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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 129 StGB
Bildung krimineller Vereinigungen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3)
Absatz 1 ist nicht anzuwenden,
1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In
besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100c Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, c, d, e und g bis m, Nummer 2 bis 5 und 7 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100c Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe g der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6)
Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7)
Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter
1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird
es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


Überblick zur Darstellung
Allgemeines
    Schutzzweck der Norm
§ 129 Abs. 1 StGB
    Gründer
    Kriminelle Vereinigung
       Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung
      Aktive Beteiligungshandlung
    Ausrichtung
    Auslandsbezug
    Unterbrechung der Mitgliedschaft
    Täterschaft und Teilnahme
§ 129 Abs. 2 StGB
    Tatbestandsausschlußklausel
§ 129 Abs. 4 StGB
    Rädelsführerschaft
§ 129 Abs. 5 StGB
    Geringe Schuld und Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung
§ 129 Abs. 6 StGB
    Tätige Reue
Konkurrenzen
    Tateinheit
Strafzumessung
    Strafrahmen
    Strafzumessungserwägungen
       Nicht zulässige Erwägungen
Urteil
    Urteilsformel
    Urteilsgründe
Prozessuales
    Verfahrenshindernisse
       Verfolgungsverjährung
       Strafklageverbrauch
    Ermittlungsmaßnahmen
       Überwachung der Telekommunikation
       Erhebung von Verbindungsdaten der Telekommunikation
       Einsatz technischer Mittel
          Einsatz weiterer technischer Mittel
       Ermittlung von Mobilfunkendgeräten
       Akustische Wohnraumüberwachung
    Zuständigkeit site sponsoring
       Gericht
          Zuständigkeitsprüfung von Amts wegen
       Staatsanwaltschaft
    Rechtsmittel
       Rechtsmittelbeschränkung
    Gesetze
       Verweisungen
       Änderungen § 129 StGB





Allgemeines




Schutzzweck der Norm

2
Der Tatbestand schützt vorrangig die Allgemeinsrechtsgüter öffentliche Sicherheit und staatliche Ordnung (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 27; MüKoStGB/Schäfer aaO, Rn. 1 mwN) und enthält daher strukturbedingt keine Tatbestandsmerkmale, die unmittelbar auf Individualrechtsgüter bezogene Angriffsobjekte, Angriffsarten oder Taterfolge umschreiben (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 27).

§ 129 StGB soll die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer ausreichend festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979; BGH, Beschl. v. 17.12.2014 - StB 10/14). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGHSt 28, 147, 148 f.; BGH NJW 1992, 1518; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979; BGH, Beschl. v. 17.12.2014 - StB 10/14; BGH, Beschl. v. 9.8.2016 - 3 StR 466/15).      



§ 129 Abs. 1 StGB




Gründer

5
Gründer im Sinne der §§ 129, 129a StGB sind nur solche Personen, die den Gründungsakt "führend und richtungsweisend" bewirken (BGH, Urt. v. 19.5.1954 - 6 StR 88/54, in einem redaktionellen Leitsatz in NJW 1954, 1254 abgedruckt und in BGHSt 27, 325, 326 wiedergegeben). Gegen diese - möglicherweise missverständliche - Definition wird der Einwand erhoben, bei einer so engen Auslegung könnten die Strafmilderungsvorschriften der § 129 Abs. 5, § 129a Abs. 6 StGB bei Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung keine Funktion erlangen (vgl. Rudolphi/Stein in SK-StGB § 129 Rdn. 14; Fischer/Tröndle, StGB 53. Aufl. § 129 Rdn. 23). Der Bundesgerichtshof hat daher klarstellend entschieden, das für das Gründen einer terroristischen Vereinigung das Erbringen eines wesentlichen Beitrags zur Gründung erforderlich ist. Nicht nur die Gründungsaktivitäten führender Personen sollen daher erfasst werden; vielmehr wird nur eine wesentliche Förderung der Gründung verlangt, also ein für das Zustandekommen der Vereinigung weiterführender und richtungsweisender Beitrag (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 3 StR 263/05 - NStZ-RR 2006, 267; auch Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 43). Gründer im Sinne der §§ 129129a StGB ist nicht nur eine beim Gründungsakt führende Person, sondern jeder, der die Gründung wesentlich fördert (Klarstellung zu BGH NJW 1954, 1254; BGHSt 27, 325, 326; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 3 StR 263/05 - Ls.; BGH, Beschl. v. 7.2.2006 - 3 StR 263/05). So verstanden kann ein Tatbeitrag durchaus eine weiterführende Wirkung für die Gründung entfalten, auch wenn er im Verhältnis zu den Beiträgen anderer Gründer von lediglich untergeordneter Bedeutung ist (BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 3 StR 263/05- NStZ-RR 2006, 267). 




Kriminelle Vereinigung

10
Eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist ein auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; etwa BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 221 mwN; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11 - StV 2012, 339, 340; BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 233/14; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 13 - JZ 2016, 473, 474; BGH, Beschl. v. 2.6.2016 - AK 28/16 Rn. 26; BGH, Beschl. v. 14.7.2016 - StB 22/16 Rn. 27). Eine solche Vereinigung wird zur kriminellen, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit nach dem gemeinsamen festen Willen der Mitglieder auf die Begehung von hinreichend bestimmten Straftaten ausgerichtet sind (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - BGHSt 49, 268, 271 f.; BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 233/14). Eine solche Vereinigung wird zur terroristischen, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gemäß den Katalogen des § 129a Abs. 1 und 2 StGB gerichtet sind (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.2016 - StB 22/16 Rn. 27; BGH, Beschl. v. 2.6.2016 - AK 28/16 Rn. 26). Diese Zielsetzung muss durch den internen Willensbildungsprozess der Mitglieder gedeckt sein. Zu verlangen ist demnach jedenfalls, dass die von einzelnen verfolgte Zweckgerichtetheit von den übrigen Mitgliedern mitgetragen wird (BGH, Beschl. v. 17.12.1992 - StB 21-25/92 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; BGH, Beschl. v. 31.5.2016 - 3 StR 86/16 Rn. 6). Das Merkmal des Gruppenwillens ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil dessen Existenz dem Einzelnen die Begehung von Straftaten erleichtert und das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückdrängt, woraus sich die vereinigungsbezogene Gefährlichkeit im Sinne der in größeren Personenzusammenschlüssen liegenden typischen Eigendynamik ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 229; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; BGH, Beschl. v. 2.6.2016 - AK 28/16 Rn. 26; BGH, Beschl. v. 14.7.2016 - StB 22/16 Rn. 27).

Das Vorliegen einer Vereinigung hängt nach bisher in der Rechtsprechung gebräuchlicher Definition von verschiedenen personellen, organisatorischen, voluntativen sowie zeitlichen Kriterien ab (
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979). Bei einer kriminellen Vereinigung handelt es sich um einen auf eine gewisse Dauer angelegten, freiwilligen organisatorischen Zusammenschluß von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame (kriminelle) Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, daß sie sich als einheitlicher Verband fühlen (BGHSt 28, 147; 31, 202, 204 f.; 31, 239 f.; 45, 26, 35; BGH NJW 1991, 1518; NStZ 1999, 571; BGH, Urt. v. 6.4.2001 - 2 StR 356/00; BGH, Beschl. v. 22.4.2003 - StB 3/03; BGH, Urt. v. 16.3.2004 - 5 StR 364/03; BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 233/04 - BGH NStZ 2005, 377; BGH wistra 2006, 462; BGH, Beschl. v. 28.11.2007 - StB 43/07; BGH, Beschl. v. 20.12.2007 - StB 12/07, 13/07 und 47/07 - NStZ 2008, 146; BGH, Urt. v. 24.1.2008 - 5 StR 253/07 - NStZ 2008, 575; BGH, Urt. v. 14.8.2009 - 3 StR 552/08 - BGHSt 54, 69 ff. - NJW 2009, 3448 ff.; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 221 - NJW 2010, 1979; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 3 StR 179/10 - BGHSt 56, 28, 29 f.; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11). Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, reicht jedoch für die Annahme einer kriminellen Vereinigung nicht aus (BGH, Urt. v. 6.4.2001 - 2 StR 356/00).

