BGH,
Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02
5 StR 448/02
StGB §§ 264, 266
1. Möglichkeit der "Haushaltsuntreue" auch bei
zweckentsprechender Subventionsgewährung unter
Verstoß gegen Vergaberichtlinien.
2. Subventionsbetrug durch gemeinnützigen Verein.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 8. April 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 7. und
8. April 2003, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Brause, Richter
Schaal als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt G , Rechtsanwalt V als Verteidiger des
Angeklagten Z , Rechtsanwältin Dr. S als Verteidigerin des
Angeklagten Dr. D , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, am 8. April 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Potsdam vom 22. Februar 2002 mit den Feststellungen
aufgehoben, soweit es die Angeklagten Z
und Dr. D betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten Z vom Vorwurf der Untreue in
Tateinheit mit Betrug und den Angeklagten Dr. D vom Vorwurf der Untreue
in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug freigesprochen. Hiergegen wenden
sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die
Beschwerdeführerin rügt die Verletzung materiellen
Rechts und beanstandet das Verfahren. Das vom Generalbundesanwalt
vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die
Verfahrensrüge kommt es nicht an.
I.
1. Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Im Rahmen der in Berlin
stattfindenden "Internationalen Grünen Woche 1997" fand am 20.
Januar 1997 eine Unterredung statt zwischen dem Angeklagten Z ,
damaliger Minister des Ministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten (MELF) im Land Brandenburg, dem Angeklagten
Dr. D , der im MELF Leiter des für die Förderpolitik
zuständigen Referates war, dem Zeugen R , damals
Sachbearbeiter in dessen Referat, und den Vorstandsmitgliedern des
Fördervereins D /M e.V. Si und De . Dabei wurde auch
über die Möglichkeit der Förderung eines auf
dem bäuerlichen Anwesen der Familie Z in
Schöna/Kolpien betriebenen Projekts "Holzbackofen" gesprochen.
Bei einer am 12. März 1997 abgehaltenen Vorstandssitzung des
Fördervereins veranlaßte der Angeklagte Z die
Vorstandsmitglieder Si und Sch , einen Formularantrag auf
Gewährung einer Zuwendung des Landes Brandenburg nach der
Richtlinie des MELF über die Gewährung von
Zuwendungen für die Förderung der Entwicklung des
ländlichen Raums vom 14. Oktober 1994 (ELR-Richtlinie) blanko,
auch ohne Angabe von Zeit und Ort der Antragstellung, zu
unterschreiben. Ziel des Antrags war die Unterstützung des
Projekts "Holzbackofen". Sodann beauftragte der Angeklagte Z den
Angeklagten
Dr. D , sich "vorrangig" der weiteren Bearbeitung des
Förderantrags anzunehmen. In ständigem Kontakt mit
dem Angeklagten Z
und dem Vereinsvorstand trug der Angeklagte Dr. D Unterlagen zusammen
und genehmigte am 22. April 1997 den vorzeitigen Beginn der
Maßnahme des Fördervereins. Das entsprechende
Schreiben ließ er auf den 22. Januar 1997
zurückdatieren. Nach vollständiger
Ausfüllung wurde der Förderantrag dem
zuständigen Amt für Agrarordnung zugeleitet, wo er am
22. Mai 1997 einging. Als zu fördernde Maßnahme war
die "Wiedereinrichtung und Betreibung einer
traditionelldörflichen Holzbackstube mit integrierter
Landschaftspflege" angegeben. Es wurde unter anderem beantragt,
Umbauarbeiten der Firma T sowie den Erwerb und Einbau zweier
Backöfen zu fördern. Das Antragsformular enthielt den
Hinweis, daß mit dem zu fördernden Projekt noch
nicht begonnen sein durfte. Die Rückdatierung des
Förderantrags und der schriftlichen Genehmigung zum
vorzeitigen Beginn der Maßnahme des Fördervereins
erfolgte im Hinblick auf Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu
§ 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) des Landes Brandenburg,
wonach Zuwendungen nur für solche Projekte bewilligt werden
dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Am 20. August
1997 wurde dem Verein nach Zustimmung durch Dr. D vom für die
Förderung zuständigen Amt für Agrarordnung
eine Zuwendung in Höhe von 488.768,00 DM gewährt.
