BGH,
Urt. v. 9.8.2000 - 3 StR 339/99
StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 i.d.F. des 6. StrRG, § 244a
Abs. 1
Ein Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub
oder Diebstahl verbunden hat, kann nicht nur dann Täter eines
Bandendiebstahls sein, wenn es am Tatort an der Ausführung des
Diebstahls unmittelbar beteiligt ist. Es reicht aus, daß es
auf eine andere als täterschaftlicher Tatbeitrag zu wertende
Weise daran mitwirkt und der Diebstahl von mindestens zwei weiteren
Bandenmitgliedern in zeitlichem und örtlichem Zusammenwirken
begangen wird.
BGH, Urt. vom 9. August 2000 - 3 StR 339/99 - LG Hannover -
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 339/99
vom
9. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9.
August 2000, an der teilgenommen haben: Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan als Vorsitzende, die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach, Winkler, von Lienen, Becker als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung, Bundesanwalt bei der
Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 27. April 1999 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in
acht Fällen und wegen Beihilfe zum Betrug in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich der erhobenen
Verfahrensrüge aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts vom 27. August 1999 offensichtlich
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Auch die
Sachrüge hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen schloß sich der Angeklagte einer aus
fünf namentlich ermittelten und weiteren unbekannten
Tätern bestehenden Diebesbande an. Zweck der Bande war es, den
Kraftfahrzeugmarkt in Polen mit Ersatzteilen zu beliefern, die sie sich
dadurch beschaffte, daß sie in nächtlichen
Diebstahlsserien Fahrzeuge bestimmter Marken entwendete und diese in
einem Waldversteck ausschlachtete.
Der Angeklagte lebte als einziges Mitglied der im übrigen aus
Polen stammenden Bande in der Bundesrepublik Deutschland und kannte
sich im Raum Braunschweig, Hildesheim und Hannover aus. Ihm fiel nach
dem gemeinsamen Tatplan zunächst die Aufgabe zu,
Örtlichkeiten auszukundschaften, die sich zur
Durchführung der Demontage der gestohlenen Fahrzeuge eigneten.
Die Bande bevorzugte hierbei stadtnahe, aber dennoch abgelegene
Waldstücke, die von der Straße her nicht eingesehen
werden konnten, jedoch mit Fahrzeugen erreichbar waren. Im Rahmen der
Tatausführung hatte der Angeklagte sodann seine Komplizen zu
der von ihm ausgesuchten Stelle zu lotsen, indem er ihnen mit einem
seiner Pkw´s vorausfuhr, während ein zweites auf ihn
zugelassenes Fahrzeug und in zwei Fällen ein weiteres Fahrzeug
mit den übrigen Bandenmitgliedern ihm folgte. Während
der Angeklagte auf einem in der Nähe gelegenen Parkplatz
wartete oder in den nächsten Ort fuhr, um dort zu warten,
entwendeten die anderen Mitglieder, die mindestens zu dritt mit dem
oder den anderen auf den Angeklagten zugelassenen Fahrzeugen zur
Diebestour aufbrachen, Pkw´s und verbrachten sie in das
Waldstück, wo sie ausgeschlachtet wurden. Von dort aus fuhr
sodann ein Täter mit einem Fahrzeug des Angeklagten und der
Diebesbeute Richtung Polen. Dem Angeklagten, der über mehrere
Fahrzeuge verfügte, oblag es weiter, der Bande mit deutschen
Kennzeichen versehene Autos zur Verfügung zu stellen, um sie
in die Lage zu versetzen, unauffälliger agieren zu
können. Zu diesem Zweck ließ er auch im Eigentum
anderer Täter stehende Fahrzeuge auf seinen Namen zu.
II.
