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§
73 StGB
Einziehung von Taterträgen bei
Tätern und Teilnehmern
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an. (3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat 1. durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder 2. auf Grund eines erlangten Rechts. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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Der
Verfall ist, auch bei Anwendung des
Bruttoprinzips, keine
Strafe oder strafähnliche
Maßnahme,
sondern eine Maßnahme eigener Art ohne innere Wechselwirkung
(vgl. BGH,
Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - BGHSt 47, 260 - NJW 2002,
2257; BGH,
Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002,
601; BGH NStZ 1995, 491; NJW 1998, 1723, 1728; BGH,
Beschl. v.
22.11.2000 - 1 StR 479/00 - NStZ 2001, 312 m.w.N.; vgl. auch
BGH, Urt.
v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; BGH, Urt. v. 18.7.2013 - 4 StR
100/13; ebenso Schmidt in LK
11. Aufl. § 73 Rdn. 7 ff.; a.A. Tröndle/Fischer, StGB
50.
Aufl. § 73 Rdn. 3; Eser in Schönke/Schröder,
StGB 26.
Aufl. vor § 73 Rdn. 19; Lackner in Lackner/Kühl, StGB
24.
Aufl. § 73 Rdn. 4b). Die Maßnahme des Verfalls (§ 73 StGB) dient nur dazu, dem Täter den durch die Tat erlangten Vermögensvorteil, also den ihm verbleibenden Gewinn, zu entziehen und damit zur Abschöpfung des unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachses (BGH, Urt. v. 4.11.1982 - 4 StR 451/82, NStZ 1983, 124; BGH, Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - BGHSt 47, 260 - NJW 2002, 2257). Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschl. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39 - NJW 2011, 624; BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 2 StR 5/13). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 2 StR 5/13; im Einzelnen BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 83 f.). Der Verfall dient der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung (vgl. BGH, Beschl. v. 17.6.2010 - 5 StR 114/10; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 7). Der strafrechtliche Verfallsanspruch stellt sich als eine öffentlich-rechtliche Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils dar, der als Entgelt für die Tat oder als Gewinn aus ihr in das Vermögen des Täters unmittelbar gelangt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.6.2010 - 5 StR 114/10; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 8). Die Abschöpfung des über den Nettogewinn hinaus Erlangten verfolgt primär einen Präventionszweck. Das in ein verbotenes Geschäft Investierte soll unwiederbringlich verloren sein. Die dadurch angestrebte Folge, daß auch die Aufwendungen nutzlos waren, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten beitragen. Dies gilt auch für die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB, insbesondere dann, wenn dieser Nutznießer der rechtswidrigen Tat ist (BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Der Grundgedanke des § 73 Abs. 1 StGB liegt darin, einerseits bei dem Straftäter die aus der Tat erlangten Vorteile abzuschöpfen, andererseits aber diese Abschöpfung nicht zu Lasten des durch die Tat geschädigten Dritten vorzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - wistra 2001, 96). Der Verfall stellt sich als Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils dar, der als Entgelt für die Tat oder als Erlös aus ihr in das Vermögen eines an der Straftat Beteiligten oder durch dessen Handeln unmittelbar in das Vermögen eines tatunbeteiligten Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB) gelangt ist. Dadurch soll dem Tatbeteiligten, aber auch der Allgemeinheit, vor Augen geführt werden, dass sich Verletzungen der Strafrechtsordnung über die eigentliche Ahndung der Tat durch eine entsprechende Sanktion hinaus auch finanziell nicht auszahlen. Auf diese Weise bezweckt der Verfall auf vermögensrechtlichem Gebiet auch die Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung. Dieser Normzweck gilt ebenfalls für die Anordnung des Verfalls gegen einen Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - NJW 2011, 624, 626; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369, 373 f.; BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 8). Die Anordnung des Verfalls ist entbehrlich, wenn der Angeklagte auf die Herausgabe der sichergestellten Vermögenswerte verzichtet hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2014 - 2 StR 417/14; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 73 Rn. 41). |
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Wird
der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so
geht das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der
Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem
von
der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem
Gegenstand bleiben bestehen, § 73e Abs. 1 StGB. Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches; das Verbot umfaßt auch andere Verfügungen als Veräußerungen, § 73e Abs. 2 StGB. Eine Verfallsanordnung stellt keinen Nachteil dar, der bei der Strafzumessung zugunsten des Täters zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 22.11.2000 - 1 StR 479/00; BGH, Urt. v. 25.4.2001 - 2 StR 374/00 - BGHSt 46, 380 - NJW 2001, 2812). siehe auch: Strafzumessung, § 46 StGB, Grundsätze der Strafzumessung --> Rdn. 130.1 - Verfall und erweiterter Verfall |
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6 |
"Der
Verfall ist eine
Maßnahme, die sich nach Gegenstand und Voraussetzungen von der
Einziehung unterscheidet" (BT-Drucks. IV/650 S. 241). Die
Maßnahmen stehen daher jedenfalls grundsätzlich nicht in
einem die Einziehung bevorzugenden Rangverhältnis zueinander (vgl.
auch BGH,
Beschl. v. 25.3.2010 – 5 StR 518/09 - wistra 2010,
264). Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen dem
lediglich einen Zahlungsanspruch begründenden Wertersatzverfall
(§ 73a
StGB; vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73a Rn. 8) und
der Einziehung eines bestimmten (sichergestellten) Geldbetrages, der
mit Eintritt der Rechtskraft auf den Staat übergeht (§ 74e
Abs. 1 StGB). Kommt die Anwendung der §§ 73 ff. StGB in Betracht, wird der Tatrichter wegen des bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend anzuordnenden Verfalls vielmehr regelmäßig zunächst prüfen, ob dieser - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von § 73c StGB - anzuordnen ist (vgl. Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 48). Liegen für einen anderen als den vom Verfall nach § 73 StGB betroffenen Gegenstand die Voraussetzungen der §§ 74 ff. StGB vor, kann er (ferner) für diesen eine Einziehungsanordnung treffen (BGH, Beschl. v. 12.7.2011 - 4 StR 278/11). |
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Bei
§ 73 StGB muss die Tat, für die oder
aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand
der Verurteilung sein (vgl.
BGH,
Beschl. v.
20.4.2010 - 4 StR 119/10 - NStZ-RR 2010, 255; BGH, Beschl. v.
23.5.2012
- 4 StR 76/12), das
heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen,
dass der
Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en)
etwas im
Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. Soweit ein Zugriff auf das unmittelbar Erlangte nicht (mehr) möglich ist und von einem Verfall eines Ersatzgegenstandes gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen wird, ist nach § 73a Satz 1 StGB der Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall) (BGH, Beschl. v. 23.5.2012 - 4 StR 76/12). § 73d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 22.11.1994 - 4 StR 516/94 - BGHSt 40, 371 - NJW 1995, 470) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 20.4.2010 - 4 StR 119/10 - NStZ-RR 2010, 255 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 3.2.2011 - 4 StR 586/10; W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 d Rn. 11; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 d Rn. 9 jeweils m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; NStZ 2003, 422, 423; NStZ-RR 2006, 138, 139; BGH, Urt. v. 11.12.2008 - 4 StR 386/08). Findet der erweiterte Verfall Anwendung, weil der Angeklagte wegen einer Tat verurteilt wird, für die das Gesetz (etwa: § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) auf die Vorschrift des § 73d StGB verweist, erstreckt sich der Verfall auf Vermögensgegenstände des Angeklagten, die unmittelbar für oder aus rechtswidrigen Taten erlangt worden sind, ohne dass diese Taten im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.11.1994 - 4 StR 516/94 - BGHSt 40, 371, 373; BGH, Beschl. v. 23.5.2012 - 4 StR 76/12). siehe auch: § 73d StGB, Erweiterter Verfall - Rdn. 10.1 |
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9 |
Die Rechtsfrage, ob der Verfall der Einziehung vorgeht, wenn die Voraussetzungen beider Rechtsinstitute vorliegen, ist bislang offengelassen worden (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2006 - 2 StR 34/06 - wistra 2006, 378). | |
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11 |
Zahlungserleichterungen
beim Wertersatzverfall nach
§ 42
StGB können nicht nur auf entsprechenden Antrag,
sondern
auch von Amts wegen bewilligt werden (BGH,
Urt. v. 20.3.2001 - 1 StR
12/01; BGH,
Beschl. v. 10.2.2005 - 4 StR 513/04).
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Leitsatz:
Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen
Jugendliche oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet
wird, ist zulässig; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten
nicht mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist BGH,
Urt. v.
17.6.2010 - 4 StR 126/10 - Ls.). Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; Altenhain in Münch-Komm/StGB § 2 JGG Rdn. 7; Eser in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. vor § 73 Rdn. 11). Hieran knüpft § 8 Abs. 3 JGG an, wonach der Richter neben Jugendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit sind auch die im Siebenten Titel des 3. Abschnitts des Strafgesetzbuchs genannten Maßnahmen des Verfalls und der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) gemeint (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; Altenhain aaO § 8 Rdn. 3; vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.2000 - StB 4/00 zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB). Hiervon nimmt § 6 JGG lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; Altenhain aaO § 6 JGG Rdn. 6). Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden; § 6 JGG ist eine Ausnahmevorschrift (vgl. Dallinger/Lackner JGG 2. Aufl. § 6 Rdn. 10). Deshalb ist nicht nur die Anordnung des Verfalls, sondern auch diejenige des Verfalls des Wertersatzes zulässig (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; Altenhain aaO Rdn. 8; unklar Eisenberg aaO § 6 Rdn. 5). |
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15 |
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15.1 |
Für
eine Anordnung nach §§ 73, 73a
StGB genügt die Begehung
einer rechtswidrigen Tat (§
73 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. § 11
Abs. 1 Nr. 5 StGB; vgl. auch BGH,
Urt. v.
21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601;
BGH, Urt. v.
19.1.2012 - 3 StR 343/11). Nach
ausdrücklicher gesetzlicher Regelung setzt der Verfall anders
als
die Einziehung (§ 74
StGB) Schuld nicht voraus. Die Anordnung des Verfalls ist nicht nur bei Vorsatzdelikten, sondern auch bei fahrlässig begangenen Straftaten möglich. Im Gegensatz zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB enthält die Norm keine Beschränkung auf vorsätzlich begangene Delikte. Die Anordnung des Verfalls kommt somit auch bei der Verwirklichung eines Fahrlässigkeitstatbestands in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 15; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 4; zum Ordnungswidrigkeitenrecht vgl. BayObLG, Beschl. v. 27.4.2000 - 3 ObOWi 16/2000 - wistra 2000, 395, 396; OLG Celle, Beschl. v. 16.5.1997 - 2 Ss (OWi) 358/96 - NStZ 1997, 554, 556). Auch eine versuchte Tat wie etwa ein versuchter Betrug ist eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 73 StGB (vgl. W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 StGB Rdn. 16), aus der etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09 - wistra 2010, 477; BGH, Beschl. v. 5.9.2013 – 1 StR 162/13; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 34). Der für einen Verfall in Betracht kommende Vermögensvorteil muss von der Anklage umfasst und vom Tatgericht festgestellt sein (BGHSt 28, 369; BGHR StGB § 73, Anwendungsbereich 1, Vorteil 5; BGH, Urt. v. 27.3.2003 - 5 StR 434/02; BGH, Beschl. v. 28.7.2004 - 2 StR 209/04; BGH, Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02). Einer Feststellung derart, aus welcher einzelnen dieser Taten das Geld erlangt worden war, bedarf es nicht (vgl. BGHR StGB § 73 Vorteil 5; BGH, Urt. v. 27.3.2003 - 5 StR 434/02). Nicht ausreichend ist mangels ausreichender Feststellungen jedoch, wenn das angefochtene Urteil den Inhalt und die Abwicklung dieser Tat nicht schildert, von der lediglich vermutet werden kann, daß es sich um ein Betäubungsmittelgeschäft handelt (BGH, Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02; vgl. auch BGH, Beschl. v. 21.8.2008 - 4 StR 350/08). An den vorgenannten Voraussetzungen fehlt es, wenn bei den der Aburteilung zugrunde liegenden Betäubungsmittelgeschäften Geldeinnahmen, auch für den Angeklagten, nicht zu verzeichnen waren (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2004 - 2 StR 209/04). |
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15.1.1 |
Eine
Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach §§ 73, 73a
StGB für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten (z.B.
weil nach § 154
StPO von der Verfolgung ausgenommene) Straftaten
ist unzulässig (BGH,
Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02 - NStZ
2003, 422), dementsprechend verbietet sich auch der entsprechende
Ausspruch nach § 111i
Abs. 2 StPO (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.2011 -
1 StR 336/11). Stellt das Gericht das Verfahren wegen der betreffenden Tat im Laufe der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO ein, entfällt damit die Zulässigkeitsvoraussetzung einer Tat, die Gegenstand des Urteils sein kann (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02). Damit ist das Verfahren hinsichtlich dieser Tat (vorläufig) beendet und die Verhängung von Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren ohne Wiederaufnahme nach § 154 Abs. 3 StPO nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschl. v. 31.3.2004 - 1 StR 482/03 - wistra 2004, 299). Es verbleibt dann der Übergang in ein objektives Verfahren zur selbständigen Anordnung des Verfalls nach § 76a Abs. 1, 3 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02). Es kommt in diesen Fällen auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung wegen der nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tat auf § 73d StGB (erweiterter Verfall) zu stützen. Denn vor der Anwendung des § 73d StGB muß unter Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB erfüllt sind (BGH, Beschl. v. 2.10.2002 - 2 StR 294/02 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 7.1.2003 - 3 StR 421/02). |
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15.2 |
Beim
Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1, § 73a
Satz 1 StGB handelt
es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Erlangt ist danach schon
dann etwas, wenn der Gegenstand in irgendeiner Phase des Tatablaufs in
die Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist und ihm
so aus der Tat unmittelbar etwas wirtschaftlich messbar zugute kommt.
Eine spätere Weitergabe des Erlangten ändert am Eintritt der
Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz nach § 73 Abs. 1,
§ 73a
Satz 1 StGB nichts und kann allenfalls noch im Rahmen der
Prüfung der Härtevorschrift des § 73c
StGB von Bedeutung
sein (vgl. BGH,
Urt. v. 16.5.2006 – 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65,
68; BGH,
Urt. v. 4.2.2009 – 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179,
180 f.; BGH, Urt. v. 28.10.2010 – 4 StR 215/10 - BGHSt 56,
39, 50; BGH,
Beschl. v. 10.1.2008 – 5 StR 365/07 - NStZ
2008, 565, 566; BGH, Beschl. v. 17.9.2013 - 5 StR 258/13). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt dem Verfall, was der Täter für die Tat oder aus der Tat erlangt hat. Maßgeblich ist deshalb die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes des Vorteils, den der Täter für oder durch die Tat erzielt hat (BGH, Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - BGHSt 47, 260, 268; BGH, Urt. v. 19.11.1993 - 2 StR 468/93 - BGHR StGB § 73 Erlangtes 1; BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 2 StR 5/13; BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 84 mwN). Der Begriff des "etwas" umfasst die Gesamtheit der materiellen Vermögenszuflüsse (sog. Bruttoprinzip), die der Tatbeteiligte unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes erzielt (BGH, Beschl. v. 2.10.2012 - 3 StR 320/12; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 73 Rn. 7). Das erlangte Etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB umfasst insoweit die Gesamtheit des für oder aus der Tat materiell Erlangten. Nach dem gesetzlichen Bruttoprinzip (siehe hierzu unten Rdn. 20) sind wirtschaftliche Werte, die in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt wurden, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen; Gegenleistungen oder Kosten des Täters bei der Tatdurchführung sind nicht in Abzug zu bringen (BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 66 f.; BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 7.7.2006 - 2 BvR 527/06). Beispiel: Ausweislich der Urteilsfeststellungen unternahm der Revisionsführer pro Jahr drei Verkaufsfahrten, dabei führte er jeweils eine Menge von 166 Uhren mit, die er jeweils zu 100 € verkaufte. Soweit im Urteil ausgeführt wird, er habe pro Uhr 50 € „Gewinn“ gemacht, ist dies auf seinen Nettogewinn nach Auszahlung der Hälfte des erlangten Verkaufspreises an den Mitangeklagten M bezogen. Der Verfall und die mit ihm in Zusammenhang stehenden Anordnungen beziehen sich aber auf die Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind, mithin nicht auf den „Gewinn“ in Höhe von 50 € pro Uhr, sondern auf das Erlangte in Höhe von 100 € pro Uhr (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.2013 - 1 StR 22/13). Die Anordnung von Verfall nach § 73 Abs. 1, § 73a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der an einer rechtswidrigen Tat (als Täter oder Teilnehmer) Beteiligte für die Tat oder aus dieser etwas erlangt hat. Anstelle nicht mehr vorhandenen Geldes tritt gemäß § 73a StGB der Verfall des Wertersatzes. "Erlangt" im Sinne von §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (BGH NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v. 13.12.2006 - 4 StR 421/06 - NStZ-RR 2007, 121; BGH, Urt. v. 1.3.2007 - 4 StR 544/06; BGH, Beschl. v. 12.5.2009 - 4 StR 102/09 - StV 2010, 19 - NStZ-RR 2009, 320; BGH, Beschl. v. 17.3.2016 - 1 StR 628/15; BGH, Urt. v. 10.8.2016 - 2 StR 22/16 Rn. 34; siehe auch Fischer, StGB, 63. Aufl., § 73 Rn. 13). Der Begriff "etwas" umfasst die Gesamtheit des materiell Erlangten (sog. Bruttoprinzip) (BGH, Beschl. v. 6.5.2010 - 3 StR 62/10). Der Umstand, dass er dieses Geld jedenfalls überwiegend an einen anderen weiterleitete, rechtfertigt nicht die Bewertung, der Angeklagte habe dieses nicht erlangt (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.2015 - 3 StR 157/15). Wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt, ist - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in § 111i Abs. 2 StPO in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. siehe auch: § 111i StPO Rdn. 75 |
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15.2.1 |
Für
die Tat wird dasjenige erlangt, was der
Täter nicht nur gelegentlich einer Straftat, sondern als Gegenleistung für die Tatbegehung
erhält
("Tatentgelt", "Tatlohn"). Um
Vorteile "für die Tat" handelt es sich, wenn
Vermögenswerte
dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges
Handeln
gewährt werden, die nicht auf der Tatbestandsverwirklichung
selbst
beruhen, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung oder eine
Provision gezahlt wird
(vgl.
BGH,
Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02 - BGHR StGB § 73 Erlangtes
4 - wistra 2003, 57; BGH,
Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - BGHSt 50,
299, 309 f.; BGH,
Urt. v.
30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Beschl. v.
19.10.2010
- 4 StR 277/10; BGH, Beschl. v. 9.11.2010 - 4 StR 447/10 - wistra 2011,
100; BGH, Beschl. v. 30.3.2011 - 4 StR 25/11; BGH, Urt. v. 19.1.2012 -
3 StR 343/11; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; BGH, Beschl. v.
14.1.2016 - 1 StR 615/15). Für
den
Verfall
des
für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen
Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
regelmäßig nicht (vgl. BGH,
Urt. v.
30.5.2008 - 1 StR
166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 2 StR
31/12:
tatbelohnende Bareinzahlung auf Auslandskonto; BGH, Beschl. v.
23.5.2013 - 2 StR 555/13; Fischer StGB 55. Aufl.
§ 73 Rdn.
17; siehe hierzu unten Rdn. 25 ff.). Die Vorschrift des § 73 Abs.
1 Satz 2 StGB steht der Anordnung nicht entgegen, da sie
Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer für die
Tat erlangt, nicht betrifft (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2014 - 2 StR
437/13; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 73 Rn. 17 mwN). siehe zur Relevanz der Unterscheidung zwischen dem "für die Tat" und dem "aus der Tat" Erlangten auch § 111i StPO Rdn. 75 - "Erlangtes" im Sinne von § 111i Abs. 2 StPO |
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15.2.2 |
Aus der Tat erlangt sind wirtschaftliche Werte, die
dem Täter oder Teilnehmer aufgrund der Tatbegehung
(unmittelbar
aus der
Verwirklichung des Tatbestandes) in irgendeiner Phase des Tatablaufs
zufließen, insbesondere also eine Beute (vgl. BGHR StGB
§ 73
Erlangtes 4; BGH NJW 2001, 693 - NStZ 2001, 155 - StV 2001, 155; BGH,
Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02 - wistra 2003, 57; BGH,
Beschl. v.