2. Der Angeklagte Z hat sich zur Sache nicht eingelassen. Der
Angeklagte Dr. D hat sich dahin eingelassen, er habe am 21. Januar 1997
auf Geheiß des Vereinsvorsitzenden S Ort und Datum auf dem
Antragsformular eingetragen und am folgenden Tag, nachdem der
Mitarbeiter R den Entwurf eines Genehmigungsschreibens zum vorzeitigen
Beginn des Fördervorhabens entworfen habe, das Schreiben mit
der Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn
unterschrieben. Diese Einlassung hat das Landgericht nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Zeugenaussagen einer
Sekretärin und einer Registratorin im MELF, für
widerlegt erachtet.
Das Landgericht hat die Angeklagten gleichwohl aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es nicht
auszuschließen vermochte, daß alsbald nach dem 21.
Januar 1997 "der Angeklagte Dr. D ... den Vorgang mit dem Angeklagten Z
erörterte, diesem signalisierte, daß er den Entwurf
für richtig halte und einen vorzeitigen Beginn des Vorhabens
mündlich genehmige" (UA S. 17). Bei einem solchen Ablauf liege
es "dann auch nicht fern, daß der Angeklagte Z
darüber alsbald den (verstorbenen) Vorsitzenden (des Vereins)
unterrichtete" (UA S. 27). Das Verteidigungsverhalten insbesondere des
Angeklagten Dr. D stünde "dem als nicht
ausschließbare Möglichkeit hier zugrunde gelegten
Geschehensablauf nicht entgegen"; der Angeklagte Dr. D "hielt
vermutlich eine Änderung seines Verteidigungsvorbringens
für schädlich und risikoreich" (UA S. 28).
Hilfsweise hat das Landgericht die Angeklagten in Ermangelung eines
Vermögensschadens aus Rechtsgründen freigesprochen.
Die rechtlichen Voraussetzungen eines Subventionsbetruges hat es
ebenfalls verneint.
II.
Die für den Freispruch tragenden Erwägungen halten
der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter den Angeklagten frei, weil er Zweifel an
seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist
das durch das Revisionsgericht hinzunehmen, denn die
Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des
Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt
insoweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung
Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die
Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte
Erfahrungssätze verstößt. Rechtlich zu
beanstanden sind die Beweiserwägungen ferner dann, wenn sie
erkennen lassen, daß das Gericht überspannte
Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche
Überzeugungsbildung gestellt und dabei nicht beachtet hat,
daß eine absolute, das Gegenteil denknotwendig
ausschließende und von niemandem anzweifelbare
Gewißheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der
Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit
genügt, das vernünftige und nicht bloß auf
denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel
nicht zuläßt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 10, 208 f.; BGHR
StPO § 261 Überzeugungsbildung 25, 33; BGH wistra
2002, 260, 261; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 2 ff. m.
w. N.).
Die Urteilsgründe müssen insbesondere erkennen
lassen, daß die Beweiswürdigung auf einer
tragfähigen Grundlage beruht und die vom Gericht gezogene
Schlußfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als
bloße Vermutung erweist (BGH NStZ-RR 2002, 243). Der
Tatrichter darf entlastende Angaben des Angeklagten, für deren
Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, nicht ohne
weiteres als unwiderlegt hinnehmen. Er muß sich vielmehr auf
der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob diese
Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu
beeinflussen (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Engelhardt
aaO § 261 Rdn. 28 m. w. N.). Der Zweifelssatz gebietet es
nicht etwa, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen,
für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten
tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. BGH
NJW 1995, 2300; 2002, 1057, 1059; 2002, 2188, 2189). Diesen
Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
a) Für die Erteilung der vom Landgericht angenommenen
mündlichen Genehmigung enthalten die Urteilsgründe
keine konkreten Anhaltspunkte. Sie ist nicht von der Einlassung des
Angeklagten Dr. D erfaßt, der eine schriftliche Genehmigung
vom 21. Januar 1997 behauptet hat. Eine solche ist aber nach der
insoweit fehlerfrei gebildeten Überzeugung des Landgerichts
gerade nicht erfolgt. Der Angeklagte hat die schriftliche Genehmigung
unter Bezugnahme auf eine Anweisung des Ministers von seiner
Sekretärin am 22. April 1997 auf den 21. Januar 1997
zurückdatieren lassen.
b) Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang selbst
ausgeführt, das Erteilen einer mündlichen Genehmigung
sei nach den getroffenen Feststellungen "außerordentlich
ungewöhnlich und auch in der ministeriellen Praxis eine von
der Regel abweichende Ausnahme gewesen" (UA S. 27). Noch
ungewöhnlicher erscheint eine mündliche Genehmigung,
weil ein Aktenvermerk hierüber nicht vorhanden ist, obwohl
"die Angeklagten ... verpflichtet gewesen (wären), die
erteilte Genehmigung durch Anlage eines Aktenvermerks aktenkundig zu
machen" (UA S. 31).
