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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



§ 11 StGB
Personen- und Sachbegriffe
 
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
1. Angehöriger:
wer zu den folgenden Personen gehört:
a) Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, auch im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b) Pflegeeltern und Pflegekinder;
2. Amtsträger:
wer nach deutschem Recht
a) Beamter oder Richter ist,
b) in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c) sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a. Europäischer Amtsträger:
wer
a) Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b) Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c) mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3. Richter:
wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:
wer, ohne Amtsträger zu sein,
a) bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b) bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner
Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5. rechtswidrige Tat:
nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6. Unternehmen einer Tat:
deren Versuch und deren Vollendung;
7. Behörde:
auch ein Gericht;
8. Maßnahme:
jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9. Entgelt:
jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen Absatz verweisen.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


 
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
 
Ein in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis stehender Schulsekretär, der nach der internen Aufgabenverteilung allein für das Bestell- und Zahlwesen einer Schule zuständig ist, ist auch dann Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn er nicht nach außen als Entscheidungsträger auftritt, sondern nur faktisch die Entscheidung darüber trifft, welche Bestellungen realisiert, welche Zulieferer beauftragt und dass Zahlungen angewiesen werden.
 
BGH, Urteil vom 13. Januar 2016 - 2 StR 148/15 - LG Frankfurt am Main
 
 
StGB §§ 11, 332 f. EUBestG Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. a. 

 
Eine Bestrafung wegen Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union setzt eine zweistufige Prüfung der Amtsträgerschaft voraus. Zunächst ist seine Stellung nach dem Recht des anderen Mitgliedstaats zu beurteilen und bejahendenfalls (kumulativ) nach deutschem Recht.
 
BGH, Beschluss vom 10. Juni 2015 - 1 StR 399/14 - LG München I
 
 
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 299
 
Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB.
 
BGH, Beschluss vom 29. März 2012 - GSSt 2/11 - LG Hamburg
 
 
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; §§ 331 - 334

Die DB Netz AG ist eine "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB (Fortführung von BGHSt 49, 214 und BGHSt 52, 290).

BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 - LG Duisburg

StV 2011, 355
 
 
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c

Redakteure öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten sind Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.

BGH, Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09 - Landgericht Frankfurt am Main

NJW 2010, 784


StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2

Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08 - LG Hamburg

BGHSt 54, 39 - StV 2009, 581


StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; §§ 331 - 334

Zur Amtsträgereigenschaft eines selbständigen Ingenieurs, der aufgrund eines Dienstvertrages langfristig bei einer 100-prozentigen Tochter der Deutsche Bahn AG im Konzernbereich Fahrweg (jetzt: DB Netz AG) beim Um- oder Ausbau des Streckennetzes tätig ist (Fortführung von BGHSt 49, 214).

BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - LG Hildesheim

BGHSt 52, 290 - wistra 2009, 20


StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c

Ein Mitarbeiter einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft ist kein Amtsträger, wenn die Wohnungsbaugesellschaft nur einer von vielen Anbietern von Wohnraum ist, der mit städtischen Belegungsrechten belastet ist (im Anschluss an BGHSt 38, 199).

BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 506/06 - LG Hildesheim

wistra 2007, 302


StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266; AO § 393;

1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.

2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögens- nachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.

3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht der vereinbarte Werklohn.

4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des § 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.

BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05 - LG Köln

wistra 2006, 96



StGB §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a), 299 Abs. 2

a) Ein im Zuge der Bahnreform nach § 12 Abs. 1 DBGrG aus dienstlichen Gründen beurlaubter Bundesbahnbeamter, der mit der Deutschen Bahn AG einen privatrechtlichen Anstellungsvertrag abgeschlossen hat und in dieser Funktion tätig wird, ist kein Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) StGB.

b) Eine im Rahmen eines betriebsinternen, dem eigentlichen Vergabeverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens mit unlauteren Mitteln erstrebte Förderung von neuen Produkten erfolgt aufgrund des engen Zusammenhangs mit der Auftragsvergabe schon zu Zwecken des Wettbewerbs im Sinne des § 299 Abs. 2 StGB.

BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03 - LG Frankfurt am Main

BGHSt 49, 214 - wistra 2005, 22

 
StGB §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c), 78 b Abs. 4

1. Der Geschäftsführer einer GmbH, die sich in städtischem Alleinbesitz befindet und deren wesentliche Geschäftstätigkeit die Versorgung der Einwohner mit Fernwärme ist, ist Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB, wenn die Stadt die Geschäftstätigkeit im öffentlichen Interesse steuert.

2. Liegen wegen einer Veränderung der Strafdrohung die Voraussetzungen der Ruhensvorschrift des § 78 b Abs. 4 StGB vor, so ist § 2 Abs. 3 StGB zu beachten.

BGH, Urteil vom 14. November 2003 - 2 StR 164/03 - LG Erfurt

NStZ 2004, 380
 

StGB §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, 332 Abs. 1, 3 a.F.; StPO §§ 222 b Abs. 1, 226, 338 Nr. 1; GVG § 192 Abs. 2, 3.

1. Wird ein Ergänzungsrichter oder -schöffe erst nach Beginn der Hauptverhandlung hinzugezogen, so ist das Gericht vorschriftswidrig besetzt. Die Revision kann aber hierauf nur gestützt werden, wenn der Einwand nach § 222 b Abs. 1 StPO rechtzeitig erhoben worden ist.

2. Die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mgH (TLG) ist eine "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.

BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - 4 StR 550/00 - LG Magdeburg

NJW 2001, 3062


StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2, § 301; GG Art. 103 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3; UWG § 12 Abs. 2 aF

1. Der Geschäftsführer einer GmbH, deren einziger Gesellschafter das Bayerische Rote Kreuz als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ist kein Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

2. Die Staatsanwaltschaft kann das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen noch bejahen, wenn nach Ablauf der Strafantragsfrist das absolute in ein relatives Antragsdelikt umgewandelt wird (§ 12 Abs. 2, § 22 Abs. 1 UWG aF; § 299 Abs. 1, § 301 Abs. 1 StGB).

BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00 - LG München I

BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102







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