BGH,
Urt. v. 7.10.2003 - 1 StR 274/03
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
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StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1
Ein Vermögensverlust im Sinne des Regelbeispiels für
den besonders schweren
Fall eines Betruges (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB)
ist jedenfalls
dann nicht von "großem Ausmaß", wenn er den Wert
von 50.000 Euro nicht
erreicht.
BGH, Urt. vom 7.10.2003 - 1 StR 274/03 - LG Augsburg
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 274/03
vom
7.10.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
7.10.2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 25. Februar 2003 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 100
Fällen zur
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet
sich die Revision
des Angeklagten, der die Anwendung des sachlichen Rechts beanstandet.
Das Rechtsmittel erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte eine
Stahlhandelsfirma, die Ware von einer Firma A. GmbH & Co. bezog.
Dort war sein Mittäter und früherer Mitangeklagter M.
als Sachbearbeiter
im Bereich des Einkaufs und Verkaufs von Stahlerzeugnissen
tätig. M.
hatte dort folgendes System entwickelt: Er beschaffte für
Rechnung und auf
Kosten der Firma A. in Abmessung und Menge genau bezeichnete Stahl-
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bleche, fing die der Firma A. erteilten Rechnungen im
Geschäftsbetrieb
ab, versah sie mit den erforderlichen internen Vermerken und
veranlaßte so die
Bezahlung der Rechnungen durch die Firma A. . Die Stahlwaren wurden
dann auf seine Veranlassung an Dritte geliefert, denen die Firma A. sie
allerdings aufgrund der geschäftsinternen Manipulationen des
M. nicht in
Rechnung stellte.
Der Angeklagte lehnte ein "Angebot" M. s, an diesem System zu
seinem eigenen Nutzen teilzunehmen, zunächst als illegal ab.
Schließlich ließ
er sich doch darauf ein, weil seine Firma in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geraten
war. Von Juli 1997 bis März 2002 beauftragte der Angeklagte
den früheren
Mitangeklagten M. in insgesamt 100 Fällen mit der für
ihn "kostenlosen
Beschaffung" von Stahlblechen, die nach Abmessung und Menge genau
bezeichnet waren und die er zu dem jeweiligen Zeitpunkt bereits an
verschiedene
Abnehmer weiterverkauft hatte. Daraufhin bestellte M. jeweils noch
am selben Tag telefonisch beim Lieferanten der Firma A. auf deren
Rechnung die vom Angeklagten benötigten Stahlerzeugnisse zur
direkten Lieferung
an einen Spediteur. Diesen hatte der Angeklagte mit der
anschließenden
Weiterlieferung an seine Abnehmer betraut. Die vom Lieferanten der Firma
A. gestellten Rechnungen verschaffte sich M. heimlich aus der
Rechnungsprüfung der Firma A. oder ließ sie sich
unter einem Vorwand
aushändigen. Trotz fehlender Befugnis dazu versah er sie mit
den erforderlichen
Prüfstempeln und Vermerken, obwohl er wußte,
daß die fragliche Ware
tatsächlich nicht in das entsprechende Lager der Firma A.
geliefert worden
war, so daß an sich eine Ausgangsrechnung durch die Firma A.
hätte
gestellt werden müssen.
- 5 -
M. und der Angeklagte wollten sich auf diese Weise eine nicht
nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang
verschaffen. Gemeinsamem
Tatplan entsprechend teilten sie sich den durch den Weiterverkauf
der kostenlos von A. bezogenen Stahlbleche erzielten Erlös
auf. Nach
Abzug der Lager-, Umschlag- und Versandkosten ließ der
Angeklagte per Post
M. jeweils Schecks über zwei Drittel des verbleibenden Gewinns
zukommen.
Insgesamt übersandte er M. 58 Schecks über eine
Gesamtsumme
von 1.186.007,65 Euro. Der auf den Angeklagten selbst entfallende
Gewinnanteil
belief sich auf 593.003,81 Euro.
Der Firma A. wurden für die durch den Angeklagten
über M.
veranlaßten Stahlwarenlieferungen 100 Rechnungen erteilt, die
sich insgesamt
auf eine Nettosumme von 1.580.161,86 Euro beliefen.
2. Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten als
gemeinschaftlichen
Betrug in 100 Fällen gewürdigt. Der Strafzumessung
hat es jeweils den
Strafrahmen für den besonders schweren Fall zugrundegelegt.
