versuchten) Computerbetrugs in
Fällen, in denen kurz hintereinander mehrere Abhebungen vom
Konto eines Geschädigten erfolgten oder versucht wurden, hat
die Generalbundesanwältin in ihrer Antragsschrift zutreffend
ausgeführt:
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"Nach den Urteilsfeststellungen wurden die Geldabhebungen bei
Bankautomaten in den Fällen unter V. der
Urteilsgründe in aller Regel von dem Mitangeklagten G. H.
durchgeführt, während der Angeklagte es
übernahm, nach der notierten PIN-Nummer zu suchen und
Aufpasserdienste zu leisten. Auch in den Fällen unter XI. 3.
b. nahm der Mitangeklagte die Abhebungen vor. Zwar muss sich der
Angeklagte als Mittäter auch die allein vom Mitangeklagten
abgewickelten Abhebungen nach § 25 Abs. 2 StGB zurechnen
lassen. Diese Zurechnungsnorm zwingt aber nicht dazu, dem
Mittäter die von einem anderen Täter
eigenhändig tatmehrheitlich begangenen Taten zur Last zu
legen. Vielmehr ist jeder der Mittäter hinsichtlich der Frage
des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen i.S.d.
§§ 52, 53 StGB nur nach seinem individuellen
Tatbeitrag zu beurteilen (vgl. BGH NStZ 1997, 121; BGHR StGB §
52 Abs. 1 Handlung dieselbe 29,
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jew. m.w.N.). Auf die Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis
die von dem Mitangeklagten vorgenommenen Einzelabhebungen stehen, kommt
es deshalb nicht an. In den Fällen V. 1. a. - c. (drei
Abhebungen),
V. 7. a. - d. (vier Abhebungen),
V. 8. a., b. (zwei Abhebungen),
V. 9. a., b. (zwei Abhebungen),
V. 11. a. - d. (drei Abhebungen, ein Versuch),
XI. 3. b. (vier Abhebungen) liegen somit nicht 18 vollendete Taten und
eine versuchte Tat, sondern lediglich insgesamt sechs Vergehen des
Computerbetruges vor. Damit entfallen zwölf Fälle des
vollendeten und ein Fall des versuchten Computerbetrugs.“
2. Im Übrigen enthält der Schuldspruch keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Der Senat verweist auch
insoweit auf die Ausführungen der
Generalbundesanwältin.
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3. Zu den Auswirkungen der Änderungen des Schuldspruchs auf
den Strafausspruch hat die Generalbundesanwältin in ihrem
Antrag vom 14.07.2006 zutreffend ausgeführt:
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"Der Wegfall von zwölf Einzelstrafen in Höhe von
sieben Monaten Freiheitsstrafe wegen Computerbetrugs und einer weiteren
Einzelstrafe in Höhe von fünf Monaten Freiheitsstrafe
wegen versuchten Computerbetrugs gefährdet den
Gesamtstrafenausspruch nicht. Der Senat wird ausschließen
können, dass die Strafkammer angesichts der Vielzahl
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und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen auf der Grundlage des
geänderten Schuldspruchs eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
gebildet hätte, zumal die bloße Korrektur des
Konkurrenzverhältnisses keine Verringerung des Tatunrechts und
des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge gehabt hätte
(BGH NStZ 1999, 513, 514 m.w.N.)."
4. Auch im Übrigen ist der Strafausspruch rechtsfehlerfrei,
wie die Generalbundesanwältin im Einzelnen ausgeführt
hat.
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5. Schließlich hält auch die Anordnung einer
isolierten Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis
rechtlicher Überprüfung stand, wie dies der Vertreter
der Generalbundesanwältin in der Hauptverhandlung vor dem
Senat zutreffend ausgeführt hat. Auch der Senat hält
die Anordnung der isolierten Sperrfrist für rechtsfehlerfrei.
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a) Wer bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines
Kraftfahrzeuges (§ 69 Abs. 1 StGB) ein "typisches
Verkehrsdelikt" begeht, verstößt
regelmäßig dadurch gegen die Pflichten eines
Kraftfahrers (vgl. Großer Senat für Strafsachen
BGHSt 50, 93, 97, 103); dabei sind Verkehrsstraftaten nicht allein
solche, die im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB
aufgeführt sind (aaO 103).
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b) Eine in diesem Sinne typische Verkehrsstraftat ist auch das Fahren
ohne Fahrerlaubnis (vgl. Athing in MK-StGB § 69 StGB Rdn. 56;
Herzog in NK-StGB 2. Aufl. § 69a Rdn. 10;
Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 69 Rdn. 38;
Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot im Straf-
und Ordnungswidrigkeitenrecht 10. Aufl. Rdn. 602 m.w.N.). Wem die
Erlaubnis fehlt, mit dem Pkw am öffentlichen
Straßenverkehr teilzunehmen, der verletzt, wenn er es
trotzdem tut, eine typische Pflicht im Zusammenhang mit dem
Führen ei-
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nes Kraftfahrzeugs - Teilnahme am öffentlichen Verkehr nur mit
Erlaubnis - in besonders augenfälliger Weise.
c) Fahren ohne Fahrerlaubnis, zumal, wenn es wie hier häufig
und nach gerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis begangen wurde,
deutet auf fehlende charakterliche Eignung zum Führen von
Kraftfahrzeugen hin (vgl. BayObLG bei Bär, DAR 1990, 361, 365;
OLG Koblenz VRS 69, 298, 300 f.; Athing aaO; Tröndle/Fischer
aaO; Hentschel aaO m.w.N.). Freilich kann im Einzelfall auch eine
andere Beurteilung in Betracht kommen. Der - im Einzelnen umstrittenen
- Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen dies der Fall sein
kann (vgl. Hentschel aaO Rdn. 602, 740 m.w.N.) braucht der Senat aber
hier nicht näher nachzugehen. Die Beurteilung der in Rede
stehenden charakterlichen Eignung obliegt dem Tatrichter (BGHSt aaO
104), der dabei auch die Erkenntnisse zur Persönlichkeit des
Täters zu berücksichtigen hat (aaO 103).
Gründe, warum die Strafkammer mit ihrer Annahme, dem
Angeklagten fehle diese Eignung, die ihr bei dieser Beurteilung
gezogenen Grenzen überschritten haben könnte, sind
nicht erkennbar.
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d) Auch die Dauer der Sperrfrist ist ohne den Angeklagten
benachteiligenden Rechtsfehler bemessen.
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Herr RiBGH Dr. Boetticher
befindet sich in Urlaub und ist
deshalb an der Unterschrift
verhindert.
Nack Wahl Nack
Schluckebier Kolz |