www.wiete-strafrecht.de |
|
§
74 StGB
Einziehung von Tatprodukten,
Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften. (3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
|
Allgemeines |
|
|
5 |
Eine
Maßnahme nach § 74 StGB hat den Charakter
einer
Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung
dar (BGH,
Beschl. v. 26.4.1983 - 1 StR 28/83 - NJW 1983, 2710; BGH, Beschl. v.
27.5.2014 - 3 StR 137/14; BGH, Urt. v. 23.7.2014 - 2 StR 20/14; BGH,
Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 17.8.2016 -
2 StR 123/16; BGH, Urt. v. 8.11.2016 - 1 StR 325/16 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 3.5.2017 - 2 StR 364/16 Rn. 9; Fischer,
StGB, 63. Aufl., § 74 Rn. 2). Wird nämlich dem Täter
auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist
dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der
daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer
Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen
angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; BGH,
Beschl. v. 20.9.1988 – 5 StR 418/88 - BGHR StGB § 46 Abs. 1
Schuldausgleich 16; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – 1 StR 585/93 - StV 1994,
76; BGH,
Beschl. v. 16.2.2012 - 3
StR 470/11 - NStZ-RR 2012, 169; BGH, Beschl. v.
12.3.2013 - 2 StR
43/13 - StV 2013, 565; BGH, Beschl. v.
27.5.2014 - 3 StR
137/14; BGH, Beschl. v. 2.4.2015 - 3 StR
53/15; BGH, Beschl. v. 1.12.2015 - 4 StR 397/15; BGH,
Beschl. v.
17.8.2016 - 2 StR 123/16; BGH, Urt. v.
8.11.2016 - 1 StR 325/16 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 3.5.2017 - 2 StR 364/16 Rn. 9). Die Urteilsgründe müssen deshalb darlegen, dass das Gericht den Strafcharakter der Einziehung erkannt hat und ob die Einziehung nach den gesamten Umständen als Ergänzung der Hauptstrafe zur Sühne des Unrechtsgehalts unter angemessener Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich ist (vgl. BGHSt 10, 337, 338; NJW 1983, 2710; BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 10; vgl. auch Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74b, Rn. 2 mwN). Der Charakter der Einziehung als Nebenstrafe erfordert eine Gesamtschau mit der Hauptstrafe, um insgesamt zu einer schuldangemessenen Rechtsfolge zu gelangen (BGH MDR 1983, 767; BGH StV 1986, 58; 1996, 206; BGH, Beschl. v. 7.5.1996 - 4 StR 185/96; BGH, Beschl. v. 5.3.2003 - 2 StR 526/02; vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.1.2002 - 3 StR 487/01: betr. Bewertung als nicht bestimmender Strafzumessungsgrund im Einzelfall; BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 3 StR 470/11; BGH, Beschl. v. 27.5.2014 - 3 StR 137/14; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 74 Rn. 2). Das Tatgericht hat nach § 74b Abs. 1 StGB weiter zu prüfen, ob eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 (und § 74a) StGB zur Bedeutung der Tat und zum Vorwurf, der den Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer trifft, außer Verhältnis steht. Die Urteilsgründe müssen jedenfalls bei Einziehungsobjekten von einigem Belang, darunter fällt auch ein Grundstück von nicht unerheblichem Wert, erkennen lassen, dass die Abwägung stattgefunden hat (BGH, Beschl. v. 4.11.2014 – 4 StR 294/15; BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 11). Dabei sind insbesondere die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen der Einziehung (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1993 – 1 StR 585/93 - BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1; BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 11), der Wert und ggf. der Umstand teilweiser Vermietung des Grundstücks, sowie Dauer und Umfang der illegalen Nutzung der Immobilie zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 11; Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 60, 78a mwN). In den Fällen der Sicherungseinziehung (§ 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB) gilt § 74b Abs. 1 StGB zwar nicht ausdrücklich, doch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch hier zu beachten (vgl. BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 11; Fischer, StGB, aaO, § 74b Rn. 3). siehe auch unten Rdn. S. 1 - Einziehung und Strafzumessung |
|
|
10 |
Die
Einziehung ist gemäß § 74 StGB nicht
zwingend, sondern steht im pflichtgemäßen Ermessen
des Tatrichters, was die Urteilsgründe erkennen lassen sollten
(vgl. BGH,
Beschl. v. 14.6.2000 - 2 StR 217/00; BGH, Beschl. v.
23.8.2011 - 4 StR 375/11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4.1.1994 - 4 StR
718/93 - BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1; vgl. auch
BGH, Beschl. v. 16.5.2012 - 3 StR 33/12). Die Urteilsgründe
müssen deshalb nicht nur erkennen lassen, von welchem
Einziehungszweck der Tatrichter ausgegangen ist (strafähnliche
Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, Sicherungseinziehung nach
§ 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB oder unter Umständen auch von
beiden); ihnen muss auch zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht
bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche
Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren
(vgl. BGH, Beschl. v. 23.8.2011 – 4 StR 375/11; BGH, Beschl. v.
4.1.1994 – 4 StR 718/93 - BGHR StGB § 74 Abs. 1
Ermessensentscheidung 1; BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn.