Der Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen schweren
Bandendiebstahls in acht Fällen gemäß
§ 244 Abs. 1 Nr. 3 a.F. (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 in der ab
1. April 1998 geltenden Fassung), § 244a Abs. 1 Alt. i.V.m.
§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB, der allein der
Erörterung bedarf, weist keinen Rechtsfehler auf. Die
Bewertung der Tatbeteiligung des Angeklagten als
Mittäterschaft und nicht als Beihilfe hält sich im
Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums und ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet
sich die Revision gegen die weitere zutreffend begründete
Annahme der Kammer, der Angeklagte sei Mitglied einer Diebesbande
gewesen und habe auch als solches gehandelt. Allerdings hat die
Strafkammer die Frage nicht erörtert, ob der Angeklagte die
Taten "unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" begangen hat.
Der Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen schweren
Bandendiebstahls steht jedenfalls nicht entgegen, daß der
Angeklagte in keinem der abgeurteilten Fälle selbst am Tatort
war, als die Fahrzeuge jeweils von mindestens zwei weiteren
Bandenmitgliedern entwendet wurden.
Zum Tatbestand des Bandendiebstahls gemäß §
244 Abs. 1 Nr. 2 StGB gehört nicht nur, daß sich
mindestens zwei Personen (BGHSt 23, 239, 240) durch
ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zur
fortgesetzten Begehung mehrerer selbständiger, im einzelnen
noch unbestimmter Diebstähle oder Raubtaten verbunden haben
(vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 244 Rdn. 11 ff.
m.w.Nachw.). Er sieht darüber hinaus - wie z.B. die
Bandendelikte in § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 373 Abs.
2 Nr. 3 AO, § 52a Abs. 2 Satz 2 WaffG, § 19 Abs. 2
Nr. 1, § 22a Abs. 2 Satz 2 KWKG - vor, daß ein
Bandenmitglied die Tat unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds
begeht.
1. Nach bislang ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts
und des Bundesgerichtshofs erforderte dieses Tatbestandsmerkmal stets,
daß die Bandenmitglieder während der
Tatausführung zeitlich und örtlich, wenn auch nicht
notwendig körperlich zusammenwirken (vgl. RGSt 66, 236, 240
ff.; 73, 322, 323; BGHSt 8, 205, 206 ff.; 25, 18; 33, 50, 52; BGH bei
Holtz MDR 1994, 763; BGH NStZ 1996, 493; BGH StV 1995, 586 und 1997,
247; BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 1997 - 4 StR 544/97 und
vom 18. Dezember 1997 - 4 StR 610/97; dagegen ausdrücklich
offen gelassen in BGH, Beschl. vom 19. März 1997 - 5 StR
18/97). Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, daß ein am
Tatort nicht selbst mitwirkendes Bandenmitglied auch dann nicht als
Täter eines Bandendiebstahls bestraft werden konnte, wenn es -
wie hier - nach allgemeinen Grundsätzen aufgrund seines
Täterwillens und seines Tatbeitrages als Mittäter an
dem Grunddelikt des Diebstahls anzusehen war. Für das
abwesende Bandenmitglied kam dann lediglich eine Bestrafung wegen
mittäterschaftlicher Begehung des einfachen Diebstahls, ggf.
in Tateinheit mit Beihilfe oder Anstiftung zum Bandendiebstahl in
Betracht (BGHSt 25, 18, 19; 33, 50, 52; BGH StV 1997, 247).
a) In früheren Entscheidungen hat das Reichsgericht den
Wortlaut des § 243 Nr. 6 StGB - der
Vorgängervorschrift des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in
der Fassung des 1. StrRG -, wonach ein Bandendiebstahl voraussetzte,
daß "an dem Diebstahl mehrere mitwirken, welche sich zur
fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben",
zunächst dahingehend verstanden und ausgelegt, daß
der Begriff "der Mitwirkung mehrerer" keinesfalls mehr voraussetze als
der Begriff der Mittäterschaft (RG Rspr. Bd. 6, 644, 646 f.;
RGSt 25, 421, 422 f.). Es hat erstmals in der Entscheidung RGSt 66, 236
die Auffassung vertreten, daß das Merkmal "der Mitwirkung
mehrerer beim Diebstahl" enger sei als der weite Begriff der
Mittäterschaft. In dieser Entscheidung hat das Reichsgericht
in bewußter Abgrenzung zu der damals herrschenden sog.
