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§
283c StGB
Gläubigerbegünstigung
(1) Wer in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 283c StGB ist ein Sonderdelikt, dessen Täter lediglich sein kann, wer zahlungsunfähig geworden und in Bezug auf den die objektive Bedingung der Strafbarkeit aus § 283c Abs. 3 i.V.m. § 283 Abs. 6 StGB eingetreten ist (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13 betr. Geschäftsführer einer GmbH als gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB tauglicher Täter der Begünstigung von Gläubigern der Gesellschaft; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 283c Rn. 1). | |
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Leitsatz
Läßt sich der nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit
der Wahrnehmung betrieblicher Interessen beauftragte Rechtsanwalt zur
Besicherung seines Anspruchs auf Vorschußzahlung (§ 17
BRAGO) vom Schuldner Vermögensgegenstände gewähren, so
liegt darin keine Schuldnerbegünstigung (§ 283d Abs. 1 StGB),
es kommt nur Teilnahme an einer vom Schuldner begangenen
Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) in Betracht (BGH,
Urt. v. 29.9.1988 - 1 StR 332/88 - Ls. - BGHSt 35, 357 - NJW 1989,
1167). Die Frage, ob die Gläubigerstellung bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bereits bestanden haben muß, hat der Bundesgerichtshof jedenfalls für die obige Fallkonstellation verneint und damit dem Umstand Rechnung getragen, dass auch der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Schuldner grds. einen Anspruch darauf hat, den Anwalt seines Vertrauens hinzuzuziehen (vgl. BGHZ 77, 250 (253/254) = NJW 1980, 1962 = LM § 3 BRAGebO Nr. 9). Manipulationsmöglichkeiten von Gewicht ergeben sich aus der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts seines Vertrauens für den Schuldner nicht (BGH, Urt. v. 29.9.1988 - 1 StR 332/88 - BGHSt 35, 357 - NJW 1989, 1167). |
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Inkongruente Deckungen liegen etwa bei Leistungen an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber, namentlich bei Abtretung einer Forderung (BGH, Urt. v. 2.11.1995 – 1 StR 449/95 - StV 1996, 315, 316) vor (MünchKommStGB/Radtke/Petermann, aaO, § 283c Rn. 16 mwN). Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn mit den Gläubigern (zuvor) Abreden über derartige Möglichkeiten der Erfüllung getroffen worden sind (MünchKomm StGB/Radtke/Petermann, aaO sowie im Kontext der Konkurs- bzw. Insolvenzanfechtung BGH, Urt. v. 8.10.1998 – IX ZR 337/97 - ZIP 1998, 2008, 2011). In der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist – wie der Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigt hat – bei der Annahme inkongruenter Deckungen im Rahmen der Insolvenzanfechtung anerkannt, dass es sich bei der durch den Insolvenzschuldner einem Dritten erteilten Anweisung, an einen Gläubiger zahlen, um eine solche Deckung handelt, weil der Gläubiger eine solche Art der Befriedigung gerade nicht zu beanspruchen hatte (BGH, aaO). Die hinter dieser Rechtsprechung stehende Wertung ist vor dem Hintergrund der gebotenen insolvenzrechtsorientierten Auslegung der Insolvenzstraftatbestände bei der Inhaltsbestimmung der „nicht in der Art“ zu beanspruchenden Befriedigung fruchtbar zu machen (BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13). | |
Konkurrenzen |
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K.1 |
Im Fall der Bestellung einer Grundschuld mit höherem Wert als die zu sichernde Forderung geht die Regelung des § 283c StGB vor (vgl. BGH, Urt. v. 2.11.1995 – 1 StR 449/95 - BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Vermögen 2; BGH, Urt. v. 29.6.2016 - 2 StR 520/15 Rn. 57; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 283c Rn. 11). Im Verhältnis zu § 283 Abs. 1 Nr. 1 stellt § 283c StGB eine Privilegierung dar (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2016 - 2 StR 520/15 Rn. 5; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 283c Rn. 39). | |
Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 283c StGB:
1 Monat bis 2 Jahre
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360
Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 1 Jahr 1 Monat 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 10 Monate 3 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 2 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Gläubigerbegünstigung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). § 283c Abs. 2 StGB, der die Versuchsstrafbarkeit zum Gegenstand hat, kann insoweit nur über die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (§ 49 StGB) zu einer Änderung des Ausgangsstrafrahmens führen und ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
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Z.6 |
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Z.6.1 |
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Z.6.1.1 |
Für Straftaten der Gläubigerbegünstigung ist gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG, soweit nach § 74 Abs. 1 GVG als Gericht des ersten Rechtszuges und nach § 74 Abs. 3 GVG für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Schöffengerichts das Landgericht zuständig ist, eine Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig. § 120 GVG bleibt unberührt. | |
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Z.6.1.2 |
Seine
Zuständigkeit
prüft die Wirtschaftsstrafkammer als besondere Strafkammer
nach
§ 74c GVG bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens
gemäß § 6a Satz 1 StPO von Amts wegen.
Danach darf sie ihre Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten
beachten.
Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung
zur Sache in der
Hauptverhandlung geltend machen (§ 6a Satz 2 und 3 StPO). siehe auch: Zuständigkeit besonderer Strafkammern, § 6a StPO |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In
§ 283c StGB wird verwiesen auf: § 283 StGB siehe auch: § 283 StGB, Bankrott |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 24. Abschnitt (Insolvenzstraftaten) |
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