BGH,
Urt. v. 6.2.2001 - 5 StR 571/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 571/00
URTEIL
vom 6. Februar 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6.
Februar 2001, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger, Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof , Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin H als Verteidigerin des Angeklagten R ,
Rechtsanwalt P als Verteidiger des Angeklagten Hu , Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht
erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Juli 2000 werden verworfen.
Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Revisionen, die Staatskasse
diejenigen der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten Hu wegen Bestechlichkeit in
Tateinheit mit Betrug sowie mit Untreue in drei Fällen und
wegen Bestechlichkeit in 25 Fällen - unter Einbeziehung
anderer Strafen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und
vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten R hat es wegen Bestechung in
Tateinheit mit Betrug und Beihilfe zur Untreue in drei Fällen
sowie wegen Bestechung in 25 Fällen schuldig gesprochen und
gegen ihn eine - zur Bewährung ausgesetzte -
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Im
übrigen sind beide Angeklagten freigesprochen worden. Gegen
dieses Urteil haben sowohl die Angeklagten als auch die
Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt
mit ihrem - vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen - Rechtsmittel
auch hinsichtlich der Freisprüche eine Verurteilung der
Angeklagten sowie bei dem Angeklagten Hu die Anordnung des Verfalls.
A.
Das angefochtene Urteil enthält folgende Ausführungen:
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Hu
als angestellter Elektrotechnikingenieur im Klärwerk D
beschäftigt. Das Klärwerk gehörte zur
Hamburger Stadtentwässerung, die bis Anfang 1992 Teil der
Baubehörde und danach der Umweltbehörde der Freien
und Hansestadt Hamburg war. Seit Mitte der achtziger Jahre kannte er
aus gemeinsamer beruflicher Tätigkeit den Angeklagten R , der
als selbständiger Ingenieur unter anderem für die
Hamburger Stadtentwässerung arbeitete. In den
Verantwortungsbereich des Angeklagten Hu fiel die geplante Umstellung
der elektrotechnischen Dokumentation für das Klärwerk
D . Im Zusammenhang mit einem Auftrag an die Firma Siemens, der unter
anderem auch die vom Angeklagten R als Subunternehmer
durchgeführte elektrotechnische Dokumentation
umfaßte, wurde den Angeklagten klar, daß diese
Aufträge sehr lukrativ waren.
Die Stadtentwässerung Hamburg beschloß im
Frühjahr 1992, die gesamte Elektrotechnik des
Klärwerks D elektronisch zu erfassen. Hierbei sollten mehrere
zehntausend Einzelzeichnungen mittels eines sogenannten CAD-Programmes
elektronisch gespeichert werden. Dem Angeklagten Hu war es gelungen, in
Gestalt der Firma S ein Unternehmen zu finden, das für einen
Stundenlohn von 50 DM eine entsprechende Datenerfassung vornehmen
würde. Im Rahmen einer ihm übertragenen
vorläufigen Kostenschätzung verschwieg er dies
gegenüber seinem Vorgesetzten, dem Zeugen K , ebenso wie den
Umstand, daß er einen wesentlichen Teil der
ingenieurmäßigen Betreuung selbst würde
durchführen können. In seiner Ausarbeitung
veranschlagte der Angeklagte Hu den zu erwartenden Kostenumfang auf
etwa eine Million DM und die voraussichtliche Zeitdauer auf vier Jahre.
Auf der Grundlage dieser groben Vorkalkulation des Angeklagten Hu
genehmigte der Leiter der Klärwerke die Vergabe eines
Ingenieurvertrages zunächst für ein Jahr mit einem
Kostenumfang von etwa 250.000 DM.
Aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Arbeiten für die Firma
Siemens wußten beide Angeklagten, daß ein
entsprechender Auftrag wirtschaftlich mit großem Gewinn
abzuwickeln wäre und man mit dem Erstvertrag auch eine
faktische Option für einen Anschlußauftrag
hätte. Sie vereinbarten deshalb, daß sich der
Angeklagte Hu als Fachkundiger gegenüber den über die
Vergabe entscheidenden Beamten für die Vergabe des Auftrages
an den Angeklagten R einsetzen sollte. Im Erfolgsfalle erhielte der
Angeklagte Hu 25 Prozent der von der Stadtentwässerung an den
Angeklagten R gezahlten Gelder, wobei R einen entsprechenden
Schmiergeldanteil zugunsten des Angeklagten Hu bereits in seinem
Angebot einkalkulieren wollte. Entsprechend dieser Verabredung reichte
der Angeklagte R am 6. Juli 1992 ein Angebot bei der
Stadtentwässerung ein. In seinem Angebot berechnete er
für bestimmte Teilsegmente Festpreise, die sowohl Techniker-
als auch Ingenieurkosten enthielten, sowie 100 Ingenieurstunden
für nicht vorhergesehene Arbeiten (à 96 DM). Das
Gesamtangebot in Höhe von rund 250.000 DM zeichnete der
Angeklagte Hu
ab und leitete es an seinen Vorgesetzten mit seiner Empfehlung
zugunsten des Büros des Angeklagten R weiter.
Der Angeklagte R erhielt daraufhin den Zuschlag für dieses
Angebot. Das Projekt wurde schließlich durchgeführt,
wobei die CAD-Bearbeitung durch den Zeugen N , einen Mitarbeiter der
Firma S
, erledigt wurde. Hierfür stellte diese dem Angeklagten R
zunächst 50, später 55 DM pro Stunde in Rechnung. Aus
den erhaltenen Abschlagszahlungen führte der Angeklagte R
durchschnittlich etwa 25 Prozent an den Angeklagten Hu - in elf
Einzelüberweisungen mit einer Gesamtsumme von 67.000 DM -
entsprechend ihrer vorherigen Vereinbarung im Zeitraum zwischen August
1992 und August 1993 ab.
Nachdem der ursprüngliche Vertrag abgearbeitet war,
bekräftigten die Angeklagten ihre ursprüngliche
Vereinbarung und wollten ihr Zusammenwirken auch im Hinblick auf den in
Aussicht genommenen Zusatzvertrag weiterführen. In dem Angebot
hierfür kalkulierte der Angeklagte R wiederum einen
Schmiergeldanteil zugunsten des Angeklagten Hu in Höhe von 25
Prozent ein und legte am 1. Juni 1993 ein aus Festpreisen für
Techniker- und Ingenieurleistungen zusammengesetztes Gesamtangebot vor,
das darüber hinaus 200 Ingenieurstunden für
unvorhergesehene Aufwendungen enthielt. Das Angebot des Angeklagten R
für den Zusatzvertrag belief sich auf einen Bruttobetrag von
etwa 250.000 DM. Der Angeklagte Hu
verfaßte wiederum einen Vergabebericht zugunsten des
Angeklagten R , der dann entsprechend dem von ihm abgegebenen Angebot
beauftragt wurde und das Projekt insgesamt auch abwickelte.
Für das Klärwerk K , das ebenfalls von der Hamburger
Umweltbehörde getragen wurde, sollte dann 1993 ebenfalls eine
CAD-Dokumentation erfolgen. Auch insoweit verabredeten die Angeklagten,
daß sich der Angeklagte R dort unter Mithilfe des Angeklagten
Hu um den Auftrag bewerben würde. Die Firma S fungierte wieder
als Subunternehmerin des Angeklagten R , nachdem sie sich bereit
erklärt hatte, einen Mitarbeiter für dieses Projekt
einzustellen. Der Angeklagte Hu , der infolge seiner Erfahrung mit der
CAD-Umstellung im Klärwerk D beigezogen worden war und
großes Vertrauen bei seinem Vorgesetzten genoß,
empfahl für die Durchführung des Projekts den
Angeklagten R . Der Angeklagte R , der hier am 28. Mai 1993 ein Angebot
auf Stundenbasis vorlegte und pro Techniker- bzw. Ingenieurstunde 96 DM
verlangte, erhielt den Zuschlag aufgrund der vom Angeklagten Hu
attestierten positiven Erfahrungen, die man mit ihm bei der
Durchführung des Projekts im Klärwerk D gemacht
hatte. Unter Einbeziehung der Firma S , die für dieses Projekt
den Zeugen D eingestellt und eingearbeitet hatte, wurde durch das
Büro des Angeklagten R auch dieses Vorhaben abgewickelt.
