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§
234a StGB
Verschleppung
(1) Wer einen anderen durch List, Drohung oder Gewalt in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbringt oder veranlaßt, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren, und dadurch der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. (3) Wer eine solche Tat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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5 |
Das
deutsche Strafrecht gilt für im Ausland begangene
Verschleppungen auch dann - unabhängig vom Recht des Tatorts -,
wenn die Tat sich gegen einen Deutschen richtet, der im Inland seinen
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 5 Nr. 6 StGB). siehe auch: Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, § 5 StGB |
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§ 234a Abs. 2 StGB |
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... (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. ... |
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55 |
siehe hierzu: Zusammentreffen von
Milderungsgründen, § 50 StGB |
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Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 234a Abs. 1 StGB:
1 Jahr bis 15
Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 234a Abs. 2 StGB: 3 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 234a Abs. 3 StGB: 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen |
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Urteil |
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U.1 |
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U.1.2 |
Die
Bezeichnung der Tat in der Urteilsformel als minder schwerer Fall
entfällt, weil allein für die Strafzumessung von Bedeutung.
Der minder schwere Fall wird insoweit nur in der Normenkette der
angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht (vgl. BGHSt 27, 287,
289; 23, 254, 256; BGH, Beschl. v. 11.3.2008 - 3 StR 36/08; BGH,
Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 192/02; BGH, Beschl. v. 22.7.2003 - 3 StR
243/03; BGH, Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08). siehe zur Urteilsformel auch: Urteil, § 260 StPO |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Verschleppung (§ 234a Abs. 1 StGB) beträgt zwanzig Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Der Strafrahmen des § 234a Abs. 2 StGB betrifft minder schwere Fälle und bleibt für die Bestimmung der Verjährungsfrist unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB). Die Verjährungsfrist für Taten nach § 234a Abs. 3 beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). | |
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Z.2 |
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Z.2.1 |
Verbrechen
und Vergehen nach § 234a StGB stellen Katalogtaten nach
§ 100a Abs. 2 Nr. 1 i StPO dar, bei denen unter den weiteren
Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die
Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf. siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO |
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Z.2.2 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO), so dürfen nach § 100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig. siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation |
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Z.2.3 |
Nach
§ 100f Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen
außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort
mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete,
auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in
Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht
hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Dabei darf sich gemäß § 100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nach § 100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Für das Verfahren gelten nach § 100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO entsprechend. siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel |
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Z.2.3.1 |
Den
Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen,
Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung
in § 100h StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor. siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel |
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Z.2.4 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO
bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat
vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie 2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO). siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten |
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Z.2.5 |
Verbrechen
der Verschleppung nach § 234a Abs. 1 u. 2 StGB
gehören zu den in § 100c Abs. 2 StPO genannten besonders
schweren Straftaten (Katalogtaten), bei denen unter den Voraussetzungen
des § 100c Abs. 1 StPO die akustische Wohnraumüberwachung
angeordnet werden darf. siehe auch: Akustische Wohnraumüberwachung, § 100c StPO |
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Z.5 |
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Z.5.1 |
Für
Straftaten der Verschleppung ist grundsätzlich die
Staatsschutzkammer (erstinstanzlich) zuständig (§ 74a Abs. 1
Nr. 5 GVG). Jedoch entfällt deren Zuständigkeit und wechselt
zu der des Oberlandesgerichts, wenn der Generalbundesanwalt wegen der
besonderen Bedeutung des Falles vor der Eröffnung des
Hauptverfahrens die Verfolgung übernimmt (§§ 74a Abs. 2
Halbs. 1, § 120 Abs. 2 Nr. 1 GVG). Ein solcher
Zuständigkeitswechsel scheidet aus, wenn durch Abgabe nach §
142a Abs. 4 GVG oder durch Verweisung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 GVG
die Zuständigkeit des Landgerichts begründet wird (§ 74a
Abs. 2 Halbs. 2 GVG). Staatsschutzkammern sind bei den Landgerichten eingerichtet, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Sie sind für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts örtlich zuständig (§ 74a Abs. 1, 5 GVG). Im Falle der Übernahme der Verfolgung durch den Generalbundesanwalt sind gemäß § 120 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GVG erstinstanzlich die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung. siehe auch: Erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte, § 120 GVG |
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Z.5.1.2 |
Ihre
Zuständigkeit prüft die Staatsschutzkammer als
besondere Strafkammer nach § 74a GVG bis zur Eröffnung des
Hauptverfahrens gemäß § 6a Satz 1 StPO von Amts wegen.
Danach darf sie ihre Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten
beachten. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen (§ 6a Satz 2 und 3 StPO). siehe auch: Zuständigkeit besonderer Strafkammern, § 6a StPO; Zuständigkeit der Staatsschutzkammer und der Kammer für § 100c StPO, § 74a GVG |
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Z.5.2 |
Der gerichtlichen Zuständigkeit für das Hauptverfahren folgt die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft nach § 143 Abs. 1 GVG auch in den Fällen der Zuständigkeit der Staatsschutzkammern (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 143 GVG Rdnr. 1). | |
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Z.6 |
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Z.6.1 |
Der
durch eine rechtswidrige Tat nach § 234a StGB Verletzte kann
sich der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im
Sicherungsverfahren mit der Nebenklage anschließen (§ 395
Abs. 1 Nr. 4 StPO). siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss |
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Z.6.2 |
Dem
Nebenkläger ist nach § 397a Abs. 1 Nr. 3 StPO auf seinen
Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er durch ein
Verbrechen nach den § 234a StGB verletzt ist, das bei ihm zu
schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt
hat oder voraussichtlich führen wird, oder (§ 397a Abs. 1 Nr.
4 StPO) er durch eine rechtswidrige Tat nach § 234a StGB verletzt
ist und er bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann. siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 234a StGB wird verwiesen in: § 5 Nr. 6 StGB siehe auch: Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, § 5 StGB § 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten § 126 StGB siehe auch: § 126 StGB, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten § 138 StGB siehe auch: Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB § 100a StPO siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation § 100c StPO siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO § 395 StPO siehe auch: Befugnis zum Anschluss, § 395 StPO § 397a StPO siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand § 74a GVG siehe auch: Zuständigkeit der Staatsschutzkammer und der Kammer für § 100c StPO, § 74a GVG |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 18. Abschnitt (Straftaten gegen die persönliche Freiheit) |
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