29.8.2002 - 3 StR 287/02; BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 -
BGHSt 52, 227, 246 - wistra 2008, 387; BGH,
Urt. v. 26.11.2008 - 5 StR
425/08 - NStZ-RR
2009, 94: Verkaufserlös
der Rauschgiftgeschäfte; BGH,
Urt. v.
4.2.2009 - 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073; BGH,
Beschl.
v. 6.5.2010 - 3 StR 62/10; BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR
245/09; BGH,
Beschl. v. 19.10.2010 - 4 StR 277/10; BGH, Beschl. v. 9.11.2010 - 4 StR
447/10 - wistra 2011, 100; BGH, Beschl. v. 30.3.2011 - 4 StR 25/11;
BGH, Beschl. v. 24.5.2011 - 4 StR 198/11; BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3
StR 343/11; BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 2 StR 31/12; BGH, Beschl. v.
23.5.2013 - 2 StR 555/13 "Betrugserlös"; BGH, Beschl. v. 13.2.2014
- 1 StR 336/13; BGH, Beschl. v. 11.6.2015
- 1 StR 368/14; BGH, Beschl. v. 14.1.2016 - 1 StR 615/15; BGH, Beschl.
v. 17.3.2016 - 1 StR 628/15; BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15
Rn. 9; Eser
in Schönke/Schröder,
StGB 26.
Aufl. § 73 Rdn. 8, 9; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73
Rdn. 11). Der Täter oder Teilnehmer hat an dem
Vermögenswert also unmittelbar aus der Tat
(tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche)
Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen
Vermögenszuwachs
erzielt (vgl. BGH,
Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65,
68; BGH.
Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85;
BGH,
Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - JZ 2009, 1124 m. Anm.
Rönnau m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt
56,
39 - NJW 2011,
624; BGH, Beschl. v. 24.5.2011 - 4 StR 198/11). Ein lediglich
erzielbarer Vermögenszuwachs kann nicht
für verfallen erklärt werden (BGH,
Beschl. v.
18.10.2000 - 3
StR 393/00 - NStZ-RR 2001, 82; BGH,
Beschl. v. 11.10.2005 - 1
StR
344/05 - NStZ-RR 2006, 39; BGH, Beschl. v. 2.11.2010 - 4 StR
473/10);
das gilt auch für den Verfall von Wertersatz (BGH, Beschl. v.
10.9.2002 - 1 StR 281/02 - NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v.
2.11.2010 - 4 StR 473/10). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des
materiell Erlangten (BGH,
Urt. v. 21.8.2002 – 1 StR 115/02 -
BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urt. v. 19.1.2012 – 3 StR 343/11 - BGHSt
57, 79, 82; BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 9). Der Verfall
ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls
auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH,
Beschl.
v. 28.11.2000 – 5 StR 371/00 - NStZ 2001, 155, 156 f.). Beispiel: Teilen Mittäter die Beute unter sich, hat jeder seinen Anteil "aus der Tat" erlangt (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02 - wistra 2003, 57). Vermögenswerte sind nicht nur dann aus einer Tat erlangt, wenn sie dem Täter vom Opfer ohne weiteren Zwischenschritt zufließen. Dies ist auch gegeben, wenn der Vermögenswert zunächst - unbeschadet der zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnisse - nur einem anderen Tatbeteiligten zufließt (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02; BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03). Der 1. Senat neigt zu der Auffassung, dass das Erlangte auch dann aus der Tat stammt, wenn die den einzelnen Tatbeteiligten zugeflossenen Vermögenswerte aus einer in sich zwar nicht mehr differenzierbaren, aber mit „Gruppenwillen“ für alle Tatbeteiligten „gesammelten“ Gesamtmenge durch Betrug erlangter Vermögenswerte (dann als Teil der „Tatbeute“ vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 23.4.2009 - 5 StR 401/08) entnommen werden (BGH, Urt. v. 19.10.2011 - 1 StR 336/11). "Aus der Tat" erlangt ist - unabhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Grund- und Verfügungsgeschäfts - schon dann "etwas", wenn dem Täter aus der Tat in irgendeiner Phase des Tatablaufs irgendeine Weise unmittelbar etwas wirtschaftlich messbar zugute kommt (BGH NStZ 1994, 123 [124]; BGHSt 51, 65, 68; BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03 - NStZ 2004, 440; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; BGH, Beschl. v. 30.5.2008 - 2 StR 174/08; BGH, Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073: Erhalt und Besitz des Geldes aus Scheinkäufen; vgl. auch Schmidt in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 73 Rdn. 19; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 11). Aus der Tat erlangt sind etwa auch die hinterzogenen Steuern (vgl. BGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 1 StR 239/10; Fischer, StGB, 57. Aufl. § 73 Rdn. 9). Wegen des den Verfallsvorschriften zugrunde liegenden Bruttoprinzips setzt eine Verfallsanordnung hinsichtlich des aus einer Tat Erlangten nicht notwendig einen Vermögensschaden - spiegelbildlich zu einem Vermögensvorteil - voraus. Auch ein versuchter Betrug ist eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 73 StGB, aus der etwas i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09; W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 StGB Rdn. 16). Selbst wenn die erbrachte Gegenleistung den Wert der zugeflossenen Leistung erreichen würde, könnte es zwar an einem Vermögensschaden fehlen, nicht aber am Erlangten (BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). „Für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber - wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung - nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen (vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4; BGH, Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02 - NStZ-RR 2003, 10; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299, 309 f. - wistra 2006, 96; BGH, Beschl. v. 28.4.2011 - 4 StR 2/11). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip (siehe dazu unten) unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.). Beispiel: Die Verfallanordnung kann nicht damit begründet werden, dass das Geld aus finanziellen Zuwendungen des Bruders stammt, die dazu dienen sollten, auch in Zukunft mittels Geldzahlungen an Justizvollzugsbeamte dafür zu sorgen, dass unberechtigt Vergünstigungen gewährt wurden. Hiernach unterliegt das sichergestellte Geld nicht dem Verfall; vielmehr käme allein dessen Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB in Betracht, wenn das Geld zur Vorbereitung oder Begehung gerade der abgeurteilten Taten bestimmt gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 7.11.2002 - 4 StR 246/02). siehe auch: Einziehung von Gegenständen, § 74 StGB Bereits der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB belegt indes, dass nicht alles, was der Tatbeteiligte oder Dritte (§ 73 Abs. 3 StGB) in irgendeinem beliebigen Zusammenhang mit der Verwirklichung der rechtswidrigen Tat erlangt hat, dem Verfall unterliegt, sondern nur derjenige Vermögenszuwachs, den er gerade - gleichsam spiegelbildlich - aus der Tat erzielt hat (vgl. Kudlich/Noltensmeier, wistra 2007, 121, 124). Es werden daher nur solche Vorteile erfasst, die der Tatteilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung - einschließlich der verletzten Strafvorschrift - als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden (BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; SK-StGB/Wolters/Horn, StGB, 110. Lfg., § 73 Rn. 9 [Stand: September 2007]). Die Annahme des Tatgerichts, bei dem Angeklagten sei Geld in "szenetypischer Stückelung" aufgefunden worden, angesichts der konkret mitgeteilten Aufteilung der Geldscheine (zwei Geldscheine à 100 €, sieben Geldscheine à 50 € und zwei Geldscheine à 20 €), die - gerichtsbekanntermaßen - so auch bei der Abhebung eines entsprechenden Geldbetrags aus einem Geldautomat ausgegeben worden sein könnten, kann einer nachvollziehbaren Grundlage entbehren; jedenfalls ergibt sich aus der vorgefundenen Stückelung kein belastbares Indiz dafür, dass das Geld aus Drogengeschäften stamme (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.2015 - 3 StR 384/15). |
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15.2.3 |
Beim
Erlangen i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB handelt
es sich um einen tatsächlichen Vorgang (BGH,
Urt. v. 12.8.2003
- 1
StR 127/03 - NStZ 2004, 440). Bei einem
Betäubungsmittelgeschäft ist ein
Vermögensvorteil
erlangt, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt
über den Erlös erworben hat (vgl. BGH NStZ-RR 2007,
121
m.w.N.; BGH,
Beschl. v. 10.1.2008 - 5 StR 365/07 - NStZ 2008, 565; vgl.
zum Problem der Gesamtschuld kritisch Schmidt,
Gewinnabschöpfung
im Straf- und Bußgeldverfahren 2006 Rdn. 260 f.). Selbst wenn
ein
Rauschgifthändler dieselben Geldscheine, die er von den
Käufern erhält, unmittelbar im Anschluss daran an
seinen
Lieferanten weitergibt, werden diese Beträge zunächst
Bestandteil seines Vermögens und unterliegen dem Verfall (vgl.
BGHSt 51, 65, 66 ff.; BGH NStZ 2004, 440; BGH,
Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR
504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073). Bei mehreren
Tatbeteiligten
kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft
gemäß § 25
Abs. 2 StGB mit der Folge einer
gesamtschuldnerischen Haftung nur in Betracht, wenn sich die
Beteiligten darüber einig sind, dass dem jeweiligen Mittäter
zumindest Mitverfügungsgewalt über die Rauschgifterlöse
zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (BGH,
Beschl.
v. 10.9.2002 – 1 StR 281/02 - NStZ 2003, 198, 199; BGH, Urt.
v.
10.8.2016 - 2 StR 22/16 Rn. 34). Ein lediglich mittelbarer Vorteil wie das Profitieren durch die Ersparnis eigener Aufwendungen zur Lebenshaltung reicht insoweit nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 3 StR 409/08 - StraFo 2009, 81). |
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15.2.4 |
Wirtschaftlich
erlangt ist ein Gegenstand oder Wert im Sinne von §
73 Abs. 1 StGB, sobald dieser unmittelbar aus der Tat in die eigene
Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist. Beim
Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen
tatsächlichen Vorgang; auf zivilrechtliche Besitz- und
Eigentumsverhältnissen zwischen mehreren Tatbeteiligten kommt es
nicht an. Spätere Mittelabflüsse können nur im Rahmen
der Härtefallklausel des § 73c
Abs. 1 Satz 2 StGB
berücksichtigt werden (BGH,
Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 -
BGHSt 51, 65, 68; BGH, Urt. v. 2.7.2015 - 3 StR 157/15). Erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist nur das, worüber der Täter oder Teilnehmer auch tatsächlich Verfügungsgewalt erlangt - also wenigstens die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt oder -befugnis (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.2002 - 1 StR 281/02; BGH NStZ-RR 2007, 121 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 10.1.2008 - 5 StR 365/07 - NStZ 2008, 565; BGH, Beschl. v. 6.2.2008 - 5 StR 442/07; BGH, Beschl. v. 27.5.2008 - 3 StR 50/08 - NStZ 2008, 623; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.) - hat; nicht erfasst ist, was der Täter nur erlangen wollte; ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs kann daher nicht für verfallen erklärt werden (BGH, Beschl. v. 18.10.2000 - 3 StR 393/00 - NStZ-RR 2001, 82; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 73 Rdnr. 9 m. w. N.). Die Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag fehlende Ausführungen hierzu nicht zu ersetzen. Eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH, NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschl. v. 27.5.2008 - 3 StR 50/08 - NStZ 2008, 623). Wirtschaftlich erlangt ist ein Gegenstand oder Wert im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB, sobald er unmittelbar aus der Tat in die Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist (BGH, Urt. v. 16.5.2006 – 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 68; BGH, Urt. v. 2.12.2005 – 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299, 309; BGH, Beschl. v. 21.9.2011 - 4 StR 172/11; Nack, GA 2003, 879, 880). Ausreichend ist der auch nur vorübergehende Erhalt und damit Besitz von Geldern, mit denen der Angeklagte die tatsächliche Möglichkeit erhält, darüber zu verfügen (BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03 - NStZ 2004, 440). Die Weitergabe der vereinnahmten Beträge vom Angeklagten an andere Tatbeteiligte - unerlaubt, da dies Teil des verbotenen Handeltreibens ist - kann im Rahmen der Härteregelung gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2003 - 3 StR 386/02 - wistra 2003, 351; BGHR StGB § 73 Vorteil 3; zu den Voraussetzungen umfassender Haftung von Mittätern am Betäubungsmittelhandel als Gesamtschuldner bei Verfall des Wertersatzes vgl. BGH NStZ 2003, 198 [199]; vgl. aber auch Schmidt in Leipziger Kommentar StGB 11. Aufl. § 73 Rdn. 72). |
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15.2.5 |
Bei
mehreren Tatbeteiligten genügt die
Erlangung einer (faktischen) wirtschaftlichen
Mitverfügungsgewalt
(vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199; BVerfG StV 2004, 409, 411; 2006, 449,
450; BGH,
Beschl. v. 24.9.2002 - 3 StR 292/02; BGH,
Urt. v. 1.3.2007 -
4 StR 544/06; vgl. auch BGH,
Beschl. v. 18.12.2008 - 3 StR 460/08 -
wistra 2009, 241; BGH,
Urt. v. 18.6.2009 - 3 StR 171/09 - NStZ-RR 2009,
320; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39 - NJW 2011,
624; BGH, Beschl. v. 8.12.2010 - 2 StR 372/10 - wistra 2011, 113; BGH,
Beschl. v. 24.5.2011 - 4 StR 198/11).
Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der
Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene
(Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also
der aus
der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch
Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH,
Urt. v. 16.5.2006
- 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 68, 72; BGH,
Urt. v. 30.5.2008 -
1 StR 166/07 -
BGHSt 52, 227, 252; BGH,
Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - JZ
2009, 1124,
1125 m. Anm. Rönnau; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 -
BGHSt 56, 39 - NJW
2011, 624; BGH, Beschl. v. 24.5.2011 - 4 StR 198/11). Beim Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Auch der einem Kurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt bei diesem in voller Höhe dem Verfall, unabhängig von den zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnissen zwischen den Tatbeteiligten (BGH NStZ 2004, 440; vgl. aber Winkler NStZ 2003, 247 [250]; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Aus der Kuriertätigkeit allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Angeklagte selbst die später von den Haupttätern des Handeltreibens erzielten Erlöse auch nur zu seiner Mitverfügungsgewalt erhalten hat (vgl. zu den Kurierfällen BGHSt 36, 251; 51, 65, 68; BGH NStZ 2004, 440; NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschl. v. 30.5.2008 - 2 StR 174/08). Bei mehreren Beteiligten an einer Tat ist entscheidend, was der einzelne Beteiligte selbst tatsächlich erlangt hat. Zwar reicht es aus, dass er die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an dem Vermögensgegenstand erlangt, jedoch kann ihm nach § 73 StGB nicht darüber hinaus auch das zugerechnet werden, was ausschließlich von einem anderen Tatbeteiligten erlangt ist (BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390; Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 16 m. w. N.). Ob eine solche wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt besteht, ist bei mehreren Beteiligten an einer Tat für jeden von ihnen gesondert zu prüfen; auch einem Mittäter kann die Gesamtheit des aus ihr Erlangten nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll (vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2010 - 3 StR 112/10; Fischer, StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 16). Beispiel: Die Angeklagte C, denen die Angeklagten A und B nur nachträglich ihre Anteile ausbezahlten, hatte keine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an der gesamten jeweils erzielten Tatbeute, so dass eine Zurechnung der gesamten Tatbeute ausscheidet (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390). Teilen Mittäter die Beute indes unter sich, so hat grundsätzlich jeder nur seinen eigenen Anteil aus der Tat erlangt (BGH, Beschl. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02 - NStZ-RR 2003, 10, 11; BGH, Beschl. v. 10.4.2013 - 2 StR 19/13 Rn. 19). Erlangt im Sinne des § 73a StGB ist aber auch das, was zunächst ein Mittäter erhält und erst später - entsprechend einer zuvor getroffenen Absprache - aufgeteilt wird (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 10 f.; BGH, Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073). Nach den Grundsätzen der Mittäterschaft ist eine Zurechnung selbst dann möglich, wenn der Angeklagte die Geldbeträge lediglich für seinen Mittäter in Empfang genommen und in voller Höhe an diesen weitergeleitet hätte, sich die Beteiligten aber darüber einig waren - was sich aus den Umständen ergeben kann -, daß zunächst der Angeklagte die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die Beträge erlangen sollte. In einem solchen Fall kann der Verfall von Wertersatz in voller Höhe gegenüber dem Angeklagten ausgesprochen werden, da von Gesamtschuldnerschaft auszugehen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 24.9.2002 - 3 StR 292/02 auch BGH, Beschl. v. 13.11.1996 - 3 StR 482/96; BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - 1 StR 627/07). Eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge der gesamtschuldnerischen Haftung kommt danach nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest eine Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen und er diese auch tatsächlich hatte (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 3 StR 409/08 - StraFo 2009, 81; BGH, Urt. v. 26.3.2009 - 3 StR 579/08 - StV 2010, 19; BGH, Beschl. v. 12.5.2009 - 4 StR 102/09 - StV 2010, 19). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.2009 - 3 StR 579/08 - StV 2010, 19; BGH, Beschl. v. 12.5.2009 - 4 StR 102/09 - StV 2010, 19). Soweit die Anordnung von Wertersatzverfall bei Durchgangserwerb eines Angeklagten in Betracht kommt, können spätere Mittelabflüsse erforderlichenfalls im Rahmen der Härteregelung des § 73c StGB berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073). Bestand allenfalls eine Mitverfügungsgewalt des Angeklagten während des Transports von Beute und Mittätern zur Aufbewahrungsstelle, begegnet es Bedenken, dass dieser kurzfristige und vorübergehende Zustand genügen soll, um einen (gegebenenfalls anschließend wieder durch Mittelabflüsse geminderten) Vermögenszufluss beim Angeklagten anzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2013 - 3 StR 179/13; ferner BGH NStZ 2010, 568; BGH NJW 2012, 92 verneint eine gemeinsame Mitverfügungsmacht über den gesamten Betrag, weil der Angeklagte den Gesamtbetrag nur 'kurzfristig und transitorisch' erhalten und deren Beuteanteile an seine Mittäter weitergeleitet hatte). Wegen einer Zurechnung der erlangten Vermögensvorteile nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB vgl. auch BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH NStZ 2003, 198 f.; BGH NStZ-RR 1997, 262; BGH NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschl. v. 10.1.2008 - 5 StR 365/07 - NStZ 2008, 565. siehe zur (Mit-)Verfügungsgewalt in Vertretungsfällen unten --> Abs. 3 |
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15.2.6 |
Bestechungsgelder
unterliegen grundsätzlich
dem Verfall nach § 73 StGB, ihre Surrogate dem Verfall des
Wertersatzes nach § 73a
StGB (st. Rspr. seit BGHSt 30, 46,
47).
Der Umfang des aus der Bestechung Erlangten kann geschätzt
werden
(§ 73b StGB; vgl. BGH,
Urt. v. 5.5.2004 - 5 StR 139/03 -
NStZ-RR
2004, 242). Leitsatz Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht der vereinbarte Werklohn (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - Ls. - BGHSt 50, 299 ff. - wistra 2006, 96; "Kölner Müllskandal"). Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung - also den Vertragsschluss - selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn oder die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299 ff. - wistra 2006, 96; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322; vgl. insoweit auch BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). „Erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der manipulativen Erlangung einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Werklohn, sondern nur der wirtschaftliche Wert der Auftragserlangung, der sich vorrangig nach dem kalkulierten Gewinn bemisst (vgl. BGHSt 50, 299, 310 ff.; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - 5 StR 482/05). Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB; vgl. zu Voraussetzungen und Kriterien einer Schätzung insb. BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - wistra 2010, 148) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst. Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5). Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt, so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). |
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15.2.7 |
Leitsatz Ist für einen dem Verfall unterliegenden Vermögensvorteil die Steuer bestandskräftig festgesetzt worden, so ist dies bei der zeitlich nachfolgenden Anordnung des Verfalls zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - Ls. - BGHSt 47, 260 - NJW 2002, 2257). | |
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15.2.8 |
Ein "Wettbewerbsvorteil", der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen besteht, ist kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). | |
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15.2.9 |
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15.2.9.1 |
Bei
einem Betäubungsmittelgeschäft ist
ein Vermögensvorteil erlangt, wenn der Tatbeteiligte die
faktische
Verfügungsgewalt über den Erlös erworben hat
(vgl. BGH
NStZ-RR 2007, 121; BGH,
Beschl. v. 6.2.2008 - 5 StR 442/07; BGH,
Beschl. v. 10.1.2008 - 5 StR 365/07 - NStZ 2008, 565; BGH,
Beschl. v.
