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§
68b StGB
Weisungen
1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen, 2. sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, 3. zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, 4. bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 5. bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen, 6. Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 7. sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden, 8. jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden, 9. sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden, 10. keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, 11. sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder 12. die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn 1. die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist, 2. die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde, 3. die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und 4. die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten. Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1. (2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind. (3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. (4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind. (5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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3 |
Die Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat in erster Linie Bedeutung für die Prüfung und Entscheidung gemäß § 67c Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2011 - 3 StR 439/10). | |
§ 68b Abs. 1 StGB |
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5 |
§
68
Abs. 1 StGB enthält die Aufzählung
derjenigen Weisungen, deren Nichtbefolgung unter den weiteren
Voraussetzungen des § 145a
StGB strafbewährt ist. L E I T S A T Z Ein nach § 145a Satz 1 StGB tatbestandsmäßiger Weisungsverstoß setzt eine hinreichend bestimmte Weisung voraus. Maßgeblich dafür ist allein der durch das Vollstreckungsgericht festgelegte Inhalt (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - 1 StR 415/12 - Ls. 1/2). |
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10 |
Auch
wenn der Angeklagte durch sein Verhalten gegen Weisungen i.S.d.
§ 145a
StGB verstoßen hat, vermag nicht jede
Zuwiderhandlung die Annahme zukünftiger
Gefährlichkeit zu begründen, welche für die
außerordentlich beschwerende Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus Voraussetzung ist. Auch mit Blick auf den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(§ 62
StGB) wird etwa die Nichterfüllung der Weisung,
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle oder einem
Bewährungshelfer zu melden (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7
StGB), grundsätzlich nicht geeignet sein, eine
zukünftige Gefährlichkeit für die
Allgemeinheit zu prognostizieren. Ob es sich bei den vom Angeklagten
gezeigten Verhaltensweisen um lediglich formale
Gehorsamsverstöße gehandelt hat, prüft das
Revsionsgericht anhand der Darstellung in den Urteilsgründen
(vgl. BGH,
Beschl. v. 28.5.2008 - 1 StR 243/08). siehe auch: § 145a StGB, Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht |
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15 |
Allein
eine Weisung, die im Rahmen der nach der Strafvollstreckung
eintretenden Führungsaufsicht erteilt wird, kann mit Blick auf die
maßgeblichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung
abstellende Gefährlichkeitsprognose bei der Sicherungsverwahrung
regelmäßig keine Erwartung einer Haltungsänderung begründen, sofern
nicht zusätzliche andere Umstände von besonderem Gewicht hinzutreten
(vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2011 - 3 StR 439/10). siehe auch § 67c StGB Rdn. 5 - Nachrangigkeit des § 67c Abs. 1 StGB zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung |
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20 |
L
E I T S A T Z
Versäumt der Verurteilte bei einer Meldeweisung
die
Vorstellung bei
seinem Bewährungshelfer innerhalb des gerichtlich festgelegten
Meldezeitraums, liegt ein Weisungsverstoß selbst dann vor, wenn
mit dem
Bewährungshelfer Termine außerhalb dieses Zeitraums
abgesprochen waren (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - 1 StR 415/12 - Ls. 2/2). siehe hierzu: § 145a StGB Rdn. 15.10 |
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23 |
Der Zweck
einer Weisung nach § 68b Abs. 1
Satz 1 Nr. 1
StGB besteht zum einen in der erleichterten
Kontrolle durch
die
Aufsichtsstelle, zum anderen in der Vermeidung einer kriminellen
Gefährdung, der der Verurteilte außerhalb seines Wohn- oder
Aufenthaltsbereichs ausgesetzt ist (BT-Drucks. 17/3403 S. 38; BGH, Urt.
