BGH,
Urt. v. 6.12.2001 - 1 StR 215/01
StGB § 266
Vergibt der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus deren
Vermögen Zuwendungen zur Förderung von Kunst,
Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die
Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des
§ 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche
Pflichtverletzung; diese muß vielmehr gravierend sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer
Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien.
Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum
Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags-
und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz
sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein
persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser
Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung im Sinne
des § 266 StGB vor.
BGH, Urt. vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01 - LG Offenburg
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 215/01
vom
6. Dezember 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat aufgrund der Verhandlung
vom 4. Dezember 2001 in der Sitzung am 6. Dezember 2001, an denen
teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof Nack als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Boetticher, Schluckebier, Dr.
Kolz, Hebenstreit, Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten K. - in der
Verhandlung -, Rechtsanwalt als Verteidiger für den
Angeklagten S., Justizangestellte und Justizangestellte als
Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle, für Recht
erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Offenburg vom 29. Dezember 2000 im Ausspruch über die
Gesamtgeldstrafen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Untreue in zehn
Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen
zu je 150 DM verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen Untreue in
vier Fällen und wegen Anstiftung zur Untreue in zwei
Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen
zu je 200 DM verurteilt und ihn wegen eines weiteren Teilkomplexes
freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die
Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Eine
im Revisionsverfahren vorgenommene Verfahrensbeschränkung
führt zur Aufhebung der Gesamtgeldstrafen; im übrigen
sind die Revisionen nicht begründet.
A.
Der Angeklagte K. war von 1973 bis Oktober 1998 Vorstandsvorsitzender
der Südwestdeutschen Verkehrs AG (künftig: SWEG) mit
Sitz in Lahr. Alleinaktionär der Gesellschaft ist das Land
Baden-Württemberg. Das Tätigkeitsgebiet des
Verkehrsunternehmens erstreckt sich von Lörrach über
die Ortenau und das Rhein-Neckar-Gebiet bis nach Bad Mergentheim. Zur
wirtschaftlichen Lage hat das Landgericht festgestellt:
Das Stammkapital betrug am 14. September 1971 5.081.000,00 DM. Im
Dezember 1991 erfolgte eine Erhöhung auf 10.081.000,00 DM.
1992 und 1993 wies die SWEG ausweislich den Gewinn- und
Verlustrechnungen jährliche Fehlbeträge von 10 bzw.
5,4 Mio. DM auf, 1994 wurde dann ein Jahresüberschuß
von 253.000,00 DM erwirtschaftet, der 1995 auf 284.000,00 DM und 1996
auf 351.000,00 DM gesteigert werden konnte. 1992 betrug die
ausgewiesene Bilanzsumme 166 Mio. DM, 1996 173 Mio. DM. Der nicht durch
Eigenkapital gedeckte jährliche Bilanzverlust verringerte sich
von 13,5 Mio. DM im Jahr 1992 über 8,6 Mio. DM auf rd. 4 Mio.
DM zum Jahresende 1996.
Der Angeklagte S. war seit 1989 Wirtschaftsminister des Landes
Baden-Württemberg, wechselte 1992 als Minister ins
Verkehrsministerium und wurde ab 1996 nach der Vereinigung zweier
Ministerien Umwelt- und Verkehrsminister. In seiner Eigenschaft als
Verkehrsminister wurde er turnusmäßig zum 1. Januar
1996 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der SWEG gewählt. Von dem
Ministeramt trat er im Oktober 1998 zurück und ist heute als
Rechtsanwalt in Reutlingen tätig.
Der Angeklagte S. war seit November 1995 auch Präsident des
Sportvereins SSV Reutlingen. Der Verein hatte seit 1993 finanzielle
Probleme. Bereits in den 80er Jahren hatte der Angeklagte eine Vielzahl
von Sponsoren aus dem Bereich der Wirtschaft dazu gebracht, dem Verein
Darlehen oder Spenden zukommen zu lassen.
B.
I.
Zu dem Komplex II. 1a bis c (SSV Reutlingen) hat das Landgericht
folgende Feststellungen getroffen:
1. Mitte des Jahres 1995 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K.
als Vorstandsvorsitzenden der SWEG heran und forderte ihn zu einer
Spende für den SSV Reutlingen auf. Zu dieser Zeit stand
bereits fest, daß der Angeklagte S. in absehbarer Zeit
turnusmäßig den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden
bei der SWEG übernehmen würde. Der Angeklagte K.
ließ daraufhin einen Betrag von 25.000 DM von der Hauptkasse
der SWEG auf das Konto der Sekretariatskasse überweisen, die
überwiegend für Barausgaben für die
Mitglieder des Aufsichtsrats und ähnliche Aufwendungen
bestimmt war. Die Sekretariatskasse lief nicht über die
Hauptbuchhaltung. Seine Sekretärin hob einen Betrag von 20.000
DM ab und der Angeklagte K. übergab dem Angeklagten S. das
Geld, das - wie dieser wußte - aus dem Vermögen der
SWEG stammte, in einem neutralen Briefumschlag in einem Hotel in
Reutlingen. Dem Angeklagten S. war bewußt, daß
allein seine Aufforderung den Angeklagten K. zu der Spende
veranlaßte, weil K. sich ihm als Verkehrsminister und
künftigen Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewogen zeigen und
ihm einen Gefallen erweisen wollte. Der Angeklagte K. ließ
zur Verbuchung des Betrages für die Hauptkasse einen Beleg mit
dem Vermerk: "Zuwendung für Jugendarbeit des SSV Reutlingen"
erstellen. Der Angeklagte S. hinterlegte die 20.000 DM in zwei
Briefumschlägen in dem Hotel in Reutlingen, wo sie von einer
Mitarbeiterin des Reutlinger Wochenblattes, dessen Anzeigenleiter
für die Herausgabe der Stadionzeitung und
Werbemaßnahmen verantwortlich war, abgeholt wurde. Die Briefe
wurden in den Verlagsräumen in das Fach des SSV Reutlingen
gelegt, wo sie von nicht näher festzustellenden
Verantwortlichen des Vereins abgeholt wurden. Die weitere Verwendung
der Gelder konnte nicht aufgeklärt werden; in den
Geschäftsbüchern des Vereins erfolgte keine
Verbuchung.