7.5.2008 - 5 StR 634/07; vgl. zum Problem der Gesamtschuld
kritisch
Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und
Bußgeldverfahren
2006 Rdn. 260 f.). Beispiel: Soweit in zwei der Plantagen erhebliche Marihuanamengen aus den Ernten sichergestellt worden sind, dürfen die insoweit lediglich erzielbaren Erlöse nicht in den angenommenen Gesamterlös eingerechnet werden dürfen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85). Soweit der Angeklagte Bandenmitglied war und andere Mitglieder der Bande die Verfügungsgewalt über die Erlöse aus der Veräußerung der Drogen erlangt haben, kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung des Angeklagten nur dann in Betracht, wenn er sich mit den anderen Bandenmitgliedern darüber einig war, dass er zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse erlangen sollte (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121 m.N.; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85). Der kurzfristige Besitz des Gehilfen, der das Entgelt aus dem Rauschgiftgeschäft unverzüglich an den Verkäufer weiterleiten soll, reicht grundsätzlich nicht aus, um das Geld als an ihn zugeflossen anzusehen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 366). Er erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den Besitz nur „gelegentlich“ seiner Tat (Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 13) und übt ihn von Anfang an nur für den Verkäufer aus, an den er den Erlös absprachegemäß übergeben will (BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - 5 StR 242/09 - BGHR StGB § 73 Erlangtes 9 - StV 2010, 128; BGH, Beschl. v. 23.5.2012 - 5 StR 12/12; vgl. Winkler NStZ 2003, 247, 250). Die fehlende Tatherrschaft über die Geschäftsabwicklung unterscheidet ihn von einem Zwischenhändler, der mit dem Verkaufserlös seinerseits seinen Lieferanten bezahlt (vgl. BGHSt 51, 65, 68 Tz. 14 f.; BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - 5 StR 242/09 - StV 2010, 128). Sind Verkaufserlöse (aus BtM-Geschäften) erlangt, ist zu differenzieren: - Handelt es sich um sogenanntes "Kaufgeld", d.h. der jeweilige konkrete Geldbetrag war zur Durchführung weiterer Betäubungsmittelgeschäfte "bestimmt" und diese Geschäfte sind wiederum Gegenstand der Anklage und Feststellungen, dann kommt die Einziehung nach § 74 StGB in Betracht (BGH NStZ 1995, 491; BGH, Beschl. v. 22.11.2000 - 1 StR 479/00 - NStZ 2001, 312; siehe hierzu: Einziehung von Gegenständen, § 74 StGB); - Liegt kein "Kaufgeld" vor, unterliegt der Erlös der Verfallsanordnung nach § 73 StGB, wenn er noch vorhanden ist (aufgefunden wird), unter den weiteren o.g. Voraussetzungen (von Anklage und Urteilsfeststellungen umfasste rechtswidrige Tat) und unter der weiteren Voraussetzung, dass diese Maßnahme keine unbillige Härte im Sinne des § 73c StGB (siehe hierzu: Absehen von einer Verfallsanordnung) darstellt. Der Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erfordert dabei, dass Bargeld, das der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat, noch als solches bei dem Täter vorhanden ist (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85 betr. fehlende diesbezügliche Feststellungen zu Barbeträgen in der Wohnung und in einem Bankschliessfach des Angeklagten; vgl. auch BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 3 StR 409/08 - StraFo 2009, 81). Der Angeklagte erwirbt auf Grund der Nichtigkeit der Kaufpreisübereignung gemäß § 134 BGB kein Eigentum an dem für das Rauschgift erhaltenen Geld (was nach §§ 73 Abs. 4, 73a StGB dem Verfall des Wertersatzes nicht entgegensteht; vgl. auch BGHSt 31, 145; BGH, Beschl. v. 29.2.2000 - 1 StR 46/00 - StV 2000, 619). Die Abschöpfung betrifft mithin Vermögensbestandteile, hinsichtlich deren ein rechtlich schützenswertes Vertrauen, sie behalten zu dürfen, bei dem Angeklagten nie bestanden hat (vgl. BGH, Beschl. v. 22.11.2000 - 1 StR 479/00 - NStZ 2001, 312; BGH, Beschl. v. 13.12.2000 - 1 StR 547/00). Die dem angeordneten Verfall zugrunde liegende Feststellung, das Geld sei aus der Begehung der (abgeurteilten) Straftaten erlangt, bedarf der näheren Begründung, wenn die Sicherstellung des Geldes erst mehrere Monate nach der letzten Tat erfolgte (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2009 - 4 StR 662/08 - StV 2009, 346). - Ist der Verkaufserlös nicht mehr vorhanden, etwa weil die vom Angeklagten unmittelbar aus den Drogengeschäften erlangten Geldscheine (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB) sich nicht mehr in dessen Besitz befinden, so dass ihr Verfall aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich im Sinne von § 73a Satz 1 StGB ist, kommt dafür allein der Verfall von Wertersatz nach den §§ 73, 73a StGB in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 16.5.2002 - 1 StR 87/02; BGH, Urt. v. 2.10.2008 - 4 StR 153/08 - wistra 2009, 23; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 519/09). - Wird die Verfallssumme aus dem durchschnittlichen Verkaufswert der gehandelten Betäubungsmittel berechnet, muss die Berechnung zugrundelegen und erkennen lassen, daß ein tatsächlich erlangter Vermögenszuwachs und nicht auch ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs für verfallen erklärt worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.10.2000 - 3 StR 393/00 - NStZ-RR 2001, 82; BGH, Beschl. v. 21.2.2002 - 5 StR 20/02). Nur abstrakte, nicht realisierte Gewinnerwartungen können nicht dem Verfall unterliegen (vgl. BGH, Beschl. v. 6.2.2002 - 5 StR 22/02). - Der Kurier erlangt den Kurierlohn für die Tat. Dieser unterliegt daher nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB dem Verfall und bei Vermischung dem Wertersatzverfall gemäß § 73a StGB (BGH, Beschl. v. 16.11.2001 - 3 StR 371/01, insoweit in StV 2002, 254 nicht abgedruckt; BGH, Beschl. v. 9.11.2006 - 5 StR 453/06 - NJW 2007, 1221; BGH, Urt. v. 22.11.2007 - 3 StR 348/07). Ob dieses Geld darlehensweise gegeben wurde, ist ohne Bedeutung (BGH, Beschl. v. 9.11.2006 - 5 StR 453/06 - NJW 2007, 1221). Der einem Kurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt in voller Höhe dem Verfall oder dem Verfall von Wertersatz (BGHSt 51, 65, 68; BGHR StGB § 73 c Härte 12; BGH NStZ 2004, 440; BGH, Urt. v. 4.3.2010 - 3 StR 559/09). siehe auch: Einziehung des Wertersatzes, § 74c StGB Die einem Kurier überlassenen Reisespesen sind keine Erlöse. Sie werden zur Durchführung der Tat benötigt und sind daher nicht als aus der Tat erlangter Gewinn abzuschöpfen. Sie unterliegen vielmehr als Tatmittel der Einziehung (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4; BGH, Beschl. v. 23.7.2002 - 3 StR 240/02; BGH, Beschl. v. 4.12.2007 - 2 StR 573/07; BGH, Beschl. v. 27.10.2010 - 5 StR 420/10). Stellt sich entgegen der Deklaration des Angeklagten eines Betrages "Spesen" heraus, dass er diesen ersichtlich als zusätzlichen Kurierlohn erhalten hat, unterliegt dieser Betrag dem Verfall (§ 73 StGB) (vgl. BGH, Beschl. v. 23.7.2002 - 3 StR 240/02). siehe auch: § 74 StGB Rdn. 30 - Erlöse Beispiel: Der Angeklagte erwarb zweimal von dem gesondert Verfolgten X für einen unbekannt gebliebenen Verwandten Betäubungsmittel zum Gesamtpreis von 6.400 €, die dieser gewinnbringend weiterverkaufen wollte. In beiden Fällen übergab er die Drogen seinem Verwandten und leitete die jeweilige Anzahlung und die einzelnen Kaufpreisraten an den Verkäufer weiter. Für seine Bemühungen erhielt er von dem Verwandten insgesamt 420 €. Der Angeklagte hat den Geldbetrag von 6.400 € weder aus der Tat noch für die Tat erlangt, denn er hat dieses Geld lediglich im Auftrag des Käufers der Betäubungsmittel an den Verkäufer überbracht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2011 - 4 StR 25/11; für den Fall eines für den Verkäufer tätigen Kuriers vgl. dagegen Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73 Rn. 14 m.w.N.). Nur die Entlohnung in Höhe von 420 € ist für die Tat erlangt und unterliegt dem Verfall von Wertersatz (BGH, Beschl. v. 30.3.2011 - 4 StR 25/11). |
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15.2.9.2 |
Der
Wert von erlangten
Betäubungsmitteln muss
insoweit bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten ausser Betracht
bleiben. Insoweit hat der Angeklagte nicht einen Erlös,
sondern
lediglich die Betäubungsmittel selbst erlangt. Diese
unterliegen
als Beziehungsgegenstände aber nicht dem Verfall, sondern nur
der
Einziehung nach § 33
Abs. 2 BtMG (BGHR BtMG § 33
Beziehungsgegenstand 1; BGH,
Beschl. v. 8.11.2001 - 4 StR 429/01; BGH
NStZ-RR 2002, 118, 119; BGH,
Beschl. v. 17.3.2010 - 2 StR 67/10; BGH,
Beschl. v. 1.2.2011 - 4 StR 454/10). Hat
der Angeklagte aus den Taten nicht einen Erlös, sondern
lediglich
die Betäubungsmittel selbst erlangt, unterliegen diese als
Beziehungsgegenstände nur der Einziehung nach § 33
Abs. 2
BtMG, nicht aber dem Verfall (vgl. BGH StV 2002, 260; BGH,
Beschl. v.
13.1.2010 - 2 StR 519/09; BGH,
Beschl. v. 17.3.2010 - 2 StR 67/10).
Damit scheidet auch die Anordnung des Wertersatzverfalls nach
§ 73a
StGB aus, die nur (ersatzweise) anstelle des Verfalls in Betracht
kommt (vgl. BGHSt 33, 233; BGH StV 2002, 260; BGHR StGB § 73a
Anwendungsbereich 1; BGH,
Urt. v. 10.10.2002 - 4 StR 233/02 - BGHSt 48,
40 - wistra 2003, 58; BGH,
Urt. v. 1.3.2007 - 4 StR 544/06; BGH,
Beschl. v. 17.3.2010 - 2 StR 67/10; BGH, Beschl. v. 1.2.2011
- 4 StR
454/10; Schmidt, Gewinnabschöpfung
im
Straf- und Bußgeldverfahren, S. 25; vgl. auch BGH,
Beschl. v.
27.5.2008 - 3 StR 137/08; zur Möglichkeit der Anordnung des
Verfalls von Wertersatz betr. erzielter Erlöse vgl. vorstehend
--> Rdn. 15.2.9.1). Erlangte der Angeklagte das Rauschmittel als Entlohnung für seine die Betäubungsmitteldelikte fördernden Beiträge und somit für die abgeurteilten Beihilfetaten, unterlage es nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB dem Verfall (BGH, Beschl. v. 20.3.1987 - 2 StR 77/87 - BGHR BtMG § 33 Wertersatz 1; BGH, Urt. v. 23.7.2015 - 3 StR 37/15; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 33 Rn. 62; vgl. auch Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 33 Rn. 100). Dass der Angeklagte sich mit der Entgegennahme seines "Honorars" das Heroin gleichzeitig verschaffte (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) und dieses - auch - als Beziehungsgegenstand nach § 33 Abs. 2 BtMG, §§ 74, 74a StGB hätte eingezogen werden können, steht der Anwendung der Verfallsvorschriften nicht entgegen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.1987 - 2 StR 77/87 - BGHR BtMG § 33 Wertersatz 1). In Fällen, in denen sich das Rauschgift sowohl als Tatobjekt (vgl. S/SEser, 29. Aufl., § 74 Rn. 12a) als auch - weil für die Tat erlangt - als Verfallsobjekt erweist, kommen die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB und der § 33 Abs. 2 BtMG, §§ 74, 74a StGB nebeneinander zur Anwendung (BGH, Urt. v. 23.7.2015 - 3 StR 37/15; Hohn, StraFo 2003, 302, 305; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 33 Rn. 61; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.3.1987 - 2 StR 77/87 - BGHR BtMG § 33 Wertersatz 1). Wollte man in diesen Fällen allein die Einziehung der Betäubungsmittel als zulässig ansehen, würde nicht angemessen berücksichtigt, dass diesen ein wirtschaftlicher Wert innewohnt, den der Angeklagte als Gegenleistung für seine Tatbeteiligung erhielt und der deshalb nach Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften als durch die Straftat herbeigeführte unrechtmäßige Bereicherung abgeschöpft werden soll. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ist der vorliegende Fall im Ergebnis nicht anders zu bewerten als derjenige, bei dem der Tatbeteiligte für seine Beiträge in Geld entlohnt wird und dieses zum Erwerb von Betäubungsmitteln einsetzt. Die Abschöpfung des Wertersatzes wegen des zwischenzeitlichen Konsums der Betäubungsmittel scheitert deshalb hier nicht daran, dass die Voraussetzungen des § 74c Abs. 1 StGB für die Einziehung des Wertersatzes nicht vorlagen, weil die Betäubungsmittel dem Angeklagten nicht gehörten oder zustanden (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2015 - 3 StR 37/15; BGH, Beschl. v. 11.6.1985 - 5 StR 275/85 - BGHSt 33, 233; BGH, Beschl. v. 14.12.2001 - 3 StR 442/01 - NStZ-RR 2002, 118, 119; BGH, Beschl. v. 17.3.2010 - 2 StR 67/10 - NStZ 2011, 100). Vielmehr darf ein Wertersatzverfall nach § 73a StGB angeordnet werden, der sich nach dem Wert des ersparten Einkaufspreises berechnet (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2015 - 3 StR 37/15; BGH, Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 21/01 - NStZ 2001, 381). siehe auch: § 33 BtMG Rdn. 50 |
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15.2.9.3 |
Übernimmt der Angeklagte zum Zwecke der Einfuhr Rauschgift und Bargeld, müssen die Urteilsfeststellungen für die Wirksamkeit einer Verfallsanordnung ergeben, ob und ggf. welcher Zusammenhang zwischen der Drogeneinfuhr und dem Transport des Geldes besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 29.8.2002 - 3 StR 287/02). § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB kann als Grundlage für die Verfallsanordnung nur herangezogen werden, wenn der Täter für die Tat oder aus ihr etwas erlangt hat. | |
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15.2.10 |
Erlangte
Forderungen haben - auch wenn sie nichtig
(§§ 134, 138 BGB) sind - einen wirtschaftlichen Wert,
wenn
die konkrete Aussicht auf Bezahlung besteht (vgl. BGH,
Urt. v.
21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). vgl. zur Nichtigkeit auch BGH, Beschl. v. 7.1.2004 - 4 StR 415/03 - NStZ 2004, 554 Beispiel: Das Gericht hat den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von (weiteren) 2.000 € damit begründet, dass der an diesem Drogengeschäft beteiligte Mitangeklagte K. einen solchen Geldbetrag aus seinem Vermögen für den Angeklagten und in dessen Auftrag an einen Unbekannten in Albanien gezahlt hat. Dadurch sei der Angeklagte in dieser Höhe "von dem Zahlungsverlangen des Verkäufers frei" geworden und habe "den Betrag somit erhalten". Dies kann die Anordnung von Wertersatzverfall in dieser Höhe nicht rechtfertigen, weil der Angeklagte die 2000 € nicht aus der Tat im Sinne der Verfallsvorschriften erlangt hat. Da weder der Angeklagte oder sein Tatgenosse noch der Lieferant über die entsprechenden Erlaubnisse verfügten, verstieß das Drogengeschäft gegen ein gesetzliches Verbot (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG), die daran Beteiligten machten sich strafbar (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG). Der Kaufvertrag war daher nichtig (§ 134 BGB; vgl. Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 15 m. w. N.). Somit hatte der Drogenlieferant durch Abschluss des Betäubungsmittelgeschäfts weder einen Kaufpreisanspruch (§ 433 Abs. 2 BGB) über 2.000 € noch andere zivilrechtliche Ansprüche in dieser Höhe erworben, von denen der Angeklagte durch die festgestellte Zahlung hätte frei werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.2010 - 3 StR 62/10). Ein bloßes - zivilrechtlich nicht durchsetzbares, da nichtiges - Zahlungsversprechen eines Betäubungsmittelabnehmers stellt noch keinen erlangten Vermögenswert dar (vgl. BGH, Beschl. v. 15.3.2016 - 2 StR 280/15 Rn. 4). |
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15.2.11 |
Besteht
der Vorteil des Angeklagten darin, dass ihm von seinen Schulden
bei einem Tatbeteiligten für jede Einkaufsfahrt ein bestimmter
Geldbetrag erlassen werden sollte, kommt eine Verfallsanordnung nicht
in Betracht, weil ein derartiger Schuldenerlass
für eine
Beteiligung an einem verbotenen
Betäubungsmittelgeschäft
nichtig ist (§ 134 BGB), so dass der Angeklagte
tatsächlich
keinen Vorteil erlangt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 24.1.1986 - 2 StR
739/85; BGH,
Beschl. v. 14.3.2007 - 2 StR 54/07). Beispiel: Dem Angeklagten für den Transport von rund 2,5 kg Kokain ein Kurierlohn von 1.000 € in Aussicht gestellt worden. Tatsächlich übergab der Lieferant des Rauschmittels dem Angeklagten aber nur 700 €; 300 € wurden mit Schulden des Angeklagten aus früheren Kokaineinkäufen verrechnet. Diese 300 € hat der Angeklagte aus der abgeurteilten Tat nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, so dass der Verfall des Wertersatzes insoweit nicht zulässig war. Die Anordnung von Verfall nach § 73 Abs. 1, § 73a Satz 1 StGB setzt voraus, dass der Täter aus der Tat etwas erlangt hat. Der Begriff des "etwas" umfasst die Gesamtheit der materiellen Vermögenszuflüsse (sog. Bruttoprinzip), die der Tatbeteiligte unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes erzielt (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 73 Rn. 7). Danach darf der Wertersatzverfall der mit den "Schulden" des Angeklagten beim Lieferanten verrechneten 300 € nicht angeordnet werden. Der diese vermeintlichen Schulden begründende Vertrag war nichtig (§ 134 BGB). Da weder der Angeklagte noch der Lieferant über die entsprechende Erlaubnis verfügten, verstießen die früheren Drogenverkäufe gegen ein gesetzliches Verbot (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Somit standen dem Lieferanten aus diesen Betäubungsmittelgeschäften weder ein Kaufpreisanspruch noch andere zivilrechtliche Ansprüche zu, von denen der Angeklagte durch die Aufrechnung mit dem versprochenen Kurierlohn hätte frei werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 2.10.2012 - 3 StR 320/12; BGH, Beschl. v. 6.5.2010 - 3 StR 62/10 - StraFo 2010, 348). |
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15.2.12 |
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15.2.12.1 |
Die infolge Sicherstellung des Rauschgifts zunichte gemachte Gewinnaussicht kann nicht für verfallen erklärt werden (BGH, Beschl. v. 11.10.2005 - 1 StR 344/05 - StV 2006, 135). Bei einem Betäubungsmittelgeschäft ist ein Vermögensvorteil erlangt, wenn der Tatbeteiligte die faktische (Mit-)Verfügungsgewalt über den Erlös erworben hat (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 10.1.2008 - 5 StR 365/07 - NStZ 2008, 565; BGH, Beschl. v. 4.3.2008 - 3 StR 22/08; Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 m. w. N.; vgl. zum Problem der Gesamtschuld kritisch Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren 2006 Rdn. 260 f.). | |
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15.2.12.2 |
Durch
Bestechung (im geschäftlichen Verkehr)
erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der
korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte
Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn
und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu
schätzende wirtschaftliche Vorteile (BGH,
Urt. v. 2.12.2005 -
5
StR 119/05 - wistra 2006, 96). Die Auffassung, der Angeklagte habe aus den Taten jeweils eine Gewinnchance und, soweit er diese realisiert habe, die Provisionen erlangt, geht daran vorbei, dass die Verfallsobjekte unmittelbar für und aus der Tat erlangt sein müssen und deshalb ein lediglich mittelbarer Vermögenszuwachs, d. h. ein Vermögensvorteil, der durch entsprechende Verwendung des ursprünglich Erlangten dem Vermögen eines Täters zufließt, als Verfallsobjekt ausscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 3.11.2005 - 3 StR 183/05 - wistra 2006, 226; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 73 Rdn. 19). |
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15.2.15 |
Die
Frage, nach welchen
Kriterien die Bestimmung des Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1
Satz 1 StGB bei Straftaten vorzunehmen ist, die wesentlich
dadurch
geprägt werden, dass ein formeller
Verstoß gegen einen
Genehmigungsvorbehalt sanktioniert wird, die erforderliche
Genehmigung
indessen bei entsprechender Antragstellung hätte erteilt werden
müssen, war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher
nicht entschieden (zur uneinheitlichen Rechtsprechung der
Instanzgerichte vgl. etwa OLG Celle, Beschl. v. 30.8.2011 - 322 SsBs
175/11 - DAR 2011, 642; OLG Koblenz, Beschl. v. 28. 9.2006 - 1 Ss
247/06 - ZfSch 2007, 108). Der Bundesgerichtshof hat in einer
Leitsatzentscheidung folgendes entschieden: L E I T S A T Z Hat der Täter in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Güter ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt, hätte diese indes erteilt werden müssen, so ist nicht der gesamte für die Güter eingenommene Kaufpreis das im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat Erlangte; vielmehr sind dies nur die durch das Unterbleiben des Genehmigungsverfahrens ersparten Aufwendungen (BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343 /11 - Ls.). Der dem Verfall unterliegende Vorteil ist danach zu bestimmen, was letztlich strafbewehrt ist. Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, so ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt (BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882, 884 mwN; BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14). Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen das geschäftliche Tätigwerden des Tatbeteiligten einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den dieser in strafbarer Weise umgeht. Erreicht er hierdurch, dass er ein - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der Genehmigungsbehörde - nicht genehmigungsfähiges Geschäft abschließen und/oder erfüllen sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielen kann, so sind diese in vollem Umfang erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB und unterliegen daher grundsätzlich uneingeschränkt dem Verfall. Hatte er dagegen einen Anspruch auf die Genehmigung, so bemakelt die Rechtsordnung nicht den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrages; vielmehr soll durch die Strafbewehrung allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert werden. Erlangt ist somit nur der durch die Nichtdurchführung des Genehmigungsverfahrens erwachsene (Sonder-)Vorteil (BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14). Beispiel: Werden Zahlungsdienste ohne Erlaubnis (§ 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG) erbracht, ist die Vereinbarung und Durchführung des Zahlungsdienstes strafrechtlich bemakelt. Dazu gehört der gesamte Geldkreislauf, der mit dem Angebot und der Auszahlung an den Kunden durch das EC-Cash-Terminal beginnt und mit dem Eingang der Gutschrift auf dem Konto der Verfallsbeteiligten endet (BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14 betr. nicht erlaubnisfähiges Zahlungsinstitut, wobei es sich nicht um einen rein formellen Verstoß gegen den bestehenden Genehmigungsvorbehalt handelte. Strafrechtlich bemakelt war demnach das Geschäft selbst. Das Erbringen von Zahlungsdiensten durch ein Zahlungsinstitut, das die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist verboten. Damit unterliegt der gesamte hieraus erzielte Erlös dem Verfall). Sondervorteilsfälle (in BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14 genannte Fallkonstellationen): - So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882, 884), weil der Veräußerungsakt als solcher legal ist. Bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll. - Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen soll lediglich die Art und Weise bemakelt sein, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde (BGH, Urt. v. 2.12.2005 – 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299, 310; siehe aber auch BGH, Urt. v. 30.5.2008 – 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 250 ff. Rn. 107 f.). - Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urt. v. 19.1.2012 – 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein das Umgehen der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert; erlangt sind nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt und die gesamte Gegenleistung kann abgeschöpft werden. siehe auch: § 34 AWG, Rdn. Z.5 |
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15.2.18 |
Als Gegenstand des
Erlangten kommen auch ersparte
Aufwendungen in Betracht (vgl. BGH, Urt.