subjektiven Täterlehre das Merkmal des "Mitwirkens mehrerer
beim Diebstahl" dahin ausgelegt, daß ein irgendwie geartetes
zeitliches und örtliches Zusammenwirken mehrerer Mitglieder
der Bande bei der Ausführung der einzelnen Diebstähle
vorauszusetzen sei (vgl. RGSt 66, 236, 241). Denn der weite
Täterbegriff der sog. Interessentheorie, die auf den Grad des
eigenen Interesses am Taterfolg abstellte, so daß
für die Annahme von Mittäterschaft eine geistige oder
intellektuelle Mitwirkung fern vom Ort der Tat als Tatbeitrag
genügen konnte, wenn nur das Interesse am Erfolg der Tat
genügend ausgeprägt war, war nach dieser Auffassung
nicht gleichzusetzen mit der besonderen Strafwürdigkeit des
Bandendiebstahls, der gerade durch die infolge gemeinschaftlicher
Ausführung gesteigerte Gefährlichkeit der Tat
gekennzeichnet werde. Grund für die erhöhte
Strafdrohung beim Bandendiebstahl war nach dem Verständnis des
Reichsgerichts zum einen zwar die in dem
willensmäßigen Zusammenschluß auf Dauer -
und damit in der Bandenabrede - liegende allgemeine Gefahr, zum anderen
aber auch der gefahrerhöhende Umstand des örtlichen
und zeitlichen Zusammenwirkens mehrerer bei der Tatausführung,
so daß nur diejenigen Bandenmitglieder, die bei der
Ausführung - gleich ob als Täter oder Teilnehmer -
zugegen und mittätig waren, aus § 243 Nr. 6 StGB a.F.
bestraft werden konnten (vgl. RGSt 66, 236, 242; 73, 322, 323).
b) Diese vor allem auf die Einschränkung der ausufernden
subjektiven Täterschaftslehre abzielende Rechtsprechung des
Reichsgerichts (vgl. dazu Jakobs JR 1985, 340, 342 f. Anm. zu BGHSt 33,
50 und Meyer JuS 1986, 189, 191; auch schon Kielwein MDR 1956, 308 Anm.
zu BGHSt 8, 205), hat der Bundesgerichtshof im wesentlichen
übernommen (vgl. BGH, Urt. vom 18. Februar 1954 - 3 StR
814/53); sie ist in der Entscheidung BGHSt 8, 205 jedoch dahin
eingeschränkt worden, daß nur noch für die
Annahme der Täterschaft beim Bandendiebstahl vorausgesetzt
wurde, daß das Bandenmitglied auch an dem einzelnen Diebstahl
örtlich und zeitlich, wenn auch nicht notwendig
körperlich gemeinsam zusammen mit mindestens einem weiteren
Bandenmitglied gewirkt hat. Soweit das Reichsgericht das Mitwirken am
Tatort auch für Teilnehmer des Bandendiebstahls für
eine Bestrafung aus dem Strafrahmen des § 243 Nr. 6 StGB a.F.
