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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 283b StGB
Verletzung der Buchführungspflicht
 
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
2. Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
3. entgegen dem Handelsrecht
a) Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b) es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 oder 3 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


Überblick zur Darstellung
 § 283b Abs. 1 StGB
    Nichterstellung der Jahresbilanz
    Faktische Unmöglichkeit der Pflichterfüllung
 § 283b Abs. 3 StGB
    Objektive Bedingung der Strafbarkeit
Strafzumessung
    Strafrahmen
Urteil
    Urteilsgründe
       Ausführungen zu § 283b Abs. 3 StGB site sponsoring
Prozessuales
    Verfahrenshindernisse
       Verfolgungsverjährung
    Gesetze
       Verweisungen





§ 283b Abs. 1 StGB




Nichterstellung der Jahresbilanz

15
Beispiel vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13: Der Angeklagte hat entgegen der ihn als wirksam bestellter Geschäftsführer der X. GmbH treffenden Pflicht aus § 264 Abs. 1 HGB die Bilanz des Jahres 2008 für die Gesellschaft nicht bis zum 30. Juni 2009 erstellt. Damit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Unterlassungsdelikts vor. Da das Tatgericht ohne Rechtsfehler in der Beweiswürdigung der Einlassung des Angeklagten nicht gefolgt ist, die für die Bilanzerstellung erforderlichen Unterlagen seinem Steuerberater überlassen zu haben, lag auch kein Fall der Unmöglichkeit der Erfüllung der Buchführungspflicht, der zu einem Ausschluss des Tatbestandes des Unterlassungsdelikts führen würde (BGH, Beschl. v. 14.12.1999 – 5 StR 520/99 - NStZ 2000, 206 f.), bis zu dem genannten Stichtag vor (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13).

Ob im vorstehenden Beispiel dem Angeklagten ab einem Zeitpunkt nach dem 30. Juni 2009 und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unmöglich geworden ist, die Bilanz nachträglich zu erstellen, ist rechtlich für die Tatbestandsmäßigkeit ohne Bedeutung. Jedenfalls die Tat gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StGB ist mit Ablauf desjenigen Zeitraums vollendet, innerhalb dessen die Bilanzerstellung hätte erfolgen müssen (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; LK/Tiedemann, StGB, Band 9/2, 12. Aufl., § 283b Rn. 12; MünchKommStGB/Radtke/Petermann, Band 5, 2. Aufl., § 283b Rn. 25).
 




Faktische Unmöglichkeit der Pflichterfüllung

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Ist der Angeklagte tatsächlich gar nicht in der Lage gewesen, seinen Buchführungspflichten zu genügen, läßt dies den Tatbestand des § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b StGB entfallen (BGH NStZ 2000, 206 f.; BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - 5 StR 415/03 - wistra 2004, 228).

Zweifel können etwa bestehen, weil ein anderer Angeklagter die Buchhaltungsunterlagen bei sich verwahrte und für den Angeklagten überhaupt kein Zugriff bestand. Weiter kann sich die Erörterung aufdrängen, inwieweit der Angeklagte nach seinen Fähigkeiten zu einer solchen Buchführung überhaupt in der Lage gewesen wäre und ob gegebenenfalls das ersichtlich überschuldete Unternehmen über die notwendigen Finanzmittel verfügt hätte, die Bilanzierung durch einen Steuerberater zu finanzieren (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - 5 StR 415/03 - wistra 2004, 228).
 



§ 283b Abs. 3 StGB
 
Wortlaut § 283b Abs. 3 StGB:
... (3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.

Wortlaut § 283 Abs. 6 StGB:
... (6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.
 




Objektive Bedingung der Strafbarkeit

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Der nach der bisherigen Rechtsprechung erforderliche tatsächliche Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und der eingetretenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit im Sinne von § 283b Abs. 3, § 283 Abs. 6 StGB (vgl. BGHSt 28, 231; BGH wistra 2007, 463 m.w.N.) ist in der Regel gegeben (BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 1 StR 206/09 - BGHSt 54, 133 - NJW 2009, 3383).
 
Welche Anforderungen bei § 
283b StGB an der allgemein grundsätzlich für erforderlich gehaltene Zusammenhang zwischen dem tatbestandsmäßigen Verhalten und der objektiven Bedingung den Strafbarkeit gemäß § 283b Abs. 3 i.V.m. § 283 Abs. 6 StGB (vgl. nur Fischer, StGB, 61. Aufl., § 283b Rn. 5) zu stellen sind, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht vollständig geklärt (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; MünchKommStGB/Radtke/Petermann, aaO, § 283b Rn. 19 f. mwN). Einigkeit besteht aber darüber, dass es einer kausalen Verknüpfung zwischen beiden Elementen nicht bedarf (BGH, Urt. v. 20.12.1978 – 3 StR 408/78 - BGHSt 28, 231, 232; BGH, Urt. v. 10.2.1981 – 1 StR 625/80 - bei Holtz MDR 1981, 454). Ausreichend sei „irgendeine Beziehung“ (BGH, Urt. v. 20.12.1978 – 3 StR 408/78 - BGHSt 28, 231, 234).