10). Die Einziehung des sichergestellten Gegenstands erübrigt sich etwa, wenn der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung namens seines Mandanten auf die Rückgabe verzichtet hat (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.2008 - 2 StR 143/08). |
|
|
12 |
Nach § 74b Abs. 2 StGB hat das Gericht in den Fällen der §§ 74 und 74a StGB anzuordnen, dass die Einziehung (lediglich) vorbehalten bleibt und eine weniger einschneidende Maßnahme zu treffen, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. § 74b Abs. 2 StGB hat - anders als die Absätze 1 und 3 dieser Norm - als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BVerfG NJW 1996, 246) auch in Fällen obligatorischer Einziehung zwingenden Charakter (BGH NStZ 1981, 104; BGH, Beschl. v. 28.11.2008 - 2 StR 501/08 - BGHSt 53, 69 - NJW 2009, 692). | |
§ 74 Abs. 1 StGB |
|
(1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. ... |
|
|
14 |
Die
Einziehung setzt eine vorsätzliche oder sonst individuell
vorwerfbare Straftat voraus (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1,
§ 74a,
§ 75
StGB; vgl. auch BGH,
Urt. v. 21.8.2002 -
1 StR 115/02 - BGHSt 47, 369 - StV 2002, 601). Eine Einziehung nach § 74 StGB setzt voraus, dass der Gegenstand bei der Begehung gerade der abgeurteilten Tat eine Rolle gespielt hat (BGH, Beschl. v. 20.2.2002 - 3 StR 14/02; BGH, Beschl. v. 30.10.2012 - 3 StR 449/12; BGH, Beschl. v. 14.1.2014 - 2 StR 187/13 betr. Einziehung von Motorradkutten mit Club-Emblemen, die unmittelbar vor der Tat übergezogen wurden, um das optische Droh-Potenzial zu verstärken). Die Einziehung von Tatmitteln ist nach § 74 StGB nur dann zulässig, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6; BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - 3 StR 408/02; vgl. auch BGH, Beschl. v. 28.4.2015 - 3 StR 61/15). Die Feststellungen müssen darüber hinaus belegen, daß das Tatwerkzeug dem Angeklagten gehörte oder ihm sonst zustand (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB; vgl. BGH, Beschl. v. 20.2.2002 - 3 StR 14/02). Eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer der Sache ist (BGH, Beschl. v. 27.9.2011 - 3 StR 296/11; Fischer StGB 58. Aufl. § 74 Rdn. 12a). Hat der Angeklagte etwa den Pkw vor der Entscheidung veräußert, so kommt nach § 74c Abs. 1 Einziehung des Wertersatzes in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 27.9.2011 - 3 StR 296/11). |
|
|
15.1 |
Gemäß § 6, § 8 Abs. 3, § 76 Satz 1 JGG kommt die Einziehung auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht in Betracht (BGH, Beschl. v. 12.7.2000 - StB 4/00, Eisenberg, JGG 6. Aufl. § 6 Rdn. 5). | |
|
20 |
Gemäß
§ 74 Abs. 1 StGB können als Tatwerkzeuge nicht nur
solche Gegenstände eingezogen werden, die zur eigentlichen
Begehung der Tat Verwendung finden bzw. nach der Planung des
Täters hierzu bestimmt sind; der Einziehung unterliegt
vielmehr alles, was die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur
Beendigung (vgl. BGH NJW 1952, 892; BGH bei Dallinger MDR 1970, 559)
überhaupt ermöglicht und zu ihrer
Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist (BGHR StGB
§ 74 Abs. 1 Tatmittel 4; BGH,
Beschl. v. 9.7.2002 - 3 StR
165/02; BGH,
Beschl. v. 5.3.2003 - 2 StR 526/02). Hat der Angeklagte
den Gegenstand lediglich bei der Tat mit sich geführt,
rechtfertigt dies die Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB nicht
(vgl. BGH,
Beschl. v. 15.5.2001 - 3 StR 153/01; vgl. auch BGH, Beschl.
v. 26.4.2016 - 4 StR 111/16 betr.
die bei den Taten vom Angeklagten getragene Bekleidung). Beziehungsgegenstände sind solche, die nicht Werkzeuge oder Produkte der Tat, sondern der notwendige Gegenstand der Tat selbst sind (BGH, Beschl. v. 5.12.1956 - 4 StR 406/56 - BGHSt 10, 28 betr. KFZ beim Fahren ohne Fahrerlaubnis; Fischer, StGB 56. Aufl. § 74 Rdn. 10). Handelt es sich nicht nur um ein Tatmittel i.S.d. § 74 Abs. 1 StGB, sondern auch um einen Surrogatgegenstand i.S.d. § 73 Abs. 2 S. 2 StGB für die Tatbeute der - zeitlich früheren - Tat, kann die Einziehungsentscheidung die Durchsetzbarkeit der Ansprüche des Geschädigten der zeitlich früheren Tat gefährden und diese eine staatliche Einziehung sperren könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2015 - 3 StR 385/15; vgl. auch Joeks in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 74 Rn. 56). Über § 73 Abs.1 S. 2, Abs. 2 S. 2 StGB i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO kann bei diesen Fallkonstellationen eine Entscheidung getroffen werden, die einerseits dem aus der früheren Tat Verletzten ausreichend Zeit gewährt, sich wegen offener Ansprüche aus der gegen ihn gerichteten Tat einen zivilrechtlichen Titel zu verschaffen und aus diesem in den sichergestellten Gegenstand zu vollstrecken, andererseits durch den Auffangrechtserwerb des Staates sicherstellt, dass der Beschwerdeführer den als Tatmittel verwendeten Pkw nicht wieder zurück erlangt, wenn der Geschädigte seine Ansprüche nicht geltend macht und die Zwangsvollstreckung in das sichergestellte Kraftfahrzeug nicht betreibt (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2015 - 3 StR 385/15). Eine Einziehungsanordnung anstelle einer Entscheidung nach § 73 Abs.1 S. 2, Abs. 2 S. 2 StGB i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO dürfte bei dieser Fallkonstellation sich allenfalls dann noch im Rahmen des dem Tatrichter nach § 74 Abs. 1 StGB zustehenden Ermessens bewegen, wenn die Befriedigung der Geschädigtenansprüche anderweit gesichert oder der Verletzte bereits entschädigt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2015 - 3 StR 385/15; vgl. auch Barreto da Rosa NStZ 2012, 419, 421). |
|
|
20.1 |
Der
Gegenstand muss gerade bei der abgeurteilten Tat eine bestimmende
Rolle gespielt haben, die im Urteil festzustellen ist (BGH, Beschl. v.
