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§
73a StGB
Erweiterte Einziehung von
Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Voraussetzung für eine auf
§ 73
Abs. 1 Satz 1,
§ 73a Satz 1 StGB gestützte Anordnung des Verfalls von
Wertersatz ist eine von
der Anklage erfasste und vom Tatrichter
festgestellte Tat (vgl. BGH,
Beschl. v. 20.4.2010 – 4 StR 119/10
- NStZ-RR 2010, 255; BGH,
Beschl. v. 28.7.2004 – 2 StR
209/04 - NStZ-RR 2004, 347, 348; BGH, Beschl.
v. 28.3.1979 –
2 StR 700/78 - BGHSt 28, 369, 370). Daran fehlt es, wenn das Verfahren hinsichtlich dieser Tat (vorläufig) beendet und die Verhängung von Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren ohne Wiederaufnahme nach § 154 Abs. 3 StPO (vgl. § 76a Abs. 1, Abs. 3 StGB) nicht mehr möglich war (vgl. BGH, Beschl. v. 7.4.2016 - 1 StR 632/15 Rn. 5: Hinsichtlich dieser Tat hatte die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen; vgl. entsprechend BGH, Beschl. v. 7.1.2003 – 3 StR 421/02 - NStZ 2003, 422 zu § 154 Abs. 2 StPO). |
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Leitsatz:
Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen
Jugendliche oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet
wird, ist zulässig; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten
nicht
mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist (BGH,
Urt. v. 17.6.2010 - 4
StR 126/10 - Ls.). Die Verhängung der in §§ 73 ff. StGB vorgesehenen Maßnahmen auch bei Jugendlichen und solchen Heranwachsenden zulässig, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird ist zulässig, und zwar, wie sich schon aus § 73a StGB ergibt, unabhängig davon, ob der Wert noch im Vermögen des Jugendlichen vorhanden ist (Altenhain aaO; a.A. Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen JGG 5. Aufl. § 6 Rdn. 3; wohl auch Brunner/Dölling JGG 11. Aufl. § 6 Rdn. 3, 6, 7). Der Vermeidung von Härten dient allein § 73 c StGB (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10). siehe hierzu näher: § 73, Voraussetzungen des Verfalls - Rdn. 13 |
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§ 73a Satz 1 StGB |
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10 |
Wertersatzverfall
erfolgt, soweit der Verfall nicht möglich
ist, jedoch wird auch hierbei vorausgesetzt, dass der Täter
zunächst 'etwas' im Sinne des § 73
StGB erlangt hat
(BGH NStZ 2003, 198, 199; BGH,
Beschl. v. 11.10.2005 - 1 StR 344/05 -
StV 2006, 135). siehe hierzu: § 73 StGB, Voraussetzungen des Verfalls - Rdn. 15.2 ff. - Erlangt Beispiel: Nach den Feststellungen erwarb der Zeuge Z. im Auftrag des Angeklagten 100 Gramm Kokain zu einem Kaufpreis von 3.000 €. Ob und gegebenenfalls zu welchem Kaufpreis der Angeklagte das Kokain weiterverkauft hat, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Dies wäre aber für die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73 Abs. 1, § 73a Satz 1 StGB erforderlich gewesen, da ein solcher voraus-setzt, dass der Angeklagte entweder "für die Tat" oder "aus der Tat" etwas erlangt hat. Bezüglich des nicht sichergestellten Rauschgifts steht einer Wertersatzeinziehung entgegen, dass der Angeklagte nicht wirksam Eigentum an diesem erlangen konnte (§ 134 BGB). Damit tragen die Feststellungen die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 3.000 € nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2012 - 3 StR 382/12). Der wesentliche Unterschied zwischen dem Verfall des Wertersatzes und dem Verfall besteht darin, dass der Verfall greifbar ist, wohingegen der Wertersatz ermittelt werden muss. Nach § 73 Abs. 1 S. 1 StGB hat das Gericht zwingend den Verfall anzuordnen, wenn der Täter eine rechtswidrige Tat begangen und für sie oder aus ihr etwas erlangt hat. Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus anderen Gründen nicht möglich ist, tritt gemäß § 73a StGB der Verfall des Wertersatzes an die Stelle des Erlangten. Die Abschöpfung erfolgt nach dem Bruttoprinzip, wonach grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfallen zu erklären ist (vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 11; BGH, Urt. v. 4.3.2010 - 3 StR 559/09; BGH, Beschl. v. 6.8.2013 - 3 StR 128/13). Beispiel: Der Angeklagte hat zumindest 10.500,-- Euro im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB aus der Veräußerung von Drogen erlangt. Dieses Geld ist aber nicht mehr individualisierbar im Vermögen des Angeklagten vorhanden, so dass lediglich die Anordnung von Wertersatzverfall in Betracht kommt (§ 73a StGB). Soweit die Strafkammer davon ausgegangen ist, es handele sich bei den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Geldscheinen "jedenfalls ganz überwiegend" um Erlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften, hat sie sich damit nicht die für eine Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 StGB erforderliche Überzeugung verschaffen können, dass sämtliche Geldscheine unberührt und unvermischt aus der Veräußerung von Drogen erlangt worden sind. Mit Blick auf eine eingetretene Vermischung von Geldern scheidet deshalb Verfall zugunsten von Wertersatzverfall aus (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.2015 - 2 StR 96/15 Rn. 9; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl. § 33, Rn. 145). Die Höhe des nach § 73a Satz 1 StGB für verfallen zu erklärenden Geldbetrages bestimmt sich nach dem Wert des nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat Erlangten, dessen Verfall aus den in § 73a Satz 1 StGB genannten Gründen nicht mehr angeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.2002 – 1 StR 281/02 - NStZ 2003, 198, 199; BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 4 StR 58/13; MüKo-StGB/Joecks, 2. Aufl., § 73a Rn. 14 mwN). Die Wertbestimmung erfolgt nach dem Bruttoprinzip, sodass bei Rauschgiftgeschäften der tatsächlich erzielte Verkaufserlös – ohne Abzug von Einkaufspreis, Transportkosten etc. – anzusetzen ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.6.1999 – 4 StR 135/99 - NStZ-RR 2000, 57, 58 mwN; BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 4 StR 58/13). Ein Fremdwährungsbetrag ist entsprechend dem im Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung am ... geltenden Wechselkurs (z.B. 0,8233 €/CHF) in Euro umzurechnen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.2015 - 2 StR 96/15 Rn. 10). |
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10.1 |
Ist
nicht festgestellt, dass die Verkaufserlöse bei dem
Angeklagten noch gesondert vorhanden sind und ist im Hinblick auf den
Zeitablauf zwischen Tatbegehung und seiner Festnahme hiervon auch nicht
auszugehen, kommt nicht die Verfallsanordnung sondern die Anordnung des
Verfalls von Wertersatz nach § 73a StGB in Betracht (vgl. BGH,
Beschl. v. 14.3.2007 - 2 StR 54/07). So bildet beispielsweise die Rechtsgrundlage für den Verfall der Vergütung, die der Angeklagte für seine Fahrerdienste und damit unmittelbar aus der Tat erlangt hat, § 73a StGB i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4; BGH, Beschl. v. 15.4.2003 - 3 StR 100/03). |
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10.2 |
Auch
der Wertersatzverfall (§ 73a StGB) ist gemäß § 73
Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen, soweit dem Verletzten aus der Tat
ein Ersatzanspruch erwachsen ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 14.3.2002 - 3
StR 9/02; BGH, Beschl. v. 10.4.2013 - 2 StR 19/13 Rn. 22). Der Anordnung des Verfalls von Wertersatz können zivilrechtliche Ansprüche der Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, der auch bei § 73a StGB anwendbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 15.5.2003 - 3 StR 109/03; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 a Rdn. 3). Ob der Geschädigte möglicherweise ganz oder teilweise durch eine Versicherung entschädigt worden ist, bleibt bei der - gegebenenfalls im Wege der Schätzung nach § 73b StGB zu ermittelnden - Höhe des den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB begrenzenden Gegenanspruchs außer Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2008 - 3 StR 390/08; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 443/09; OLG Düsseldorf NStZ 1986, 222 f.; zust. Fischer StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 23; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rdn. 78). siehe hierzu: § 73 StGB, Voraussetzungen des Verfalls - Rdn. 25 ff. - Vorrangige Ansprüche Dritter |