 
siehe auch: § 129a StGB, Bildung terroristischer Vereinigungen - Rdn. 10 - Terroristische Vereinigung

Eine Vereinigung ist in struktureller Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder besteht (BGHSt 31, 202, 206; 31, 239, 242; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979). Diese innere Organisation muss so stark sein, dass sich die Durchsetzung der Ziele der Vereinigung nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht und der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt. Die Straftaten und Aktionen, die von den Mitgliedern der Vereinigung geplant und begangen werden, müssen vor diesem Hintergrund stattfinden. Erforderlich ist dabei ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten, koordinierten Aufgabenverteilung (BGH NJW 1992, 1518; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

In organisatorischer Hinsicht ist eine interne Verbandsstruktur dergestalt erforderlich, dass sich die arbeitsteilig koordinierte Durchsetzung der Vereinigungsziele nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht. Hinzukommen muss die subjektive Einbindung der Beteiligten in die internen Willensbildungsprozesse der Vereinigung. Ausgehend von dem Schutzzweck der Vorschrift ist Anwendungsvoraussetzung die Feststellung von verbandsinternen Entscheidungsstrukturen zur Herausbildung eines Gruppenwillens, den die Mitglieder als verbindlich anerkennen und zur Maxime ihres Handelns machen (vgl. BGHSt 31, 239, 240; BGH NStZ 2005, 377; BGH, Beschl. v. 8.8.2006 - 5 StR 273/06 - wistra 2006, 462; BGH, Urt. v. 24.1.2008 - 5 StR 253/07 - NStZ 2008, 575; MünchKommStGB/Miebach/Schäfer § 129a Rdn. 30 f.). Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Bande; denn diese muss weder eine fest gefügte Organisations- noch Entscheidungsstruktur zur Herausbildung eines Gesamtwillens der Mitglieder aufweisen (vgl. BGHSt 31, 202, 205; 
BGH, Beschl. v. 8.8.2006 - 5 StR 273/06 - wistra 2006, 462; BGH, Urt. v. 24.1.2008 - 5 StR 253/07 - NStZ 2008, 575; MünchKommStGB/Miebach/Schäfer § 129 a Rdn. 36 [f.]). Voraussetzung ist ein für alle Beteiligten verbindlicher übergeordneter Gruppenwille. Dieser kann auch dann gegeben sein, wenn die Mitglieder der Vereinigung einem anderen Mitglied die Entscheidungsbefugnisse zuweisen und sich dessen Willen unterordnen (BGH NJW 1992, 1518; NStZ 1999, 571; BGHR StGB § 129 Gruppenwille 1; BGH, Urt. v. 6.4.2001 - 2 StR 356/00).

Nach bisher ständiger Rechtsprechung ist wesentlich für eine Vereinigung die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb grundsätzlich bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Für das voluntative Element ist erforderlich, dass die Mitglieder der Vereinigung in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen eingebunden sind; nur bei Annahme eines derartigen Gruppenwillens besteht die für die Vereinigung typische und ihre Gefährlichkeit ausmachende, vom Willen des Einzelnen losgelöste Eigendynamik. Es müssen deshalb innerhalb der Vereinigung Entscheidungsstrukturen bestehen, die von allen Mitgliedern als verbindlich anerkannt werden (MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 129 Rn. 22 mwN). Wie die Willensbildung innerhalb der Vereinigung vollzogen wird, ist hingegen gleichgültig; das Demokratieprinzip kommt gleichermaßen in Betracht wie das Prinzip von Befehl und Gehorsam, sofern dieses nicht nur die jeweils persönliche Unterordnung des einzelnen Mitglieds unter eine oder mehrere Führungspersönlichkeiten widerspiegelt, sondern auf dem gemeinsamen, unter den Mitgliedern abgestimmten Willen der Gesamtheit beruht (BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 233/14; BGH, Urt. v. 14.8.2009 - 3 StR 552/08 - BGHSt 54, 69, 109; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 226 f.; BGH, Beschl. v. 17.12.1992 - StB 21-25/92 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 28 jew. mwN).

Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese, solange der Wille des Einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt, noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung. Dies gilt selbst dann, wenn eine Person als Anführer eingesetzt wird, nach dem sich die anderen richten. Der Erfassung krimineller Erscheinungsformen dieser Art dienen Strafbestimmungen, welche die bandenmäßige Begehung bestimmter Straftaten mit höherer Strafe bedrohen (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2004 - 5 StR 364/03 - BGH wistra 2004, 229, 230; BGH, Beschl. v. 8.8.2006 - 5 StR 273/06 - wistra 2006, 462). Das konspirative Verhalten der Angeklagten ist kein taugliches Abgrenzungskriterium gegenüber einer bloßen bandenmäßigen Begehungsweise, denn auch Bandenmitglieder werden häufig derart vorgehen, um sich vor Strafverfolgung zu schützen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2006 - 5 StR 273/06 - wistra 2006, 462).

Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; maßgeblich ist allein, dass sie von den Mitgliedern der Vereinigung übereinstimmend anerkannt wird. Die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein. Die Annahme einer Vereinigung scheidet indes aus, wenn die Mitglieder einer Gruppierung sich nur jeweils der autoritären Führung einer Person unterwerfen, ohne dass dies vom Gruppenwillen abgeleitet wird (BGHSt 31, 239, 240; 45, 26, 35; BGH NJW 1992, 1518; BGH, Urt. v. 14.8.2009 - 3 StR 552/08 - BGHSt 54, 69 ff. - NJW 2009, 3448, 3460; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung durch koordiniertes Handeln nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, so belegt dies regelmäßig den für eine Vereinigung im Sinne der §§ 
129 ff. StGB notwendigen übergeordneten Gemeinschaftswillen (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - Ls. - NJW 2010, 1979). Die nachhaltige, aufeinander abgestimmte gemeinsame Verfolgung einer derartigen übergeordneten Zielsetzung ist in der Regel nur dann möglich, wenn die Mitglieder der Gruppierung sich unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen einem auf die Erreichung des gemeinsamen Ziels gerichteten Gruppenwillen unterordnen. In diesen Fällen ist das Bestehen ausdrücklicher, verbindlicher Regeln, nach denen die Entscheidungen innerhalb der Gruppierung zu treffen sind, für das voluntative Element der Vereinigung nicht konstitutiv; deshalb erübrigen sich nähere Feststellungen dazu, auf welche formale Art und Weise der gemeinschaftliche Wille gebildet wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Sachverhalt ausnahmsweise Besonderheiten aufweist, die aus der Verfolgung des gemeinsamen übergeordneten Ziels keinen ausreichenden Schluss auf die Existenz eines den individuellen Interessen der Einzelnen vorgehenden Gemeinschaftswillens zulassen (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Ein derartiges übergeordnetes Ziel verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung typischerweise etwa in den Fällen politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität. Solche Fallgestaltungen erscheinen jedoch darüber hinaus auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität denkbar. Dort wird es indes regelmäßig an der Verfolgung eines übergeordneten gemeinschaftlichen Ziels fehlen; denn bei Wirtschaftsstraftaten steht typischerweise das persönliche Gewinnstreben des einzelnen Täters im Vordergrund. In diesen Fällen sind die hergebrachten Grundsätze zur Feststellung des Gruppenwillens weiterhin maßgebend; deshalb sind hier nach wie vor Feststellungen dazu erforderlich, nach welchen Regeln sich der gemeinschaftliche Wille der Gruppierung bildet, denen die einzelnen Mitglieder folgen, weil sie sie als verbindlich ansehen (
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Zwar ist den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, daß der Gesetzgeber als kriminelle Vereinigungen namentlich politische oder politisch motivierte Gruppierungen ins Auge faßte (vgl. Hohmann wistra 1992, 85 f. m. w. N.). Jedoch kann weder hieraus noch aus der Deliktsnatur, der systematischen Stellung oder dem von § 
129 StGB geschützten Rechtsgut der öffentlichen Sicherheit der Schluß gezogen werden, daß die Vorschrift nur auf derartige Organisationen anwendbar ist (aA Hohmann aaO; Walischewski StV 2000, 583, 585). Denn eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs ist weder dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen, noch wird sie von der der Norm in ihrem Ursprung zugrunde liegenden Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 GG nahegelegt (BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 233/04; von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 5; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 1).