v. 19.1.2012 – 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79; BGH, Beschl. v.
28.6.2011 – 1 StR 37/11 - wistra 2011, 394; BGH, Urt. v.
23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 46). Ein Täter kann auch dadurch
etwas i.S.v. § 73 Abs.
1 Satz 1 StGB erlangen, dass er sich Aufwendungen erspart.
Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung auch ein Betrag in
Höhe nicht gezahlter Steuern dem Verfall von Wertersatz
unterliegen (BGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 1 StR 239/10 - wistra 2010,
406; BGH, Beschl. v. 27.1.2015 - 1 StR 613/14), wobei allerdings der
Verfallsanordnung regelmäßig Ansprüche des Steuerfiskus
i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (BGH,
Beschl. v.
28.11.2000 - 5 StR 371/00 - NStZ 2001, 155; BGH, Beschl. v.
27.1.2015 -
1 StR 613/14). Der Steuerhehler erlangt die vom Verbringer hinterzogenen Steuern und Abgaben weder aus der Tat noch für die Tat. Er erspart sich „aus der Tat“ auch nicht Aufwendungen, nur weil er die Ware günstiger beziehen kann und wegen der Tat für die (zuvor) verkürzten Steuern gemäß § 71 AO haftet. Vielmehr erlangt der Steuerhehler, indem er die Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös (BGH, Beschl. v. 28.6.2011 - 1 StR 37/11 - wistra 2011, 394; BGH, Beschl. v. 27.1.2015 - 1 StR 613/14). Die Aufwendungen des Steuerhehlers für den Erwerb der Zigaretten bleiben dabei unberücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09 - NStZ 2011, 83 mwN; BGH, Beschl. v. 27.1.2015 - 1 StR 613/14). Ist der Steuerhehler auch Empfänger im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG, hat er daneben die Aufwendungen für die beim Verbringen der Zigaretten in das deutsche Steuergebiet entstandene Tabaksteuer erspart (BGH, Beschl. v. 28.6.2011 - 1 StR 37/11 - wistra 2011, 394; BGH, Beschl. v. 27.1.2015 - 1 StR 613/14). |
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15.2.25 |
Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall ( BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 84 mwN). Dies trifft auf die Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13). | |
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15.2.30 |
Bei verbotenen Insidergeschäften gilt lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882, 884; BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13; zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). | |
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15.2.35 |
Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - BGHSt 50, 299, 309 ff.; BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13). | |
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15.2.40 |
Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 83 ff.; BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden (BGH, Urt. v. 27.11.2013 - 3 StR 5/13). | |
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20 |
Bei
der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das
Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes,
des
Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372)
hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des §
817
Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft
Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks.
12/899 S. 11; hierzu BGHSt 47, 369, 372; BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR
166/07 - wistra 2008, 387). Während der Wortlaut des
§ 73
Abs. 1 Satz 1 StGB aF einen "Vermögensvorteil" forderte, hat
der
Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des
Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer
Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas")
eingeführt (vgl. BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR
166/07 -
wistra
2008, 387). "Bruttoprinzip" bedeutet, dass nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr in irgendeiner Phase des Tatablaufs erhalten hat - ohne Abzug von Gegenleistungen oder sonstigen Aufwendungen - für verfallen zu erklären ist (BGH, Urt. v. 1.3.1995 - NStZ 1995, 491; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601; BGH, Urt. v. 1.3.2007 - 4 StR 544/06; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Urt. v. 4.3.2010 - 3 StR 559/09; BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 1 StR 75/11; BGH, Urt. v. 2.7.2015 - 3 StR 157/15; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18). Die durch die Einführung des Bruttoprinzips angestrebte Folge, dass auch die Aufwendungen nutzlos sind, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten - und insbesondere diese wollte der Gesetzgeber erfassen - beitragen. Würde lediglich der Tatgewinn abgeschöpft, so wäre die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos. Diesen Präventionszweck - der Verfallsbetroffene soll das Risiko strafbaren Handelns tragen - hatte der Gesetzgeber im Auge, als er sich auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB bezog und darauf abhob, dass das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein soll (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.2015 - 3 StR 157/15; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 66 f. mwN). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt dem Verfall, was der Täter für die Tat oder aus der Tat erlangt hat. Maßgeblich ist deshalb die Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes des Vorteils, der dem Täter aus der Tat zugeflossen ist (BGHSt 47, 260, 268; BGHR StGB § 73 Erlangtes 1). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat. Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (BGHSt 47, 260, 269; 50, 299, 310; BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882; kritisch hierzu BGHSt 52, 227, 247 ff. allerdings in Bezug auf die andersartige Fallgestaltung einer Straftat nach § 16 UWG; vgl. auch Hohn wistra 2003, 321, 323; ders. wistra 2006, 321, 325). Der dem Verfall unterliegende Vorteil ist deshalb danach zu bestimmen, was letztlich strafbewehrt ist. Soweit das Geschäft an sich verboten ist (Embargoverstöße - BGHSt 47, 369; Rauschgiftgeschäft - BGHR StGB § 73 Vorteil 3), kann der gesamte hieraus erlöste Wert dem Verfall unterliegen. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882). Beispiel: (aus BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 1 StR 75/11) Der Angeklagte hat aus dem Betäubungsmittelgeschäft jedenfalls die für verfallen erklärten 40.000 € erhalten. Dass es sich hierbei um die Rückzahlung des Betrags handeln sollte, den der Angeklagte als „Darlehen“ zur Finanzierung des Drogengeschäfts (Aufbau einer Indoor-Plantage) aufgewendet hatte, steht der Verfallsanordnung nicht entgegen. Finanzielle Aufwendungen, die für die Tatbegehung erbracht worden sind, dürfen bei der Berechnung des Erlangten nicht in Abzug gebracht werden. Zur Erfüllung des vom Gesetzgeber mit den Verfallsregelungen verfolgten Präventionszweckes - wonach der vom Verfall Betroffene auch das finanzielle Risiko strafbaren Handelns zu tragen hat - soll vielmehr das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein (BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369, 374; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 67). Bei der Berechnung des durch einen Kauf Erlangten ist deshalb vom gesamten betrügerisch erlangten Verkaufserlös auszugehen (vgl. BGHSt 47, 369, 370 mwN; BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). |
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20.1 |
Entscheidend
ist, was dem Betroffenen gerade durch
die Straftat zugeflossen ist oder was er durch diese erspart hat (BGH,
Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002,
601). Bei der Berechnung des bei einem verbotenen "Verkauf" Erlangten ist deshalb vom gesamten Erlös ohne Abzug des Einkaufspreises und sonstiger gewinnmindernder Aufwendungen auszugehen (BGHSt 47, 369 [370]; BGH NStZ 1994, 123; NStZ 2000, 480; NStZ-RR 2000, 57; BGH, Urt. v. 13.6.2001 - 3 StR 131/01 - wistra 2001, 388, 389; BGH, Beschl. v. 13.12.2000 - 1 StR 547/00; BGH, Urt. v. 20.3.2001 - 1 StR 12/01; BGH, Beschl. v. 25.7.2001 - 5 StR 300/01; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601; BGH, Urt. v. 27.3.2003 - 5 StR 434/02; BGH, Beschl. v. 9.3.2005 - 4 StR 585/04; BGH, Urt. v. 1.3.2007 - 4 StR 544/06; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 73 Rdn. 7). Insbesondere bei Betäubungsmitteldelikten besteht kein rechtlich schützenswertes Vertrauen, aus dem verbotenen Geschäft erlangte Vermögensbestandteile behalten zu dürfen, die der Erlös strafbarer Geschäfte sind (BGHSt 47, 369 [372]; BGH, Beschl. v. 22.11.2000 - 1 StR 479/00 - NStZ 2001, 312; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Aus der umfassenden Beschränkung des Umgangs mit Betäubungsmitteln ergibt sich indes keine Begrenzung des Saldierungsverbots nur auf diese Deliktsgruppe; das Bruttoprinzip gilt vielmehr für alle Fälle des Verfalls (zu Bestechungsdelikten vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2001 - 3 StR 131/01 - wistra 2001, 388, 389; BGH NJW 2002, 2257, 2259; zu geheimdienstlicher Agententätigkeit vgl. BGH NJW 1998, 1723, 1728; zu Embargo-Verstössen vgl. BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wirkt sich die Begleichung des Verfallbetrags steuermindernd aus (BFH DStRE 2000, 1187 = BFH/NV 2001/25), gegebenenfalls kann ein negatives Einkommen im Jahr der Verfallsbegleichung auch im Wege des Verlustrücktrags, bzw. des Verlustvortrags nach § 10d Satz 1 und 4 EStG abgezogen werden. Sollten im Einzelfall gleichwohl noch gewichtige steuerliche Nachteile verbleiben, so kann dies allenfalls beim Hinzutreten anderer gewichtiger Umstände zur Begründung einer unbilligen Härte im Rahmen einer Gesamtabwägung der Auswirkungen der Verfallsanordnung im Sinne der Verletzung des Übermaßverbotes herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2001 - 3 StR 131/01 - wistra 2001, 388). Nicht nur die Entlohnung als Kurier, sondern auch die vom Angeklagten von den Abnehmern der Rauschmittel übernommenen Erlöse sind grundsätzlich uneingeschränkt den Vorschriften über den Verfall (§ 73 StGB) beziehungsweise den Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) unterworfen, auch wenn er diese Beträge später absprachegemäß an seine Hintermänner abzuliefern hatte und auch ablieferte. Der einem für eine "Rauschgiftorganisation" tätigen Betäubungsmittelkurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt in voller Höhe dem Verfall (BGHSt 36, 251; BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03 - NStZ 2004, 440), unabhängig von den zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnissen zwischen den Tatbeteiligten (BGHSt 36, 251 [253 f.]; BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03 - NStZ 2004, 440; Weber BtMG 2. Aufl. § 33 Rdn. 44 f.; des Hinweises des Landgerichts auf § 73 Abs. 3 StGB, der die Möglichkeit der Verfallsanordnung gegen nicht tatbeteiligte Drittbegünstigte eröffnet - vgl. BGHSt 45, 235 ff. -, die dann am Verfahren aber auch hätten beteiligt werden müssen, bedurfte es daher nicht). Nicht abzugsfähig sind auch Transportkosten oder der Kurierlohn (BGH NStZ-RR 2000, 57) und selbstverständlich auch die "Anschaffungskosten" für eine Schußwaffe (BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Die Bestimmung des für die Abschöpfung überhaupt in Betracht kommenden Vorteils ist der Bestimmung seines Umfangs logisch vorgelagert (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 224/09 - NJW 2010, 882, 884; BGH, Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - BGHSt 47, 260, 269). Es kann sich daher im Einzelfall nicht um die Anrechnung gewinnmindernder Abzüge, sondern um die Bestimmung des unmittelbar aus der Tat Erlangten unter Beachtung insbesondere von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB handeln (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11). Beispiel: Die dem Verfall unterliegenden Aufwendungen, welche die Nebenbeteiligte dadurch ersparte, dass sie die erforderlichen Genehmigungen nicht einholte, entsprechen nicht dem Bruttoerlös aus den getätigten Veräußerungsgeschäften abzüglich dabei entstandener Kosten; sie sind vielmehr qualitativ etwas anderes. Insoweit ist das Bruttoprinzip nicht beeinträchtigt (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2012 - 3 StR 343/11). |
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20.2 |
Die
Anordnung des Verfalls (des Wertersatzes) ist obligatorisch, wenn
dessen Voraussetzungen vorliegen (BGH,
Urt.
v.
21.8.2002 - 1 StR 115/02
- BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601; BGHR StGB § 73c
Härte 5;
BGHR StGB § 43a Konkurrenzen 1, 2; BGH,
Urt. v. 27.3.2003 - 5
StR
434/02). Das im Einzelfall unter Umständen notwendige
Korrektiv
zum Bruttoprinzip des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB bietet die
Härtevorschrift des § 73c
StGB (vgl. BGH,
Urt.
v.
21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47,
369 - StV 2002, 601; BGH,
Urt. v. 16.5.2006 -
1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe (siehe hierzu oben) - ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB - ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip, dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Das Bruttoprinzip gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt 47, 369, 374; BGH, Beschl. v. 18.2.2004 - 1 StR 296/03 - wistra 2004, 227; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt 47, 369, 374; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). |
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25 |
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB: ... Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. ... |
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25.1 |
Durch
die Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll die
Erfüllung des Ausgleichsanspruches gewährleistet und
zugleich
sichergestellt werden, daß der Täter nicht zweimal
zahlen
muß, nämlich durch den Verfall und
außerdem noch durch
die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs (vgl. BGHR StGB
§ 73 -
Anspruch 1; BGH,
Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - BGHR StGB
§ 73 - Verletzter 3 - wistra 2001, 96; BGH,
Urt. v. 6.2.2001 -
5
StR 571/00 - wistra 2001, 295). § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB räumt den Individualansprüchen des aus einer Straftat Verletzten den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zugunsten der Staatskasse ein (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - wistra 2001, 96; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 34). Durch § 73 Abs.1 Satz 2 StGB soll aber nicht nur eine „doppelte“ Inanspruchnahme des Täters vermieden werden (vgl. BGHR StGB § 73 Anspruch 1; Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 17), sondern auch, dass die Realisierung von Ansprüchen des Verletzten durch die Anordnung des Verfalls gefährdet wird (BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 443/09). Es sollen mithin auch Schwierigkeiten vermieden werden, die bei einer Konkurrenz zwischen staatlichem Rückerstattungs- und zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch entstehen würde (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2010 - 3 StR 421/10; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 73 Rn. 17). Sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben, schließen sie die Anordnung des Verfalls aus (BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). Für den Verfall des für die Tat Erlangten (siehe hierzu oben) gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig nicht (vgl. BGHSt 30, 46, 47; BGH, NStZ 1999, 560; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 84/10; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 17). § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer "aus der Tat" einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; das "für die Tat" Erlangte unterliegt dem Verfall hingegen ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 2 StR 31/12; BGH, Beschl. v. 19.10.2010 - 4 StR 277/10 - NStZ-RR 2011, 283; BGH, Beschl. v. 9.11.2010 - 4 StR 447/10 - NStZ 2011, 229 jew. mwN). Auch hier gilt, dass die Vorteile dann aus der Tat erlangt sind, wenn Vermögensnachteile und Vermögenszuwachs spiegelbildlich miteinander korrespondieren (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12 betr. Umweltdelikte; BGH, Urt. v. 24.6.2010 – 3 StR 84/10 - wistra 2010, 439 – zum Verhältnis Amtsdelikt und damit zusammenhängender Untreue). Beispiel: Der Angeklagte hat durch den Betrieb der illegalen Deponie die Vermögenszuwächse erwirtschaftet. Im Blick auf diesen Tatbestand sind mithin die für die illegale Lagerung geleisteten Zahlungen „aus der Tat“, nämlich aus dem illegalen Betrieb der Abfallanlage erlangt. Der Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der dem Ersatzberechtigten die dem Täter zugeflossenen Mittel für die Schadenswiedergutmachung sichern soll, erfordert es, von einer Verfallsanordnung abzusehen, auch wenn zugleich ein Tatbestand verwirklicht sein sollte, aus dessen Normperspektive die Vermögenszuflüsse „für die Tat“ erfolgt sein sollten (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12). Zur Geltung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für den erweiterten Verfall siehe: § 73d StGB Rdn. 15 - Anwendbarkeit von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf den erweiterten Verfall (zur anderslautenden früheren Rechtsprechung vgl. BGH NJW 2001, 2239; BGH, Beschl. v. 3.4.2002 - 1 StR 540/01; BGH, Beschl. v. 31.3.2004 - 1 StR 482/03 - wistra 2004, 299). |
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25.5 |
Verletzter
im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB kann nur
derjenige
sein, dessen Individualinteressen durch das vom Täter
übertretene Strafgesetz geschützt werden sollen (vgl.
