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§
243 StPO
Gang
der Hauptverhandlung
(1) Die
Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende
stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die
Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und
Sachverständigen erschienen sind.
(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse. (3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat. (4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben. (5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende. |
Strafprozessordnung,
Stand 05.09.2017
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StPO § 243 Abs. 5, § 274 Dass dem Angeklagten nach dem Hinweis auf sein Schweigerecht gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu der Anklage zu äußern, gehört nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung, deren Einhaltung allein durch die Sitzungsniederschrift bewiesen werden kann. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2016 - 3 StR 149/16 - LG Hannover |
StPO § 243 Abs. 4 Satz 1 Zum Beruhen bei Verstößen gegen die Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14 - LG Magdeburg |
StPO §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 238 Abs. 2 Die Rüge eines Verstoßes gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO setzt nicht voraus, dass der Verteidiger zuvor von dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht hat. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13 - LG Frankfurt am Main |
StPO §§ 243 Abs. 4 Satz 1, 344 Abs. 2 Satz 2 1. Einer Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bedarf es nicht, wenn überhaupt keine oder nur solche Gespräche stattgefunden haben, die dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgelagert und von ihm nicht betroffen sind. 2. Die Verfahrensrüge, es sei rechtsfehlerhaft keine Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO erfolgt, setzt den Vortrag voraus, dass tatsächlich Gespräche im Sinne dieser Vorschrift stattgefunden hatten und welchen Inhalt sie hatten. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13 - LG Aachen |
StPO § 243 Abs. 3 Satz 1, § 200 Abs. 1 Satz 1 In Strafverfahren wegen einer Vielzahl gleichförmiger Taten oder Tateinzelakte, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind, ist dem Erfordernis der Verlesung des Anklagesatzes i.S.d. § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO Genüge getan, wenn dieser insoweit wörtlich vorgelesen wird, als in ihm die gleichartige Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, beschrieben und die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie bei Vermögensdelikten der Gesamtschaden bestimmt sind. Einer Verlesung der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte bedarf es in diesem Fall nicht. BGH (Großer Senat für Strafsachen), Beschluss vom 12. Januar 2011 – GSSt 1/10 – Landgericht Mannheim NJW 2011, 1687 |
StPO § 243 Abs. 4 Satz 2, § 244 Abs. 2 und 3 Zur Verlesung von schriftlichen Erklärungen des Angeklagten durch das Gericht und zur Behandlung hierauf gerichteter Beweisanträge. BGH, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08 - LG Hildesheim wistra 2008, 349 |
StPO §§ 81 c, 136 Abs. 1, 137 Abs. 1, 243 Abs. 4, 261 1. Auch bei einem Angeklagten, der sich zur Sache eingelassen hat, darf aus der aktiven Verweigerung der Mitwirkung an der Sachaufklärung jedenfalls dann kein ihm nachteiliger Schluß gezogen werden, wenn dieses Prozeßverhalten nicht in einem engen und einem einer isolierten Bewertung unzugänglichen Sachzusammenhang mit dem Inhalt seiner Einlassung steht (hier: Nichtentbindung des Verteidigers von der Schweigepflicht, Abgrenzung zu BGHSt 20, 298). 2. Erscheint eine Person, die von der Polizei zu einem Speicheltest für eine molekulargenetische Untersuchung geladen wird, - anders als andere, ebenfalls vorgeladene Personen - im Beistand eines Anwalts, so darf dies in einem späteren Strafverfahren gegen sie nicht als belastendes Indiz verwertet werden. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 StR 531/99 - LG Hannover BGHSt 45, 367 - NJW 2000, 1962 |
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