www.wiete-strafrecht.de |
|
§
253 StGB
Erpressung
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
|
Allgemeines |
|
|
3 |
Geschütztes Rechtsgut der §§ 253, 255 StGB ist das Vermögen (BGH, Urt. v. 2.11.2011 - 2 StR 375/11). | |
|
5 |
Gewalt setzt auch beim Erpressungstatbestand
die
Entfaltung
von – nicht notwendig erheblicher – Körperkraft
durch den Täter voraus, die einen unmittelbar oder mittelbar auf
den Körper eines anderen wirkenden Zwang ausübt, der nach der
Vorstellung des Täters geeignet ist, einen geleisteten oder
erwarteten Widerstand zu überwinden oder auszuschließen
(vgl. BGH, Beschl. v. 22.9.2015 - 4 StR 152/15 [zu § 253
StGB];
BGH, Beschl. v. 20.7.1995 – 1 StR 126/95 - BGHSt 41, 182, 185;
BGH, Beschl. v. 27.7.1995 – 1 StR 327/95 - NStZ 1995, 592 f.
[jeweils zu § 240
StGB]; Sander in: MüKoStGB, 2. Aufl.,
§ 253 Rn. 4; SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 253 Rn. 4). Allein das resolute Auftreten des Angeklagten und seine verbale Bezugnahme („Ach du schon wieder“) auf das frühere Geschehen, bei dem es zu einer Gewaltanwendung gegen den Geschädigten gekommen war, begründen noch nicht die Annahme eines aktuell auf den Körper des Geschädigten einwirkenden Zwangs (vgl. BGH, Beschl. v. 22.9.2015 - 4 StR 152/15). |
|
|
7 |
Die
Drohung mit einem empfindlichen Übel im Sinne der §§
240, 253
StGB muss nicht ausdrücklich ausgesprochen werden,
sondern kann auch schlüssig
oder versteckt erfolgen (vgl. BGH,
Urt. v. 14.3.2002 - 4 StR 583/01; vgl. hierzu auch
Tröndle/Fischer
StGB 50. Aufl. § 240 Rdn. 31 m.w.N.), Ausreichend ist, wenn der
Täter das angedrohte empfindliche Übel durch ein bestimmtes
Verhalten genügend erkennbar macht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.9.2015
- 4 StR 152/15; BGH, Urt. v. 11.3.2015 – 2 StR 323/14 - NStZ
2015, 461). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Drohung im Sinne der §§ 253, 255 StGB nicht nur mit klaren und eindeutigen Worten, sondern auch mit allgemeinen Redensarten und mit unbestimmten, versteckten Andeutungen ausgesprochen werden kann, es also auf deren äußere Form regelmäßig nicht ankommt (BGH, Urt. v. 17.3.1955 – 4 StR 8/55 - BGHSt 7, 252, 253; BGH, Urt. v. 21.2.1989 – 5 StR 586/88 - BGHR StGB § 255 Drohung 6; BGH, Beschl. v. 4.12.2013 - 4 StR 422/13; vgl. auch LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 253 Rn. 6). Das Tatbestandsmerkmal der erpresserischen Drohungen kann danach auch hinter harmlos erscheinenden Äußerungen, Mitteilungen, Ratschlägen, Vorschlägen, Mahnungen oder Warnungen gesehen werden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Erklärende in Wahrheit droht (BGH, jeweils aaO). Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall eine seelische Einwirkung auf den Bedrohten in Gestalt einer auf Angst und Furcht abzielenden Ankündigung eines hinreichend erkennbaren Übels, die der Täter an den Bedrohten richtet, dessen Willen gebeugt werden soll (RGSt 53, 281, 283; BGH, Urt. v. 17.3.1955 – 4 StR 8/55 - BGHSt 7, 252, 253; BGH, Beschl. v. 4.12.2013 - 4 StR 422/13; vgl. auch BGH, Urt. v. 16.3.1994 – 2 StR 8/94 - BGHR StGB § 255 Drohung 7; LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 253 Rn. 6). siehe hierzu auch: Nötigung, § 240 StGB Besteht das konkludent angedrohte empfindliche Übel in unmittelbar drohenden körperlichen Übergriffen und damit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben, kann eine räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255 StGB gegeben sein. Darauf, ob der Täter die Drohung erforderlichenfalls auch verwirklichen will, kommt es nicht an (vgl. BGH, Beschl. v. 22.9.2015 - 4 StR 152/15; BGH, Beschl. v. 18.3.2015 – 3 StR 595/14 - NStZ-RR 2015, 213). |
|
|
10 |
Eine
Erpressung kann auch dadurch begangen werden, dass der Täter
das Tatopfer durch Drohung oder Gewalt dazu veranlasst, auf die
Geltendmachung einer Forderung zu verzichten, sei es durch
Unterlassen
geeigneter Maßnahmen zu ihrer Durchsetzung, sei es dadurch, dass
es duldet, dass sich der Täter entfernt, ohne seine Personalien
anzugeben (vgl. BGH,
Beschl. v. 17.8.2006 - 3 StR 279/06 - NStZ 2007,
95). Der von dem Tatbestand vorausgesetzte Vermögensschaden tritt in diesen Fällen aber nur ein, wenn die Forderung besteht und auch werthaltig ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.5.2008 - 4 StR 58/08 - StV 2009, 354; ansonsten ggfls. Nötigung). Wer auf die Geltendmachung einer wertlosen, weil gänzlich uneinbringlichen Forderung verzichtet, erleidet dadurch keinen Vermögensschaden (BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 3 StR 279/06 - NStZ 2007, 95). Der Bundesgerichtshof hat in einem vom Landgericht als schwere räuberische Erpressung bewerteten Fall, bei dem ein mittelloser Angeklagter unter Drohungen mit einer Scheinwaffe einen Taxifahrer nötigte, den Fahrpreis nicht mehr geltend zu machen, angenommen, dass das Vermögen des Taxifahrers bereits dadurch geschädigt worden sei, dass er den Angeklagten, obwohl dieser nicht zahlen konnte, abgeholt und befördert habe. Da nach den zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffenen Feststellungen nichts dafür gesprochen hat, dass nachträgliche Bemühungen des Fahrers, den Fahrpreis - etwa auch gerichtlich - geltend zu machen, irgendeine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten, sei unter diesen Umständen durch den Einsatz des Nötigungsmittels dem Vermögen des Fahrers kein Nachteil im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB - auch nicht im Sinne einer Vertiefung des eingetretenen Schadens - zugefügt worden (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 3 StR 279/06 - NStZ 2007, 95). Das Verhalten wurde insoweit als Betrug (§ 263 StGB) - durch die aufgrund Täuschung über die Zahlungsfähigkeit erlangte Transportleistung - und als Nötigung (§ 240 StGB, ggfls. unbenannter besonders schwerer Fall nach § 240 Abs. 4 Satz 1 StGB) - durch den aufgezwungenen "Verzicht" auf die Personalienfeststellung - bewertet (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 3 StR 279/06 - NStZ 2007, 95). Bedrohte der Täter den Gerichtsvollzieher, um Pfändungsmaßnahmen zu verhindern, spricht dies nicht nur für versuchte Nötigung, sondern für versuchte Erpressung (vgl. auch BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 8 für den Fall der Bedrohung des vom Gläubiger beauftragten Rechtsanwalts, damit dieser die Aufhebung angebrachter Pfändungen veranlasst; für die Bedrohung des vom Gläubiger beauftragten Gerichtsvollziehers, der Pfändungsmaßnahmen abbrechen soll, kann nichts anderes gelten, BGH, Beschl. v. 3.4.2008 - 1 StR 153/08). Wäre von Bedrohung mit gegenwärtiger Gefahr auszugehen (vgl. hierzu BGHR StGB § 255 Drohung 9; BGH NStZ-RR 1998, 135), käme sogar räuberische Erpressung in Betracht (BGH, Beschl. v. 3.1.1997 - 3 StR 545/96, insoweit in BGHR StGB § 253 Abs.1 aaO nicht abgedruckt). Die irrige Annahme eines Anspruchs auf Abbruch der Pfändungen ließe die für eine Erpressung erforderliche Absicht rechtswidriger Bereicherung nicht entfallen, wenn dieser Irrtum auf die zur Schuldunfähigkeit führende Krankheit zurückgeht (BGHSt 3, 287, 289; 10, 355, 357; BGH NStZ 1991, 528; BGH NStZ-RR 2003, 11 m.w.N.), und wäre im Übrigen im Rahmen der Prüfung von § 63 StGB wegen einer solchen Tat ohne Bedeutung (BGH NStZ-RR aaO m.w.N.; BGH, Beschl. v. 3.4.2008 - 1 StR 153/08). Wird eine Prostituierte zur Vornahme sexueller Handlungen gezwungen, so erwachsen ihr hieraus, wie jedem Opfer einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung, Ansprüche auf Ersatz des ihr durch die Tat entstandenen materiellen und immateriellen Schadens (§ 823 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 177 StGB, §§ 249, 253 BGB). Dienstvertragliche Ansprüche werden hierdurch nicht begründet. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Täter zunächst das Vertrauen der Prostituierten dadurch erschleicht, dass er sich als normaler Freier ausgibt und Zahlungsbereitschaft vortäuscht. Aus § 1 Satz 1 ProstG ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach dieser Bestimmung erwirbt eine Prostituierte nur dann eine rechtswirksame Forderung, wenn die sexuellen Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden sind. Sie ist Ausnahmevorschrift zu § 138 Abs. 1 BGB und bestimmt die Wirksamkeit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt trotz Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts. Zur Anwendbarkeit weitergehender allgemeiner Regelungen des Dienstvertragsrechts, wie § 612 Abs. 1 und 2 BGB, führt die Vorschrift nicht. Demgemäß kommt die Erpressung einer Prostituierten in der Form, dass ihr der Verzicht auf das vereinbarte Entgelt abgenötigt wird, erst dann in Betracht, wenn die abgesprochene sexuelle Handlung einvernehmlich vorgenommen worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2011 - 3 StR 467/10 - NStZ 2011, 278). Dies war in dem vorgenannten vom BGH entschiedenen Fall ersichtlich nicht der Fall; denn die Geschädigte hat die Manipulationen am Geschlechtsteil des Angeklagten nicht einvernehmlich in der Erwartung einer zugesagten Entlohnung vorgenommen, sondern wurde hierzu gegen ihren Willen gezwungen. Danach bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob die Flucht der Geschädigten überhaupt als Verzicht auf eine ihr zustehende - werthaltige (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 3 StR 279/06 - NStZ 2007, 95 f.) - Forderung gewertet werden könnte (BGH, Beschl. v. 18.1.2011 - 3 StR 467/10 - NStZ 2011, 278). |
