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§
249 StGB
Raub
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Allgemeines |
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Nach
der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs erfolgt die Abgrenzung zwischen Raub und
räuberischer Erpressung nach dem äußeren
Erscheinungsbild der Tat, nämlich danach, ob der Täter eine
fremde bewegliche Sache wegnimmt oder das Opfer sie ihm übergibt
(BGHSt 14, 386, 390; 25, 225, 228; 41, 123, 124; BGH, Beschl. v.
18.8.2011 - 3 StR 251/11; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 255 Rn. 3
mwN). siehe hierzu näher: § 255 StGB Rdn. 5 - Abgrenzung zum Raub |
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Es ist für die Annahme des Raubtatbestandes nicht erforderlich, dass die eingesetzten Nötigungsmittel objektiv erforderlich, ursächlich oder förderlich gewesen sind; genügend ist es, wenn der Täter nach seiner Vorstellung Raubmittel anwendet, um dadurch eine Wegnahme zu ermöglichen, ohne dass es objektiv darauf ankäme, ob dies tatsächlich der Fall ist (vgl. Vogel, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 249, Rn. 36 m. Nachw. zur Rspr.; BGH, Urt. v. 7.1.2015 - 2 StR 163/214). | |
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Raub ist die Anwendung von Raubmitteln zum Zweck der Wegnahme fremder Sachen in Zueignungsabsicht (vgl. BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 3 StR 231/12; LK/Vogel, 12. Aufl., § 249 Rn. 32 ff.). | |
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Gewalt im Sinne
dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn durch
physische Einwirkung auf den Körper eines anderen bei diesem eine
physische Reaktion herbeigeführt wird, die dazu geeignet und nach
dem Willen des Täters dazu bestimmt ist, den von ihm erwarteten
Widerstand gegen die von ihm beabsichtigte Wegnahme zu verhindern.
Dabei genügt es auch, wenn der Täter zur Einwirkung auf den
Körper des Opfers ein Mittel - sei es fest, flüssig oder
gasförmig (zur Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels
vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 6 m. w. N.) - verwendet, ohne
daß es darauf ankäme, welche naturwissenschaftlichen (z.B.
mechanische oder chemische) Gesetzmäßigkeiten daraufhin
letztlich die körperliche Reaktion des Opfers hervorgerufen haben
(vgl. BGH,
Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02: betr. gezieltes
Sprühen eines Deo-Sprays in das Gesicht einer Kassiererin;
zusammenfassend Herdegen in LK 11. Aufl. § 249 Rdn. 6, 7 m. w.
N.). Gleiches gilt bei der zur Ermöglichung einer Wegnahme erfolgten Beibringung eines Schlaf- oder Beruhigungsmittels, die ebenfalls als Gewalt im Sinne des § 249 StGB zu werten ist, auch wenn das Opfer ahnungslos ist und der Täter keine besondere Kraft aufwenden muß (BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewaltanwendung 6 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02). Gewalt gegen eine Person muß keine gegenwärtige Leibes- oder Lebensgefahr bewirken (BGHSt 18, 75, 76). Es genügt, wenn beim Opfer eine von dessen Willen unabhängige physische Reaktion eintritt, die seine Widerstandsmöglichkeiten gegen die Wegnahme beeinträchtigt (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02: betr. "Lidschlussreflex"; Herdegen in LK 11. Aufl. § 249 Rdn. 6, 7). In dem Entreißen des auf dem Rücken getragenen Rucksacks kann Gewalt gelegen haben, wenn die dafür aufgewandte körperliche Kraft nicht völlig unerheblich war und dazu diente, einen erwarteten oder geleisteten Widerstand des Opfers zu überwinden (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2015 - 2 StR 247/14). |
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Drohung ist das
ausdrückliche oder schlüssige
In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Eintritt davon
abhängen soll, daß der Bedrohte sich nicht dem Willen des
Drohenden beugt. Drohung erfordert daher, daß der Bedrohte in
diese Zwangslage versetzt wird, mithin Kenntnis von der Drohung erlangt
(vgl. BGH,
Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04). Für die Tatbestandserfüllung ist unerheblich, ob der Täter die Ausführung seiner Drohung beabsichtigt oder ob sie für ihn überhaupt realisierbar ist, solange er nur will, dass die Bedrohten die Ausführung der Drohung für möglich halten (BGHSt 23, 294, 295 f.; BGH, NStZ 1997, 184; BGH, Beschl. v. 11.5.2011 - 2 StR 618/10). Erforderlich für eine (konkludente) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des Geschädigten ist, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht (BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12 - NStZ 2013, 648; BGH, Urt. v. 7.1.2016 - 2 StR 202/15). Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält für sich genommen noch keine Drohung. Zwar kann eine Drohung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Erforderlich ist dafür jedoch, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es genügt nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.1987 – 4 StR 324/87 - BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 1; BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers mag sich als das Ausnutzen einer hilflosen Lage darstellen, die vom Gesetzgeber indes ausschließlich in § 177 Abs. 1 StGB neben Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einem selbständigen tatbestandlichen Nötigungsmittel erhoben wurde (BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12). siehe zur Drohung auch: Schwere räuberische Erpressung, §§ 255, 250 StGB |
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Eine
Wegnahme im Sinne
des § 249 Abs. 1 StGB
erfordert neben dem
– unter Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
erfolgenden – Bruch fremden Gewahrsams die Begründung neuen
Gewahrsams des Täters oder eines Dritten (BGH, Beschl. v. 4.8.2015
- 5 StR 295/15). Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Letzteres beurteilt sich danach, ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Für die Frage der Sachherrschaft kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; 23, 254, 255 m. w. N.; BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09). Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie Geldscheinen und Geldstücken, genügt für die Vollendung der Wegnahme bereits ein Ergreifen und Festhalten der Sache (vgl. BGHSt 23, 254, 255; BGH NStZ 1987, 71), und zwar auch dann, wenn der erbeutete Gegenstand sich noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet und der Täter bei der Tatausführung beobachtet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 16.5.2000 - 4 StR 89/00 - NStZ-RR 2001, 41). Beispiel: Der Angeklagte versteckte den zuvor aus der Wohnung des Geschädigten entwendeten 17,5 kg schweren Tresor mangels eines geeigneten Behältnisses für seinen unauffälligen Abtransport zunächst auf dem unverschlossenen Dachboden des Hauses, in dem sich die Wohnung des Geschädigten befindet. Damit erlangte er noch nicht den Gewahrsam an dem Tresor. Selbst wenn sich der Herrschaftsbereich des Geschädigten nicht mehr auf den Dachboden erstreckte und nur der Angeklagte dieses Versteck kannte, hatte er nach der hierfür maßgeblichen Anschauung des täglichen Lebens (vgl. BGHSt 16, 271, 273; BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 10) noch nicht die vollständige Sachherrschaft über den Tresor erlangt. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Angeklagte den Dachboden nur unter Verletzung fremden Hausrechts betreten konnte und damit rechnen musste, beim Abtransport des Tresors den Geschädigten oder anderen Hausbewohnern aufzufallen und von ihnen behindert zu werden, wie dies später auch geschah (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2010 - 5 StR 423/10). Das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter durch die falsche Behauptung einer amtlichen Beschlagnahme die Herausgabe einer fremden beweglichen Sache fordert und sie erreicht, selbst wenn das Opfer die Wegnahme nicht nur duldet, sondern die Sache dem Täter auf dessen Verlangen aushändigt. In einem solchen Fall ist für einen eigenen, freien Willensentschluss des Opfers, das sich dem Zwang fügt, kein Raum (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.1.1963 - 2 StR 591/62 - BGHSt 18, 221, 223 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 4 StR 40/11). Zu den Voraussetzungen der Wegnahme siehe: Diebstahl, § 242 StGB --> Rdn. 20; Zur Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung siehe: Räuberische Erpressung, § 255 StGB Rdn. 5 |
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15.1 |
Der
Tatbestand des Raubes erfordert den Einsatz
von Gewalt oder einer
Drohung als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme einer Sache
(st.
Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 15.9.1964 – 1 StR 267/64 - BGHSt 20,
32, 33; BGH, Beschl. v. 7.9.1994 – 2 StR 431/94 - BGHR StGB
§ 249 Abs. 1 Gewalt 7; BGH,
Urt. v. 15.10.2003 – 2 StR
283/03 - BGHSt 48, 365, 367; BGH, Urt. v. 25.10.2012 - 4 StR
174/12;
BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12 - NStZ 2013, 648; BGH, Beschl. v.
12.11.2013 - 3 StR 313/13; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13;
BGH, Urt. v. 7.1.2016 - 2 StR 202/15). Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein (vgl. BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 3 StR 232/12; BGH, Beschl. v. 25.9.2012 - 2 StR 340/12; BGH, Beschl. v. 18.2.2014 - 5 StR 41/14 - NStZ 2015, 156, 157; BGH, Beschl. v. 2.7.2015 - 2 StR 134/15; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 249 Rn. 6 ff.; MünchKomm/Sander, StGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 31). Der Tatbestand des Raubes setzt voraus, daß die Gewaltanwendung oder die Drohung - zumindest aus Sicht des Täters - als Mittel eingesetzt werden, um die Wegnahme der Sache zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschl. v. 28.4.1989 – 4 StR 184/89 - BGHR StGB § 249 Abs. 1 – Gewalt 3; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 5 und 7 jeweils m.w.N.; BGH, Beschl. v. 30.9.2015 - 5 StR 367/15). Nach seiner Vorstellung soll mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es ihm hierdurch ermöglicht werden, den Gewahrsam zu brechen (BGH, Urt. v. 19.4.1963 – 4 StR 92/63 - BGHSt 18, 329, 331; BGH, Urt. v. 6.10.1992 – 1 StR 554/92 - BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 5; BGH, Urt. v. 22.6.2016 - 5 StR 98/16 Rn. 8). An dieser finalen Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme fehlt es, wenn die Gewalt oder Drohung der bereits vollendeten Wegnahme nachfolgt, wenn also eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, der Täter den Entschluss zur Wegnahme vielmehr erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1983 – 4 StR 376/83 - BGHSt 32, 88, 92; BGH, Beschl. v. 7.9.1994 – 2 StR 431/94 - BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 7; BGH, Urt. v. 20.4.1995 - 4 StR 27/95 - BGHSt 41, 123, 124; BGH, Urt. v. 16.1.2003 - 4 StR 422/02 - NStZ 2003, 431, 432; BGH, Beschl. v. 21.3.2006 - 3 StR 3/06 - NStZ 2006, 508; BGH, Beschl. v. 24.2.2009 - 5 StR 39/09 - NStZ 2009, 325; BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 3 StR 232/12; BGH, Beschl. v. 25.9.2012 - 2 StR 340/12; BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12; BGH, Beschl. v. 18.2.2014 - 5 StR 41/14 - NStZ 2015, 156, 157; BGH, Beschl. v. 18.6.2015 - 4 StR 136/15; BGH, Beschl. v. 2.7.2015 - 2 StR 134/15; BGH, Beschl. v. 28.7.2015 - 2 StR 109/15; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 249 Rn. 6 ff.). Die Anwendung von Gewalt oder Drohungen darf somit nicht als bloße „Begleiterscheinung“ gelegentlich der Entwendung einer fremden Sache erfolgen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.9.2015 - 5 StR 367/15; BGH, Beschl. v. 29.9.2015 - 5 StR 370/15; MüKo-StGB/Sander, 2. Aufl., § 249 Rn. 24 mwN). Ein Raub kann auch vorliegen, wenn die Gewaltanwendung zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Wegnahme als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung fortwirkt, der Täter diese Situation erkennt und bewusst zum Zweck der Wegnahme ausnutzt (vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1995 - 4 StR 27/95 - BGHSt 41, 123, 124; BGH, Urt. v. 27.5.1982 - 4 StR 181/82 - NStZ 1982, 380, 381; BGH, Beschl. v. 28.7.2015 - 2 StR 109/15). Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt andauern und der Täter dies zur Wegnahme ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes hingegen nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.4.1997 - 4 StR 105/97 - NStZ-RR 1997, 298; BGH, Beschl. v. 29.4.1999 - 4 StR 44/99 - NStZ 1999, 510; BGH, Beschl. v. 21.3.2006 - 3 StR 3/06 - NStZ 2006, 508; BGH, Beschl. v. 24.2.2009 – 5 StR 39/09 - NStZ 2009, 325f.; BGH, Beschl. v. 10.5.2012 - 3 StR 68/12; BGH, Beschl. v. 25.9.2012 - 2 StR 340/12; BGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 3 StR 496/12; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13; BGH, Beschl. v. 18.2.2014 - 5 StR 41/14 - NStZ 2015, 156, 157; BGH, Beschl. v. 21.10.2014 - 4 StR 363/14; BGH, Beschl. v. 2.7.2015 - 2 StR 134/15). Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen (BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers mag sich als das Ausnutzen einer hilflosen Lage darstellen, die vom Gesetzgeber indes ausschließlich in § 177 Abs. 1 StGB neben Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einem selbstständigen tatbestandlichen Nötigungsmittel erhoben wurde (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 8.5.2013 – 2 StR 558/12 - NStZ 2013, 648 mwN; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13). Es genügt allerdings, wenn die zunächst zu anderen - etwa zu sexuellen - Zwecken begonnene Gewaltanwendung beim Fassen des Wegnahmevorsatzes fortgesetzt wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.1964 - 1 StR 267/64 - BGHSt 20, 32, 33; BGH, Urt. v. 8.5.2013 - 2 StR 558/12; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13) oder die zunächst zu anderen Zwecken begonnene Gewaltanwendung fortgesetzt wird, nachdem der Wegnahmevorsatz gefasst ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.1.2016 - 2 StR 202/15). Dies gilt jedoch nur, wenn eine finale Verknüpfung zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme besteht (BGH, Urt. v. 7.1.2016 - 2 StR 202/15). Der Tatbestand des Raubes erfordert, daß die Gewalt oder die Drohung als Mittel eingesetzt werden, um den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstandes zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (st. Rspr.; vgl. BGHSt 4, 210, 211; 20, 32, 33; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 5 und 7 - StV 1995, 416; BGH, Beschl. v. 17.7.2002 - 2 StR 225/02 - NStZ-RR 2002, 304; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 4 StR 40/11; MünchKommStGB/Sander § 249 Rn. 24). Folgt die Wegnahme der Gewalt oder der Drohung nur zeitlich nach oder nur "gelegentlich" der Nötigungshandlung, ohne dass eine finale Verknüpfung besteht, scheidet ein Schuldspruch wegen vollendeten Raubes (mit Todesfolge) aus (BGH, Urt. v. 22.9.1983 - 4 StR 376/83 - BGHSt 