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§
264a StGB
Kapitalanlagebetrug
(1) Wer im Zusammenhang mit 1. dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder 2. dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet. (3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 264a Abs. 1 StGB |
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5 |
Das Tatbestandsmerkmal des erheblichen Umstands im Sinne dieser Vorschrift erfüllen nur solche Gesichtspunkte, die nach der Art des Geschäfts für einen durchschnittlichen Anleger von Bedeutung sein können. Dabei liegt es auf der Hand, daß Prospektangaben schon ihrer Funktion nach nicht auf Vollständigkeit angelegt sein können (BGH, Urt. v. 12.5.2005 - 5 StR 283/04 - wistra 2005, 304; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 264a Rdn. 28 f.). Eine allzu weitgehende Umfänglichkeit der gegebenen Informationen wäre für den Herausgeber des Prospekts kaum handhabbar und für den Anleger oftmals nicht mehr überschaubar. Die Offenbarungspflicht ist daher auf die wertbildenden Umstände zu beschränken, die nach den Erwartungen des Kapitalmarkts für die Anleger bei ihrer Investitionsentscheidung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2005 - 5 StR 283/04 - wistra 2005, 304; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264a Rdn. 49). Dabei darf kein - im übrigen für den Prospektherausgeber praktisch auch nicht erkennbarer - alle möglichen Anlegerinteressen berücksichtigender subjektiver Maßstab angelegt werden. Vielmehr ist eine verobjektivierte Betrachtungsweise geboten. Maßgeblich ist der verständige, durchschnittlich vorsichtige Kapitalanleger, in dessen Rolle sich der Herausgeber des Prospekts zu versetzen hat (vgl. BGHSt 30, 285, 293 zu § 265b Abs. 1 Nr. 1 StGB; BGH, Urt. v. 12.5.2005 - 5 StR 283/04 - wistra 2005, 304). | |
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5.1 |
Vertragsstrafenbewehrte
Investitionsverpflichtungen und
Arbeitsplatzgarantien, die in Prospekten verschwiegen werden,
können solche erheblichen Umstände im Sinne des
§ 264a
Abs. 1 StGB darstellen. Dies ergibt sich schon daraus,
daß aufgrund der Vertragsstrafe im Falle einer unzureichenden
Verwirklichung des Projekts hohe Verbindlichkeiten hätten
entstehen können (vgl. BGH,
Urt. v.
12.5.2005 - 5 StR 283/04 -
wistra 2005, 304). |
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10 |
Zur Abgrenzung von Presseinhaltsdelikten siehe BGH, Beschl. v. 27.5.2004 - 1 StR 187/04 - wistra 2004, 339 | |
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20 |
Die
Erheblichkeit eines anlagerelevanten Umstands ist ein normatives
Tatbestandsmerkmal (Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264a Rdn. 66).
Dies bedeutet, daß der Täter nicht nur die
tatsächlichen Umstände kennen, sondern zugleich die
rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen muß (vgl. BGH,
Urt. v.
12.5.2005 - 5 StR 283/04 - wistra
2005, 304;
Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 264a Rdn. 20). |
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25 |
Versuchsstrafbarkeit
§ 264a
Abs. 1 StGB: Die Vorschrift
bestimmt nicht ausdrücklich die Strafbarkeit des Versuchs
(vgl. § 23 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB) und ist auch nicht als
Verbrechenstatbestand (§ 12 Abs. 1 StGB) ausgestaltet (vgl.
§ 23 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB), so dass eine
Versuchsstrafbarkeit ausscheidet. siehe auch: Begriffsbestimmung, § 22 StGB; Strafbarkeit des Versuchs, § 23 StGB; Rücktritt, § 24 StGB; Besondere gesetzliche Milderungsgründe, § 49 StGB |
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Konkurrenzen |
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K.1 |
Bei
§ 264a
StGB handelt es sich im Vergleich zum Betrug um ein zum
selbständigen Tatbestand erhobenes Versuchsdelikt. § 264a
StGB tritt hinter § 263 StGB zurück, wenn
aufgrund der unrichtigen Angaben im Sinne von § 264a
StGB bei
einem konkreten Anleger zugleich die Voraussetzungen des § 263
StGB erfüllt sind (BGH,
Beschl. v. 20.9.2000 - 3 StR 88/00 -
wistra 2001, 57; BGH,
Beschl. v. 9.9.2003 - 1 StR 335/03).
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Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen
§ 264a Abs. 1 StGB:
1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder
Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB: 1 Monat bis 2 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung): 1 Monat bis 1 Jahr 8 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung): 1 Monat bis 1 Jahr 3 Monate 5 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB: 1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen Strafrahmen § 264a Abs. 2 StGB: 1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB: 1 Monat bis 2 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung): 1 Monat bis 1 Jahr 8 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung): 1 Monat bis 1 Jahr 3 Monate 5 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen; ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB: 1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen siehe auch: Grundsätze der Strafzumessung, § 46 StGB; Besondere gesetzliche Milderungsgründe, § 49 StGB; Bildung der Gesamtstrafe, § 54 StGB; Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe, § 55 StGB; Zusammentreffen von Milderungsgründen, § 50 StGB |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Verfolgungsverjährung
§ 264a
Abs. 1 und 2 StGB: 5
Jahre - § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB siehe zur Frist: Verjährungsfrist § 78 StGB; zum Lauf der Frist siehe: Verjährungsbeginn 78a StGB; Ruhen der Verjährung 78b StGB; Unterbrechung der Verjährung 78c StGB; zum Verfahrenshindernis der Verjährung siehe: Einstellung bei Verfahrenshindernissen § 206a StPO. |
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Z.6 |
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Z.6.1 |
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Z.6.1.1 |
Für Straftaten des Kapitalanlagebetruges ist gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 5 GVG, soweit nach § 74 Abs. 1 GVG als Gericht des ersten Rechtszuges und nach § 74 Abs. 3 GVG für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Schöffengerichts das Landgericht zuständig ist, eine Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig. § 120 GVG bleibt unberührt. | |
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Z.6.1.2 |
Seine Zuständigkeit prüft die Wirtschaftsstrafkammer
als besondere Strafkammer nach § 74c GVG 1413bis zur
Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß
§ 6a Satz 1 StPO von Amts wegen. Danach darf sie ihre Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten beachten. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen (§ 6a Satz 2 und 3 StPO). siehe auch: Zuständigkeit besonderer Strafkammern, § 6a StPO |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 22. Abschnitt (Betrug und Untreue) |
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