|
|
15 |
Eine
Strafbarkeit nach § 253
StGB setzt voraus, dass die Bereicherung
nach der materiellen Rechtslage zu Unrecht angestrebt wird (BGH,
Beschl. v. 26.8.2014 - 5 StR 358/14). Der Täter will sich dann zu
Unrecht bereichern, wenn er einen
Vermögensvorteil erstrebt, auf den er keinen rechtlich
begründeten Anspruch hat (BGH, Beschl. v. 21.12.1998 – 3
StR
434/98; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 402/10). Daran fehlt es, wenn
der Täter auf den Vermögensvorteil einen fälligen
einredefreien Anspruch besitzt (vgl. BGH, Beschl. v. 26.8.2014 - 5 StR
358/14). Allein der Umstand,
dass ein fälliger Anspruch mit Nötigungsmitteln durchgesetzt
werden soll, macht den begehrten Vorteil nicht rechtswidrig (BGHSt 20,
136, 137; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 402/10). Ob der Angeklagte davon ausging, sich zu Unrecht zu bereichern, hängt von seinen Vorstellungen über das Bestehen einer materiellrechtlich durchsetzbaren Forderung ab (vgl. BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 210/10; Schönke/Schröder-Eser, StGB, 28. Aufl., § 253 Rn. 19; Fischer, StGB 57. Aufl. § 253 Rn. 18 ff., § 263 Rn. 190 ff.). Sollte er etwa irrtümlich von gegebenen Ansprüchen ausgegangen sein, wäre der Vorsatz zu verneinen (vgl. BGH, Urt. v. 3.3.1999 – 2 StR 598/98 - BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 9; BGH, Beschl. v. 17.6.1999 – 4 StR 12/99 - StV 2000, 79, 80; BGH, Beschl. v. 26.8.2014 - 5 StR 358/14). siehe hierzu auch unten: Rdn. 25 - Bereicherungsabsicht |
|
|
15.1 |
Leitsatz
1. Überläßt ein
Betäubungsmittelhändler seinem Kunden, der ihn über
seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht hat, die
verkauften Drogen ohne Kaufpreiszahlung, hat er auch keinen Anspruch
auf deren Rückgabe, denn eine derartige Forderung ist wegen
unzulässiger Rechtsausübung mit Treu und Glauben unvereinbar.
Ihm steht daher nach Verbrauch der Drogen durch den Kunden auch kein
Anspruch auf Geldersatz zu. Will er die Bezahlung der
Betäubungsmittel mit Nötigungsmitteln durchsetzen, erstrebt
er demgemäß eine unrechtmäßige Bereicherung im
Sinne des § 253
Abs. 1 StGB. Leitsatz 2. Ein Irrtum des Erpressers über die Unrechtmäßigkeit der von ihm erstrebten Bereicherung liegt nicht schon dann vor, wenn er sich nach den Anschauungen der einschlägig kriminellen Kreise als berechtigter Inhaber eines Anspruchs gegen das Opfer fühlt. Maßgeblich ist vielmehr, ob er sich vorstellt, daß dieser Anspruch auch von der Rechtsordnung anerkannt wird und er seine Forderung demgemäß mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozeß durchsetzen könnte. BGH, Urt. v. 7.8.2003 - 3 StR 137/03 - Leitsätze - BGHSt 48, 322 - NJW 2003, 3283 Nicht anders als bei der Prüfung, ob ein Zahlungsanspruch aus einem Drogenverkauf der Annahme der Absicht einer unrechtmäßigen Bereicherung im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB beim nötigenden Einfordern dieses Anspruchs entgegensteht (vgl. BGHSt 48, 322, 328 f.), kommt es bei der Prüfung, ob der Angeklagte zur Verwirklichung eines solchen Zahlungsanspruchs zu Selbsthilfezwecken in Erfüllung eines vorgestellten Übereignungsanspruchs gehandelt hat (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 242 Rdn. 50) darauf an, ob der Angeklagte nach laienhafter Bewertung der Umstände einen Anspruch auf die erstrebte Leistung sich nicht zumisst oder für zweifelhaft hält (vgl. BGHSt 48, 322, 329; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.6.2001 - 5 StR 170/01). Ein Irrtum über das Bestehen eines solchen Anspruchs liegt nicht vor, wenn sich der Nötigende lediglich nach den Anschauungen der einschlägig kriminellen Kreise als berechtigter Inhaber eines Zahlungsanspruchs gegen das Opfer fühlt. Entscheidend ist, ob er sich vorstellt, dass dieser Anspruch auch von der Rechtsordnung anerkannt wird und er seine Forderung demgemäß mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozess durchsetzen könnte (vgl. BGHSt 48, 322, 329; BGH, Urt. v. 23.7.2008 - 5 StR 46/08 - NStZ 2008, 626). Hat sich der Angeklagte für die von ihm erstrebte Bereicherung eine Anspruchsgrundlage vorgestellt, die in Wirklichkeit nicht bestand (vgl. BGHSt 31, 145, 147; 33, 233: Nichtigkeit des Kaufvertrages), kann er deshalb in einem Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB) handeln (s. BGH NStZ-RR 1999, 6; BGH, Beschl. v. 17.6.1999 - 4 StR 12/99). Allerdings genügt es für den Erpressungsvorsatz, daß der Angeklagte für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, daß die Forderung nicht bestand oder von der Rechtsordnung nicht geschützt ist (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 6; BGH, Beschl. v. 17.6.1999 - 4 StR 12/99; BGH, Beschl. v. 11.7.2000 - 4 StR 232/00). Ein Erpressungs- oder ein Zueignungsvorsatz (bei Wegnahme von Geld) kommt auch dann in Betracht, wenn der Täter für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, daß die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Das Bewußtsein einer rechtswidrigen Bereicherung (Zueignung) ist nur dann nicht gegeben, wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten - rechtlich geschützten - Anspruchs hat; für die Annahme eines Tatbestandsirrtums reichen vage Vorstellungen nicht aus (st. Rspr., BGH JR 99, 338, 341; StV 2000, 79, 80; BGH, Urt. v. 6.3.2002 - 2 StR 533/01). Bei der gewaltsamen Eintreibung von Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften liegt ein Erpressungs- oder Raubvorsatz danach auf der Hand (vgl. BGH, Urt. v. 6.3.2002 - 2 StR 533/01; vgl. auch BGH, Beschl. v. 25.9.2001 - 1 StR 366/01; BGH, Beschl. v. 27.6.2001 - 3 StR 64/01). Wer einen Rauschgifthändler mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, macht sich nicht der Nötigung, sondern der räuberischen Erpressung schuldig (vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2001 - 1 StR 167/01 - NStZ 2002, 33; BGH, Urt. v. 22.9.2016 - 2 StR 27/16 Rn. 36). Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte ein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen nicht (vgl. BGHSt 8, 254, 256; BGH NStZ-RR 1999, 184, 185 f.; BGH, Urt. v. 22.9.2016 - 2 StR 27/16 Rn. 36; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 263 Rdn. 29 m.w.N.). Auch an Sachen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung Erpressung und Betrug begangen werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 4.9.2001 - 1 StR 167/01 - BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 mwN; BGH, Beschl. v. 20.9.2005 - 3 StR 295/05 - NJW 2006, 72; BGH, Urt. v. 22.9.2016 - 2 StR 27/16 Rn. 36). Der Bundesgerichtshof hat deshalb auch bereits entschieden, daß das Nötigen zur Herausgabe von Betäubungsmitteln mittels Androhung von Gewalt den Straftatbestand der schweren räuberischen Erpressung erfüllen kann (BGHR BtMG § 29 I Nr. 1 Sichverschaffen 2; vgl. auch BGHR StGB § 263 I Versuch 1; BGH, Urt. v. 4.9.2001 - 1 StR 167/01 - NStZ 2002, 33; BGH, Beschl. v. 4.9.2001 - 1 StR 227/01). Der 2. Senat hat - in anderer Besetzung - in der Sache 2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1. Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs, ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden: "Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung." Dass der Verlust des illegalen Besitzes an Betäubungsmitteln ein vom Recht anerkannter Vermögensschaden ist, ist jedenfalls nicht unbestritten (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 150/13; Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 1989 ff.; Fischer, StGB 60. Aufl. § 253 Rn. 13a mwN; siehe hierzu näher unten). |
|
|
15.2 |
Die
Erlangung des
Besitzes an einer Sache kann als
Vermögenszuwachs bewertet werden und zwar selbst bei einem nur
vorübergehenden Besitzwechsel (BGH, Urt. v. 5.7.1960 - 5 StR 80/60
- BGHSt 14, 386, 388 f.). Jedoch ist der bloße Besitz einer
Sache in der Rechtsprechung nur in
den Fällen als Vermögensvorteil anerkannt, in denen ihm ein
eigenständiger
wirtschaftlicher Wert zukommt (BGH,
Urt. v.
