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§
247 StPO
Entfernung
des Angeklagten bei Vernehmung von Mitangeklagten und Zeugen
Das Gericht kann
anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem
Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter
oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten
die Wahrheit nicht sagen. Das gleiche gilt, wenn bei der Vernehmung
einer Person unter 18 Jahren als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten ein
erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen zu befürchten ist oder
wenn bei einer Vernehmung einer anderen Person als Zeuge in Gegenwart
des Angeklagten die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils
für ihre Gesundheit besteht. Die Entfernung des Angeklagten kann für
die Dauer von Erörterungen über den Zustand des Angeklagten und die
Behandlungsaussichten angeordnet werden, wenn ein erheblicher Nachteil
für seine Gesundheit zu befürchten ist. Der Vorsitzende hat den
Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, von dem wesentlichen
Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt
oder sonst verhandelt worden ist.
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Strafprozessordnung,
Stand 05.09.2017
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StPO §§ 247, 338 Nr. 5 1. Die Verhandlung über die Entlassung eines Zeugen ist kein Teil der Vernehmung im Sinne von § 247 StPO. 2. Die fortdauernde Abwesenheit eines nach § 247 StPO während einer Zeugenvernehmung entfernten Angeklagten bei der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen begründet regelmäßig den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO. BGH, Beschluss vom 21. April 2010 - GSSt 1/09 - Landgericht Braunschweig |
StPO §§ 247, 338 Nr. 5 Erfolgt nach Entfernung des Angeklagten während einer Zeugenvernehmung gemäß § 247 StPO in andauernder Abwesenheit des Angeklagten eine förmliche Augenscheinseinnahme, so ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO nicht erfüllt, wenn dem Angeklagten das in seiner Abwesenheit in Augenschein genommene Objekt bei seiner Unterrichtung nach § 247 Satz 4 StPO gezeigt wird (im Anschluss an BGHR StPO § 247 Satz 4 Unterrichtung 1 unter Aufgabe entgegenstehender Senatsrechtsprechung, BGHR StPO § 247 Abwesenheit 5). BGH, Urteil vom 11. November 2009 - 5 StR 530/08 - LG Berlin StV 2010, 59 |
StPO § 247a Bietet die oberste Dienstbehörde nach § 96 StPO die audiovisuelle Vernehmung eines gesperrten Zeugen an und ist das Gericht von Rechts wegen gehalten, eine solche Vernehmung durchzuführen, so ist es Aufgabe des Justizministeriums, gegebenenfalls seiner nachgeordneten Dienststellen, das Gericht so auszustatten, dass das Verfahren auch durchgeführt werden kann. BGH, Beschluss vom 7. März 2007 - 1 StR 646/06 - LG Baden-Baden BGHSt 51, 232 - NJW 2007, 1475 |
StPO § 247 Satz 4 Die gemäß § 247 Satz 4 StPO gebotene Unterrichtung eines vorübergehend entfernten Angeklagten kann auch so erfolgen, dass er das Geschehen im Sitzungssaal mittels Videoübertragung mitverfolgen kann. Der Vorsitzende muss sich dann jedoch vergewissern, dass die Videoübertragung nicht durch technische Störungen beeinträchtigt wurde. Wie er sich diese Gewissheit verschafft, bestimmt der Vorsitzende. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 1 StR 268/06 - LG Offenburg BGHSt 51, 180 - NJW 2007, 709 |
StPO §§ 247, 338 Nr. 5 Entscheidet der Vorsitzende, dass ein Zeuge entsprechend dem Regelfall des § 59 StPO in der Fassung des 1. Justizmodernisierungsgesetzes nicht vereidigt werden soll, und wird diese Frage weder kontrovers erörtert noch zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO gemacht, so ist, wenn der für die Vernehmung nach § 247 StPO aus dem Sitzungssaal entfernte Angeklagte dabei nicht anwesend ist, dieser Verfahrensvorgang kein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung und der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO nicht gegeben. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 3 StR 216/06 - LG Hannover wistra 2006, 432 |
1. StPO § 200, § 265 Abs. 1 und 4 Auch bei einer durch die Natur der Sache bedingt im Tatsächlichen ungenauen Fassung der Anklageschrift (vgl. BGHSt 40, 44) ist ein Hinweis entsprechend § 265 StPO grundsätzlich nicht vorgeschrieben, wenn sich im Laufe der Hauptverhandlung nähere Konkretisierungen von Einzelfällen durch genauere Beschreibungen von Tatmodalitäten oder Begleitumständen ergeben (Abgrenzung zu BGHSt 44, 153). Ein Hinweis kann nur ausnahmsweise geboten sein, etwa um das Recht des Angeklagten auf rechtliches Gehör oder den Schutz vor Überraschungsentscheidungen zu gewährleisten. 2. StPO § 59, § 61 Nr. 2 Wird ein Zeuge in einem späteren Abschnitt einer Hauptverhandlung noch einmal vernommen, bedarf es einer neuen Entscheidung über die Vereidigung. Diese umfaßt grundsätzlich die gesamte bisherige Aussage des Zeugen. 3. StPO § 247 War der Angeklagte, der für die Dauer der Vernehmung eines Zeugen nach § 247 StPO ausgeschlossen war, bei der Verhandlung und Entscheidung über dessen Vereidigung verfahrensfehlerhaft nicht anwesend, so wird der Verfahrensfehler regelmäßig geheilt, wenn die Verhandlung und Entscheidung über die Vereidigung desselben Zeugen nach einer erneuten Vernehmung in Anwesenheit des Angeklagten stattfindet. BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - 3 StR 222/02 - LG Mönchengladbach BGHSt 48, 221 - NJW 2003, 2107 |
StPO § 247 Satz 1, § 338 Nr. 5; BGB § 1896, § 1897 Eine Entfernung des Angeklagten gemäß § 247 Satz 1 StPO kann nicht darauf gestützt werden, daß ein gemäß § 1897 BGB bestellter Betreuer der Vernehmung des Betreuten in Anwesenheit des Angeklagten widersprochen hat. BGH, Urteil vom 21. September 2000 - 1 StR 257/00 - LG Mosbach BGHSt 46, 142 - StV 2002, 9 |
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