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BGH, Urteil vom 7. Juni 2006 - 2 StR 72/06


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 7.6.2006 - 2 StR 72/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 72/06
vom
7.6.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7.06.2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 29.07.2005 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung freigesprochen. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts und mit Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
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II.
Dem Angeklagten liegt nach der zugelassenen Anklage zur Last, in der Zeit von Dezember 2004 bis zum 7. Januar 2005 mit den Mitangeklagten B. , K. , L. und N. verbindlich überein gekommen zu sein,
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einen bewaffneten Überfall auf die Filiale der -Bank in Vaals (Niederlande) zu verüben. Auf der Grundlage dieses Tatentschlusses soll der Mitangeklagte N. , der die Organisationshoheit innegehabt haben soll, die Mitangeklagten B. , L. und K. am Morgen des 7. Januar 2005 mit einem von ihm angemieteten VW Phaeton von Gelsenkirchen aus nach Aachen zu einem dort abgestellten Pkw Fiat Punto gefahren haben, während der Angeklagte ihnen als Fahrer eines ebenfalls von N. angemieteten Pkw Audi A4 gefolgt sein soll, obwohl er gewusst habe, dass ihm sein italienischer Führerschein entzogen gewesen sei. In Aachen seien B. und L. - beide bewaffnet mit Schreckschusspistolen - und K. - bewaffnet mit einem Elektroschocker - in den Fiat Punto umgestiegen. B. , L. und K. hätten mit dem Fiat Punto zur -Bank fahren und die Herausgabe des dort vorhandenen Bargelds in Höhe von mindestens 400.000 € erzwingen sollen. Der Angeklagte habe den Pkw Audi A4 als Fluchtfahrzeug für B. , L. und K. auf einem zuvor verabredeten Autobahnparkplatz abstellen und von dort gemeinsam mit N. weiterfahren sollen.
Der Angeklagte und die Mitangeklagten wurden von Einsatzkräften der Polizei festgenommen, als B. , L. und K. mit dem Pkw Fiat Punto bis auf 1300 Meter an die -Bank herangefahren waren. Die Mitangeklagten sind wegen Verabredung zur schweren räuberischen Erpressung, die Mitangeklagten B. , L. und N. in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 52 Abs. 3 Nr. 2 a WaffG, verurteilt worden.
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Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Soweit ihm vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis zur Last gelegt worden ist, ist dieser Tatvorwurf in der Hauptverhandlung gemäß § 154 a StPO ausgeschieden worden. Das Landgericht vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass sich der An-
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geklagte an dem geplanten Banküberfall beteiligten sollte und in wesentliche Einzelheiten eingeweiht und einbezogen gewesen sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass er den Plan hinsichtlich des Überfalls auf die -Bank gekannt und gewusst habe, dass er den Pkw Audi A4 als Fluchtfahrzeug für die drei den Banküberfall unmittelbar ausführenden Mitangeklagten abstellen sollte, würde dies seine Verurteilung nicht rechtfertigen, weil sich sein Tatbeitrag im Falle der Vollendung der geplanten Tat nur als Beihilfe darstellen würde.
III.
Der Freispruch vom Vorwurf der Verabredung zu einer schweren räuberischen Erpressung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Sachrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet, zeigt keinen Rechtsfehler des Urteils auf. Auch die Aufklärungsrüge greift nicht durch.
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1. Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es vorhandene Zweifel nicht zu überwinden vermag, so ist das grundsätzlich vom Revisionsgericht hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat aufgrund der Sachrüge nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13 und Überzeugungsbildung 33). Das ist nur dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt; ferner dann, wenn das Gericht an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen stellt. Derartige Rechtsfehler lässt das angefochtene Urteil jedoch nicht erkennen.
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2. Das Landgericht hat umfassend und sorgfältig die für und gegen eine Verabredung des Angeklagten zu dem Banküberfall sprechenden Beweisanzeichen gewürdigt und gegeneinander abgewogen.
