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§
111 StGB
Öffentliche Aufforderung zu
Straftaten
(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter (§ 26) bestraft. (2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Strafe darf nicht schwerer sein als die, die für den Fall angedroht ist, daß die Aufforderung Erfolg hat (Absatz 1); § 49 Abs. 1 Nr. 2 ist anzuwenden. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 111 StGB ist ein Äußerungsdelikt (BGH, Beschl. v. 14.4.2015 - 3 StR 602/14; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 111 Rn. 2; LK/Rosenau, § 111 Rn. 14). Aufgrund dessen ist - wie auch im Fall des § 130 Abs. 1 StGB - bei der Veröffentlichung einer fremden Erklärung zu fordern, dass der Veröffentlichende diese unmissverständlich zu seiner eigenen machen will (vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2015 - 3 StR 602/14; BGH, Beschl. v. 20.2.1990 - 3 StR 278/89 - NJW 1990, 2828, 2831; OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.2002 - 3 Ss 317/02 - NStZ-RR 2003, 327, 328; Fischer aaO, § 111 Rn. 2a). In dem bloßen Abspielen eines Liedes ist ein derartiges zu Eigen machen noch nicht zu sehen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2015 - 3 StR 602/14). | |
§ 111 Abs. 1 StGB |
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Fordert ein Text nach seinem Gesamtzusammenhang zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen eine inländische Bevölkerungsgruppe auf und erfüllt er zwar damit den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB), genügt dies für sich genommen für die Verwirklichung des § 111 Abs. 1 und 2 StGB indessen nicht. Dieser Tatbestand setzt weitergehend voraus, daß zumindest erkennbar wird, in welcher strafrechtlich relevanten Weise gegen die Mitglieder der angegriffenen Bevölkerungsgruppe vorgegangen werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 233/04). | |
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Der
Begriff "Verbreiten"
wird in mehreren Straftatbeständen
des StGB verwendet (vgl. u.a. §§ 86, 86a,
184,
186
StGB). Der Gesetzgeber hat den Begriff nicht näher abgegrenzt.
Er unterliegt deshalb der Auslegung, wobei insbesondere auf den
Grundgedanken der jeweiligen Vorschrift abzustellen ist (vgl. BGH,
Urt.
v. 22.12.2004 - 2 StR 365/04). siehe zum Verbreiten von Schriften auch: Volksverhetzung, § 130 StGB; Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, § 166; Verbreitung pornographischer Schriften, § 184 StGB; Strafantrag, § 194 StGB; § 90 StGB; Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, § 90a StGB; § 90b StGB |
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Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 111 Abs. 2 StGB: 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen Die Strafe darf nach Abs. 2 im Falle des Ausbleiben des Erfolgs nicht schwerer sein als die, die für den Fall angedroht ist, daß die Aufforderung Erfolg hat (Absatz 1); § 49 Abs. 1 Nr. 2 ist anzuwenden. |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die
Verjährungsfrist des § 111 Abs. 1 StGB richtet sich
nach der Haupttat, zu der erfolgreich aufgefordert wurde. Für
§ 111 Abs. 2 StGB beträgt die
Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 78
Abs. 3 Nr.
4 StGB). |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In § 111 StGB wird verwiesen auf: § 11 StGB siehe auch: Personen- und Sachbegriffe, § 11 StGB § 26 StGB siehe auch: Anstiftung § 26 StGB § 49 StGB siehe auch: Besondere gesetzliche Milderungsgründe, § 49 StGB |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 6. Abschnitt (Widerstand gegen die Staatsgewalt) |
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