17.8.2001 - 2 StR 159/01 - BGHR StGB § 253 Abs. 1
Vermögenswert 2), was regelmäßig lediglich dann zu
bejahen ist, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare
Gebrauchsvorteile verbunden sind, die der Täter oder der Dritte
nutzen will (vgl. BGH, Urt. v. 16.8.1995 - 2 StR 303/95 - BGHR StGB
§ 253 Abs. 1 Vermögenswert 1 mwN; SSW-StGB/Satzger, §
263 Rdn. 98; zum Besitz an einem Kraftfahrzeug: BGH, Urt. v. 5.7.1960 -
5 StR 80/60 - BGHSt 14, 28, 386, 388 f.; BGH, Beschl. v. 24.4.1990 - 5
StR 111/90 - BGHR StGB
§ 253 Abs. 1 Vermögensschaden 7; BGH, Urt. v. 4.4.1995 - 1
StR 772/94 - NStZ 1996, 39; BGH, Beschl. v. 12.1.1999 - 4 StR 685/98 -
NStZ-RR 1999, 103; ähnlich für den Betrug: BGH,
Beschl. v.
27.5.2008 - 4 StR 58/08 - NStZ 2008, 627), wie etwa
bei der
mit dem Besitz verbundenen Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu
benutzen (vgl. BGHSt 14, 386, 390; BGHR StGB § 253 Abs. 1
Vermögenswerte 1; BGH NStZ-RR 1996, 35; Tröndle/Fischer, StGB
50. Aufl. § 253 Rdn. 14 a; Eser in Schönke/Schröder,
StGB 26. Aufl. § 253 Rdn. 17). Dies ist bei einem belichteten
Film, dessen Erlangung der Täter zur Vereitelung einer
Geldbuße erstrebt, jedoch nicht der Fall. Zudem fehlt es in Bezug
auf den Besitz des Films an der Stoffgleichheit zwischen dem erstrebten
Vermögensvorteil des Täters und dem drohenden Schaden der
Bußgeldbehörde (vgl. BGHR StGB § 263 Stoffgleichheit 3; BGH,
Urt. v.
17.8.2001 - 2 StR 159/01). Dagegen genügt es - wie beim Raub - nicht, wenn der Täter zwar kurzzeitigen Besitz begründen will, die Sache aber unmittelbar nach der Erlangung vernichtet werden soll (BGH, Beschl. v. 27.7.2004 - 3 StR 71/04 - NStZ 2005, 155 mwN; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 29; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 253 Rn. 17). Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Täter den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (BGH, Urt. v. 3.5.1988 - 1 StR 148/88 - NJW 1988, 2623; ähnlich BGH, Beschl. v. 19.8.1987 - 2 StR 394/87 - BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 1) und allein einen anderen als einen wirtschaftlichen Vorteil erstrebt (BGH, Beschl. v. 14.10.1971 - 4 StR 397/71; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 - StV 2011, 412). |
|
- Inpfandnahme | 15.2.5 |
Der Täter, der die Herausgabe eines Gegenstands als Pfand
für eine tatsächlich nicht bestehende Forderung erzwingt, verschafft
sich dadurch unmittelbar einen dem Besitzentzug stoffgleichen
vermögenswerten Vorteil (BGH, Beschl. v. 13.4.2011 – 3 StR 70/11 - BGHR
StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 19). Anders kann es jedoch in
Fallkonstellationen der zwangsweisen Inpfandnahme einer Sache
bei tatsächlich bestehender Forderung oder in Fällen liegen, in denen
der Täter irrig vom Bestehen einer Forderung ausgeht (vgl. BGH, Beschl.
v. 14.6.1982 – 4 StR 255/82 - NJW 1982, 2265; BGH, Urt. v. 17.12.1987 –
4 StR 628/87 - NStZ 1988, 216; BGH, Beschl. v. 26.2.1998 – 4 StR 54/98
- NStZ-RR 1998, 235, 236; BGH, Beschl. v. 5.7.2017 - 2 StR 512/16 Rn.
7; LK-StGB/Vogel, 12. Aufl. § 253 Rn. 29; differenzierend Bernsmann,
NJW 1982, 2214). Ungeachtet des Umstands, dass ein Gläubiger auch bei Bestehen einer fälligen und einredefreien Forderung von Rechts wegen nicht berechtigt ist, den Schuldner zur Herausgabe eines Sicherungsmittels zu nötigen, scheidet eine Strafbarkeit wegen Erpressung in der Regel aus, weil der Täter nicht in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten rechtswidrig zu bereichern (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.1989 – 2 StR 540/89 Rn. 3; BGH, Beschl. v. 14.6.1982 – 4 StR 255/82 - NJW 1982, 2265; BGH, Urt. v. 17.12.1987 – 4 StR 628/87 - NStZ 1988, 216; BGH, Beschl. v. 26.2.1998 – 4 StR 54/98 - NStZ-RR 1998, 235, 236; BGH, Beschl. v. 5.7.2017 - 2 StR 512/16 Rn. 7). | |
|
15.3 |
Beispiel: Hatte A
dem B, wie den Angeklagten bekannt war, kurz zuvor
den Besitz an dem Gegenstand durch verbotene Eigenmacht entzogen, dann
hatte der Zeuge B gegen A gemäß § 861 Abs. 1 BGB einen
Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes. Darauf, dass der
Besitz des Zeugen B an dem Diebesgut ebenfalls fehlerhaft im Sinne des
§ 858 Abs. 2 Satz 1 BGB gewesen war, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an, denn auch der Dieb genießt gegenüber
Dritten Besitzschutz (vgl. BGH,
Beschl. v. 18.10.2007 - 4 StR 422/07 -
NStZ 2009, 37; Palandt/Bassenge BGB 66. Aufl. § 858 Rdn. 7;
Staudinger/Bund BGB Bearb. 2000 § 858 Rdn. 58). Insoweit kann
statt einer Erpressungstat (schwere räuberische Erpressung) aber
eine versuchte Nötigung, §§ 240, 22, 23 StGB vorliegen
(vgl. BGB a.a.O.). Beispiel: Der Angeklagte und seine Mittäter wollten einen Drogenkäufer betrügen und gegebenenfalls zusätzlich Gewalt oder Drohungen anwenden, um das Kaufgeld ohne Gegenleistung zu erlangen. Tatsächlich wurde der Zeuge M. auch geschubst und getreten, um ihn davon abzuhalten, sein Rückgabeverlangen durchzusetzen, nachdem er die Täuschung bemerkt hatte. In solchen Fällen findet auch der Erpressungstatbestand jedenfalls dann Anwendung, wenn unmittelbar anschließend das Mittel der Gewalt eingesetzt wird, um das Opfer zu einem solchen Verhalten zu nötigen (vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2001 - 1 StR 167/01 - NStZ 2002, 33; vgl. auch BGHSt 25, 224, 226; BGH NJW 1984, 501; BGHR StGB § 263 I Versuch 1 m.w.N.; zum umgekehrten Fall, daß der Käufer sein Geld mit Nötigungsmitteln zurückverlangt, vgl. BGH NStZ-RR 2000, 234). Diente die nach Beendigung des Betruges erfolgte Bedrohung allenfalls der Sicherung des vom Angeklagten bereits erlangten Vermögensvorteils, scheidet eine räuberische Erpressung aus, weil der Vermögensschaden durch den vorangegangenen Betrug bereits eingetreten ist (vgl. BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögensschaden 2; BGH, Beschl. v. 27.5.2008 - 4 StR 58/08 - StV 2009, 354; Eser in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 253 Rdn. 37; zu den Sonderfällen unmittelbar anschließender Gewaltanwendung nach fehlgeschlagener Täuschung bzw. vor Beendigung des Betruges vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Versuch 1 m.w.N.; BGH NStZ 2002, 33). |
|
|
15.4 |
Leitsatz Dem Käufer von Rauschgift, der durch Betrug zu einer Geldzahlung veranlaßt wird, ohne das vereinbarte Rauschgift zu erhalten, kann gegen den Verkäufer ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB zustehen. Dieser kann, wenn er mit Nötigungsmitteln durchgesetzt wird, der Absicht unrechtmäßiger Bereicherung entgegenstehen (BGH, Beschl. v. 12.3.2002 - 3 StR 4/02 - Ls. - NStZ 2003, 151). | |
|
15.5 |
Daß das Vereiteln einer Geldbuße und anderer vergleichbarer staatlicher Sanktionen keinen strafrechtlich relevanten Vermögensvorteil darstellt, ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt. Grund dafür ist, daß diese Sanktionen keine für den Wirtschaftsverkehr relevanten Gegenstände darstellen, da sie dem wirtschaftlichen Verkehr nicht unterliegen, und daß ihnen daher eine wirtschaftliche Zweckbestimmung nicht zugrunde liegt (vgl. BGHSt 38, 345, 351 f. = JR 1994, 114; BGH, Urt. v. 17.8.2001 - 2 StR 159/01; BayObLG wistra 1991, 230 = JR 1991, 433; OLG Schleswig SchlHA 1978, 59; OLG Stuttgart MDR 1981, 422; OLG Karlsruhe NStZ 1990, 282; RGSt 71, 280, 281; 76, 276, 279 unter Aufgabe abweichender früherer Rechtsprechung; Schröder JR 1964, 230; Lackner in LK 10. Aufl. § 263 Rdn. 252; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 Rdn. 78 a; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 263 Rdn. 42). | |