Die Organisation kann etwa darauf ausgerichtet sein, Straftaten, vor allem Eigentums- und Vermögensdelikte, zu begehen, mit denen - obwohl die einzelnen festgestellten Taten isoliert betrachtet überwiegend eher dem unteren Bereich der Kriminalität zuzurechnen sind - eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden war (BGH, Urt. v. 22.2.1995 - 3 StR 583/94 - BGHSt 41, 47, 51; BGH, Beschl. v. 4.8.1995 - StB 31/95 - NJW 1995, 3395, 3396). Für diese Beurteilung ist nicht lediglich auf die einzelne Straftat oder die jeweilige Strafandrohung abzustellen; vielmehr ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände vorzunehmen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können. Hierzu gehören insbesondere auch die Auswirkungen der Straftaten (BGH, Urt. v. 22.2.1995 - 3 StR 583/94 - BGHSt 41, 47, 51). Ins Gewicht fällt deshalb neben der Höhe der Erlöse insbesondere die organisierte, planmäßige und überregionale Vorgehensweise der Vereinigungsmitglieder. Diese Umstände belegen ohne Weiteres eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität führt nicht zu einer Änderung der bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne des § 
129 Abs. 1 StGB (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - Ls. - NJW 2010, 1979).

Die mit einem nicht unerheblichen logistischen Aufwand verbundene Art und Weise, in der die konkreten Straftaten begangen wurden, kann eine intensive vorherige Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Organisation belegen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 300, 301; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979). Ein bemerkenswertes Maß an Planung und personeller Geschlossenheit, das als ein gewichtiges Indiz für den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppenmitglieder zu werten sein kann, kann in der Einrichtung eines ständigen Gruppentreffs und damit eines räumlicher Fixpunktes zu sehen sein (Krauß aaO § 129 Rdn. 25), von dem die gewalttätigen Aktionen ausgingen und zu dem die Teilnehmer an den konkreten Straftaten nach deren Begehung jeweils zurückkehrten und sie dort eine gemeinsame Auswertung der gewalttätigen Aktionen vornahmen (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).     




[ Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung
]

10.5
Insoweit ist für eine Vereinigung wesentlich die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen; denn nur ein derartiger Gruppenwille schafft die spezifischen Gefahren einer für die Vereinigung typischen, vom Willen des Einzelnen losgelösten Eigendynamik zur Begehung von Straftaten. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 221 ff. mwN; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

  siehe zu den Anforderungen an die Urteilsfeststellungen unten 
Rdn. U.2 - Urteilsgründe 




[ Aktive Beteiligungshandlung ]

10.10
Ein Dauerdelikt ist gegeben, wenn der Täter einen von ihm begründeten rechtswidrigen Zustand aufrechterhält oder durch tatbestandserhebliche Handlungen weiter verwirklicht (BGH, Beschl. v. 7.8.1996 - 3 StR 318/96 - BGHSt 42, 215, 216 mwN; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14). Da es aber nach dem eindeutigen Gesetzeswortlautlaut des § 129 Abs. 1 StGB für die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift nicht ausreicht, bloß Mitglied in einer Vereinigung zu sein, begründet das Faktum der Mitgliedschaft keinen rechtswidrigen Zustand; vielmehr ist eine Beteiligung als Mitglied erforderlich, also eine aktive Förderungshandlung, in der sich die Eingliederung des Täters in die Organisation und seine Unterordnung unter deren Willen manifestiert (BGH, Urt. v. 11.6.1980 - 3 StR 9/80 - BGHSt 29, 288, 294; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; MüKoStGB/Schäfer aaO, Rn. 87; Haberstumpf aaO, 978). Sollten Formulierungen des 3. Senats, wonach eine Beteiligung als Mitglied auch für Zeiten angenommen werden könne, in denen keine Tätigkeiten für die Vereinigung ausgeübt werden (etwa BGH, Beschl. v. 22.10.1979 - StB 52/79 - BGHSt 29, 114, 123; vgl. hierzu Krauth aaO, 224 f.; Cording aaO, S. 71 f.), auf ein anderes Verständnis hindeuten können, hält der 3. Senat daran nicht fest (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14). Gegen die Annahme einer von aktiven Beteiligungshandlungen unabhängigen Tatbestandserfüllung spricht bereits, dass eine bloß formale oder lediglich passive Mitgliedschaft vom Tatbestand in seiner einschränkenden Auslegung durch die Rechtsprechung gerade nicht erfasst wird (BGH, Beschl. v. 22.10.1979 - StB 52/79 - BGHSt 29, 114, 121; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; vgl. auch BGH, Beschl. v. 30.3.2001 - StB 4-5/01 - NStZ 2002, 328, 330). 




Ausrichtung

15
Ausrichtung der Gruppe auf den Zweck der Begehung von Straftaten: Erforderlich ist insoweit, dass die Organisation nach dem fest gefassten Willen der für ihre Willensbildung maßgeblichen Personen das Ziel verfolgt, strafbare Handlungen zu begehen. Das bloße Bewusstsein, dass es zu Straftaten kommen könne (so noch BGH, Urt. v. 21.12.1977 - 3 StR 427/77 - BGHSt 27, 325, 328) genügt nicht (BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - BGHSt 49, 268, 271 f.), ebenso wenig, dass der Zweck nur von einzelnen Mitgliedern verfolgt, nicht aber auch von den übrigen Mitgliedern getragen wird (BGH, Beschl. v. 17.12.1992 - StB 21-25/92 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2) (BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 233/14).

Eine Vereinigung ist dann auf die Begehung von Straftaten gerichtet, wenn dies der verbindlich festgelegte Zweck ist, zu dessen Erreichung sich die Mitglieder verpflichtet haben. Die Organisation der Vereinigung muß auf den Zweck der gemeinschaftlichen Begehung von Straftaten hin konzipiert sein (Rudolphi in SK-StGB § 129 Rdn. 9; ders. in FS für Bruns S. 321; vgl. auch Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 32; Lenckner in Schönke/Schröder, 26. Aufl. § 129 Rdn. 7; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 129 Rdn. 13). Nur dann vermag die Betätigung der Vereinigung die ihre besondere Gefährlichkeit begründende Eigendynamik zu entfalten, die Grund für die durch § 
129 StGB bestimmte Vorverlagerung des Strafschutzes ist (BGHSt 28, 147, 148 f.). Daraus folgt, daß der gemeinsame Wille zur Begehung von Straftaten fest gefaßt sein muß und nicht nur vage oder insbesondere von dem Ergebnis weiterer Willensbildungsprozesse abhängig sein darf (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - wistra 2005, 57: Abgrenzung zur weiter gefassten Auslegung in BGHSt 27, 325, 328; in Bezug genommen in BGH NJW 1999, 503, 504 und in BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2; RGSt 54, 102, 105).