v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13). Beispiel: Auf eine solche kriminelle Gefährdung des Angeklagten außerhalb des Aufenthaltsbereichs "Kreis Lippe" und damit auch eine spezialpräventive Wirkung der Aufenthaltsüberwachung hat indes weder die Strafvollstreckungskammer noch die erkennende Strafkammer abgestellt. Angesichts der Feststellungen des Landgerichts zu den Umständen der hier abgeurteilten wie auch der vorangegangenen Straftaten des Angeklagten liegt es fern, dass deren Begehung dadurch hätte verhindert werden können, dass der Angeklagte den Kreis Lippe nicht verlassen durfte (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2011 - 3 StR 439/10 - NStZ-RR 2011, 244). Denn die Tatorte der nunmehr sowie der im Jahr 2012 abgeurteilten Straftaten befanden sich stets in Detmold, also inmitten des Kreises Lippe (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13 im Zshg. mit einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB - elektronische Fußfessel). |
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25 |
Auch
das auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gestützte Verbot,
sich an Orten, an denen sich üblicherweise Kinder und Jugendliche
unter 16 Jahren befinden - Kinderspielplätze, Kindergärten,
Schulen u.a. -, aufzuhalten, genügt den
Bestimmtheitsanforderungen (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12). Da
eine enumerative Aufzählung aller denkbaren Orte, die der
verurteilten Person Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten
bieten können, regelmäßig nicht möglich oder
tunlich ist, muss es grundsätzlich ausreichen, solche
Örtlichkeiten, deren Aufsuchen dem Angeklagten untersagt werden
soll, ihrer Art nach zu bezeichnen (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR
486/12; vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 68b Rn. 4); denn
andernfalls würde § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB weitgehend
leerlaufen (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12; BGH, Beschl. v.
15.5.2013 - 5 StR 189/13 betr. Freizeitpark). In BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12 waren die betreffenden Orte durch die beispielhafte Aufzählung bestimmter Plätze zusätzlich eingegrenzt. Hierdurch wird ausreichend klar, dass lediglich solche Orte gemeint sind, an denen sich nach ihrer Zweckbestimmung Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren typischerweise aufhalten. Der Angeklagte kann als Adressat der Weisung dieser deshalb mit genügender Sicherheit entnehmen, welche Örtlichkeiten er zu meiden hat (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 11.2.2008 - 2 BvR 160/08 - NJW 2008, 2493; BGH, Beschl. v. 28.5.2008 - 1 StR 243/08 - NStZ-RR 2008, 277 f.; OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.11.2007 - 1 Ws 716/07). |
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30 |
Die
Weisung, keinen
Kontakt zu
Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren aufzunehmen
oder „jegliche unbeaufsichtigte Kontaktaufnahme zu Kindern und
Jugendlichen zu unterlassen“ hat ihre gesetzliche Grundlage in
§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB.
Dort
ist ausdrücklich bestimmt, dass die verurteilte Person angewiesen
werden kann, zu Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Anreiz zu
weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen.
Dies ist
dahin zu verstehen, dass es dem Verurteilten untersagt ist, aus eigenem
Antrieb und aktiv einen unmittelbaren Kontakt zu einem Mitglied der
Personengruppe herzustellen (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12 - NJW
2013, 1894; BGH, Beschl. v. 15.5.2013 - 5 StR 189/13; BGH, Beschl. v.
16.9.2015 - 1 StR 362/15; vgl.
BT-Drucks. 16/1993, S. 18; BR-Drucks. 256/06 S. 33 f.). Ein erweiterndes Verständnis dieser Weisung verbietet sich im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.9.2011 – 2 BvR 1165/11 - StV 2012, 481 zu Weisungen nach § 56c StGB; BGH, Urt. v. 7.2.2013 – 3 StR 486/12; BGH, Urt. v. 18.12.2012 – 1 StR 415/12 - NJW 2013, 710; BGH, Beschl. v. 15.5.2013 - 5 StR 189/13). Nichts anderes gilt für das Verständnis der hier vorliegenden, die Terminologie des Gesetzestextes insoweit wortgleich übernehmenden Weisung. Damit ist dieser das vom Angeklagten erwartete Verhalten ausreichend deutlich zu entnehmen (BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12; BGH, Beschl. v. 16.9.2015 - 1 StR 362/15; vgl. auch BGH, Beschl. v. 28.5.2008 - 1 StR 243/08 - NStZ-RR 2008, 277 f.). Hat der Angeklagte den Kontakt weder aus eigenem Antrieb noch aktiv hergestellt oder lediglich den von der Nebenklägerin hergestellten Kontakt nicht unterbunden, reicht dies für die Bejahung eines Verstoßes nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2015 - 1 StR 362/15; BGH, Beschl. v. 15.5.2013 - 5 StR 189/13 betr. Abgrenzung zum "Verkehren"). Die Weisung, „jegliche Tätigkeit zu unterlassen, durch welche er in Kontakt zu Kindern und Jugendlichen kommen kann“, dürfte nicht hinreichend bestimmt sein, um ein nach § 145a Satz 1 StGB strafbares Verhalten zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.5.2013 - 5 StR 189/13 Rn. 12). „Verkehren“ ist im Sinne der Fortführung oder des Unterhaltens eines bestehenden Kontaktes zu verstehen (vgl. BT-Drucks. 