Auffallend ist auch, daß die spätere schriftliche
Genehmigung nicht nur rückdatiert ist, sondern
darüber hinaus offenbare Unrichtigkeiten enthält. Es
wird darin die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit
einer Einsturzgefahr für das Backhaus gerechtfertigt (UA S.
18), wohingegen tatsächlich im Sommer 1996 der alte Backofen
zu verfallen drohte (UA S. 10) und zwei neue Backöfen im nicht
genutzten Teil des Schweinestalls eingebaut werden sollten; mit den
entsprechenden Sanierungs- und Umbauarbeiten hatte die Firma T im
November 1996 bereits begonnen (UA S. 12, 13).
Mit der Gesamtheit dieser Auffälligkeiten und
Widersprüche setzt sich das Landgericht nicht hinreichend
auseinander. Nachvollziehbare Gründe, weshalb von der an sich
gebotenen Schriftform abgewichen worden sein soll, sind dem Urteil
nicht zu entnehmen.
c) Die Erteilung einer Genehmigung setzt regelmäßig
einen zuvor gestellten Antrag voraus, zumindest aber eine
Absichtserklärung, sich eines entsprechenden Vorhabens
anzunehmen. Die Genehmigung soll alsbald nach dem 21. Januar 1997
erteilt worden sein, die Vorstandsmitglieder des Vereins haben aber
nach den Urteilsfeststellungen - auch insoweit entgegen der Einlassung
des Angeklagten Dr. D - erst am 12. März 1997 den
Förderantrag blanko unterschrieben. "Vorstellungen zu
Einzelheiten bezüglich des Umfangs und der Anzahl der
zuwendungsfähigen Fördergegenstände
bestanden bei den Vorstandsmitgliedern zu diesem Zeitpunkt nicht" (UA
S. 15). Daß die Vorstandsmitglieder Si und De bereits am 20.
Januar 1997 eine entsprechende Willensbekundung für den Verein
abgegeben und - bei der Bedeutung des Projekts für den Verein
folgerichtig - im Vereinsvorstand zeitnah erörtert
hätten, ergeben die Urteilsgründe nicht.
d) Gegenstand des Förderantrags waren unter anderem
Umbauarbeiten der Firma T an dem für die Backstube bestimmten
Gebäude. Mit den Arbeiten wurde am 29. November 1996 begonnen,
nachdem ein entsprechendes Leistungsangebot an die Schö GbR,
die den Hofbetrieb der Familie des Angeklagten Z bewirtschaftete und
der die Tochter und der Bruder dieses Angeklagten angehörten,
gerichtet worden war. Das Angebot wurde für die GbR am 9.
Dezember 1996 schriftlich angenommen. Die der GbR am 27. Januar 1997
erteilte Abschlagsrechnung über ca. 27.000 DM wurde
entsprechend der Aufforderung durch die GbR am 3. Februar 1997 erneut
ausgestellt und an den Förderverein gerichtet, "dessen
Vorstand bis dahin einen eigenen Auftrag an die Firma T nicht
ausgesprochen hatte" (UA S. 13). Auf der Vorstandssitzung vom 12.
März 1997 wurde beschlossen, die an den Förderverein
gerichtete Rechnung zu bezahlen. "Den anwesenden Vorstandsmitgliedern
war klar, daß der Förderverein mit dieser
Entscheidung in die Rechtsposition des Vertragspartners für
die durchgeführten Umbauarbeiten und in die
Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Bauunternehmer T eintrat.
