Hier finden Sie gebräuchliche Begriffe aus dem Bereich des Strafrechts mit den jeweiligen Begriffsbestimmungen und den dazugehörigen Fundstellennachweisen.

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Waffenhandel  Wahlfeststellung  Wahrunterstellung Wegnahme Wenden Werben um Mitglieder oder Unterstützer Werkzeug oder Mittel Wertpapier- oder Terminbörsen Wichtiges Körperglied Widerstand  Widerstandsunfähig Willkürverbot Wissentliches Handeln Wohnsitz Wohnung  Wohnung II





Waffenhandel (WaffG)

Nach der in Abschnitt 2 Nr. 9 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG gegebenen Definition treibt Waffenhandel, wer gewerbsmäßig oder selbstständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung Schusswaffen oder Munition ankauft, feilhält, Bestellungen entgegennimmt oder aufsucht, anderen überlässt oder den Erwerb, den Vertrieb oder das Überlassen vermittelt.




Wahlfeststellung

Eine Verurteilung auf mehrdeutiger Tatsachengrundlage ist dann gegeben, wenn der Richter davon überzeugt ist, dass einer der mehreren möglichen Geschehensabläufe mit Sicherheit gegeben ist, die Unsicherheit darüber, welcher es ist, allein in der gedanklichen Vorstellung liegt, dass es auch der andere von ihnen sein könnte (BGHSt 12, 386, 388 f.; BGH, Beschl. v. 4.7.2007 - 2 StR 505/06; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 73). Eine Wahlfeststellung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die mehreren möglichen, einander ausschließenden Verhaltensweisen rechtsethisch und psychologisch gleichartig bzw. gleichwertig sind (vgl. BGHSt 9, 390, 392 ff.; 21, 152, 153; 25, 182, 183 ff.; BGHR StGB § 260 Wahlfeststellung 1 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 19.1.2000 - 3 StR 500/99 - NStZ 2000, 473; BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 53/08 - NStZ 2008, 646). Eine rechtsethische Gleichwertigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn bei Berücksichtigung aller Umstände, die den besonderen Unrechtscharakter der Straftatbestände ausmachen, den möglichen Taten im allgemeinen Rechtsempfinden eine gleichartige oder ähnliche sittliche Bewertung zuteil wird; eine psychologische Gleichwertigkeit liegt bei einigermaßen gleichgearteten seelischen Beziehungen des Täters zu den mehreren infrage stehenden Verhaltensweisen vor (vgl. BGHSt 21, 152, 153; BGH StV 1985, 92 m.w.Nachw.; BGH, Beschl. v. 19.1.2000 - 3 StR 500/99 - NStZ 2000, 473). 




Wahrunterstellung (§ 244 StPO)

In der Wahrunterstellung liegt eine Zusicherung, auf deren Einhaltung sich der Angeklagte aus Fairnessgründen unbedingt verlassen können muss (vgl. BGHSt 32, 44; 40, 169, 185). Eine Wahrunterstellung muss die behaupteten Tatsachen in ihrem wirklichen Sinn und vollen Inhalt ohne jede Einschränkung oder Verschiebung oder sonstige Änderung erfassen (BGH NJW 1968, 1293; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 33; BGH, Beschl. v. 28.8.2002 - 1 StR 277/02 - BGH NStZ 2003, 101; BGH, Beschl. v. 9.1.2008 - 5 StR 549/07 - NStZ 2008, 299; BGH, Beschl. v. 26.5.2009 - 4 StR 148/09 - StV 2009, 588). Wird demgegenüber der mit der wahrunterstellten Beweisbehauptung verfolgte Schluss durch eine dem Sinn des Beweisantrags zuwiderlaufende Vermutung ersetzt, wird dies der Wahrunterstellung nicht gerecht (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 9, 27; BGH, Beschl. v. 28.8.2002 - 1 StR 277/02). 




Wegnahme (§ 242 StGB)

Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09). Für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist entscheidend, dass der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann (BGHSt 16, 271, 273 ff.) und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen (Fischer, StGB 55. Aufl. § 242 Rdn. 17 m. w. N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens (BGHSt 23, 254, 255). Einen bereits gesicherten Gewahrsam setzt die Tatvollendung nicht voraus (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2008 - 3 StR 182/08 - NStZ 2009, 267). Das Einverständnis des Gewahrsamsinhabers schließt eine Wegnahme aus (vgl. BGH, Beschl. v. 13.7.2005 - 2 StR 504/04). 