16/1993, S. 18; BGH, Beschl. v. 16.9.2015 - 1 StR 362/15; sowie OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.11.2007 – 1 Ws 716/07 - BeckRS 2008, 05974 sowie Schneider in LK-StGB, 12. Aufl. 2007, § 68b Rn. 22). Ist die ebenfalls in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB vorgesehene Weisung, mit bestimmten Personen nicht zu verkehren, d.h. mit ihnen in Fortsetzung der Kontaktaufnahme umzugehen (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.11.2007 - 1 Ws 716/07 - BeckRS 2008, 05974 sowie Schneider in LK-StGB, 12. Aufl. 2007, § 68b Rn. 22), in dem Beschluss über die Ausgestaltung der Führungsaufsicht nicht enthalten, kann es so liegen, dass aus der erteilten Weisung ein Verbot des Umgangs mit Erwachsenen, die Kinder haben, oder des über diese vermittelten Verkehrs mit ihren Kindern nicht folgt (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12). Legen die Feststellungen es zwar nahe, dass der Angeklagte mit dem Sohn seiner Freundin nur mittelbar über sie in Kontakt gekommen ist und er mit diesem im Weiteren verkehrt hat, war ihm allein dieses Verhalten durch die betreffenden Weisungen nicht untersagt. Auch dass er das Kind in Absprache mit der Mutter allein beaufsichtigt hat, stellt in diesem Zusammenhang nur einen von den Weisungen nicht untersagten Umgang mit dem Kind dar (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12). |
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55 |
Der
BGH hat in BGH,
Beschl. v. 3.5.2011 - 5 StR 123/11 erwogen, dass für den Fall,
das eine Überstellung des Beschuldigten zur Vollstreckung der
verhängten Maßregel im Vereinigten Königreich nach dem
Übereinkommen über die Überstellung verurteilter
Personen vom 21. März 1983 (BGBl II 1991, 1006) nicht in Frage
kommen sollte, im Rahmen der Entscheidungen über die
Fortdauer der Vollstreckung der Maßregel auch zu prüfen sein
wird, ob der Beschuldigte – bei Andauer seines zurzeit
bestehenden Rückkehrwunsches nach England – mit einer
entsprechenden Therapieweisung (§ 68b Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 StGB)
in eine dort durchzuführende ambulante psychiatrische Behandlung
entlassen werden kann. Dass – jedenfalls vor der noch
ausstehenden Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 27. November
2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick
auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und
alternativen Sanktionen (2008/947/JI – ABl. EG Nr. L 337 S. 102)
– die Bewährungsüberwachung erschwert wäre, darf
nach Auffassung des 5. Strafsenats kein Grund sein, dem Beschuldigten
als EU-Bürger eine Aussetzung der Maßregel zu verweigern,
sofern im Übrigen eine positive Prognose im Sinne des § 67d
Abs. 2 Satz 1 StGB besteht (BGH, Beschl. v. 3.5.2011 - 5 StR 123/11). vgl. zur Zusage des Angeklagten, die Ambulanz aufzusuchen und seine Medikamente einzunehmen, durch Weisungen gemäß § 68b Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 StGB abzusichern: BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 5 StR 404/11 |
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60 |
Aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung des
Rechts der
Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember
2010 (BGBl. I S. 2300) besteht zwar seit dem 1. Januar 2011 die
Möglichkeit, im Rahmen der Führungsaufsicht eine
elektronische Überwachung des Aufenthaltes einer verurteilten
Person durchzuführen ("elektronische
Fußfessel", § 68b
Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB). Gemäß § 68b Abs. 1 Satz 3
Nr. 4 StGB ist eine solche Weisung unter anderem aber nur dann
zulässig, wenn sie erforderlich erscheint, um die verurteilte
Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a
Abs. 4 Satz 2 StPO, insbesondere durch die Überwachung der
Erfüllung einer nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 auferlegten Weisung, von
der Begehung weiterer Straftaten der in § 66
Abs. 3 Satz 1 StGB
genannten Art abzuhalten (BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13) siehe etwa BGH, Beschl. v. 5.11.2015 - 2 StR 373/15 siehe auch: Elektronische Fußfessel, § 46 Abs. 2 StGB; § 51 StGB |
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§ 68b Abs. 2 StGB |
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... (2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind. ... |
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75 |
Verstöße
gegen Weisungen nach Absatz 2 sind zwar
nicht strafbewährt, können aber unter den
Voraussetzungen des § 67g
Abs. 1 Nr. 2 StGB den Widerruf der
Aussetzung nach sich ziehen. siehe auch: § 67g StGB, Widerruf der Aussetzung |
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... (3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. ... |
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95 |
Die erteilten Weisungen können gemäß § 68b Abs. 3 StGB deshalb unzulässig sein, weil ihre Einhaltung dem Angeklagten nicht zumutbar war (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12). Dies ist etwa der Fall bei Weisungen, die gegen uneinschränkbare Grundrechte verstoßen oder sonst einen unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten enthalten (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2013 - 3 StR 486/12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 56c Rn. 2a f.; LK/Roggenbuck, StGB, 12. Aufl., § 145a Rn. 10). | |
Prozessuales |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In
§ 68b StGB wird verwiesen auf: § 56c StGB siehe auch: Weisungen, § 56c StGB § 66 StGB siehe auch: Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, § 66 StGB § 68a StGB siehe auch: Aufsichtsstelle, Bewährungshilfe, forensische Ambulanz, § 68a StGB § 68e StGB siehe auch: Beendigung oder Ruhen der Führungsaufsicht, § 68e StGB § 129a StGB siehe auch: Bildung terroristischer Vereinigungen, § 129a StGB § 129b StGB siehe auch: Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung, § 129b StGB Auf § 68b StGB wird verwiesen in: § 66 StGB siehe auch: Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, § 66 StGB § 67g StGB siehe auch: Widerruf der Aussetzung, § 67g StGB § 68a StGB siehe auch: Aufsichtsstelle, Bewährungshilfe, forensische Ambulanz, § 68a StGB § 68c StGB siehe auch: Dauer der Führungsaufsicht, § 68c StGB § 68d StGB siehe auch: Nachträgliche Entscheidungen; Überprüfungsfrist, § 68d StGB § 68g StGB siehe auch: Führungsaufsicht und Aussetzung zur Bewährung, § 68g StGB § 145a StGB siehe auch: Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht, § 145a StGB § 246a StPO siehe auch: Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung, § 246a StPO § 268a StPO siehe auch: Aussetzung der Vollstreckung von Strafen oder Maßregeln zur Bewährung, § 268a StPO § 463 StPO siehe auch: Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, § 463 StPO § 463a StPO siehe auch: Zuständigkeit und Befugnisse der Aufsichtsstellen, § 463a StPO § 90j IRG Ergänzende Regelungen zur Vollstreckung |
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Z.8.2 |
§ 68b StGB wurde mit Wirkung vom 1.7.2017
geändert
durch das dreiundfünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches -
Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern vom
11. Juni 2017 (BGBl. I S. 1612). Zuvor hatte
die Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 68b StGB Weisungen (1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, 1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen, 2. sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, 3. zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, 4. bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 5. bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen, 6. Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 7. sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden, 8. jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden, 9. sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden, 10. keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, 11. sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder 12. die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist nur zulässig, wenn 1. die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist, 2. die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde, 3. die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und 4. die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten. Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. (2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind. (3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. (4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind. (5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend." ---------------- Die Vorschrift wurde geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen (SiVerwNOG) vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 01.01.2011, BGBl. I S. 2300. Vor Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen hatte § 68b StGB folgenden Wortlaut: "§ 68b StGB Weisungen (1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, 1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen, 2. sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, 3. zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, 4. bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 5. bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen, 6. Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann, 7. sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden, 8. jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden, 9. sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden, 10. keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkoholoder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, oder 11. sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen. Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. (2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozial-therapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind. (3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. (4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind. (5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend." StGB, Stand 2.10.2009 |
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Z.19 |
Wird
eine Weisung nach § 68b Abs. 2 Satz 2 und 3 erteilt,
steht im Einvernehmen mit dem Bewährungshelfer und der Aufsichtsstelle
auch die
forensische Ambulanz der verurteilten Person helfend und betreuend zur
Seite (vgl. § 68a
Abs. 7 StGB). |
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Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) 6. Titel (Maßregeln der Besserung und Sicherung) |
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