als notwendig erachtet hatte, hat der Bundesgerichtshof dies
ausdrücklich aufgegeben. Grund für diese Kehrtwendung
war die Überlegung, daß zwar außerhalb der
Bande stehende Nichtmitglieder als Anstifter oder Gehilfe des
Bandendiebstahls bestraft werden könnten, dies aber bei einem
Bandenmitglied, das örtlich nicht tätig geworden sei,
nicht möglich sein solle, obwohl es eine höhere
Mitschuld an der Tat treffe als ein Nichtmitglied, weil es am
Fortbestehen der gefährlichen Verbrechensverabredung der Bande
noch immer teilhabe (BGHSt 8, 205, 207 f.). Die Mitgliedschaft in einer
Bande wurde dabei noch nicht als persönliches
Verhältnis oder Merkmal verstanden. Auf dieser durch BGHSt 8,
205 vorgegebenen Linie hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung
zum Bandendiebstahl, auch nach der Neufassung des Tatbestandes durch
das 1. StrRG in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F., die den
Regelungsgehalt des Bandendiebstahls unverändert lassen sollte
(vgl. BT-Drucks. V/4094 S. 36 i.V.m. BT-Drucks. IV/650 S. 407),
fortgeschrieben. Dabei hat er vor allem deshalb auf die Notwendigkeit
der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds am Ort der Tat
abgestellt, weil durch sie die Effizienz der eigentlichen
tatbestandsmäßigen Handlung der Wegnahme und die vom
einzelnen Täter ausgehende "Aktionsgefahr" erhöht
werde.
2. Durch diese Rechtsprechung wurde § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB
a.F., § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB n.F. als Sonderdelikt behandelt
(BGHSt 8, 205, 207: "Sonderregelung der Täterschaft beim
Bandendiebstahl"), ohne daß der Wortlaut des Gesetzes dazu
Anlaß bot (vgl. Dünnebier JR 1956, 148, 149 Anm. zu
BGHSt 8, 205; vgl. auch Arzt JuS 1972, 576, 580 unter VI 2. a.E.). Nach
einer anderen Auffassung (vgl. Küper GA 1997, 327, 332 f.)
wird auf diese Weise das örtliche und zeitliche Zusammenwirken
zum täterschaftsbegründenden,
Eigenhändigkeit voraussetzenden Tatbestandsmerkmal. Ein nicht
unwesentlicher Teil des Schrifttums steht deshalb der bisherigen
Rechtsprechung kritisch bis ablehnend gegenüber (Arzt JuS
1972, 576; Brandts/Seier JA 1985, 367; Eser in
Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 244 Rdn.
27; Geilen Jura 1979, 445, 501; Günther in SK-StGB 43. Lfg.
§ 250 Rdn. 40; Jakobs JR 1985, 342; Joerden StV 1985, 329;
Kielwein MDR 1956, 308; Küper GA 1997, 328, 333;
Kindhäuser in NK-StGB 5. Lfg. § 244 Rdn. 34 ff.;
Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 1. Teilbd. 8. Aufl. §
33 Rdn. 125; Meyer JuS 1986, 189; Rengier, Strafrecht BT/1 2. Aufl.
§ 4 Rdn. 47; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT/2 21. Aufl.
§ 4 Rdn. 272), zumal der zur Zeit der Entscheidung RGSt 66,
236 vorherrschende extensive Täterbegriff in der
Rechtsprechung keine Anwendung mehr findet und auch von der h.M. im
Schrifttum nicht mehr vertreten wird.
Von den Vertretern dieser Gegenmeinung wird zum einen geltend gemacht,
daß der Gesetzeswortlaut "unter Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds" über die Art und Weise der Mitwirkung nichts
aussage, insbesondere nicht festlege, daß es sich um eine
"örtliche und zeitliche" und nicht eine lediglich geistige
Mitwirkung als "Kopf der Bande" handeln müsse (Meyer JuS 1986,
189, 190; ähnlich Arzt JuS 1972, 576, 579; Eser in
Schönke/Schröder 25. Aufl. § 244 Rdn. 27;
Kindhäuser NK-StGB § 244 Rdn. 35 f.; Schild GA 1982,
55, 83; a.A. Hoyer SK-StGB § 244 Rdn. 36; Taschke StV 1985,
367 f.). Als wesentliches Argument gegen die Rechtsprechung wird
eingewandt, daß auch die Voraussetzungen der
täterschaftlichen Begehung des Bandendiebstahls nach den heute
geltenden Grundsätzen der Teilnahmelehre gehandhabt werden
müßten, weil es sonst hinsichtlich des Grunddelikts
des § 242 StGB und der Qualifikation des § 244 Abs. 1
Nr. 2 StGB zu einer "gespaltenen Täterschaft" komme (vgl.