32, 88, 92; BGH, Urt. v. 20.4.1995 - 4 StR 27/95 - BGHSt 41, 123, 124; BGH NStZ 1982, 380; BGH StV 1983, 460; 1995, 416; BGH NStZ 1999, 510; NStZ-RR 1997, 298; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 3, 5 und 7; BGH, Beschl. v. 17.1.1995 - 4 StR 738/94; BGH, Beschl. v. 16.5.2000 - 4 StR 89/00 - NStZ-RR 2001, 41; BGH, Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 176/01; BGH, Beschl. v. 17.7.2002 - 2 StR 225/02 - NStZ 2004, 153; BGH, Urt. v. 16.1.2003 - 4 StR 422/02 - NStZ 2003, 431; BGH, Beschl. v. 24.2.2009 - 5 StR 39/09; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 4 StR 40/11; BGH, Beschl. v. 12.11.2013 - 3 StR 313/13; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13 - NStZ-RR 2014, 110; BGH, Beschl. v. 28.7.2015 - 2 StR 109/15; BGH, Urt. v. 7.1.2016 - 2 StR 202/15; Fischer, StGB 56. Aufl. § 249 Rdn. 10 ff. m.w.N.). Beispiel: Als der Zeuge versuchte, sich mit der linken Hand zu schützen, sprang dessen Jacke auf und der Angeklagte konnte in der linken Hemdtasche sein Portemonnaie erkennen. Unter Ausnutzung der gerade ausgeübten Gewalt entnahm er dem Portemonnaie des Zeugen das darin befindliche Geld in Höhe von 60,00 € (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2009 - 5 StR 39/09). Der Angeklagte fasste den Entschluss zur Wegnahme erst, nachdem infolge der Schutzbewegung des Zeugen dessen Jacke aufgesprungen und die Geldbörse sichtbar geworden war. Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes aber nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2009 - 5 StR 39/09). Eine allein durch Schnelligkeit und List gekennzeichnete Wegnahme wie z. B. das überraschende, aber nicht mit besonderer Kraftanwendung verbundene Wegreißen einer Handtasche erfüllt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht den Raubtatbestand (BGHSt 18, 329 ff., BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 1, 2 und 4; BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02). Fasste der Angeklagte den Entschluß, dem Geschädigten seine Habseligkeiten wegzunehmen, als er mit den Schlägen und Tritten aufgehört hatte, ist zu differenzieren und Raub zu bejahen, wenn - das Opfer bei der Wegnahme Widerstand leistete (vgl. zu dieser Fallkonstellation BGHSt 16, 341) - die zuvor verübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung fortwirkte (vgl. dazu BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt, fortwirkende 1; BGH NStZ 1982, 380 f.), etwa weil das Opfer zum Zeitpunkt, in dem die Täter den Wegnahmeentschluß faßten, noch derart eingeschüchtert war, daß es sich der Wegnahmehandlung nicht zu widersetzen wagte, und die Täter diese Situation erkannten und bewußt zum Zwecke der Wegnahme ausnutzten (vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt, fortwirkende 1; BGH NStZ 1982, 380 f. m.w.N.; BGH, Urt. v. 16.1.2003 - 4 StR 422/02 - NStZ 2003, 431). Nach ständiger Rechtsprechung scheidet hingegen die Anwendung des Raubtatbestandes aus, wenn der Täter den Wegnahmeentschluss erst zu einem Zeitpunkt fasst, in dem die aus anderen Gründen verübte Gewaltanwendung selbst nicht mehr andauert, sondern allenfalls noch in der Weise fortwirkt, dass sich das Opfer im Zustand allgemeiner Einschüchterung (BGH bei Dallinger MDR 1968, 17 f.; BGH NStZ 1982, 380; NStZ 1999, 510; NStZ-RR 1997, 298; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 3; BGH, Urt. v. 15.4.2008 - 4 StR 42/08) oder der Bewußtlosigkeit befindet (vgl. BGH DRiZ 1972, 30). Einer Verurteilung wegen Raubes steht nicht entgegen, dass der Angeklagte den Wegnahmevorsatz erst nach Beendigung der zuvor zum Zwecke einer "Abreibung" verübten körperlichen Misshandlungen gefasst und danach keine Gewalt mehr angewandt hat, wenn sich aus dem Zusammenhang ergibt, dass die Aufforderung des Angeklagten, den Geschädigten nach Geld zu durchsuchen, angesichts der gegebenen Umstände - insbesondere der unmittelbar vorausgegangenen massiven Misshandlungen des Tatopfers - eine konkludente Drohung mit der Gefahr weiterer körperlicher Misshandlungen darstellte und diese Drohung das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme der dem Verletzten gehörenden Sachen war (vgl. BGH, Urt. v. 23.3.2006 - 3 StR 373/05; vgl. auch BGH, Beschl. v. 17.3.2004 - 2 StR 516/03 u. BGH NStZ 1982, 380). Eine Tatbestandsverwirklichung hat der 3. Strafsenat hingegen in BGH, Beschl. v. 21.3.2006 - 3 StR 3/06 mangels finaler Verknüpfung zwischen Nötigungshandlung und Wegnahme in einem Fall verneint, in dem der Angeklagte den Geschädigten, der dabei sein Mobiltelefon verlor, mit Faustschlägen zu Boden schlug und ihm mehrfach mit dem Fuß in die Rippen trat, weil er mit ihm "noch etwas zu klären" hatte. Unter Ausnutzung der vorausgegangenen Gewaltanwendung nahm er dann das Mobiltelefon auf und steckte es ein, um es für sich zu behalten. Aus Angst vor weiteren Übergriffen des Angeklagten setzte sich das Tatopfer nicht zur Wehr. Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 21.3.2006 - 3 StR 3/06). Ebenso scheidet ein Raub aus, wenn das Tatopfer, zu dem Zeitpunkt zu dem der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme fasst, bewusstlos ist und deshalb keinen Widerstand leisten kann, der durch Zwangsmittel überwunden werden müsste (BGH, Beschl. v. 21.3.2006 - 3 StR 3/06). § 249 StGB setzt einen finalen Zusammenhang zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.2001 – 3 StR 176/01). Hierfür genügt die bloße Feststellung, ein Täter habe das Opfer geschlagen oder getreten, „um ihm Schmerzen zuzufügen“, nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 19.3.2013 - 5 StR 79/13). |
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15.1.1 |
Über die finale Verknüpfung von
Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen beide den
Raubtatbestand konstituierenden Elemente in einem zeitlichen und
örtlichen Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1983
– 4 StR 640/83 - bei Holtz, MDR 1984, 276, mit Anm. Seier, JA
1984, 441, 442; BGH,
Beschl. v. 13.10.2005 – 5 StR 366/05 - NStZ
2006, 38; BGH, Urt. v. 22.6.2016 - 5 StR 98/16 Rn. 10). Für diesen
Zusammenhang ist allerdings nicht erforderlich, dass der Ort der
Nötigungshandlung und der Ort des Gewahrsamsbruchs identisch sind
(vgl. BGH, aaO). Auch lassen sich verbindliche Werte zu einem
zeitlichen Höchstmaß zwischen Einsatz des
Nötigungsmittels und Wegnahme nicht benennen (vgl. BGH, Urt. v.