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15 |
Bei
der Anordnung von Wertersatzverfall können Umfang und Wert
des Erlangten geschätzt werden. Allerdings darf das Gericht in
einem solchen Fall nicht willkürlich und ohne ein
Mindestmaß an zureichenden Anhaltspunkten vorgehen; die
notwendigen Einzelheiten müssen vielmehr soweit
geklärt sein, dass eine hinreichend
sichere
Schätzungsgrundlage gegeben ist (BGH,
Beschl. v. 27.6.2001 - 5
StR 181/01 - NStZ-RR 2001, 327; BGH,
Beschl. v. 21.2.2007 - 2
StR 586/06; vgl. zu den Kriterien und Voraussetzungen einer
Schätzung insb. BGH,
Beschl. v. 10.11.2009 - 1 StR 283/09 -
wistra 2010, 148). Zu einer solchen Schätzung bei einer Ernte
von angebauten Cannabispflanzen vgl. BGH,
Urt. v. 19.1.2005 -
2 StR 402/04. siehe auch: Schätzung, § 73b StGB |
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Urteil |
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U.1 |
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U.1.1 |
Richtet
sich die Verfallsanordnung
gegen mehrere Angeklagte, muss die
Urteilsformel klartellen, ob sich die Verfallsanordnung gegen die
Angeklagten Gesamtschuldner richtet (vgl. BGH, Beschl. v. 1.6.1995 - 1
StR 181/95; BGH,
Beschl. v. 5.3.2002 - 4 StR 565/01; BGH,
Beschl. v.
15.12.2009 - 3 StR 450/09). Anders als bei einer Anordnung
nach §
111i
Abs. 2 StPO, bedarf es bei der Anordnung von Wertersatzverfall
nach § 73a StGB des Ausspruchs über die gesamtschuldnerische
Haftung mehrerer Täter oder Teilnehmer schon im tatrichterlichen
Urteil, weil nach § 459g
Abs. 2 StPO aus der Verfallsanordnung im
Strafurteil wie aus einem zivilgerichtlichen Zahlungstitel nach den
§§ 459
ff. StPO vollstreckt werden kann. Dies erfordert
– nicht anders als in einem zivilgerichtlichen Urteil und
entsprechend den dort verwendeten Formulierungen – die Aufnahme
einer (im Urteilszeitpunkt bekannten) gesamtschuldnerischen Haftung
schon in den "Titel" (BGH, Beschl. v. 25.9.2012 - 4 StR 137/12; BGH,
Beschl. v. 23.11.2011 – 4 StR 516/11 - NStZ 2012, 382, 383; vgl. ferner
BGH,
Beschl. v. 6.7.2007 – 2 StR189/07). Für verfallen erklärte Geldbeträge müssen in der Urteilsformel, einer Anlage hierzu oder in den Urteilsgründen so konkret bezeichnet werden, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang des Verfalls geschaffen und eine rechtliche Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglicht wird. Die Bezeichnung der Liste der Überführungsstücke genügt in einem solchen Fall genausowenig wie die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis (vgl. hierzu BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH, Beschl. v. 28.1.1998 - 2 StR 641/97), da hierdurch noch nicht ersichtlich wird, um welche Gegenstände es sich handelt und wenn oder wozu sie dienten (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2003 - 2 StR 197/03 betr. Verfallserklärung des "asservierten Geldes"). siehe zur Urteilsformel auch: Urteil, § 260 StPO Beispiel: Soll hinsichtlich eines Anteils von 20.000 € eine gesamtschuldnerische Haftung der Angeklagten A und B und darüber hinaus eine weitergehende Haftung des Angeklagten A in Höhe von 80.000 € angeordnet werden, darf die Fassung des Tenors nicht eine einzelschuldnerische Haftung eines Angeklagten in Höhe von 100.000 € und des weiteren Angeklagten in Höhe von weiteren 20.000 € zum Ausdruck bringen. Richtig lautet die diesbezügliche Urteilsformel daher wie folgt: "Gegen den Angeklagten A und die Angeklagte B als Gesamtschuldner wird der Verfall von Wertersatz in Höhe von 20.000 € und gegen den Angeklagten A darüber hinaus in Höhe von weiteren 80.000 € angeordnet" (vgl. BGH, Beschl. v. 6.7.2007 - 2 StR 189/07). Anders als bei einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO, bei der insbesondere wegen des erst erhebliche Zeit später gegebenenfalls eintretenden Auffangrechtserwerbs des Staates und der während dieses Zeitraums möglicherweise