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§
194 StGB
Strafantrag
(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass beleidigende Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über. (2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. (3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. (4) Richtet sich die Tat gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so wird sie nur mit Ermächtigung der betroffenen Körperschaft verfolgt. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass beleidigende Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über. ... |
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Beispiel:
Die
Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung hält
revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Es fehlt an dem
gemäß § 194
Abs. 1 StGB für die Strafverfolgung
erforderlichen Strafantrag. Weder der Strafanzeige noch der Vernehmung
der Geschädigten vom 24. September 2014 ist ein eindeutiges
Strafverlangen auch in Bezug auf die Beleidigung zu entnehmen (vgl.
Fischer, StGB, 63. Aufl., § 77 Rn. 24). Da der Strafantrag nicht
mehr nachgeholt werden kann, weil die (nach Kenntniserlangung von der
Tat) dreimonatige Antragsfrist des § 77b
StGB bereits seit Ende
Dezember 2014 abgelaufen ist, ist der Schuldspruch dahin zu ändern
(§ 354
Abs. 1 StPO), dass die Verurteilung wegen der
tateinheitlich begangenen Beleidigung entfällt (BGH, Beschl. v.
4.2.2016 - 2 StR 448/15). Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrages nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann jedoch, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.2016 - 2 StR 448/15; BGH, Urt. v. 22.2.2001 - 4 StR 421/00 - NJW 2001, 1874, 1876; BGH, Beschl. v. 19.11.1992 - 2 StR 538/92 - BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 9); dies insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt (BGH, Beschl. v. 29.6.1994 - 2 StR 253/94 - BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 12; BGH, Beschl. v. 11.11.1994 - 2 StR 539/94; BGH, Beschl. v. 4.2.2016 - 2 StR 448/15). |
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... (2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. ... |
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Richtete
sich die Verunglimpfung gegen deutsche Juden, die Opfer
nationalsozialistischer Verfolgung waren, diese jedoch überlebt
haben und erst nach dem Krieg verstorben sind, so ist der Strafantrag
eines Angehörigen erforderlich. Ist ein solcher Strafantrag nicht
gestellt, scheidet eine Bestrafung nach § 189
StGB schon aus
diesem Grund aus. Eine Strafverfolgung von Amts wegen setzt voraus,
daß der Verstorbene sein Leben als Opfer der
nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat
(§ 194
Abs. 2 Satz 2 StGB; BGH, Urt. v. 15.3.1994 - 1 StR 179/93 -
BGHSt 40, 97 - NJW 1994, 1421). siehe auch: Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, § 189 StGB |
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... (3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. ... |
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Ist ein Strafantrag des Dienstvorgesetzten gemäß § 194 Abs. 3 Satz 1 StGB nicht gestellt worden, könnte zu erwägen sein, ob im Einzelfall in der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch einen selbst durch die Tat geschädigten Staatsanwalt eine konkludente Antragstellung gesehen werden kann. Voraussetzung für eine solche - bedenkliche - Auslegung wäre aber jedenfalls, dass dem betreffenden Staatsanwalt nicht schon durch - landesrechtliche - gesetzliche Regelung, Verwaltungsvorschrift oder Weisung die Führung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer ihn selbst betreffenden Tat untersagt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.2003 - 2 StR 7/03). | |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In § 194
StGB wird verwiesen auf: § 11 StGB siehe auch: Personen- und Sachbegriffe, § 11 StGB § 77 StGB siehe auch: Antragsberechtigte, § 77 StGB Auf § 194 StGB wird verwiesen in: § 380 StPO siehe auch: Erfolgloser Sühneversuch als Zulässigkeitsvoraussetzung, § 380 StPO |
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Z.8.2 |
§ 194
StGB wurde mit Wirkung vom 27.1.2015
durch das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches -
Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21.
Januar 2015 geändert, BGBl. I S. 10. Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 194 StGB Strafantrag (1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über. (2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11 Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. (3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. (4) Richtet sich die Tat gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so wird sie nur mit Ermächtigung der betroffenen Körperschaft verfolgt." |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 14. Abschnitt (Beleidigung) |
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