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§
78b StGB
Ruhen
(1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 180 Absatz 3, §§ 182, 225, 226a und 237, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht. (6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 78b Abs. 1 StGB |
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(1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 180 Absatz 3, §§ 182, 225, 226a und 237, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. ... |
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5 |
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5.1 |
In
§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB hat der Gesetzgeber - erstmals mit dem
30. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23. Juni 1994 (BGBl. I S. 1310)
- eine deliktsspezifische
Bestimmung zum Ruhen der
Verfolgungsverjährung getroffen, die den Besonderheiten
bei zum
Nachteil von jungen Menschen begangenen Sexualstraftaten Rechnung
tragen soll. Der Gesetzgeber hat hierzu in der Gesetzesbegründung
ausgeführt, Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen
würden den Strafverfolgungsbehörden häufig erst bekannt,
wenn die Taten bereits viele Jahre zurückliegen, weil sie
überwiegend von Familienangehörigen begangen und die Opfer
von den Tätern häufig dahin beeinflusst würden, die
Übergriffe zu verschweigen. Wenn die Opfer erst lange Zeit nach
der Tat in der Lage seien, Strafanzeige zu erstatten, sei eine
Strafverfolgung wegen Verjährung
der Taten in vielen Fällen nicht mehr möglich (vgl.
BT-Drucks. 12/2975 S. 1; 12/3825 S. 1; 12/6980 S. 1). Deshalb solle die
Verjährung bis zu dem
Zeitpunkt ruhen, bis zu dem das Opfer in der Lage sei, das Erlebte in
seiner gesamten Dimension zu erfassen und auf dieser Grundlage
über das Für und Wider einer Strafanzeige zu entscheiden
(vgl. BT-Drucks. 12/6980 S. 4; BGH, Beschl. v. 29.10.2015 - 3 StR
342/15). |
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5.2 |
Beispiel (zu § 78b Abs.1 Nr. 1 StGB in der
Fassung vor Änderung durch Artikel 6 des
Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs
(StORMG), BGBl. I S. 1805, siehe unten Rdn. Z.8.2 [Ruhen bis zur
Vollendung des 18. Lebensjahres]): Die Missbrauchstaten nach §
176 StGB zum Nachteil
der Geschädigten wurden frühestens 1986 begangen. Die Strafverfolgungs-Verjährungsfrist beträgt nach den zur Tatzeit und auch heute geltenden Vorschriften (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 176 Abs. 1 StGB) zehn Jahre. Sie ruhte gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Tatopfers, also z.B. bis zum 5. Mai 1998. § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB schiebt den Beginn der Verjährungsfrist bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres auch für Taten hinaus, die vor dem Inkrafttreten des 30. StrÄndG, dem 30. Juni 1994, begangen wurden, sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren (vgl. Art. 2 des 30. StrÄndG bzw. Art. 316 c EGStGB [BGBl 2007 I 2614, 2621]; BGH, Beschl. v. 6.2.2002 - 5 StR 476/01 - BGHSt 47, 245, 247 - NJW 2002, 1732). Die Auffassung von Jähnke in LK 11. Aufl. § 78 b Rdn. 1 a, dass Verjährungsfristen nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, die bis zum 30. Juni 1994 liefen, ab dem 18. Geburtstag des Tatopfers nur mit dem nicht verbrauchten Rest weiterlaufen, hat sich in der Rechtsprechung nicht durchgesetzt (vgl. BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 3, 5, 7; s. auch Lemke in NK-StGB § 78 b Rdn. 4). Da die 10-jährige Verjährungsfrist somit erst ab dem 5. Mai 1998 zu laufen begann, ist Strafverfolgungsverjährung nicht eingetreten (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 642/07 - NStZ-RR 2008, 361). Auch absolute Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB) ist nicht eingetreten: Zwar war das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist im Januar 2006 verstrichen; jedoch wird die Zeit des Ruhens der Verjährung nach § 78b Abs. 1 StGB in die absolute Frist nicht eingerechnet (§ 78c Abs. 3 Satz 3 StGB; vgl. die Begründung zu § 130 Abs. 2 Satz 3 [= § 78c Abs. 3 Satz 3 StGB] im Entwurf eines StGB 1962 [E 1962]; BayObLG NStZ 1990, 280; Lemke in NK-StGB § 78c Rdn. 48; Fischer StGB 55. Aufl. § 78c Rdn. 2 a). Absolute Verjährung träte daher (frühestens) im Mai 2018 ein (BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 642/07 - NStZ-RR 2008, 361). |
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5.3 |
Die
Anwendung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch Art. 1
Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über
die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember
2003 (BGBl I 3007) geänderten Fassung, nach der die
Verjährung bei Straftaten nach den §§ 174
bis 174c
und 176
bis 179
StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
des Opfers ruht, kommt nicht in Betracht, wenn zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Änderungsgesetzes die Verjährung
bereits eingetreten war (vgl. BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 12;
BGH,
Beschl. v. 24.6.2004 - 4 StR 165/04; BGH,
Beschl. v.