Die §§ 129 ff. StGB setzen als Vorfelddelikte nach ihrer Struktur nicht voraus, dass überhaupt von den Mitgliedern der Vereinigung konkrete Straftaten begangen werden, solche müssen noch nicht einmal konkret geplant oder vorbereitet sein (vgl. BGH NJW 2005, 80, 81; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979). Erst recht ist es nicht notwendig, dass bei den einzelnen Taten alle oder jeweils dieselben Mitglieder der Vereinigung aktiv werden; vielmehr ist auch eine Begehung in wechselnder Besetzung möglich (BGHSt 31, 202, 206). Mit Blick auf den Strafzweck der Vereinigungsdelikte (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51) ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung solcher Delikte gerichtet ist (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift kann demgemäß nicht voraussetzen, daß diese Straftaten begangen werden und die Vereinigung hierdurch ein hohes Maß an Ansehen bei ihren Gesinnungsgenossen gewinnt. Es genügt etwa, daß sie auf die Begehung von Straftaten wie Volksverhetzung, Verunglimpfung des Staates, Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen etc. ausgerichtet war (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 233/04). Die Zwecke oder die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung im Sinne des § 
129 StGB müssen in der Weise darauf gerichtet sein, Straftaten zu begehen, daß diese nicht nur von untergeordneter Bedeutung, sondern in dem Sinne wesentlich und mit anderen Zwecken oder Tätigkeiten gleichgeordnet sind, daß durch das strafrechtswidrige Verhalten das Erscheinungsbild der Vereinigung aus der Sicht informierter Dritter mitgeprägt wird (BGHSt 41, 47, 56; BGH, Beschl. v. 10.1.2002 - AK 22/01BGH, Beschl. v. 18.1.2002 - AK 1/02).

Ist die Begehung von Straftaten - wie für die Annahme einer Vereinigung im Sinne des § 
129 StGB erforderlich - in dem beschriebenen Sinn verbindlich festgelegtes Ziel des Zusammenschlusses, so ist die mitgliedschaftliche Beteiligung ohne weiteres tatbestandsmäßig. Zu einer teilweisen Verwirklichung des Willens auf Begehung entsprechender Straftaten, sei es zur Planung einer konkreten Tat oder wenigsten zu vorbereitenden Aktivitäten für solche Taten (Beschaffen von Ausrüstung, Auskundschaften von Zielen u. ä.) muß es nicht gekommen sein (BGHSt 27, 325, 328; BGH NStZ 1999, 503; BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - wistra 2005, 57).

Die erforderliche Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten ergibt sich etwa daraus, dass die Vereinigung den Zweck verfolgte, gewalttätige Auseinandersetzungen gegen andere Hooligangruppen zu organisieren und durchzuführen, wobei sich diese Auseinandersetzungen wegen der in der vereinbarten Art der Ausführung der Gewalttätigkeiten liegenden Tatumstände als strafbare Körperverletzungen darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 233/14).

Indes begründet - unabhängig von § 
129 Abs. 2 Nr. 2 StGB - nicht schon die Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung jeglicher beliebiger Straftaten deren Einstufung als kriminelle im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB. Vielmehr gebietet der Schutzzweck der Norm eine Einschränkung. Mit § 129 Abs. 1 StGB soll im Sinne einer Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes allein den erhöhten Gefahren begegnet werden, die im Falle der Planung und Begehung von Straftaten durch festgefügte Organisationen aufgrund der ihnen innewohnenden Eigendynamik für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Daran gemessen ist die Vorschrift, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und wegen der Bedeutung des Vergehens nach § 129 Abs. 1 StGB als Katalogtat für besondere strafprozessuale Maßnahmen (etwa § 98a Abs. 1 Nr. 2, § 110a Abs. 1 Nr. 2 StPO i.V.m. §§ 74a, 120 GVG, § 100a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d StPO), nur anwendbar, wenn die begangenen und/oder geplanten Straftaten der Mitglieder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten, wenn sie somit unter diesem Blickwinkel von einigem Gewicht sind. Dabei wird die Beurteilung, ob es sich im dargelegten Sinn um Delikte von einigem Gewicht handelt, nicht allein von einer an den abstrakten Strafdrohungen ausgerichteten Betrachtung bestimmt. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände, die, wie insbesondere auch die Tatauswirkungen, für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Beschl. v. 31.5.2016 - 3 StR 86/16 Rn. 6: Ausrichtung war maßgeblich die Begehung von Sachbeschädigungen; zu allem BGH, Urt. v. 22.2.1995  - 3 StR 583/94 - BGHSt 41, 47, 50 f. mwN).      




Auslandsbezug

20
Die örtliche Einordnung der Vereinigung als inländische, solche in dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder solche außerhalb dieses Bereichs ist sowohl für den Schuldspruch als auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Verfolgungsermächtigung als Verfahrensvoraussetzung erforderlich ist (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

L E I T S A T Z:   Haben sich Mitglieder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Inland zu einer organisatorischen Struktur zusammengeschlossen, deren Zwecke oder Tätigkeit der Zielsetzung der ausländischen Vereinigung entsprechen, so können sie sich nur dann tateinheitlich auch wegen Mitgliedschaft in einer inländischen kriminellen Vereinigung strafbar machen, wenn ihre inländische Organisation einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung unabhängigen Gesamtwillen bildet (BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10 - Ls. - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6).

L E I T S Ä T Z E:   1. Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 
129129a StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt.
2. Hieraus folgt, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht (BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 3 StR 179/10 - Ls. - BGHSt 56, 28 - NStZ-RR 2011, 174; vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11; BGH, Beschl. v. 29.5.2012 - 3 StR 95/12).

§ 
129 des Strafgesetzbuches gilt gemäß § 30b BtMG auch dann, wenn eine Vereinigung, deren Zwecke oder deren Tätigkeit auf den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln im Sinne des § 6 Nr. 5 StGB gerichtet sind, nicht oder nicht nur im Inland besteht.

L E I T S A T Z:   Zur Einordnung einer kriminellen Vereinigung als in- oder ausländische bzw. als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11 - Ls.)

Die Kriterien, an denen die Einordnung einer Organisation als in- oder ausländische Vereinigung - im letzten Fall zudem als Vereinigung innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auszurichten ist, sind gesetzlich nicht bestimmt und in der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 129b StGB nicht näher erörtert worden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/7025 S. 1, 6). In der Rechtsprechung (
BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6) und dem Schrifttum (vgl. etwa Stein, GA 2005, 433, 443; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 177 ff.; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129b Rn. 26 ff.) sind sie verschiedentlich angedeutet bzw. erörtert worden, indessen noch nicht abschließend geklärt.

Hierzu gilt:
Vereinigungen, die den §§ 
129 ff. StGB unterfallen, können in einer kaum überschaubaren Vielzahl von tatsächlichen Organisationsformen auftreten. So werden etwa Gruppierungen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen ebenso erfasst wie solche, die politische, ideologische oder religiöse Zwecke verfolgen. Bezüglich der Größe der Vereinigung ist lediglich die Mindestzahl von drei Mitgliedern bestimmt, es kommen deshalb sowohl Vereinigungen mit relativ wenigen als auch solche mit außerordentlich zahlreichen Mitgliedern in Betracht. Weder die Organisationsform noch die Art der Willensbildung ist im Einzelnen festgelegt. Nicht zuletzt sind die Gruppierungen etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus zunehmend länderübergreifend organisiert; ihre Aktionsfelder betreffen häufig die Gebiete mehrerer Staaten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine abstrakte Umschreibung der maßgeblichen Gesichtspunkte, die für die Einordnung derartiger Vereinigungen als in- oder ausländisch - und im letztgenannten Fall als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den Anspruch der Verbindlichkeit für alle denkbaren Einzelfälle erheben könnte, weder möglich noch sachgerecht. Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit und Komplexität der in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen liegt es näher, die geographische Zuordnung einer Vereinigung von einer an den konkreten Einzelfallumständen orientierten Gesamtbetrachtung abhängig zu machen. Dabei sind regelmäßig namentlich die folgenden Kriterien von Bedeutung (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11):

