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§
267 StPO
Urteilsgründe
(1) Wird
der Angeklagte verurteilt, so müssen die
Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen
angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden
werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen
auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei
den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen
werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden. (3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben. (4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. (5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden. (6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist. |
Strafprozessordnung,
Stand 05.09.2017
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StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Nach dem gegenwärtig erreichten wissenschaftlichen Stand der forensischen Molekulargenetik sind zur Nachvollziehbarkeit der Wahrscheinlichkeitsberechnung bei DNA-Vergleichsuntersuchungen, die keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen, im tatrichterlichen Urteil keine Ausführungen zur unabhängigen Vererblichkeit der untersuchten Merkmalsysteme erforderlich (in Fortführung zu BGHSt 58, 212). BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 4 StR 439/13 - LG Neuruppin |
StGB § 263 Abs. 1; StPO § 267 Abs. 1, § 261 Zu den Anforderungen an die Feststellung und Darlegung des Irrtums beim Betrug im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Missbrauch des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens). BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - 4 StR 430/13 - LG Bielefeld |
StPO § 261, § 267 Abs. 1 Satz 2 1. Ob sich das Tatgericht allein aufgrund der Übereinstimmung von DNA-Identifizierungsmustern von der Täterschaft eines Angeklagten zu überzeugen vermag, ist vorrangig - wie die Beweiswürdigung ansonsten auch - ihm selbst überlassen. Im Einzelfall kann es revisionsrechtlich sowohl hinzunehmen sein, dass sich das Tatgericht eine entsprechende Überzeugung bildet, als auch, dass es sich dazu aufgrund vernünftiger Zweifel nicht in der Lage sieht. 2. Zum notwendigen Darlegungsumfang von DNA-Vergleichsuntersuchungen im Urteil. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 - LG Duisburg |
StPO §§ 257c; 261, 267 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensrechtliche Beanstandung mangelnder Berücksichtigung einem Mitangeklagten im Rahmen von Verständigungsgesprächen erteilter Rechtsfolgenprognosen bei der Würdigung von dessen belastenden Angaben (im Anschluss an BGHSt 48, 161; 52, 78). BGH, Beschluss vom 6. März 2013 – 5 StR 423/12 - LG Berlin |
StPO § 267 Abs. 1 Satz 3 In der Verweisung auf ein elektronisches Speichermedium liegt keine wirksame Bezugnahme im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO. BGH, Urteil vom 2. November 2011 - 2 StR 332/11 - LG Marburg |
StPO § 267 Abs. 3 Satz 3; AO § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Soweit dazu Anlass besteht, müssen die Urteilsgründe ergeben, ob Steuern in großem Ausmaß i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nach BGHSt 53, 71 (Betragsgrenzen 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro) verkürzt sind. Sie müssen auch ergeben, weshalb trotz des Vorliegens dieses Regelbeispiels ein besonders schwerer Fall des § 370 Abs. 3 AO nicht angenommen wird (Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71). BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 - LG Bochum |
AO § 370 Abs. 1 EStG § 41a StPO § 267 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede, nach der für das gesamte dem Arbeitnehmer gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden sollen, bedarf es im Falle der Verurteilung des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer weder Feststellungen zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer, noch ist die Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommensteuer im Urteil zu quantifizieren. Die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommensteuer ist bei der Verurteilung des Arbeitgebers weder für den Schuldspruch, noch für den Strafausspruch relevant. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10 - LG Münster |
StGB § 266a Abs. 1 StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei der Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt i.S.v. § 266a Abs. 1 StGB in Fällen der Nicht-Zahlung ordnungsgemäß angemeldeter Sozialversicherungsbeiträge. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 1 StR 424/10 - LG Mannheim StV 2011, 348 |
StPO § 267 Abs. 1 Zu den Anforderungen an die Feststellung und die Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen in steuerstrafrechtlichen Urteilen. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - LG Gießen NJW 2009, 2546 |
StPO § 267 Abs. 4 Satz 3; § 275 Abs. 1 Satz 2 Nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beginnt die Frist zur Ergänzung der abgekürzten Urteilsgründe mit dem Eingang der Akten bei dem für die Ergänzung zuständigen Gericht. BGH, Beschluss vom 10. September 2008 - 2 StR 134/08 - OLG Frankfurt am Main BGHSt 52, 349 - wistra 2009, 74 |
StPO § 267 Abs. 5 Satz 1 Feststellungen zur Persönlichkeit und zum Werdegang des Angeklagten sind auch bei einem freisprechenden Urteil erforderlich, wenn sie für die Beurteilung des Tatvorwurfs von Bedeutung sein können. BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08 - LG Koblenz BGHSt 52, 314 - wistra 2008, 398 |
StPO § 267 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1; StGB § 66 b Abs. 1, 2; Zum notwendigen Umfang der Prüfung, ob Tatsachen für den Richter des Ausgangsverfahrens erkennbar waren, und zu den Anforderungen an die Darstellung im Urteil. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - 3 StR 396/06 - LG Duisburg BGHSt 51, 185 - NJW 2007, 1148 |
StPO §§ 100a, 238, 267 1. Die Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus einer Telekommunikations-Überwachungsmaßnahme zu Beweiszwecken muss der Tatrichter in der Hauptverhandlung ausdrücklich nur dann prüfen, wenn der Angeklagte der Verwertung rechtzeitig widerspricht. 2. Im Fall einer Kette von aufeinander beruhenden Telekommunikations-Überwachungsmaßnahmen ist der Prüfungsumfang für die Frage der Verwertbarkeit auf die Überwachungsmaßnahme beschränkt, der die Erkenntnisse unmittelbar entstammen. BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 316/05 - Landgericht Nürnberg-Fürth wistra 2006, 267 |
StPO § 267 Abs. 3, § 344 Abs. 2; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Ein Revisionsführer, der das Vorliegen einer Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzenden Verfahrensverzögerung geltend machen will, muß grundsätzlich eine Verfahrensrüge erheben. Ergeben sich indes bereits aus den Urteilsgründen die Voraussetzungen einer solchen Verzögerung, hat das Revisionsgericht auf Sachrüge einzugreifen. Das gilt auch, wenn sich bei der auf Sachrüge veranlaßten Prüfung, namentlich anhand der Urteilsgründe, ausreichende Anhaltspunkte ergeben, die das Tatgericht zur Prüfung einer solchen Verfahrensverzögerung drängen mußten, so daß ein sachlich-rechtlich zu beanstandender Erörterungsmangel vorliegt. BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 376/03 - LG Frankfurt (Oder) BGHSt 49, 342 - NJW 2005, 518 |
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