28.6.2005 - 3 StR 178/05; BGH,
Beschl. v. 7.9.2006 - 5 StR 364/06; BGH,
Beschl. v. 12.7.2006 - 5 StR 98/06; BGH,
Beschl. v. 5.10.2007 - 2 StR
441/07 - NStZ 2008, 146; BGH,
Beschl. v. 6.5.2008 - 1 StR 176/08; BGH,
Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 217/08; BGH,
Beschl. v. 25.3.2009 - 2 StR
58/09; BGH,
Beschl. v. 14.5.2009 - 3 StR 170/09; BGH,
Beschl. v.
26.11.2009 - 5 StR 424/09; BGH, Beschl. v. 4.9.2012 - 3 StR
331/12;
BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 506/12; BGH, Beschl. v. 22.1.2015 -
3 StR 277/14). Die Regelung gilt auch
rückwirkend
für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. April 2004
begangene Taten. Jedoch ist Ihre Anwendung ausgeschlossen, wenn zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes bereits
Verfolgungsverjährung eingetreten war (BGH,
Beschl. v.
6.2.2002 - 5 StR 476/01 - BGHSt 47, 245, 246, 247; NStZ 1997,
296;
1998, 244; 2000, 251; NStZ-RR 1999, 139; BGH,
Beschl. v. 17.6.2008 - 3
StR 217/08; BGH,
Beschl. v. 18.8.2009 - 2 StR 244/09 - NStZ-RR 2009,
369; BGH, Beschl. v. 14.9.2011 - 5 StR 303/11; BGH, Beschl. v.
24.1.2012 - 1 StR 614/11; BGH, Beschl. v. 6.2.2012 - 1 StR 658/11;
BGH, Beschl. v. 20.11.2012 - 2 StR 257/12; Fischer StGB 55. Auflage §
78b Rdn. 3
m.w.N.). Beispiel: Die Tat zum Nachteil seiner am 19. Januar 1980 geborenen Tochter wurde nicht ausschließbar nach deren 14. Geburtstag, zugunsten des Angeklagten also am 20. Januar 1994, in Mecklenburg-Vorpommern begangen. Die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) ist durch Art. 315 a Abs. 2 EGStGB in der Fassung des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223) bis zum Ablauf des 2. Oktober 2000 verlängert worden, da die Tat bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 31. Dezember 1997 noch nicht verjährt war (vgl. BGHR EGStGB Art. 315 a Verjährungsfrist 3). Mit Ablauf des 2. Oktober 2000 ist, weil zuvor keine verjährungsunterbrechende Handlung vorgenommen wurde, Verfolgungsverjährung eingetreten. Daß nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3007) geänderten Fassung die Verjährung nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, ändert daran nichts, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes bereits Verjährung eingetreten war (vgl. BGH, Beschl. v. 24.6.2004 - 4 StR 165/04; BGH, Beschl. v. 23.11.2004 - 4 StR 347/04; vgl. auch BGH, Urt. v. 8.3.2006 - 2 StR 600/05). Die Vorschrift des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB findet auch auf Straftaten Anwendung, die in der ehemaligen DDR begangen wurden (vgl. BGH, Beschl. v. 6.2.2002 - 5 StR 476/01 - BGHSt 47, 245 - NJW 2002, 1732; BGH, Beschl. v. 8.10.2002 - 5 StR 258/02). Leitsatz In Fällen staatlich zentral gelenkter Vergabe schädlicher Dopingmittel an uneingeweihte minderjährige Sportler hat die Verjährung in der DDR aufgrund eines quasigesetzlichen Verfolgungshindernisses geruht (im Anschluß an BGHSt 40, 113; BGHR StGB § 78b Abs. 1 - Ruhen 6) (BGH, Beschl. v. 9.2.2000 - 5 StR 451/99 - Ls. - NJW 2000, 1506). Ein in der ehemaligen DDR begangener sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen verjährt nach Art. 315a Abs. 2 EGStGB frühestens am 2.10.2000 (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.2001 - 2 StR 287/01). Zum Ruhen von in der früheren DDR begangenen politisch motivierten Delikten (Fallgruppen) vgl. insb. BGH, Beschl. v. 6.11.2001 - 5 StR 363/01 mit Darstellung der einzelnen Fallgruppen u. BGH, Beschl. v. 5.9.2001 - 5 StR 330/01 betr. Dopingfälle; BGH, Beschl. v. 16.8.2000 - 5 StR 74/00 - NStZ-RR 2001, 239 betr. Aussageerpressung |