Das war auch beabsichtigt" (UA S. 14). Das Urteil verhält sich
nicht ausreichend dazu, aufgrund welcher Umstände für
Arbeiten, die für einen anderen Auftraggeber, die Schö
GbR, teilweise sogar bereits ausgeführt waren, dem
Förderverein überhaupt eine Genehmigung zu einem
vorzeitigen Maßnahmebeginn hätte erteilt werden
können.
e) Die Urteilsgründe setzen sich auch nicht näher mit
der Frage auseinander, ob überhaupt schon im Vorfeld eines
dann zunächst noch undetailliert und pauschal gestellten
Förderantrags eine Zustimmung zur Ausnahme vom
haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns erteilt
werden kann oder ob nicht vielmehr bereits die Genehmigung des
vorzeitigen Beginns konkretere Antragsunterlagen vorausgesetzt
hätte (vgl. hierzu BayVGH BayVBl. 1996, 307). Ebenso wird
nicht deutlich, ob einem Antrag, dem keine zivilrechtliche Grundlage
für den Betrieb der Backöfen durch den Verein, etwa
ein Pachtvertrag, zu entnehmen war, nach Maßgabe des
Verwaltungsrechts überhaupt eine Zustimmung zur Ausnahme vom
haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns
hätte erteilt werden können.
2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit der Angeklagten nach
§§ 263, 266 StGB darüber hinaus aus
rechtlichen Gründen auch für den Fall verneint,
daß eine Genehmigung zum vorzeitigen Beginn des Projekts erst
am 22. April 1997 erteilt worden wäre. Dabei wird zutreffend
erkannt, daß dann nach Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO eine
Zuwendung ohne Ausnahmegenehmigung nicht hätte bewilligt
werden dürfen, weil nur solche Projekte gefördert
werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Das
Verhalten der Angeklagten hätte jedoch nicht zu einem Nachteil
für den Haushalt des Landes Brandenburg geführt, weil
die Geldmittel ihrem haushaltsrechtlich festgelegten Zweck entsprechend
eingesetzt worden seien und die durch Einsatz der öffentlichen
Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig gewesen sei.
a) Diese Erwägungen greifen zu kurz. Zwar begründet
nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften
einen Vermögensnachteil (vgl. BGHSt 43, 293, 297; BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Nachteil 48 S. 6; Lenckner/Perron in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn.
44; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 64).
Aber auch wenn der Mitteleinsatz - wie vom Landgericht hier angenommen
- den vorgegebenen Zwecken entspricht und die durch Einsatz
öffentlicher Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig ist,
kann ein Vermögensnachteil und somit auch Haushaltsuntreue
gegeben sein. Abgesehen von dem hier, soweit ersichtlich, nicht
vorliegenden Fall, daß durch eine
Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige
Kreditaufnahme erforderlich wird, kommt dies dann in Betracht, wenn die
Dispositionsfähigkeit des Haushaltgesetzgebers in
schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den
Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis
beschnitten wird (BGH aaO). Die haushaltsrechtliche Regelung,
grundsätzlich nur nicht begonnene Projekte durch Subventionen
zu fördern, stützt die Gestaltungsfreiheit des
öffentlichen Subventionsgebers. Dieser kann so bei der Vergabe
von Haushaltsmitteln unbeeinflußt durch einen vorherigen,
möglicherweise wirtschaftlich riskanten Einsatz von Mitteln
durch den Subventionsantragsteller die Subventionswürdigkeit
eines Projekts, insbesondere auch im Vergleich zu anderen
förderungswürdigen Projekten und unter
Berücksichtigung der Gesamtheit der zur Verfügung
stehenden Fördermittel, sachlich prüfen.
Dem Grundsatz der Förderung lediglich nicht begonnener
Projekte kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle
Bedeutung zu. Wer aber die (materiellen) Voraussetzungen für
die Leistung einer Subvention nicht erfüllt, hat auf sie
keinen Anspruch; wie nahe sein Handeln dem gesetzgeberischen Motiv
sonst kommt, ist ohne Bedeutung. Wird die zuständige
staatliche Stelle durch Täuschung veranlaßt, den in
Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, so wird
dadurch die Staatskasse in Höhe der unberechtigten Leistung
geschädigt (vgl. BGHSt 19, 37, 44 f.; 31, 93, 95 f.;
Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 81). Ein
Vermögensnachteil könnte bei dieser Sachlage
allenfalls dann verneint werden, wenn dem Förderverein fraglos
eine Ausnahmegenehmigung zum vorherigen Beginn mit dem zu
fördernden Projekt zu erteilen und ihm danach die
Subventionsmittel zweifelsfrei zu gewähren gewesen
wären. Bei dem hier festgestellten konkreten Vorlauf verstand
sich solches aber nicht etwa von selbst; vielmehr hätte danach
insbesondere die Erteilung der Ausnahmegenehmigung eher als fernliegend
angesehen werden müssen.