Der Angeklagte
und M. hätten gewerbsmäßig gehandelt
(§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1
StGB) und - abgesehen von vier Fällen - auch einen
Vermögensverlust großen
Ausmaßes herbeigeführt (§ 263 Abs. 3 Satz 2
Nr. 2 Alt. 1 StGB). Die Strafkammer
geht von einem solchen Vermögensverlust "großen
Ausmaßes" und
damit von der Verwirklichung eines zweiten Regelbeispiels für
die Annahme
eines besonders schweren Falles des Betruges in denjenigen
Fällen aus, in
denen der Einzelschaden sich jeweils auf mehr als 10.000 Euro
beläuft. Auch
für die bis zum 31. März 1998 begangenen Taten hat
die Strafkammer die von
diesem Zeitpunkt an geänderte Regelbeispielsvorschrift des
§ 263 Abs. 3 StGB
nF (i.F.d. 6. Strafrechtsreformgesetz) zugrundegelegt, weil die
Mindeststrafe
günstiger sei (sechs Monate anstatt einem Jahr
Freiheitsstrafe). Sie hat her-
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vorgehoben, auch nach der alten Fassung der Vorschrift für den
besonders
schweren Fall des Betruges, der in der bis zum 31. März 1998
geltenden Fassung
konkrete Regelbeispiele für den besonders schweren Fall noch
nicht enthielt,
hätten im vorliegenden Fall solche besonders schweren
Fälle angenommen
werden müssen (UA S. 30).
Den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB hat das Landgericht nach
den
Grundsätzen des Täter-Opfer-Ausgleichs gemildert
(§ 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1
StGB), weil der Angeklagte Schadensersatz in Höhe von 250.000
Euro geleistet
und sich in einem notariellen Schuldanerkenntnis über 500.000
Euro auch
der Zwangsvollstreckung unterworfen habe. Bei der konkreten
Strafzumessung
hat die Strafkammer für die Fälle mit einer
Schadenshöhe "bis 9.999,99 Euro"
jeweils acht Monate Einzelfreiheitsstrafe, zwischen einer
Schadenshöhe von
10.000 Euro und 19.999,99 Euro jeweils zehn Monate, zwischen 20.000 Euro
und 29.999,99 Euro je ein Jahr und ab 30.000 Euro je ein Jahr und drei
Monate
Freiheitsstrafe angesetzt. Die höchste Rechnung war
über ca. 32.700 Euro
ausgestellt. Aus den Einzelstrafen hat die Kammer eine
Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren gebildet.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Schuldspruch richtet und die
Annahme von Mittäterschaft rügt und zum
Gesamtstrafausspruch die für die
Annahme besonders schwerer Fälle gebotene
Gesamtabwägung vermißt, ist
es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dies
hat der Generalbundesanwalt
in seiner Zuschrift vom 24. Juni 2003 und in der Revisionshauptver-
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handlung zutreffend dargetan. Ergänzend bemerkt der Senat zur
Frage der
Mittäterschaft beim Betrug:
Der Zusammenhang der Urteilsgründe läßt
hinreichend erkennen, daß
der Angeklagte nicht nur das Tun des M. förderte, sondern
seine Beiträge
- gemeinsamem Plan entsprechend - denjenigen M. s so
hinzufügte, daß
das Handeln beider jeweils wechselseitig als Ergänzung des
eigenen Tatanteils
erscheint. Das hat das Landgericht in wertender Betrachtung als
Mittäterschaft
gewürdigt (UA S. 28 f.). Da der Bundesgerichtshof dem
Tatrichter selbst
in Grenzfällen einen Beurteilungsspielraum zugestanden und
einen Rechtsfehler
auch dann verneint hat, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung
möglich erschienen wäre (vgl. nur BGH NJW 1997, 3385,
3387 m.w.N.), begegnet
die Bewertung der Strafkammer um so weniger rechtlichen Bedenken.
Unschädlich für die Annahme von
Mittäterschaft ist, daß der Angeklagte nicht
über die Einzelheiten des Vorgehens M. s aufgeklärt
war. Es genügt, daß
er um dessen "Manipulationen" zulasten der Firma A. wußte und
sich auf
dieser Grundlage absprachegemäß und im
Zusammenwirken mit M.
Stahlbleche "ohne Berechnung" liefern ließ (UA S. 11 f.). Dem
ist im Gesamtzusammenhang
zu entnehmen, daß er M. s Vorgehen jedenfalls im wesentlichen
kannte; das reicht. Da der Angeklagte selbst an den Taten als
Mittäter
beteiligt war, scheidet die Annahme von Hehlerei aus.