Bei der Ausgestaltung des Zusammenhangs zwischen tatbestandsmäßigem Verhalten und der objektiven Bedingung der Strafbarkeit ist jedenfalls für § 
283b StGB zu bedenken, dass es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt (OLG Hamburg, NJW 1987, 1342, 1343; Fischer, aaO, § 283b Rn. 2 mwN), bei dem der Gesetzgeber bereits die Verletzung der dem Straftatbestand zugrunde gelegten kaufmännischen Pflichten als für die geschützten Rechtsgüter generell gefährliche Verhaltensweisen bewertet hat. Das von § 283b StGB erfasste Verhalten ist daher unabhängig von der späteren – durch den Eintritt der objektiven Bedingung der Strafbarkeit ausgedrückten – wirtschaftlichen Krise des pflichtigen Täters rechtswidrig und im Hinblick auf den Schutzzweck der Vorschrift strafwürdig (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; MünchKommStGB/Radtke/Petermann, aaO, § 283b Rn. 18). Unter Berücksichtigung des von § 283b StGB verfolgten Schutzzwecks, nämlich die mit den Buchführungs- und Bilanzierungspflichten angestrebte Selbstinformationsmöglichkeit für den pflichtigen Kaufmann sowie die Dokumentations- und Informationsfunktion für seine Gläubiger strafrechtlich zu gewährleisten (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; LK-StGB/Tiedemann, § 283b Rn. 1 mwN), ist der erforderliche Zusammenhang regelmäßig gegeben, wenn beide Elemente vorliegen (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 1 StR 206/09 - NJW 2009, 3383, 3384 – insoweit in BGHSt 54, 133 bis 135 nicht abgedruckt; siehe auch  Satzger/Schluckebier/Widmaier/Bosch, StGB, 2. Aufl., § 283b Rn. 3).

siehe dazu auch nachstehend --> Urteil --> Urteilsfeststellungen



Strafzumessung




Strafrahmen

S.1
Strafrahmen § 283b Abs. 1 StGB:  1 Monat bis 2 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung)
1 Monat bis 1 Jahr 1 Monat 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung)
1 Monat bis 10 Monate 3 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 2 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen   
 
 
Strafrahmen § 
283b Abs. 2 StGB: 1 Monat bis 1 Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung)
1 Monat bis 6 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung)
1 Monat bis 5 Monate 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 1 Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen




Urteil




Urteilsgründe

U.2




[ Ausführungen zu § 283b Abs. 3 StGB
]

U.2.1
Der tatsächliche Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und der eingetretenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit im Sinne von § 283b Abs. 3, § 283 Abs. 6 StGB ist in der Regel gegeben und  fehlt nur in ganz wenigen, atypischen Fallkonstellationen. Einer ausdrücklichen Erörterung dieses Gesichtspunktes bedarf es daher grundsätzlich nicht. Ausführungen dazu sind nur veranlasst, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Pflichtverletzung ausnahmsweise keine Gefahr begründet oder gesteigert werden konnte (vgl. BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 1 StR 206/09 - BGHSt 54, 133 - NJW 2009, 3383).

Der 1. Strafsenat hat insoweit offenlassen, ob daran festzuhalten ist, dass es auch im Rahmen des § 
283b StGB eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen der Pflichtverletzungen und der eingetretenen objektiven Bedingung der Strafbarkeit bedarf, wogegen beachtenswerte Argumente sprechen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 1 StR 206/09 - BGHSt 54, 133 - NJW 2009, 3383; Bittmann Insolvenzstrafrecht § 13 Rdn. 7; Schäfer wistra 1990, 81, 86 ff.).



Prozessuales




Verfahrenshindernisse

Z.1




[ Verfolgungsverjährung
]
   

Z.1.1
Die Verjährungsfrist für Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b Abs. 1 StGB) beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Für § 283b Abs. 2 StGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB).




Gesetze

Z.8




[ Verweisungen
]
   

Z.8.1
In § 283b StGB wird verwiesen auf:

§ 283 StGB   siehe auch: § 283 StGB, Bankrott

 



Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 24. Abschnitt (Insolvenzstraftaten)
 
 




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