BGH,
Urt. v. 8.5.2003 - 4 StR 550/02
4 StR 550/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
vom
8. Mai 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 8. Mai
2003, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, Richter am Bundesgerichtshof Maatz,
Athing, Dr. Ernemann, Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible als
beisitzende Richter, Staatsanwältin als Vertreterin der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt , Rechtsanwältin als
Verteidiger für den Angeklagten B. , Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1.
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Halle vom 1. Juli 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere
Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten B. gegen das vorgenannte Urteil wird
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Untreue nach §
266 StGB a.F. (Fälle 3 bis 7 der Anklage) zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung es
zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt und ihn im
übrigen vom weitergehenden Vorwurf der Untreue (Fälle
1, 2 und 8 der Anklage) aus tatsächlichen Gründen
freigesprochen. Den Angeklagten S. hat es vom Vorwurf der Beihilfe zur
Untreue des Angeklagten B. vollumfänglich ebenfalls aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Der Angeklagte B. beanstandet mit seiner Revision, soweit er verurteilt
worden ist, das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen
Rechts. Mit ihren zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegten, auf die
Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen, die vom
Generalbundesanwalt nur hinsichtlich des Angeklagten S. vertreten
werden, wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die
(Teil-)Freisprechung der Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten
B. bleibt ohne Erfolg; die Revisionen der Staatsanwaltschaft
führen zur Aufhebung des Urteils insgesamt.
I.
1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte B. seit 1981 bis zu
seiner vorläufigen Amtsenthebung im März 2000
gewählter Bürgermeister der gemeinde S.
(Sachsen-Anhalt). Im Zuge der im Juli 1990 begonnenen Planung, in einem
Ortsteil der Gemeinde ein Gewerbegebiet zu errichten,
beschloß der Gemeinderat von S. in seiner Sitzung vom 5.
März 1991 einstimmig die Aufnahme von Krediten
außerhalb des Haushalts zum Kauf von Land für dieses
Projekt und ermächtigte gleichzeitig den Angeklagten, als
Bürgermeister für die Gemeinde S.
Grundstücke zu erwerben.
In der zweiten Märzhälfte 1991 faßte der
Angeklagte B. den Entschluß, die für das
Gewerbegebiet benötigten Grundstücke für die
Gemeinde nicht direkt von den Eigentümern zu erwerben, sondern
die S. und P. GmbH (künftig: S. GmbH) "durch seine
Vermittlung" als Zwischenerwerberin einzuschalten. Der Angeklagte S.
war Mehrheitsgesellschafter dieser GmbH; Mitgesellschafter war Tu. .
Beide Gesellschafter waren alleinvertretungsberechtigte
Geschäftsführer. Der Angeklagte B. kam mit einem der
Geschäftsführer der GmbH überein,
daß die GmbH die Grundstücke zunächst
für 5 DM/qm erwerben und sie sodann für 10 DM/qm an
die Gemeinde weiterverkaufen sollte. Es war nicht vorgesehen,
daß die S. GmbH vor dem Weiterverkauf an die Gemeinde
wertsteigernde Maßnahmen an den Grundstücken
vornehmen sollte. Den Gemeinderat und den Landrat informierte der
Angeklagte B. über die geplante Vorgehensweise nicht.
In der Folgezeit setzte sich der Angeklagte B. überwiegend
persönlich bei betroffenen Eigentümern dafür
ein, ihre im geplanten Gewerbegebiet belegenen Grundstücke
für 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Lediglich die
Grundstückseigentümer M. , T. und G. (Fälle
1, 2 und 8 der Anklage) kamen möglicherweise nicht durch die
direkte Einflußnahme des Angeklagten B. , sondern durch
anderweitige Kenntniserlangung über die Kaufbereitschaft der
S. GmbH mit dieser in Kontakt. Die Eigentümer T. , W. , P. ,
Th. , A. und Thi. (Fälle 2 bis 7 der Anklage) hätten
ihre Grundstücke zum selben Preis auch unmittelbar an die
Gemeinde verkauft.
Am 28. März 1991, 11. April 1991 und am 28. Oktober 1991 gaben
die genannten acht Eigentümer notariell beurkundete, bis 31.