|
15.6 |
Wird dem Tatopfer angesonnen, einen Einbruch zu begehen, handelt es sich um eine auf die Erfüllung eines Straftatbestandes gerichtete (abgepresste) Leistung, der grundsätzlich kein Vermögenswert i.S.d. § 253 StGB zukommt (BGH, Beschl. v. 10.5.2001 - 3 StR 99/01 - NStZ 2001, 534; BGH, Beschl. v. 27.11.2008 - 2 StR 421/08 - NStZ-RR 2009, 106; Fischer StGB 55. Aufl. § 253 Rdn. 14). Gleiches gilt, wenn die Angeklagten einen Teilnehmer der Straftat zu einer unentgeltlichen Tätigkeit (etwa als Lagerverwalter unverzollter Zigaretten und zu Kurierfahrten mit entsprechender Ware) zwangen. Derartige abgenötigte Handlungen, die der Erfüllung strafbarer Tatbestände dienen, wohnt kein messbarer wirtschaftlicher Wert inne, so daß ihre erzwungene Vornahme zu keinem Vermögensschaden führen kann. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Vorenthaltung des auf ihn entfallenden Beuteanteils, denn ein solcher denkbarer Beuteanteil des Tr. hat keinen Vermögenswert im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB. Ein Teilnehmer an einer Straftat erwirbt gegen seine Tatgenossen keinen vermögenswerten, rechtlich geschützten Anspruch, der deshalb auch nicht dem Vermögensbegriff des § 253 StGB unterfallen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 2.5.2001 - 2 StR 128/01 - NStZ 2001, 534; dazu Fischer in Fischer/Tröndle 50. Aufl. § 263 Rdn. 29 b). | |
|
20 |
Der Vermögensnachteil muss Ergebnis einer das Opfer nötigenden Gewaltausübung oder Drohung durch den Täter sein (vgl. BGH, Beschl. v. 26.5.2011 - 3 StR 318/10). | |
|
20.5 |
Nach dem Wortlaut des § 253
StGB kann der Nachteil bei
dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen eintreten.
Nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen der vorliegende
Fall keinen Anlass bietet, ist die Norm insoweit dahin
einschränkend auszulegen, dass nicht jedes einem Dritten
abgenötigte vermögensschädigende Verhalten eine
Strafbarkeit wegen Erpressung begründen kann. Vielmehr ist
zwischen dem Genötigten und dem in seinem Vermögen
Geschädigten ein Näheverhältnis
dergestalt erforderlich,
dass das Nötigungsopfer spätestens im Zeitpunkt der
Tatbegehung auf der Seite des Vermögensinhabers steht und ihm
dessen Vermögensinteressen nicht gleichgültig sind (vgl. etwa
BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 531/12 Rn. 27; BGH, Urt. v. 20.4.1995 -
4 StR 27/95 - BGHSt 41, 123, 125 f.; Lackner/Kühl, StGB, 27.
Aufl., § 253 Rn. 6). Beispiel: Der Schutz von Individualrechtsgütern Dritter vor Straftaten ist wesentlicher Bestandteil der Berufspflicht eines jeden Polizeibeamten (BGH, Urt. v. 29.10.1992 - 4 StR 358/92 - BGHSt 38, 388, 390; BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 531/12). Eine Erpressung ist deshalb auch anzunehmen, wenn Polizeibeamte in Erfüllung ihrer Aufgaben anstelle des Geschädigten handeln, indem sie etwa dem Genötigten vom Täter geforderte Gelder zur Verfügung stellen und deren Übergabe übernehmen (BGH, Urt. v. 30.11.1995 - 5 StR 465/95 - BGHSt 41, 368, 371; BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 531/12). Dasselbe gilt, wenn Polizeibeamte in Ausübung ihres Amtes zunächst an Stelle des Vermögensinhabers Adressat der Nötigung werden (BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 531/12; vgl. hierzu schon RG, Urt. v. 8.5.1929 - II 240/29 - RGSt 63, 164, 165). |
|
|
20.10 |
Erforderlich
ist die Stoffgleichheit
zwischen dem
Vermögensnachteil und der vom Angeklagten erstrebten Bereicherung,
die sich spiegelbildlich als Schaden im Vermögen des
Geschädigten niederschlagen muss (vgl. BGH,
Beschl. v.
18.7.2001 - 3 StR 79/01 - NStZ 2002, 254; Eser in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 253 Rdn. 20
m.w.Nachw.). siehe auch: § 263 StGB, Betrug --> Stoffgleichheit |
|
|
20.15 |
Der Verlust einer bloßen ungesicherten Aussicht eines Geschäftsabschlusses kann grundsätzlich noch nicht als Vermögensschaden angesehen werden. Erwerbs- und Gewinnaussichten können nur ausnahmsweise Vermögensbestandteil sein, wenn sie so verdichtet sind, dass ihnen der Rechtsverkehr bereits einen wirtschaftlichen Wert beimisst, weil sie mit einiger Wahrscheinlichkeit einen Vermögenszuwachs erwarten lassen (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1962 – 1 StR 496/61 - BGHSt 17, 147, 148; BGH, Urt. v. 19.1.1965 - 1 StR 497/64, 20, 143, 145 f.; BGH, Urt. v. 28.1.1983 - 1 StR 820/81 - BGHSt 31, 232, 234; BGH, Urt. v. 2.11.2011 - 2 StR 375/11). | |
|
20.20 |
Zwar
kann bereits die erzwungene
Ausstellung eines Schuldscheins
einen
Vermögensnachteil in Form einer Vermögensgefährdung
darstellen. Dies setzt aber voraus, daß hierdurch das
Vermögen schon konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen
Nachteilen ernstlich zu rechnen ist (BGH, Urt. v. 9.7.1987 -
4
StR 216/87 - BGHSt 34, 394, 395 - NJW 1987, 3144 m.w.N.; BGH,
Beschl.
v. 18.1.2000 - 4 StR 599/99 - NStZ-RR 2000, 234; zur
erzwungenen Abgabe
eines schriftlichen Anerkenntnisses einer nicht bestehenden
Verbindlichkeit (Schuldschein) vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.9.2013 - 3
StR 119/13; zur Notwendigkeit einer konkreten Schadensermittlung s.
etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a.,
NJW 2010, 3209, 3215; vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., NJW
2012, 907, 915 ff.). Das ist dann der
Fall, wenn bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung aus der Sicht des
Genötigten konkret mit der Inanspruchnahme durch den nach
Aushändigung der Erklärung beweisbegünstigten Täter
zu rechnen ist (BGH St 34, 394, 395; BGH NStZ-RR 1998, 233,
234; BGH,
Beschl.
v. 18.1.2000 - 4 StR 599/99 - NStZ-RR
2000, 234; BGH,
Beschl.
v. 6.6.2000 - 4 StR 191/00). Gleiches gilt etwa für das Abpressen der PIN (für die Bankkarte des Genötigten). Zwar kann die Kenntnis von den geheimen Zugangsdaten zu einem Bankkonto jedenfalls dann das Vermögen des Opfers beeinträchtigen, wenn sich der Täter zudem im Besitz der zugehörigen Bankkarte befindet und ihm deshalb die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten gegenüber der die Karte akzeptierenden Bank eröffnet ist (BGH, Urt. v. 17.8.2004 - 5 StR 197/04 - NStZ-RR 2004, 333, 334; vgl. auch BGH, Beschl. v. 11.5.2016 - 5 StR 147/16; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 253 Rdnr. 15 b). Voraussetzung für die Zufügung eines Vermögensnachteils ist jedoch, dass durch die zusätzlich erlangte Kenntnis von der Geheimzahl mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Vermögen des Genötigten bzw. des betroffenen Bankinstituts ernstlich zu rechnen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 599/99 - NStZ-RR 2000, 234, 235; BGH, Urt. v. 30.9.2010 - 3 StR 294/10 - NStZ 2011, 212). Dies ist jedoch zu verneinen, wenn die Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Opfers oder der die Karten ausgebenden Bankinstitute durch Geldabhebungen mangels Deckung von vorneherein ausgeschlossen war, mithin die Gefahr eines Vermögensverlusts nicht bestand. Wussten die Angeklagten dies nicht, stellt sich das Abpressen der PIN lediglich als Versuch der (besonders schweren räuberischen) Erpressung dar (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.2010 - 3 StR 294/10 - NStZ 2011, 212: insoweit auch zur Erörterung des nur geringen Wertes der Bankkarte im Rahmen der Strafzumessung). |
|
|
20.30 |
Der
Vermögensnachteil muss Ergebnis einer das Opfer nötigenden
Gewaltausübung oder Drohung durch den Täter sein. Daran fehlt
es bei einer so genannten Sicherungserpressung. Eine sog.