2. Bei der Wahl des Strafrahmens ist der Tatrichter allerdings
rechtsfehlerhaft
von einem Vermögensverlust "großen
Ausmaßes" in all den Fällen
ausgegangen, in denen sich der Schadensbetrag auf mehr als 10.000 Euro
belief (UA S. 30). Der Senat ist in Auslegung des Rechtsbegriffs des
"Vermögensverlustes
großen Ausmaßes" der Auffassung, daß ein
solcher jedenfalls
dann nicht vorliegt, wenn der Vermögensverlust
wertmäßig den Betrag von
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50.000 Euro nicht erreicht. Auf dem darin liegenden Mangel beruht die
Straffindung
hier jedoch erkennbar nicht, so daß der Strafausspruch im
Ergebnis Bestand
haben kann.
a) Die Frage, wann ein Vermögensverlust großen
Ausmaßes im Sinne
des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB anzunehmen ist, hat der
Bundesgerichtshof
bislang nicht strikt, sondern nur einzelfallbezogen unter Offenlassen
der
Grenzziehung beantwortet (siehe BGH, Beschl. vom 10. Mai 2001 - 3 StR
96/01 - = NStZ-RR 2002, 50). In der Literatur werden hierzu
unterschiedliche
Auffassungen vertreten. Zum Teil wird gefordert, der
Vermögensverlust müsse
das für den Betrugstatbestand "durchschnittliche Maß
deutlich übersteigen";
daher sei die Grenze nicht unter 10.000 Euro anzusetzen
(Tröndle/Fischer
StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 122). Andere vertreten die Meinung,
nach Art einer
Faustregel sei erst ein Verlust in einer
Größenordnung von 50.000 Euro (entsprechend
etwa 100.000 DM) ein solcher "großen Ausmaßes"
(Tiedemann in
LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 298; Cramer in
Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263
Rdn. 188c).
b) Ein Vermögensverlust, der seinem Wert nach 50.000 Euro
nicht erreicht,
ist kein solcher "großen Ausmaßes" im Sinne des
Regelbeispiels gemäß
§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB.
aa) Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG)
gilt grundsätzlich auch für die
Rechtsfolgenvorschriften (BVerfGE 105, 135,
152 ff. = NJW 2002, 1779 ff. zur Vermögensstrafe). Der Begriff
des "großen
Ausmaßes" ist für sich gesehen ein unbestimmter. Er
erhält erst in der Interpretation
durch die Gerichte seine den Anforderungen der Rechtssicherheit
gerecht werdenden Konturen. Die kodifizierte Strafzumessungsregel
bedarf,
soll sie für den Normadressaten voraussehbar und für
die Strafjustiz kontrol-
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lierbar sein, der richterrechtlichen Konkretisierung im Wege der
Auslegung.
Daran ändert auch nichts, daß der Tatrichter
unabhängig davon, ob die Voraussetzungen
des Regelbeispiels vorliegen oder nicht, stets darüber hinaus
zu
prüfen hat, ob auf Grund mildernder Umstände die
Regelwirkung entfällt und
deshalb der Normalstrafrahmen anzuwenden ist, und ob im Falle des
Nichtvorliegens
eines Regelbeispiels etwa im Blick auf besondere erschwerende
Gesichtspunkte
ein unbenannter besonders schwerer Fall anzunehmen ist.
bb) Der Begriff des Vermögensverlustes großen
Ausmaßes ist nach objektiven
Gesichtspunkten zu bestimmen (so auch Cramer in
Schönke/Schröder
aaO § 263 Rdn. 188c; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl.
§ 263 Rdn. 122; Tiedemann
in LK § 263 Rdn. 298; Lackner/Kühl StGB 24. Aufl.