BGHR
StGB § 73 - Verletzter 1, 2; BGH,
Beschl. v. 28.11.2000 - 5
StR
371/00 - wistra 2001, 96; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR
84/10; BGH,
Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14). Gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73a StGB darf der Verfall von Wertersatz nicht angeordnet werden, wenn dem Geschädigten aus der Tat Schadensersatz bzw. Bereichungsansprüche erwachsen sind, deren Erfüllung dem Angeklagten den Wert des Erlangten entziehen würde (vgl. BGH, Beschl. v. 16.6.1998 - 4 StR 255/98; BGHR § 73 Tatbeute 1; BGH, Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 9/02; BGH, Beschl. v. 21.2.2002 - 5 StR 20/02; BGH, Beschl. v. 3.7.2002 - 2 StR 170/02 u. BGH, Beschl. v. 15.8.2006 - 4 StR 160/06: Beute aus Raub; BGH, Beschl. v. 31.3.2008 - 5 StR 631/07 - wistra 2008, 262: von Firmen erhaltene Provisionen; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 a Rdn. 3). Hierzu zählt auch der Anspruch des Steuerfiskus gemäß § 71 AO i.V.m. § 374 AO (vgl. dazu BGHR StGB § 73 Verletzter 7; BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - wistra 2001, 96, 97 f.; BGH, Beschl. v. 10.5.2007 - 5 StR 87/07 - wistra 2007, 311; BGH, Beschl. v. 31.3.2008 - 5 StR 631/07 - wistra 2008, 262; BGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 1 StR 239/10; siehe insoweit auch zu Verfallsbeteiligten unten Rdn. 50.3) und des Dienstherrn (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 13, 15; BGH, Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073; siehe auch nachstehend). Die Ansprüche des Steuerfiskus gehen den Ansprüchen des Justizfiskus vor (BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - BGHR StGB § 73 Verletzter 3 - wistra 2001, 96; BGH NStZ 2003, 423; BGH, Urt. v. 5.5.2004 - 5 StR 139/03 - NStZ-RR 2004, 242). Dabei erfaßt § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auch die in Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift genannten, an die Stelle der unmittelbar erlangten Vorteile tretenden Surrogate, etwa die vom Angeklagten durch einen Weiterverkauf erzielten Veräußerungsgewinne (vgl. BGHR StGB § 73 Gewinn 2; BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - wistra 2001, 96; BGH, Beschl. v. 21.2.2002 - 5 StR 20/02). Auch der Fiskus kann Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein (BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 5 StR 371/00 - NStZ 2001, 155, 156). Die Anwendung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das geschädigte Land zugleich Gläubiger des aufgrund einer Anordnung nach § 73a StGB entstehenden staatlichen Zahlungsanspruchs (vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2015 - 2 StR 322/14; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73a Rn. 8) gegen den Angeklagten wäre. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verfolgt den Zweck, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 443/09 - NStZ 2010, 693 f.). Die zumindest abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht auch dann, wenn der Täter etwas aufgrund einer Tat zum Nachteil des Landes erlangt und diesem infolgedessen ein Anspruch gegen den Täter auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des dem Erlangten entsprechenden Geldwerts zusteht. Denn eine im Urteil getroffene Anordnung von Wertersatzverfall ließe zunächst die Möglichkeit des Verletzten unberührt, seine aus der Tat erwachsenen Ansprüche außerhalb des Strafverfahrens - hier zum Beispiel durch Vollstreckung des notariellen Schuldanerkenntnisses - durchzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06 - NStZ 2006, 621, 622; BGH, Beschl. v. 12.3.2015 - 2 StR 322/14). Daran ändert auch nichts, dass sich der Täter gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch das Land erfolgreich zur Wehr setzen könnte (BGH, Beschl. v. 12.3.2015 - 2 StR 322/14). Die Verfallsanordnung darf sich nicht etwa auf einen Betrag beziehen, den der Angeklagte aus dem Weiterverkauf eines zuvor gestohlenen Pkw erhalten hatte, weil insoweit dem Fahrzeugeigentümer Schadensersatz bzw. Bereicherungsansprüche erwachsen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 9/02). Beispiel: Das Geld wurde durch Verkauf von Gegenständen erzielt, die durch Betrug gegenüber einem Versandhaus erlangt wurden. Dann ist dem geschädigten Versandhaus ein Anspruch gegen den Angeklagten erwachsen, der nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Anordnung des Verfalls entgegensteht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.12.2004 - 2 StR 498/04). Beispiel: Geld stammt aus dem Portemonnaie des beraubten Geschädigten (vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.2003 - 2 StR 223/03). Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Beispiel: Aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen liegen Schadensersatzansprüche von Kunden gegenüber der Drittbegünstigten (Firma), der insoweit Gelder zugeflossen sind, aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). Die Anordnung des Verfalls ist auch dann ausgeschlossen, wenn etwa in Bestechungsfällen der Dienstherr des Angeklagten Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2006 - 5 StR 469/06). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn dem Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zusteht. Da solche Ansprüche auf die Herausgabe von Schmiergeldern letztlich der Kompensation der Interessen des Geschäftsherrn dienen, unterfällt ein solcher Anspruch der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (BGHR StGB § 73 Verletzter 5, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 14.2.2007 - 5 StR 323/06 - wistra 2007, 222). Dies gilt auch, wenn fiskalisch Anspruchsberechtigter und Verfallsbegünstigter identisch sind, weil insoweit die öffentliche Hand nicht anders behandelt werden soll als private Gläubiger und der ressortmäßige Zufluss der Gelder unterschiedlich sein kann (BGHR StGB § 73 Verletzter 3; BGH, Urt. v. 14.2.2007 - 5 StR 323/06 - wistra 2007, 222). Soweit die Rechtsprechung in Bestechungsfällen teilweise eine Anordnung des Verfalls zugelassen hat, beruht dies darauf, dass entweder wegen der formellen Beamtenstellung des Täters ein Ersatzanspruch ausgeschlossen war (BGH NStZ 2000, 589, 590; vgl. auch BGH NStZ 2003, 423 und BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 84/10) oder ein entsprechender Ersatzanspruch nicht festgestellt wurde (BGH, Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47, 22, 31 f. - wistra 2001, 466; BGHR StGB § 73 Verletzter 7; BGH, Urt. v. 14.2.2007 - 5 StR 323/06 - wistra 2007, 222). Erhält der Amtsträger aufgrund der mit einem Dritten getroffenen Unrechtsvereinbarung für eine den Dienstherrn schädigende Untreuehandlung eine Belohnung, so hat er diese grundsätzlich "für" die Tat zulasten des Dienstherrn und nicht "aus" ihr erlangt; auf Erlangtes "für" die Tat bezieht sich § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht (BGHSt 30, 46, 47; BGH, NStZ 1999, 560; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 84/10). "Aus" der Tat zum Nachteil des Dienstherrn ist der Bestechungslohn allerdings dann erlangt, wenn er mit dem durch das pflichtwidrige Handeln entstandenen Schaden inhaltlich so verknüpft ist, dass der Vermögensnachteil des Dienstherrn und der Vermögenszuwachs beim Täter gleichsam spiegelbildlich miteinander korrespondieren, etwa wenn einem Dritten Vorteile aus dem Vermögen des Dienstherrn verschafft werden, die dessen Aufwendungen für den Bestechungslohn kompensieren oder die ganz oder teilweise dem Täter zufließen sollen (vgl. BGHSt 47, 22, 31; BGHR StGB § 73 Verletzter 4, 5; BGH, NStZ 2003, 423; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 84/10). Zwar hat ein Bundesbeamter nach § 71 Abs. 2 Satz 1 BBG i.d.F. des DNeuG vom 5. Februar 2009 (BGBl. I 160) einen Vermögensvorteil, den er in Bezug auf sein Amt angenommen hat, dem Dienstherrn herauszugeben (so schon zum früheren Rechtszustand BVerwGE 115, 389 mwN; zur Geltendmachung gegenüber zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens nunmehr § 1 Nr. 25 DBAG-ZuständigkeitsVO). Dies führt jedoch nicht zu einer doppelten Inanspruchnahme des Beamten, wenn er den Vorteil zugleich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, denn nach dem Wortlaut von § 71 Abs. 2 Satz 1 BBG kann der Dienstherr die Herausgabe nur verlangen, soweit nicht im Strafverfahren der Verfall angeordnet worden ist. Danach kommt dem Verfallanspruch des Staates gegenüber dem Ablieferungsanspruch des Dienstherrn der Vorrang zu (vgl. BVerwGE aaO; OVG Münster NVwZ-RR 2003, 136); dies gilt auch dann, wenn der Verfall erst nach der Geltendmachung des Anspruchs durch den Dienstherrn angeordnet wird (BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 84/10; Plog/Wiedow, BBG, § 71 BBG 2009 Rn. 0.2; § 70 BBG aF Rn. 3a). Da Verletzter i.S.d. Vorschrift auch eine juristische Person öffentlichen Rechts einschließlich des Fiskus sein kann (Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rn. 21; BGH NStZ 2001, 155; Harms/Jäger NStZ 2001, 181), muss bei der Verfallsanordnung im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt erkennbar sein, warum der Fiskus, die Krankenkasse und die Berufsgenossenschaften den Angeklagten nicht in Anspruch nehmen können (§§ 72 AO, 823 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - wistra 2010, 148; Fischer StGB 56. Aufl. § 266a Rn. 2). Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch-Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte/Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen, da diese keine - abschließende - Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. 15/1487 S. 22; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). In Fällen von Hehlerei stehen im Regelfall Schadensersatzansprüche der Geschädigten einer Verfallsanordnung entgegen (vgl. BGH NStZ 1996, 332; BGH, Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 9/02; BGH, Beschl. v. 21.2.2002 - 5 StR 20/02 - [insoweit in StV 2002, 485 nicht abgedruckt]; BGH, Beschl. v. 25.7.2006 - 4 StR 223/06; BGH, Beschl. v. 28.5.2008 - 2 StR 96/08). Der Anordnung des Verfalls steht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen, wenn den Geschädigten aus den Taten Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 253 StGB hinsichtlich der gezahlten "Schutzgelder" entstanden sind, deren Erfüllung der Angeklagten den Wert des aus den Taten Erlangten entziehen würde. Dies schließt indes nicht aus, daß im Wege der Rückgewinnungshilfe für die Geschädigten Sicherstellungsmaßnahmen getroffen werden (vgl. § 111b Abs. 5 StPO) wie z.B. Beschlagnahme (§ 111c StPO) bzw. Anordnung des dinglichen Arrests (§ 111d StPO) (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2002 - 5 StR 30/02). Im Zusammenhang mit betrügerischen Lastschriftgeschäften erhaltene Vermittlungsprovisionen und Darlehenszinsen, die Anteil der Angeklagten an der Tatbeute darstellen, können Ansprüche der Banken bzw. Darlehensnehmer begründen und einer Verfallsanordnung entgegenstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.4.2009 - 5 StR 401/08 - wistra 2009, 350). Stellte bei der Haupttäterin das Geld als Beziehungsgegenstand der Geldwäsche zugleich das Erlangte aus der Betrugstat im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB dar, so ist die Anordnung der Einziehung bei ihr ausgeschlossen. Damit entfällt auch die Möglichkeit der Einziehung bei dem tatbeteiligten Angeklagten. Andernfalls würde in derartigen Fällen die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, die den Geschädigten einer Straftat zum Ausgleich ihrer gegen den Täter zustehenden Ersatzansprüche zur Seite steht, zu Gunsten des Staats und zu Ungunsten der Verletzten aus der Vortat umgangen werden. Diese Erwägungen gelten insbesondere dann, wenn die Einziehung gegen einen Tatbeteiligten wegen der ihm zugeflossenen Tatbeute erfolgen soll. Jedenfalls in diesen Fällen darf die vorrangige Wertentscheidung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 25.3.2010 - 5 StR 518/09). Die Anrechnungsregelung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB schließt den Verfall von Bestechungslohn weder ganz noch teilweise aus. Der Dienstherr ist im Sinne dieser Vorschrift nicht "Verletzter", wenn sich ein Amtsträger der Bestechlichkeit oder der unerlaubten Vorteilsannahme (§§ 332, 331 StGB) schuldig gemacht hat (BGH, Urt. v. 12.7.2000 - 2 StR 43/00 - wistra 2000, 379). Er hat darüber hinaus gegen den Amtsträger auch keinen Anspruch auf Herausgabe des diesem gewährten Bestechungslohns, weil der bestochene Beamte kein solches Geschäft führt, welches als solches seines Dienstherrn auch nur vorstellbar wäre (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1981 - 2 StR 644/80 - BGHSt 30, 46; BGH NStZ 2003, 423; BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - 5 StR 362/02 - wistra 2003, 228; BGH, Urt. v. 5.5.2004 - 5 StR 139/03 - NStZ-RR 2004, 242). Etwas anderes kann gelten, wenn dem Dienstherrn ein Schaden entstanden ist, der demjenigen Vermögenszuwachs spiegelbildlich entspricht, den der Angeklagte aus der Tat erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2001 - 5 StR 571/00 - BGHR StGB § 73 Verletzter 4 - wistra 2001, 295; BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 ff. - NJW 2001, 2102; BGHSt 47, 22; BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - 5 StR 362/02 - wistra 2003, 228; BGH, Urt. v. 5.5.2004 - 5 StR 139/03 - NStZ-RR 2004, 242). Beispiel: Der Angeklagte hat, obwohl er für die vermögensmäßige Betreuung der Liegenschaft zuständig war, keinen Pacht- bzw. Mietzins mit den Nutzern vereinbart. Es liegt auf der Hand, dass die von diesen erlangten Zahlungen der Kompensation für die dienstpflichtigwidrige Unterlassung der Vereinbarung von Mietzinsansprüchen gedient haben. Jedenfalls bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation entspricht der Bestechungslohn dem Mindestschaden, der dem Dienstherrn des Angeklagten entstanden ist. Dementsprechend muß auch dieser Betrag als Mindestschaden dem Zugriff des Dienstherrn vorbehalten bleiben. Nur dadurch kann dem doppelten Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, nämlich dem Interesse des Geschädigten, die Erfüllung seiner Ersatzansprüche sicherzustellen, und dem Schutz des Täters vor mehrfacher Inanspruchnahme, Genüge getan werden (vgl. BGHR StGB § 73 Verletzter 4, 5; BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - 5 StR 362/02 - wistra 2003, 228). Wird Bestechungslohn nicht versteuert, ist zu bedenken, dass dem Steuerfiskus ein Anspruch in Höhe der auf die Bestechungszahlungen entfallenden Einkommensteuer zusteht. In dieser Höhe ist bei der Bemessung des Verfalls unter dem Gesichtspunkt des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB - erforderlichenfalls im Wege der Schätzung - der dem Steuerfiskus zustehende Betrag auszunehmen (BGHSt 30, 46, 51; BGH, Urt. v. 5.5.2004 - 5 StR 139/03 - NStZ-RR 2004, 242; zur Berücksichtigung von Steuern bei der Anordnung von Verfall vgl. BGHSt 47, 260; 265, BGH NJW 2012, 92 u. BGH, wistra 2004, 227; BGH, Urt. v. 20.4.2016 - 5 StR 8/16: Eine ‚Steuerlast‘ kann nur Berücksichtigung finden, wenn die Steuern tatsächlich gezahlt oder jedenfalls bestandskräftig festgesetzt worden wären ; vgl. auch BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - 5 StR 362/02 - wistra 2003, 228). Leitsatz Bei Bestechlichkeit und Untreue stehen Ansprüche des durch die Untreue Verletzten der Verfallsanordnung entgegen, wenn der Bestechungslohn zugleich den durch die Untreue zugefügten Vermögensnachteil darstellt (BGH, Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00 - Ls. - BGHSt 47, 22 - wistra 2001, 466). Für die Frage, ob Bestechungslohn und Untreueschaden identisch sind, kommt es nicht darauf an, ob die beiden Tatbestände zueinander in Tateinheit oder in Tatmehrheit stehen. Grenze für die innere Verknüpfung ist allerdings die prozessuale Tat. Der Anspruch muß als Folge der Tat im Sinne des § 264 StPO erwachsen sein (Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 40). Der weitergehenden, für dessen Entscheidung (BGH, Urt. v. 6.2.2001 - 5 StR 571/00 - BGHR StGB § 73 Verletzter 4 - wistra 2001, 295) nicht erheblichen Auffassung des 5. Strafsenats hat sich der 3. Strafsenat nicht angeschlossen. Eine Ausdehnung über die Grenze der prozessualen Tat hinaus würde den Unterschied zwischen dem Verfall und dem erweiterten Verfall nach § 73d StGB verwischen (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47, 22 - wistra 2001, 466). Bei Bestechungsgeldern im geschäftlichen Verkehr kommen Ansprüche des Arbeitgebers des Angeklagten auf Herausgabe der erlangten Bestechungsgelder nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB in Betracht. Verletzter der gewerblichen Bestechung ist jedenfalls der Geschäftsherr des Bestochenen (vgl. BGHSt 31, 207, 210; BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102). Der Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder dient letztlich der Kompensation der Interessen des Geschäftsherrn (vgl. BGH, Urt. v. 9.7.2009 - 5 StR 263/08 - BGHSt 54, 39 - StV 2009, 581: auch betr. § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB). Solche Sondervorteile lassen regelmäßig eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Geschäftsherrn besorgen (BGHR StGB § 73 Verletzter 5, BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - NJW 2001, 2102 ff. - insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt; BGH wistra 2007, 222, 224; BGH, Beschl. v. 31.3.2008 - 5 StR 631/07 - wistra 2008, 262; vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 StR 400/06 - wistra 2007, 259 betr. Bestechungslohn als Schadensersatz einer Stadt). Bei den von der Zuhälterei bzw. dem schweren Menschenhandel betroffenen Frauen handelt es sich um Verletzte im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2003 - 5 StR 182/03; BGH, Urt. v. 17.3.2004 - 2 StR 474/03), weil ihnen aus diesen Taten Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 181a Abs. 1, 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. gegen die Angeklagten zustehen. Jedenfalls nach der durch § 1 Prostitutionsgesetz getroffenen Wertentscheidung sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig, noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres jedenfalls auch aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen können (vgl. BGH, Beschl. v. 7.5.2003 - 5 StR 536/02 - BGH NStZ 2003, 533). Da die Strafvorschriften der §§ 181 a.F., 181a StGB das Selbstbestimmungsrecht der Prostituierten schützen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 181 Rdn. 2 und § 181a Rdn. 2) und § 181a StGB sie darüber hinaus vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), handelt es sich bei diesen um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Beschl. v. 7.5.2003 - 5 StR 536/02; BGH, Beschl. v. 6.10.2004 - 2 StR 312/04; vgl. auch BGH, Beschl. v. 31.3.2004 - 1 StR 482/03 - wistra 2004, 299; BGH, Beschl. v. 14.5.2004 - 2 StR 112/04). Leitsatz 1. Von den Ermittlungsbehörden für Betäubungsmittelaufkäufe eingesetztes Kaufgeld unterliegt jedenfalls dann dem Wertersatzverfall gemäß § 73a Satz 1 StGB, wenn es nicht sichergestellt wurde. 2. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht der Anordnung des Verfalls von eingesetztem Scheinkaufgeld nicht entgegen, weil der öffentlichen Hand eigenständige Ersatzansprüche, die eine Kompensation ihrer verletzten Interessen gewährleisten sollen, nicht zur Verfügung stehen (BGH, Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 504/08 - Ls. - BGHSt 53, 179 - NJW 2009, 2073). Ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF hindert die Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren - namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits - wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; hierzu Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 11 Rdn. 1.36). Ein deliktischer Anspruch eines Dritten, der aus dem strafbaren Verhalten entstanden ist, reicht aus, um den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auszuschließen (Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 41; Fischer, StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 20); jedenfalls insoweit ist er Verletzter im Sinne der Norm. Entscheidend ist nämlich nicht, ob sich aus einer Verletzung eines Strafgesetzes der Ersatzanspruch eines Dritten ergibt. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich der Ersatzanspruch aus dem historischen Sachverhalt herleitet, der auch der Verwirklichung der Strafnorm zugrunde liegt. Eine solche auf das tatsächliche Geschehen abstellende Auslegung des Verletztenbegriffs im Sinne des § 73 Abs.1 Satz 2 StGB folgt aus dem Normzweck der Vorschrift, dem Geschädigten das ungeschmälerte Vermögen des Schädigers zu erhalten (BGHR StGB § 73 Verletzter 3). Um dies sicherzustellen, kann es nur - was im Übrigen auch der mit § 264 StPO korrespondierende Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nahe legt - auf die Tat als tatsächliches Geschehen und nicht auf die einzelne Gesetzesverletzung ankommen (BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). Entscheidend ist vielmehr, inwieweit eine zwingende innere Verknüpfung zwischen dem erlangten Vorteil und dem ersatzfähigen Schaden eines Dritten vorliegt (BGHR StGB § 73 Verletzter 4; BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). Beispiel: Ein deliktischer Anspruch kann etwa aus § 826 BGB folgen. Hierfür müssen sämtliche Beteiligte, die an der Schadenszufügung mitgewirkt haben, als Gesamtschuldner einstehen (§ 830 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt in der Regel sittenwidrig, wer im Geschäftsverkehr über verkehrswesentliche Umstände bewusst unwahre Angaben macht (BGH NJW 2008, 1734, 1736; 2004, 3423, 3424). Dies gilt gleichermaßen bei vorsätzlich unzutreffenden Mitteilungen im Zusammenhang mit den Pflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Palandt/Sprau, BGB 69. Aufl. § 826 Rdn. 30; vgl. auch BGH NJW 2008, 1734, 1736; Gaßmann wistra 2004, 41, 44). Haben die Angeklagten durch das Lancieren bewusster Falschmeldungen wissentlich eine Informationslage geschaffen, die einen höheren Aktienkurs herbeiführte, worauf es ihnen auch an kam, weil sie ihre Aktien möglichst teuer verkaufen wollten, erfüllt die vorsätzliche, auf betrügerische Machenschaften aufgebaute Täuschung des Publikums, das letztlich auf der Grundlage dieser Fehlvorstellungen einen ungerechtfertigt hohen Preis zu zahlen bereit war, den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141; Ziouvas, Das neue Kapitalmarktstrafrecht 2005 S. 257). Die deliktsrechtliche Norm des § 826 BGB erlaubt eine Rückabwicklung der rechtswidrig erlangten Vermögenswerte zugunsten der Geschädigten. Deren Individualansprüche haben Vorrang (Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 34; Gaßmann wistra 2004, 41, 46). Deshalb ist es bei einer solchen Sachverhaltskonstellation unerheblich, ob dem Straftatbestand dann selbst ein Schutzgesetzcharakter (etwa im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB) zukommt (vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). |
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25.10 |
Unerheblich
ist, daß der Geschädigte unbekannt ist
oder eine
bislang unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde
(vgl.
BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387).
Entscheidend
ist allein die rechtliche Existenz der Ansprüche, nicht aber,
ob
sie voraussichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGHR StGB §
73 -
Tatbeute 1; BGH NStZ 1996, 332; BGHR StGB § 73 Anspruch 2 m.
w.
N.; BGH,
Beschl. v. 7.12.2000 - 4 StR 485/00 - wistra 2001, 143; BGH,
Beschl. v. 9.10.2001 - 4 StR 411/01 - wistra 2002, 57; BGH,
Beschl. v.
22.10.2001 - 5 StR 439/01 - wistra 2002, 57; BGH,
Beschl. v. 1.12.2005
- 3 StR 382/05; BGH,
Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 9/02; BGH,
Beschl. v.
21.2.2002 - 5 StR 20/02; BGH,
Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06 - wistra
2007, 343; BGH,
Beschl. v. 25.7.2006 - 4 StR 223/06; BGH,
Urt. v.
30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Beschl. v.
8.5.2014 -
4 StR 115/14; Fischer, StGB 55. Aufl.
§ 73 Rdn. 18 m.w.N.). Allein das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung künftiger Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Geschädigten ermöglicht die Verfallsanordnung gegen den Täter nicht (vgl. BGH NStZ 1984, 409 f.; 1996, 332; 2001, 257; NStZ-RR 2004, 242, 244; 2006, 138; BGHR StGB § 73 Anspruch 1 und 2 sowie Tatbeute 1; BGH StV 2006, 524; BGH, Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06 - wistra 2007, 343; BGH, Beschl. v. 21.11.2006 - 3 StR 380/06 - wistra 2007, 102; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). Auch darauf, ob die Geschädigten ihre unzweifelhaft bestehenden Ansprüche bereits geltend gemacht haben, kommt es nicht an (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2008 - 2 StR 617/07). |
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25.15 |
Das
Schutzgut des
Straftatbestandes darf mit der Frage der Anwendbarkeit des § 73
Abs. 1 Satz 2 StGB nicht in unzulässiger Weise vermengt werden
(vgl. BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12; unklar auch Fischer, StGB,
60. Aufl., § 73 Rn. 22). Zwar mag es bei der Verletzung von
Allgemeinrechtsgütern
häufig der Fall sein, dass ein im materiellen Sinne
Geschädigter fehlt. Zwingend ist dies indes nicht. Denn es
können auch durch Straftaten, die sich in erster Linie gegen
Allgemeinrechtsgüter richten, Ersatzansprüche von Dritten
entstehen. Im Umweltstrafrecht sind solche Fallgestaltungen sogar
verbreitet, weil es regelmäßig neben dem Täter als
Verursacher auch Zustandsstörer geben kann, die ebenfalls –
wenn auch nur nachrangig – möglicherweise zur Beseitigung
des umweltrechtswidrigen Zustands verpflichtet sind und dann
gegenüber dem Handlungsschädiger Ersatzansprüche haben
(BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12). L E I T S A T Z Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist der historische Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde (BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12 - Ls. 1/2). Für die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist – wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Beschl. v. 27.1.2010 – 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141) – der historische Sachverhalt entscheidend, aus dem sich der Ersatzanspruch ergibt, und nicht das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde. Ist durch eine Handlung, die zugleich strafrechtlich relevant ist, ein anderer geschädigt worden, geht dieser als Verletzter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Justizbehörden die Verfolgung auf solche Delikte nach §§ 154, 154a StPO beschränkt haben, deren Verfolgung im Allgemeininteresse liegt (BGH, Beschl. v. 27.1.2010 – 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). Nur diese Auslegung wird dem Schutzzweck der Vorschrift gerecht, dem Geschädigten durch eine Verfallsanordnung nicht die Mittel zu entziehen, die für die Schadensbeseitigung aufzuwenden sind. Der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verlangt nur einen Kausalzusammenhang zwischen Tatbegehung und Entstehung des Ersatzanspruches. Eine Beschränkung auf bestimmte Deliktstypen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen (BGH, Urt. v. 20.2.2013 - 5 StR 306/12). |
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25.20 |
Der
grundsätzliche Vorrang der zivilrechtlichen
Ansprüche der
im Urteil namentlich festgestellten Geschädigten greift
lediglich
dann nicht, wenn diese keine Ansprüche geltend machen oder
darauf
verzichten, dem Angeklagten also keine doppelte Inanspruchnahme droht
und den Geschädigten auch keine Ersatzmöglichkeit
entzogen
wird (vgl. BGH,
Beschl. v. 30.10.2003 - 3 StR 276/03 - wistra 2004, 61;
BGH NStZ-RR 2004, 54, 55; BGH,
Beschl. v. 31.3.2004 - 1 StR 482/03 -
wistra 2004, 299; BGH,
Beschl. v. 11.5.2006 - 1 StR 23/06 - wistra
2006, 341; BGH,
Beschl. v. 31.7.2006 - 1 StR 70/06 - wistra 2006, 421).
Dies gilt aber nicht schon, wenn der (bekannte) Verletzte, obwohl er
von dem laufenden Verfahren unter Sicherstellung von zumindest Teilen
der Tatbeute weiß, über einen längeren
Zeitraum keine
Anstalten trifft, seine Ansprüche gegen den Täter
geltend zu
machen (vgl. ausführlich BGH,
Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06
-
wistra 2007, 343). Auch im Falle der Verjährung des
Ersatzanspruchs findet § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keine Anwendung
(vgl. BGH,
Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06 -
wistra 2007, 343; BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). Darauf, ob der Verletzte den Täter oder Teilnehmer tatsächlich in Anspruch nimmt oder hiermit zumindest noch zu rechnen ist, kommt es nicht an (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2006 - 3 StR 41/06 - NStZ 2006, 621, 622; BGH, Beschl. v. 9.12.2014 - 3 StR 438/14). |
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25.20.5 |
§
73 Abs. 1 Satz 2
StGB schließt die Verfallsanordnung lediglich in dem Umfang
aus,
in dem die Anordnung dem Täter das aus der Tat Erlangte zu
Lasten
des Verletzten entziehen würde ("soweit"). Nach dieser
Vorschrift
soll eine Konkurrenz zwischen staatlichem Verfallsanspruch, der sich
aus § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ergibt, und (meist
zivilrechtlichen)
Schadensersatzansprüchen der Verletzten vermieden werden.
Insbesondere soll die doppelte Inanspruchnahme des Täters
aufgrund
des identischen Lebenssachverhaltes verhindert werden (vgl. BGH, Urt.
v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09; Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rdn.
17),
ohne dass aber der weitere Grundsatz des Verfallsrechts aus dem Blick
geraten darf, nach dem der Täter nichts vom Erlangten behalten
darf. Das Gesetz löst dieses Konkurrenzverhältnis
dahingehend, dass - soweit Ansprüche des Verletzten bestehen -
deren Befriedigung Vorrang vor dem Verfall an den Staat (§ 73
Abs.
1 Satz 2 StGB) erhält (BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). Dem Verletzten steht es danach frei, sich mit dem Täter zu einigen und auf einen ihm zustehenden Schadensersatz (oder einen Teil hiervon) zu verzichten. Ein Verzicht des Verletzten kann allerdings nicht den staatlichen Verfallsanspruch nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB begrenzen. Der Verletzte kann zwar frei darüber entscheiden, was er vom Täter herausverlangen will, nicht aber darüber, was dieser aus der Tat erlangt hat (so auch Fischer StGB aaO Rdn. 23). Dies wird in der Vorschrift des § 111i StPO noch einmal verdeutlicht (BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). Deshalb haben Schadensersatzleistungen des Täters - unabhängig davon, ob sie vor oder nach Erlass des Urteils geleistet wurden - für die Bestimmung der Höhe des aus der Tat i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangten keine Auswirkung. Sie können allerdings im Rahmen der Härteklausel des § 73c StGB Berücksichtigung finden und sind zudem ein bestimmender Strafmilderungsgrund. Darüber hinaus würde die Anordnung des Verfalls den Strafausspruch unberührt lassen (BGH NStZ 1995, 491; NStZ-RR 1996, 129, 130; NStZ 2000, 137; NStZ 2001, 312; BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). |
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25.25 |
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB greift auch dann ein, wenn dem Geschädigten der Schaden von einem Versicherer ersetzt worden ist. In diesem Fall geht die Forderung des Versicherungsnehmers im Wege des gesetzlichen Anspruchs-Übergangs (§ 86 Abs. 1 VVG = § 67 Abs. 1 VVG aF) auf den Versicherer über (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2008 - 3 StR 390/08 - NStZ 2009, 145; Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 23). Ob der Geschädigte möglicherweise ganz oder teilweise durch eine Versicherung entschädigt worden ist, bleibt bei der - gegebenenfalls im Wege der Schätzung nach § 73b StGB zu ermittelnden - Höhe des den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB begrenzenden Gegenanspruchs außer Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2008 - 3 StR 390/08 - NStZ 2009, 145; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 443/09; OLG Düsseldorf NStZ 1986, 222 f.; zust. Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 23; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rdn. 78). | |
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25.30 |
Der Anordnung des Verfalls steht nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht, weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). | |
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25.35 |
Das einer möglichen Anordnung des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Ersatzansprüche der Geschädigten (etwa nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) entgegenstehen, schließt nicht aus, daß im Wege der Rückgewinnungshilfe für die Geschädigten Sicherstellungsmaßnahmen getroffen werden (vgl. § 111b Abs. 5 StPO; BGH, Beschl. v. 28.1.2003 - 5 StR 438/02 - wistra 2003, 228). | |
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25.35.5 |
Zwar
hat sich durch die Einführung eines Auffangrechtserwerbs
des
Staates an dem Grundsatz, dass eine Verfallsanordnung zwingend
ausgeschlossen ist, wenn aus der Tat Ansprüche Verletzter
herrühren, nichts geändert. Jedoch sah sich der
Täter
nach der bisherigen Rechtslage lediglich den Ansprüchen der
durch
die Tat Verletzten gegenüber. Im Rahmen der
Rückgewinnungshilfe sichergestellte Vermögenswerte
mussten
deshalb u.U. wieder an den Täter herausgegeben werden, wenn
die
Geschädigten ihre Ansprüche nicht innerhalb der
dreimonatigen
Frist des § 111i
StPO a.F. geltend machten. Diese den
Täter
begünstigende Rechtsposition, die unmittelbare Folge der
Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB war,
entfällt
nunmehr, wenn der Tatrichter von der Möglichkeit des
§ 111i
Abs. 2 StPO Gebrauch macht und durch die dort vorgesehene Feststellung
die Basis für einen späteren Auffangrechtserwerb des
Staates
nach § 111i
Abs. 5 StPO schafft (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9;
BGH,
Urt. v. 7.2.2008 - 4 StR 502/07 - wistra 2008, 189). Leitsatz Die Vorschriften zur Verlängerung der Rückgewinnungshilfe und zum Auffangrechtserwerb des Staates nach § 111i Abs. 2, 3 und 5 StPO in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 sind auf Altfälle nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 7.2.2008 - 4 StR 502/07 - Ls. - wistra 2008, 189; vgl. auch BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 254/09 - wistra 2010, 141). Nach § 111i StPO besteht die Möglichkeit, eine etwa angeordnete Beschlagnahme zu Gunsten der Verletzten zu verlängern und diesen den Weg zu öffnen, ihre Ansprüche zivilrechtlich durchzusetzen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.5.2006 - 1 StR 23/06 - wistra 2006, 341); das wird bei sinngerechtem Verständnis der Norm auch für die Fälle dinglichen Arrests gelten (vgl. BGH StV 1995, 301; NStZ 2003, 533; BGH, Beschl. v. 6.2.1996 - 4 StR 727/95; BGH, Beschl. v. 31.7.2006 - 1 StR 70/06 - wistra 2006, 421; OLG Hamm StV 2003, 548; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2005, 345; KK-Nack, 5. Aufl. § 111i Rdn. 2; siehe weiter zur Rückgewinnungshilfe: § 111b Abs. 5 i.V.m. § 111b Abs. 2; § 111d StPO; KK-Nack § 111b Rdn. 17 ff.). Können Ansprüche von Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB entgegenstehen, hat das Tatgericht grundsätzlich Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO im Urteil selbst zu treffen (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.2009 - 2 StR 195/09). siehe auch: Verlängerung von Beschlagnahme oder Arrest; Auffangrechtserwerb; § 111i StPO |
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30 |
Bei
mehreren Verfallsanordnungen gegen verschiedene Tatbeteiligte ist
nach bisheriger Meinung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich
von
Gesamtschuldnerschaft auszugehen (vgl. BGH NStZ 2003, 198 [199]; BGH,
Urt. v. 23.3.2006 - 3 StR 458/05). Einen anderen Weg beschreitet der 1. Strafsenat des BGH, wonach jeder Täter, jeder Teilnehmer einer Handelskette, in der ein und dieselbe Menge an Betäubungsmitteln mehrfach umgesetzt und der entsprechende Kaufpreis jeweils bezahlt und vom Verkäufer im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt wird, für sich zu betrachten und allein daran zu messen ist, was er konkret erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Anderes soll nur dann gelten, wenn - dabei - mehrere Tatbeteiligte etwas gemeinsam erlangten, ohne dass festgestellt werden kann, wem dies zufloss. Ziel der aus Verfallsanordnungen gemäß §§ 73, 73a StGB resultierenden Zahlungsansprüche sei nicht die einmalige Abschöpfung des - regelmäßig beim Endabnehmer schließlich erreichten - höchsten Handelspreises. Vielmehr soll bei jedem Einzelnen, der aus einer rechtswidrigen Tat etwas erlangt hat, dieses weggenommen werden und zwar, da es sich um eine präventive Maßnahme eigener Art handele, nach dem Bruttoprinzip. Bei einer Handelskette könne deshalb die Summe der Beträge, hinsichtlich derer gegen die verschiedenen Händler der Verfall angeordnet wurde, den maximalen Handelspreis des umgesetzten Betäubungsmittels um ein mehrfaches übersteigen (BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Dies dann über das Rechtsinstitut der Gesamtschuldnerschaft zu begrenzen und auszugleichen, widerspräche dem Zweck des Verfalls gemäß §§ 73, 73a StGB (BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Die Weitergabe des Erlangten könne in besonderen Ausnahmefällen beim jeweiligen Einzelfall im Rahmen des Härtausgleichs gemäß § 73c StGB Berücksichtigung finden, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte sei (BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - wistra 2006, 382). Leitsätze 1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur) der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. 2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. 3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen. BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39 - NJW 2011, 624 Bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen, dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt (BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39 - NJW 2011, 624; vgl. auch BGH, Beschl. v. 1.3.2011 - 4 StR 30/11). Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschl. v. 1.6.1995 - 1 StR 181/95; BGH, Urt. v. 4.6.1996 - 1 StR 235/96; BGH, Beschl. v. 13.11.1996 - 3 StR 482/96 - NStZ-RR 1997, 262; BGH, Beschl. v. 10.9.2002 - 1 StR 281/02 - NStZ 2003, 198, 199; BGH, Urt. v. 29.4.2004 - 4 StR 586/03 - NStZ 2005, 454, 455; BGH, Beschl. v. 11.10.2005 - 1 StR 344/05; BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 71; BGH, Beschl. v. 27.5.2008 - 3 StR 50/08 - NStZ 2008, 623; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85; BGH, Urt. v. 26.3.2009 - 3 StR 579/08 - NStZ 2010, 86, 87; BGH, Beschl. v. 12.5.2009 - 4 StR 102/09 - NStZ-RR 2009, 320; BGH, Beschl. v. 2.7.2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 253). Bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz gegen einen Beteiligten, der zunächst die gesamte Tatbeute erhält, um die Anteile der anderen Täter später auszukehren, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - 2 StR 349/11). Dies braucht im Urteilstenor im Übrigen nicht zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BGH NJW 2011, 624, 627; BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - 2 StR 349/11). Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LK-Schmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der 4. Strafsenat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.2002 - 1 StR 281/02 - NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v. 13.12.2006 - 4 StR 421/06 - NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08 - NStZ 2010, 85; BGH, Beschl. v. 27.4.2010 - 3 StR 112/10 - NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39 - NJW 2011, 624). |
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30.1 |
Nach
dem Willen des
Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff.
StGB der
Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile;
dem
Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat
unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz
für die
Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken
kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar
2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer
effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung
der
Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und
Geldwäsche,
2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine
gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder
Teilnehmer
für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer
Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt
werden.
Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung
gegen jeden
von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber
verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder
untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet
wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den
Beuteanteil zu beschränken, den der jeweilige
Mittäter
letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (BGH, Urt. v.
28.10.2010 -
4 StR 215/10 - NJW 2011, 624; so bereits BGH, Urt. v. 30.4.1957
- 1 StR 287/56 - BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702,
1703). Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urt. v. 16.5.2006 - 1 StR 46/06 - BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - NJW 2011, 624; SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.). |
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§ 73 Abs. 2 StGB |
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... (2) Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Sie kann sich auch auf die Gegenstände erstrecken, die der Täter oder Teilnehmer durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder auf Grund eines erlangten Rechts erworben hat. ... |
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35 |
Beispiel:
Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die
für derartige Werbemaßnahmen empfänglich
waren,
Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit
anteilig aus den Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte.
Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass
die Daten - nur - derjenigen Empfänger gelöscht
wurden, die
für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben. Die
Einnahmen
aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von
§ 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar (vgl. BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1
StR
166/07 -
wistra 2008, 387). Die Abschöpfung muß spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat. Dies setzt eine unmittelbare Kausalbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16 jeweils m.w.N.). Dabei unterscheidet die gesetzliche Regelung zwischen dem eigentlichen "Etwas", das der Täter aus der Tat erlangt hat und den mittelbaren Tatvorteilen (Nutzungen, Surrogate), die nach Absatz 2 dieser Regelung ebenfalls dem Verfall unterworfen werden. Diese gesetzliche Systematik legt den Schluß nahe, daß in Absatz 1 die unmittelbaren Tatvorteile, in Absatz 2 mittelbare aus der Tat herrührende Vermögenszuwächse erfaßt werden sollen (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.2002 - 5 StR 138/01 - BGHSt 47, 260 - NJW 2002, 2257). |
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36 |
Zu den Surrogaten im Sinne des § 73 Abs. 2
Satz 2
StGB zählen auch solche Gegenstände, die der Täter
unter Verwendung (deliktisch) erlangter Geldbeträge angeschafft
hat (vgl. BGH, Beschl. v. 18.11.2015 - 2 StR 399/15 Rn. 4; Joecks in:
Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 73 Rn. 59; Schmidt,
in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 46). Beispiel (vgl. BGH, Beschl. v. 18.11.2015 - 2 StR 399/15): Der Angeklagte hat insgesamt einen Betrag in Höhe von 84.000 € im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, einen gebrauchten Pkw gekauft und den Kaufpreis in Höhe von 17.000 € aus den deliktisch erlangten Geldern bezahlt. Auf das Eigentum an diesem Pkw hat der Angeklagte schriftlich und unwiderruflich verzichtet. Bei dem Pkw handelt es sich um einen Gegenstand, den der Angeklagte als Surrogat im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB erworben hat. Hierzu zählen auch solche Gegenstände, die der Täter unter Verwendung (deliktisch) erlangter Geldbeträge angeschafft hat (siehe vorstehend). Das Landgericht hätte daher den Pkw gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB für verfallen erklären und im Übrigen in Höhe von 67.000 € den Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) anordnen können (vgl. Joecks in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. § 73 Rn. 61). Infolge des Verzichts des Angeklagten wurde eine Verfallsanordnung hinsichtlich des Pkws entbehrlich (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73 Rn. 41). Ungeachtet dessen hat der Verzicht zur Folge, dass sich die Höhe der Anordnung des Wertersatzverfalls entsprechend verringert (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2000 - 2 StR 500/99 - NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urt. v. 10.10.2002 - 4 StR 233/02 - BGHSt 48, 40), da andernfalls der Wert des Erlangten zwei Mal abgeschöpft werden könnte (vgl. Schönke/ Schröder/Eser, StGB, 29. Aufl., § 73 Rn. 46). |
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38 |
Die
Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, die eine
Verfallsanordnung ausschließt, soweit dem Verletzten aus der
Tat
ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem
Täter oder
Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde
gilt
auch für den Fall der Anordnung des Verfalls eines
Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB (vgl. BGH NJW
1986, 1186; Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 27), und zwar
dann,
wenn der Verletzte zwar insoweit befriedigt ist, ihm darüber
hinaus „aus der Tat“ aber noch weiter gehende
Ansprüche erwachsen sind. Denn durch § 73 Abs.1 Satz
2 StGB
soll nicht nur eine „doppelte“ Inanspruchnahme des
Täters vermieden werden (vgl. BGHR StGB § 73 Anspruch
1;
Fischer aaO Rdn. 17), sondern auch, dass die Realisierung von
Ansprüchen des Verletzten durch die Anordnung des Verfalls
gefährdet wird (vgl. BGH,
Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR
443/09). Beispiel: Der Angeklagte A. hat 10.000 EUR von B für den Verkauf eines Teils der Beute aus dem bei dem Geschädigten G verübten Diebstahl erhalten. Die an B verkauften Gegenstände konnten sichergestellt werden und gelangten an G zurück. Über den Verbleib des übrigen Teils der Beute, deren Gesamtwert zwischen 70- und 80.000 EUR betrug, können keine Feststellungen getroffen werden. Die bei A sichergestellten 10.000 EUR waren danach Surrogat im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB für die entwendeten, an B veräußerten Teile der Beute. Die 10.000 EUR dürfen nicht für verfallen erklärt werden mit der Begründung, Ansprüche des Verletzten stünden der Anordnung des Verfalls nicht entgegen, weil der Geschädigte die Gegenstände aus der Beute, für deren Veräußerung der Angeklagte die 10.000 EUR erlangt hat, zurückerhalten habe, denn G sind, da er nicht alle Gegenstände zurückerhalten hat und ihm weitergehende Ansprüche (auf Herausgabe bzw. Schadensersatz) "aus der Tat" erwachsen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 443/09). |
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... (3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser etwas erlangt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn. |
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40 |
Gemäß § 73 Abs. 3 StGB kann die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 dieser Bestimmung zwar auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter für ihn gehandelt hat und der Dritte dadurch etwas erlangt hat. Von dieser Vorschrift werden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch die Fälle erfaßt, in denen der Täter jedenfalls faktisch im Interesse des Dritten handelt und diesem die Tatvorteile unmittelbar zukommen läßt (vgl. BGHSt 45, 235, 244 ff. mit krit. Anm. Katholnigg JR 2000, 513). Die Haftung des Dritten besteht jedoch nur nach Maßgabe des § 73 Abs. 1 und 2 StGB. Dies bedeutet, daß die Anordnung des Verfalls gegen den Dritten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen ist, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch gegen den Dritten erwachsen ist, dessen Erfüllung ihm (dem Dritten) den Wert des aus der Tat Erlangten wieder entziehen würde (vgl. BGH, Beschl. v. 7.12.2000 - 4 StR 485/00 - wistra 2001, 143; hierzu auch BGHSt 45, 235, 248/249; Katholnigg JR 2000, S. 515). | |
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42 |
Handeln „für einen anderen“ verlangt zwar keinen echten oder gar offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des Dritten gehandelt haben. „Dadurch“ bedeutet schon vom Wortlaut her nicht „unmittelbar durch ein- und dieselbe Handlung“, verlangt aber immerhin einen Bereicherungszusammenhang zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten. Die notwendige Konkretisierung dieser Merkmale hat dabei nach Fallgruppen zu erfolgen, namentlich Vertretungsfälle im weiteren Sinn und Verschiebungsfälle (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235; BGH, Urt. v. 23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 54). | |
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45 |
In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine - legale - Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). | |
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50 |
Der
Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, daß
die
Anwendung des Bruttoprinzips auch bei der Anordnung des Verfalls gegen
einen Drittbegünstigten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken
begegnet (vgl. BGHSt 47, 369, 372 f.; BGH wistra 2004, 227; BGH, Urt.
v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). Diese
Rechtsauffassung entspricht inzwischen auch der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, das insbesondere bestätigt hat,
daß der Verfall auch unter der Geltung des Bruttoprinzips
keine
dem Schuldgrundsatz unterliegende strafähnliche
Maßnahme ist
(BVerfG NJW 2004, 2073; BGH,
Urt. v. 14.9.2004 - 1 StR 202/04 - wistra
2004, 465). Er muß unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB auch gegen einen Dritten und sogar gegen eine juristische Person angeordnet werden. Gegen den Drittbegünstigten ist der Verfall anzuordnen, auch wenn der Dritte bzw. das Organ einer juristischen Person keine Straftat begangen hat (vgl. BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 54). Daß auch Taten von Angestellten einer betrieblichen Organisation dieser im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB zugeordnet werden können - und zwar auch dann, wenn die Unternehmensleitung gutgläubig ist - , hat der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits grundsätzlich entschieden (BGHSt 45, 235; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.9.2004 - 1 StR 202/04 - wistra 2004, 465). Auch insoweit unterscheidet sich der Verfall von der Einziehung, die eine vorsätzliche oder sonst individuell vorwerfbare Straftat voraussetzt (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 74a, § 75 StGB; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Soweit der Täter oder Teilnehmer für den Dritten handelt, soll er das für den Dritten nicht risikolos tun können. Die den Dritten treffende Folge, daß auch seine Aufwendungen nutzlos waren, kann und soll bewirken, daß der Dritte - namentlich ein hierarchisch organisiertes Unternehmen - Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten errichtet und auf deren Einhaltung achtet. Darin liegt der Präventionszweck des Verfalls gegen den Drittbegünstigten. Würde bei ihm lediglich der aus der Straftat gezogene Gewinn abgeschöpft, so würde sich die bewußt aus finanziellen Interessen begangene Tat im Ergebnis als wirtschaftlich risikolos auswirken. Ein derart risikolos zu erzielender Gewinn müßte geradezu als Tatanreiz für die Straftat wirken; das würde dem mit dem Bruttoprinzip verfolgten Präventionszweck zuwiderlaufen (BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Die Verfallsanordnung muss nicht im Hinblick auf das Wissen und Verhalten der Verantwortungsträger als Drittbegünstigte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB einen niedrigeren Verfallsbetrag ausweisen oder gar ganz unterbleiben. Dies wird jedoch in der Regel zu prüfen sein, wenn der Drittbegünstigte bzw. die Organe einer juristischen Person gutgläubig sind (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH, Urt. v. 14.9.2004 - 1 StR 202/04 - wistra 2004, 465). |
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50.1 |
Nach
§ 73 Abs. 3 StGB kann der Verfall oder der Verfall von Wertersatz
gemäß § 73a
StGB zwar auch gegen einen Dritten
angeordnet werden, wenn der Täter oder Teilnehmer für einen
anderen gehandelt hat und dieser dadurch etwas erlangt hat. Dabei
verlangt Handeln für einen anderen zwar keinen echten oder gar
offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der
Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der
rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des
Dritten gehandelt haben. In Fällen, in denen der erlangte
Gegenstand nicht im Rahmen der Tat selbst, sondern erst durch
vermittelnde Rechtsgeschäfte zu dem Dritten gelangt ist, bedarf es
für die Zurechnung aber jedenfalls eines
Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat und dem Eintritt des
Vorteils bei dem Dritten (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.2014 - 4 StR 60/14 Rn.
31; dazu im Einzelnen: BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 - wistra
2014, 219, 222). Werden Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 245; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14; vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13; Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 35). Dass die Vermögensmehrung bei den insoweit Drittbegünstigten nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH 45, 235, 244). Gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH 45, 235, 246; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387). Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 11.6.2015 – 1 StR 368/14; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 242; BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschl. v. 3.5.2005 – 2 BvR 1378/04 - NJW 2005, 3630, 3631). In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.5.2006 - 2 BvR 820/06 - NStZ 2006, 639, 640; BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 10). Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256; BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 11). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 11; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256; BGH, Urt. v. 29.6.2010 – 1 StR 245/09 - NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschl. v. 14.6.2004 – 2 BvR 1136/03 - wistra 2004, 378, 382). Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt (etwa über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden) hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-)Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 7.9.2016 - 2 StR 352/15 Rn. 14; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256 mwN). § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt für die Anordnung des Verfalls eine rechtswidrig begangene Tat voraus. Im Gegensatz zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB enthält die Norm keine Beschränkung auf vorsätzlich begangene Delikte. Die Anordnung des Verfalls kommt somit auch bei der Verwirklichung eines Fahrlässigkeitstatbestands in Betracht (BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - 1 StR 368/14; BGH, Urt. v. 19.1.2012 – 3 StR 343/11 - BGHSt 57, 79, 81 mwN). Zu unterscheiden ist, ob die Zuflüsse bei den Verfallsbeteiligten aus betrieblichen Zurechnungsverhältnissen (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245, s.o.), unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zur Verschleierung oder Vereitelung des Gläubigerzugriffs (sog. Verschiebungsfall; vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 35 mwN; s.u. Rdn. 50.3) oder in Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung (sog. Erfüllungsfall; vgl. BGHSt 45, 235 S. 247) erfolgt sind (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09). Ein Bereicherungszusammenhang besteht insbesondere in Vertretungsfällen, in denen er sich durch das (betriebliche) Zurechnungsverhältnis ergibt. Zu den Vertretungsfällen gehört insbesondere das Handeln als Organ, Vertreter oder Beauftragter im Sinne des § 14 StGB, aber auch das Handeln von Angehörigen einer Organisation, die im Organisationsinteresse tätig werden (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 245; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 37 - wistra 2014, 219, 222). Ein Bereicherungszusammenhang liegt auch im Verschiebungsfall vor, bei dem der Täter dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern. Solches kommt auch dann in Betracht, wenn das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden ist oder wenn es lediglich aus ersparten Aufwendungen besteht (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2013 – 5 StR 505/12 mwN; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 38 - wistra 2014, 219, 222). Der für die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB erforderliche Bereicherungszusammenhang setzt voraus, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern (BGH, Urt. v. 23.10.2013 – 5 StR 505/12). Dabei steht der Annahme eines Bereicherungszusammenhangs nicht entgegen, dass der Täter in solchen Fällen regelmäßig die Vermögensverschiebung primär im eigenen Interesse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begeht (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 246; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 39 - wistra 2014, 219, 222). Hiervon zu unterscheiden ist der Erfüllungsfall. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile zuwendet, und zwar in Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehen. Hier handelt der Täter zwar nicht selten auch – zumindest faktisch – im Interesse des Dritten. Das Kriterium des faktischen Interesses kann aber nicht bedeuten, dass damit bereits der Anwendungsbereich des § 73 Abs. 3 StGB eröffnet ist (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 247; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 41 - wistra 2014, 219 ff.). Beim Erfüllungsfall kommt der Unmittelbarkeit im Sinne von dazwischengeschalteten Rechtsgeschäften entscheidende Bedeutung zu. Hat der Dritte die Tatbeute oder deren Wertersatz aufgrund eines mit dem Täter oder Teilnehmer geschlossenen entgeltlichen Rechtsgeschäfts erlangt, das weder für sich noch im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat bemakelt ist, so hat der Dritte den Vorteil nicht „durch“ die Tat erlangt. Diese Einschränkung folgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus der Parallele mit den Bereicherungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 812 BGB ff.), die der Gesetzgeber bei § 73 Abs. 3 StGB im Auge hatte. Grundsätzlich sollte deshalb § 73 Abs. 3 StGB nicht weiter gehen als der Durchgriff nach § 822 BGB. Denn der Grund für den Durchgriff auf den Dritten bei § 822 BGB ist sowohl im sonst nicht realisierten Restitutionsinteresse des Gläubigers als auch in der im Vergleich dazu fehlenden Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Empfängers zu sehen (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 247; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 41 - wistra 2014, 219 ff.). Allerdings sind die Verfallsvorschriften lediglich an die Wertungen des Bereicherungsrechts angelehnt. Anders als bei § 822 BGB (vgl. dazu Sprau in Palandt, BGB, 73. Aufl., § 822 Rn. 8; Wendehorst in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 822 Rn. 9; Schwab in MüKo-BGB, 6. Aufl., Rn. 16) ist es deshalb für die Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 3 StGB unbeachtlich, ob der Primäranspruch gegen den zunächst Bereicherten durch die Zuwendung weggefallen ist oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 246; BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 41 - wistra 2014, 219 ff.; BGH, Beschl. v. 13.7.2010 – 1 StR 239/10 - wistra 2010, 406) und ob gegen diesen eine Verfallsanordnung in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.2013 – 5 StR 258/13). Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs Kennzeichen eines Erfüllungsfalls, dass der Dritte, dem die Tatvorteile zugewendet werden, gutgläubig ist. Denn nach der Rechtsprechung findet der Verfall beim Drittbegünstigten dort seine Grenze, wo ein zusätzliches Rechtsgeschäft mit einem gutgläubigen Dritten dazwischen tritt (BGHSt aaO S. 240, 247). Das Erfordernis der Gutgläubigkeit kann sich aber nur auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes beziehen. Denn auf dieser Ebene werden die gegenseitigen Leistungspflichten begründet, weshalb die Bewertung der Motivlage und mithin der Gutgläubigkeit sich auch nur auf dieser Ebene vornehmen lässt. Damit läge ein Erfüllungsfall grundsätzlich selbst dann vor, wenn die Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung mit Mitteln aus einer Straftat bewirkt würde und der Empfänger damit wenigstens rechnete (BGH, Urt. v. 3.12.2013 - 1 StR 53/13 Rn. 50 - wistra 2014, 219 ff.). Besonderheiten, die für den Fall gelten, dass „der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile … in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehen“, zuwendet (BGH, Urt. v. 19.10.1999 - 5 StR 336/99 - BGHSt 45, 235, 247, sog. Erfüllungsfall), haben nur bei in jeder Hinsicht tatunbeteiligten Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB) Bedeutung (BGH, Beschl. v. 5.9.2013 - 1 StR 162/13). Bewirkt der Täter in den Fällen des § 73 Abs. 3 StGB als Organ, Vertreter oder Beauftragter einer juristischen Person einen Vermögenszuwachs bei dem Vertretenen, kann der handelnde Vertreter selbst grundsätzlich lediglich dann etwas aus der Tat erlangt haben, wenn er Verfügungsgewalt über das Erlangte innehat (BVerfG, Beschl. v. 14.6.2004 – 2 BvR 1136/03 - StV 2004, 409, 411; BGH, Urt. v. 23.10.2013 – 5 StR 505/12 - NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256 Rn. 126; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13). Im Hinblick auf die Trennung der Vermögen der Gesellschaft einerseits und des Gesellschafters und/oder Geschäftsführers andererseits genügt dafür die aus dieser Stellung resultierende Zugriffsmöglichkeit auf das Gesellschaftsvermögen für die Begründung der erforderlichen Verfügungsgewalt regelmäßig nicht; vielmehr bedarf es tatsächlicher Umstände, aus denen sich ergibt, dass der die begünstigte juristische Person vertretende Täter selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat (BGH, aaO). Solche Umstände sind in der Rechtsprechung etwa dann angenommen worden, wenn der Täter entweder die juristische Person lediglich als formalen Mantel nutzt, eine Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen tatsächlich mithin gerade nicht vornimmt oder wenn jeder aus der Tat folgende Zufluss an die juristische Person sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256 Rn. 126 und NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47 mwN; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 StR 336/13). Handelten die Angeklagten als Angestellte einer GmbH, noch dazu mit mit ausdrücklicher Billigung der Geschäftsführer und hat das Unternehmen für die rechtswidrigen Taten der Angeklagten Kaufpreisforderungen als Tatentgelte (§ 11 Nr. 9 StGB) unmittelbar erlangt, nachdem diese - unbeschadet der Frage ihrer Wirksamkeit geltend gemacht und erfüllt wurden - ist der Verfall des Wertersatzes nach § 73a Satz 1 StGB in Form eines Geldbetrages, der dem Wert der Forderungen - ohne Abzug von Aufwendungen der GmbH - entspricht, gegen die GmbH als Drittbegünstigte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB anzuordnen (vgl. BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). |
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50.2 |
Bei
der Bestimmung des richtigen Verfallsadressaten nach
Änderung des Unternehmens gilt: An der Stellung der Kommanditgesellschaft als Verfallsadressatin ändert auch der Verkauf und die Umwandlung des Unternehmens nichts, wenn die GmbH in einen GmbH & Co. KG nach Tatende durch Formwechsel gemäß § 1 Nr. 4 UmwG umgewandelt wurde, weil hierbei die wirtschaftliche Kontinuität des Rechtsträgers erhalten bleibt und auch kein Vermögensübergang stattfindet. Der bisherige Rechtsträger besteht vielmehr nach Durchführung des Formwechsels in seiner neuen Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), so dass die ursprünglichen Rechte und Pflichten weiterbestehen, unbeschadet der Person des Rechtsträgers in seiner neuen Form. Der Verfall ist daher in diesen Fällen ggü. der Kommanditgesellschaft anzuordnen, auch wenn zwischenzeitlich ein Gesellschafterwechsel erfolgt ist, da die KG als juristische Person selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). |
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50.3 |
Ein
Verschiebungsfall
ist gegeben, wenn der Täter dem Dritten Tatvorteile unentgeltlich
oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen
lässt, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um
die Tat zu verschleiern (BGH, Urt. v. 19.10.1999 – 5 StR 336/99 -
BGHSt 45, 235; BGH, Beschl. v. 13.7.2010 – 1 StR 239/10 -
wistra 2010, 406; BGH, Urt. v. 23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 56). Gemäß § 73 Abs. 3 StGB kann der Verfall des Wertersatzes nach § 73a StGB zwar auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und dadurch dieser etwas erlangt hat. Voraussetzung dafür ist aber dann, wenn der Täter nicht als Vertreter des Dritten handelte, dass er dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen ließ, "um sie dem Zugriff der Geschädigten zu entziehen oder um die Taten zu verschleiern", mithin ein so genannter "Verschiebungsfall" vorliegt (vgl. BGHSt 45, 235, 246; BGH wistra 2010, 406; BGH, Beschl. v. 29.2.2012 - 2 StR 639/11). Bei dieser Fallgestaltung lässt der Täter oder Teilnehmer die Tatvorteile einer anderen Person unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; BGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 1 StR 239/10). Beispiel: Die Verfallsbeteiligte V. hat die Geldsumme von 950.000 Euro in ununterbrochener Bereicherungskette jeweils unentgeltlicher Zuwendungen ausgehend vom Angeklagten A. und vermittelt durch B. erlangt. Der Umstand, dass die von V. erlangte Geldsumme von mehr als 950.000 Euro aus Steuerhinterziehungen (§ 370 AO) des Angeklagten stammte, steht der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73a i.V.m. § 73 Abs. 3 StGB nicht entgegen. Aus der Tat erlangt sind auch die hinterzogenen Steuern (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. § 73 Rdn. 9; siehe auch oben Rdn. 15.2.2). Der Anordnung des Verfalls stehen auch keine Ansprüche des Steuerfiskus als Verletztem im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Zwar kann auch der Steuerfiskus Verletzter im Sinne dieser Vorschrift sein (vgl. BGHR § 73 StGB Verletzter 3). Dem Steuerfiskus ist jedoch aus den Taten des Angeklagten kein Anspruch gegen die Verfallsbeteiligte V. entstanden. Im Gegensatz zum Angeklagten und zu B. war V. weder Täterin einer Steuerhinterziehung, noch war sie an den Steuerstraftaten des Angeklagten beteiligt. Sie haftet deshalb auch nicht gemäß § 71 AO für die von dem Angeklagten verkürzten Steuern (vgl. BGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 1 StR 239/10). Zwar kann ein Verschiebungsfall unter Umständen auch dann angenommen werden, wenn das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden ist (vgl. OLG Hamburg, wistra 2005, 157) oder wenn es lediglich aus ersparten Aufwendungen besteht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.4.2009 – 1 Ws 119/09). Der für die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB erforderliche Bereicherungszusammenhang besteht aber nur dann, wenn sich aufgrund weiterer Umstände – etwa durch eine Gesamtschau der Zahlungsflüsse (vgl. OLG Hamburg, wistra 2005, 157; vgl. hierzu aber auch – im selben Verfahren – BGH, Urt. v. 29.6.2010 – 1 StR 245/09 - NStZ 2011, 83, 85 f.) – gleichwohl feststellen lässt, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines weiteren Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 57). |
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53 |
Die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten
etwa als
alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH setzt
voraus, dass neben der GmbH auch dieser aus der Tat
tatsächlich etwas erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2013 - 5
StR 505/12 Rn. 47). Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt.