Wie von den Angeklagten vorhergesehen, wurde auch der entsprechende
Vertrag für das Klärwerk K am 4. Juli 1994
verlängert. Nachdem der Angeklagte R bei Nachverhandlungen
sein Kostenangebot für die Technikerstunde auf 78 DM senkte,
erhielt er auch insoweit den Auftrag. Von den für die
Durchführung der Verträge erhaltenen
Abschlagszahlungen bezüglich "K " sowie des Zusatzvertrages "D
" überwies der Angeklagte R entsprechend der Vereinbarung dem
Angeklagten Hu in 14 Teilzahlungen im Zeitraum zwischen September 1993
und November 1994 insgesamt 108.000 DM an Schmiergeldern.
II.
Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung
hinsichtlich der zwei Verträge bezüglich "D " und
hinsichtlich des gesamten Vertragsverhältnisses
bezüglich "K " bei beiden Angeklagten gemeinschaftlichen
Betrug in Tateinheit mit Bestechlichkeit und Untreue (beim Angeklagten
Hu ) bzw. mit Bestechung und Beihilfe zur Untreue (beim Angeklagten R )
jeweils in drei Fällen angenommen. Die einzelnen Zahlungen von
R an Hu hat es dann, weil sie nicht von vornherein in ihrer
Höhe festgestanden hätten, als selbständige
(tatmehrheitliche) Fälle der Bestechlichkeit bzw. der
Bestechung gewertet.
In zwei Fällen hat das Landgericht die Angeklagten
freigesprochen, weil sich Schmiergeldzahlungen nicht nachweisen
ließen. In weiteren zwei Fällen hat das Landgericht
nicht feststellen können, daß Doppelabrechnungen
gegenüber der Stadtentwässerung und Siemens
betrügerisch vorgenommen worden seien, und hat die Angeklagten
auch insoweit freigesprochen. Schließlich konnte sich das
Landgericht hinsichtlich eines Folgevertrages nicht vom Vorliegen einer
Schmiergeldabrede überzeugen.
Das Landgericht hat weiter davon abgesehen, zu Lasten des Angeklagten
Hu den Verfall der vereinnahmten Bestechungsgelder anzuordnen, weil
insoweit dem Dienstherrn des Angeklagten Hu vorrangige
Schadensersatzansprüche zustünden.
B.
Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne
Erfolg.
I.
Ein Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten liegt nicht vor.
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet keinen
rechtlichen Bedenken. Sie ist weder lückenhaft noch
widersprüchlich; die Überzeugungsbildung des
Landgerichts beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage (vgl.
BGHR StPO § 261 - Überzeugungsbildung 7, 21).
a) Das Landgericht hat seine Überzeugung vom Vorliegen einer
Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 332, 334 StGB im
wesentlichen darauf gestützt, daß der Angeklagte R
im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erhalt von Abschlagszahlungen
seitens der Stadtentwässerung Überweisungen an den
Angeklagten Hu vorgenommen habe, ohne daß hierfür
konkrete Tätigkeiten des Angeklagten Hu erkennbar gewesen
seien. Dabei hat es - entgegen der Behauptung der Revision - erkannt,
daß die Prozentzahlen der Beträge im
Verhältnis zu den Abschlagszahlungen zwischen 31,3 und 15,9
Prozent schwankten und später der Prozentsatz der von dem
Angeklagten R an den Angeklagten Hu abgeführten
Beträge auf einen Durchschnittswert von 16 bis 17 Prozent
zurückging. Letzteren Umstand hat das Landgericht
nachvollziehbar damit erklärt, daß der Angeklagte R
bezüglich des Anschlußauftrages "K " auf Druck der
Stadtentwässerung nur noch niedrigere Stundensätze in
Ansatz bringen konnte und mithin die Gewinnspanne reduziert war. Dies
konnte das Landgericht - rechtlich bedenkenfrei - wiederum als Beleg
dafür werten, daß die Zahlungen an den Angeklagten
Hu in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den vom Angeklagten R
realisierten Überschüssen aus den
Ingenieurverträgen mit der Stadtentwässerung standen.
b) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei weiterhin ausgeschlossen,
daß anderweitige Aufträge, die der Angeklagte Hu
für R durchgeführt haben will, Grundlage für
die Zahlungsvorgänge gewesen sein könnten. Es hat
dabei die Einlassungen der beiden Angeklagten gewürdigt und
sie im wesentlichen aufgrund weiterer festgestellter Umstände
für widerlegt erachtet. Einmal hat es die
"freimütige" Einlassung des Angeklagten Hu gewürdigt,
daß die Projektbezeichnungen teilweise willkürlich
gewählt worden seien. Weiterhin hat es hinsichtlich dreier
Vorhaben des Büros des Angeklagten R durch einen detaillierten
Einnahmen-Ausgabenvergleich belegt, daß - würden die
behaupteten Zahlungsabflüsse zutreffen - der Angeklagte R
allein wegen der Zahlungen an den Angeklagten Hu diese Vorhaben mit
erheblichen Verlusten abgeschlossen hätte. Dies hat das
Landgericht ebenso rechtsfehlerfrei zur Überführung
der Angeklagten herangezogen wie den Gesichtspunkt, daß bei
beiden Angeklagten keine Unterlagen gefunden wurden, die auf eine
umfassende Tätigkeit des Angeklagten Hu zugunsten R
hätten hindeuten können. Es war deshalb aus
Rechtsgründen auch nicht gehindert, die - im übrigen
zudem teilweise widersprüchlichen - Einlassungen der
Angeklagten als widerlegte Schutzbehauptungen zu werten.
Ob die dabei weiter vom Landgericht gezogene Schlußfolgerung,
daß der Angeklagte Hu als Manager- und Vordenker-Typ sich
nicht der Mühe unterzogen haben dürfte, kleinteilige
Arbeiten, wie die Erstellung von Leistungsverzeichnissen oder die
Prüfung von Ausführungszeichnungen, in eigener Person
zu leisten, als tragfähig erscheint, mag im Hinblick darauf,
daß solche Tätigkeiten zum Kernbereich des
Berufsbilds eines Ingenieurs zählen, zweifelhaft sein.
Ersichtlich war jedoch auf diese - eher beschreibende -
Erwägung die Überzeugungsbildung des Landgerichts
nicht gestützt. Das bestimmende Vorgehen des Angeklagten Hu
wird im übrigen aus seinen Aktivitäten im Rahmen der
Suche nach einem ausführenden Techniker deutlich. Der
Angeklagte Hu hatte mit der Firma S eine Fachfirma für die
Erledigung dieser Arbeiten zu ausgesprochen niedrigen Kosten ausfindig
gemacht. Die vereinbarten Rahmenbedingungen wirkten sich jedoch nicht
zugunsten seiner Arbeitgeberin, sondern allein zugunsten des
Angeklagten R aus, dessen Kosten dadurch gering gehalten werden
konnten. Gerade die in dieser Tätigkeit deutlich werdende
Interessenausrichtung des Angeklagten spricht ganz massiv für
ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Vorhaben.
Die Angriffe der Revisionen, die jedenfalls in wesentlichen Teilen mit
urteilsfremdem Vorbringen angereichert sind, bleiben erfolglos. Sie
erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich
unzulässigen Versuch, an die Stelle der
Beweiswürdigung des hierfür berufenen Tatgerichts
eine eigene zu setzen.
c) Das Landgericht hat in seiner Beweiswürdigung
widerspruchsfrei auch diejenigen Fälle abgeschichtet, die
gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurden
oder in denen Freispruch erfolgte (vgl. BGHSt 44, 153, 160). Es hat die
Unterschiede dargelegt, die nach seiner Auffassung hier - im
übrigen unter sehr weitgehendem Bedacht auf den Zweifelssatz -
eine günstige Entscheidung für den Angeklagten
rechtfertigen. Das Landgericht hat insoweit einmal auf den zeitlichen
Zusammenhang mit Abschlagsrechnungen, auf den Prozentsatz im Hinblick
auf die Abschlagsrechnungen sowie auf den Umstand "glatter
Beträge" abgestellt. Nur wenn sich Abweichungen ergeben haben,
hat es nicht ausschließen können, daß
insoweit eine Ingenieurleistung des Angeklagten Hu für das
Ingenieurbüro des Angeklagten R
vorgelegen haben könnte. Damit setzt es sich - entgegen der
Auffassung der Revision - auch nicht in Widerspruch zu den
Feststellungen in den Verurteilungsfällen. Das Landgericht hat
nämlich nicht grundsätzlich Arbeiten des Angeklagten
Hu für sonstige Aufträge des Angeklagten R verneint,
sondern nur nicht in dem von den Angeklagten behaupteten Umfang. Wenn
es die ausgeurteilten Bestechungshandlungen auf solche Zahlungen
beschränkt hat, die prozentual in einem vergleichbaren Rahmen
lagen, im zeitlichen Zusammenhang mit Abschlagsrechnungen des
Angeklagten R
an die Stadtentwässerung standen und bei denen die vom
Angeklagten Hu geltend gemachten Beträge "krumme Summen"
aufwiesen, so stellt dies eine zulässige
Schlußfolgerung dar, die nicht im Widerspruch zu weiteren
Beweisergebnissen steht.
