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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 73 StGB
Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1. durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder

2. auf Grund eines erlangten Rechts.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


 
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG § 24 Abs. 1, 2 StGB § 73 Abs. 1 Satz 1
 
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird.
 
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus, dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen Kursniveau beruhen.
 
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch 
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise. 4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht handelt. 5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
 
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
 
 
StGB § 73 Abs. 1 Satz 2

StPO § 111i Abs. 2
 
Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der historische Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde.
Zum Ermessen nach § 111i Abs. 2 StPO und zur Erforderlichkeit einer Verfahrensrüge für die Beanstandung der Nichtanwendung dieser Vorschrift.
 
BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 306/12 -
LG Potsdam
 
 
StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, AWG § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Hat der Täter in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Güter ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt, hätte diese indes erteilt werden müssen, so ist nicht der gesamte für die Güter eingenommene Kaufpreis das im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat Erlangte; vielmehr sind dies nur die durch das Unterbleiben des Genehmigungsverfahrens ersparten Aufwendungen.

BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343 /11 - LG Hamburg
 
StGB § 73 Abs. 1, § 73a, § 73c Abs. 1; StPO § 111i Abs. 2

1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur) der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt.

2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.

3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.

BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10 – LG Hagen

NJW 2011, 624

 

StGB §§ 73, 73 a, 73 c

JGG § 2 Abs. 2, §§ 6, 8 Abs. 3

Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugend-liche oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, ist zulässig; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist.

BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10 - LG Bochum
 
BGHSt 55, 174 - StV 2010, 578

 

StGB §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73a Satz 1

1. Von den Ermittlungsbehörden für Betäubungsmittelaufkäufe eingesetztes Kaufgeld unterliegt jedenfalls dann dem Wertersatzverfall gemäß § 73a Satz 1 StGB, wenn es nicht sichergestellt wurde.

2. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht der Anordnung des Verfalls von eingesetztem Scheinkaufgeld nicht entgegen, weil der öffentlichen Hand eigenständige Ersatzansprüche, die eine Kompensation ihrer verletzten Interessen gewährleisten sollen, nicht zur Verfügung stehen.

BGH, Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08 - LG Gera

BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073

 
 
StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3
StGB § 73 Abs. 1 Satz 2, BGB § 823 Abs. 2
UWG § 16 Abs. 1 nF, § 4 Abs. 1 aF

1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung.

2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen – unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang dem Verfall.

3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.

BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim

NStZ 2009, 275

 
 
StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73c Abs. 1 Satz 2

1. Bei der Härteklausel des § 73c Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. StGB (Entreicherung) kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat.

2. Zum Wert des Erlangten bei Tatbeteiligten in einer Handelskette.

BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06 - LG Karlsruhe

wistra 2006, 382

 

AO § 393; StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266

1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.

2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögens- nachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.

3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht der vereinbarte Werklohn.

4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des § 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.

BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05 - LG Köln

wistra 2006, 96



StGB § 73 Abs. 1 Satz 1; § 73c; § 332 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; § 334

1. Ein Amtsträger ohne eigene Entscheidungszuständigkeit erfüllt den Tatbestand der Bestechlichkeit, wenn er sich als fachlicher Zuarbeiter durch Schmiergeldzahlungen bei der Vorbereitung einer Ermessensentscheidung beeinflussen läßt; insoweit gelten für ihn gleichermaßen die für einen Ermessensbeamten entwickelten Grundsätze.

2. Ist für einen dem Verfall unterliegenden Vermögensvorteil die Steuer bestandskräftig festgesetzt worden, so ist dies bei der zeitlich nachfolgenden Anordnung des Verfalls zu berücksichtigen.

3. Zur Bestimmung des Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1  StGB bei der Bestechung.

BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 
5 StR 138/01 - LG Hildesheim

BGHSt 47, 260 - NJW 2002, 2257



StGB §§ 332, 266, 52, 73 Abs. 1 Satz 2

1. Konkurrenzen zwischen Bestechlichkeit und Untreue.

2. Bei Bestechlichkeit und Untreue stehen Ansprüche des durch die Untreue Verletzten der Verfallsanordnung entgegen, wenn der Bestechungslohn zugleich den durch die Untreue zugefügten Vermögensnachteil darstellt.

BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00 - LG Mönchengladbach

BGHSt 47, 22 - wistra 2001, 466



AO 1977 §§ 370 ff; StGB § 73 Abs. 1 Sätze 1 und 2

Zur Bedeutung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für den Verfall bei bestehenden Steuerforderungen.

BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00 - LG Kleve

wistra 2001, 96





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