In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in
denen der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14
StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person
für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der
juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen
werden, dass der Täter Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat.
Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die
juristische Person über eine eigene Vermögensmasse
verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen
ist. Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es
daher auch in Fällen einer – legalen –
Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen einer über die
faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass
dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner
Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung
rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der
Täter die juristische Person nur als formalen Mantel seiner Tat
nutzt, eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre
und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass
jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft
sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH,
Urt. v. 30.5.2008
– 1 StR 166/07 - BGHSt 52, 227, 256 Rn. 126; BGH, Urt.
v. 29.6.2010 – 1 StR 245/09 - NStZ 2011, 83, 86; BGH, Urt.
v. 23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 47; BVerfG [Kammer], StV 2004, 409). Das Geschäftsführergehalt allein kann insoweit nicht ohne weiteres herangezogen werden, denn dieses stellt zunächst lediglich die in dem Geschäftsführerverhältnis wurzelnde Vergütung für die vom Angeklagten entfaltete Tätigkeit für die GmbH dar. Eine andere Beurteilung kommt diesbezüglich nur dann in Betracht, wenn das aus der Tat Erlangte lediglich unter dem Deckmantel des Geschäftsführergehalts gezielt an den Angeklagten weitergeleitet worden sein sollte (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2013 - 5 StR 505/12 Rn. 48). |
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Höhe des Verfallsbetrages |
55 |
Der Verfall kann gegenüber dem Dritten nur angeordnet werden, soweit der Täter "für ihn" gehandelt hat und ihm "dadurch" (unmittelbar) etwas zugeflossen ist (vgl. hierzu BGHSt 45, 237 ff.; Tröndle/Fischer aaO § 73 Rdn. 13). Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Dritte den Vorteil unabhängig von der Tat aufgrund eines für sich gesehen unbemakelten Erwerbsvorganges - nämlich im Wege der Erbfolge - erlangt (vgl. auch BGHSt 45, 237, 247), und zwar zudem nicht vom Täter oder einem Teilnehmer an der Tat, sondern von jemandem, der seinerseits als "Dritter" im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB anzusehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 7.12.2000 - 4 StR 485/00 - wistra 2001, 143). | |
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60 |
Nach
§ 73 Abs. 1
Satz 2 StGB ist die Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls von
Wertersatz ausgeschlossen, soweit Verletzten aus der Tat
Ansprüche
erwachsen sind, deren Erfüllung dem Täter oder
Teilnehmer den
Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würden. Unter den
Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist eine
Verfallsanordnung auch gegenüber einem
Drittbegünstigten
ausgeschlossen (vgl. BGHSt 52, 227, 244; BGH NStZ-RR 2007, 109, 110;
Nack GA 2003, 879, 882 mwN; BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09).
Für den Ausschluss kommt es allein auf die rechtliche Existenz
der
Ansprüche an (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09;
Fischer,
StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 18 mwN). siehe hierzu näher oben Rdn. 25 und Rdn. 38 |
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U.1 |
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U.1.1 |
Richtet
sich die Verfallsanordnung gegen mehrere Angeklagte, muss die
Urteilsformel klartellen, ob sich die Verfallsanordnung gegen die
Angeklagten als Gesamtschuldner richtet (vgl. BGH, Beschl. v. 1.6.1995
- 1 StR 181/95; BGH,
Beschl. v. 5.3.2002 - 4 StR 565/01; BGH,
Beschl.
v. 15.12.2009 - 3 StR 450/09). Die Haftung der Angeklagten
als
Gesamtschuldner ist nicht nur in den Entscheidungsgründen,
sondern
bereits in der Entscheidungsformel zum Ausdruck zu bringen, um
Unklarheiten bei der Vollstreckung des Urteils auszuschließen
(vgl. BGH,
Beschl. v. 2.7.2009 - 3 StR 192/09). Beispiel: Gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner wird der Verfall von 1.390 € und gegen den Angeklagten X darüber hinaus der Verfall weiterer 600 € angeordnet (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2009 - 3 StR 192/09). Beim Ausspruch über den Verfall ist es nicht erforderlich, bei der Verfallsanordnung gegen einen Gesamtschuldner im Urteilstenor die Namen der weiteren Gesamtschuldner zu nennen (vgl. BGH, Beschl. v. 27.8.2013 - 4 StR 280/13). Für verfallen erklärte Geldbeträge müssen in der Urteilsformel, einer Anlage hierzu oder in den Urteilsgründen so konkret bezeichnet werden, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang des Verfalls geschaffen und eine rechtliche Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglicht wird. Die Bezeichnung der Liste der Überführungsstücke genügt in einem solchen Fall genausowenig wie die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis (vgl. hierzu BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH, Beschl. v. 28.1.1998 - 2 StR 641/97), da hierdurch noch nicht ersichtlich wird, um welche Gegenstände es sich handelt und wenn oder wozu sie dienten (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2003 - 2 StR 197/03 betr. Verfallserklärung des "asservierten Geldes"). Im Hinblick auf den Widerspruch zwischen Urteilstenor ("Verfall") und Entscheidungsgründen (§ 73d StGB) kann die Verfallanordnung aufzuheben sein (vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.2014 - 4 StR 230/14; vgl. zum Verfall nach Verzicht auf die Rückgabe eines sichergestellten Geldbetrages auch BGH, Urt. v. 5.4.2000 - 2 StR 500/99 Rn. 6 - wistra 2000, 298). siehe zur Urteilsformel auch: Urteil, § 260 StPO; Verfall des Wertersatzes, § 73a StGB |
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U.2 |
Wird
zur Begründung der auf §§ 73, 73a
StGB
gestützten Anordnung lediglich ausgeführt, dass
angesichts
der finanziellen Verhältnisse davon auszugehen ist, dass es
sich
bei dem bei dem Angeklagten sichergestellten Bargeldbetrag um durch
Betäubungsmittelgeschäfte erlangtes "Dealgeld"
gehandelt
habe, das auch für weitere Geschäfte habe eingesetzt
werden
sollen, sind damit weder die Voraussetzungen des Verfalls
gemäß § 73 Abs. 1 StGB noch die des
Verfalls des
Wertersatzes gemäß § 73a
StGB belegt. Die
Anordnung des
Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 StGB
käme nur dann in
Betracht, wenn es sich bei dem beim Angeklagten sichergestellten
Bargeld um solches handelt, das aus einem der abgeurteilten
Betäubungsmittelgeschäfte stammt und sich dies den
Feststellungen entnehmen lässt. Den Feststellungen muss sich
für bei einer Wertersatzverfallsanordnung darüber
hinaus
entnehmen lassen, dass der Angeklagte überhaupt
Erlöse
in Höhe des angeordneten Verfalls aus den
abgeurteilten
Betäubungsmittelgeschäften erzielt hat, der Verfall
des aus
den Geschäften erlangten Geldes jedoch nicht möglich
ist,
weil dieses Geld nicht mehr vorhanden ist. Wird davon ausgegangen, dass
es sich bei dem sichergestellten Bargeldbetrag um sogenanntes Kaufgeld
handelt, das "auch für weitere Geschäfte eingesetzt
werden
sollte", kommt zwar eine Einziehung nach § 74
StGB in
Betracht,
jedoch nur dann, wenn der sichergestellte Geldbetrag zur
Durchführung weiterer
Betäubungsmittelgeschäfte
"bestimmt" war und diese Geschäfte wiederum Gegenstand der
Anklage
sind (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1, Tatmittel 1 und 2; BGH,
Beschl.
v. 3.7.2008 - 4 StR 244/08). Bei der Verfallsanordnung sind Erörterungen anzustellen, wie der Verfallsbetrag ermittelt wurde, etwa aufgrund einer konkreten Berechnung oder im Wege der Schätzung (§ 73b StGB). Die Höhe etwa des Geldbetrages muß nachvollziehbar begründet werden (BGH, Beschl. v. 21.3.2007 - 2 StR 598/06). Nicht ausreichend ist insoweit die generelle Angabe von Verkaufspreisen für die Betäubungsmittel in ihrer Gesamtheit, wenn nicht festgestellt ist, das der Angeklagte diese Beträge auch tatsächlich erlangt hat. Aus der Begründung zur Anordnung des Verfalls muss auch entnommen werden können, ob insoweit von der Härteregelung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB Gebrauch gemacht wurde, was voraussetzen würde, dass der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2; BGH, Beschl. v. 9.8.2006 - 2 StR 282/06; BGH, Beschl. v. 31.5.2005 - 3 StR 119/05; siehe dazu auch: § 73c StGB, Absehen von Verfallsanordnung). Wird daher lediglich der Verkehrswert der nicht mehr im Besitz des Angeklagten befindlichen Drogen gemäß § 73b StGB - z.B. auf 2.000 Euro - geschätzt, müssen Feststellungen dazu, daß dieser Betrag dem Vermögen des Angeklagten durch das Handeltreiben mit den Betäubungsmitteln tatsächlich zugeflossen ist, getroffen sein. Ansonsten ist die Voraussetzung für die Anordnung des Verfalls von Wertersatz, daß der Täter für die Tat oder aus ihr etwas erlangt hat (Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 6, 11, § 73 a Rdn. 1; Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 73 Rdn. 3, § 73 a Rdn. 1), nicht festgestellt (vgl. BGH, Beschl. v. 3.4.2002 - 3 StR 85/02). Auch der Umfang des Eigenkonsums zur Ermittlung der verbleibenden Handelsmenge kann im Wege der Schätzung bestimmt werden (vgl. BGH, Urt. v. 10.9.2003 - 1 StR 147/03). siehe zu den erforderlichen Urteilsfeststellungen auch BGH, Urt. v. 26.3.2009 - 3 StR 579/08 - StV 2010, 19 |
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Z.1 |
Ein
Ausscheiden der ggfls. komplexen oder schwierigen Anordnung des
Verfalls kann nach § 430
Abs. 1 StPO i.V.m. § 442
StPO in
drei Fallgruppen geschehen: Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft kann das Gericht die Verfolgung der Tat auf anderweitige Rechtsfolgen beschränken, wenn 1. die Einziehung neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt (vgl. hierzu etwa BGH, Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 507/09: Verfallsentscheidung betr. 10 €) oder wenn soweit es die Einziehung betrifft, 2. das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde oder 3. die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde. Eine Verfolgungsbeschränkung kann nach § 430 Abs. 2 StPO bereits im Ermittlungsverfahren vorgenommen werden. Dies gilt nicht nur für den Verfall, sondern auch für die Einziehung, die Vernichtung, die Unbrauchbarmachung und die Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes. Auch in der Rechtsmittelinstanz kann die Beschränkung erfolgen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2002 - 4 StR 204/02; BGH, Beschl. v. 4.3.2009 - StR 25/09). Die Beschränkung nach § 430 Abs. 1 StPO beschwert den Angeklagten nicht und bedarf nicht seiner Zustimmung (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 471/09). |
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Z.2 |
Nach § 76a StGB kann auf Verfall auch selbständig in dem objektiven Verfahren nach § 442 StPO i.V.m. § 440 StPO erkannt werden. | |
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Z.3 |
In
Fällen, bei denen eine nachträgliche Gesamtstrafe
nach
§ 55
StGB zu bilden ist und auch im neuen Verfahren
eine
(weitere) Verfallanordnung in Betracht kommt, darüber
grundsätzlich durch den neuen Gesamtstrafenrichter einheitlich
neu
zu entscheiden ist. Dieser hat sich dabei auf den Standpunkt des
früheren Tatrichters zu stellen. Denn der Angeklagte
soll
durch die Entscheidung nach § 55
StGB so gestellt werden, als
wenn
über alle einzubeziehenden Straftaten gleichzeitig befunden
worden
wäre; er darf deshalb dadurch, daß seine Taten in
verschiedenen Verfahren abgeurteilt werden, nicht benachteiligt, soll
dadurch aber auch nicht bevorzugt werden. Dies wird
regelmäßig dazu führen, daß der
aufgrund
einheitlicher Anordnung im neuen Urteil festzusetzende Verfallsbetrag
nicht niedriger ausfallen darf als in der früheren
Entscheidung (BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 7; BGH,
Beschl. v. 25.11.2004 - 2 StR 315/04). Zur Verfallsanordnung neben Bußgeldfestsetzung vgl. § 30 Abs.5 OWiG, BGH, Urt. v. 14.2.2007 - 5 StR 323/06 - wistra 2007, 222 |
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Z.4 |
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Z.4.1 |
Zur Möglichkeit der Rechtsmittelbeschränkung auf den Ausspruch des Verfalls siehe: Beschränkung der Berufung, § 318 StPO --> Verfall | |
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Z.5 |
Gemäß
§ 32 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die
Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit
beantragen. Ein Gegenstandswert ist etwa festzusetzen, wenn die
Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision die Anordnung des Verfalls von
Wertersatz gegen den Angeklagten erstrebte und sich die
Verteidigung durch den Antragsteller hierauf erstreckte. Nr. 4142
Vergütungsverzeichnis (VV) sieht eine besondere
Verfahrensgebühr als Wertgebühr vor, wenn der Rechtsanwalt
bei Einziehung und verwandten Maßnahmen (§ 442 StPO) eine darauf bezogene Tätigkeit für den Beschuldigten ausübt. Diese Gebühr steht dem Rechtsanwalt für jeden Rechtszug zu (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2015 - 1 StR 245/09; Kroiß in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 6. Aufl., 2013, Rn. 16 zu Nrn. 4141 - 4147 VV). Der vom Senat nach § 33 Abs. 1, § 2 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die Tätigkeit des Verteidigers im Revisionsverfahren bemisst sich insoweit - nicht anders als für den Vertreter eines Verfallsbeteiligten (vgl. BGH, Beschl. v. 30.4.2014 - 1 StR 245/09 und 1 StR 53/13 sowie vom 7.10.2014 - 1 StR 166/07) - nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Abwehr der Revision der Staatsanwaltschaft, soweit diese das Unterlassen einer Verfallsanordnung beanstandet hat. Dem steht nicht entgegen, dass dem Verteidiger auch für die Verteidigung gegen den Tatvorwurf Gebühren zustehen (BGH, Beschl. v. 24.2.2015 - 1 StR 245/09; BGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 1 StR 166/07). Beispiel (BGH, Beschl. v. 24.2.2015 - 1 StR 245/09): Die Staatsanwaltschaft beanstandete im Revisionsverfahren, das Landgericht habe zu Unrecht davon abgesehen, hinsichtlich des Angeklagten den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Wie der Antragsteller zutreffend dargelegt hat, verfolgte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision weiterhin das Ziel einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 30.000.000,00 Euro gegen den Angeklagten. Diese Summe beschreibt daher auch das wirtschaftliche Interesse des Angeklagten an der Abwehr der Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. auch Kotz in BeckOK-RVG, RVG 4142 Rn. 15). Der Gegenstandswert für seine Verteidigung insoweit beträgt demgemäß 30.000.000,00 Euro. Anhaltspunkte für eine fehlende Durchsetzbarkeit der von der Staatsanwaltschaft erstrebten Verfallsanordnung bestehen hier - insbesondere im Hinblick auf die Höhe der erwirkten und vollstreckten Arreste - nicht. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob dieser Umstand überhaupt zu einer Minderung des Gegenstandswerts führen könnte (ebenfalls offengelassen in BGH, Beschl. v. 30.4.2014 - 1 StR 245/09 und 1 StR 53/13 sowie vom 7.10.2014 - 1 StR 166/07; vgl. aber auch BGH, Beschl. v. 24.3.2009 - 5 StR 225/06). Der nach § 33 Abs. 1, § 2 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die Tätigkeit des Vertreters der Verfallsbeteiligten im Revisionsverfahren bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Verfallsbeteiligten an der Aufhebung und dem Entfallen der erstinstanzlichen Verfallsanordnung (BGH, Beschl. v. 24.3.2009 - 5 StR 225/06 - wistra 2009, 284). |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 73 StGB wird verwiesen in: § 111b StPO siehe auch: § 111b StPO, Sicherstellung für Verfall, Einziehung und Gewinnabschöpfung § 111i StPO siehe auch: § 111i StPO, Verlängerung von Beschlagnahme oder Arrest; Auffangrechtserwerb § 442 StPO siehe auch: § 442 StPO, Der Einziehung gleichstehende Rechtsfolgen |
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Z.8.2 |
§ 73 StGB wurde mit Wirkung vom 1.7.2017
geändert
durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung
vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872).
Zuvor hatte
die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 73 StGB Voraussetzungen des Verfalls (1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. (2) Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Sie kann sich auch auf die Gegenstände erstrecken, die der Täter oder Teilnehmer durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder auf Grund eines erlangten Rechts erworben hat. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser etwas erlangt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn. (4) Der Verfall eines Gegenstandes wird auch angeordnet, wenn er einem Dritten gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat." Diese Vorschrift ist auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für bestimmte Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar. "Artikel 316h EGStGB |
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Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) 7. Titel (Verfall und Einziehung) |
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