27.3.2003 - 2 StR 197/03; BGH, Beschl. v. 17.8.2011 - 2 StR 304/11;
Fischer StGB § 74 Rdn. 4). Die nur gelegentliche
Benutzung eines
Gegenstandes im Zusammenhang mit
der Tat reicht nicht aus. Erforderlich ist darüber hinaus,
daß sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen
Vorhabens fördert bzw. nach der Planung des Täters
fördern soll (vgl. BGHR StGB § 74
Abs. 1 Tatmittel 7; BGH,
Beschl. v. 9.7.2002 - 3 StR 165/02;
BGH,
Beschl. v. 8.12.2004 - 2 StR 362/04; BGH,
Beschl. v. 13.7.2004 - 3
StR 189/04). Die Einziehung von Tatmitteln ist nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 19.7.1996 - 2 StR 256/96 - BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6; BGH, Beschl. v. 15.11.2010 - 4 StR 413/10 - StV 2011, 160). Die Anordnung kann daher nicht damit begründet werden, dass die verschiedenen Gegenstände dazu bestimmt waren, künftig von den Angeklagten für die Begehung von Straftaten verwendet zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 15.11.2010 - 4 StR 413/10 - StV 2011, 160). Daß der Angeklagte etwa ein späterhin eingezogenes Mobiltelefon bei der Begehung der Taten gebraucht hat oder daß es hierzu bestimmt gewesen ist, muss sich aus den Urteilsfeststellungen ergeben (BGH, Beschl. v. 28.7.2004 - 2 StR 209/04; BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 251/02). Allein ein insoweit im Urteil erwähnter Umstand, daß die Telefonnummer eines holländischen Dealers in dem Mobiltelefon des Angeklagten gespeichert war, reicht dazu nicht aus (vgl. BGHR § 74 Abs. 1 Tatmittel 6; BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 251/02). Ebensowenig reicht die allgemeine Erwägung aus, "Handys würden von Drogenabhängigen typischerweise auch dazu benutzt, um Kontakt mit den Dealern herzustellen oder von diesen jederzeit erreicht zu werden" (vgl. BGH, Beschl. v. 20.2.2002 - 3 StR 14/02). Die Einziehung des bei der Kurierfahrt eingesetzten Mobiltelefons läßt sich nicht auf § 33 Abs. 2 BtMG stützen, denn diese Vorschrift ermöglicht lediglich die Einziehung von Gegenständen, auf die sich eine Betäubungsmittelstraftat bezieht. Rechtsgrundlage kann vielmehr nur § 74 Abs. 1 StGB sein (vgl. BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1; BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 5; BGH, Beschl. v. 23.7.2002 - 3 StR 240/02; BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 251/02; BGH, Beschl. v. 27.6.2003 - 2 StR 197/03; BGH, Beschl. v. 8.5.2008 - 4 StR 166/08). Die Einziehung eines Mobiltelefons nach § 33 BtMG hat keinen Bestand, da es sich bei dem Mobiltelefon nicht um einen sog. Beziehungsgegenstand handelt (vgl. BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1; BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 251/02). War der Pkw Tatmittel, unterliegt er als solches gemäß § 74 Abs. 1 StGB der Einziehung (vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.2003 - 2 StR 526/02). So unterliegt etwa das einem Tatbeteiligten gehörende Kraftfahrzeug, das für die Fahrt zum Tatort oder zur Flucht nach der Tat benutzt wurde, als Tatmittel gemäß § 74 Abs. 1 StGB der Einziehung (BGH, Beschl. v. 12.7.2000 - StB 4/00; Schäfer in LK 10. Aufl. § 74 Rdn. 17; Horn in SK-StGB 6. Aufl. § 74 Rdn. 8; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 74 Rdn. 8). Die Eintragung der Mutter des Angeklagten als Halterin im Kfz-Brief sagt insoweit nichts darüber aus, daß ihm nicht auch das Eigentum an dem Fahrzeug zusteht (vgl. BGHR BGB § 932 Abs. 2 Erwerb, gutgläubiger 1, 3, 6, 7; BGH, Urt. v. 10.10.2002 - 4 StR 233/02 - BGHSt 48, 40 - wistra 2003, 58). Kam hingegen der Benutzung des zur Flucht verwendeten Fahrzeuges nach der Vorstellung des Angeklagten keinerlei Relevanz für sein Vorgehen zu, so daß es an der notwendigen inneren Verknüpfung zwischen der Benutzung des Fahrzeugs und der Tatbegehung fehlt, scheidet eine Einziehung des Fluchtfahrzeugs aus (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2002 - 3 StR 165/02). Eingezogen werden kann auch der als Transportmittel verwendete Koffer (vgl. BGH, Beschl. v. 1.8.2007 - 5 StR 282/07). Die Anordnung der Einziehung der vom Angeklagten zur Einschleusung verwendeten Blankoaufenthaltserlaubnisaufkleber verstößt gegen § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, da sich diese im Eigentum des zuständigen Amtes befinden, an das sie gemäß § 111k StPO herauszugeben sind (vgl. BGH, Beschl. v. 12.1.2000 - 3 StR 520/99). |
|
|
25 |
Die
aus der Straftat erlangten Betäubungsmittel als solche
unterliegen als Beziehungsgegenstände nicht der Einziehung
nach § 74 StGB, sondern der Einziehung nach § 33
Abs.
2 Satz 1 BtMG (BGH,
Beschl. v. 8.11.2001 - 4 StR 429/01; BGH NStZ-RR
2002,
118, 119; BGH,
Beschl. v. 14.12.2001 - 3 StR 442/01; BGH,
Urt. v.
1.3.2007 - 4 StR 544/06; BGH,
Beschl. v. 30.3.2004 - 3 StR 88/04; BGH,
Beschl. v. 13.2.2004 - 3 StR 501/03; BGH, Beschl. v.
11.10.2012 - 2 StR
291/12; Schmidt,
Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, S.
25; siehe hierzu § 33 BtMG,
Erweiterter Verfall
und Einziehung). Damit scheidet insoweit die Anordnung des
Verfalls nach §
73
StGB und auch die ersatzweise Anordnung des Wertersatzverfalls nach
§ 73a
StGB aus, die nur an Stelle des Verfalls in Betracht
kommt (BGH,
Beschl. v. 8.11.2001 - 4 StR 429/01; BGH,
Urt. v.