22.6.2016 - 5 StR 98/16 Rn. 10; MüKo-StGB/Sander, 2. Aufl., §
249 Rn. 27). Vielmehr entscheiden die Umstände des Einzelfalls.
Maßgeblich für die raubspezifische Einheit von
qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist vielmehr, ob es zu einer
– vom Täter erkannten – nötigungsbedingten
Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner
Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist (BGH, Urt.
v. 22.6.2016 - 5 StR 98/16 Rn. 10; vgl. auch BGH, Urt. v. 20.1.2016
– 1 StR 398/15 Rn. 27, wo allerdings der vermögensrechtliche
Begriff der Dispositionsfreiheit verwendet wird; siehe auch Albrecht,
Die Struktur des Raubtatbestandes, 2011, S. 134, 141, 147). Das in
§ 252
StGB enthaltene Erfordernis „auf frischer Tat“
steht dieser Auslegung schon im Hinblick auf die andersartige Struktur
dieses Tatbestands nicht entgegen (BGH, Urt. v. 22.6.2016 - 5 StR 98/16
Rn. 10). Beispiel (BGH, Urt. v. 22.6.2016 - 5 StR 98/16): Nach den Feststellungen des Landgerichts besuchte der zur Tatzeit 58 Jahre alte Angeklagte morgens seine Mutter in deren Wohnung. Spätestens nach Beendigung eines gemeinsamen Kaffeetrinkens gegen 8:40 Uhr fasste er den Entschluss, ihr Bargeld, Schmuck und das Auto zu entwenden. Einen Widerstand seiner Mutter gegen die Wegnahme der Gegenstände wollte er von vornherein gewaltsam verhindern. Er bat sie unter einem Vorwand, die Augen zu schließen. Als sie der Aufforderung nachkam, versetzte er ihr mit einem stumpfen Gegenstand einen wuchtigen Schlag gegen den Kopf. Hierdurch erlitt sie eine Impressionsfraktur des Schädels mit kleineren Knochenbruchstücken, Lufteinschlüssen und mehreren Blutungen. Allerdings verlor sie nicht das Bewusstsein, sondern war lediglich benommen und kurzzeitig in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt. Der Angeklagte bemerkte, dass seine Mutter zwar die blutende Wunde an ihrem Kopf wahrgenommen, aber nicht realisiert hatte, dass er die Verletzung durch seinen Schlag verursacht hatte. Er verständigte den Rettungsdienst und erkannte die Möglichkeit, seinen Tatplan modifiziert doch noch zu verwirklichen. Er wollte nunmehr den Krankenhausaufenthalt seiner Mutter zur Vollendung der Tat nutzen. Um wieder in die Wohnung gelangen zu können, steckte er ihren Wohnungstürschlüssel ein, als die Rettungskräfte die von ihm begleitete Geschädigte gegen 9:40 Uhr ins Krankenhaus transportierten. In Fortführung seines Vorhabens begab er sich alsbald nach der gegen 10:00 Uhr erfolgten stationären Aufnahme der Geschädigten zurück in die Wohnung. Dort entwendete er mindestens 4.500 Euro Bargeld sowie Goldschmuck. Außerdem nahm er den Schlüssel zum Auto seiner Mutter an sich, mit dem er wegfuhr. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten (besonders) schweren Raubes erweist sich im Ergebnis als rechtsfehlerfrei. Leitsatz - StGB § 249 Abs. 1 Für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist maßgeblich, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder bereitschaft gekommen ist. BGH, Urteil vom 22. Juni 2016 - 5 StR 98/16 - LG Dresden |
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15.1.5 |
Nach
einer zunächst mit
anderer Zielsetzung begangenen
Nötigung, kommt ein Schuldspruch wegen Raubs nicht in
Betracht,
wenn es nur gelegentlich der Nötigungshandlung zur Wegnahme kommt
oder die Wegnahme der Nötigung nur zeitlich nachfolgt, ohne
daß eine finale Verknüpfung besteht (BGH NStZ-RR 2002, 304,
305 m.w.N.). Hingegen ist auch bei einer zunächst mit anderer
Zielrichtung erfolgten Nötigung, die der Täter zur Wegnahme
ausnutzt, der Raubtatbestand erfüllt, wenn die Gewalt noch
andauert oder als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung auf das
Opfer einwirkt
und dieses dazu veranlaßt, die Wegnahmehandlung zu
dulden, der Täter also diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt,
dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute
wegzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1983 – 4 StR 376/83 -
BGHSt 32, 88, 92; BGH, Beschl. v. 12.8.1992 – 3 StR 358/92 -BGHR
StGB § 249 Abs. 1 Drohung 3; BGH, Urt. v. 25.10.2012 - 4 StR
174/12; vgl. auch BGH,
Urt. v.
15.10.2003 - 2 StR 283/03 - BGHSt 48, 365 - NJW 2004, 528). Eine andere rechtliche Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn die Gewaltanwendung nicht mehr andauert, sondern nur noch in der Weise fortwirkt, dass sich das Tatopfer (nur noch) in einem Zustand der allgemeinen Einschüchterung befindet (BGH, Beschl. v. 12.8.1992 – 3 StR 358/92 -BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 3; BGH, Urt. v. 16.1.2003 – 4 StR 422/02 - NStZ 2003, 431; BGH, Urt. v. 25.10.2012 - 4 StR 174/12). Zum Motivwechsel in Fällen, in denen das Opfer gefesselt wurde siehe: Schwerer Raub, § 250 StGB ---> Abs. 1 Nr. 1 b ---> Motivwechsel |
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15.1.10 |
Beispiel:
Der Angeklagte veranlasste die beiden Mitangeklagten, den
Nebenkläger in dessen Wohnung zu überfallen, zu verletzen,
gefesselt im Badezimmer abzulegen und sodann nach
Betäubungsmitteln zu suchen und diese zum Schaden des
Nebenklägers zu vernichten. Das Opfer sollte dadurch
eingeschüchtert und zum Räumen der Wohnung veranlasst werden.
Nachdem der Nebenkläger misshandelt und überwältigt
worden war, betrat der Angeklagte absprachegemäß die
Wohnung. Er nahm unter Ausnutzung des Umstands, dass der
Nebenkläger gefesselt und zu Widerstand nicht mehr in der Lage
war, dessen in der Wohnung befindliches Geld, Uhren und andere
Gegenstände an sich, um sie dauerhaft für sich zu behalten.