Sicherungserpressung liegt vor bei einem Betrug (§ 263
Abs. 1
StGB) mit anschließender - nach Entdeckung begangener -
Nötigung (§ 240
StGB) zum Zwecke der Sicherung des
betrügerisch erlangten Vermögensvorteils (vgl. BGH, Beschl.
v. 26.5.2011 - 3 StR 318/10). Beispiel: Zwar hat der Geschädigte einen Vermögensnachteil erlitten, indes beruhte dieser nicht erst auf der körperlichen Einwirkung durch die Angeklagten. Er war vielmehr schon in dem Augenblick eingetreten, als der Geschädigte irrtumsbedingt den Kaufvertrag abschloss und den Kaufgegenstand übereignete. Erst als er den fehlenden Zahlungswillen entdeckt hatte und die Wegfahrt der Angeklagten zu verhindern suchte, wendeten diese Gewalt an, um ihn zum Verzicht auf seine Forderung zu bewegen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.5.2011 - 3 StR 318/10). Wurde das Nötigungsmittel erst aufgrund eines nach Abschluss der betrügerischen Handlung und nach Eintritt des Betrugsschadens spontan gefassten Entschlusses eingesetzt, ist In einem solchen Fall die Tat weder von Anfang an durch nötigende Elemente geprägt (vgl. BGH, Beschl. v. 10.10.1983 - 4 StR 405/83 - NJW 1984, 501) noch führt die spätere Nötigungshandlung zu einer Vertiefung des bereits eingetretenen Vermögensnachteils; es fehlt damit an der Kausalität zwischen der Nötigungsfolge und dem Nachteilseintritt, denn der Vermögensschaden ist bereits zuvor durch den Gewahrsamswechsel eingetreten, dem anschließenden (vorläufigen) Verzicht auf die Geltendmachung von (Rück-)Forderungsansprüchen kommt dabei keine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Urt. v. 22.9.1983 - 4 StR 376/83 - NJW 1984, 500; BGH, Beschl. v. 26.5.2011 - 3 StR 318/10; AG Tiergarten, Urt. v. 16.10.2008 - (257 Ls) 52 Js 4301/08 (16/08) - NStZ 2009, 270; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 25 mwN). Eine räuberische Erpressung kommt allerdings in Betracht, wenn die - von vornherein beabsichtigte - Gewalt unmittelbar nach der Täuschung eingesetzt wird, um das Opfer zu nötigen, die Schädigung des Vermögens endgültig hinzunehmen (BGH, Beschl. v. 25.2.1997 - 1 StR 804/96 - BGHR StGB § 263 Abs. 1 Versuch 1; BGH, Beschl. v. 26.5.2011 - 3 StR 318/10). |
|
|
20.50 |
Leitsatz:
Eine "Dreieckserpressung" setzt ein Näheverhältnis zwischen
dem Nötigungsopfer und dem in seinem Vermögen
Geschädigten voraus; der Genötigte muß die
Vermögensinteressen des Geschädigten wahrnehmen
wollen (BGH, Urt. v. 20.04.1995 - 4 StR 27/95 - Ls. - BGHSt
41,
123 ff. - NJW 1995, 2799 f.). Der Tatbestand der Erpressung schützt sowohl das Vermögen als auch die Willensfreiheit (BGHR StGB § 253 Abs. 1 Konkurrenzen 2). Aus dem Umstand, daß die Träger dieser beiden Rechtsgüter nicht identisch sein müssen, ergibt sich die Möglichkeit der "Dreieckserpressung". Obwohl vom Wortlaut der Norm gedeckt, reicht es hierfür jedoch nicht aus, daß zwischen der abgenötigten Handlung, Duldung oder Unterlassung und dem bei einem Dritten eintretenden Vermögensschaden überhaupt eine kausale Verknüpfung besteht (so wohl noch Bindung, Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafrechts I S. 376); vielmehr bedarf der weit gefaßte Tatbestand der Erpressung insoweit einer einschränkenden Auslegung unter Rückgriff auf den Wesensgehalt der Norm (BGH, Urt. v. 20.4.1995 - 4 StR 27/95). Erpressung bedeutet die erzwungene Preisgabe von eigenen oder fremden Vermögenswerten, deren Schutz der Genötigte wahrnehmen kann und will. Allerdings braucht diese Preisgabe - anders als beim Betrug - nicht in Form einer Vermögensverfügung zu erfolgen (vgl. BGHSt 7, 252, 254; 14, 386, 390; 25, 224, 228; Arzt, Strafrecht B.T. LH 3 Rdn. 357; Schünemann JA 1980, 486, 489; a.A. die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum; vgl. insoweit Herdegen in LK StGB 11. Aufl. § 249 Rdn. 23 Fn. 12 und die Nachweise bei Röckrath, Die Zurechnung von Dritthandlungen bei der Dreieckserpressung, 1991 S. 43 ff.). Eine Dreieckserpressung setzt daher weder eine rechtliche Verfügungsmacht noch eine tatsächliche Herrschaftsgewalt des Genötigten über die fremden Vermögensgegenstände im Sinne einer Gewahrsamsdienerschaft voraus (so aber Schröder ZStW 60, 79, 97 f.; vgl. auch Herdegen aaO. § 253 Rdn. 35). Dennoch kann nicht jedes einem Dritten abgenötigte vermögensschädigende Verhalten eine Strafbarkeit wegen Erpressung begründen; vielmehr muß zwischen dem Genötigten und dem in seinem Vermögen Geschädigten ein Näheverhältnis dergestalt bestehen, daß das Nötigungsopfer spätestens im Zeitpunkt der Tatbegehung auf der Seite des Vermögensinhabers steht. Gerade darin, daß der Täter die von einem Dritten im Interesse des Vermögensinhabers wahrgenommene Schutzfunktion mit Nötigungsmitteln aufhebt, liegt der Unrechtsgehalt der Dreieckserpressung (so im Ergebnis auch Rengier JZ 1985, 565, 568; Schünemann aaO.). Steht der Dritte, den der Täter in Bereicherungsabsicht zur Wegnahme zwingt, den Vermögensinteressen des Geschädigten hingegen gleichgültig gegenüber, so ist er lediglich wegen Nötigung in Tateinheit mit Anstiftung zum Diebstahl oder Diebstahl in mittelbarer Täterschaft zu bestrafen (BGH, Urt. v. 20.4.1995 - 4 StR 27/95). vgl. zur Dreieckserpressung auch BGH, Beschl. v. 6.5.2014 - 5 StR 170/14 |
|
|
20.55 |
Der Tatbestand der Erpressung setzt voraus,
dass der
Täter dem Vermögen eines Anderen einen Nachteil zufügt.
Der Begriff des Vermögens entspricht hier demjenigen des
Betrugstatbestands. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
dem Vermögen im Sinne der §§ 253,
263
StGB auch der
unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln zuzurechnen, weil der
strafrechtliche Vermögensbegriff wirtschaftlich betrachtet werden
soll. Daran will der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs nicht
festhalten. Er beabsichtigt zu entscheiden, dass die Nötigung zur
Übertragung von unerlaubtem Besitz an Betäubungsmitteln nicht
das strafrechtlich geschützte Vermögen betrifft. Er hat
deshalb wegen Divergenz und grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtsfrage bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob diese ihm folgen
oder an der bisherigen Rechtsprechung festhalten (vgl. Anfragebeschluss des 2.
Strafsenats: BGH, Beschl. v.