2. Das Landgericht hat im Zusammenhang mit der Beauftragung des
Angeklagten R durch die Stadtentwässerung bei beiden
Angeklagten rechtsfehlerfrei die Tatbestände des Betrugs und
der Untreue bzw. der Beihilfe hierzu bejaht.
a) Die nach § 263 StGB insoweit maßgebliche
Täuschungshandlung hat es dabei in den Stellungnahmen des
Angeklagten Hu zu den Vergabeberichten bzw. (hinsichtlich des
Klärwerks K ) in seiner Empfehlung im Rahmen der
Vergabeberatung gesehen. Obwohl er wußte, daß durch
die Beauftragung der Firma S wesentlich geringere Technikerkosten
anfielen, hat er diesen Umstand in seinen Stellungnahmen jeweils
unterdrückt und so bewirkt, daß in den Festpreis
wesentlich höhere Technikerkosten einflossen. Aufgrund seiner
Tatsachen unterdrückenden und deshalb insgesamt entstellenden
Darstellung hat der Angeklagte eine Täuschung durch Tun
begangen, weshalb es - entgegen der Auffassung der Revision - keiner
Verpflichtung zu einer Aufklärung seines Dienstherren bedurfte.
Das Landgericht hat dabei die festgestellten Schmiergelder in der
vorliegenden Fallkonstellation zutreffend als Schaden gewertet. Zwar
begründet die Zahlung von Schmiergeldern nicht
zwangsläufig einen Schaden zu Lasten des Dienstherrn, weil
sich diese im konkreten Einzelfall nicht immer gegenüber dem
Dienstherrn vermögensmindernd auswirken müssen. Im
vorliegenden Fall lag aber gerade das Bestreben des Angeklagten Hu
darin, eine Preisgestaltung zu bewirken, die auch einen entsprechenden
Schmiergeldanteil für ihn mit abdeckte. Diese
Mehrvergütung zu seinen Gunsten war letztlich das Ziel seiner
Täuschungshandlung. Daß der Angeklagte R das
für ihn sehr günstige Geschäft auch um den
Schmiergeldanteil des Angeklagten Hu vermindert abgeschlossen
hätte, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Dies
liegt auch aufgrund des für ihn verbliebenen Gewinns auf der
Hand. Inwieweit Dritte noch teuerere Angebote eingereicht haben, ist
unerheblich. Maßgeblich für die Bestimmung des
Vermögensschadens beim Betrug ist die
Vermögensminderung infolge der Täuschung (BGHSt 30,
388, 389). Deshalb hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt,
welcher Vertragsabschluß bei
wahrheitsgemäßer und umfänglicher
Information durch den Angeklagten Hu seitens der Hamburger Stadt-
entwässerung erfolgt wäre und wie sich ihre
Vermögenssituation dann dargestellt hätte. Welche
Vermögensminderung bei einem Vertragsabschluß mit
Dritten eingetreten wäre, ist daher ohne Belang.
b) Gleiches gilt für die ebenfalls rechtsfehlerfreie
Feststellung eines Nachteils im Sinne des Untreuetatbestands
gemäß § 266 StGB. Daß der
Angeklagte Hu aufgrund seiner Stellung als stellvertretender Leiter des
Klärwerks D gegenüber seiner Arbeitgeberin eine
Vermögensbetreuungspflicht inne hatte, bedarf keiner
näheren Erläuterung. Dies galt auch im Hinblick auf
das Klärwerk K , weil hier der Angeklagte aufgrund seiner
Fachkunde in den Entscheidungsprozeß über die
Vergabebedingungen einbezogen war. Seine gegenüber seiner
Arbeitgeberin bestehende Vermögensbetreuungspflicht war
umfassend und nicht nur auf Angelegenheiten im Hinblick auf seinen
Beschäftigungsort beschränkt.
c) Aufgrund der festgestellten Verabredung und der in den Angeboten des
Angeklagten R liegenden Mitwirkungshandlungen ist das Landgericht ohne
Rechtsverstoß jeweils von einer gemeinschaftlichen
Verwirklichung des Betrugstatbestandes bei den Angeklagten ausgegangen.
