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§
154 StGB
Meineid
(1) Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch schwört, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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Das
deutsche Strafrecht gilt für im Ausland begangene Taten nach
§ 154 StGB unabhängig vom Recht des Tatorts in einem
Verfahren, das im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes bei
einem Gericht oder einer anderen deutschen Stelle anhängig ist,
die zur Abnahme von Eiden oder eidesstattlichen Versicherungen
zuständig ist (§ 5
Nr. 10 StGB). siehe auch: Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, § 5 StGB |
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§ 154 Abs. 1 StGB |
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10 |
Nach § 155 StGB stehen dem Eid die den Eid ersetzende Bekräftigung und die Berufung auf einen früheren Eid oder auf eine frühere Bekräftigung gleich. | |
§ 154 Abs. 2 StGB |
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... (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. |
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Angesichts
einer aus Rechtsgründen nicht angezeigten, mithin
objektiv verfahrensfehlerhaften Vereidigung kann die Annahme eines
minder schweren Falls auf der Hand liegen (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.1960
– 1 StR 609/59 - BGHSt 17, 128, 136; BGH, Beschl. v. 4.7.2012
- 5 StR 219/12; Fischer, StGB, 59. Aufl.,
§ 154 Rn. 19 mwN). Bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall des Meineids nach § 154 Abs. 2 StGB vorliegt, muss strafmildernd berücksichtigt werden, dass bereits die Voraussetzungen für eine Vereidigung des als Zeugen vernommenen Angeklagten nach der seit 1. September 2004 geltenden Neuregelung des § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO, wonach die Nichtvereidigung eines Zeugen der Regelfall und die Vereidigung die Ausnahme ist, bei zutreffendem Rechtsverständnis nicht vorlagen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Aussage des Angeklagten für das Ermittlungsverfahren, das anschließend ohne Verzögerung gegen X weiterbetrieben wurde, schon damals absehbar nicht von ausschlaggebender Bedeutung war und die Urteilsfeststellungen nicht erkennen lassen, dass eine Vereidigung zur Herbeiführung einer wahren Aussage notwendig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2012 - 5 StR 219/12; Ignor/Bertheau in LR, 26. Aufl., § 59 Rn. 6 ff.). Bei der Strafrahmenwahl hatte das Tatgericht zutreffend eine Strafmilderung wegen der unterbliebenen – jedoch objektiv gebotenen – Belehrung gemäß § 55 StPO verneint, weil der zur Aussage entschlossene Angeklagte sich auch durch den Hinweis auf sein Aussageverweigerungsrecht nicht von der Falschaussage hätte abhalten lassen (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.1991 – 3 StR 342/90 - BGHR StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 4) und hatte zudem rechtsfehlerfrei das Vorliegen eines Eidesverbots nach § 60 Nr. 2 StPO verneint (vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2012 - 5 StR 219/12). siehe hierzu auch nachstehend: Rdn. S.3.2 - Strafmildernde Erwägungen sowie Zusammentreffen von Milderungsgründen, § 50 StGB |
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Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 154 Abs. 1 StGB: 1
Jahr bis 15
Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 154 Abs. 2 StGB: 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monate 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe |
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S.3 |
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S.3.2 |
Zugunsten
des Angeklagten ist zu berücksichtigen, wenn ihm bei
seiner Vernehmung ein Zeugnisverweigerungsrecht (etwa
gemäß § 384 Nr. 2 ZPO)
zustand, er hierüber aber nicht belehrt wurde. Ist die Belehrung
unterblieben und läßt sich weder ausschließen,
daß der Angeklagte in Unkenntnis vom Weigerungsrecht war, noch
daß er möglicherweise sonst nicht ausgesagt hätte,
liegt ein bedeutsamer Strafmilderungsgrund vor (vgl. BGH,
Beschl. v.
13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005, 33; auch BGH, Besch. v.
20.7.1977
- 2 StR 282/77). Darauf, ob dem vernehmenden Gericht bekannt war,
daß beim Angeklagten die Voraussetzungen des
Zeugnisverweigerungsrechts vorlagen, kommt es nicht an (vgl. BGH,
Beschl. v.
13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005,
33; BGH NStZ 1984,
134). Gleiches gilt, wenn der Angeklagte nicht über sein Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 Abs. 2 StPO) belehrt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005, 33; BGH StV 1986, 341). Maßgebend ist auch hier, daß objektiv ein Auskunftsverweigerungsrecht gegeben war; auf die Kenntnis des vernehmenden Richters kommt es nicht an (vgl. u.a. BGHR StGB § 157 Abs. 1 Falschaussage, uneidliche 3; BGH StV 1987, 195; 1995, 249; BGH, Beschl. v. 13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005, 33). siehe auch: Auskunftsverweigerungsrecht § 55 StPO --> Abs. 2; Aussagenotstand, § 157 StGB --> Belehrungsmängel Ein Verstoß gegen das Vereidigungsverbot stellt einen Strafmilderungsgrund dar, unabhängig davon, ob der vernehmende Richter zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Verdacht haben konnte (vgl. u.a. BGHSt 23, 30 f.; BGHR StGB § 154 Abs. 2 Milderungsgründe 1 und Vereidigungsverbot 1 und 2; BGH, Beschl. v. 13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005, 33). Der Strafmilderung steht hierbei nicht entgegen, daß der Angeklagte sich als Zeuge nicht auf sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat (vgl. u.a. BGH StV 1982, 521; BGHR StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 1 und 6; BGH, Beschl. v. 16.8.2000 - 2 StR 279/00; BGH, Beschl. v. 13.2.2004 - 2 StR 408/03 - NStZ 2005, 33). siehe auch: Vereidigungsverbote, § 60 StPO; Aussagenotstand, § 157 StGB --> Belehrungsmängel |
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Urteil |
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U.1 |
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U.1.1 |
Die Bezeichnung der Tat in der Urteilsformel als minder schwerer Fall entfällt, weil allein für die Strafzumessung von Bedeutung. Der minder schwere Fall wird insoweit nur in der Normenkette der angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht (vgl. BGHSt 27, 287, 289; 23, 254, 256; BGH, Beschl. v. 11.3.2008 - 3 StR 36/08; BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 192/02; BGH, Beschl. v. 22.7.2003 - 3 StR 243/03; BGH, Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08). | |
Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Meineid beträgt zwanzig Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB). § 154 Abs. 2 StGB betrifft minder schwere Fälle und bleibt bei der Bestimmung der Verjährungsfrist unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 154 StGB wird in § 5 Nr.
10 StGB
verwiesen. siehe auch: Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, § 5 StGB |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 9. Abschnitt (Falsche uneidliche Aussage und Meineid) |
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