§ 100g StPO
Erhebung von Verkehrsdaten
(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer
1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung,
insbesondere eine in § 100a Absatz 2 bezeichnete Straftat,
begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu
begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat oder
2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat,
so dürfen Verkehrsdaten (§ 96 Absatz 1 des
Telekommunikationsgesetzes) erhoben werden, soweit dies für die
Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist und die Erhebung der
Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache
steht. Im Fall des Satzes 1 Nummer 2 ist die Maßnahme nur
zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise
aussichtslos wäre. Die Erhebung von Standortdaten ist nach diesem
Absatz nur für künftig anfallende Verkehrsdaten oder in
Echtzeit und nur im Fall des Satzes 1 Nummer 1 zulässig, soweit
sie für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist.
(2) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine der in Satz 2 bezeichneten besonders
schweren Straftaten begangen hat oder in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, eine solche Straftat zu begehen versucht hat, und
wiegt die Tat auch im Einzelfall besonders schwer, dürfen die nach
§ 113b des Telekommunikationsgesetzes gespeicherten Verkehrsdaten
erhoben werden, soweit die Erforschung des Sachverhalts oder die
Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise
wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre und die Erhebung der
Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache
steht. Besonders schwere Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind:
1. aus dem Strafgesetzbuch:
a) Straftaten des Hochverrats und der
Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des
Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit
nach den §§ 81, 82, 89a, nach den §§ 94, 95
Absatz 3 und § 96 Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit §
97b, sowie nach den §§ 97a, 98 Absatz 1 Satz 2, § 99
Absatz 2 und den §§ 100, 100a Absatz 4,
b) besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs nach § 125a,
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 in
Verbindung mit Absatz 5 Satz 3 und Bildung terroristischer
Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5 Satz 1 Alternative 1,
jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen
der §§ 176a, 176b und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
d) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer
Schriften in den Fällen des § 184b Absatz 2, § 184c
Absatz 2,
e) Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
f) Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen der §§ 234, 234a Absatz 1, 2, §§ 239a, 239b und Zwangsprostitution und Zwangsarbeit nach § 232a Absatz 3, 4 oder 5 zweiter Halbsatz, § 232b Absatz 3 oder 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 4 oder 5 zweiter Halbsatz und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach § 233a Absatz 3 oder 4 zweiter Halbsatz,
g) Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nach § 244 Absatz 4, schwerer Bandendiebstahl nach § 244a Absatz 1, schwerer Raub
nach § 250 Absatz 1 oder Absatz 2, Raub mit Todesfolge nach §
251, räuberische Erpressung nach § 255 und besonders schwerer
Fall einer Erpressung nach § 253 unter den in § 253 Absatz 4
Satz 2 genannten Voraussetzungen, gewerbsmäßige
Bandenhehlerei nach § 260a Absatz 1, besonders schwerer Fall der
Geldwäsche und der Verschleierung unrechtmäßig
erlangter Vermögenswerte nach § 261 unter den in § 261
Absatz 4 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
h) gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der
§§ 306 bis 306c, 307 Absatz 1 bis 3, des § 308 Absatz 1
bis 3, des § 309 Absatz 1 bis 4, des § 310 Absatz 1, der
§§ 313, 314, 315 Absatz 3, des § 315b Absatz 3 sowie der
§§ 316a und 316c,
2. aus dem Aufenthaltsgesetz:
a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b) Einschleusen mit Todesfolge oder gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
3. aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
Straftaten nach § 17 Absatz 1 bis 3 und § 18 Absatz 7 und 8,
4. aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 29 Absatz 1 Satz
1 Nummer 1, 5, 6, 10, 11 oder 13, Absatz 3 unter der in § 29
Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzung,
b) eine Straftat nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, § 30a,
5. aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:
eine Straftat nach § 19 Absatz 1 unter den in § 19 Absatz 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
6. aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a) eine Straftat nach § 19 Absatz 2 oder § 20 Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 22a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2,
7. aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a) Völkermord nach § 6,
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c) Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d) Verbrechen der Aggression nach § 13,
8. aus dem Waffengesetz:
a) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 51 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2,
b) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 5.
(3) Die Erhebung aller in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten (Funkzellenabfrage) ist nur zulässig,
1. wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2. soweit die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und
3. soweit die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre.
Auf nach § 113b des Telekommunikationsgesetzes gespeicherte
Verkehrsdaten darf für eine Funkzellenabfrage nur unter den
Voraussetzungen des Absatzes 2 zurückgegriffen werden.
(4) Die Erhebung von Verkehrsdaten nach Absatz 2, auch in Verbindung
mit Absatz 3 Satz 2, die sich gegen eine der in § 53 Absatz 1 Satz
1 Nummer 1 bis 5 genannten Personen richtet und die voraussichtlich
Erkenntnisse erbringen würde, über die diese das Zeugnis
verweigern dürfte, ist unzulässig. Dennoch erlangte
Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden. Aufzeichnungen
hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache
ihrer Erlangung und der Löschung der Aufzeichnungen ist
aktenkundig zu machen. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend, wenn
durch eine Ermittlungsmaßnahme, die sich nicht gegen eine in
§ 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 5 genannte Person richtet, von
dieser Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das
Zeugnis verweigern dürfte. § 160a Absatz 3 und 4 gilt
entsprechend.
(5) Erfolgt die Erhebung von Verkehrsdaten nicht beim Erbringer
öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, bestimmt
sie sich nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs nach den allgemeinen
Vorschriften.
Strafprozessordnung, Stand 05.09.2017
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