- Als wesentliches Zuordnungskriterium ist der Schwerpunkt der Organisationsstruktur anzusehen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; s. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre Operationsbasis hat"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dieser Schwerpunkt der organisatorischen Strukturen ist seinerseits anhand verschiedener Merkmale zu ermitteln (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523). Er kann sich insbesondere aus dem Ort ergeben, an dem gleichsam "die Verwaltung geführt wird" (s. Nehring, Kriminelle und terroristische Vereini-gungen im Ausland, 2007, S. 178). Anhaltspunkt dafür kann die Konzentration personeller und/oder sachlicher Ressourcen sein, beispielsweise für Organisationszwecke genutzte Gebäude, Ausbildungsstätten oder Material, wie Tatwerkzeuge, Unterlagen oder auch Datenverarbeitungsanlagen (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

- Ferner ist in den Blick zu nehmen, wo nach den Strukturen der Vereinigung deren Gruppenwille gebildet wird, d.h. wo der durch die entscheidungsbefugten Organe der Vereinigung gebildete Verbandswille zustande kommt und erstmals durch konkrete Umsetzungsakte nach außen in Erscheinung tritt (Zöller aaO S. 523; Nehring aaO S. 178). Auch kann zu berücksichtigen sein, an welchem Ort sich die Vereinigung gegründet hat. Demgegenüber sind die Staatsangehörigkeit der Mitglieder und deren bloßer Wohnsitz regelmäßig nicht von entscheidendem Belang (BGH, Beschl. v. 5.1.1982 - StB 53/81 - BGHSt 30, 328, 331 f.).

- Daneben kann das eigentliche Aktionsfeld Bedeutung erlangen, mithin der Ort, an dem die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind, begangen werden sollen bzw. begangen werden (vgl. 
BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10 - BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; vgl. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre strafbaren Tätigkeiten ausübt"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dabei sind gegebenenfalls sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort in die Bewertung einzustellen. Allerdings genügt es für die Einordnung einer Gruppierung als inländische oder EU-Vereinigung nicht, dass sie auf dem jeweiligen Gebiet lediglich Straftaten begeht oder begehen will. Erforderlich ist vielmehr zumindest, dass in Deutschland bzw. dem Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Organisationsstrukturen bestehen und die Vereinigungsmitglieder nicht nur zur Vorbereitung und Begehung der Straftaten, auf die die Vereinigung gerichtet ist, in die betreffende Region einreisen und sich dort aufhalten.

In den Fällen, in denen ausreichend sichere Feststellungen zur örtlichen Einordnung der Vereinigung vor dem Hintergrund der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen nicht getroffen werden können, kommt auch eine wahlweise Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung in Betracht. Vor allem mit Blick darauf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB die §§ 129129a StGB auch bei einer Vereinigung im Ausland grundsätzlich uneingeschränkt gelten, mithin insbesondere der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen nicht davon abhängt, ob die Tat sich auf eine in- oder ausländische Vereinigung bezieht, sieht der 3. Senat keinen Anlass, die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der §§ 129129a StGB einerseits und des § 129b StGB andererseits in Zweifel zu ziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11). Zu beachten ist hierbei, dass die Verfolgbarkeit des Vereinigungsdelikts nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB von einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängt. Liegt diese (bisher) nicht vor, fehlt für diesen Fall an einer Verfahrensvoraussetzung, so dass eine Wahlfeststellung ausscheidet (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).         




Unterbrechung der Mitgliedschaft
   

25
Die vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs für die Unterbrechung von geheimdienstlicher Agententätigkeit entwickelten Grundsätze gelten auch für die mitgliedschaftliche Betätigung in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2001 - StB 4/01 und 5/01 - BGHSt 46, 349 - NStZ 2002, 328).   




Täterschaft und Teilnahme

28
Schließen sich mehrere Täter zu einer kriminellen Vereinigung zusammen, hat dies - entsprechend den bei einem Zusammenschluss als Bande geltenden Grundsätzen - nicht zur Folge, dass jede von einem Vereinigungsmitglied begangene Tat den anderen Mitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Mitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben (vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2012 - 3 StR 335/11; BGH, Beschl. v. 19.4.2011 - 3 StR 230/10; BGH, Beschl. v. 24.7.2008 - 3 StR 243/08 - StV 2008, 575; BGH, Beschl. v. 13.5.2003 - 3 StR 128/03 - StV 2004, 21, 22; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12a). 



§ 129 Abs. 2 StGB




Tatbestandsausschlußklausel

35
Leitsatz Ob die Zwecke oder die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung untergeordnet im Sinne des § 129 Abs. 2 Nr. 2 StGB sind, ist bei einer nur aus einem Teil der Mitglieder einer Gesamtorganisation (etwa nur aus den Mitgliedern ihrer Führungsebene) gebildeten Vereinigung im Hinblick auf die Zwecke und Tätigkeit der Teilorganisation und nicht auf die der Gesamtorganisation zu beurteilen (BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - Ls. - wistra 2005, 57).

Soweit in der Beteiligung an einer Kampagne Verstöße gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG zu sehen sind (vgl. BGH NJW 2003, 2621), müssen diese bei der Beurteilung des Charakters der Führungsebene als Vereinigung nach § 
129 Abs. 1 StGB außer Betracht bleiben, weil es sich um Organisationsdelikte im Sinne der Tatbestandsausschlußklausel nach § 129 Abs. 2 Nr. 3 StGB handelt (vgl. BTDrucks. 4/2145 S. 13; BGH, Urt. v. 21.10.2004 - 3 StR 94/04 - wistra 2005, 57; Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 37; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 11; Rudolphi in SK-StGB § 129 Rdn. 7; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 129 Rdn. 21). 



§ 129 Abs. 4 StGB
 
... (4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen; auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der kriminellen Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100c Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a, c, d, e und g mit Ausnahme von Straftaten nach § 239a oder § 239b, Buchstabe h bis m, Nr. 2 bis 5 und 7 der Strafprozessordnung genannte Straftaten zu begehen. ... 




Rädelsführerschaft

65
Die Frage der Rädelsführerschaft (§ 129 Abs. 4 StGB) ist im Hinblick auf alle selbständig abzuurteilenden mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte einheitlich zu beurteilen; denn für die Anwendbarkeit des § 129 Abs. 4 StGB kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nur darauf an, ob der Täter zu den Rädelsführern der Vereinigung gehört, nicht hingegen, ob er bei dem Beteiligungsakt auch konkret als Rädelsführer agiert (vgl. BGH, Beschl. v. 31.5.2016 - 3 StR 86/16 Rn. 18). 
 


§ 129 Abs. 5 StGB

... (5) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 3 absehen. ...




Geringe Schuld und Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung

75
Mit Blick darauf, dass der Angeklagte mit dem gewaltsamen Vorgehen der Mitglieder nicht einverstanden war und er sich den Polizeibehörden als Informant zur Verfügung stellte, erscheint die Wertung nicht völlig unbedenklich, er hätte sich als Mitglied an der Vereinigung beteiligt. Denn dies erfordert, dass der Täter sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der Ziele der Organisation entfaltet (BGHSt 18, 296, 299 f.; BGH NStZ 1993, 37, 38; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979 betr. "Kameradschaft Sturm 34"). Sofern eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 129 Abs. 1 StGB bejaht wird, sind bei der Bestimmung der Rechtsfolgen jedenfalls die in § 129 Abs. 5 und 6 StGB enthaltenen Regelungen bzw. die hinter diesen Vorschriften stehen Rechtsgedanken zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).   



§ 129 Abs. 6 StGB

... (6) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter
1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird
es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.




Tätige Reue

95
Die Vorschrift des § 129 Abs. 6 StGB setzt unter anderem voraus, dass der Täter freiwillige und ernsthafte Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern. Aus Wortlaut und Sinn der Vorschrift folgt dabei zum einen, dass vor Beginn der Bemühungen die Vereinigung als solche noch bestanden hat, also ihre Zwecke oder Tätigkeiten nach wie vor darauf gerichtet waren, Straftaten im Sinne der §§ 129129a StGB zu begehen; zum anderen ist Voraussetzung, dass nach der Vorstellung des Täters ohne sein Eingreifen die Vereinigung fortbestehen würde, er aber durch sein Bemühen das Fortbestehen verhindern will (vgl. BGH, Beschl. v. 20.4.2006 - 3 StR 284/05).