Wenden (§ 315b StGB)

Den verkehrsrechtlichen Begriff des Wendens im Sinne der §§ 9 Abs. 5, 18 Abs. 7 StVO hat der Gesetzgeber weder in der Straßenverkehrsordnung noch in der amtlichen Begründung hierzu näher definiert. Nach allgemeiner Auffassung ist hierunter der - willentlich gesteuerte - Verkehrsvorgang zu verstehen, durch den ein Fahrzeug auf derselben Straße von der bisherigen in die entgegengesetzte Richtung gebracht wird (vgl. BGHSt 27, 233, 234/235; 31, 71, 74; BGH, Beschl. v. 19.3.2002 - 4 StR 394/01 - BGHSt 47, 252 - NJW 2002, 2332; Hentschel, Straßenverkehrsrecht 36. Aufl. § 9 StVO Rdn. 50; Janiszewski/Jagow/Burmann, StVO 16. Aufl. § 9 StVO Rdn. 56 jeweils m.w.N.). 




Werben um Mitglieder oder Unterstützer (§ 129a StGB)

Um Mitglieder für eine der in § 129a Abs.1 oder 2 StGB bezeichneten terroristischen Vereinigungen wirbt, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen (BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - AK 6/07 und StB 3/07 - NJW 2007, 2782). Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern (BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - AK 6/07 und StB 3/07 - NJW 2007, 2782). 




Werkzeug oder Mittel (§§ 244, 250 StGB)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind „Werkzeug oder Mittel“ im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB zwar grundsätzlich alle Gegenstände, die als Mittel zur Überwindung des Widerstands des Tatopfers mittels Gewalt oder Drohung geeignet sind. Sie müssen aber, sofern sie als Drohmittel eingesetzt werden (sollen), unter den konkreten Umständen ihrer geplanten Verwendung aus Sicht des Täters ohne Weiteres geeignet sein, bei dem Opfer den Eindruck hervorzurufen, sie können zur Gewaltanwendung verwendet werden und deshalb gefährlich sein. Dies ist indes nicht der Fall, wenn der Gegenstand schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich und deshalb nicht geeignet ist, mit ihm auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken. Dann steht die Täuschung und nicht - wie erforderlich - die Drohung im Vordergrund (BGH NStZ 2007, 332, 333 = JR 2007, 379 m. Anm. Kudlich m.w.N.; BGH, Beschl. v. 30.9.2008 - 4 StR 359/08; weitere Nachweise bei Fischer, StGB 55. Aufl. § 250 Rdn. 10 a). Diese Begriffsbestimmung gilt auch für § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 30.9.2008 - 4 StR 359/08; Fischer aaO Rdn. 9). 




Wertpapier- oder Terminbörsen

Wertpapier- oder Terminbörsen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen sind nach der Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 3e KWG (Stand 9.12.2010) Wertpapier- oder Terminmärkte, die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden, regelmäßig stattfinden und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich sind, einschließlich
1. ihrer Betreiber, wenn deren Haupttätigkeit im Betreiben von Wertpapier- oder Terminmärkten besteht, und
2. ihrer Systeme zur Sicherung der Erfüllung der Geschäfte an diesen Märkten (Clearingstellen), die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden. 




Wichtiges Körperglied (§ 226 StGB)

Bei Beurteilung der Frage, ob ein Körperglied im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB wichtig ist, sind auch individuelle Körpereigenschaften und dauerhafte körperliche (Vor-)Schädigungen des Verletzten zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 15.3.2007 - 4 StR 522/06 - Ls. - BGHSt 51, 252 - NJW 2007, 1988). Für die Beurteilung, ob ein wichtiges Glied im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht mehr gebraucht werden kann, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln, ob als Folge der vorsätzlichen Körperverletzung so viele Funktionen ausgefallen sind, dass das Körperglied weitgehend unbrauchbar geworden ist und von daher die wesentlichen faktischen Wirkungen denjenigen eines physischen Verlustes entsprechen (BGH, Urt. v. 15.3.2007 - 4 StR 522/06 - BGHSt 51, 252, 257 - NJW 2007, 1988; BGH, Urt. v. 6.11.2008 - 4 StR 375/08 - NStZ-RR 2009, 78). 




Widerstand (§ 113 StGB)

Unter Widerstand ist eine aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten zu verstehen, mit der die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme verhindert oder erschwert werden soll. Die Tat muss demgemäß Nötigungscharakter haben. Allerdings wird ein effektiver Nötigungserfolg nicht vorausgesetzt („unechtes Unternehmensdelikt“, vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2012 - 4 StR 497/12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 113 Rn. 22; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 113 Rn. 40).
 
„Mit Gewalt“ wird Widerstand geleistet, wenn unter Einsatz materieller Zwangsmittel, vor allem körperlicher Kraft, ein tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden erfolgt, das geeignet ist, die Vollendung der Diensthandlung zumindest zu erschweren (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2012 - 4 StR 497/12; BGH, Urt. v. 16.11.1962 – 4 StR 337/62 - BGHSt 18, 133, 134; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 113 Rn. 23). Die bloße Flucht vor der Polizei erfüllt diese Voraussetzungen nicht, auch wenn dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden. Hat der Angeklagte die ihn verfolgenden Polizeibeamten mit seinem Kraftfahrzeug weder abgedrängt noch am Überholen gehindert und ist er auch nicht auf die Polizeibeamten zugefahren, um diese zum Wegfahren und damit zur Freigabe der Fahrbahn zu nötigen, fehlt bereits die für den äußeren Tatbestand erforderliche gewaltsame, gegen die Person des Vollstreckenden gerichtete Handlung (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2012 - 4 StR 497/12; BGH, Beschl. v. 4.3.1997 – 4 StR 48/97 - NStZ-RR 1997, 261, 262). 