10.10.2002 - 4 StR 233/02 - BGHSt 48, 40 - wistra 2003, 58; BGH,
Urt.
v. 1.3.2007 - 4 StR 544/06). Voraussetzung der Einziehung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG ist, daß die Betäubungsmittel Gegenstand der von der Anklage umschriebenen und vom Gericht festgestellten Tat sind (vgl. BGH StV 2000, 613; BGH, Beschl. v. 5.3.2002 - 3 StR 491/01 - NStZ 2002, 438; Weber, BtMG § 33 Rdn. 150). Soweit Rauschgift sichergestellt wurde, das nicht Gegenstand der von der Anklage umfaßten und vom Gericht festgestellten Tat geworden ist, kommt eine Einziehung nicht in Betracht (vgl. u.a. BGH NStZ 2002, 438, 439; BGH, Beschl. v. 3.11.2004 - 2 StR 374/04). Sind daher mit der Abschlußverfügung der Staatsanwaltschaft die Taten gemäß §§ 154 Abs. 1, 154a Abs. 1 StPO auf die mit der Anklage erhobenen Vorwürfe beschränkt, so sind Betäubungsmittel, die die ausgeschiedenen Taten bzw. Tatteile betreffen, nicht nach § 33 Abs. 2 BtMG einziehbar (vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.2002 - 3 StR 491/01 - NStZ 2002, 438). Insoweit ist die Einleitung eines objektiven Verfahrens mit dem Ziel der selbständigen Anordnung der Einziehung gemäß § 76a StGB zu erwägen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.2002 - 3 StR 491/01 - NStZ 2002, 438). Grundlage der Entscheidung über die Einziehung der zum Aufbau und Betrieb der Plantage benötigten Asservate ist § 74 Abs. 1 StGB, denn die Gegenstände sind Tatmittel i. S. dieser Vorschrift. § 33 Abs. 2 BtMG tritt nicht an die Stelle des § 74 StGB; vielmehr dehnt er die Möglichkeit der Einziehung lediglich auf die so genannten Beziehungsgegenstände der Straftat aus, worunter regelmäßig insbesondere die Betäubungsmittel selbst fallen (vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 3 StR 409/08 - StraFo 2009, 81). Streckmittel hingegen können unabhängig von der Eigentümerstellung eingezogen werden, da die konkrete Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.2007 - 1 StR 251/07 - wistra 2007, 427). |
|
|
30 |
Da
der Erlös aus
Betäubungsmittelgeschäften
kein Gegenstand ist, der im Sinne von § 74 Abs. 1 StGB
Tatmittel oder durch die Straftat hervorgebracht worden ist (vgl. BGHR
BtMG § 33 Geld 1), kommt eine Einziehung nach § 74
StGB nur in Betracht, wenn der jeweilige konkrete Geldbetrag zur
Durchführung weiterer
Betäubungsmittelgeschäfte "bestimmt" war und diese
Geschäfte wiederum Gegenstand der Anklage sind (sog.
"Kaufgeld";
vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1, Tatmittel 1
und 2; BGH, Beschl. v. 7.5.1997 - 1 StR 217/97 - NStZ-RR
1997, 318; BGH, Beschl. v. 30.10.2002 - 2 StR 366/02 - NStZ-RR 2003,
57; BGH,
Beschl. v. 15.12.2004 - 2 StR 444/04; BGH,
Beschl. v.
28.7.2004 - 2 StR 209/04; BGH,
Beschl. v. 18.6.2003 - 1 StR 229/03;
vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.7.2012 - 3 StR 210/12: "Dealgeld").
Das Kaufgeld unterliegt daher der Einziehung nach § 74 Abs. 1
StGB. Eine Verfallsanordnung nach § 33
Abs. 1 Nr. 2 BtMG
i.V.m. § 73d
StGB kommt in diesen Fällen aus
Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 7.5.1997
- 1 StR 217/97 - NStZ-RR 1997, 318; NStZ 1993, 340; BGH,
Beschl. v.
12.3.2002 - 1 StR 7/02; Weber, BtMG § 33 Rdn. 137, 143; vgl.
auch BGH,
Beschl. v. 23.10.2012 - 1 StR 481/12).
Für die Annahme von Kaufgeld und einer damit verbundenen
Einziehungsanordnung gemäß § 74 Abs. 1, 2
Nr. 1 StGB ist es ausreichend, wenn sich jedenfalls aus dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, daß
bereits Verhandlungen über den Erwerb stattfanden, so
daß sich der Angeklagte auch insoweit wegen - zumindest
versuchten - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,
möglicherweise in nicht geringer Menge, strafbar gemacht hat
(vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2002 - 3 StR 501/01; Weber, BtMG §
29 Rdn. 91 f.). Beispiel: Bei den 340 € handelte es sich um restliches Kaufgeld, das der Angeklagte zum Erwerb weiterer Betäubungsmittel für den Fall bei sich hatte, dass der von ihm beauftragte Kurier weitere "Bodypacks" mit Betäubungsmitteln hätte zu sich nehmen und nach Deutschland transportieren können. Weil der Angeklagte demnach das Geld nicht für die oder aus der Tat erlangte (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB), unterliegt es nicht dem Verfall, sondern kann gegebenenfalls nach § 74 StGB eingezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 2.10.2012 - 3 StR 371/12; BGH, Beschl. v. 7.5.1997 - 1 StR 217/97 - NStZ-RR 1997, 318 f.; BGH, Beschl. v. 18.6.2003 - 1 StR 229/03; Körner/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 33 Rn. 67; MüKoStGB/Rahlf, 1. Aufl., § 33 BtMG Rn. 92). Handelt es sich nicht um "Kaufgeld", besteht ggfls.die Möglichkeit des gewinnabschöpfenden Verfalls (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.2002 - 1 StR 384/02; siehe hierzu: Verfall und Verfall von Wertersatz). Ist das Geld jedoch durch die Tat weder hervorgebracht noch zur Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen, liegen die Voraussetzungen der Einziehung nicht vor. Dass der Angeklagte das Geld anders hätte nutzen können, qualifiziert es noch nicht zum Tatmittel (vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2007 - 2 StR 573/07). Ist Geld als Bezahlung für ein bereits durchgeführtes Rauschgiftgeschäft an den Verkäufer übergeben worden, ist es als durch die Tat Erworbenes kein Gegenstand im Sinne von § 33 Abs. 2 BtMG, der gemäß § 74 Abs. 1 StGB durch die Straftat hervorgebracht worden wäre (BGHR StGB § 74 Tatmittel 2); eine Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB kommt in solchen