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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 77b StGB
Antragsfrist

(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.

(3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert.

(4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tod des Verletzten.

(5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


Überblick zur Darstellung
 § 77b Abs. 2 StGB
    Kenntnis von Tat und Täter
    Kenntnis der Umstände, die die Tat zum Antragsdelikt machen
 § 77b Abs. 3 StGB site sponsoring
    Gesonderter Fristenlauf für jeden Antragsberechtigten
Prozessuales
    Gesetze
       Verweisungen
      Änderungen § 77b StGB





§ 77b Abs. 2 StGB
 
... (2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an. ...




Kenntnis von Tat und Täter

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Der Lauf der Antragsfrist nach § 77b Abs. 1 StGB beginnt mit Kenntniserlangung der Antragsberechtigten von Tat und Täter (§ 77b Abs. 2 StGB). Diesbezügliche, sich angesichts der konkreten Situation aufdrängende Zweifel wirken zu Gunsten des Angeklagten (vgl. BGHSt 22, 90, 93; BGH, Urt. v. 30.4.2009 - 1 StR 342/08 - BGHSt 53, 311 - wistra 2009, 359).

  siehe auch: In dubio pro reo
   




Kenntnis der Umstände, die die Tat zum Antragsdelikt machen

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Die nach § 77b Abs. 2 Satz 1 StGB erforderliche Kenntnis setzt das Wissen um diejenigen Umstände voraus, die die Tat zum Antragsdelikt machen (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.2002 - 1 StR 150/02 - BGHSt 48, 28 - wistra 2003, 97; Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 77b Rdn. 7, s. auch BGHSt 44, 209, 212).

Beispiel: Der Geschädigte hat Strafantrag („wegen aller in Betracht kommender Delikte“) gestellt. Ferner liegt ein Strafantrag eines weiteren Geschädigten, allerdings nur wegen versuchter Erpressung vor. Im übrigen haben noch weitere Geschädigte Strafanzeige erstattet. Bei keinem der allein im Ermittlungsverfahren und im wesentlichen schriftlich mittels Fragebogen vernommenen Geschädigten ist jedoch ersichtlich, daß ihnen bewußt gewesen wäre, daß neben der jeweils im Vordergrund stehenden versuchten Erpressung auch eine Verletzung von nach § 203 StGB geschützten Rechtsgütern in Betracht kam. Bei dieser Sachlage hätte die Antragsfrist nach § 77b Abs. 2 StGB noch nicht zu laufen begonnen (vgl. 
BGH, Urt. v. 8.10.2002 - 1 StR 150/02 - BGHSt 48, 28 - wistra 2003, 97). 



§ 77b Abs. 3 StGB
 
... (3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert. ...




Gesonderter Fristenlauf für jeden Antragsberechtigten

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Da nach § 77b Abs. 2 StGB die Antragsfrist erst mit der Kenntniserlangung des Strafantragsberechtigten von der Tat und der Person des Täters beginnt und für jeden Antragsberechtigten nach § 77b Abs. 3 StGB die Frist gesondert läuft, kann sich der Täter aufgrund des für ihn nicht überschaubaren Fristenlaufes bis zum Eintritt der Verjährung nicht darauf verlassen, daß eine Strafverfolgung durch den Ablauf sämtlicher Antragsfristen ausgeschlossen sein würde (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102). 



Prozessuales




Gesetze

Z.8




[ Verweisungen ]

Z.8.1
In § 77b StPO wird verwiesen auf:

§ 
380 StPO   siehe auch: Sühneversuch, § 380 StPO   




[ Änderungen § 77b StGB ]

Z.8.2
§ 77b StGB wurde mit Wirkung vom 26.11.2015 durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert. Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut:

"§ 77b StGB
Antragsfrist

(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Hängt die Verfolgbarkeit der Tat auch von einer Entscheidung über die Nichtigkeit oder Auflösung einer Ehe ab, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Rechtskraft der Entscheidung Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.
(3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert.
(4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tod des Verletzten.
(5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung."




Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 4. Abschnitt (Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen)

 




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