§ 263 Rdn. 66; NKKindhäuser
StGB § 263 Rdn. 454). Die Formulierung des Merkmals legt das
bereits nahe; eine gleichmäßige Auslegung wird so
sichergestellt und die Vorhersehbarkeit
der schwereren Sanktion gefördert. Es erhellt sich zudem im
systematischen
Zusammenhang mit dem Regelbeispiel nach § 263 Abs. 3 Satz 2
Nr. 3 StGB ("eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt"), das -
anders
strukturiert - auf die individuellen Folgen beim Opfer abhebt.
cc) Die Konkretisierung des "großen Ausmaßes" eines
Vermögensverlustes
nach objektivem Maßstab bedarf tauglicher
Anknüpfungspunkte. Eine Anknüpfung
an einen durchschnittlich hohen Betrugsschaden scheidet aus, weil
sich daraus keine verläßliche und
tragfähige Grundlage ergäbe. Für eine
Grenzziehung bleibt daher zunächst nur der Rückgriff
auf die Gesetzesentstehung,
eine in der Literatur verbreitete Auffassung und die Bedeutung, die dem
Regelbeispiel für die Annahme eines besonders schweren Falles
im Blick auf
den in Rede stehenden Unwertgehalt zukommt, der dadurch gekennzeichnet
werden soll.
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Ein unmittelbares Abstellen auf den durchschnittlichen Schadensbetrag
beim Betrug nach der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für
die Bundesrepublik
Deutschland - etwa für einen Fünf-Jahreszeitraum -
erscheint schon deshalb
nicht hinreichend zuverlässig, weil deliktsspezifisch von
einem hohen
Dunkelfeld auszugehen ist (vgl. dazu Tiedemann in LK aaO vor §
263 Rdn. 8
f.) und in diese Statistik auch Fälle einfließen, in
denen der Schaden nicht ermittelbar
ist (vgl. PKS 2002, S. 192, herausgegeben vom Bundeskriminalamt).
Überdies können Einzelfälle mit ganz
außergewöhnlich hoher Schadenssumme
den Durchschnittswert verschieben (sog. Ausreißer). Zudem
müßte ein so gewonnener
Durchschnittsschaden - der für das Jahr 2002 bei etwa 4.600
Euro
läge (ohne Leistungserschleichung und Computerbetrug: 571.862
vollendete
Fälle, 2.618,8 Mio. Euro Gesamtschadenssumme, PKS 2002 S. 192)
- um einen
zu bestimmenden Wert erhöht oder mit einem Faktor
multipliziert werden,
der den in der Literatur geforderten "deutlichen" Abstand zum
Durchschnittsschaden
markiert (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 122:
"deutlich übersteigt";
NK-Kindhäuser § 263 Rdn. 454: das durchschnittliche
Maß "weit übersteigt").
Dieser Faktor könnte aber seinerseits nur ein gegriffener Wert
sein.
Damit wäre der Boden einer verläßlichen
Anknüpfung verlassen. Der Durchschnittsschaden
kann freilich dazu herangezogen werden, einen auf anderem
Wege gewonnenen "Schwellenwert" auf seine Plausibilität hin zu
überprüfen.
In früherer Zeit hat der Bundesgerichtshof zum
ähnlich gefaßten Regelbeispiel
eines besonders schweren Falls des Subventionsbetruges (§ 264
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) bereits ausgesprochen, daß eine
Subvention unter
100.000 DM (entspricht etwa 50.000 Euro) nicht großen
Ausmaßes im Sinne
jenes Regelbeispiels sei ("Subvention großen
Ausmaßes", siehe BGHR StGB
§ 264 Abs. 3 Strafrahmenwahl 1). Daran anknüpfend
ging man im Gesetzgebungsverfahren
zur hier in Rede stehenden Bestimmung - trotz aller Besonder-
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heiten des Subventionsbetruges - und in der Begründung zu der
Vorschrift des
§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB nF von einem
Vermögensverlust des "großen
Ausmaßes" bei einem Wert in Höhe von etwa 100.000 DM
aus (vgl. Gesetzesbegründung
BTDrucks. 13/8587 S. 43; siehe weiter BGH NStZ-RR 2002, 50).
Dem sind namhafte Kommentare gefolgt, welche die Auslegung des
Regelbeispiels
in der Rechtspraxis maßgeblich mitbeeinflussen (Tiedemann in
LK aaO;