Fällen nur in Betracht, wenn der konkrete Geldbetrag bereits wieder zur Durchführung weiterer Betäubungsmittelgeschäfte bestimmt war und diese Geschäfte ebenfalls Gegenstand der Anklage sind (BGH, Beschl. v. 26.2.2003 - 2 StR 492/02). Stammt das "Dealgeld" aus weiteren, hier nicht abgeurteilten Betäubungsmittelstraftaten des Angeklagten, kann es dem erweiterten Verfall nach § 73d StGB unterliegen (BGH, Urt. v. 7.7.2011 - 3 StR 144/11 - BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3; BGH, Beschl. v. 5.7.2012 - 3 StR 210/12). Aus dem Urteil müssen sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die eingezogenen Gegenstände zur Begehung der Taten verwendet worden sind. Ein pauschaler Verweis auf § 33 BtMG reicht insoweit nicht (BGH, Beschl. v. 8.12.2004 - 2 StR 451/04). Die einem Kurier überlassenen Reisespesen sind keine Erlöse. Sie werden zur Durchführung der Tat benötigt und sind daher nicht als aus der Tat erlangter Gewinn abzuschöpfen. Sie unterliegen vielmehr als Tatmittel der Einziehung (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4; BGH, Beschl. v. 23.7.2002 - 3 StR 240/02; BGH, Beschl. v. 4.12.2007 - 2 StR 573/07; BGH, Beschl. v. 5.7.2012 - 3 StR 210/12). Stellt sich entgegen der Deklaration des Angeklagten eines Betrages "Spesen" heraus, dass er diesen ersichtlich als zusätzlichen Kurierlohn erhalten hat, unterliegt dieser Betrag dem Verfall (§ 73 StGB) (vgl. BGH, Beschl. v. 23.7.2002 - 3 StR 240/02; BGH, Beschl. v. 5.7.2012 - 3 StR 210/12). Eine Sicherungseinziehung kommt nur in Betracht, wenn die eingezogenen Gegenstände in Beziehung zur urteilsgegenständlichen Tat stehen. Die zur Begründung der Einziehung allein angeführte Gefahr der Begehung (zukünftiger) rechtswidriger Taten reicht nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 15.6.2005 - 2 StR 61/05). |
|
|
32 |
Beispiel: Am 23. April 2012 fuhr der
Angeklagte mit
einem ihm
gehörenden Fahrzeug der Marke Audi erneut nach K. (Tschechien),
bestellte dort 5 Kilogramm Marihuana, das er am 27. April 2012 dort
abholte und in die Bundesrepublik verbrachte. Der Angeklagte, der von
seiner ehemaligen Freundin zwischenzeitlich angezeigt worden war, wurde
von der Polizei observiert. Als er dies bemerkte, gelang es ihm, sich
von dem Polizeifahrzeug abzusetzen und in einem Waldstück das
Marihuana zu verstecken. Dort wurde es später sichergestellt (vgl.
BGH, Urt. v. 23.7.2014 - 2 StR 20/14). Soweit der Angeklagte den PKW der Marke Audi am 23. April 2012 benutzt hat, um in K. Betäubungsmittel für den 27. April 2012 zu bestellen, genügt dies (noch), um eine Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB zu rechtfertigen. Es handelt sich bei der Nutzung des Fahrzeugs entgegen der Ansicht der Revision nicht lediglich um eine gelegentliche Verwendung im Zusammenhang mit der Tat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2002 - 3 StR 165/02 - BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 7), auch wenn der Angeklagte, der nach der Bestellung nicht zugleich ins Bundesgebiet zurückkehrte, offensichtlich noch andere Dinge erledigte (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2014 - 2 StR 20/14). |
|
|
35 |
Auch
die Einziehung
ausländischer Vermögenswerte ist
grundsätzlich möglich, weil das Strafurteil nur
innerstaatlich wirkt und daher nicht in die
Souveränität des ausländischen Staates
eingreift. Die Vollstreckung richtet sich nach internationalen
Abkommen, etwa dem VN-Suchtstoffübereinkommen vom 20. Dezember
1988 (BGBl. 1993 II 1136; 1996 II 1479), das gemäß
Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 des Übereinkommens die Einziehung
von Erträgen und Vermögenswerten aus
Betäubungsmittelstraftaten zuläßt (BGH,
Urt. v. 27.2.2004 - 2 StR 146/03). |
|
|
40 |
Die Einziehung des ausländischen Führerscheins entfällt, vgl. §§ 69 Absatz 3 Satz 2, 69b StGB; BGH, Beschl. v. 15.1.2002 - 3 StR 461/01. | |
|
45 |
Rechtsgrundlage
für die Einziehung ist nicht § 74
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB ist, da nach § 74 StGB
Gegenstände nur eingezogen werden können, die durch
eine vorsätzliche strafbare Handlung hervorgebracht oder zur
Begehung oder Vorbereitung einer strafbaren Handlung gebraucht worden
oder bestimmt gewesen sind. Im Bereich des KWKG ist dagegen die
Kriegswaffe selbst Objekt der Tat. Die Einziehung richtet sich deshalb
nach § 24
Abs. 1 KWKG (BGH, Beschl. v. 19.8.2010 - 3 StR
281/10). siehe zur Einziehung auch: § 24 KWKG Rdn. 5 - Verhältnis zu § 74 StGB |
|
|
50 |
Vgl. zur Einziehung des Anwartschaftsrechts des Angeklagten auf den als Tatmittel verwendeten PKW: BGH, Beschl. v. 24.1.2011 - 4 StR 619/10 betr. bedingte Sicherungsübereignung | |
|
53 |
Ein Grundstück ist als Tatmittel oder Tatwerkzeug im Sinne von § 74 Abs. 1 Var. 2 StGB grundsätzlich ein geeigneter Einziehungsgegenstand. Gegenstände, die zur Begehung der Tat oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), können eingezogen werden (BGH, Beschl. v. 31.3.2016 - 2 StR 243/15 Rn. 10). | |
§ 74 Abs. 2 StGB |
|
... (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn 1. die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder 2. die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. ... |
|
|
55 |
|
55.5 |
Eine
Einziehung
gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass
der Täter selbst oder ein Teilnehmer zum Zeitpunkt der letzten
tatrichterlichen Entscheidung
Eigentümer der Sache ist (BGH, Beschl. v. 28.9.1971 - 1 StR 261/71
- BGHSt 24, 222, 226 f.; BGH, Urt. v. 27.8.1998 - 4 StR 307/98
-
NStZ-RR 1999, 11; BGH, Urt. v. 8.11.2016 - 1 StR 325/16 Rn. 9); im