2. Im Januar 1996 war der Angeklagte S. zum Vorsitzenden des
Aufsichtsrats der SWEG gewählt worden. Er erbat vom
Angeklagten K. eine weitere Zahlung von 15.000 DM für den
Sportverein. Der Angeklagte K. wollte dem damaligen
Aufsichtsratsvorsitzenden wiederum einen Gefallen erweisen. Die
Beschaffung des Betrages erfolgte erneut über das Konto der
Sekretariatskasse. Der Angeklagte K. übergab das Geld in bar
an den Angeklagten S. in einem Restaurant in Freudenstadt. Auf dem
Beleg für die Buchhaltung war als Zweck auch diesmal die
Jugendarbeit des SSV Reutlingen vermerkt. Tatsächlich kam der
Betrag dem Verein nur auf Umwegen zugute. Der Angeklagte S. schenkte
den Betrag einem Gönner des Vereins, der dem Verein Darlehen
in großer Höhe gewährt hatte. Da dieser
Förderer sein Engagement 1995 deutlich reduziert hatte,
dienten die 15.000 DM dazu, den Mäzen dem Verein
gegenüber wieder geneigter zu stimmen.
3. Im Juni 1997 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K. erneut
wegen einer Spende von 10.000 DM heran, die auch diesmal vom
Angeklagten K. aus der Hauptkasse über das Konto der
Sekretariatskasse beschafft wurde. In einem weiteren Vermerk hielt er
fest, daß 10.000 DM dem SSV Reutlingen für die
Jugendarbeit zugewendet worden seien. Tatsächlich
händigte der Angeklagte S. den Betrag einem weiteren
Mäzen aus, um diesen dem Verein gegenüber wieder
geneigter zu stimmen, da auf ein gewährtes Darlehen vom Verein
keine Rückzahlungen geleistet worden waren. Die anderen
Funktionäre des Vereins erfuhren von dieser Zahlung nichts, in
der Buchhaltung des Vereins ist der Betrag als teilweise
Kreditrückführung nicht enthalten.
II.
Den strafrechtlichen Vorwurf der Untreue leitet die Strafkammer
hinsichtlich des Angeklagten K. daraus her, daß er seine
Befugnisse als Vorstandsvorsitzender der SWEG mißbraucht
habe. Er habe die Zahlungen an den SSV Reutlingen aus Mitteln der SWEG
nur deshalb getätigt, um dem damaligen Verkehrsminister und
späteren Aufsichtsratsvorsitzenden einen Gefallen zu tun;
deshalb sei die von ihm vertretene SWEG bei keiner
Geldübergabe in Erscheinung getreten und die
Empfänger der Gelder hätten von der wahren Person des
Spenders nichts erfahren. Dem Angeklagten stehe zwar aufgrund seiner
Leitungsbefugnis als Vorstand einer Aktiengesellschaft für
sein unternehmerisches Handeln ein Ermessensspielraum zu (§ 76
AktG). Dazu könnten auch Spenden der Aktiengesellschaft
für wissenschaftliche, künstlerische oder sportliche
Zwecke u.a. gehören. Dabei müßten immer die
Interessen der Anteilseigner der Gesellschaft gewahrt sein. Dies sei
aber nur der Fall, wenn die Zuwendungen einen betrieblichen Bezug
hätten.
Der Angeklagte S. sei im Fall II. 1a der Anstiftung zur Untreue
schuldig, weil er den Angeklagten K. zu der ersten Zahlung bestimmt
habe. Dieser habe sich zu der Zahlung verleiten lassen, weil der
seinerzeitige Verkehrsminister und Angeklagte S. als Vorsitzender des
Aufsichtsrats vorgesehen und für das Verkehrsunternehmen SWEG
von erheblicher Bedeutung gewesen sei. Nachdem der Angeklagte S.
Aufsichtsratsvorsitzender geworden war und den Angeklagten K. zu zwei
weiteren Zahlungen veranlaßt habe, habe er gegen seine
Aufsichtsratspflichten nach § 116 AktG verstoßen,
indem er kollusiv mit dem Vorstandsvorsitzenden zum Nachteil der
Gesellschaft zusammengewirkt habe.
III.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten, die Auffassung der
Strafkammer, wonach Ausgaben der SWEG für unternehmensfremde
Zwecke nur dann statthaft seien, wenn ihnen ein betrieblicher Bezug
jedenfalls unter dem Aspekt von "public relations" für das
Unternehmen zukomme, werde dem
Geschäftsführungsermessen des Vorstands nicht
gerecht. Es sei selbstverständlich, daß eine
Aktiengesellschaft unter Werbeaspekten auch hohe Ausgaben für
das Sponsoring von Sportlern oder Sportvereinen tätigen
dürfe. Der Aspekt des Vorteils für das Unternehmen
sei jedoch nicht allein maßgeblich. Eine Aktiengesellschaft
dürfe auch "non-profit-Ausgaben" tätigen, und zwar
auch dann, wenn sie nicht nach außen in Erscheinung trete.
Dabei dürften auch persönliche Präferenzen
eine Rolle spielen.
Hiervon unabhängig habe jedenfalls die erste Zahlung von
20.000 DM zugunsten des SSV Reutlingen nicht zu einem
Vermögensschaden bei der SWEG geführt, weil nach der
festgestellten Gesamtsituation die "Landschaftspflege" im politischen
Bereich der Gesellschaft wirtschaftliche Vorteile bringen konnte, die
die eingesetzten Mittel aufgewogen oder sogar weit übertroffen
hätten.
Die Beanstandungen haben keinen Erfolg.