Dies hatte er von Anfang an geplant, den Mitangeklagten gegenüber
indes verheimlicht; diesen blieb sein Tun auch bis zum gemeinsamen
Verlassen der Wohnung verborgen (vgl. BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 3 StR
231/12). Das Landgericht hat die Mitangeklagten zutreffend nur wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt. Seine Würdigung, der Angeklagte sei des "gemeinschaftlichen" schweren Raubes schuldig, sei also Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) eines Raubes, hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Raub ist die Anwendung von Raubmitteln zum Zweck der Wegnahme fremder Sachen in Zueignungsabsicht (vgl. LK/Vogel, 12. Aufl., § 249 Rn. 32 ff.). Die Wegnahme beging der Angeklagte als Alleintäter (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB). Den ihr vorangehenden Einsatz von Raubmitteln in Form der Gewalt gegen den Nebenkläger bewirkte der Angeklagte dagegen in mittelbarer Täterschaft durch die beiden Mitangeklagten als seine Werkzeuge (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB). Hierzu im Einzelnen: Die Mitangeklagten wollten zwar den Nebenkläger körperlich misshandeln sowie seiner Freiheit berauben und handelten insoweit vorsätzlich. Sie wussten indes nichts von der vom Angeklagten beabsichtigten Wegnahme von Gegenständen, die durch die von ihnen zuvor ausgeübte Gewalt ermöglicht werden sollte. Hinsichtlich der finalen Verknüpfung der Gewalt mit der Wegnahme handelten sie ohne Vorsatz. Diese Fehlvorstellung hatte der Angeklagte bei ihnen hervorgerufen und ihnen damit rechtlich relevante und für die Beurteilung der Tat ausschlaggebende Sachverhaltsumstände verheimlicht. Dies rechtfertigt es, die Tatbestandserfüllung hinsichtlich des Einsatzes von Raubmitteln dem Angeklagten als sein eigenes Werk zuzurechnen (vgl. BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 3 StR 231/12; BGH, Urt. v. 26.1.1982 - 4 StR 631/81 - BGHSt 30, 363, 364 f.; LK/Schünemann, 12. Aufl., § 25 Rn. 97, 101; S-S/Heine, StGB, 28. Aufl., § 25 Rn. 24). |
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20 |
Bei
dem Kaufgeld,
das der Täter dem
Betäubungsmittelhändler nach Übergabe und
Aushändigung des Rauschgifts durch diesen gewaltsam wieder
abgenommen hat, handelt es sich nicht um eine fremde Sache im Sinne des
§ 249
Abs. 1 StGB. Aus dem Verbot des unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln folgt die Nichtigkeit
der Übereignung
des als Kaufpreis gezahlten Geldes (§ 134 BGB; vgl. BGHSt 31,
145). Das Handeln des Täters erweist sich lediglich als
Nötigung (§ 240
Abs. 1 StGB; BGH,
Beschl. v. 29.2.2000 - 1
StR 46/00 - StV 2000, 619). Illegal besessene Betäubungsmittel können grundsätzlich taugliches Objekt eines Eigentumsdelikts und damit auch eines Raubes gemäß § 249 Abs. 1 StGB sein (BGH, Beschl. v. 20.9.2005 – 3 StR 295/05 - NJW 2006, 72; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 4 StR 204/11; Vogel in LK 12. Aufl., § 242 Rn. 31 m.w.N.). |
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25 |
Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der
Täter im
Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des
Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich
oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie
der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines
Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urt. v. 28.6.1961
- 2 StR 184/61 - BGHSt 16, 190, 192; BGH, Beschl. v. 5.3.1971 - 3 StR
231/69 - BGHSt 24, 115, 119; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 -
NStZ 2011, 699, 701; BGH, Beschl. v 28.4.2015 - 3 StR 48/15). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zur Absicht der rechtswidrigen Zueignung im Sinne von § 242 Abs. 1 bzw. § 249 Abs. 1 StGB der bestimmte Wille des Täters, das Tatobjekt der Substanz oder dem Sachwert nach dem eigenen Vermögen "einzuverleiben", es also, wenn auch nur für begrenzte Zeit, seinem Sach-(Substanz-)werte nach "für sich auszunutzen" (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.1977 - 1 StR 167/77 - NJW 1977, 1460 mwN; BGH, Beschl. v. 25.2.2014 - 4 StR 567/13). |
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25.5 |
Für
die bei der Wegnahme vorausgesetzte Absicht, sich oder einem
Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen, genügt, dass der
Täter die fremde Sache unter Ausschließung des
Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich
oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der
Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des
Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Dagegen ist
nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf
Dauer behalten soll oder will (BGH, Urt. v. 26.9.1984 – 3 StR
367/84 - NJW 1985, 812; BGH, Urt. v. 27.1.2011 – 4
StR 502/10 - NStZ 2011, 699, 701; BGH, Beschl. v. 22.3.2012 - 4 StR
541/11; BGH, Urt. v. 12.3.2015 - 4 StR 538/14). Während für
die Ausschließung des
Berechtigten
– Enteignung
–
bedingter Vorsatz ausreicht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2012 - 4 StR
541/11; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 242 Rn. 41), verlangt die
Zueignungsabsicht in Bezug auf die Aneignung
der Sache
oder des in ihr verkörperten Sachwertes einen
zielgerichteten Willen (BGH,
Beschl. v. 11.10.2006 – 4 StR
400/06 - NStZ-RR 2007, 15; BGH, Beschl. v. 22.3.2012 - 4 StR
541/11).
Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines
Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht nicht aus (vgl. BGH, Urt. v.
30.1.1962 – 1 StR 540/61 - VRS 22, 206; BGH, Beschl. v. 22.3.2012
- 4 StR 541/11), vielmehr muss er sie für sich oder einen Dritten
mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2012 - 4
StR 541/11; MünchKommStGB/Schmitz § 242 Rn. 134; Eser/Bosch,
in: Schönke-Schröder, StGB, 28. Aufl., § 242 Rn. 61). Zumindest hinsichtlich der Aneignung der Sache verlangt die Zueignungsabsicht einen zielgerichteten Willen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2006 – 4 StR 400/06; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 242 Rdnr. 41). § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass die Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt der Wegnahme besteht. Erfolgte die Wegnahme der Sache nur, um dies als Druckmittel für die Übergabe einer anderen Sache zu verwenden, scheidet in diesem Fall ein Handeln in Zueignungsabsicht regelmäßig aus (vgl. BGH StV 1983, S. 329 f. und BGH StV 1999, S. 315 f.; BGH, Beschl. v. 11.10.2006 – 4 StR 400/06; BGH, Beschl. v. 22.3.2012 - 4 StR 541/11). Etwas anderes gilt nur, wenn die weggenommene Sache unabhängig von der Erfüllung der gestellten Forderung behalten oder verwertet werden soll (vgl. BGH StV 1984, S. 422 f.; BGH, Beschl. v. 11.10.2006 – 4 StR 400/06). Eine Zueignungsabsicht ist ausgeschlossen, wenn der Täter mit der Wegnahme der Sache diese nur als Mittel zur Erpressung des Tatopfers nutzen will, das fortbestehende Eigentum des Geschädigten mithin anerkennt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 400/08 - NStZ-RR 2009, 51; Fischer StGB 55. Aufl. § 242 Rdnr. 35 m.w.N.). Beispiel: Der Angeklagte erklärte dem Geschädigten beim Verlassen des Tatorts, er 'würde seine Sachen wiederbekommen, wenn er niemandem etwas von dem Vorgefallenen erzähle'. Hätte diese Erklärung der Vorstellung des Angeklagten während der Wegnahme des Geldes und der sonstigen Gegenstände entsprochen, hätte eine Zueignungsabsicht nicht vorgelegen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 400/08 - NStZ-RR 2009, 51). Täter - auch Mittäter - kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten “einverleiben” oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urt. v. 26.9.1984 - 3 StR 367/84 - NJW 1985, 812 mwN; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 - StV 2011, 412). |
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25.10 |
§ 249
Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter in der
Absicht handelt, die Sache sich oder einem Dritten
zuzueignen. Hieran
fehlt es, wenn er sich weder den Substanz- oder Sachwert des
Gegenstandes aneignen wollte noch dessen Wert durch den
vorübergehenden Gebrauch gemindert hat (vgl. BGH, Urt. v.