Widerstandsunfähig (§ 179 StGB)

Widerstandsunfähig im Sinne des § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist, wer aus den dort genannten Gründen keinen zur Abwehr ausreichenden Widerstand bilden, äußern oder durchsetzen kann (BGHSt 36, 145, 147; BGH, Beschl. v. 1.4.2003 - 4 StR 96/03). Dabei genügt, dass das Opfer nur vorübergehend widerstandsunfähig ist (vgl. BGHSt 36, 145, 147; BGH, Beschl. v. 22.2.2005 - 4 StR 9/05 - StV 2005, 439). 




Willkürverbot (Art. 3 GG)

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt bei gerichtlichen Entscheidungen ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muß vielmehr, daß der Richterspruch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich (vgl. BVerfGE 4, 1, 7; 81, 132, 137; 87, 273, 278 f.; 89, 1, 13 f.; vgl. auch BGHSt 42, 205, 207; 43, 53, 55 f, BGH Urt. v. 22.12.2000 - 3 StR 378/00; BGH, Urt. v. 10.5.2001 - 1 StR 504/00 - BGHSt 47, 16 - NJW 2001, 2984). 




Wissentliches Handeln (§ 226 StGB)

Wissentliches Handeln im Sinne des § 226 Abs. 2 StGB bedeutet, daß der Täter die schwere Folge als sicheres Resultat seiner Handlungen voraussieht (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 4 StR 327/00 - NJW 2001, 980; BGH, Urt. v. 25.6.2002 - 5 StR 103/02; BGH, Urt. v. 12.7.2005 - 1 StR 65/05; Fischer, StGB 55. Aufl. § 226 Rdn. 15). 




Wohnsitz (§ 8 StPO)

Die Begründung eines Wohnsitzes (§ 7 Abs. 1 BGB) setzt einen längeren Aufenthalt und einen Domizilwillen voraus, das heißt, der Betroffene muss den rechtsgeschäftlichen Willen haben, nicht nur vorübergehend zu bleiben und den Ort zum Mittelpunkt oder Schwerpunkt seines Lebens zu machen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2008 - 2 ARs 536/08 2 AR 309/08 - NStZ-RR 2009, 84; Staudinger/Weick BGB (2004) § 7 Rdn. 3 ff; MünchKommBGB/J. Schmitt § 7 Rdn. 7 ff). 




Wohnung (§ 123 StGB)

Der Begriff der Wohnung umfasst grundsätzlich alle abgeschlossenen und überdachten Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Dazu zählen nicht bloße Arbeits-, Geschäfts- oder Ladenräume (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2001 - 4 StR 59/01; BGH, Beschl. v. 20.5.2005 - 2 StR 129/05; BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - 4 StR 126/08 - NStZ 2008, 514; Fischer StGB 55. Aufl. § 123 Rdn. 6; § 244 Rdn. 24; Schmitz in Münch-Komm. § 244 Rdn. 56). Dieser in erster Linie am Wortsinn orientierte Wohnungsbegriff kann jedoch mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers für die Heraufstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls zum Qualifikationstatbestand nicht uneingeschränkt auf den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB übertragen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - 4 StR 126/08 - NStZ 2008, 514). 




Wohnung (Art. 13 GG, §§ 102 ff. StPO)

Der Begriff der Wohnung im Sinne von Art. 13 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 32, 54, 69 ff.) nicht im engen Sinne der Umgangssprache zu verstehen, vielmehr ist er weit auszulegen (vgl. BGHSt 42, 372, 375 f.). Er umfasst zur Gewährleistung einer räumlichen Sphäre, in der sich das Privatleben ungestört entfalten kann, alle Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Wirkens gemacht sind (BTDrucks. 15/4533 S. 11; BVerfGE 89, 1, 12; BGH, Urt. v. 10.8.2005 - 1 StR 140/05 - BGHSt 50, 206 -  NJW 2005, 3295 - wistra 2006, 29; Papier in Maunz/Dürig/Herzog, GG Art. 13 Rdn. 10 f.; Herdegen in Bonner Kommentar, GG Art. 13 Rdn. 26; Kunig in von Münch GGKommentar Bd. I Art. 13 Rdn. 10; AK-GG Berkemann, 3. Aufl. Art. 13 Rdn. 51 ff.). 







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