Cramer in Schönke/Schröder aaO; anders nur
Tröndle/Fischer aaO: nicht unter
10.000 Euro).
Schließlich deutet die Wertung auch der anderen
Regelbeispiele der
Vorschrift darauf hin, daß der besonders schwere Fall als
Regelfall hier gewichtiges
Unrecht erfordert, das in der in Rede stehenden Alternative in der
Höhe des Vermögensverlustes unbezweifelbar objektiv
zum Ausdruck kommen
muß. Das wäre bei einem Betrag in Höhe von
(lediglich) 10.000 Euro nach
wertender Betrachtung des Senats kaum annehmbar, zumal auch der
Normalstrafrahmen
eine beachtliche Strafobergrenze vorsieht. Darauf deuten
schließlich
auch die hohen Schadenssummen hin, bei denen die Rechtsprechung
früher
von einem sehr hohen Schaden gesprochen hat (so schon BGH NStZ-RR
2002, 50). Die Verneinung eines Vermögensverlustes
"großen Ausmaßes",
wenn dieser den Wert von 50.000 Euro nicht erreicht, wird zudem nach der
Erfahrung des Senats der Bedeutung entsprechen, die etwa Anschaffungen
von solchem Wert für die ganz überwiegende Mehrheit
der Bevölkerung haben.
Selbst in dem Durchschnittsschaden, der auf der Grundlage der
Polizeilichen
Kriminalstatistik ermittelbar wäre, würde er sich -
verzehnfacht man den Wert -
widerspiegeln.
Die Verwendung des Begriffs des "großen Ausmaßes"
in anderen Strafbestimmungen
steht dem hier gewonnenen Ergebnis nicht entgegen (vgl. etwa
- 12 -
auch § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO). Es ist anerkannt,
daß die Auslegung tatbestandsspezifisch
zu erfolgen hat (statt vieler in der Literatur Tröndle/Fischer
aaO; Wolters JuS 1998, 1100, 1103). Allerdings erscheint dem Senat
vorstellbar,
bei Verweisungen (z.B. § 266 Abs. 2 StGB) und innerhalb
bestimmter Deliktsabschnitte
(z.B. 22. Abschnitt des StGB "Betrug und Untreue", vgl. § 264
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1) oder gar Deliktsgruppen eine einheitliche
Grenzziehung zu
bevorzugen; das kann hier jedoch dahinstehen.
c) Die Abgrenzung, die sich für § 263 Abs. 3 Satz 2
Nr. 2 Alt. 1 StGB
wertmäßig an einem Vermögensverlust in
Höhe von 50.000 Euro ausrichtet,
schafft für die Praxis Rechtssicherheit. Im Einzelfall bleibt
genügend Spielraum
für eine gerechte Straffindung. Der Tatrichter hat ohnehin im
Rahmen einer
Gesamtbetrachtung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des
Regelbeispiels
zu bewerten, ob tat- oder täterbezogene Umstände
vorliegen, die die
Indizwirkung des Regelbeispiels aufheben und trotz seiner
Verwirklichung zur
Verneinung eines besonders schweren Falles führen
können, oder ob auch
ohne daß dieses Regelbeispiel erfüllt ist besondere
Umstände einen unbenannten
besonders schweren Fall zu begründen vermögen oder
etwa ein anderes
benanntes Regelbeispiel anzunehmen ist.
d) Danach kann die Bewertung der Strafkammer im vorliegenden Fall,
die Grenze zum Vermögensverlust "großen
Ausmaßes" liege bei 10.000 Euro,
keinen Bestand haben. Gleichwohl schließt der Senat aus,
daß die Einzelstrafen
und der Gesamtstrafausspruch bei zutreffender Bewertung dem Angeklagten
günstiger ausgefallen wären. Denn in allen
Einzelfällen ist auch das Regelbeispiel
gewerbsmäßigen Handelns erfüllt, das schon
für sich gesehen ausnahmslos
die Annahme besonders schwerer Fälle trägt
(§ 263 Abs. 3 Satz 2
Nr. 1 StGB). Die Strafkammer hat weiter das Vorliegen zweier
Regelbeispiele
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für den besonders schweren Fall in den betroffenen
Einzelfällen nicht als straferschwerend
angeführt. Sie hat allerdings hervorgehoben, daß sie
auch auf der
Grundlage alten Rechts (§ 263 Abs. 3 StGB i.d.F. vor dem 6.
Strafrechtsreformgesetz),
das noch keine Regelbeispiele des besonders schweren Falles
eines Betruges kannte, sondern ganz allgemein einen "besonders schweren
Fall" vorsah, einen solchen angenommen hätte. Bei dieser
Sachlage vermag
der Senat Auswirkungen auf die Strafen sicher auszuschließen,
die zumal dem
nach den Grundsätzen des Täter-Opfer-Ausgleichs
(§ 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1
StGB) gemilderten Strafrahmen für den besonders schweren Fall
des Betruges
entnommen sind.
Nack Wahl Boetticher
Schluckebier Elf
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