Die Voraussetzungen einer tätigen Reue liegen mangels Freiwilligkeit dann nicht vor, wenn die verbliebenen Mitglieder einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen sind, dass sich ihre Ziele nicht erreichen lassen und ein Weitermachen somit sinnlos geworden ist (vgl. 
BGH, Beschl. v. 20.4.2006 - 3 StR 284/05). Etwas anderes kann gelten, wenn ein Teil der Mitglieder einen Auflösungsbeschluss initiiert und dabei erwartet hat, dass die Mitglieder, die an sich weitermachen wollten, das Ergebnis eines solchen Beschlusses akzeptieren würden (vgl. BGH, Beschl. v. 20.4.2006 - 3 StR 284/05; OLG Naumburg, Urt. v. 21.10.2003 - 2 StE 8/03-2(1/03)).   



Konkurrenzen




Tateinheit

K.1
Seine frühere Auffassung, die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung umfasse auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung mit der Folge, dass in diesen Fällen der Schuldspruch nur wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Vereinigung zu ergehen habe (BGH, Beschl. v. 28.10.2003 - 3 StR 43/03 - NStZ 2004, 385; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 27; Fischer in Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 129 Rdn. 49, aA jedoch Tröndle in der 48. Aufl. Rdn. 9; von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 87; Rudolphi in SKStGB § 129 Rdn. 30) hat der 3. Strafsenat aufgegeben (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979). Die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, da die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer solchen Vereinigung zu deren Verklammerung führt. Voraussetzung für eine solche Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier oder mehrerer an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbstständigen Delikte und dem sie verbindenden, sich über einen gewissen Zeitraum hinziehenden (Dauer-)Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht (BGH, Beschl. v. 19.4.2011 - 3 StR 230/10; BGH, Beschl. v. 2.12.2008 - 3 StR 203/08 - NStZ 2009, 692, 693; Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 27, 29 jeweils mwN). Danach können mehrere an sich getrennt verwirklichte Straftaten durch ein drittes Delikt - hier § 129 StGB - zu einer Tat verbunden werden, wenn zwischen diesem und wenigstens einem der verbundenen Delikte zumindest eine annähernde Wertgleichheit besteht oder das verbindende Delikt das schwerste ist (vgl. BGH, Beschl. v. 2.12.2008 - 3 StR 203/08 - NStZ 2009, 692, 693; BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; grundlegend BGH, Beschl. v. 26.3.1982 - 2 StR 700/81 - BGHSt 31, 29). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (BGH, Urt. v. 18.7.1984 - 2 StR 322/84 - BGHSt 33, 4, 6 f.; BGH, Beschl. v. 19.4.2011 - 3 StR 230/10; vgl. auch Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 52 Rn. 16). Erpressungsstraftaten werden durch das fortdauernde Vereinigungsdelikt zwar nicht mit den Betäubungsmitteltaten zu einer einzigen tateinheitlichen Tat verklammert, da die zu verklammernden Taten angesichts der Strafandrohung im Verhältnis zur Bildung einer kriminellen Vereinigung nicht leichter oder gleichwertig sind (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 196/11; BGH, Beschl. v. 20.4.2006 - 3 StR 284/05 - NStZ-RR 2006, 232, 233 betr. Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion nach § 311 Abs. 1 StGB und Bildung einer terroristischen Vereinigung). Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme von Tateinheit zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und einer anderen Straftat voraus, dass die Begehung dieser Tat zugleich zur Verfolgung der Zwecke der Vereinigung oder zu ihrer organisatorischen Aufrechterhaltung oder Stärkung dient (s. etwa BGH, Urt. v. 11.6.1980 - 3 StR 9/80 - BGHSt 29, 288, 290; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11). Bei den sog. Organisationsdelikten der §§ 84, 85129, 129a StGB, § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VereinsG bilden die jeweiligen Betätigungsakte eines Mitglieds während der Dauer der Zugehörigkeit zu einer Organisation grundsätzlich eine tatbestandliche Handlungseinheit (vgl. BGHSt 29, 114, 123; 29, 288, 294; BGH, Beschl. v. 15.2.2007 - StB 19/06 - NStZ 2007, 401; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 24). Betätigt sich jedoch ein Täter durch unterschiedliche Handlungen in verschiedenen Organisationen, so liegen mehrere selbständige Organisationsdelikte vor (vgl. BGH, Beschl. v. 15.2.2007 - StB 19/06 - NStZ 2007, 401; Steinmetz in MünchKomm § 84 Rdn. 27). Kommt es bei einer Organisation zu strukturellen Veränderungen, so wird es von den Umständen des Einzelfalls abhängen, ob es sich gleichwohl noch um die gleiche Organisation handelt oder infolge der Veränderung eine neue, davon verschiedene Organisation entstanden ist (BGH, Beschl. v. 15.2.2007 - StB 19/06 - NStZ 2007, 401). Das Gründen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB steht zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglied unmittelbar an das Gründen der Vereinigung anschließt (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Leitsatz - StGB § 129 Abs. 1, § 129a Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 1 
Zum Konkurrenzverhältnis von Handlungen, die mitgliedschaftliche Beteiligungsakte an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung darstellen und zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen.   
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14 - LG Köln

Der 3. Senat hat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach alle mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte an einer kriminellen (oder terroristischen) Vereinigung zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Vielmehr unterbleibt diese Verknüpfung jedenfalls mit solchen Handlungen, die auch den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen und der Zwecksetzung der Vereinigung oder sonst deren Interessen dienen. Diese stehen zwar gemäß § 52 Abs. 1 Alt. 1 StGB in Tateinheit mit der jeweils gleichzeitig verwirklichten mitgliedschaftlichen Beteiligung im Sinne des § 
129 Abs. 1 Var. 2 StGB, jedoch - soweit sich nach allgemeinen Grundsätzen nichts anderes ergibt - sowohl untereinander als auch zu der Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte in Tatmehrheit (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 - BGHSt 60, 308, 311 ff.). Nach der geänderten Rechtsprechung des 3. Senats zum Konkurrenzverhältnis von Handlungen die mitgliedschaftliche Beteiligungsakte an einer kriminellen Vereinigung darstellen und zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 - BGHSt 60, 308, 311 ff.), bilden grundsätzlich alle mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte an einer kriminellen Vereinigung eine tatbestandliche Handlungseinheit. Ein mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt, der zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift verwirklicht, unterfällt der tatbestandlichen Handlungseinheit indes nicht. Er tritt vielmehr - idealkonkurrierend mit der eigenständigen isolierten Erfüllung des § 129 Abs. 1 Var. 2 StGB - in Tatmehrheit53 StGB) zu dieser (vgl. BGH, Beschl. v. 31.5.2016 - 3 StR 86/16 Rn. 17; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.9.2016 - 1 StR 422/15 Rn. 15).

Zwischen einer Straftat, die ein Mitglied einer kriminellen Vereinigung in Verfolgung deren Ziele begeht, und dem darin liegenden Verstoß gegen § 
129 Abs. 1 Var. 2 StGB besteht Tateinheit (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 24; BGH, Beschl. v. 7.12.1979 - 3 StR 299/79 Rn. 26; BGH, Urt. v. 11.6.1980 - 3 StR 9/80 - BGHSt 29, 288, 290 f.; BGH, Urt. v. 16.4.1980 - 3 StR 64/80 - MDR 1980, 684, 685; BGH, Beschl. v. 8.5.1980 - 3 StR 170/80 Rn. 2; BGH, Urt. v. 8.9.1982 - 3 StR 241/82 - NStZ 1982, 517, 518; BGH, Beschl. v. 23.12.2009 - StB 51/09 - NStZ 2010, 445, 446 f.; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 194; SK-StGB/Rudolphi/Stein, 63. Lfg., § 129 Rn. 34; S/S-SternbergLieben, StGB, 29. Aufl., § 129 Rn. 27; Krauth, Festschrift für Kleinknecht, 1985, 215, 218; Cording, Der Strafklageverbrauch bei Dauer- und Organisationsdelikten, 1993, S. 112).