25.10.1968 - 4 StR 398/68 - GA 1969, 306, 307 zur fehlenden
Aneignungskomponente bei der Wegnahme zwecks Inhaftierung; BGH, Beschl.
v. 14.2.2012 - 3 StR 392/11; S/S-Eser/Bosch, StGB, 28. Aufl., §
242 Rn. 53, 55; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., § 242 Rn. 82;
LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 150). Es fehlt an dem
für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den
Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten zu ändern,
wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung
einer Gebrauchsanmaßung
einsetzt (BGH, Beschl. v. 14.2.2012 - 3 StR 392/11 betr.
Entwendung eines Handys, um im Speicher des Geräts nach Beweisen
für die Art der Beziehung zwischen dem Geschädigten und der
Schwester des Mitangeklagten zu suchen; Fischer, StGB, 59.
Aufl., § 249 Rn. 19a) oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt,
um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben",
"wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als
Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den
Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH,
Beschl. v. 14.2.2012 - 3 StR 392/11; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR
502/10 - NStZ 2011, 699, 701; BGH, Urt. v. 10.5.1977 - 1 StR
167/77 - NJW 1977, 1460; BGH, Urt. v. 26.9.1984 - 3 StR 367/84
-
NJW 1985, 812, 813; OLG Köln, Beschl. v. 6.5.1997 - Ss 226/97 - 93
- NJW 1997, 2611). Der etwa auf Hass- und Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist
zur Begründung der Zueignungsabsicht
ebenso wenig geeignet wie der Wille, den Eigentümer durch
bloßen Sachentzug
zu ärgern (BGH, Urt. v. 26.9.1984 - 3 StR
367/84 - NJW 1985, 812, 813 mwN; BGH, Beschl. v. 15.7.2010 - 4 StR
164/10; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 - StV 2011, 412; BGH,
Beschl. v 28.4.2015 - 3 StR 48/15; vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.3.2012
- 4 StR 541/11). In
solchen Fällen genügt es auch nicht, dass der Täter -
was grundsätzlich ausreichen könnte (vgl. BGH, Urt. v.
2.7.1980 - 2 StR 224/80 - NStZ 1981, 63) - für eine kurze Zeit den
Besitz an der Sache erlangt (BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 -
StV 2011, 412). Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme
mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und
sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie
über sie zu verfügen sei (BGH, Urt. v. 25.10.1968 - 4 StR
398/68 - GA 1969, 306, 307). So liegt es aber etwa nicht, wenn nicht
festgestellt ist, die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme das
Handy - wenn auch nur vorübergehend - es über die
für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus
behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte
Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei
aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen
Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese
führten nicht zu deren Verbrauch (vgl. BGH, Beschl. v 28.4.2015 -
3 StR 48/15; BGH, Beschl. v, 14.2.2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627
mwN). An der Voraussetzung, dass der Wille des Täters auf eine Änderung des Bestands seines Vermögens oder das des Dritten gerichtet sein muss, fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“, „beiseitezuschaffen“ oder „zu beschädigen“ (BGH, Urt. v. 10.5.1977 – 1 StR 167/77 - NJW 1977, 1460; BGH, Urt. v. 26.9.1984, aaO). Der etwa auf Hass- oder Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der Wille, den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – 4 StR 164/10). In solchen Fällen genügt es auch nicht, dass der Täter – was grundsätzlich ausreichen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.1980 – 2 StR 224/80 - NStZ 1981, 63) – für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BGH, Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 502/10 - NStZ 2011, 699, 701; BGH, Urt. v. 12.3.2015 - 4 StR 538/14). (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2015 - 4 StR 538/14 betr. Entwendung von BtM zum Konsum; zum Aufrauchen entwendeter Tabakwaren LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 157). |
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25.15 |
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1960 - 5 StR 80/60 - BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt dann nicht in Betracht, wenn der Angeklagte nicht in der Absicht handelte, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. BGH, Beschl. v 28.4.2015 - 3 StR 48/15; BGH, Beschl. v. 14.2.2012 - 3 StR 392/11 - NStZ 2012, 627; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR 502/10 - NStZ 2011, 699, 701; BGH, Beschl. v. 19.8.1987 - 2 StR 394/87 - BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 1 zu einem Fall der Wegnahme zwecks Beweisvereitelung). | |
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25.20 |
Nimmt
der Täter ein Behältnisnur
deshalb an sich, weil er darin Bargeld vermutet, das er für sich
behalten will, eignet er sich das Behältnis nicht zu (BGH, Beschl.
v.
19.12.2012 - 4 StR 494/12; BGH,
Beschl. v. 17.11.2009 – 3 StR
425/09 -
NStZ-RR 2010, 75; BGH,
Beschl. v. 8.9.2009 – 4 StR 354/09 -
NStZ-RR
2010, 48; BGH,
Urt. v. 14.6.2006 – 2 StR 65/06 - NStZ 2006, 686,
687;
BGH, Beschl. v. 31.10.1986 – 3 StR 470/86 - StV 1987, 245).
Die Zueignungsabsicht des Angeklagten richtet sich nicht auf die (etwa
geringwertige) Geldkassette, sondern auf das darin nach seiner
Vorstellung vorhandene Bargeld. Befindet sich in einem Behältnis,
das die Täter in ihren Gewahrsam bringen, indes nicht die
vorgestellte werthaltige Beute, kann in diesen Fällen nicht
wegen eines vollendeten Diebstahls oder Raubes, sondern nur wegen
(fehlgeschlagenen) Versuchs verurteilt werden (BGH,
Beschl. v. 1.2.2000
- 4 StR 564/99 - NStZ 2000, 531; BGH, Beschl.
v. 9.7.2013 - 3
StR
174/13 - NStZ-RR 2013, 309; jeweils mwN; BGH, Beschl. v. 13.10.2016 - 3
StR 173/16 Rn. 5; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 162).