IV.
Soweit der Angeklagte K. aus dem Vermögen der SWEG Zuwendungen
an den SSV Reutlingen getätigt hat, hat die Strafkammer seine
Strafbarkeit nach dem Mißbrauchstatbestand des § 266
StGB beurteilt.
Als Vorstandsvorsitzender hatte der Angeklagte K. die Befugnis,
über das Vermögen der SWEG zu verfügen. Zwar
ist nicht ausdrücklich festgestellt, daß er im
Außenverhältnis alleinvertretungsbefugt war (vgl.
§ 78 Abs. 2 AktG). Das kann jedoch im Ergebnis dahingestellt
bleiben. Die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten K. im
Sinne des Mißbrauchstatbestands und seine
Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des
Treubruchtatbestandes stimmten hier überein (vgl. BGH NJW
1984, 2539, 2540). Hat er bei im Außenverhältnis
wirksamen Verfügungen gegen seine
Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, so
hätten die Maßnahmen auch einen Verstoß
gegen seine Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des
Treubruchtatbestands dargestellt.
1. Die gesellschaftsrechtlichen internen Pflichten des Vorstands sind
von §§ 76, 93 AktG umschrieben. Nach § 76
AktG hat der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu
leiten; gemäß § 93 AktG hat er dabei die
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters anzuwenden. Weiter ins einzelne gehende
Regelungen enthält das Aktiengesetz dagegen nicht.
Satzungsrechtliche Konkretisierungen dieser Pflichten hat das
Landgericht nicht festgestellt.
a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Frage der
Schadensersatzpflicht des Vorstandes gegenüber der
Aktiengesellschaft dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte
des Gesellschaftsunternehmens einen weiten Handlungsspielraum
zugebilligt. Ohne ihn sei eine unternehmerische Tätigkeit
schlechterdings nicht denkbar (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR
175/95 = BGHZ 135, 244, 253 "ARAG"; Henze NJW 1998, 3309, 3310).
b) Dieser weite Handlungsspielraum gilt grundsätzlich auch
dann, wenn der Vorstand als Ganzes oder einzelne seiner Mitglieder
Zuwendungen leisten zur Förderung von Kunst, Wissenschaft,
Sozialwesen und Sport.
In der aktienrechtlichen Diskussion ist es heute unumstritten,
daß eine Beteiligung am Sozialleben durch
mildtätige, politische, kulturelle oder an den Sport
gerichtete Zuwendungen auch für Aktiengesellschaften im Rahmen
ihrer Geschäftstätigkeit gesellschaftsrechtlich
grundsätzlich zulässig ist (nur beiläufig
BGHZ 23, 150, 157; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 76 Rdn.
14; Hopt in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 93 Rdn. 120;
Mertens in Kölner Kommentar zum AktG 2. Aufl. § 76
Rdn. 32; Fleischer AG 2001, 171, 175; Mertens AG 2000, 157 ff. zur
Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Stiftungsinitiative der
Deutschen Wirtschaft: "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"; Kind NZG
2000, 567 ff. zur Zulässigkeit von Parteispenden durch den
Vorstand einer Aktiengesellschaft; H.P. Westermann ZIP 1990, 771 ff.;
Vorderwülbecke BB 1989, 505 ff. jeweils m.w.N.). Die
Erscheinungsformen dieser Unternehmensförderung werden
generell nach dem jeweils primär verfolgten
eigennützigen, steuerlichen oder altruistischen Zweck in drei
große Gruppen eingeteilt.
aa) Beim klassischen Sponsoring werden Geld oder geldwerte Vorteile
durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder
Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen oder
ähnlichen bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen
vergeben, damit aber zugleich eigene unternehmensbezogene Ziele der
Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt. Häufig
werden die gegenseitigen Leistungen von Sponsor und Gesponsortem
vertraglich vereinbart (Bruhn-Mehlinger, Rechtliche Gestaltung des
Sponsoring 2. Aufl. 1995 Bd I S. 3 ff.; Krome DB 1999, 2030).
bb) Dagegen erfolgt die Spendenvergabe an gemeinnützige
Organisationen in der Regel ohne die Erwartung auf eine unmittelbare
Gegenleistung. Die Gesellschaft kann die Aufwendung jedoch steuerlich
absetzen (§ 10b EStG, § 9 KStG oder § 9 Nr.
5 GewStG).
cc) Beim Mäzenatentum erwartet der Mäzen
regelmäßig keine Gegenleistung für seine
Unterstützung; häufig verzichtet er auch darauf,
über seine Förderung öffentlich zu sprechen.
c) Für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlich
zulässigen Förderaktivitäten eines
Unternehmens kommt es nicht auf die Bezeichnung an.
Maßgeblich ist, wie sich die Maßnahme aufgrund der
gesamten Umstände, unter denen sie vorgenommen wurde,
darstellt. Dabei werden insbesondere die Motive der betroffenen
Personen oder Organisationen, der Umfang der Leistungen und der
Gegenleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie erbracht wurden,
eine Rolle spielen (vgl. Bruhn-Mehlinger aaO S. 7).
aa) Welche Geschäftsstrategien der Vorstand einer
Aktiengesellschaft bei der Vergabe derartiger Leistungen einschlagen
und welche Ziele er zur Förderung des Unternehmenszweckes
anstreben darf, regelt das Aktiengesetz nicht im Detail.
Gewinnstreben und Freigebigkeit werden dabei aber nicht stets als sich
widersprechende, sondern durchaus als komplementäre Ziele
angesehen. Würden unentgeltliche Zuwendungen
ausschließlich wegen ihrer direkt gewinnsteigernden
Zielsetzung zugelassen, so käme der Vorstand nicht umhin, die
eigennützige Motivation hinter jeder
Fördertätigkeit herauszustellen, weil sich deren
vielberufene Werbewirkung keineswegs immer in Mark und Pfennig
beziffern und schon gar nicht bilanziell abbilden
läßt (Fleischer aaO S. 174).
