www.wiete-strafrecht.de
Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 141 StPO
Bestellung eines Pflichtverteidigers

(1) In den Fällen des § 140 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 9 und Abs. 2 wird dem Angeschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, ein Verteidiger bestellt, sobald er gemäß § 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert worden ist.
 
(2) Ergibt sich erst später, daß ein Verteidiger notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
 
(3) Der Verteidiger kann auch schon während des Vorverfahrens bestellt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragt dies, wenn nach ihrer Auffassung in dem gerichtlichen Verfahren die Mitwirkung eines Verteidigers nach § 140 Abs. 1 oder 2 notwendig sein wird. Nach dem Abschluß der Ermittlungen (§ 169a) ist er auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu bestellen. Das Gericht, bei dem eine richterliche Vernehmung durchzuführen ist, bestellt dem Beschuldigten einen Verteidiger, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt oder wenn die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint. Im Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 wird der Verteidiger unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung bestellt.
 
(4) Über die Bestellung entscheidet der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist. Vor Erhebung der Anklage entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht; im Fall des § 140 Absatz 1 Nummer 4 entscheidet das nach § 126 oder § 275a Absatz 6 zuständige Gericht.
Strafprozessordnung, Stand 05.09.2017

Leitsätze zu § 141 StPO

 
StPO § 141 Abs. 3 Satz 1 bis 3


Dem Beschuldigten steht kein Antragsrecht auf Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 bis 3 StPO zu. Eine solche setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft zwingend voraus.
 
BGH, Beschluss vom 9. September 2015 - 3 BGs 134/15 -  (Ermittlungsrichter)
 
 
StPO § 115, § 140 Abs. 1 Nr. 4, § 141 Abs. 3 Satz 2

 
Regelmäßig keine notwendige Verteidigung im Ermittlungsverfahren schon vor einer verantwortlichen Vernehmung des Beschuldigten nach dessen Ergreifung aufgrund eines Haftbefehls wegen Mordverdachts.
 
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2014 - 5 StR 176/14 - LG Berlin
 

StPO §§ 136 Abs. 1 Satz 2; 141 Abs. 3 Satz 2

1. Die Pflicht zur Belehrung über das Recht auf Verteidigerkonsultation gebietet nicht, den Beschuldigten, der keinen Wunsch auf Zuziehung eines Verteidigers äußert, auf einen vorhandenen anwaltlichen Notdienst hinzuweisen (im Anschluß an BGHSt 42, 15).

2. Eingeschränkte Notwendigkeit einer Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren (Abgrenzung zu BGHSt 46, 93 und BGH, Urteil vom 22. November 2001 - 1 StR 220/01, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).

BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 5 StR 588/01 - LG Berlin

BGHSt 47, 233, 234 - NJW 2002, 1279


StPO § 141 Abs. 3, MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. d

1. Ist abzusehen, daß die Mitwirkung eines Verteidigers im gerichtlichen Verfahren notwendig sein wird, so ist § 141 Abs. 3 StPO im Lichte des von Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK garantierten Fragerechts dahin auszulegen, daß dem unverteidigten Beschuldigten vor der zum Zwecke der Beweissicherung durchgeführten ermittlungsrichterlichen Vernehmung des zentralen Belastungszeugen ein Verteidiger zu bestellen ist, wenn der Beschuldigte von der Anwesenheit bei dieser Vernehmung ausgeschlossen ist.

2. Der Verteidiger muß regelmäßig Gelegenheit haben, sich vor der Vernehmung mit dem Beschuldigten zu besprechen.

3. Das Unterlassen der Bestellung des Verteidigers mindert den Beweiswert des Vernehmungsergebnisses. Auf die Angaben des Vernehmungsrichters kann eine Feststellung regelmäßig nur dann gestützt werden, wenn diese Bekundungen durch andere wichtige Gesichtspunkte außerhalb der Aussage bestätigt werden.

BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 169/00 - LG Ravensburg

BGHSt 46, 93 - StV 2000, 593

                                  




© 2000-2017 Peter Wiete • E-Mail: info@wiete-strafrecht.de