Übrigen kommt eine Einziehung
eines im Eigentum eines anderen Tatbeteiligten stehenden Gegenstandes
nur in Betracht, wenn der andere die Verwendung gebilligt oder
leichtfertig zu ihr beigetragen hat (BGH, Beschl. v. 16.7.2013 - 4 StR
144/13; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 74 Rn. 12a). Ob eine Einziehung nur in dem Strafverfahren angeordnet werden kann, das gegen den tatbeteiligten Eigentümer geführt wird (so Fischer, StGB, 64. Aufl., § 74 Rn. 21; Schönke/ Schröder-Eser, StGB, 29. Aufl., § 74 Rn. 43; MüKo-StGB-Joecks, 3. Aufl., § 74 Rn. 59; NK-StGB-Herzog/Saliger, 4. Aufl., § 74 Rn. 44; aA LK-Schmidt, 12. Aufl., § 74 Rn. 24; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 14.10.1997 – 4 StR 442/97) und inwieweit dies auf Revision des von der Einziehung nicht betroffenen Angeklagten der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt, hat der 1. Strafsenat in BGH, Beschl. v. 26.4.2017 - 1 StR 91/17 offen gelassen. |
|
|
55.10 |
Beispiel: Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte Schulden aus einem Autokauf in Höhe von 5.000 €, wobei er den zu diesem Zweck aufgenommenen Kredit in monatlichen Raten von 117 € zurückzahlt. Die - nicht näher begründete - Annahme des Landgerichts, es handele sich um das „Fahrzeug des Angekl.“ bzw. um „sein Fahrzeug“, wird durch diese Feststellungen nicht belegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten im Kraftfahrzeughandel, dass sich die finanzierende Bank Sicherungseigentum übertragen lässt und dies bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nimmt. Solange das Sicherungseigentum fortbesteht, kann der Rückübertragungsanspruch des Täters nach § 74 Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB eingezogen werden (BGH, Urt. v. 8.11.2016 - 1 StR 325/16 Rn. 9; vgl. hierzu für den der Sache nach vergleichbaren Fall der Anwartschaft BGH, Urt. v. 24.8.1972 - 4 StR 308/72 - BGHSt 25, 10). | |
§ 74 Abs. 3 StGB |
|
... (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat. ... |
|
|
75 |
Die selbständige Einziehung eines Gegenstandes gemäß § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB i.V.m. § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB ist nicht im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO, sondern nur im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 440 Abs. 1 StPO möglich (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2003 – 3 StR 405/03 - bei Becker, NStZ-RR 2005, 65, 69; BGH, Urt. v. 12.6.2008 – 4 StR 140/08; BGH, Beschl. v. 16.3.2016 - 4 StR 39/16 - StraFo 2016, 256; BGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 4 StR 202/16 Rn. 2; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 5 StR 309/16; Rosenau in Satzger/ Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 413 Rn. 2). Ist der nach § 440 Abs. 1 StPO erforderliche gesonderte Antrag nicht gestellt worden, fehlt es für eine Einziehung an einer Verfahrensvoraussetzung (BGH, Beschl. v. 16.3.2016 - 4 StR 39/16 - StraFo 2016, 256; BGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 4 StR 202/16 Rn. 2; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 5 StR 309/16). | |
§ 74 Abs. 4 StGB |
|
... (4) Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend. |
|
|
95 |
§ 375 Abs. 2 AO stellt eine besondere
gesetzliche
Vorschrift im Sinne von § 74 Abs. 4 StGB dar (vgl. BGH, Beschl. v.
11.5.2016 - 1 StR 118/16 Rn. 15; BGH, Beschl. v. 31.10.1994 – 5
StR 608/94 - wistra 1995, 30). § 375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erlaubt die Einziehung der Beförderungsmittel, die zur Tat benutzt worden sind. Auch vorausfahrende oder nachfolgende Begleitfahrzeuge, die einen Transport unversteuerter Zigaretten lotsen oder absichern sollen, sind Beförderungsmittel im Sinne des § 375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO (BGH, Beschl. v. 11.5.2016 - 1 StR 118/16 Rn. 15; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.10.1952 – 2 StR 354/52 - BGHSt 3, 355 zur Vorgängervorschrift des § 401 Abs. 1 RAO; Heine in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 375 AO Rn. 25; HilgersKlautsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 54. Lfg., § 375 AO Rn. 50; Jäger in Klein, AO, 12. Aufl., § 375 Rn. 15; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 375 AO Rn. 39 mwN aus der Rspr.; Rolletschke in Rolletschke/ Kemper, Steuerstrafrecht, 92. Lfg., § 375 Rn. 33; zweifelnd dagegen Wegner in MüKo-StGB, Nebenstrafrecht II, 2. Aufl., § 375 AO Rn. 29). |
|
Urteil |
|
|
U.1 |
|
U.1.1 |
Die
einzuziehenden Gegenstände sind in der Urteilsformel so
konkret zu bezeichnen, daß für die Beteiligten und
die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang
der Einziehung besteht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 8, 205, 211 f.; BGH,
Beschl. v. 26.2.1988 - 3 StR 484/87 - BGHR StGB
§ 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH, Beschl. v. 9.7.1998 - 4 StR
250/98; BGH, Beschl. v. 12.10.1999 - 4 StR 391/99; BGH,
Beschl. v.
9.7.2004 - 2 StR 150/04; BGH,
Beschl. v. 28.11.2006 - 4 StR 404/06;
BGH,
Beschl. v. 7.5.2008 - 2 StR 144/08 - StraFo 2008, 302; BGH,
Beschl. v. 24.6.2009 - 2
StR 170/09; BGH,
Beschl. v. 25.8.2009 - 3 StR 291/09 - NStZ-RR 2009,
384 (Ls); BGH, Beschl. v.
22.6.2010 - 4 StR 216/10; BGH, Beschl. v. 29.6.2011 - 1 StR 136/11;
BGH, Beschl. v. 19.10.2011 - 2 StR 399/11; BGH, Beschl. v. 10.1.2012 -
3 StR 400/11; BGH, Beschl. v. 16.10.2012 - 3 StR 406/12; BGH, Beschl.
v. 17.2.2015 - 3 StR 547/14; BGH, Beschl. v. 15.10.2015 - 2 StR 249/15;
BGH, Beschl. v. 26.4.2016 - 4 StR 111/16 Rn. 2; BGH, Beschl. v.