eintretenden Veränderungen (etwa durch Teilzahlungen oder das Bekanntwerden eines Mittäters) eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter oder Teilnehmer nicht in den Urteilstenor aufgenommen, sondern erst in der Entscheidung nach § 111i Abs. 6 StPO ausgesprochen werden muss (BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 215/10 - BGHSt 56, 39, 52), bedarf es bei der Anordnung von Wertersatzverfall nach § 73a StGB des Ausspruchs über die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter oder Teilnehmer schon im tatrichterlichen Urteil. Denn der Staat erwirbt bei der Anordnung von Wertersatzverfall nicht nur einen Zahlungsanspruch (vgl. SSW-StGB/Burghart, § 73e Rn. 2), er kann diesen vielmehr nach § 459g Abs. 2 StPO wie eine Verurteilung, die zu einer Geldzahlung verpflichtet, also nach den §§ 459 ff. StPO, vollstrecken. Dies erfordert - nicht anders als in einem zivilgerichtlichen Urteil und entsprechend den dort verwendeten Formulierungen - die Aufnahme einer (im Urteilszeitpunkt bekannten) gesamtschuldnerischen Haftung schon in den "Titel" (BGH, Beschl. v. 23.11.2011 - 4 StR 516/11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 6.7.2007 - 2 StR 189/07). Wird in der Urteilsformel lediglich festgestellt, dass der Angeklagte A. aus den Taten insgesamt 25.900 € sowie der Angeklagte B. insgesamt 3.450 € erlangt haben und "dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung - einschließlich Verfall von Wertersatz oder erweitertem Verfall - nicht entgegenstehen, hält die Entscheidung bezüglich des Verfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an einer vollstreckbaren, in die Entscheidungsformel aufzunehmenden Anordnung (vgl. BGH, Urt. v. 3.9.2015 - 3 StR 236/15; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 39). siehe auch: § 260 StPO, Urteil, Rdn. 95.3.12 |
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U.2 |
Die Ausführungen des Tatgerichts zur Verfallsanordnung müssen erkennen lassen, wie es den Verfallsbetrag ermittelt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.8.2006 - 2 StR 282/06 - NStZ-RR 2006, 376; BGH, Beschl. v. 24.8.2011 - 2 StR 109/11). Erforderlich ist zugleich, dass erkennbar wird, in welchem Umfang das Gericht von der Härteregelung des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschl. v. 24.8.2011 - 2 StR 109/11). | |
Prozessuales |
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Z.1 |
Ebenso
wie beim Verfall ist auch ein Ausscheiden
der ggfls. komplexen
oder schwierigen Anordnung des Wertersatzverfalls
nach
§ 430
Abs. 1 StPO i.V.m. § 442
StPO in drei
Fallgruppen möglich: Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft kann das Gericht die Verfolgung der Tat auf anderweitige Rechtsfolgen beschränken, wenn 1. die Einziehung neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder wenn soweit es die Einziehung betrifft, 2. das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde oder 3. die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde. Eine Verfolgungsbeschränkung kann nach § 430 Abs. 2 StPO bereits im Ermittlungsverfahren vorgenommen werden. Dies gilt nicht nur für den Verfall, sondern auch für die Einziehung, die Vernichtung, die Unbrauchbarmachung und die Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes. Vgl. etwa die Beschränkung auf die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes, weil das Verfahren, soweit es den allein zu prüfenden Verfall des Anwartschaftsrechts auf den Erwerb des Eigentums an dem vom Angeklagten unter Eigentumsvorbehalt gekauften Pkw betrifft, die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Taten unangemessen erschweren würde (vgl. BGH, Beschl. v. 29.10.2002 - 4 StR 322/02). Auf die Anwendbarkeit der §§ 430, 442 StPO hat der Bundesgerichtshof ferner etwa anlässlich einer Verfallsentscheidung des Tatgerichts über einen Betrag von 10 € hingewiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 507/09). Die Anordnung des Wertersatzverfalls kann nach den § 430 Abs. 1, § 442 Abs. 1 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auch vom Rechtsmittelgericht von der Verfolgung ausgenommen werden, etwa wenn das frühere Tatgericht rechtsfehlerhaft die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht geprüft hat (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 484/09). Die Beschränkung beschwert den Angeklagten nicht und bedarf nach § 430 StPO nicht seiner Zustimmung (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 471/09). |