Brandts/Seier JA 1985, 367; Joerden StV 1985, 329 f. Anm. zu BGHSt 33,
50; Meyer JuS 1986, 189, 191). Wenn aber die allgemeinen
Grundsätze für die Abgrenzung von
Täterschaft und Teilnahme maßgebend seien, so
müsse einem als Mittäter am Diebstahl
gemäß § 242 StGB anzusehenden
Bandenmitglied das Mitwirken mehrerer anderer Bandenmitglieder an der
Wegnahme als tatbezogenes, die Tatausführung selbst
kennzeichnendes Merkmal zugerechnet werden, wenn die Voraussetzungen
des § 25 Abs. 2 StGB gegeben seien (vgl. Arzt/Weber BT/3 Rdn.
235; Eser in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl.
§ 244 Rdn. 27; Joerden StV 1985, 329, 330; Kindhäuser
NK-StGB § 244 Rdn. 35; Küper GA 1997, 327, 333 f.;
Rengier BT/1 § 4 Rdn. 47; Günther in SK-StGB
§ 250 Rdn. 40; Wessels/Hillenkamp BT/2 § 4 III 2;
Schünemann JA 1980, 393, 395). Aus diesen Gründen
läßt ein Teil der Literatur für die
Täterschaft beim Bandendiebstahl schon das Zusammenwirken
eines Bandenmitglieds, das sich nicht am Ort der Tat befindet, mit
einem weiteren, den Diebstahl ausführenden Bandenmitglied
genügen (vgl. Arzt JuS 1972, 576, 579; Schild GA 1982, 55, 83;
Schünemann JA 1980, 393, 395). Die überwiegende Zahl
der der Rechtsprechung entgegentretenden Schrifttumsvertreter
hält es jedoch für erforderlich, daß
wenigstens zwei Bandenmitglieder den Diebstahl ausführen, weil
dann die den Schutzzweck des Tatbestandes des § 244 Abs. 1 Nr.
2 StGB kennzeichnende erhöhte Gefahr für die
Geschädigten und die Effizienzsteigerung der
Tatausführung infolge arbeitsteiliger Wegnahmehandlung
vorliege, so daß es für ein weiteres Bandenmitglied
genüge, wenn es auf sonstige Weise mit den vor Ort
tätigen Bandenmitgliedern zusammenwirke, und wenn damit
zugleich auch die Voraussetzungen der Täterschaft
erfüllt seien.
3. Der Senat hält an seiner in BGHSt 8, 205
geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr fest, weil
die in der Literatur erhobenen, dogmatisch fundierten Einwände
gegen die widersprüchliche Anwendung der geltenden
Grundsätze der Teilnahmelehre durchgreifen, zumal der
Gesetzeswortlaut "als Mitglied einer Bande ... unter Mitwirkung eines
anderen Bandenmitglieds stiehlt" nicht zwingend in dem Sinne ausgelegt
werden muß, daß jedes mittäterschaftlich
an einem konkreten Diebstahl beteiligte Bandenmitglied seinen
Tatbeitrag am Ort der Tatausführung leisten muß, um
als Täter des Bandendiebstahls behandelt zu werden.
Der Senat legt das Tatbestandsmerkmal "unter Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds" nunmehr wie folgt aus:
Ein Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub
oder Diebstahl verbunden hat, kann nicht nur dann Täter eines
Bandendiebstahls sein, wenn es am Tatort an der Ausführung des
Diebstahls unmittelbar beteiligt ist. Es reicht aus, daß es
auf eine andere als täterschaftlicher Tatbeitrag zu wertende
Weise daran mitwirkt und der Diebstahl von mindestens zwei weiteren
Bandenmitgliedern in zeitlichem und örtlichem Zusammenwirken
begangen wird.
Diesen Rechtssatz hat der Senat in seinem Beschluß vom 22.