1.6.2016 - 2 StR 335/15). Der 4. Strafsenat in seinem Antwortbeschluss (BGH, Beschl. v. 10.11.2016 - 4 ARs 17/16) entschieden: "Die beabsichtigte Entscheidung des 2. Strafsenats widerspricht der Rechtsprechung des 4. Strafsenats, der an dieser festhält." Der 4. Senat hat sich zu dieser Frage in seinem Urteil vom 25. November 1951 (4 StR 574/51, BGHSt 2, 364, 365 ff.) der Rechtsprechung des Reichsgerichts angeschlossen, die seit der Entscheidung vom 14. Dezember 1910 – II 1214/10, RGSt 44, 230) vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff ausgeht. Danach sind auch in strafbarer Weise besessene Gegenstände dem Vermögen zuzuordnen. Maßgeblich ist allein, ob dem Besitz ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, was regelmäßig zu bejahen ist, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile verbunden sind, die der Täter nutzen will (zuletzt BGH, Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 502/10 - NStZ 2011, 699, 701 mwN). Dies ist bei illegalen Betäubungsmitteln der Fall. (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2016 - 4 ARs 17/16 Rn. 4). |
|
|
25 |
Eine
Erpressung setzt voraus, dass der Täter einen rechtswidrigen,
das heißt einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil
erstrebt. Der Täter will sich dann zu Unrecht bereichern, wenn er
einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er keinen rechtlich
begründeten Anspruch hat (BGH, Beschl. v. 21.12.1998 –
3 StR 434/98; BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 402/10). Eine
Bereicherungsabsicht
im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB
liegt nur dann vor, wenn sich der - zumindest bedingte - Vorsatz des
Täters auch auf die
Rechtswidrigkeit des von ihm erstrebten Vermögensvorteils
erstreckt (BGH, Beschl. v. 17.6.1999 – 4 StR 12/99 - StV
2000, 79; BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 6, 7, 8,
BGH,
Beschl. v. 7.2.2008 - 5 StR 625/07; BGH, Urt. v. 28.10.2010 -
4
StR 402/10 "Schadloshaltung
ohne Rücksicht auf Eigentumsverhältnisse").
Allein der Umstand, dass ein fälliger Anspruch mit
Nötigungsmitteln durchgesetzt werden soll, macht den begehrten
Vorteil nicht rechtswidrig (BGHSt 20, 136, 137; BGH, Urt. v. 28.10.2010
- 4 StR 402/10). Entsprechendes gilt für das Tatbestandsmerkmal
der Rechtswidrigkeit der Zueignung beim Tatbestand des Raubes im Sinne
des § 249
StGB (BGH,
Beschl. v. 15.5.2001 – 3 StR 153/01;
BGH, Urt. v. 28.10.2010 - 4 StR 402/10). Rechtsfehlerhaft ist insoweit, wenn sich das Tatgericht insoweit lediglich auf die nicht näher unterlegte Behauptung beschränkt, dass die Angeklagten das Nichtbestehen einer Forderung jedenfalls billigend in Kauf genommen hätten (vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2008 - 5 StR 625/07). Sollten die Gegenstände unmittelbar nach der Wegnahme vernichtet werden, fehlt es an der Absicht, sich selbst oder einen Dritten zu bereichern (BGH NStZ 1989, 22; BGH wistra 1999, 378; BGH, Beschl. v. 27.7.2004 - 3 StR 71/04; Herdegen in LK 11. Aufl. § 253 Rdn. 20 mit zahlr. Nachweisen). |
|
|
25.1 |
Beispiel: Der
Angeklagte hat den Geschädigten, gegen den er eine
Forderung in Höhe von 40.000 € hatte, durch Schläge mit
einem Metallrohr gezwungen, acht (formunwirksame) Wechsel über
jeweils 5.000 € zu unterschreiben. Mit diesen "wollte er für
den Fall, dass der Geschädigte nicht bereit oder in der Lage sei,
den gesamten Betrag kurzfristig zurückzuzahlen, gegenüber dem
bestehenden Schuldanerkenntnis einen weiteren, für ihn aber im
Vergleich dazu leichter durchsetzbaren Schuldgrund schaffen, wobei er
allerdings sein Geld insgesamt nur einmal erhalten wollte, entweder
aufgrund der bestehenden Schuld oder aufgrund der Wechsel. Er wollte
insgesamt nicht mehr Geld vereinnahmen, als ihm seiner Ansicht nach als
berechtigte Forderung gegen den Geschädigten zustand (vgl. BGH,
Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 542/08 - NStZ 2009, 386). Danach handelte der Angeklagte nicht in der Absicht, sich zu Unrecht zu bereichern im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB. Eine Bereicherungsabsicht hätte nur dann vorgelegen, wenn es dem Angeklagten darum gegangen wäre, durch die Ausstellung der Wechsel unabhängig von dem bestehenden Anspruch eine zweite selbständige Verbindlichkeit seines Schuldners zu begründen. Dies war indes nicht der Fall. Der Angeklagte hatte vielmehr das Ziel, den Geschädigten zur Begleichung seiner Schuld zu bewegen; die Wechsel sollten dabei nur die Durchsetzung der Forderung in der bestehenden Höhe erleichtern. Damit fehlte es an der Bereicherungsabsicht des Angeklagten (vgl. BGH, Urt. v. 3.3.1999 - 2 StR 598/98 - StV 2000, 78 m.w.N.). Die festgestellten Handlungen des Angeklagten erfüllen indes die Tatbestände der Nötigung (§ 240 StGB) und der gefährlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) (BGH, Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 542/08 - NStZ 2009, 386). |
|
|
25.2 |
Beispiel: Der
Angeklagte A hat sich in B verliebt, die in den Bordellen
ihres Zuhälters C, der sie zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aus
Russland nach Deutschland gelockt hatte, der Prostitution nachging. Um
mit B eine gemeinsame Zukunft aufbauen zu können, vereinbarte der
Angeklagte A mit C einen "Freikaufpreis" von 10.000 Euro; im Gegenzug
sollte C die "Rechte" an der Zeugin freigeben und ihm ihren Reisepass
aushändigen. Nach der Zahlung und der Übergabe des russischen
Reisepasses erfuhr der Angeklagte A von B, dass dieser Pass abgelaufen
war und dass sie, von C getäuscht, diesem den gefälschten
litauischen Reisepass, den dieser ihr nach Ablauf ihres Touristenvisums
verschafft hatte, zurückgegeben hatte. Nunmehr fühlte sich
der A. "abgezockt" und wollte sich das Geld notfalls unter Einsatz von
Gewalt zurückholen. Zu diesem Zwecke begab er sich noch am selben
Tage mit dem eingeweihten Angeklagten D und mit weiteren Helfern zu C
und verschaffte seiner Rückzahlungsforderung gewaltsam Nachdruck,
indem er den Angeklagten D und einen der Helfer mit Axtstielen gegen
Kopf und Oberkörper des B einprügeln ließ. Nachdem es
einer Zeugin gelungen war, um Hilfe zu rufen, flohen sie, ohne ihr Ziel
erreicht zu haben (vgl. BGH,
Beschl. v. 23.2.2010 - 4 StR 438/09 - NStZ
2010, 391). Diese Feststellungen tragen zwar neben dem Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB, auch einen solchen wegen versuchter Nötigung gemäß § 240 Abs. 1, 2 und 3 StGB; sie rechtfertigen aber nicht die Verurteilung wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, da die Angeklagten nicht in der Absicht handelten, sich (bzw. einen Dritten) zu Unrecht zu bereichern. Dem Angeklagten A stand vielmehr gegen C ein Anspruch auf Rückzahlung der 10.000 Euro zu; dass die Angeklagten irrtümlich vom Gegenteil ausgingen, mit der Folge, dass ein untauglicher Versuch in Betracht käme (BGHSt 42, 268), ist nicht festgestellt (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2010 - 4 StR 438/09 - NStZ 2010, 391). Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Zahlung war ohne rechtlichen Grund erfolgt, weil die Vereinbarung über den "Freikaufpreis" bereits nach ihrem Inhalt gegen die guten Sitten verstieß und deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig war. Der Vertrag behandelte die B als bloßes Objekt. Die Anerkennung ihrer persönlichen Freiheit durch C, insbesondere ihrer Freiheit zur sexuellen Selbstbestimmung, war danach von einer Gegenleistung abhängig (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2010 - 4 StR 438/09 - NStZ 2010, 391). Der Rückzahlungsanspruch ist auch weder nach § 814 Alt. 1 BGB noch nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. § 814 Alt. 1 BGB, wonach die Leistung nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, ist hier nicht anwendbar, weil der B erkennbar nicht freiwillig gezahlt hatte, sondern vielmehr unter Druck zur Vermeidung eines sonst drohenden Nachteils (BGH, Urt. v. 12.7.1995 - XII ZR 95/93 = NJW 1995, 3052, 3054). C hatte schon in der Vergangenheit die Freiheit der B in strafbarer Weise (§ 232 StGB) missachtet und er drohte sie ihr auch künftig streitig zu machen. Dies wollte A durch die Zahlung des "Freikaufpreises" verhindern (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2010 - 4 StR 438/09 - NStZ 2010, 391). Auch der Kondiktionsausschluss nach § 817 Satz 2 BGB greift nicht ein. Danach ist die Rückforderung der Leistung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Hier aber stand der Zweck der Zahlung - die Wiedergewinnung der Freiheit der B - im Einklang mit der Rechtsordnung. Dem A ging es bei der Vereinbarung mit C nicht darum, den von diesem betriebenen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zu perpetuieren (vgl. dazu OLG Köln, Urt. v. 19.12.1997 - NJW-RR 1998, 1518). A wollte vielmehr die B dem Einflussbereich ihres Zuhälters entziehen, um mit ihr eine gemeinsame Zukunft aufzubauen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2010 - 4 StR 438/09 - NStZ 2010, 391). |
|
|
25.10 |
Beispiel:
Der Angeklagte wollte "notfalls auch mit Drohungen" erreichen, dass der
Geschädigte G ihm das Lokal verpachtete, das zuvor an den
Geschäftspartner des Angeklagten verpachtet gewesen war. Er
äußerte gegenüber dem Zeugen Z : "Ich will das Lokal,
sonst mach ich das Lokal kaputt". Der Geschädigte nahm die Drohung
ernst, weigerte sich aber gleichwohl, einen Pachtvertrag
abzuschließen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2013 - 2 StR 592/12). Damit ist ein auf eine rechtswidrige Bereicherung abzielender Vorsatz des Angeklagten nicht festgestellt. Es bleibt nämlich offen, ob er beabsichtigte, seine Verpflichtungen aus dem verlangten Pachtvertrag zu erfüllen. Wollte der Angeklagte das Lokal ernstlich weiter betreiben, wäre seine Drohung nur auf den Abschluss eines von beiden Seiten zu erfüllenden Pachtvertrags gerichtet gewesen. Es läge insoweit eine versuchte Nötigung, jedoch nicht die Absicht rechtswidriger Bereicherung im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2013 - 2 StR 592/12). |
|
|
30 |
Bei
der Erpressung ist die Rechtswidrigkeit des erstrebten
Vermögensvorteils ein normatives
Tatbestandsmerkmal, auf das sich
der - zumindest bedingte - Vorsatz des Täters erstrecken muß
(vgl. BGHSt 4, 105; BGH StV 1991, 20; BGH NStZ-RR 1999, 6; BGH StV
2000, 79; BGH,
Beschl. v. 9.10.2008 - 1 StR 359/08 - wistra 2009, 25;
BGH,
Beschl. v. 19.2.2009 - 1 StR 633/08 - wistra 2009, 238; BGH,
Urt.