Unternehmen nutzen deshalb heute die Förderung von Kultur-
oder Sportveranstaltungen für Werbezwecke, ohne daß
der wirtschaftliche Nutzen im einzelnen genau bestimmt werden kann.
Gerade das Sportsponsoring dient zu einem großen Teil der
Imagewerbung von Großunternehmen (Daimler-Benz, BMW, Deutsche
Post und ihr Engagement im Automobilsport; Deutsche Telekom und der
Mannschaftsradsport). So erkennt der Bundesgerichtshof unter
gesellschaftsrechtlichen Aspekten die Kompetenz des Vorstands des
Sportartikelherstellers Adidas für das entgeltliche Sponsoring
ausdrücklich an, aufgrund dessen die Gesellschaft durch den
Abschluß von Lizenzverträgen mit Sportvereinen deren
Namen und Logos verwerten darf, um dann einen Werbeeffekt für
die eigenen Produkte zu erzielen (BGHZ 144, 290). Durch das Auftreten
eines Unternehmens als Sponsor, etwa des Fußballvereins
"Bayer Leverkusen", soll die Öffentlichkeitswirksamkeit gerade
dieser Dauerverbindung genutzt werden. Auch solche Zuwendungen an
Sportvereine, die nicht offen zu Werbezwecken eingesetzt werden,
können als verdecktes Sponsoring den "public relations"
dienen, wenn sie nach dem Grundsatz eingesetzt werden: "Tue Gutes und
rede darüber" (vgl. Rittner, FS Gessler [1971] S. 139, 155;
ähnlich Kind aaO S. 568).
Darüber hinaus kann und darf sich der Vorstand als
Träger der Unternehmensfunktion nicht der Einsicht
verschließen, daß die Aktiengesellschaft
für ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften auf den
Rückhalt aller Bezugsgruppen angewiesen ist. Zwischen einem
rein altruistischen und einem - langfristig - egoistischen Verhalten,
das auf eine für den Erfolg des Unternehmens wesentliche
Umweltstabilisierung - "good will-Verfestigung" - zielt, wird sich
daher kaum je eine scharfe Unterscheidung treffen lassen. Es ist mit
den Verhaltenspflichten des Vorstands als eines ordentlichen
Geschäftsleiters daher durchaus vereinbar, daß er
unentgeltliche Zuwendungen allein mit dem Ziel ausreicht, die soziale
Akzeptanz der Aktiengesellschaft zu verbessern, sie als "good corporate
citizen" darzustellen und dadurch indirekt ihr wirtschaftliches
Fortkommen zu verbessern (vgl. Westermann, ZIP 1990, 771, 774).
§ 93 Abs. 1 AktG gewährt dabei einen breiten
Spielraum unternehmerischen Ermessens dafür, auf welche Art
der Vorstand Loyalität für die Gesellschaft und deren
gutes Ansehen zu gewinnen trachtet. Ebensowenig wie
Werbemaßnahmen für einzelne Produkte unterliegt
daher die Frage, welche Form der Imagewerbung für das
Gesamtunternehmen als erfolgversprechend anzusehen ist, einer
gerichtlichen Kontrolle (Fleischer aaO S. 175). Dem Vorstand ist damit
in der Frage, welchen Aufwand er für soziale Zwecke treibt,
auf welche Gewinne er aus ethischen Gründen verzichtet und
für welche sozialen, politischen und kulturellen Zwecke er
Mittel der Gesellschaft einsetzt, ein breiter Ermessensspielraum
zuzuerkennen.
bb) Allerdings ergibt sich für die aus der Leitungsbefugnis
abgeleitete Vorstandskompetenz zur Ausreichung von Unternehmensspenden
kein unbegrenzter Freiraum; vielmehr sind seinem Ermessen
äußere Grenzen gesetzt. Zu erwarten ist,
daß der Vorstand auch soziale Entscheidungen mit der Sorgfalt
eines pflichtbewußten Unternehmers trifft und
Vermögensopfer mit der Sorgfalt eines Treuhänders
erbringt, der über Geld verfügt, das ihm nicht
gehört, sondern der juristischen Person. Insbesondere darf er
privaten Präferenzen ("pet charities", vgl. Fleischer aaO S.
179) keinen unangemessenen Raum geben, er hat auch insofern sorgsam zu
wirtschaften, und er muß seine Entscheidung jeweils in
Abwägung der ihm obliegenden Verantwortung für den
Unternehmenserfolg treffen (vgl. BGHZ 135, 244, 253).
cc) Die Abgrenzung, inwieweit im Einzelfall Unternehmensinteressen
verfolgt oder ob mit dem Geld der Gesellschaft ausschließlich
Privatbelange gefördert werden, obliegt grundsätzlich
der Beurteilung des Vorstands. Zwar darf er mit dem Geld der
Gesellschaft auch seine eigene politische Überzeugung, private
Liebhaberei für Kunst und Wissenschaft oder seine Begeisterung
für eine bestimmte Sparte des Sports verfolgen. Hier gilt
aber: Je loser die Verbindung zwischen dem Geförderten und dem
Unternehmensgegenstand, desto enger ist der Handlungsspielraum des
Vorstands und desto größer sind die Anforderungen an
die interne Publizität. Bei unentgeltlichen, nicht erkennbar
mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Zuwendungen
an Dritte muß sich der Vorstand an dem möglichen
Nutzen orientieren, den ein solches Verhalten der sozialen Akzeptanz -
dem "standing" - des Unternehmens in der allgemeinen oder auch nur in
der interessierten Öffentlichkeit sowie dem Ansehen der
Unternehmensleitung bei der Belegschaft und dergleichen bringt (Breuer
[FAZ Nr. 273 vom 23. November 2000] spricht bei der finanziellen
Förderung des Fußballvereins Eintracht Frankfurt
durch die Deutsche Bank vom "Vierklang der Interessen von
Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit").
