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§
288 StGB
Vereiteln der Zwangsvollstreckung
(1) Wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens veräußert oder beiseite schafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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Dass
der einzige
Gläubiger eines Schuldners seine Forderung auch im Wege der
Einzelzwangsvollstreckung befriedigen kann und insoweit durch §
288
StGB geschützt ist, macht die Vorschrift des § 283
StGB
nicht unanwendbar. Zwar überschneiden sich die Anwendungsbereiche
der §§ 283, 288
StGB; jedoch haben sie einen
unterschiedlichen Regelungsgehalt. So setzt § 283
Abs. 2 StGB u.a.
voraus, daß die Bankrotthandlung zur Zahlungsunfähigkeit
führt. Der Tatbestand des § 288
StGB, der lediglich das Recht
des einzelnen Gläubigers auf Befriedigung schützt und die
Einzelvollstreckung in bestimmte Sachen und Rechte betrifft (vgl. BGHSt
16, 330, 334), ist dagegen auch dann erfüllt, wenn der Schuldner
auch nach der Vereitelungshandlung noch zahlungsfähig ist (vgl.
BGH,
Urt. v. 22.2.2001 - 4 StR 421/00 - NJW 2001, 1874). siehe auch: Bankrott, § 283 StGB --> Abs. 2 |
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Die Anwendung des § 288 StGB auf das Vereiteln der strafprozessualen Rückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 StPO begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Darüber hinaus halten sich die Strafgerichte in den Grenzen verfassungsrechtlich zulässiger Auslegung, wenn sie im konkreten Fall ein "Drohen" der Zwangsvollstreckung bereits vor Erlass des sichernden Arrestes annehmen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn für einen objektiven Betrachter Beitreibungsmaßnahmen (etwa der geschädigten Firma) absehbar waren (BVerfG, Beschl. v. 12.11.2002 - 2 BvR 1513/02). | |
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15 |
§ 288 StGB stellt ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH, Urt. v. 27.11.1990 - VI ZR 39/90 - ZIP 1991, 230, 231 m.w.N.; BGH, Urt. v. 7.5.1991 - VI ZR 259/90 - NJW 1991, 2420). | |
Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 288 StGB: 1
Monat bis 2 Jahre
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360
Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 1 Jahr 1 Monat 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 10 Monate 3 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 2 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Vereiteln der Zwangsvollstreckung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). | |
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Z.1.2 |
Nach
§ 288
Abs. 2 StGB wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. siehe auch: Antragsberechtigte, § 77 StGB; Antragsfrist, § 77b StGB |
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Z.5 |
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Z.5.1 |
Wird wegen Verdachts einer Straftat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, ein Haftbefehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist, so ist nach § 130 StPO der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort von dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu setzen und davon zu unterrichten, daß der Haftbefehl aufgehoben werden wird, wenn der Antrag nicht innerhalb einer vom Richter zu bestimmenden Frist, die eine Woche nicht überschreiten soll, gestellt wird. Wird innerhalb der Frist Strafantrag nicht gestellt, so ist der Haftbefehl aufzuheben. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist. § 120 Abs. 3 StPO ist anzuwenden (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10). | |
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Z.6 |
Aus der Vereitelung der
Zwangsvollstreckung nach § 288
Abs. 1 StGB kann der Angeklagte ein
dem Verfall im Sinne von § 73
Abs. 1 StGB unterliegendes
„etwas“ erlangt haben und eine entsprechende Anordnung nur
deshalb nicht in Betracht kommen, weil den Verletzten aus der Tat
jeweils ein Anspruch erwachsen ist (§ 73
Abs. 1 Satz 2 StGB).
Wirtschaftlich erlangt ist ein Gegenstand oder Wert im Sinne des
§ 73
Abs. 1 StGB, sobald er unmittelbar aus der Tat in die
Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist (BGH,
Urt.
v. 16.5.2006 – 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 68; BGH,
Urt.
v. 2.12.2005 – 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299, 309;
Nack, GA
2003, 879, 880; siehe hierzu auch: § 73
StGB Rdn. 15.2.4). Schafft der Täter der Zwangsvollstreckung unterliegendes Bargeld unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 StGB beiseite, indem er es an einem dem drohenden Gläubigerzugriff nicht zugänglichen Ort versteckt, so erlangt er dadurch über dieses Geld die weitere und nicht mehr durch die Gefahr einer Pfändung belastete unbeschränkte tatsächliche Verfügungsmacht. Darin liegt ein unmittelbar aus der Tat erwachsener Vermögensvorteil. Soweit verstecktes Vermögen für Lottoeinsätze und Taxifahrten verbraucht wurde, hat sich der Angeklagte diese Tatvorteile gesichert (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.2011 - 4 StR 172/11). |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 25. Abschnitt (Strafbarer Eigennutz) |
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