Oktober 1993 (bzw. 1992 im Fall 8 der Anklage) befristete,
unwiderrufliche Angebote ab, ihre Grundstücke zu einem Preis
von 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Der GmbH wurde dabei jeweils
das Recht eingeräumt, diese Angebote auch durch einen von ihr
zu benennenden Dritten annehmen zu lassen.
Am 24. Juli 1991 beantragte der Angeklagte B. für die Gemeinde
bei der L. bank zum Erwerb der im geplanten Gewerbegebiet belegenen
Grundstücke einen ersten Kredit auf der Grundlage eines
Kaufpreises von 10 DM/qm. Der Kreditvertrag kam am 29. August 1991
zustande.
Am selben Tag nahm die S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S. ,
mit notarieller Urkunde das Kaufangebot des Eigentümers M.
(Fall 1 der Anklage) auf der Grundlage eines Quadratmeterpreises von 5
DM (insgesamt 2,39 Mio DM) an. Am 17. Oktober 1991 erwarb der
Angeklagte B. mit notariellem Kaufvertrag für die Gemeinde das
Grundstück von der S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S.
, zum Preis von 10 DM/qm. Die Überweisung des Kaufpreises
durch die Gemeinde an die S. GmbH erfolgte am 6. November 1991.
Anläßlich eines Notartermins vom 2. April 1992 nahm
die S. GmbH, vertreten durch Al. Tu. , die Kaufangebote der
Grundstückseigentümer T. (2,4 Mio DM), W. , P. , Th.
, A. und Thi. an (Fälle 2 bis 7 der Anklage). Im selben Termin
erfolgte die Weiterveräußerung der
Grundstücke für 10 DM/qm an die Gemeinde S. . Der
Kaufpreis in Höhe von insgesamt 7,45 Mio DM wurde am 13. Mai
1992 an die S. GmbH überwiesen.
Schließlich wurde nach Ausübung des
Drittbenennungsrechts das notarielle Kaufangebot (385.400 DM) der
Eigentümer G. (Fall 8 der Anklage) von einer anderen, dem
Angeklagten S. zuzurechnenden Gesellschaft - der S. GmbH M. und P. - am
23. September 1992 im Beisein des Angeklagten S. angenommen. Im selben
Termin erfolgte der Weiterverkauf an die Gemeinde, vertreten durch den
Angeklagten B. . Den Kaufpreis in Höhe von 770.800 DM beglich
die Gemeinde am 18. Februar 1993.
2. a) In den Fällen, in denen der Angeklagte B. selbst
Grundstückseigentümer, die auch an die Gemeinde
direkt verkauft hätten, als Verkäufer an die S. GmbH
vermittelt hatte (Fälle 3 bis 7 der Anklage), sieht die
Strafkammer den Straftatbestand der Untreue gemäß
§ 266 Abs. 1 2. Alt. StGB als erfüllt an, da der
Angeklagte hierdurch einen günstigeren Erwerb durch die
Gemeinde vereitelt habe. In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage
hat das Landgericht den Angeklagten B. aus tatsächlichen
Gründen freigesprochen, da nicht nachgewiesen werden
könne, daß diese
Grundstückseigentümer durch den Angeklagten B. an die
S. GmbH herangeführt worden seien oder er anderweitig den
Zwischenerwerb hätte verhindern können.
b) Den Angeklagten S. hat das Landgericht ebenfalls aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen. In den
Fällen 3 bis 7 der Anklage hat es nicht festzustellen
vermocht, daß er die Taten des Angeklagten B.
gefördert habe. Es sei nicht geklärt, mit welchem der
beiden Gesellschafter der S. GmbH der Angeklagte B. die Vereinbarung
über den Zwischenerwerb vom März 1991 geschlossen
habe. Zu Gunsten des Angeklagten S. geht die Wirtschaftsstrafkammer
davon aus, daß der Angeklagte B. mit A.
Tu. die Vereinbarung traf und diese auf Vorschlag des Angeklagten B.
zustande kam, mithin sich die Geschäftsführer der S.
GmbH allenfalls als "passive" Grundstücksspekulanten
betätigt hätten.
In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage sieht sich die
Strafkammer bereits mangels Nachweises einer Haupttat des Angeklagten
B. an einer Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue
gehindert.
II.
Der Angeklagte B. hat1. Die Revision des Angeklagten
Das Urteil weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten auf.
a) Die Untreue zu Lasten der Gemeinde S. ist nicht verjährt.