dd) Bestehen bei bedeutsameren Zuwendungen Zweifel, ob sie im Interesse
des Unternehmens liegen, oder erfüllt das einzelne
Vorstandsmitglied damit seine ganz persönlichen Vorlieben oder
Interessen, so kann das betroffene Vorstandsmitglied die Entscheidung
nicht allein treffen, auch wenn es nach der internen
Geschäftsverteilung für die Vergabe von
Fördermitteln zuständig wäre (vgl. Hopt aaO
§ 93 Rdn. 132 ff.). Darüber hinaus ist der Vorstand -
als Kehrseite seines Ermessensspielraums - gegenüber den
anderen Gesellschaftsorganen zur Offenheit verpflichtet, um ihnen
Kontroll- und Rügemöglichkeiten zu eröffnen
für den Fall, daß ihrer Meinung nach Mittel der
Gesellschaft ausschließlich für andere als durch den
Gesellschaftsgegenstand vorgegebene Zwecke verwendet werden (vgl.
Westermann aaO S. 776; Mertens FS Goerdeler [1987] S. 349, 358). Dies
folgt auch aus dem sich aus § 77 AktG ergebenden Prinzip der
Gesamtverantwortung des Vorstandes für die
Geschäftsleitung und der nicht delegierbaren Pflicht des
Gesamtorgans zur Selbstkontrolle (Hüffer aaO § 77
Rdn. 15, 18).
ee) Hinsichtlich des Spendenvolumens gilt das Gebot der Angemessenheit:
Die korporative Freigebigkeit muß sich insgesamt im Rahmen
dessen halten, was nach Größenordnung und
finanzieller Situation des Unternehmens als angemessen angesehen werden
kann (vgl. nur Mertens AG 2000 S. 157, 162 Fn. 28). Dafür
bieten der Zuschnitt und die Ertragslage der Aktiengesellschaft
wichtige Anhaltspunkte. Besondere Beurteilungsschwierigkeiten ergeben
sich schließlich bei einer angespannten Finanzlage. So wie es
in Krisenzeiten nicht tunlich sein kann, den Werbeetat drastisch zu
kürzen, wird man vom Vorstand in Verlustjahren weder
ökonomisch noch juristisch verlangen können, auf
Unternehmensspenden gänzlich zu verzichten. Allerdings ist bei
dauerhafter oder längerfristiger Ertragsschwäche eine
sorgfältige Prüfung der Spendenpraxis unter dem
Gesichtspunkt des Unternehmensinteresses erforderlich.
2. Vergibt der Vorstand aus dem Vermögen einer
Aktiengesellschaft Zuwendungen zur Förderung von Kunst,
Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die
Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des
§ 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche
Pflichtverletzung; diese muß vielmehr gravierend sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer
Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien.
Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum
Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags-
und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz
sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein
persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser
Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung im Sinne
des § 266 StGB vor.
3. Nach diesen Maßstäben hat der Angeklagte K. mit
den Verfügungen im Komplex II. 1a bis c zu Lasten des
Vermögens der SWEG seine Befugnisse als Vorstandsvorsitzender
in gravierender Weise mißbraucht. Die Zuwendungen waren
pflichtwidrig i. S. des § 266 StGB, weil der Angeklagte K. mit
der Ausreichung der Zahlungen die Grenzen seines Ermessens nach den
oben genannten Kriterien überschritten hat.
a) Es handelte sich um unentgeltliche, nicht erkennbar mit dem
Unternehmensgegenstand zusammenhängende Zuwendungen an Dritte.
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Zahlungen jedenfalls
kein offenes oder verdecktes Sportsponsoring des SSV Reutlingen. Weder
wurde eine vertragliche Vereinbarung oder sonstige Abrede über
eine Gegenleistung getroffen, noch erbrachte der SSV Reutlingen
tatsächlich eine Gegenleistung.
Da das altruistische Motiv der Sportförderung nur
äußerst mittelbar zum Tragen kam, waren die
Zuwendungen bereits aus diesem Grund kaum geeignet, zumindest das
Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit oder bei
interessierten Sportkreisen zu stärken. Nach den
festgestellten Umständen ist auch objektiv kein Bezug der
Unternehmenstätigkeit der SWEG zum SSV Reutlingen erkennbar.
b) Die mit dem Unternehmensgegenstand nicht zusammenhängenden
Zuwendungen waren angesichts der wirtschaftlichen Lage der SWEG sowohl
dem Grunde nach als auch in der Höhe nicht angemessen. Das
öffentliche Unternehmen erwirtschaftete zwar in den Jahren
1992 bis 1996 Überschüsse, jedoch mußte das
Land Baden-Württemberg der SWEG auch in diesen Jahren zum
Ausgleich des jährlichen Bilanzverlustes jeweils mehrere
Millionen DM zuführen. Diese Spendenpraxis hat auch der
Landesrechnungshof im Jahr 1998 beanstandet.
c) Ihrem eigentlichen Sinn nach dienten die Zuwendungen den privaten
Interessen des Angeklagten S. , der Verantwortlichen des Vereins
angeboten hatte, Gelder von potenten Gönnern zu besorgen. Er
verfügte nach eigenem Belieben über die
Beträge und verwendete sie - ohne daß sie in der
Buchhaltung des Vereins auftauchten - zum Stopfen finanzieller
Löcher im Fall II. 1a und zur Beeinflussung der
Mäzene in den Fällen II. 1b und c. Die Beschaffung
und die Verwendung der Zuwendungen gingen damit sogar über die
Verfolgung privater Interessen hinaus, denn sie waren durchaus
eigennützig, weil sie dazu dienten, die Stellung des
Angeklagten S. im Verein und im örtlichen Umfeld als
Beschaffer von dringend benötigten Hilfen und damit als
möglichem Retter des Vereins zu unterstreichen.