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a) Die Mitangeklagten B. und N. waren umfassend und glaubhaft geständig, die Mitangeklagten L. und K. teilweise. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht eingelassen; bei seiner Vernehmung durch den Haftrichter hatte er ausgesagt, nicht zu wissen, was die Mitangeklagten in Aachen gewollt hätten. Der Mitangeklagte N. hat angegeben, dass es der Angeklagte bei dem Besuch im November 2004 abgelehnt habe, an einem Raubüberfall teilzunehmen; er habe sich aber bereit erklärt, sich in Italien nach einem Ersatzmann umzusehen. Keiner der Mitangeklagten hat bekundet, dass der Angeklagte an einem der Gespräche über den geplanten Überfall oder einer der zum Ausspähen des Tatortes unternommenen Erkundungsfahrten teilgenommen habe.
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b) Das Landgericht hat die Indizien, die dafür sprechen, dass sich der Angeklagte an dem geplanten Banküberfall beteiligen wollte, gesehen (UA S. 36 ff): er hatte erhebliche finanzielle Probleme, er ist vielfach, auch einschlägig vorbestraft, und angesichts seiner erheblichen kriminellen Erfahrung wäre ihm eine Beteiligung nicht persönlichkeitsfremd. Der Angeklagte reiste nicht nur im November 2004 auf Kosten des Mitangeklagten N. nach Gelsenkirchen, der ihm bei dem Zusammentreffen mitteilte, dass er einen Raubüberfall begehen und ihn für eine Beteiligung zu gewinnen versuchte, sondern erneut Ende Dezember 2004, wie der Mitangeklagte B. . Er wusste, dass N. die Begehung eines Raubüberfalles beabsichtigte und hat in Italien den Mitangeklagten B. angesprochen und ihm in Aussicht gestellt, dass der Mitangeklagte N. ihm in Deutschland Arbeit verschaffen könne, wobei auch von etwas
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Illegalem die Rede war. Die Kammer hat angenommen, dass dies den erheblichen Verdacht begründet, dass es sich bei dem zweiten Aufenthalt des Angeklagten in Deutschland nicht lediglich um einen Freundschaftsbesuch handelte bzw. die kriselnde Ehe des Angeklagten gekittet werden sollte, sondern dass sich der Angeklagte wie B. an dem Raubüberfall beteiligen sollte. Die Kammer hat dem sorgfältig planenden Mitangeklagten N. auch nicht geglaubt, dass er erst am Morgen des 7. Januar 2005 den Angeklagten ohne weitere Informationen gebeten habe, ihn im Audi A4 zu begleiten. Trotz einer Gesamtschau all dieser erheblichen Verdachtsmomente hat das Landgericht Zweifel, dass der Angeklagte in wesentliche Einzelheiten des geplanten Überfalls eingeweiht und einbezogen war, nicht überwinden können. Selbst bei Unterstellung einer umfassenden Kenntnis der wesentlichen Umstände der geplanten Tat sprächen jedenfalls der für das Gelingen der Tat relativ unbedeutende Tatbeitrag und seine fehlende Tatherrschaft gegen die Annahme einer Mittäterschaft des Angeklagten.
c) Wenn das Landgericht danach seine Zweifel an einer täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten nicht zu überwinden vermochte, so ist dies vom Revisionsgericht hinzunehmen, auch wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen hätte. Die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die Wertung des hierzu berufenen Tatgerichts durch eine eigene zu ersetzen. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass verschiedene Umstände dafür sprechen, dass der Angeklagte ein zweites Mal nach Deutschland einreiste, um an dem Banküberfall teilzunehmen. Der Senat besorgt nicht, dass es die hohe Verschuldung des Mitangeklagten N. , die es ausdrücklich festgestellt hat, übersehen hat, zumal es ausdrücklich darauf abstellt, dass der Angeklagte zweimal auf Kosten des Mitangeklagten
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eingereist ist (UA S. 36 unten/S. 37 oben). UA S. 37 verweist das Landgericht zudem ausdrücklich darauf, dass der Angeklagte Ende Dezember „ebenso wie der Mitangeklagte B. “ eingereist ist; dass der Tatrichter nicht berücksichtigt haben könnte, dass beide auch am selben Tag eingereist sind, während die Ehefrau des Angeklagten einige Tage später nachkam, schließt der Senat danach aus.
3. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand der Verabredung zu einem Verbrechen nicht erfüllt ist, wenn der Beteiligte nur als Gehilfe tätig werden will (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 74; Roxin in LK, 11. Aufl. § 30 Rdn. 71, 72 m. w. N.). Die Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als Beihilfe zu der geplanten Tat hält sich innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Beurteilungsspielraums. Soweit die Beschwerdeführerin der beabsichtigten Bereitstellung des Fluchtfahrzeuges durch den Angeklagten eine „überragende Bedeutung“ zumisst, zeigt sie mit ihrer abweichenden Bewertung keinen Rechtsfehler des Urteils auf. Zwar hat das Landgericht als Tatbeitrag des Angeklagten lediglich das Abstellen eines zweiten Fluchtfahrzeugs gewürdigt (UA S. 39); dass der Angeklagte auch den Mitangeklagten B. als Mittäter in Italien angeworben hat, hat es in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich erörtert. Der Senat schließt jedoch aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe aus, dass das Landgericht diesen Umstand, den es nur zwei Seiten vorher (UA S. 37) im Zusammenhang mit der Kenntnis des Angeklagten von dem geplanten Raubüberfall erörtert hat, rechtsfehlerhaft übersehen haben könnte.
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4. Hinsichtlich des Briefes des Mitangeklagten N. liegt eine zulässige Verfahrensrüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nicht vor. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin ist der Inhalt des Schreibens
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des Mitangeklagten N. im Wege eines Vorhalts an diesen in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Dass das Landgericht aus dem Inhalt des Schreibens nicht die von der Beschwerdeführerin gewünschten Schlüsse gezogen hat, kann nicht mit einer Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt werden. Im Übrigen stimmt der von der Revision mitgeteilte Inhalt des Schreibens mit den Urteilsfeststellungen zur Mitwirkung des Angeklagten überein. Die von der Beschwerdeführerin daraus abgeleiteten anders lautenden Schlussfolgerungen stellen lediglich eine eigene Beweiswürdigung dar.
IV.
Mit ihrer Revision macht die Beschwerdeführerin weiterhin geltend, das Landgericht hätte, bevor es den Angeklagten freisprach, den ausgeschiedenen Teil der Tat wieder in das Verfahren einbeziehen müssen; dass es dies nicht getan habe, begründe einen Verstoß gegen das Gebot umfassender Beurteilung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Tat (§ 264 Abs. 1 StPO). Auch insoweit bleibt das Rechtsmittel erfolglos.
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1. Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht ist nicht zulässig ausgeführt. Die Revision teilt nicht mit, welcher konkreten weiteren Beweismittel sich der Tatrichter insoweit hätte bedienen sollen und zu welchem Beweisergebnis eine weitere Beweiserhebung geführt hätte.
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2. Ein Verstoß gegen § 154 a Abs. 3 StPO in Verbindung mit § 264 StPO liegt nicht vor. Kann dem Angeklagten die Gesetzesverletzung, auf die die Verfolgung beschränkt worden ist, nicht nachgewiesen werden, muss das Gericht zwar, um seiner Pflicht nach § 264 StPO zu genügen, auch ohne Antrag den
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ausgeschiedenen Teil wiedereinbeziehen (BGHSt 32, 84 ff). Das gilt jedoch nicht, wenn die Beweislage die Beurteilung zulässt, dass im Falle der Wiedereinbeziehung der Angeklagte auch von dem Vorwurf, der den ausgeschiedenen Tatteil betrifft, freizusprechen gewesen wäre; aufgrund einer solchen Beurteilung kann der Tatrichter von der förmlichen Wiedereinbeziehung des ausgeschiedenen Tatteils absehen (Senatsurteil vom 30. Januar 1991 - 2 StR 428/90 - ; BGH wistra 1989, 309; StV 1997, 566). So liegt der Fall hier. Der Senat entnimmt den Urteilsausführungen UA S. 10 und 35, dass sich das Landgericht auch keine Überzeugung davon zu verschaffen vermochte, dass der Angeklagte am 7. Januar 2005 ohne Fahrerlaubnis gefahren ist.
Rissing-van Saan Otten Rothfuß
Roggenbuck Appl



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