Da sich die notariellen Angebote der
Grundstückseigentümer an die S. GmbH, deren
spätere Annahme durch die GmbH und die notariellen
Kaufverträge zwischen der GmbH und der Gemeinde einander
bedingen und auf der Grundlage der im März 1991 getroffenen
Vereinbarung eine Einheit darstellen, war nach § 78 a StGB die
Tat erst beendet, als sich der aus den Kaufverträgen ergebende
Schaden vollends zum Nachteil der Gemeinde S. verwirklicht hatte. Zwar
kann für die Vollendung der Untreue schon eine schadensgleiche
Vermögensgefährdung ausreichen. Für die
für den Beginn der Verjährung maßgebende
Tatbeendigung ist aber die Realisierung dieser Gefährdung
entscheidend. Entsteht, wie hier, der Nachteil im Sinne des §
266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse, ist der Zeitpunkt des
letzten Ereignisses maßgeblich (BGHR StGB § 78 a
Satz 1 Untreue 1, 2; BGH NStZ 2001, 650). Das in den notariellen
Vertragsangeboten der Grundstückseigentümer an die S.
GmbH liegende Gefahrenpotential verwirklichte sich im
Abschluß der notariellen Kaufverträge zwischen der
GmbH und der Gemeinde und verfestigte sich in der hieraus folgenden
Erfüllung der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises. Diese
erfolgte in den ausgeurteilten Fällen am 13. Mai 1992. Deshalb
trat vorher jedenfalls keine Beendigung der Tat im Sinne des §
78 a StGB ein.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Januar
2003 im einzelnen zutreffend darlegt, steht einer
Verfolgungsverjährung der Tat Art. 315 a Abs. 2 EGStGB in der
Fassung des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997
(BGBl. I 3223) entgegen. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf
die Anwendbarkeit des 3. Verjährungsgesetzes sind in dem hier
zu beurteilenden Fall von "Vereinigungskriminalität" nicht zu
ersehen. Die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im
einstweiligen Anordnungsverfahren vom 1. August 2002 - 2 BvR 1247/01 -,
auf die sich die Revision beruft, befaßt sich mit der Frage,
ob durch das 3. Verjährungsgesetz eine Verlängerung
der absoluten Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt ist. Diese
Frage ist hier jedoch ohne Belang, da dem Eintritt einer absoluten
Verjährung (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 und 3 StGB) mit
Eröffnung des Hauptverfahrens am 7. August 2001 das Ruhen der
Verjährung gemäß § 78 b Abs. 4
StGB entgegen stand (vgl. BGHR StGB § 78 b Abs. 4 Strafdrohung
1).
b) Soweit sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der
Sachrüge gegen die Verurteilung wendet, ist sein Rechtsmittel
aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts unbegründet.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft
Soweit der Angeklagte in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage
freigesprochen worden ist, hält das Urteil
sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den getroffenen Feststellungen ist zu besorgen, daß die
Wirtschaftsstrafkammer bei der Beurteilung des pflichtwidrigen Handelns
des Angeklagten einen zu engen Maßstab angelegt und deshalb
den Untreuevorwurf zu seinem Vorteil nicht zutreffend beurteilt hat.
Der Angeklagte war als Bürgermeister der Gemeinde S. dieser
gegenüber im Sinne des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB
treupflichtig (vgl. Lenckner/Perron in
Schönke/Schröder 26. Aufl. § 266 Rdn. 25
m.w.N.). Diese Vermögensbetreuungspflicht wird in §
48, § 34 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und
4 der im Tatzeitraum geltenden Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 (GBl
DDR I 1990, 255) konkretisiert. Danach war ein Bürgermeister
verpflichtet, Vermögen der Gemeinde pfleglich bzw. sparsam und
wirtschaftlich zu behandeln, insbesondere wenn ihm, wie hier, durch
Gemeinderatsbeschluß die Befugnis zur Verfügung
über Vermögen übertragen wird (vgl. Richter
in Schmidt-Eichstaedt u.a., Gesetz über die Selbstverwaltung
der Gemeinden und Landkreise in der DDR, 1990, § 48 Anm. 2).