v. 14.3.2012 - 2 StR 547/11). Stellt
sich deshalb der Täter für die erstrebte Bereicherung eine
Anspruchsgrundlage vor, die in Wirklichkeit nicht besteht oder von der
Rechtsordnung nicht geschützt ist, so handelt er in einem
Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16
Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH
StV 2000, 79; BGH,
Beschl. v. 21.2.2002 - 4 StR 578/01 - NStZ 2002,
481;
BGH, Urt. v. 7.8.2003 - 3 StR 137/03 -
BGHSt 48, 322, 328; BGH,
Urt. v. 14.3.2012 - 2 StR 547/11). Es fehlt deshalb an dem für die Erpressung erforderlichen normativen Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit der Bereicherung (vgl. BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 6; BGH, Beschl. v. 21.3.2002 - 4 StR 48/02), wenn das mit der Handlung des Angeklagten verfolgte Endziel der Rechtsordnung entsprach. Dieses wird nicht dadurch rechtswidrig, daß zu seiner Verwirklichung rechtswidrige Mittel angewendet werden (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 6; BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 7; BGH, Urt. v. 26.6.2001 - 5 StR 170/01; BGH, Beschl. v. 21.3.2002 - 4 StR 48/02; BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - 4 StR 318/03). Daß der Anspruch nach der Vorstellung des Angeklagten mit Nötigungsmitteln durchgesetzt werden sollte, macht den angestrebten Vermögensvorteil nicht rechtswidrig (vgl. BGH StV 2000, 79, 80; BGH, Beschl. v. 21.2.2002 - 4 StR 578/01 - NStZ 2002, 481). Die Frage nach Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Forderung richtet sich nicht danach, ob sie unbestritten ist, vor Gericht durchgesetzt werden muss oder voraussichtlich schnell vor Gericht durchgesetzt werden kann, sondern allein nach der materiellen Rechtslage (BGH NStZ-RR 1999, 6 f.; BGH NStZ 2008, 173, 174; BGH, Beschl. v. 9.10.2008 - 1 StR 359/08 - wistra 2009, 25; BGH, Beschl. v. 17.12.2008 - 1 StR 648/08 - StV 2009, 357). Hierüber hat erforderlichenfalls der Strafrichter eigenverantwortlich zu befinden, vgl. § 262 StPO (BGH, Beschl. v. 9.10.2008 - 1 StR 359/08 - wistra 2009, 25). Das Bewußtsein einer rechtswidrigen Bereicherung (Zueignung) ist nur dann nicht gegeben, wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten - rechtlich geschützten - Anspruchs hat; für die Annahme eines Tatbestandsirrtums reichen vage Vorstellungen nicht aus (st. Rspr., BGH JR 99, 338, 341; StV 2000, 79, 80). Bei der gewaltsamen Eintreibung von Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften liegt ein Erpressungs- oder Raubvorsatz danach auf der Hand (BGH, Urt. v. 6.3.2002 - 2 StR 533/01). Für den Erpressungsvorsatz genügt es, wenn der Täter es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Nur wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs hat, fehlt es ihm an dem Bewusstsein einer rechtswidrigen Bereicherung (BGH NStZ-RR 1999, 6; StV 2000, 79, 80; BGH, Urt. v. 14.3.2012 - 2 StR 547/11). Bestand zwar kein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch wegen des Diebstahls geschmuggelter Zigaretten (vgl. BGH, Urt. v. 7.8.2003 - 3 StR 137/03 - BGHSt 48, 322 - NJW 2003, 3283) weshalb der der Angeklagte und seine Mittäter objektiv eine unrechtmäßige Bereicherung erstrebten, als sie ihre Opfer unter Einsatz körperlicher Gewalt entführten, um sie zur Erstattung des Werts ihrer Diebesbeute zu nötigen. Insoweit sind jedoch Ausführungen dazu erforderlich, ob der Angeklagte irrig vom Bestehen eines Schadensersatzanspruches ausging und deshalb möglicherweise hinsichtlich der Erpressung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB einem Irrtum über das normative Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils unterlag (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 6 m.zahlr.N.; BGH, Beschl. v. 4.11.2003 - 4 StR 266/03). Zu erpresserischen "Ablösezahlungen" im Zshg. mit Ausübung der Prostitution vgl. BGH, Beschl. v. 7.4.2005 - 2 StR 524/04 - NStZ-RR 2005, 234 Zum Bestehen eines eventuellen Schadensersatzanspruches gegen den Geschädigten vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2008 - 5 StR 625/07. Zur Erpressung zum Ausstellen eines Schuldscheins vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2009 - 2 StR 495/09 und § 255 StGB, Räuberische Erpressung Rdn. 30 siehe auch: § 255 StGB - Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils |
|
§ 253 Abs. 2 StGB |
|
... (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. ... |
|
|
55 |
Ein Rückforderungsanspruch des Angeklagten kann jedenfalls für die Frage der Verwerflichkeit der Drohung (§ 253 Abs. 2 StGB), eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten, insoweit von Bedeutung sein, als diese entfällt, wenn der Täter mit einer der Sachlage entsprechenden Strafanzeige droht (st. Rspr.; vgl. schon BGH, Urt. v. 19.11.1953 - 3 StR 17/53 - BGHSt 5, 254, 260 f.; BGH, Beschl. v. 14.7.2016 - 3 StR 105/16 Rn. 7). | |
§ 253 Abs. 4 StGB |
|
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat. |
|
|
75 |
|
75.2 |
Für
das Handeln als Mitglied einer Bande gelten zunächst die
allgemein für Bandentaten entwickelten Maßstäbe. siehe hierzu: Bandentaten |
|
|
75.5 |
Wird im Rahmen der Strafzumessung die Anwendung des Regelstrafrahmens von § 253 Abs. 1 StGB nicht als angemessen angesehen und nach einer Gesamtschau der Persönlichkeit des Angeklagten und der Tatumstände auf den erhöhten Strafrahmen des § 253 Abs. 4 Satz 1 StGB zurückgegriffen, muss im Rahmen der hier vorzunehmenden Gesamtwürdigung geprüft werden, ob die Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes des Versuchs hier nicht bereits zu einer Verneinung eines besonders schweren Falls der Erpressung führen kann. In diesem Fall wäre der Strafrahmen des § 253 Abs. 1 StGB maßgeblich, der eine geringere Mindest- und Höchststrafe vorsieht als der wegen Versuchs geminderte Strafrahmen des besonders schweren Falls gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 14.6.2016 - 1 StR 239/16 Rn. 15). | |
|
80 |
Die Annahme eines Regelbeispiels bei einem Gehilfen kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Teilnahmehandlungen selbst als besonders schwere Fälle darstellen (BGH StV 1996, 87). Es reicht deshalb nicht aus, wenn lediglich der Haupttäter das Regelbeispiel verwirklicht hat. Vielmehr ist anhand des konkreten Regelbeispiels in einer Gesamtwürdigung festzustellen, ob ein besonders schwerer Fall vorliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2007 - 5 StR 65/07 - wistra 2007, 461; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 105). | |
Konkurrenzen |
|
|
K.1 |
|
K.1.1 |
Für
die Erpressung ist anerkannt, dass mehrere Angriffe auf die
Willensentschließung des Opfers als eine Tat im Rechtsinne zu
werten sind, wenn dabei die anfängliche Drohung lediglich den
Umständen angepasst und aktualisiert (BGH, Urt. v. 1.3.1994
– 1 StR 33/94 - BGHSt 40, 75, 77; BGH,
Beschl. v. 3.4.2008
– 4 StR 81/08 - NStZ-RR 2008, 239; BGH, Beschl. v. 7.11.2013
- 4 StR
340/13; vgl. BGH, Beschl. v.
