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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 393 AO
Verhältnis des Strafverfahrens zum Besteuerungsverfahren

(1) Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren richten sich nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch Zwangsmittel (§ 328) gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist. 4Der Steuerpflichtige ist hierüber zu belehren, soweit dazu Anlass besteht.

(2) Soweit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. Dies gilt nicht für Straftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) besteht.

(3) Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden. Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.
  
Abgabenordnung, Stand 01.01.2017

Leitsätze zu § 393 AO


AO § 393; StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266

1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.

2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögens- nachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.

3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht der vereinbarte Werklohn.

4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des § 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.

BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05 - LG Köln

wistra 2006, 148



AO § 371, § 393 Abs. 1

1. Strafbefreiende Selbstanzeige: Wirksamkeitsvoraussetzung (im Anschluß an BGHSt 3, 373) und Aufhebung der Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO

2. Verstoß gegen Belehrungspflicht nach § 393 Abs. 1 AO und Verwertungsverbot

BGH, Beschluss vom 16. Juni 2005 - 5 StR 118/05 - LG Lübeck

wistra 2005, 381

AO § 393 Abs. 1

Bei Anhängigkeit eines Steuerstrafverfahrens rechtfertigt das Zwangsmittelverbot (nemo tenetur se ipsum accusare) nicht, die Abgabe von Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume zu unterlassen.
Allerdings besteht für die zutreffenden Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie zu einer mittelbaren Selbstbelastung für die zurückliegenden strafbefangenen Besteuerungszeiträume führen, ein strafrechtliches Verwendungsverbot.

BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR 191/04
- LG Kaiserslautern

wistra 2005, 148


AO § 393 Abs. 2 Satz 1

Zu den Grenzen des Verwendungsverbots nach § 393 Abs. 2 Satz 1 AO.

BGH, Urteil vom 5. Mai .2004 - 5 StR 548/03 - LG Nürnberg-Fürth

BGHSt 49, 136 - wistra 2004, 309


AO 1970 §§ 393 Abs. 1; 370 Abs. 1 Nr. 2,

Die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe von Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für einen bestimmten Veranlagungszeitraum wird suspendiert, wenn dem Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wird (im Anschluß an BGHSt 47, 8).

BGH, Beschluss vom 23. Januar 2002 - 5 StR 540/01 - LG Paderborn

NJW 2002, 1733


AO § 370; § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3

Ist gegen einen Steuerpflichtigen wegen der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen ein Steuerstrafverfahren anhängig, rechtfertigt das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot ("nemo tenetur se ipsum accusare") für nachfolgende Besteuerungszeiträume weder die Nichtabgabe zutreffender noch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen (im Anschluß an BGHSt 37, 8).

BGH, Beschluss vom 10. Januar 2002 - 5 StR 452/01 - LG Hamburg

wistra 2005, 148


AO 1977 §§ 370 Abs. 1, 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3; StGB § 266

1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung begründen, wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.

2. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.

BGH, Beschuss. vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00 - LG Bochum

BGHSt 47, 8 - wistra 2001, 341





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