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§
129 StGB
Bildung krimineller Vereinigungen
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt. (2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. (3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, 1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat, 2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder 3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen. (4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar. (5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100c Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, c, d, e und g bis m, Nummer 2 bis 5 und 7 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100c Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe g der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen. (6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen. (7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter 1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder 2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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StGB § 129 Abs. 1, § 129a Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 1 Zum Konkurrenzverhältnis von Handlungen, die mitgliedschaftliche Beteiligungsakte an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung darstellen und zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14 - LG Köln |
StGB §§ 129, 129a Abs. 5 Satz 1 Ein Außenstehender unterstützt eine Vereinigung auch mit Tätigkeiten, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens für die Vereinigung durch ein Organisationsmitglied darstellen. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13 und 14/13 |
StGB §§ 129, 129b Zur Einordnung einer kriminellen Vereinigung als in- oder ausländische bzw. als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11 - LG München I |
StGB § 129, § 129a, § 129b 1. Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. 2. Hieraus folgt, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2011, 174 |
StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1, § 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2 Haben sich Mitglieder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Inland zu einer organisatorischen Struktur zusammengeschlossen, deren Zwecke oder Tätigkeit der Zielsetzung der ausländischen Vereinigung entsprechen, so können sie sich nur dann tateinheitlich auch wegen Mitgliedschaft in einer inländischen kriminellen Vereinigung strafbar machen, wenn ihre inländische Organisation einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung unabhängigen Gesamtwillen bildet. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs |
StGB § 129 Abs. 1 1. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität führt nicht zu einer Änderung der bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB. 2. Verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung durch koordiniertes Handeln nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, so belegt dies regelmäßig den für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendigen übergeordneten Gemeinschaftswillen. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09 - LG Dresden BGHSt 54, 202 - NJW 2010, 1979 |
StGB §§ 129, 129 a, 129 b 1. Zur Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, wenn sich der Täter ausschließlich im Inland aufgehalten hat. 2. Das Unterstützen einer Vereinigung umfasst regelmäßig auch Sachverhalte, die ansonsten materiellrechtlich als Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung zu bewerten wären. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08 - OLG Düsseldorf BGHSt 54, 69 - NJW 2009, 3448 |
StGB §§ 129, 129 a 1. Für die Anwendung von § 129 a Abs. 2 StGB genügt es, wenn eine der in Nr. 1 bis 5 genannten Taten die erforderliche Bestimmung und Eignung erst im Zusammenhang mit weiteren von der Vereinigung geplanten Taten aufweist. 2. Das Merkmal der Einschüchterung der Bevölkerung in § 129 a Abs. 2 StGB ist auch dann erfüllt, wenn die Tat gegen nennenswerte Teile der Gesamtbevölkerung gerichtet ist. 3. Ein Bundesland ist kein Staat im Sinne des § 129 a Abs. 2 StGB. 4. Gründer im Sinne der §§ 129, 129 a StGB ist nicht nur eine beim Gründungsakt führende Person, sondern jeder, der die Gründung wesentlich fördert (Klarstellung zu BGH NJW 1954, 1254; BGHSt 27, 325, 326). BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 3 StR 263/05 - Brandenburgisches Oberlandesgericht NStZ-RR 2006, 267 |
StGB § 129 Abs. 1 Zur Strafbarkeit einer Musikgruppe nach § 129 Abs. 1 StGB, die auf die Veröffentlichung von Liedern mit Texten strafbaren Inhalts ausgerichtet ist. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 233/04 - Kammergericht Berlin NStZ 2005, 377 |
StGB § 129 1. Die Zwecke einer Vereinigung sind dann auf die Begehung von Straftaten gerichtet, wenn dies ihr verbindlich festgelegtes Ziel ist ( Abgrenzung zu BGHSt 27, 325 ff.). Es reicht nicht aus, daß sich eine Vereinigung, die ihre Ziele mit friedlich-politischen Mitteln verfolgt, die Begehung von Straftaten unter bestimmten Bedingungen vorbehält, von denen nicht absehbar ist, ob und wann sie eintreten. 2. Die Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB setzt nicht voraus, daß es aus dieser her aus bereits zu konkreten Tatplanungen oder zu vorbereitenden Aktivitäten für Straftaten gekommen ist. 3. Ob die Zwecke oder die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung untergeordnet im Sinne des § 129 Abs. 2 Nr. 2 StGB sind, ist bei einer nur aus einem Teil der Mitglieder einer Gesamtorganisation (etwa nur aus den Mitgliedern ihrer Führungsebene) gebildeten Vereinigung im Hinblick auf die Zwecke und Tätigkeit der Teilorganisation und nicht auf die der Gesamtorganisation zu beurteilen. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04 - Oberlandesgericht Celle wistra 2005, 57 |
StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1; StPO § 203 1. Kommt es im Eröffnungsverfahren bei der Prüfung des Verfahrenshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit auf die Klärung von Tatsachen an, die die angeklagte Straftat betreffen, so erfolgt diese nicht im Freibeweisverfahren, sondern ist dem Strengbeweisverfahren der Hauptverhandlung vorbehalten. Für die Eröffnung des Hauptverfahrens genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ein solches Verfahrenshindernis nicht ergeben werde. 2. Die vom Senat für die Unterbrechung von geheimdienstlicher Agententätigkeit entwickelten Grundsätze gelten auch für die mitgliedschaftliche Betätigung in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung. BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4 und 5/01 - KG BGHSt 46, 349 - NStZ 2002, 328 |
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