22.10.1997 – 3 StR 415/97 - BGHR StGB § 253 Abs. 1
Konkurrenzen 4), im Übrigen aber nach wie vor dieselbe Leistung
gefordert wird (vgl. Puppe JR 1996, 513, 514). Die rechtliche
Bewertungseinheit endet in diesen Fällen erst dann, wenn der
Täter sein Ziel vollständig erreicht hat oder nach den
insoweit entsprechend heranzuziehenden Wertungen des
Rücktrittsrechts von einem fehlgeschlagenen Versuch auszugehen ist
(vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1995 – 5 StR 465/95 - BGHSt 41, 368,
369; BGH,
Urt. v. 24.5.2000 – 3 StR 551/99 - BGHR StGB § 253
Abs. 1 Konkurrenzen 5; BGH,
Beschl. v. 3.4.2008 – 4 StR 81/08 -
NStZ RR 2008, 239; BGH, Beschl. v. 22.11.2011 - 4 StR 480/11;
SSW-StGB/Eschelbach § 52 Rn. 37; Beulke/Satzger NStZ 1996, 432,
433). Wird bei einer Erpressung durch mehrere Einzelakte, die auf die Willensentschließung des Opfers einwirken sollen, letztlich - sei es auch mit verschiedenen Angriffsmitteln - nur die ursprüngliche Drohung durchgehalten, liegt lediglich eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 599/99 - NStZ-RR 2000, 234 betr. sukzessive Ausführungshandlungen eines einheitlichen Erpressungsversuchs). Die tatbestandliche Einheit der Erpressung endet erst dort, wo der Täter nach den Regelungen über den Rücktritt nicht mehr strafbefreiend zurücktreten kann, d.h. entweder bei der vollständigen Zielerreichung oder beim fehlgeschlagenen Versuch (vgl. BGHSt 41, 368, 369; BGH, Urt. v. 24.5.2000 - 3 StR 551/99 - NStZ 2000, 532; BGH, Beschl. v. 3.4.2008 - 4 StR 81/08). Beispiel: Der Angeklagte schlug zunächst dem Zeugen B. in einem Getränkekiosk mit der Faust in das Gesicht, um ihn zur Zahlung eines Geldbetrages von 5.000 € zu veranlassen. Als B. daraufhin mit seinem Begleiter den Kiosk verließ, folgte der Angeklagte ihnen. Nachdem er sich von einer Person an einem 50 bis 60 Meter entfernten Spielplatz ein Messer hatte geben lassen, rannte er auf B. zu, setzte ihm das Messer fest an den Hals und verlangte erneut Zahlung des Geldbetrages. B. erlitt hierdurch zwei blutende Schnittverletzungen. Auf den Hinweis, dass B. „pleite sei„, ließ der Angeklagte von ihm ab. Der Erpressungsversuch des Angeklagten war erst fehlgeschlagen, als er nach der Messerattacke feststellen musste, dass B. nicht zahlungsfähig war. (vgl. BGH, Beschl. v. 3.4.2008 - 4 StR 81/08). siehe auch: Tateinheit, § 52 StGB --> natürliche Handlungseinheit Läßt sich nicht klären, durch wieviele Handlungen ein Tatbeteiligter als Mittäter oder Teilnehmer mehrere Einzeltaten gefördert hat, ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen, daß er nur eine Handlung begangen hat (BGH wistra 1997, 61, 62; NStZ 1997, 121; BGH, Urt. v. 24.5.2000 - 3 StR 551/99 - NStZ 2000, 532; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. 1999 § 52 ff. Rdn. 16). |
|
Strafzumessung |
|
|
S.1 |
Strafrahmen § 253 Abs. 1 StGB: 1
Monat bis 5
Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360
Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen Strafrahmen § 253 Abs. 4 StGB: 1 Jahr bis 15 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe |
|
|
S.3 |
|
S.3.4 |
Die zu Lasten des Angeklagten herangezogene Bewertung, die (versuchte) Erpressung habe dazu gedient, "ein kriminelles und rechtsunwirksames Geschäft" durchzusetzen, verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, da die Rechtswidrigkeit der Bereicherung Merkmal des Tatbestands des § 253 StGB ist (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.2011 - 3 StR 167/11). | |
Prozessuales |
|
|
Z.1 |
|
Z.1.1 |
Die
Verjährungsfrist für Erpressung (§ 253
Abs. 1 StGB)
beträgt fünf Jahre (§ 78
Abs. 3 Nr. 4 StGB). § 253 Abs. 3 StGB, der die Versuchsstrafbarkeit zum Gegenstand hat, kann insoweit nur über die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (§ 49 StGB) zu einer Änderung des Ausgangsstrafrahmens führen und ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB). § 253 Abs. 4 StGB regelt den Strafrahmen für besonders schwere Fälle und hat ebenfalls auf die Bestimmung der Verjährungsfrist keine Auswirkung (§ 78 Abs. 4 StGB). |
|
|
Z.2 |
|
Z.2.1 |
Das
Vergehen nach § 253
StGB stellt eine Katalogtat nach § 100a
Abs. 2 Nr. 1 k StPO dar, bei der unter den weiteren
Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die
Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf. siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO |
|
|
Z.2.2 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO), so dürfen nach § 100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig. siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation |
|
|
Z.2.3 |
Nach
§ 100f
Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen
außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich
gesprochene Wort
mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete,
auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in
Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht
hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Dabei darf sich gemäß § 100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nach § 100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Für das Verfahren gelten nach § 100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO entsprechend. siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel |
|
|
Z.2.3.1 |
Den
Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen,
Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung
in § 100h
StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor. siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel |
|
|
Z.2.4 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat
vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie 2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO). siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten |
|
|
Z.2.5 |
Besonders
schwere Fälle nach § 253
Abs. 4 Satz 2 StGB
gehören zu den in § 100c
Abs. 2 StPO genannten besonders
schweren Straftaten (Katalogtaten), bei denen unter den Voraussetzungen
des § 100c
Abs. 1 StPO die akustische Wohnraumüberwachung
angeordnet werden darf. siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO |
|
|
Z.3 |
|
Z.3.1 |
Ist
der Beschuldigte dringend verdächtig, wiederholt oder
fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende
Straftat nach § 253
StGB begangen zu haben und begründen
bestimmte Tatsachen die Gefahr, dass er vor rechtskräftiger
Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die
Straftat fortsetzen wird und ist Haft zur Abwendung der drohenden
Gefahr erforderlich, besteht der -
gemäß § 112a
Abs. 2
StPO subsidiäre - weitere Haftgrund nach § 112a
Abs. 1 Nr. 2
StPO, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten
ist. Liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 StPO vor und sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 StPO nicht gegeben, wird der Haftbefehl auch dann nach § 112 StPO erlassen, wenn Wiederholungsgefahr besteht (vgl. § 112a Abs. 2 StPO; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 112a Rdnr. 17). |
|
|
Z.4 |
§ 256
StGB sieht bei Straftaten nach § 253
StGB die
Möglichkeit der Anordnung der Führungsaufsicht vor. Danach
kann, wenn der Angeklagte eine zeitige Freiheitsstrafe von mindestens
sechs Monaten verwirkt hat und die Gefahr besteht, daß er weitere
Straftaten begehen wird, - unbeschadet der Vorschriften über die
Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67b, 67c, 67d Abs. 2
bis 6 und 68f) - neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet
werden (§§ 67b,
67c,
67d
Abs. 2
bis 6 und 68f)
- neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet
werden (§ 68
StGB). Die Anordnung von Führungsaufsicht setzt die Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit des Angeklagten voraus (vgl. hierzu Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 68 Rdn. 6) und ist bei der Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen in der Regel entbehrlich, weil in diesen Fällen entweder § 57 StGB oder § 68f StGB eingreift (vgl. BGHR StGB § 256 Führungsaufsicht 1; BGH, Beschl. v. 8.2.2000 - 4 StR 488/99; Fischer StGB 56. Aufl. § 68 Rdn. 6). siehe auch: § 68 StGB, Voraussetzungen der Führungsaufsicht |
|
|
Z.5 |
|
Z.5.1 |
Wer
durch eine rechtswidrige Tat, insbesondere nach § 253
StGB,
verletzt ist, kann sich gemäß § 395
Abs. 3 StPO der
erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen,
wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren
Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint. siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss |
|
|
Z.8 |
|
Z.8.1 |
Auf § 253
StGB wird verwiesen in: § 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten § 239a StGB siehe auch: Erpresserischer Menschenraub, § 239a StGB § 261 StGB siehe auch: Geldwäsche, § 261 StGB § 100a StPO siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation § 100c StPO siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO § 112a StPO siehe auch: Weitere Haftgründe, § 112a StPO § 395 StPO siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss |
|
Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 20. Abschnitt (Raub und Erpressung) |
|
© 2000-2017 Peter Wiete • E-Mail: info@wiete-strafrecht.de