Das Gründen einer kriminellen Vereinigung weist einen im Verhältnis zur Beteiligung als Mitglied selbstständigen Unrechtsgehalt auf. Dieser ist nicht nur bei der Bewertung des Schuldumfangs im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Das Erfordernis der Rechtsklarheit gebietet es vielmehr, bereits im Schuldspruch zu verdeutlichen, dass der Angeklagte über die mitgliedschaftliche Beteiligung hinaus eine weitere, eigenständige Tathandlung des § 129 Abs. 1 StGB verwirklicht hat (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).

Dagegen hat die Annahme selbständiger Taten im übrigen Bestand, wenn die von den Mitgliedern im einzelnen begangenen Straftaten jeweils schwerer wiegen als das Organisationsdelikt nach § 
129 Abs. 1 StGB und von diesem somit nicht nach dem Grundsatz der Klammerwirkung zu einer Tat zusammengefaßt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2003 - 3 StR 43/03; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 28 ff.).

Beispiel: Da die gefährlichen Körperverletzungen nach § 224 StGB schwerer wiegen als das Vergehen nach § 
129 Abs. 1 StGB, werden die einzelnen Gewaltdelikte nicht nach den Grundsätzen der Klammerwirkung durch die Organisationsstraftat zu einer materiellrechtlich insgesamt einheitlichen Tat verbunden (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 28 ff.); sie stehen vielmehr zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979).


 
siehe auch: Tateinheit, § 52 StGB   



Strafzumessung




Strafrahmen

S.1
Strafrahmen § 129 Abs. 1 StGB: 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen

ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen
 
ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung)
1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen
 
ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung)
1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen
 
ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen


Strafrahmen § 
129 Abs. 4 StGB:
1) Halbs. 1
6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung -
1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung -
1 Monat bis 2 Jahre 1 Monate 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

2) Halbs. 2
6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung -
1 Monat bis 5 Jahre 7 Monate 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung -
1 Monat bis 4 Jahre 2 Monate 2 Wochen 4 Tage Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 10 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe




Strafzumessungserwägungen

S.3




[ Nicht zulässige Erwägungen ]

S.3.4
Die Erwägung bei einer Verurteilung wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung, dass vor allem zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen sei, dass er Rädelsführer einer - näher dargelegten - besonders gefährlichen kriminellen Vereinigung in einem Zeitraum von über einem Jahr gewesen sei, erscheint unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs. 3 StGB nicht frei von Bedenken (BGH, Beschl. v. 10.11.2008 - 3 StR 425/08).

Die Formulierung, dass straferschwerend die "Selbstverständlichkeit ins Gewicht fiel, mit der der Angeklagte zur Erreichung seiner politischen Ziele bereit war, gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu verstoßen", lässt besorgen, dass dem Angeklagten zur Last gereicht, dass er überhaupt die Straftat begangen hat, anstatt von ihr Abstand zu nehmen. Das ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 106; 2001, 295; BGHR § 46 Abs. 2 StGB Wertungsfehler 14; 
BGH, Beschl. v. 10.11.2008 - 3 StR 425/08).   



Urteil




Urteilsformel

U.1
Nach der Rechtsprechung des 3. Senats zum Konkurrenzverhältnis (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 235) ist bei einer Verurteilung nach § 129 StGB im Schuldspruch die konkrete Begehungsform zu bezeichnen (BGH, Beschl. v. 7.2.2012 - 3 StR 335/11). Steht die Gründung, die im Verhältnis zur Beteiligung als Mitglied einen selbständigen Unrechtsgehalt aufweist, zu der mitgliedschaftlichen Betätigung in Tateinheit, ist dies nicht nur bei der Bewertung des Schuldumfangs im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Vielmehr gebietet es das Erfordernis der Rechtsklarheit in diesem Fall, bereits im Schuldspruch zu verdeutlichen, dass über die mitgliedschaftliche Beteiligung hinaus eine weitere, eigenständige Tathandlung des § 129 Abs. 1 StGB verwirklicht wurde (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 235; BGH, Beschl. v. 7.2.2012 - 3 StR 335/11). 




Urteilsgründe

U.2
Das das Urteil keine Feststellungen zur Art und Weise der Willensbildung enthält, gefährdet seinen Bestand nicht, wenn solche Feststellungen entbehrlich sind, weil die Existenz des Gruppenwillens, dem sich die Mitglieder der Organisation unterordnen, aufgrund anderer Umstände offen zutage tritt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die Mitglieder einer Gruppierung nicht nur kurzfristig ein Ziel politischer, religiöser oder weltanschaulicher Art verfolgen, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 14; BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 228 ff.).

Die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zum Willenselement (siehe dazu oben Rdn. 10.5) sind dann geringer, wenn die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Begehung von Straftaten hinausreichende Zielsetzung verfolgen und die für Vereinigungen typische Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt wird, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Ziels verbunden fühlen, wie dies typischerweise bei politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität der Fall ist (
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 228 ff.; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt, wenn die Organisation im Kern allein auf die Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten sowie die dadurch ermöglichte Finanzierung einer Gemeinschaftskasse gerichtet war, die wiederum der Bereicherung der Führungsebene und der materiellen Unterstützung der Mitglieder in bestimmten Situationen diente; die Vereinigung war somit durch wirtschaftliche, nicht aber durch politisch-ideologische Zielsetzungen der Beteiligten geprägt. Der Umstand, dass sich die Vereinigungsmitglieder nach außen abgrenzten und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ablehnten, ist für kriminelle Organisationen jeglicher Art nicht ungewöhnlich. Ihm kommt deshalb im hier relevanten Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Gesichtspunkt reicht insbesondere nicht aus, um darin bereits eine eigene, über den auf Straftaten ausgerichteten Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausgehende Ideologie in dem dargelegten Sinne zu sehen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 262/11).

Eine bloße Umschreibung der Art der Verbindung durch definitorisch formelhafte Wendungen genügt nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14; MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 129 Rn. 21). Vielmehr muss belegt werden, dass innere Organisation und Gruppenwille zueinander in Beziehung stehen. Denn der gemeinsame Wille zur Begehung von Straftaten genügt mangels ausreichender Abgrenzbarkeit zu Mittäterschaft und Bande als anderen Formen strafbaren Zusammenwirkens nicht. Vielmehr muss auch bei der Erreichung des übergeordneten Ziels koordiniert zusammengearbeitet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 3 StR 537/14 Rn. 15; 
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - BGHSt 54, 216, 228 ff.). 



Prozessuales




Verfahrenshindernisse

Z.1




[ Verfolgungsverjährung ]

Z.1.1
Die Verjährungsfrist für § 129 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre  (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). § 129 Abs. 3 StGB, der die Versuchsstrafbarkeit zum Gegenstand hat, kann insoweit nur über die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (§ 49 StGB) zu einer Änderung des Ausgangsstrafrahmens führen und ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB). Der Strafrahmen des § 129 Abs. 4 StGB hebt bei unverändertem Höchstmaß lediglich die Mindesstrafe an, betrifft besonders schwere Fälle und führt zu keiner Änderung bei der Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 4 StGB).   




[ Strafklageverbrauch ]

Z.1.2
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs gelten im Bereich der Organisationsdelikte grundlegende Besonderheiten: Danach werden im Vergleich zu §§ 129, 129a, 129b StGB schwerere Straftaten, die mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung in Tateinheit stehen, dann nicht von der Rechtskraft eines allein wegen dieser Beteiligung ergangenen Urteils erfasst, wenn sie in dem früheren Verfahren tatsächlich nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und der Urteilsfindung waren (BGHSt 29, 288; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - StB 37/09BGH, Beschl. v. 4.9.2009 - StB 44/09 - NStZ 2010, 287). Daher ist ein wegen eines Organisationsdelikts Verurteilter durch die Rechtskraft des früheren Urteils nur vor weiterer Strafverfolgung wegen dieses Delikts und tateinheitlich mit diesem zusammentreffender weiterer, nicht schwerer wiegender Straftaten geschützt (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2002, 607, 608; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - StB 37/09; BGH, Beschl. v. 4.9.2009 - StB 44/09 - NStZ 2010, 287).