Dezember 1999 (NStZ 2000, 255 mit Anm. Hohmann; StV 2000, 310 mit Anm.
Otto) den anderen Strafsenaten vorgelegt und angefragt, ob sie an ihren
entgegenstehenden eigenen Entscheidungen festhalten. Der 1. (StV 2000,
315), 2. und 5. Strafsenat haben gemäß §
132 Abs. 3 GVG mitgeteilt, daß sie diesem Rechtssatz unter
Aufgabe eigener entgegenstehender Rechtsprechung zustimmen bzw. der
beabsichtigten Entscheidung nicht entgegentreten. Auch der 4.
Strafsenat hat der Rechtsauffassung des Senats zugestimmt (JZ 2000, 628
unter II.2., mit Anm. Engländer S. 630); weitergehend will er
es sogar ausreichen lassen, daß nur ein Bandenmitglied am
Tatort handelt; er verlangt aber als Voraussetzung für die
Annahme einer Bande generell mindestens drei Mitglieder (so auch
Hohmann aaO, 258 f.). Der Senat kann hier offen lassen, ob er dieser
Auffassung folgt. Für die Entscheidung in der vorliegenden
Sache kommt es nicht darauf an, weil eine Verurteilung des sich nicht
am Tatort befindenden Bandenmitglieds als Täter eines
Bandendiebstahls unter Zugrundelegung der Auslegung des
Mitwirkungserfordernisses durch den erkennenden Senat nur dann in
Betracht kommt, wenn die Bande - wie im vorliegenden Fall - aus
mindestens drei Mitgliedern besteht.
4. Eine Auslegung des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB dahingehend,
daß auch ein nicht am Tatort anwesendes Bandenmitglied den
Bandendiebstahl täterschaftlich begehen kann, wenn es auf
sonstige Weise Tatbeiträge leistet und dadurch am Diebstahl
mitwirkt, läßt sich jedenfalls für den -
hier allein entscheidungserheblichen - Fall, daß mindestens
zwei weitere Bandenmitglieder arbeitsteilig am Tatort handeln,
dogmatisch ohne weiteres begründen.
a) Die Mitgliedschaft in einer Bande ist nach inzwischen herrschender
Meinung ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des
§ 28 Abs. 2 StGB (BGH bei Holtz MDR 1978, 624 unter Bezugnahme
auf BGHSt - GSSt - 12, 220; BGH StV 1995, 408; NStZ 1996, 128; BGH,
Beschl. vom 18. März 1998 - 5 StR 1/98;
Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 244 Rdn. 15;
Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 244 Rdn. 7; Herdegen in
LK 11. Aufl. § 250 Rdn. 32; Ruß in LK 11. Aufl.
§ 244 Rdn. 13; Günther in SK-StGB § 250 Rdn.
41; Arzt JuS 1972, 576, 579; Schünemann JA 1980, 393, 395 f.;
Schild GA 1982, 55, 83; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn. 272; abweichend
noch BGHSt 8, 205, 208), das in der Person eines jeden Teilnehmers am
Diebstahl gegeben sein muß, um eine Strafbarkeit aus
§ 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244a Abs. 1 StGB zu
eröffnen. Demgegenüber ist das Merkmal "unter
Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" ein tatbezogenes, die
Tatausführung näher kennzeichnendes
Tatbestandsmerkmal, das akzessorisch zu behandeln ist und nach den
allgemeinen Teilnahmeregeln, insbesondere nach § 25 Abs. 2
StGB, dem nicht am Tatort agierenden Bandenmitglied zugerechnet werden
kann (so auch Arzt JuS 1972, 576, 579; Eser in
Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 244 Rdn.
28; Günther in SK-StGB § 250 Rdn. 40;
Schünemann JA 1980, 393, 395; Wessels/Hillenkamp BT/2 Rdn.
272; ähnlich auch Küper GA 1997, 327, 333 f.).