b) Vorliegend kommt zudem eine Nachteilszufügung durch die
Verringerung zweckgebundener Mittel ohne vollständige
Zweckerreichung in Betracht (vgl. BGHSt 43, 293, 297 f.). Mit der
gewährten Subvention sollte nach der zum Haushaltsvollzug
erlassenen Verwaltungsvorschrift ein weiterer wirtschaftspolitischer
Zweck verfolgt werden. Nur solche mit dem allgemeinen Subventionszweck
übereinstimmende Vorhaben sollen gefördert werden,
die der Subventionsempfänger noch nicht begonnen hat, um
dadurch eine größtmögliche Nachfrage nach
Wirtschaftsgütern zu erzielen. Dieser Zweck könnte
verfehlt worden sein, weil der Angeklagte Z zwei neue Backöfen
bereits als Spende für den Förderverein eingeworben
hatte.
c) Schließlich ist ein Schaden bzw.
Vermögensnachteil auch nicht etwa - wie die Verteidigung meint
- deshalb zu verneinen, weil der Zuwendungsbescheid später
nicht widerrufen worden ist. Für die Gewährung einer
Subvention und ihre Zurückforderung können
unterschiedliche Voraussetzungen gegeben sein. Die
Zurückforderung kann aus ganz anderen legalen Motiven - hier
etwa, weil entstandene Arbeitsplätze nicht gefährdet
werden sollten (vgl. UA S. 21) - als aufgrund eines
ursprünglich bestehenden Anspruchs auf
Subventionsgewährung unterbleiben.
3. Letztlich ist auch die Erwägung des Landgerichts nicht
tragfähig, eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs nach
§ 264 StGB komme nicht in Betracht, weil der
Förderverein nicht als Betrieb oder Unternehmen angesehen
werden könne. Unter Betrieb oder Unternehmen ist die nicht nur
vorübergehende Zusammenfassung mehrerer Personen unter Einsatz
von Sachmitteln in gewissem räumlichen Zusammenhang unter
einer Leitung zur Erreichung eines bestimmten, nicht stets
wirtschaftlichen Zweckes zu verstehen. Auf die rechtliche Form und die
Absicht der Gewinnerzielung kommt es dabei nicht an (vgl. Tiedemann in
LK 11. Aufl. § 264 Rdn. 38 f.; Tröndle/Fischer aaO
§ 264 Rdn. 11 und § 14 Rdn. 8). Auch ein
eingetragener Verein wie der Förderverein D /M e.V. kann
deshalb Betrieb oder Unternehmen sein.
Sofern der Förderverein das Projekt "Wiedereinrichtung und
Betreibung einer traditionelldörflichen Holzbackstube mit
integrierter Landschaftspflege" tatsächlich betrieben hat -
wofür sprechen könnte, daß auf der
Vorstandssitzung vom 12. März 1997 in den Vertrag mit dem
Bauunternehmer T eingetreten wurde (UA S. 14) - ist eine Strafbarkeit
nach § 264 StGB deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen.
Sollte dagegen der Förderverein überhaupt nicht
beabsichtigt gehabt haben, das Projekt zu betreiben, sondern sollte
dies mit einer Betreibergesellschaft der Familie Z
erfolgen - wofür sprechen könnte, daß der
Angeklagte Z auf der Vorstandssitzung vom 11. September 1996
erklärte, die "GbR Z " werde das Projekt
"Schaubäckerei und Waldpflege" übernehmen (UA S. 11)
und daß Ehefrau und Tochter des Angeklagten noch im Jahre
1997 eine GmbH gründeten, die das Projekt übernahm
(UA S. 20, 21) - kommt Strafbarkeit aus einem anderen Gesichtspunkt in
Betracht. § 264 StGB kann auch anwendbar sein, wenn eine an
sich nur für Betriebe und Unternehmen bestimmte Subvention im
Einzelfall für ein fingiertes Unternehmen erschlichen wird
(vgl. Tiedemann aaO § 264 Rdn. 44; Lenckner/Perron aaO
§ 264 Rdn. 21 m. w. N.).
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal |