BGH,
Urt. v. 6.6.2002 - 3 StR 118/02
3 StR 118/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
6. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 6.
Juni 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach,
Pfister, Becker als beisitzende Richter, Staatsanwältin als
Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Justizamtsinspektor als
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 14. Januar 2002 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
gewerbsmäßiger Hehlerei in sechs Fällen,
davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie
wegen Urkundenfälschung in elf Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn im
übrigen freigesprochen. Die gegen die Verurteilung gerichtete,
auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des
Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Der Schuldspruch enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten. Dies gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten
als (Mit)Täter der Urkundenfälschungen angesehen hat.
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach
den gesamten Umständen, die von der Verurteilung
umfaßt sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen.
Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können
gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im
Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im
Willen zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und
Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen
abhängen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2
Mittäter 14).
Der Tatrichter war sich der Notwendigkeit einer Abgrenzung zwischen
Mittäterschaft und Beihilfe bewußt. Die hierzu
angestellten Erwägungen sind zwar kurz, stellen aber noch
ausreichend erkennbar darauf ab, daß der Angeklagte, der die
Urkunden nicht selbst verfälschte, durch deren Entgegennahme
von den Interessenten, die Weitergabe an den Fälscher, die
Rückgabe nach erfolgter Verfälschung und die
Einziehung des Fälscherlohnes unter Entnahme des eigenen
Anteils maßgeblich an der Tatbegehung mitgewirkt hatte.
2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher
Nachprüfung stand. Insbesondere mußte sich das
Landgericht unter dem Gesichtspunkt eines bei der
nachträglichen Gesamtstrafenbildung etwa zu
gewährenden Härteausgleichs nicht mit dem Umstand
auseinandersetzen, daß die Strafen aus dem
Gesamtstrafenbeschluß des Amtsgerichtes Grevesmühlen
vom 15. März 1999 vollständig erledigt waren und
nicht mehr in die zu bildende Gesamtstrafe einbezogen werden konnten.
Nach dem Grundgedanken des § 55 StGB sollen Taten, auf die bei
gemeinsamer Verhandlung die §§ 53, 54 StGB anzuwenden
gewesen wären, bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung
erfahren, so daß Täter im Endergebnis weder besser
noch schlechter gestellt sind. Die Tatsache, daß eine durch
Vollstreckung erledigte Strafe nicht mehr in eine Gesamtstrafe
einbezogen werden kann, ändert nichts an der Forderung nach
einem Ausgleich der sich durch getrennte Aburteilung ergebenden
Nachteile (vgl. BGHSt 31, 102, 103; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz
1 Härteausgleich 1 jeweils m. w. N.). Ein
Härteausgleich kommt indes nur dann in Betracht, wenn in der
Erledigung der früheren Strafe tatsächlich eine
Härte für den Angeklagten zu sehen ist. Für
ihn ist kein Raum, wenn der Angeklagte durch die Erledigung der an sich
gesamtstrafenfähigen Strafe nicht benachteiligt wird. So liegt
es im Ergebnis auch hier:
Aus der nachträglichen Gesamtstrafenbildung des Amtsgerichtes
Grevesmühlen vom 15. März 1999 folgt, daß
alle Taten, die den dabei einbezogenen Einzelstrafen aus drei Urteilen
zugrundelagen, vor dem ersten dieser Urteile, dem des Amtsgerichtes
Oldenburg vom 12. August 1996, begangen worden sind. Vor dem 12. August
1996 liegt auch eine der 17 hier abgeurteilten Taten des Angeklagten:
eine Urkundenfälschung, für die das Landgericht eine
Einzelstrafe von sechs Monaten verhängt hat.
Wäre die Vollstreckung der nachträglichen
Gesamtstrafe aus dem Beschluß vom 15. März 1999 noch
nicht erledigt gewesen, so hätte das Urteil des Amtsgerichtes
Oldenburg vom 12. August 1996 eine Zäsurwirkung entfaltet mit
der Folge, daß aus den dem Gesamtstrafenbeschluß
vom 15. März 1999 zugrundeliegenden Einzelstrafen und dieser
Einzelstrafe von sechs Monaten eine neue Gesamtstrafe hätte
gebildet werden müssen, während aus den Einzelstrafen
für die weiteren 16 Taten eine zweite Gesamtstrafe zu bilden
gewesen wäre.
Danach ist ein auszugleichender Nachteil in der Erledigung der Strafen
aus dem Gesamtstrafenbeschluß des Amtsgerichtes
Grevesmühlen vom 15. März 1999 nicht zu erblicken.
Es ist ausgeschlossen, daß die im angefochtenen Urteil
gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (aus Einzelstrafen von
einem Jahr und drei Monaten, fünfmal einem Jahr und zwei
Monaten, zehnmal sechs Monaten und einmal drei Monaten) geringer
ausgefallen wäre, wenn die eine Einzelstrafe von sechs Monaten
zu ihrer Bildung nicht hätte herangezogen werden
können. Es liegt andererseits nahe, daß die andere
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten (Einzelstrafen von einmal sechs
Monaten, von zweimal jeweils wenigen Monaten Freiheitsstrafe sowie eine
Geldstrafe von 50 Tagessätzen) bei Hinzutreten der
Einzelstrafe von sechs Monaten höher ausgefallen wäre.
Tolksdorf Rissing-van Saan Miebach Pfister Becker
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