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5.4 |
Beispiel: Das Gericht ist jeweils von einer Tatzeit nach dem 27. Juli 1998 – dem vierzehnten Geburtstag der Geschädigten – ausgegangen, so dass eine Verurteilung nur auf § 174 StGB gestützt werden konnte. Diese Vorschrift wurde erst mit Wirkung zum 1. April 2004 in den Katalog des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB aufgenommen. Die Regelung gilt rückwirkend nur für vor dem 1. April 2004 begangene Taten, die bis dahin nicht verjährt waren. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn die konkrete Tatzeit nach den Urteilsgründen nicht feststeht, jedoch aus dem Gesamtzusammenhang – zugunsten des Angeklagten (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 78a Rn. 6) – nur auf einen Zeitraum der Tatbegehung geschlossen werden kann, der der Verjährung unterliegt und als erste die Verjährung unterbrechende Handlung nur die Anordnung einer Beschuldigtenvernehmung vom 22. August 2005 in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2011 - 5 StR 110/11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 14.9.2011 - 5 StR 303/11; BGH, Beschl. v. 22.5.2012 - 5 StR 15/12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 506/12). | |
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5.10 |
Der 3. Strafsenat beabsichtigt zu
entscheiden: "Dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil kommt im Rahmen der Strafzumessung bei Taten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes die gleiche Bedeutung zu wie bei anderen Straftaten." Er hat bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob an (gegebenenfalls) entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 29.10.2015 - 3 StR 342/15). |
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10 |
Kann
die konkrete Tatzeit nicht festgestellt werden und kann aus dem
Gesamtzusammenhang nur auf einen Zeitraum der Tatbegehung geschlossen
werden, der der Verjährung unterliegt, ist von
Verjährung auszugehen. Im Übrigen wäre
hiervon unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes zu Gunsten des
Angeklagten auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.10.1993 - 3 StR 514/93;
BGHSt 33, 271, 277; BGH,
Beschl. v. 8.8.2001 - 1 StR 258/01; BGH,
Beschl. v. 23.7.2004 - 2 StR 158/04; BGH,
Beschl. v. 12.7.2006 - 5 StR
98/06; BGH,
Beschl. v. 5.10.2007 - 2 StR 441/07 - NStZ 2008, 146; BGH,
Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 217/08; Fischer StGB 55. Auflage
§ 78 Rdn. 6). Zum Ruhen der Verjährung bis zum Kriegsende bei Tötung von Unbeteiligten in Italien im Zweiten Weltkrieg vgl. BGH, Beschl. v. 25.10.2010 - 1 StR 57/10 - NJW 2011, 1014 |
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§ 78b Abs. 3 StGB |
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... (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. ... |
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35 |
Ist
das angefochtene Urteil des ersten Rechtszuges vor Ablauf der absoluten
Verjährungsfrist ergangen; ruht die
Verjährung (§ 78b Abs. 3 StGB), wenn hiergegen
ordnungsgemäß Rechtsmittel eingelegt wurde (vgl.