Gleichermaßen zutreffend hat es in der
verabredungsgemäßen Abgabe der Angebote bei dem
Angeklagten R auch jeweils eine Beihilfe zur Untreue gesehen.
3. Die umfassende Sachprüfung des Urteils hat auch im
übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
ergeben. Die zweifelhafte Beurteilung der Konkurrenzen (vgl. BGH NJW
1987, 1340, 1341) beschwert die Angeklagten nicht.
III.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind ebenfalls
unbegründet.
1. Soweit das Landgericht die Angeklagten hinsichtlich der
Fälle 29 und 64 der Anklage freigesprochen hat, begegnet dies
keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat den Freispruch im
wesentlichen damit begründet, daß diese Zahlungen
keinen entsprechenden Abschlagszahlungen der Stadtentwässerung
zugunsten des Angeklagten R zugeordnet sind. Es hat damit insoweit
verbleibende Zweifel daran nicht überwinden können,
daß auch diese Zahlungen auf der Grundlage der
Unrechtsvereinbarung erfolgten. Zwar kann ein Vorteil im Sinne der
§§ 332, 334 StGB - wie die
Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - auch schon
die Möglichkeit sein, eine Nebentätigkeit
ausführen zu dürfen. Infolge fehlender Anhaltspunkte,
die eine zeitliche und faktische Einordnung dieser Zahlungen mit einer
ausreichenden Sicherheit erlaubt hätten, hat jedoch das
Landgericht einen Zusammenhang zu den angeklagten Vorgängen um
die Verträge mit der Stadtentwässerung nicht
festzustellen vermocht. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
2. Die Freisprüche zu den Anklagepunkten 63 und 65 halten
ebenfalls rechtlicher Überprüfung stand. Die
Feststellung des Landgerichts, daß die Doppelabrechnungen der
Angeklagten R sowohl zu Lasten der Stadtentwässerung als auch
der Firma Siemens auf einem Versehen beruhten, gegenüber der
Stadtentwässerung aber korrekt gewesen seien,
ermöglicht eine revisionsgerichtliche
Überprüfung. Die erhobene Sachrüge kann
allerdings keinen Erfolg haben, weil das Landgericht insoweit
rechtsfehlerfrei die Einlassung der Angeklagten nicht für
widerlegt erachtet hat, wonach die Anrechnung gegenüber der
Firma Siemens nachträglich auf deren Wunsch zeitlich umdatiert
worden sei, mithin also gegenüber der
Stadtentwässerung die Arbeiten des Zeugen N zutreffend
dargestellt worden seien.
3. Schließlich ist auch der Freispruch bezüglich des
Falles 70 rechtsfehlerfrei. Auch insoweit bieten die
Ausführungen des Urteils eine hinreichende Grundlage
für eine revisionsgerichtliche Überprüfung.
Da der Tatrichter für den (Folge-) Ingenieurvertrag vom 13.
April 1995 keinen Schmiergeldanteil hat feststellen können,
hat er gleichfalls keinen Betrugsschaden oder Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB angenommen. Insoweit hat das Landgericht aber
seiner umfassenden Kognitionspflicht genügt und lediglich
nicht die von der Beschwerdeführerin gewünschten
Schlußfolgerungen aus dem festgestellten Sachverhalt gezogen.
4. Zu Recht ist auch die Anordnung des Verfalls der vom Angeklagten Hu
vereinnahmten Bestechungsgelder unterblieben.
a) Die dem Angeklagten Hu zugeflossenen Bestechungsgelder sind durch
eine Straftat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt und
unterliegen deshalb grundsätzlich dem Verfall. Nach §
73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der Verfall jedoch dann ausgeschlossen, wenn
aus der Tat dem Verletzten ein Anspruch erwachsen ist, dessen
Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus
der Tat Erlangten entziehen würde. Damit soll die
Erfüllung des Ausgleichsanspruches gewährleistet und
zugleich sichergestellt werden, daß der Täter nicht
zweimal zahlen muß (vgl. BGH, Beschluß vom 28.