Die Verfügung über das Vermögen des
landeseigenen Unternehmens war auch nicht durch das von der Revision
für den Fall II. 1a (Zahlung von 20.000 DM) herangezogene
Motiv der "Landschaftspflege im politischen Bereich" gerechtfertigt.
Soweit die Revision vorträgt, die erste Spende von 20.000 DM
habe dazu gedient, dem Unternehmen das "Wohlwollen des Ministers" zu
erhalten, kann dieses "Motiv" die Pflichtwidrigkeit nicht
ausräumen. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob und
inwieweit sich ein landeseigenes Unternehmen durch Spenden zugunsten
von politischen Parteien oder Politikern überhaupt an der
"politischen Landschaftspflege" beteiligen darf. Auf die Beurteilung
der Zuwendung bei der Prüfung der Pflichtwidrigkeit im Sinne
des § 266 StGB kann dieses Motiv hier jedenfalls keinen
Einfluß haben. Es gehört zu den ureigenen Aufgaben
des Verkehrsministers, selbst wenn er noch nicht Mitglied des
Aufsichtsrats ist, die wirtschaftlichen Interessen der SWEG als
öffentlichem Verkehrsunternehmen zu wahren. Für
"politische Landschaftspflege" gegenüber dem Minister war
deshalb kein Raum.
d) Obwohl es offenkundig war, daß die Zuwendungen privaten
Zwecken des Angeklagten S. dienten, hat der Angeklagte K. die
Angelegenheit lediglich allein entschieden.
e) Die Zuwendungen wurden verschleiert. Sie wurden nicht in einer Art
unternehmensintern offengelegt, die eine Kontrolle durch die
Gesellschaftsorgane ermöglicht hätte. Die Auszahlung
erfolgte nicht auf dem üblichen Weg über die
Hauptbuchhaltung, um einen Erklärungsbedarf gar nicht erst
aufkommen zu lassen, und auf dem Beleg über die Auszahlung
wurde die Verwendung unzutreffend angegeben.
4. Durch die Vermögensverfügung des Angeklagten K.
ist der SWEG auch ein Schaden entstanden. Sowohl das Fehlen objektiver
Gesichtspunkte für die Annahme einer der Formen des
Sponsoring, erst recht aber die Umstände der Beschaffung und
der Verwendung der 45.000 DM schließen es aus, daß
die Zuwendungen einen ideellen Wert in sich trugen, der für
das Unternehmen einen auch nur annähernd gleichwertigen
Vermögensvorteil erbracht hat. Der Senat schließt
aus, daß sich aus der Sicht des durchschnittlichen,
informierten Betrachters der "good will" des Unternehmens verbessert
hat. Eher legen die Umstände nahe, daß zu der
eingetretenen Vermögensminderung zusätzlich eine
vorhersehbare Ansehensminderung eingetreten ist.
5. Bei dieser Sachlage ist auch die Annahme des Landgerichts
tragfähig, dem Angeklagten K. sei die Pflichtwidrigkeit seines
Handelns und der dadurch bei der SWEG entstandene Schaden
bewußt gewesen.
a) Dies belegen die Einlassungen des Angeklagten K. . Er hat
eingeräumt, daß es im Kern nicht um eine im
Interesse der SWEG vereinbarte offene oder verdeckte
Unterstützung des SSV Reutlingen ging, sondern um die
Erfüllung privater Interessen des Angeklagten S. . Er hat
angegeben, er habe die Zuwendungen allein deshalb veranlaßt,
weil er dem Vorsitzenden dieses Vereins, der auch Verkehrsminister und
aufgrund dieser Position Aufsichtsratsvorsitzender der SWEG wurde,
einen persönlichen Gefallen erweisen wollte, damit dieser
seine dem Verein gegebenen Zusagen einhalten konnte, Gelder zur
Unterstützung bei Mäzenen zu besorgen. Diese
Einlassungen rechtfertigen den Schluß, der Angeklagte K. habe
gewußt, daß der Angeklagte S. nur deshalb die SWEG
eingeschaltet hatte, weil keiner der von ihm sonst angesprochenen
potentiellen Mäzene sein Privatvermögen angreifen
wollte und er annahm, der Angeklagte K. werde ihm die Bitte nicht
abschlagen, die benötigten Gelder aus dem Vermögen
der Gesellschaft zu nehmen. Der Angeklagte K. stand in einem
beruflichen Abhängigkeitsverhältnis zum Angeklagten
S. . Als Verkehrsminister und designiertes, später
gewähltes Aufsichtsratsmitglied hatte er aufgrund seiner
Organstellung und seiner daraus herzuleitenden Kontrollbefugnisse,
einschließlich der Berufung, der Verlängerung und
der Entlassung von Vorstandsmitgliedern, wesentlichen Einfluß
auf das Unternehmen.
b) Dies wird auch dadurch belegt, daß der Angeklagte K. die
Angelegenheit nicht dem Gesamtvorstand zur Entscheidung vorgelegt oder
den Aufsichtsrat angerufen hat. Der Angeklagte K. wußte,
daß er von den übrigen Mitgliedern des Vorstands
keine Genehmigung dafür erhalten hätte, zur
Erfüllung der privaten Interessen des Angeklagten S.
Zuwendungen aus dem Vermögen des Unternehmens auszureichen.
Deshalb wies der Angeklagte K. seine Sekretärin an, die
einzelnen Beträge aus der Hauptkasse der SWEG auf das Konto
der Sekretariatskasse zu transferieren, um dann nach Barabhebung das
Geld in Briefumschlägen an den Angeklagten S. zu dessen freier
Verfügung weiterzugeben. Mit diesem Umweg über die
Sekretariatskasse und den unzutreffenden Belegen "Zuwendung
für Jugendarbeit des SSV Reutlingen" sorgte er dafür,
daß die Vorgänge nicht über die
Hauptbuchhaltung liefen und es keinen Erklärungsbedarf gab.
