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BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 7.7.2004 - 1 StR 115/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 115/04
vom
7. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
unter Mitführung einer Schußwaffe u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Juli 2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts
München I vom 29. September 2003
1. im Schuldspruch in dem Fall III. C. der Urteilsgründe dahin
geändert, daß der Angeklagte der unerlaubten Abgabe von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist,
2. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Einzelstrafausspruch
zu Fall III. C. der Urteilsgründe, im Gesamtstrafenausspruch
und soweit von der Anordnung eines erweiterten
Verfalls abgesehen wurde. In diesem Umfang wird die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in
Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb
von Betäubungsmitteln (Fall III. C.) sowie wegen unerlaubten Handeltreibens
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mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung einer Schußwaffe
in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln und der unerlaubten
Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische
Selbstladekurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Außerdem hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt sowie den Verfall von 48.860 € angeordnet. Die
Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision
auf den Schuldspruch zu Fall III. C. der Urteilsgründe sowie den Rechtsfolgenausspruch
beschränkt. Sie erhebt eine Verfahrensrüge und beanstandet
die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Zu Recht beanstandet die Revision die rechtliche Wertung der Tat im
Fall III. C. der Urteilsgründe als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln.
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte
mindestens 800 g Haschisch und Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von
mindestens 4,5 % THC. Davon verkaufte er mindestens 116 g gewinnbringend
weiter, zweigte mindestens 150 g zum eigenen Konsum ab und überließ die
restlichen 534 g der gesondert verfolgten B. .
Das Landgericht hat nicht bedacht, daß der Angeklagte, indem er 534 g
an B. überließ, den Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG in der Form der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge verwirklicht hat. Soweit zugleich durch unerlaubten Besitz einer
nicht geringen Menge eine weitere Handlungsform des § 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG erfüllt ist, tritt diese hinter der Abgabe in nicht geringer Menge als subsidiär
zurück (vgl. BGHSt 42, 162, 165 f.). Gleichermaßen wird der Tatbestand
des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
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BtMG von dem Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verdrängt
(vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5 m.w.N.). Das unerlaubte
Handeltreiben mit der unter dem Grenzwert zur nicht geringen Menge liegenden
Handelsmenge gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG steht jedoch mit
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Tateinheit (BGH aaO).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht
dem nicht entgegen; der geständige Angeklagte hätte sich auch bei Erteilung
des gebotenen rechtlichen Hinweises nicht erfolgreich gegen den geänderten
Schuldvorwurf verteidigen können.
2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Einzelstrafausspruchs
zu Fall III. C. und des Gesamtstrafenausspruchs. Die Strafkammer hat
zwar bei der Festlegung der Einzelstrafe zu Fall III. C., ausgehend von dem
Strafrahmen des § 29 Abs. 3 BtMG, das Mindestmaß der nach § 29a Abs. 1
Nr. 2 BtMG zu verhängenden Freiheitsstrafe nicht unterschritten; der Senat
vermag jedoch nicht auszuschließen, daß sie bei zutreffender rechtlicher Würdigung
zu einer höheren Einzelstrafe gelangt wäre.
3. Auch soweit sich die Revision gegen die unterbliebene Anordnung
des erweiterten Verfalls bezüglich des sichergestellten Kraftfahrzeugs richtet,
hat sie - mit der Sachrüge; eines Eingehens auf die Verfahrensrüge bedarf es
deshalb nicht - Erfolg.
Nach den Feststellungen der Strafkammer hatte der Angeklagte kein
Vermögen und keine Schulden. Seine Tätigkeit als Privatdetektiv lief zwar anfangs
nicht schlecht, im Jahr 2002 hatte er jedoch nur noch zwei bis drei Aufträge.
Er hatte keine legalen Einkünfte, die ihm das Ansparen eines größeren
Geldbetrages erlaubt hätten. Bereits im Laufe des Sommers 2001 beschloß er,
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künftig seinen Lebensunterhalt überwiegend durch den Verkauf von Haschisch
und Marihuana zu finanzieren. Am 12. Dezember 2001 kaufte er ein Kraftfahrzeug
für 54.000 DM, das er - abgesehen von angerechneten 5.500 DM für sein
altes Fahrzeug - bar bezahlte.
Bei dieser Sachlage reicht zur Verneinung einer Verfallsanordnung die
Darlegung der Kammer nicht aus, die Voraussetzungen des Verfalls des Wertersatzes
gemäß § 73a StGB lägen nicht vor, weil das Kaufgeld für das Kraftfahrzeug
allenfalls zu einem geringen Teil aus den - ab Oktober 2001 begangenen
- verfahrensgegenständlichen Taten stammen könne. Die Kammer hätte
vielmehr unter dem Gesichtspunkt des erweiterten Verfalls gemäß §§ 33 Abs. 1
Nr. 2 BtMG, 73d StGB die Vermögensverhältnisse des Angeklagten näher erörtern
müssen. Der erweiterte Verfall erstreckt sich gemäß §§ 73d Abs. 1 Satz 3,
73 Abs. 2 Satz 2 StGB auch auf Surrogate; ist Geld erlangt, sind Gegenstand
des Verfalls auch die Gegenstände, die der Täter mit dem Geld erworben hat
(vgl. BGHR StGB § 73d Gegenstände 4). Da nach den Feststellungen die Herkunft
des Kaufgeldes aus legalen Einkommensquellen nicht ersichtlich war,
insbesondere das Einkommen des Angeklagten den Betrag von 48.500 DM
keinesfalls erklären konnte, drängte sich angesichts des bereits im Sommer
2001 gefaßten Entschlusses des Angeklagten, Rauschgiftgeschäfte zu tätigen,
die Herkunft des Geldes aus solchen Geschäften auf. Zwar scheidet die Anordnung
des erweiterten Verfalls aus, wenn bestimmte Tatsachen die nicht nur
theoretische Möglichkeit begründen, daß Vermögensgegenstände des Täters
aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen; es dürfen allerdings
an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt
werden (BGHSt 40, 371, 373; vgl. auch Nack, GA 2003, 879, 885 m.w.N.). Das
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Fehlen der gebotenen Erörterungen stellt einen Sachmangel dar, der zur Aufhebung
des Urteils auch insoweit führt, als die Anordnung des erweiterten Verfalls
unterblieben ist.
Nack Kolz Hebenstreit
Elf Graf



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