Im Rahmen dieser Vermögensbetreuungspflicht durfte der
Angeklagte die Möglichkeit eines dem betreuten
Vermögen vorteilhaften Vertragsabschlusses nicht vereiteln
oder unberücksichtigt lassen, um unter Berufung darauf,
daß Leistung und Gegenleistung äquivalent sind,
für sich oder einen Dritten einen Betrag zu erlangen, den der
Treugeber mit Sicherheit erspart hätte, wenn die
Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse
des betreuten Vermögens genutzt worden wäre (BGHSt
31, 232 ff. = NJW 1983, 1807 ff.; BGH wistra 1984, 109 und 189, 224).
Dies hat das Landgericht im Ansatz nicht verkannt. Eine Vereitelung
vorteilhafter Vertragsabschlüsse durch den Angeklagten B.
unter Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber der Gemeinde sieht es aber nur in den
Fällen als gegeben an, in welchen der Angeklagte
Eigentümer, die ihre Grundstücke zum selben Preis
auch an die Gemeinde verkauft hätten, selbst angesprochen und
an die S. GmbH als Verkäufer vermittelt hat.
Bei dieser Bewertung des Umfangs der
Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten
läßt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft
außer Betracht, daß bereits in dem
Abschluß der Vereinbarung mit der S. GmbH vom März
1991 über einen Zwischenerwerb der Grundstücke ein
tatbestandsmäßiges Handeln liegen kann (vgl. BGH
NStZ 2000, 46, 47). Nach den getroffenen Feststellungen war die
Vereinbarung vom März 1991 nämlich darauf angelegt,
der Gemeinde einen finanziellen Nachteil zuzufügen. Einen
wirtschaftlich nachvollziehbaren Grund für die Einschaltung
eines Zwischenerwerbers, der den vereinbarten Preisaufschlag bei der
Weiterveräußerung der Grundstücke an die
Gemeinde rechtfertigen könnte, hat die Strafkammer nicht
festgestellt.
Zwar enthielt die Vereinbarung vom März 1991 für sich
allein keine Verfügung des Angeklagten über
Vermögenswerte der Gemeinde. Sie bildete aber die Grundlage
für die alsbald darauf von den
Grundstückseigentümern gegenüber der S. GmbH
abgegebenen unwiderruflichen und damit zu Lasten der Gemeinde
vermögensgefährdend wirkenden Verkaufsangebote.
Unerheblich ist dabei, ob die Grundstückseigentümer
vom Angeklagten selbst an die GmbH herangeführt wurden oder ob
sie anderweitig von deren Erwerbsbereitschaft Kenntnis erlangten. Auch
im letzteren Fall hatte der Angeklagte durch die Vereinbarung die
wesentliche Ursache dafür gesetzt, daß die von dem
Flächennutzungskonzept betroffenen Eigentümer wegen
des Verkaufs ihrer Grundstücke nicht direkt an die Gemeinde
herantraten, sondern den Verkauf über den Zwischenerwerber
abwickelten (BGH NStZ 2000, 46, 47; vgl. auch RGSt 61, 1, 5). Wie die
"Drittbenennungsklausel" in den Verkaufsangeboten zeigt, wären
diese Eigentümer ebenfalls bereit gewesen, direkt an die
Gemeinde zu verkaufen. Danach bestand für die Gemeinde auch in
den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage nicht nur eine ungewisse
Chance auf einen Vertragsabschluß, sondern eine gesicherte
Aussicht auf Abschluß eines Kaufvertrages unmittelbar mit den
Eigentümern auf der Grundlage eines Preises von 5 DM/qm, wenn
sich der Angeklagte B. - wie ihm dies bei der Umsetzung des
Gemeinderatsbeschlusses oblag - um den Direktkauf der
Grundstücke bemüht hätte.
Nach den getroffenen Feststellungen steht deshalb allein die fehlende
Vermittlungstätigkeit des Angeklagten B. in den
Fällen 1, 2 und 8 der Anklage einer Verurteilung wegen Untreue
nicht entgegen. Schon deshalb bedarf die Sache insoweit neuer
tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung. Da aber das gesamte
Tatgeschehen in den Fällen 1 bis 8 der Anklage insbesondere
wegen des begrenzten Kreises der betroffenen
Grundstückseigentümer sachlich-rechtlich eine
einheitliche Tat darstellt, hebt der Senat den Schuldspruch insgesamt
auf.
III.