Eine Verfolgungsgefahr ist bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung ferner dann nicht auszuschließen, wenn zwischen der abgeurteilten Tat und anderen Straftaten, derentwegen der Zeuge noch verfolgt werden könnte, ein so enger Zusammenhang besteht, dass die Beantwortung von Fragen zu der abgeurteilten Tat die Gefahr der Verfolgung wegen dieser anderen Taten mit sich bringt (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 239; NStZ 2006, 509; StraFo 2008, 423; 
BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - StB 37/09).   




Ermittlungsmaßnahmen

Z.2




[ Überwachung der Telekommunikation ]

Z.2.1
Das Vergehen nach § 129 StGB stellt eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 d StPO dar, bei der unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf.

  siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO
   




[ Erhebung von Verbindungsdaten der Telekommunikation ]

Z.2.2
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer
1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 
100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder
2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 
100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO),
so dürfen nach § 
100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig.

 
siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation   




[ Einsatz technischer Mittel ]

Z.2.3
Nach § 100f Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete, auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Dabei darf sich gemäß § 
100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Die Maßnahme darf nach § 
100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

Für das Verfahren gelten nach § 
100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO  entsprechend.

 
siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel       




- Einsatz weiterer technischer Mittel

Den Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen, Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung in § 100h StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor.

 
siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel   




[ Ermittlung von Mobilfunkendgeräten ]

Z.2.4
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel
1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin
verwendeten Karte sowie
2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes
ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO).

 
siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten     




[ Akustische Wohnraumüberwachung ]

Z.2.5
Taten nach § 129 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Halbsatz 2 StGB gehören zu den in § 100c Abs. 2 StPO genannten besonders schweren Straftaten (Katalogtaten), bei denen unter den Voraussetzungen des § 100c Abs. 1 StPO die akustische Wohnraumüberwachung angeordnet werden darf.

 
siehe auch: Akustische Wohnraumüberwachung, § 100c StPO 




Zuständigkeit

Z.6




[ Gericht ]

Z.6.1
Sofern dieselbe Handlung nicht eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz darstellt, ist für Straftaten der Bildung krimineller Vereinigungen, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB und des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VereinsG, grundsätzlich die Staatsschutzkammer (erstinstanzlich) zuständig (§ 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG). Jedoch entfällt deren Zuständigkeit und wechselt zu der des Oberlandesgerichts, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles vor der Eröffnung des Hauptverfahrens die Verfolgung übernimmt (§§ 74a Abs. 2 Halbs. 1, 120 Abs. 2 Nr. 1 GVG). Ein solcher Zuständigkeitswechsel scheidet aus, wenn durch Abgabe nach § 142a Abs. 4 GVG oder durch Verweisung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 GVG die Zuständigkeit des Landgerichts begründet wird (§ 74a Abs. 2 Halbs. 2 GVG).

Staatsschutzkammern sind bei den Landgerichten eingerichtet, in deren Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Sie sind für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts örtlich zuständig (§ 
74a Abs. 1, 5 GVG).

Im Falle der Übernahme der Verfolgung durch den Generalbundesanwalt sind gemäß § 
120 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GVG erstinstanzlich die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung.

 
siehe auch: Erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte, § 120 GVG 




- Zuständigkeitsprüfung von Amts wegen

Ihre Zuständigkeit prüft die Staatsschutzkammer als besondere Strafkammer nach § 74a GVG bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 6a Satz 1 StPO von Amts wegen. Danach darf sie
ihre Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten beachten. Der Angeklagte kann den
Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend
machen (§ 
6a Satz 2 und 3 StPO).

 
siehe auch: Zuständigkeit besonderer Strafkammern, § 6a StPO; Zuständigkeit der Staatsschutzkammer und der Kammer für § 100c StPO, § 74a GVG   




[ Staatsanwaltschaft ]

Z.6.2
Der gerichtlichen Zuständigkeit für das Hauptverfahren folgt die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft nach § 143 Abs. 1 GVG auch in den Fällen der Zuständigkeit der Staatsschutzkammern (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 143 GVG Rdnr. 1). 




Rechtsmittel

Z.7




[ Rechtsmittelbeschränkung ]

Z.7.5
Der Bundesgerichtshof konnte in BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979 offen lassen, ob der Umstand, dass die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und schwerer wiegende Straftaten trotz der Annahme materiellrechtlicher Tateinheit unter besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer getrennten Aburteilung zugänglich sind (BGHSt 29, 288, 292 ff.; BGH StV 1999, 352, 353), es rechtfertigen kann, eine Beschränkung der Revision auf in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt stehende schwerere Straftaten als wirksam anzusehen (Paul in KK 6. Aufl. § 318 Rdn. 6 a; zur Zulässigkeit der Revisionsbeschränkung auf einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung, wenn diese mit dem Dauerdelikt der Zuhälterei tateinheitlich zusammentrifft, s. BGHSt 39, 390). Dagegen könnte sprechen, dass sich der Schuldumfang des Organisationsdelikts ohne Berücksichtigung der damit im Zusammenhang begangenen Taten nicht beurteilen lässt und umgekehrt (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - 3 StR 277/09 - NJW 2010, 1979; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 318 Rdn. 66).

 
siehe auch: § 318 StPO, Beschränkung der Berufung --> Rdn. 45.1




Gesetze

Z.8




[ Verweisungen ]

Z.8.1
In § 129 StGB wird verwiesen auf:

§ 49 StGB 
  siehe auch: Besondere gesetzliche Milderungsgründe, § 49 StGB
§ 84 StGB 
  siehe auch: Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei, § 84 StGB
§ 85 StGB 
  siehe auch: Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot, § 85 StGB
§ 86 StGB 
  siehe auch: Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, § 86 StGB
§ 86a StGB 
  siehe auch: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, § 86a StGB
§ 87 StGB 
  siehe auch: Agententätigkeit zu Sabotagezwecken, § 87 StGB

§ 100c StPO 
  siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO

Auf § 
129 StGB wird verwiesen in:

§ 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) 
  siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten
§ 129a StGB 
  siehe auch: Bildung terroristischer Vereinigungen, § 129a StGB
§ 129b StGB 
  siehe auch: Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Erweiterter Verfall und Einziehung, § 129b StGB
§ 261 StGB 
  siehe auch: Geldwäsche, § 261 StGB

§ 
100a StPO   siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation
§ 100c StPO 
  siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO
§ 111 StPO (über § 
129a StGB)   siehe auch: § 111 StPO, Kontrollstellen


§ 74a GVG 
  siehe auch: Zuständigkeit der Staatsschutzkammer und der Kammer für § 100c StPO, § 74a GVG

§ 30b BtMG 
  siehe auch: § 30b BtMG, Straftaten




[ Änderungen § 129 StGB ]

Z.8.2
§ 129 StGB wurde mit Wirkung vom 22. Juli 2017 geändert durch das vierundfünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2440). Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut:

"§ 129 StGB
Bildung krimineller Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,
1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(3) Der Versuch, eine in Absatz 1 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen; auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der kriminellen Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100c Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a, c, d, e und g mit Ausnahme von Straftaten nach § 239a oder § 239b, Buchstabe h bis m, Nr. 2 bis 5 und 7 der Strafprozessordnung genannte Straftaten zu begehen.

(5) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 3 absehen.

(6) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter
1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird
es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft."



Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 7. Abschnitt (Straftaten gegen die öffentliche Ordnung)
 




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