Befinden
sich in dem Behältnis
anstatt
des erwarteten Bargeldes andere Gegenstände, die der Täter aufgrund
eines neuen Entschlusses für sich behält, liegt darin lediglich eine
Unterschlagung (§ 246
StGB), die neben den auch weiterhin nur
versuchten Raub tritt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2012 - 4 StR 494/12;
Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 41b). Wollten die Angeklagten sich
nicht das alsbald weggeworfene Behältnis,
sondern nur "den verwertbaren Teil des Inhalts,
insbesondere Bargeld", den sie nicht vorfanden, aneignen (vgl. zur
Rspr. in solchen Fällen BGHR StGB § 249 Abs. 1
Zueignungsabsicht 1, 4; BGH StV 1990, 408; NJW 1999, 69, 70; BGH,
Beschl. v. 1.2.2000
- 4 StR 564/99 - NStZ 2000, 531:
Geldkassette ohne
Geld und Drogen; BGH,
Beschl. v. 26.11.2003 - 3 StR 406/03 betr.
Leinenbeutel mit Turnschuhen; BGH,
Beschl. v. 4.11.2004 - 4 StR 81/04
betr. Geldbörse ohne Feststellungen zum Inhalt; BGH,
Beschl. v.
14.4.2004 - 2 StR 107/04 u. BGH,
Beschl. v. 25.6.2004 - 2 StR 205/04
betr. Handtasche mit wertlosen Gegenständen; BGH,
Beschl. v.
17.11.2009 - 3 StR 425/09 - NStZ-RR 2010, 75:
Handgelenkstasche mit
für den Angeklagten wertlosen Gegenständen; BGH, Beschl. v.
9.7.2013 - 3 StR 174/13: Stofftüte mit Prospekten und einem
Schlüsselbund nebst Anhänger), ist
regelmäßig von einer Versuchsstrafbarkeit auszugehen, wobei
die eher zufällige Nichtvollendung des Delikts im Einzelfall
keinen Anlaß zu einer Strafrahmenverschiebung nach den
§§ 23,
49
StGB geben kann (vgl. BGH,
Beschl. v. 2.6.2005 - 3
StR 141/05) und ein strafbefreiender Rücktritt ausgeschlossen
ist,
weil der Versuch aus subjektiver Sicht des Angeklagten fehlgeschlagen
ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 26.11.2003 - 3 StR 406/03). Beispiel: Der Angeklagte und sein Mittäter wollten sich "Geld und Wertgegenstände" des Tatopfers aneignen. Als sie kein Geld fanden, nahmen sie ein Notizbuch weg, das sie dann, weil es wertlos war, zerrissen und wegwarfen. Damit fehlt es an einer vollendeten Raubtat (BGHR StGB § 249 Abs. 1 Zueignungsabsicht 1; § 242 Abs. 1 Zueignungsabsicht 7; BGH, Beschl. v. 30.8.2000 - 2 StR 567/99). Auch wenn sich die Vorstellung der Angeklagten vom Inhalt des Behältnisses (etwa der Tüte) demnach nicht auf einen bestimmten Gegenstand konkretisiert (vgl. zu Bargeld BGH StV 1983, 460; 1987, 245; 1990, 205f), sondern sich lediglich auf 'zum Eigengebrauch verwendungsfähige oder veräußerbare Gegenstände' erstreckt, setzt eine Tatbestandsvollendung einen diesbezüglichen Inhalt des Behältnisses (etwa der Tüte) voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2013 - 3 StR 174/13; BGHR StGB § 242 Abs. 1 Zueignungsabsicht 7; BGH JR 1999, 336; NStZ 2004, 333). Andernfalls wäre in denjenigen Fällen, in denen sich die Vorstellung des Täters bei Wegnahme eines Behältnisses auf einen bestimmten Gegenstand als Inhalt konkretisiert hätte, lediglich eine Versuchsstrafbarkeit gegeben, wenn das Behältnis den erwarteten Gegenstand nicht enthielte, während in denjenigen Fällen, in denen sich die Vorstellung des Täters nur auf den späteren Verwendungszweck des Gegenstandes ('brauchbar', 'veräußerbar', etc.) konkretisiert hätte, trotz 'Zweckverfehlung' bereits Vollendung gegeben wäre (BGH, Beschl. v. 9.7.2013 - 3 StR 174/13). siehe auch unter Schwere räuberische Erpressung, §§ 255, 250 StGB |
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25.25 |
Mit
der Rechtsänderung durch das seit dem am 1. April 1998 in
Kraft getretenen 6. Strafrechtsreformgesetz wird bei den
Eigentumsdelikten der §§ 242, 249
auch die Drittzueignung
("sich oder einem Dritten") erfasst (vgl. BGH,
Urt. v. 15.4.2008 - 4 StR 42/08). siehe auch: Diebstahl, § 242 StGB |
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25.30 |
Mittäter eines Raubes kann nach den § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB nur sein, wer im Zeitpunkt der erzwungenen Wegnahme selbst die Absicht hat, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Dass ein anderer Tatgenosse von dieser Absicht geleitet wird, reicht allein nicht aus (BGH, Beschl. v. 2.10.1997 – 4 StR 410/97 - NStZ 1998, 158; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 4 StR 204/11; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 249 Rn. 19 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn ein Beteiligter erst später in Kenntnis und Billigung des bisher Geschehenen in die bereits begonnene Tatausführung eintritt und eine Zurechnung der Gesamttat nur nach den Grundsätzen über die sukzessive Mittäterschaft erfolgen kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.4.1952 – 3 StR 48/52 - BGHSt 2, 344, 346; BGH, Beschl. v. 18.12.2007 – 1 StR 301/07 - NStZ 2008, 280, 281; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 4 StR 204/11). | |
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25.35 |
§ 249
StGB verlangt neben der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
unter Einsatz eines Nötigungsmittels die Absicht des Täters,
die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Die Rechtswidrigkeit der Zueignung
ist dabei ein normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich
der Vorsatz des Täters erstrecken muss (st. Rspr.; vgl. etwa
BGH, Beschl. v. 26.4.1990 - 4 StR 186/90 - NJW 1990, 2832; BGH, Beschl.