BGH,
Urt. v. 19.6.2008 - 3 StR 90/08 - BGHSt 52, 300 ff. - wistra
2008,
377). Leitsatz Die Ablaufhemmung des § 78b Abs. 3 StGB wird auch durch ein Prozeßurteil bewirkt, durch welches das Verfahren wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK eingestellt wird (BGH, Urt. v. 25.10.2000 - 2 StR 232/00 - Ls. - BGHSt 46, 159 - wistra 2001, 98). Auch auf Mängel der Anklage oder des Eröffnungsbeschlusses kommt es - im Rahmen der Reichweite des § 264 StPO - für den Eintritt der Ablaufhemmung grundsätzlich nicht an (vgl. BGH NJW 1994, 808, 809; BGH NStZ-RR 1997, 167; BGH, Urt. v. 25.10.2000 - 2 StR 232/00 - BGHSt 46, 159 - wistra 2001, 98). |
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§ 78b Abs. 4 StGB |
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... (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. ... |
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45 |
L E I
T S A T Z
Die Vorschrift des § 78b Abs. 4 StGB
knüpft
nicht an die rechtliche Bewertung der Tat in der Anklage oder im
Eröffnungsbeschluss an; maßgeblich ist vielmehr, ob
der vom
Gericht der Verurteilung zugrunde gelegte Straftatbestand eine
abstrakte Strafschärfung für besonders schwere
Fälle
vorsieht (BGH, Beschl. v. 8.2.2011 - 1 StR 490/10 - Ls. - NJW 2011,
1157). Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 78b Abs. 4 StGB. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass umfangreiche Strafverfahren, denen Taten von erheblichem Unrechtsgehalt zu Grunde liegen, für die das Gesetz in besonders schweren Fällen eine Strafschärfung bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe androht (vgl. z.B. § 263 Abs. 3, § 264 Abs. 2, § 266 Abs. 2 StGB) und die bei der Eröffnung noch nicht verjährt sind, wegen des Eintritts der absoluten Verjährung während laufender Hauptverhandlung nicht mehr mit einer Sachentscheidung enden können (BT-Drucks. 12/3832, S. 44; BGH, Beschl. v. 8.2.2011 - 1 StR 490/10 - NJW 2011, 1157; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 78b Rn. 12). Der Umstand allein, dass die Tat bei vorläufiger Bewertung zum Zeitpunkt der Anklageerhebung oder der Eröffnung des Hauptverfahrens einen schwerer wiegenden Straftatbestand zu erfüllen scheint, kann demgegenüber die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 78b Abs. 4 StGB auf Straftatbestände, die keinen höheren Strafrahmen für besonders schwere Fälle vorsehen, nicht rechtfertigen (BGH, Beschl. v. 8.2.2011 - 1 StR 490/10 - NJW 2011, 1157). |
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50 |
Leitsatz
Wird ein Gesetz, das für
besonders schwere Fälle strafschärfend
Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vorsieht, nach
Beendigung der Tat in der Weise geändert, dass die
Regelbeispiele für besonders schwere Fälle in
Qualifikationstatbestände umgewandelt werden, und hat der
Täter nur den Grundtatbestand erfüllt, so ist
gemäß § 2
Abs.3 StGB die Neufassung des
Gesetzes anzuwenden, wenn auf deren Grundlage
Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, weil die
Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr nach § 78b
Abs. 4 StGB zum Ruhen der Verjährung führen konnte
(BGH,
Beschl. v. 28.1.2010 - 3 StR 274/09 - Ls. - NJW 2010, 2365 -
zur
Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Nach § 78b Abs. 4 StGB ruht die Verjährung ab Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht für die Dauer von fünf Jahren bei Gesetzesverletzungen, deren Höchststrafe im Grundtatbestand fünf Jahre beträgt, aber für besonders schwere Fälle darüber hinausreicht. Die Eröffnung des Hauptverfahrens unterbricht für Tatbestände, die einen solchen Sonderstrafrahmen für besonders schwere Fälle aufweisen - unabhängig davon, ob ein besonders schwerer Fall angeklagt oder das Hauptverfahren auch insoweit eröffnet worden ist (BGH, Beschl. v. 28.1.2010 - 3 StR 274/09 - NJW 2010, 2365; Fischer, StGB 57. Aufl. § 78b Rdn. 12) - die Verjährung (§ 78c Abs. 1 Nr. 7 StGB) und hält zugleich deren weiteren Lauf - auch den der absoluten Verjährung - an (§ 78c Abs. 3 Satz 3 StGB; vgl. BGH, Beschl. v. 28.1.2010 - 3 StR 274/09 - NJW 2010, 2365; Schmid in LK 12. Aufl. § 78 b Rdn. 17). siehe auch: § 34 AWG a.F., Straftaten --> Rdn. Z.1.1 |
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55 |
§
78b Abs. 4 StGB setzt voraus, dass das Gesetz
strafschärfend für besonders schwere Fälle
Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren androht (vgl. BGH,