Der Angeklagte S.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Der Freispruch des
Angeklagten S. vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten B.
begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Soweit die Strafkammer zu dem Ergebnis gelangt, dem Angeklagten S. sei
in den Fällen 3 bis 7 der Anklage nicht nachzuweisen,
daß er selbst im März 1991 die für die
späteren Grundstücksveräußerungen
maßgebliche "Unrechtsvereinbarung" mit dem Angeklagten B.
für die S. GmbH getroffen habe, ist dies - für sich
betrachtet - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das
Landgericht gelangt mit rechtsfehlerfreien Erwägungen zu dem
jedenfalls möglichen, wenngleich nicht eben naheliegenden
Schluß, die S. GmbH könne bei der Vereinbarung
allein durch den zweiten Geschäftsführer der GmbH, A.
Tu. , vertreten worden sein.
Rechtlich fehlerhaft ist es jedoch, daß die Strafkammer das
Verhalten des Angeklagten nach Abschluß der Vereinbarung
nicht als mögliche Beihilfe zur ausgeurteilten Untreue des
Angeklagten B. in Betracht gezogen hat. Die getroffenen Feststellungen
legen nämlich eine Beihilfehandlung des Angeklagten S. dadurch
nahe, daß er als Mehrheitsgesellschafter und
Geschäftsführer an einem Projekt der S. GmbH
mitwirkte, wissend, daß dieses darauf abzielte, einen Gewinn
durch eine Straftat zu erreichen (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1
Hilfeleisten 3). Bei einer solchen Sachlage käme es nicht, wie
die Strafkammer meint, darauf an, welcher der beiden
Geschäftsführer nach außen auftrat und
für die GmbH handelte. Entscheidend wäre vielmehr, ob
durch die Mitwirkung des Angeklagten S. innerhalb der Gesellschaft die
Straftat des Angeklagten B. noch vor deren Beendigung
gefördert wurde.
Hierfür spricht die Feststellung des Landgerichts,
daß der Angeklagte S. zwischen Juli 1991 und dem 13. August
1991 einen mit "vertrauliche Vorgehensweise beim Grunderwerb und
Verkauf bei der Gemeinde S. " überschriebenen Vermerk
fertigte. Aus diesem Vermerk geht hervor, daß die S. GmbH
"Grund und Boden per Kaufoption für 5 DM pro qm erworben hat
und ... diese an die Gemeinde S. für 10 DM pro qm verkauft".
Den Vermerk übergab der Angeklagte S. u. a. dem damaligen
Rechtsberater der GmbH, der wiederum auf der Grundlage dieses
Schriftstücks am 13. August 1991 ein "Strategiepapier"
entwarf. Form und Inhalt dieses Vermerks und dessen Weitergabe an den
Rechtsberater sprechen dafür, daß dem Angeklagten S.
nicht nur die Vereinbarung vom März 1991, sondern auch deren
Unrechtsgehalt bekannt war und er jedenfalls in einem Zeitraum zwischen
Vollendung und Beendigung der Untreue des Angeklagten B. in seiner
Funktion als Geschäftsführer der GmbH selbst
Aktivitäten zur Umsetzung der Vereinbarung entfaltete.
Soweit die Strafkammer davon ausgegangen ist, die Organe der GmbH
hätten sich nur "passiv" als Grundstücksspekulanten
betätigt, ist diese Wertung mit den festgestellten Tatsachen
nicht in Einklang zu bringen. Form und Inhalt des oben beschriebenen
"vertraulichen" Vermerks des Angeklagten S. sprechen vielmehr
dafür, daß die Vereinbarung vom März 1991
mit jedenfalls einem der Geschäftsführer der GmbH im
kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten B. zustande kam und der
Angeklagte S. bewußt an deren späteren Umsetzung
aktiv mitwirkte. Darauf, ob der in der Literatur vertretenen Auffassung
(Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 163;
Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 80), eine
strafbare Beihilfe liege nicht vor, wenn ein außenstehender
Dritter in geschäftlichen Verhandlungen seinen Vorteil sucht
und die Pflichtverletzung des Täters erkennt, ohne jedoch mit
diesem kollusiv zusammenzuwirken, zu folgen ist, kommt es hier deshalb
nicht an.
Das Urteil unterliegt, soweit es den Angeklagten S. betrifft, ebenfalls
insgesamt der Aufhebung, da auch die Feststellungen zur Haupttat des
Angeklagten B. in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage der
rechtlichen Überprüfung, wie unter II. 2. dargelegt,
nicht standhalten.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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