Die Vorgänge wurden auch erst durch eine Prüfung des
Landesrechnungshofs Baden-Württemberg im Oktober 1997
aufgedeckt. Insbesondere die persönlichen
Interessenverflechtungen und die Art und Weise der Geldtransfers
erlauben den Schluß, daß es gerade nicht um
Werbemaßnahmen oder um Sponsoring ging, sondern um die
heimliche Beschaffung von Geldern bei der SWEG, die möglichst
unentdeckt durch die Bücher der Zuwendungsgeberin gehen
sollten.
V.
Auch die Verurteilung des Angeklagten S. im Komplex II. 1a bis c (SSV
Reutlingen) ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Angeklagte S. hatte noch keine
Vermögensbetreuungspflicht für die Gesellschaft, als
er den Angeklagten K. im Juni 1995 allein aufgrund seiner Stellung als
Minister und zukünftiges Aufsichtsratsmitglied dazu bestimmte,
die erste Zahlung in Höhe von 20.000 DM aus dem
Vermögen der SWEG an ihn auszubezahlen. Zutreffend hat die
Strafkammer den Angeklagten S. im Fall II. 1a deshalb wegen Anstiftung
zur Untreue des Angeklagten K. nach §§ 266, 26 StGB
verurteilt.
2. Soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 1b und c (zweite
und dritte Spende an den SSV Reutlingen) als Aufsichtsratsmitglied der
SWEG das Vorstandsmitglied K. veranlaßte, aus dem
Vermögen der Gesellschaft Zuwendungen an ihn auszureichen,
beurteilt die Kammer seine Strafbarkeit zutreffend nach dem
Treubruchtatbestand des § 266 StGB.
a) Als Aufsichtsratsvorsitzender hatte der Angeklagte S. zwar nicht die
Rechtsmacht, in der geschehenen Weise über das
Vermögen der SWEG zu verfügen. Eine Strafbarkeit aus
dem Mißbrauchstatbestand scheidet daher aus. Jedoch verletzte
er die aus seiner Stellung als Aufsichtsratsvorsitzender folgende
Vermögensfürsorgepflicht, indem er den Angeklagten K.
zu Untreuehandlungen gegenüber der Gesellschaft bestimmte.
Nach § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die
Geschäftsführung zu überwachen. Nach
§ 116 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und die
Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder § 93 AktG
über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der
Vorstandsmitglieder sinngemäß.
Dem Aufsichtsrat obliegt gegenüber der Aktiengesellschaft eine
Vermögensfürsorgepflicht (BGH wistra 1999, 418 lfd.
Nr. 2; BGHSt 9, 203, 217 zu § 81a GmbHG aF; Tiedemann in FS
für Tröndle [1989] S. 319, 327, Schmid in
Müller-Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl.
§ 31 Rdn. 75, 97; vgl. auch Lenckner-Perron in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn.
35a, Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 60). Den
Umfang dieser Pflichten regelt das Aktiengesetz in § 116 AktG
durch einen Verweis auf die sinngemäße Anwendung der
Vorschriften über die Sorgfalt der Vorstandsmitglieder
(§ 93 AktG).
Im gegebenen Fall kann dahinstehen, ob die gesellschaftsrechtliche
Treupflicht des Aufsichtsrates zur Rücksichtnahme auf die
Interessen der Gesellschaft bei einer Betätigung
außerhalb der Geschäftssphäre der
Gesellschaft und bei Rechtsgeschäften mit ihr nur in einem
beschränkten Umfang gilt, weil in Rechnung gestellt werden
muß, daß die Tätigkeit dort eine typische
Nebentätigkeit ist, so daß Interessenkollisionen mit
anderen Tätigkeiten des Aufsichtsratsmitglieds absehbar sind
und mitunter zwangsläufig eintreten (Hüffer aaO
§ 116 Rdn. 1, Tiedemann aaO S. 319, 320, Fleck in FS
für Heinsius [1991] S. 89, 90). Denn das Verhalten des
Angeklagten S. berührt den eigentlichen Aufgabenbereich und
die Hauptpflicht des Aufsichtsrates, die gemäß
§ 111 Abs. 1 AktG in der Überwachung der
Geschäftsführung besteht. Grundsätzlich wird
danach vom Aufsichtsrat verlangt, fehlerhaftes oder
gesellschaftsschädigendes Verhalten des Vorstandes abzuwenden.
Die Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene
Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende
Geschäfte und Maßnahmen (Henze, Aktienrecht 4. Aufl.
Rdn. 620). Zwar mag auch in diesem Zusammenhang nicht eindeutig
feststehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, ob der
Aufsichtsrat etwa Anzeige erstatten muß, wenn er ein
strafbares Verhalten des Vorstandes feststellt. Aus der
Überwachungspflicht des Aufsichtsrates ergibt sich jedoch
notwendig die Pflicht, den Vorstand nicht von sich aus zu Handlungen zu
veranlassen, die er aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade
abwenden müßte (BGH NJW 1980, 1629). Eine Verletzung
dieser Pflicht stellt damit den Verstoß gegen eine
spezifische Treupflicht im Sinne von § 266 StGB dar (vgl. dazu
zuletzt nur BGH wistra 2001 , 304, 305).
b) Der Angeklagte S. verletzte diese Pflicht, als er an das
Vorstandsmitglied K. herantrat und ihn vor dem Hintergrund seiner
Einwirkungsmöglichkeiten als Aufsichtsratsvorsitzender zu
"Spenden" aus dem Vermögen der SWEG an den SSV Reutlingen
aufforderte. Er veranlaßte damit Untreuehandlungen des
Vorstands (dazu oben B IV.), die der Angeklagte S. aufgrund seiner
Überwachungspflicht als Aufsichtsrat hätte verhindern
müssen.
3. Der SWEG entstand durch das vom Angeklagten S. veranlaßte
pflichtwidrige Verhalten des Angeklagten K. bei der ersten Zuwendung an
den SSV Reutlingen und durch das eigene pflichtwidrige Verhalten des
Angeklagten S. bei der zweiten und dritten Zuwendung auch ein Schaden.