Urt. v. 14.11.2003 - 2 StR 164/03 - wistra 2004, 99). Die Hinausschiebung des Eintritts der Verjährung auf einen Zeitpunkt bis zu 15 Jahre nach Tatbeendigung, falls zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses die absolute Verjährung noch nicht eingetreten war, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 1995, 1145) und entspricht einem dringenden praktischen Bedürfnis in Fällen besonders aufwendiger Hauptverhandlungen (vgl. BT-Drucks. 12/3832 S. 44 ff). Ob die verjährungsverlängernde Wirkung des Eröffnungsbeschlusses dann ausscheidet, wenn er in willkürlicher Weise ergangen ist, hat der Bundesgerichtshof in BGH, Urt. v. 25.10.2000 - 2 StR 232/00 - BGHSt 46, 159 - wistra 2001, 98 offen lassen können. |
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Prozessuales |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In
§ 78b StGB wird verwiesen auf: § 78 StGB siehe auch: Verjährungsfrist § 78 StGB § 174 StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen, § 174 StGB § 174a StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen, § 174a StGB § 174b StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung, § 174b StGB § 174c StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses, § 174c StGB § 176 StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch von Kindern, § 176 StGB § 176a StGB siehe auch: Schwerer sexueller Mißbrauch von Kindern, § 176a StGB § 176b StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch von Kindern mit Todesfolge, § 176b StGB § 177 StGB siehe auch: Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung, § 177 StGB § 178 StGB siehe auch: Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge, § 178 StGB § 180 StGB siehe auch: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger, § 180 StGB § 182 StGB siehe auch: Sexueller Mißbrauch von Jugendlichen, § 182 StGB § 225 StGB siehe auch: § 225 StGB, Mißhandlung von Schutzbefohlenen § 226a StGB § 237 StGB § 158 StPO siehe auch: Strafanzeige, § 158 StPO § 83c IRG Auf § 78b StGB wird verwiesen in: § 78c StGB siehe auch: Unterbrechung der Verjährung, § 78c StGB |
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Z.8.2 |
§ 78b
StGB wurde mit Wirkung vom 10.11.2016 geändert durch das
fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches -
Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4.
November 2016 (BGBl. I S. 2460). Zuvor hatte die Vorschrift folgenden
Wortlaut: "§ 78b StGB Ruhen (1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179, 180 Absatz 3, §§ 182, 225, 226a und 237, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht. (6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat." ----------------------- Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom 26.11.2015 geändert durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2025). Zuvor hatte § 78b StGB folgenden Wortlaut: "§ 78b StGB Ruhen (1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179, 180 Absatz 3, §§ 182, 225, 226a und 237, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht." § 78b StGB wurde mit Wirkung vom 27.1.2015 durch das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015 geändert, BGBl. I S. 10. Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 78b StGB Ruhen (1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179, 225 und 226a, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht." --------------------------
§ 78b StGB wurde zuvor mit Wirkung vom 28.9.2013 geändert durch das Strafrechtsänderungsgesetz (47. StrÄndG) vom 24. September 2013, BGBl. I S. 3671. Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 78b StGB Ruhen (1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179 und 225 sowie nach den §§ 224 und 226, wenn mindestens ein Beteiligter durch dieselbe Tat § 225 verletzt, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht." § 78b StGB wurde davor mit Wirkung vom 30.6.2013 durch Artikel 6 des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG), BGBl. I S. 1805 geändert. Die Vorschrift hatte zuvor folgenden Wortlaut: "§ 78b StGB Ruhen (1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179 und 225 sowie nach den §§ 224 und 226, wenn mindestens ein Beteiligter durch dieselbe Tat § 225 verletzt, 2. solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung). (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. (4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt. (5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat 1. bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, 2. bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, 3. bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder 4. bis zur Rücknahme dieses Ersuchens. Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht." |
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Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 5. Abschnitt (Verjährung) 1. Titel (Verfolgungsverjährung) |
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