Deshalb reicht es für eine mittäterschaftliche
Verwirklichung des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB aus, daß
zwei Bandenmitglieder am Tatort den Diebstahl in örtlichem und
zeitlichem Zusammenwirken begehen, wenn das dritte oder jedes weitere
Bandenmitglied zwar nicht am Tatort anwesend ist, aber auf eine
sonstige Art und Weise - in der Vorbereitungs- oder Beendigungsphase
oder zeitgleich mit der unmittelbaren Ausführung durch die am
Ort handelnden Täter - seine die Tat fördernden,
stützenden oder begleitenden Tatbeiträge leistet. Die
gleichen Grundsätze gelten auch für die
Mittäterschaft bei der Qualifikation des schweren
Bandendiebstahls nach § 244a StGB. Auch hier muß der
Tatbeitrag zunächst die Voraussetzungen des
täterschaftlichen Bandendiebstahls nach § 244 Abs. 1
Nr. 2 StGB erfüllen; hinsichtlich der Qualifikationsmerkmale
des § 244a Abs. 1 StGB gelten die allgemeinen
Zurechnungsgrundsätze: Handelt es sich um ein tatbezogenes
Merkmal, genügt es, wenn das die Tat nicht
ausführende Bandenmitglied, das mit den die Tat unmittelbar
ausführenden Bandenmitgliedern auf sonstige Weise
zusammenwirkt, diese Umstände kennt und will (vgl. Eser in
Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 244a Rdn.
4 und 9; Zopfs GA 1995, 320, 328, der im übrigen - Fn. 43 -
die hier vorgeschlagene Auslegung des Merkmals "unter Mitwirkung eines
anderen Mitglieds" zumindest für vertretbar hält).
Handelt es sich hingegen, wie etwa beim Merkmal
"gewerbsmäßig" des § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB,
um ein besonderes persönliches Merkmal, so muß es
auch in der Person des Teilnehmers, dem es zugerechnet werden soll,
vorliegen.
b) Diese Auslegung des § 244 Abs.1 Nr. 2 StGB - ggf. in
Verbindung mit § 244a Abs. 1 StGB - wird dem Zweck der
§§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB, 244a Abs. 1 StGB und beiden
stets für die erhöhte Strafbarkeit
angeführten Gründen gerecht: Zum einen ist das
Erfordernis des örtlichen und zeitlichen Zusammenwirkens von
mindestens zwei Bandenmitgliedern am Tatort nach wie vor
erfüllt, so daß die von der bisherigen
Rechtsprechung für die Täterschaft beim
Bandendiebstahl vorausgesetzte erhöhte Gefährlichkeit
der Tatausführung oder gesteigerte Effizienz der
Wegnahmehandlung auch bei der weiteren Auslegung gegeben ist. Zum
anderen wird der besonderen Gefährlichkeit der
Verbrechensverabredung (BGHSt 8, 205, 209) und damit dem
"Kriminalitätsmotor der Bandenmitgliedschaft"
(Schünemann JA 1980, 393, 395) hinreichend Rechnung getragen.
Dadurch kann auch dasjenige Bandenmitglied entsprechend dem Gewicht
seines Tatbeitrages bestraft werden, dem aufgrund seiner Einbindung in
die bandenmäßige Organisation und
Ausführung der Tat gerade kein Platz bei der unmittelbaren
Tatbegehung zugedacht, sondern dem eine andere für die
Tatausführung und deren Gelingen wesentliche Rolle im
Hintergrund zugeteilt worden ist, wo es auf seine Weise an dem
konkreten Diebstahl mitwirkt. Damit wird ferner das unbefriedigende
Ergebnis vermieden, daß Mit-
glieder einer Bande, die aus mehr als der für die
Bandenbildung bisher notwendigen Mindestzahl von zwei Personen besteht
und die deshalb von vornherein gefährlicher ist, nur deshalb
ein geringeres Strafbarkeitsrisiko eingehen, weil sie nicht unmittelbar
am Tatort gehandelt haben.
Rissing-van Saan Miebach Winkler von Lienen Becker |