4. Auch der Schluß der Kammer, der Angeklagte S. habe seine
Vermögensfürsorgepflicht vorsätzlich
verletzt, ist nicht zu beanstanden. Nach ihren Feststellungen war dem
Angeklagten bewußt, daß die Leistungen des
Vorstands K. keinerlei Bezug zur Geschäftstätigkeit
der SWEG hatten und dieser die Zahlungen ausschließlich in
seinem, des Angeklagten S. , Interesse vornahm. Auch wurde die
Übergabe der beträchtlichen Beträge bar und
ohne Quittungen abgewickelt, so daß der Geldfluß
nicht mehr nachvollziehbar war. Diese Umstände belegen
rechtsfehlerfrei die Annahme, daß der Angeklagte sich der
Pflichtwidrigkeit auch seiner eigenen Handlung bewußt war.
5. Der Angeklagte S. erfüllte bei der zweiten und dritten
Zuwendung an den SSV Reutlingen durch sein eigenes Handeln
sämtliche Tatbestandsmerkmale der Untreue in der
Treubruchsalternative und ist bereits deshalb insoweit Täter
(Tiedemann aaO S. 322, 325; vgl. auch BGHSt 38, 315, 317). Weil daher
eine Zurechnung von Tatbeiträgen des Angeklagten K. nach
§ 25 Abs. 2 StGB nicht erforderlich ist, kann die Frage
dahinstehen, ob sich die Tat des Angeklagten S. im Verhältnis
zu der des Angeklagten K. als Mit- oder Nebentäterschaft
darstellt. Zwar verwirklichte die Aufforderung des Angeklagten S.
daneben in beiden Fällen zugleich den Tatbestand einer
Anstiftung des Angeklagten K. zu einer Untreue in der
Mißbrauchsalternative. Da aber insoweit jeweils eine Tat i.
S. d. § 52 StGB vorliegt, geht diese Anstiftung nach
ständiger Rechtsprechung in der Verurteilung wegen
täterschaftlichen Handelns auf, das die schwerere Tat
darstellt (vgl. BGH NStZ 2000, 421; Tröndle/Fischer, StGB 50.
Aufl. vor § 25 Rdn. 12).
C.
Die Tatkomplexe II. 4. bis 6. betreffen ausschließlich
Verfügungen des Angeklagten K. über das
Vermögen der SWEG, mit denen er private Zwecke verfolgte.
I.
Das Landgericht hat hierzu folgendes festgestellt:
1. Auf Veranlassung des Angeklagten wurden am 20. Mai 1996 aus Mitteln
der SWEG 899,36 DM überwiesen, um die Kosten für die
Miete eines Kleinbusses mit Chauffeur zu begleichen, den der Angeklagte
bei einem Aufenthalt in Rostock Ende April 1996 zusammen mit seiner
Ehefrau und zwei befreundeten Familien ausschließlich privat
genutzt hatte.
2. Der Angeklagte ließ sämtliche Aufwendungen seiner
Sekretärin bei einem privaten Erholungsaufenthalt im Juni 1996
auf Norderney, insgesamt 6.308,50 DM, aus Mitteln der SWEG zahlen.
3. Kosten in Höhe von 892,10 DM für eine Reparatur am
privaten Pkw seiner Sekretärin ließ der Angeklagte
am 11. November 1996 aus Mitteln der SWEG überweisen.
II.
Die Kammer hat auch in diesen drei Verfügungen des Angeklagten
K. ohne Rechtsfehler ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des
§ 266 StGB gesehen. Sie hat überzeugend dargelegt,
weshalb sie den Einlassungen des Angeklagten nicht gefolgt ist, die
Kosten für das Mietfahrzeug auf der Reise nach Rostock seien
betrieblich veranlaßt gewesen. Ebenso ist eine betriebliche
Veranlassung für die Übernahme der Kosten des
Erholungsurlaubs der Sekretärin und der Reparaturkosten
für ihr Fahrzeug selbst dann nicht ersichtlich, wenn die
Stellung des Angeklagten K. als Vorstandsvorsitzender
berücksichtigt wird.
D.
Die nach der Verfahrenseinstellung verbleibenden Einzelgeldstrafen
weisen keinen Rechtsfehler auf.
Auch im Komplex SSV Reutlingen kann die gegen den Angeklagten S.
verhängte Einzelstrafe im Fall II.1a (Anstiftung zur Untreue)
bestehen bleiben. Zwar hätte das Landgericht den Strafrahmen
des § 266 Abs. 1 StGB gemäß § 28
Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB mildern müssen. Das
Treueverhältnis nach § 266 Abs. 1 StGB ist ein
strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des
§ 28 Abs. 1 StGB (BGH StV 1995, 73 m.w.N.). Dieses Merkmal
fehlte beim Angeklagten S. , der zum Zeitpunkt dieser Tat noch nicht
Aufsichtsratsvorsitzender war und damit nicht Täter einer
Untreue sein konnte. Aufgrund der besonderen Umstände der Tat
durfte die verhängte Strafe jedoch nicht niedriger ausfallen.
Der Angeklagte stand zwar zu der geschädigten Gesellschaft
nicht in einem spezifischen Treuverhältnis
gemäß § 266 StGB, bei der Strafzumessung
war jedoch zu berücksichtigen, daß er aufgrund
seiner Stellung als Minister dem landeseigenen Unternehmen in
besonderer Weise verpflichtet war.
Wegen des Wegfalls von Einzelstrafen aufgrund der
Verfahrensbeschränkung ist die Gesamtgeldstrafe aufzuheben.
Der Senat hat davon abgesehen, die Gesamtgeldstrafe selbst
festzusetzen. Getroffene Feststellungen können bestehen
bleiben; ergänzende Feststellungen sind möglich.
Nack Boetticher Schluckebier Kolz Hebenstreit |