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Z.4 |
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Z.4.5 |
Der Revisionsbegründung kann zu entnehmen sein, dass der Angeklagte die nach § 73a StGB getroffene Verfallsanordnung nur insoweit angreifen will, als sie einen bestimmten Betrag übersteigt. Die darin liegende Beschränkung der Revision auf einen Teilbetrag der Verfallsanordnung ist wirksam, wenn weder die tatsächlichen Feststellungen, noch die vom Tatgericht im Übrigen getroffenen Wertungen in Zweifel gezogen werden. Das Revisionsgericht kann daher über das Rechtsmittel in den vorgegebenen Grenzen entscheiden, ohne dabei Urteilselemente prüfen zu müssen, die den Schuld- (vgl. RG, Urt. v. 2.12.1932 – I 1181/32 - RGSt 67, 29, 30; LK/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 318 Rn. 102) oder Rechtsfolgenausspruch einschließlich der von der Anfechtung ausgenommenen Teile der Verfallsanordnung tragen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 4 StR 58/13). | |
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Z.4.10 |
Der vom Senat nach § 33 Abs. 1, § 2 Abs. 1
RVG
festzusetzende Gegenstandswert
für die Gebühren der
Tätigkeit des Vertreters der Verfallsbeteiligten im
Revisionsverfahren bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der
Verfallsbeteiligten an der Aufhebung und dem Entfallen der
erstinstanzlichen Verfallsanordnung sowie an der Abwehr der Revision
der Staatsanwaltschaft, soweit diese das Unterlassen einer
weitergehenden Verfallsanordnung mit der Sachrüge beanstandet hat
(vgl. BGH, Beschl. v. 30.4.2014 - 1 StR 53/13). Der 1. Senat hat offen gelassen, ob der Auffassung zu folgen ist, dass sich der Gegenstandswert insoweit verringert, als die Verfallsanordnung erkennbar nicht durchsetzbar wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 30.4.2014 - 1 StR 53/13; zu einem solchen Fall vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.2006 – 5 StR 119/05, noch zu § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 61 Abs. 1 RVG aF). |
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Z.7 |
Die Anordnung des Wertersatzverfalls entspricht nicht der Verhängung einer - im Jugendgerichtsgesetz nicht vorgesehenen - Geldstrafe. Zwar wird die vom Gericht bestimmte Geldsumme wie eine Geldstrafe beigetrieben (§ 459g Abs. 2 StPO); dem zu Wertersatzverfall Verurteilten droht jedoch im Falle der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe (BGH, Urt. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 459 g Rdn. 7; vgl. demgegenüber BGH, Urt. v. 13.7.1954 - 1 StR 465/53, BGHSt 6, 258 zu § 401 Abs. 2 RAbgO). | |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 73a StGB wird verwiesen in: § 111i StPO siehe auch: § 111i StPO, Verlängerung von Beschlagnahme oder Arrest; Auffangrechtserwerb § 442 StPO siehe auch: § 442 StPO, Der Einziehung gleichstehende Rechtsfolgen |
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Z.8.2 |
§ 73a StGB wurde mit Wirkung vom 1.7.2017
geändert
durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung
vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872).
Zuvor hatte
die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 73a StGB Verfall des Wertersatzes Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 abgesehen wird, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt." Diese Vorschrift ist auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für bestimmte Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar. "Artikel 316h EGStGB |
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Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) 7. Titel (Verfall und Einziehung) |
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