November 2000 - 5 StR 371/00 - zur Veröffentlichung vorgesehen
in BGHR StGB § 73 - Verletzter 3).
b) Danach war im vorliegenden Fall für die Anordnung des
Verfalls kein Raum. Zwar ist bei den Bestechungsdelikten der Dienstherr
regelmäßig nicht Verletzter im Sinne des §
73 Abs. 1 Satz 2 StGB, weil Schutzgut der Amtsdelikte das Vertrauen der
Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist
(BGHSt 30, 46, 47 f.; BGHR StGB § 73 - Verletzter 2). Hier
liegt jedoch insoweit eine Besonderheit vor, als der Bestechungslohn
nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts zugleich
den Schaden bzw. den Nachteil im Rahmen der Betrugs- oder
Untreuehandlung ausmachte. Durch die Betrugshandlung wurde ein Vertrag
erreicht, der erst die Auskehr der vermögenswerten Vorteile an
den Angeklagten Hu ermöglichte. Der Betrugs- und
Untreueschaden des Dienstherrn korrespondiert hier spiegelbildlich mit
dem Vermögenszuwachs, den der Angeklagte Hu aus dieser Tat
erlangt hat. Die Realisierung eines Schadensersatzanspruchs des
Dienstherrn schöpft wiederum den Vermögensvorteil des
Angeklagten Hu
ab.
Deshalb gebietet in derartigen Fällen der Schutzzweck des
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, daß eine
Doppelinanspruchnahme des Angeklagten ausgeschlossen bleibt. Entschiede
man nämlich hier die beiden - wirtschaftlich unmittelbar
verknüpften - Sachverhaltsteile getrennt, dann würde
dies zu einem mit dem Normzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
nicht zu vereinbarenden Ergebnis führen. Bei getrennter
Würdigung hätte der Angeklagte Hu zwar aus dem
vorgelagerten Tatkomplex seines Betruges und seiner Untreue zu Lasten
seiner Arbeitgeberin nichts erlangt; er wäre aber
gegenüber seiner Arbeitgeberin nach § 823 Abs. 2 BGB
in Verbindung mit §§ 263, 266 StGB zum Schadensersatz
verpflichtet. Die spätere Annahme der Bestechungsgelder
würde aber seine Arbeitgeberin nicht schädigen. Die
Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen jemand im Sinne des
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verletzt ist, kann deshalb im Hinblick
auf den Schutzzweck dieser Bestimmung weder nach den
materiellrechtlichen Kategorien von Tateinheit/Tatmehrheit
gemäß §§ 52, 53 StGB noch in
Übereinstimmung mit dem prozessualen Tatbegriff im Sinne des
§ 264 StPO (so aber W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73
Rdn. 40) beantwortet werden. Aus dem Sinn und Zweck der
Verfallsvorschriften ergibt sich vielmehr, daß der Anspruch
des verletzten Dritten nicht unmittelbar an den verwirklichten
Straftatbestand anknüpfen muß (BGH,
Beschluß vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00 -).
Entscheidend ist vielmehr, ob eine zwingende innere
Verknüpfung zwischen dem erlangten Vorteil und dem
ersatzfähigen Schaden eines Dritten vorliegt. Dies hat das
Landgericht hier rechtsfehlerfrei angenommen.
Insoweit besteht auch ein maßgeblicher Unterschied zu der vom
1. Strafsenat (Urteil vom 8. Juni 1999 - 1 StR 210/99 -, teilweise
abgedruckt in BGHR StGB § 73 - Verletzter 2) entschiedenen
Fallgestaltung. Nach den Ausführungen dort stellten die
vereinnahmten Bestechungsgelder finanzielle Zuwendungen für
Untreuehandlungen dar; eine Identität zwischen Bestechungslohn
und Untreueschaden - wie im hier zu entscheidenden Fall - ist aber
nicht ersichtlich. Wenn sich der Nachteil bei der Untreue und der
Vorteil bei der Bestechlichkeit nicht betragsmäßig
entsprechen, erfordert der Gesichtspunkt des Doppelbelastungsverbots in
diesen Fällen nach seinem
Schutzzweck nicht die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB.
Hier kann übermäßigen Belastungen des
Angeklagten im Rahmen der Härteklausel nach § 73c
StGB begegnet werden (vgl. auch BGH wistra 1999, 464).
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Raum |