10.11.2016 - 1 StR 453/16 Rn. 2; BGH, Beschl. v. 26.1.2017 – 5 StR 531/16; BGH,
Beschl. v. 10.5.2017 - 2 StR 117/17 Rn. 6;
BGH, Beschl. v. 11.5.2017 - 5 StR 133/17; Fischer, StGB, 62.
Aufl. § 74 Rn. 21a). Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu insbesondere die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts (BGH, Beschl. v. 12.10.1999, 4 StR 391/99; BGH, Beschl. v. 22.6.2010 - 4 StR 216/10; BGH, Beschl. v. 10.5.2017 - 2 StR 117/17 Rn. 6). Dies kann bei umfangreichem Material in einer besonderen Anlage zum Urteilstenor erfolgen (BGHSt 9, 88, 90; BGH, Beschl. v. 7.5.2008 - 2 StR 144/08; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; Fischer StGB 55. Auflage § 74 Rdn. 21); die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt hingegen nicht (vgl. nur BGH, Beschl. v. 10.11.2016 - 1 StR 453/16 Rn. 2; BGH, Beschl. v. 14.5.2014 – 3 StR 398/13 - NStZ-RR 2015, 16; BGH, Beschl. v. 25.8.2009 – 3 StR 291/09; BGH, Beschl. v. 10.5.2017 - 2 StR 117/17 Rn. 6). Die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände, ohne diese selbst näher zu benennen, macht es der Vollstreckungsbehörde unmöglich, den konkreten Einziehungsgegenstand festzustellen. Erst recht gilt dies, wenn darüber hinaus die Einziehungsanordnung schon deswegen nicht ausführbar ist, weil diese bezüglich der benannten Gegenstände nur gilt, "soweit sie dem Angeklagten zu-zuordnen sind". Damit ist die Anordnung weder für das Revisionsgericht noch die Vollstreckungsbehörde nachvollziehbar (BGH, Beschl. v. 29.6.2011 - 1 StR 136/11). Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis bzw. eine Liste genügt dagegen nicht, wenn insoweit nicht hinreichend deutlich wird, um welche Gegenstände bzw. um welche Geldbeträge es sich handelt (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH, Beschl. v. 7.5.2008 - 2 StR 144/08; BGH, Beschl. v. 25.8.2009 - 3 StR 291/09; BGH, Beschl. v. 17.2.2015 - 3 StR 547/14 betr. Sicherstellungsverzeichnis). Der bloße Hinweis auf die "sichergestellten Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien" lässt jede individualisierende Bezeichnung der Einziehungsgegenstände vermissen (vgl. BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09). Eine pauschale Einziehung - etwa von 1078 CDs, DVDs, MCs und LPs unterschiedlichen Inhalts - als Sachgesamtheit kommt nicht in Betracht, wenn es sich schon nicht um eine wirtschaftliche Einheit und damit nicht um eine Sammlung handelte (vgl. BGH, Beschl. v. 19.4.2011 - 3 StR 230/10; Vieweg in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 90 Rn. 22 mwN). Kann das Revisionsgericht den Urteilsgründen etwa die Bezeichnung von Datenspeichern entnehmen, auf denen kinderpornographische Schriften gespeichert waren, kann es die Einziehungsentscheidung insoweit selbst konkretisieren (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2012 - 3 StR 406/12). Das Revisionsgericht kann mangels hinreichender Feststellungen auch nicht in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände nachholen, wenn nach den Urteilsgründen unklar bleibt, ob im Verfahren Gegenstände eingezogen werden, die einem gesondert verfolgten Mittäter gehören (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 14.10.1997 – 4 StR 442/97; BGH, Beschl. v. 10.11.2016 - 1 StR 453/16 Rn. 2; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74 Rn. 21 mwN). siehe auch: Urteil, § 260 StPO |
|
|
U.1.2 |
Enthalten die
Urteilsgründe die bei Betäubungsmitteln
erforderlichen individualisierenden Angaben von deren Art und Menge,
kann das Berufungs- bzw. Revisionsgericht die Bezeichnung der
einzuziehenden Gegenstände insoweit nachholen (vgl. BGHR BtMG
§ 33 Beziehungsgegenstand 2; BGH,
Beschl. v. 13.2.2004 - 3 StR
501/03; BGH,
Beschl. v. 28.11.2006 - 4 StR 404/06; BGH, Beschl. v.
16.10.2012 - 3 StR 406/12). Sofern dies in
Ermangelung näherer Bezeichnung in den Urteilsgründen
in der Revisionsinstanz nicht möglich ist, führt dies
insoweit zur Aufhebung der Entscheidung und zur
Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung (vgl.
etwa BGH,
Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v.
22.6.2010 - 4 StR 216/10; BGH, Beschl. v. 16.10.2012 - 3 StR 406/12). Beispiel: Hinsichtlich der drei weiteren Datenspeicher hält die Einziehungsanordnung rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Für einen von ihnen enthält das Urteil weder eine Bezeichnung zur Individualisierung noch eine Feststellung zu dessen Inhalt. Für die beiden DVDs mit den Bezeichnungen "Blumenengel" (dessen Inhalt war nicht lesbar) und "Archiv 19" (dieser enthält nur das Foto einer unbekannt gebliebenen Person) ist nicht festgestellt, dass es sich um kinderpornographische Schriften handelt. Nur solche können aber gemäß § 184b Abs. 6, § 74 StGB eingezogen werden. Die Mutmaßung des Tatgerichts, die Datenspeicher "könnten nur in Verbindung mit den kinderpornographischen Inhalten der weiteren DVDs stehen", trägt die Einziehungsentscheidung nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2012 - 3 StR 406/12). siehe auch: Urteil, § 260 StPO |
|
|
U.1.3 |
Hat der Angeklagte auf die Herausgabe des sichergestellten Gegenstandes (etwa des Geldes und der Handys) verzichtet, ist die insoweit ansonsten zu treffende Anordnung entbehrlich und entfällt (vgl. BGH, Beschl. v. 6.6.2017 - 2 StR 490/16 Rdn. 2; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 Rn. 41; § 74 Rn. 17). | |
Strafzumessung |
|
|
S.1 |
Einziehung
gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB ist
Nebenstrafe und daher Teil
der Strafzumessung, die eine
Gesamtbetrachtung erfordert (vgl. BGH MDR 1983, 767; BGH, Beschl. v.
16.2.2012 - 3 StR 470/11; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 74 Rn. 2).
Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von
nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender
Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden
Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter
treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH,
Beschl. v. 20.9.1988 - 5 StR 418/88 - BGHR StGB § 46 Abs. 1
Schuldausgleich 16; BGH, Urt. v. 12.10.1993 - 1 StR 585/93 - StV 1994,
76; BGH, Beschl. v. 20.7.2011 - 5 StR 234/11 - StV 2011, 726;
BGH,
Beschl. v. 27.9.2011 - 3 StR 296/11 - NStZ-RR 2011, 370; BGH, Beschl.
v. 16.2.2012 - 3 StR 470/11; BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 2 StR 43/13: Pkw BMW 840 CI;
BGH, Beschl. v. 27.5.2014 - 3 StR 137/14; BGH, Beschl. v.
2.6.2014 - 4 StR 61/14: PKW
Mercedes C 180; BGH, Beschl. v. 9.9.2014 - 5 StR 53/14: PKW VW Golf VI;
BGH, Beschl. v. 2.4.2015 - 3 StR 53/15: PKW Ford Fiesta). Auf den sich daraus ergebenden Zusammenhang von Haupt- und Nebenstrafe braucht das Urteil jedoch nicht einzugehen, wenn die Einziehung im Einzelfall die Bemessung der Hauptstrafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag, also kein bestimmender Zumessungsfaktor ist. Der Wert der nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB eingezogenen Gegenstände ist insoweit nicht anders zu beurteilen als andere Gesichtspunkte der Strafzumessung. Seiner ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen bedarf es deshalb nur, wenn er im konkreten Fall im Verhältnis zu den anderen Zumessungsgründen ein solches Gewicht hat, daß ihm maßgebliche Bedeutung für die Strafhöhe zukommt (vgl. BGH MDR 1984, 241; BGH, Beschl. v. 14.6.2000 - 2 StR 217/00; vgl. auch BGH, Beschl. v. 14.4.2011 - 2 StR 34/11). Eine entsprechende Berücksichtigung kann – bei näherer Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten – zur Erzielung eines Schuldausgleichs geboten sein (vgl. BGH, Beschl. v. 20.9.1988 – 5 StR 418/88 - BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 16; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – 1 StR 585/93 - BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1 jeweils mwN), weil die Einziehungsanordnung als Nebenstrafe angesichts des möglicherweise nicht unbeträchtlichen Werts des eingezogenen Gegenstands einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt darstellt (vgl. BGH, Beschl. v. 20.7.2011 - 5 StR 234/11 [PKW Audi A8]; BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 3 StR 470/11 [gebrauchter PKW]; BGH, Beschl. v. 27.5.2014 - 3 StR 137/14: [PKW VW Passat Kombi]; BGH, Urt. v. 23.7.2014 - 2 StR 20/14 [PKW Audi]). Kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass das Tatgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte, kann dies den Wegfall des gesamten Strafausspruchs und auch die Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung zur Folge haben, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschl. v. 27.5.2014 - 3 StR 137/14; BGH, Beschl. v. 20.7.2011 - 5 StR 234/11 - StV 2011, 726; BGH, Urt. v. 12.10.1993 - 1 StR 585/93 - StV 1994, 76). siehe auch oben Rdn. 5 - Strafähnlicher Charakter der Einziehung Zur Berücksichtigung des Wertes der eingezogenen Gegenstände bei der Strafzumessung siehe auch: § 46 StGB Rdn. 130.2 - Einziehung |
|
Prozessuales |
|
|
Z.1 |
|
Z.1.1 |
Die
Einziehung durch das Revisionsgericht allein auf Grund der Revision
des Angeklagten kommt nicht in Betracht (Gegenschluß aus
§ 358
Abs. 2 StPO; vgl. BGH,
Beschl. v. 7.2.2001 - 3 StR
579/00). siehe auch: Bindung des Untergerichts; Verbot der Schlechterstellung, § 358 StPO |
|
|
Z.2 |
Ein
Ausscheiden der ggfls. komplexen oder schwierigen Einziehung von
Gegenständen kann nach § 430
StPO in drei Fallgruppen
geschehen: Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft kann das Gericht die Verfolgung der Tat auf anderweitige Rechtsfolgen beschränken, wenn 1. die Einziehung neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder wenn soweit es die Einziehung betrifft, 2. das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde oder 3. die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde. Eine Verfolgungsbeschränkung kann nach § 430 Abs. 2 StPO bereits im Ermittlungsverfahren vorgenommen werden. Über § 442 StPO gilt diese Vorschrift auch für den Verfall, die Vernichtung, die Unbrauchbarmachung und die Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes. Die Beschränkung nach § 430 Abs. 1 StPO beschwert den Angeklagten nicht und bedarf nicht seiner Zustimmung (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 471/09). Eine Beschränkung durch das Revisionsgericht nach entsprechendem Antrag der Staatsanwaltschaft kann angemessen erscheinen, wenn fraglich erscheint, ob in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können, dies jedenfalls einen unangemessenen Aufwand erfordern würde (vgl. BGH, Beschl. v. 30.10.2012 - 3 StR 449/12). |
|
|
Z.8 |
|
Z.8.1 |
Auf
§ 74 StGB wird verwiesen in: § 74a StGB siehe auch: Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung, § 74a StGB § 74b StGB siehe auch: Verhältnismäßigkeit, § 74b StGB § 74e StGB siehe auch: Wirkung der Einziehung, § 74e StGB § 75 StGB siehe auch: Sondervorschrift für Organe und Vertreter, § 75 StGB § 76a StGB siehe auch: § 76a StGB, Selbständige Anordnung |
|
|
|
§ 74 StGB wurde mit Wirkung vom 1.7.2017
geändert
durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung
vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872).
Zuvor hatte
die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 74 StGB Voraussetzungen der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn 1. die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder 2. die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat. (4) Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend." |
|
Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) 7. Titel (Verfall und Einziehung) |
|
© 2000-2017 Peter Wiete • E-Mail: info@wiete-strafrecht.de