v. 21.7.2015 - 3 StR 104/15). Beispiel: Der Angeklagte mit der Geschädigten überein, dass diese an ihm Oralverkehr vornehmen solle. Der Angeklagte übergab ihr das hierfür vereinbarte Entgelt in Höhe von 20 €. Nachdem sich die beiden zur Durchführung des Oralverkehrs in eine öffentliche Toilette begeben hatten, überlegte der Angeklagte es sich aus unbekannten Gründen anders. Er verlangte die 20 € zurück. Als die Geschädigte die Rückzahlung verweigerte, schubste er sie gegen die Kabinenwand, tastete sie ab und griff in die Taschen ihrer Kleidung, um das Geld, "auf dessen Rückzahlung er keinen Anspruch hatte", gegen ihren Willen zurückzuerlangen. "Ihm war dabei bewusst, dass er das Geld nicht zurückverlangen konnte. Denn auch ihm war, wie Freiern üblicherweise, bekannt, dass für das Versprechen sexueller Dienstleistungen vor dessen Erfüllung gegebenes Geld nicht zurückgefordert werden kann." Wider Erwarten fand er das Geld jedoch nicht. Die anschließende verbale und tätliche, sich auf der Straße fortsetzende Auseinandersetzung wurde durch das Eingreifen von Passanten beendet (vgl. BGH, Beschl. v. 21.7.2015 - 3 StR 104/15). Grundsätzlich kommt ein Anspruch des Angeklagten gegen die Geschädigte auf Rückzahlung des bereits vorab geleisteten Entgelts aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht; denn der Angeklagte erbrachte mit der Zahlung des Entgelts eine rechtsgrundlose Leistung. Die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung über die Vornahme sexueller Leistungen gegen ein Entgelt ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, § 138 Abs. 1 BGB (Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Aufl., Anh. zu § 138 (§ 1 ProstG) Rn. 2). Aus § 1 ProstG ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach dieser Bestimmung erwirbt eine Prostituierte nur dann eine rechtswirksame Forderung, wenn die sexuellen Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen wurden. Sie ist somit eine Ausnahmevorschrift zu § 138 Abs. 1 BGB und bestimmt unter den dort normierten Voraussetzungen die Wirksamkeit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt trotz Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts (BGH, Beschl. v. 18.1.2011 - 3 StR 467/10 - NStZ 2011, 278). Ein Ausschluss des Bereicherungsanspruchs gemäß § 814 BGB oder § 817 BGB setzt u.a. voraus, dass der Angeklagte als Leistender wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war (Erman/Buck-Heeb, BGB, 14. Aufl., § 814 Rn. 7) bzw. vorsätzlich gesetz- oder sittenwidrig handelte oder sich der Einsicht in die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit leichtfertig verschloss (Palandt/Sprau aaO, § 817 Rn. 17). Auch dies versteht sich bei dem psychisch auffälligen, die deutsche Sprache nur unzureichend beherrschenden Angeklagten, der einem fremden Kulturkreis mit einer anderen Rechtsordnung entstammt, nicht von selbst (vgl. BGH, Beschl. v. 21.7.2015 - 3 StR 104/15). Ein Erpressungs- oder ein Zueignungsvorsatz (bei Wegnahme von Geld) kommt auch dann in Betracht, wenn der Täter für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, daß die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Das Bewußtsein einer rechtswidrigen Bereicherung (Zueignung) ist nur dann nicht gegeben, wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten - rechtlich geschützten - Anspruchs hat; für die Annahme eines Tatbestandsirrtums reichen vage Vorstellungen nicht aus (st. Rspr., BGH JR 99, 338, 341; StV 2000, 79, 80; BGH, Urt. v. 6.3.2002 - 2 StR 533/01). Bei der gewaltsamen Eintreibung von Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften liegt ein Erpressungs- oder Raubvorsatz danach auf der Hand (vgl. BGH, Urt. v. 6.3.2002 - 2 StR 533/01). Beispiel: Beide Angeklagte hatten gegen den Geschädigten, einen Bauunternehmer, noch offene Lohnforderungen aus einem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis. Da sie wiederholt vertröstet und hingehalten worden waren, lauerten sie dem Geschädigten auf, forderten unter Drohung mit einem "erhobenen Holzschlagwerkzeug" Bargeld und entnahmen seiner Geldbörse einen Betrag von 200 Euro. Anschließend erhielt der Geschädigte noch einen Schlag mit dem "Stock" gegen die Stirn (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2016 - 2 StR 347/15). Die Verurteilung wegen besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Feststellungen nicht ausreichend belegen, dass die Angeklagten in der Absicht rechtswidriger Zueignung handelten, als sie dem verängstigten Geschädigten das Geld aus dessen Börse wegnahmen. Das Landgericht hätte die nicht fernliegende Möglichkeit erörtern müssen, ob die Angeklagten, denen es darum ging, ihnen zustehenden Lohn zu erhalten, irrig von einem Recht auf eigenmächtige Befriedigung ihrer Geldforderungen ausgingen und glaubten, die Übereignung der sich im Besitz des Geschädigten befindlichen Geldscheine beanspruchen zu dürfen. Sollten sie irrtümlich angenommen haben, sich das weggenommene Geld zueignen zu dürfen, hätten sie sich in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum befunden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2016 - 2 StR 347/15; BGH, Urt. v. 12.1.1962 - 4 StR 346/61 - BGHSt 17, 87, 90 f.; BGH, Beschl. v. 11.9.1990 - 5 StR 345/90 - StV 1991, 515). |
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30 |
Der Wegnahmevorsatz und die Zueignungsabsicht beurteilen sich nach den Vorstellungen, die der Täter bei Vornahme der tatbestandlichen Handlung hat. Wenn sich im Verlaufe der Tatbegehung Änderungen in bezug auf das Tatobjekt oder die Vorstellungen des Täters von diesem ergeben, ist für die Beurteilung der Kongruenz von objektivem und subjektivem Tatbestand der Zeitpunkt der letzten Ausführungshandlung entscheidend (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2003 - 3 StR 282/03; allg. zum Vorsatz Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 48 m. w. N.; zur Zueignungsabsicht BGH NStZ 1996, 38 m. w. N.). | |
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35 |
An der Absicht einer rechtswidrigen Zueignung fehlt es, wenn der Täter irrig davon ausgeht, er selbst oder – im Fall der angestrebten Drittzueignung – der Dritte habe ein Recht zur Zueignung der weggenommenen Sache (BGH, Urt. v. 12.1.1962 – 4 StR 346/61 - BGHSt 17, 87, 91; BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – 4 StR 186/90 - NJW 1990, 2832; BGH, Beschl. v. 19.10.1999 – 1 StR 528/99 - BGHR § 249 StGB Zueignungsabsicht 10; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 4 StR 204/11: insoweit auch zum mitgenommenen Behältnis, in dem sich das Geld befand). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befindet sich ein Täter, der irrtümlich annimmt, sich das weggenommene Geld zueignen zu dürfen, in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1962 – 4 StR 346/61 - BGHSt 17, 87, 90 f.; BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – 4 StR 186/90 - NJW 1990, 2832; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Zueignungsabsicht 10; BGH, Beschl. v. 15.5.2001 - 3 StR 153/01; BGH, Beschl. v. 18.7.2003 - 2 StR 239/03; BGH, Beschl. v. 7.6.2005 - 3 StR 161/05). | |
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40 |
vgl.
hierzu etwa BGH,
Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 633/99 betr. Ziel
der Erbeutung waren Zigaretten, die beim Geschädigten nicht
vorgefunden wurden, statt dessen Mitnahme eines Handys, das im
vorausgegangenen Gerangel aus der Jackentasche des Geschädigten
gefallen war. Beispiel: Der Angeklagte A wendet ein, nach seinem Vorstellungsbild sei eine Vollendung der gemeinsam begangenen Raubtat beim Verlassen des Tatorts nicht gegeben gewesen. Sein gesondert verfolgter Mittäter B hatte ihm nämlich verschwiegen, dass er das Geld, welches er in der Wohnung des derweil von dem A körperlich in Schach gehaltenen Geschädigten entdeckt und an sich genommen hatte, für sich behalten wollte; dem A spiegelte er vor, kein Geld gefunden zu haben (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 5 StR 88/12). Zwar war die Erwartung eines „fünfstelligen Betrags“ aus der Tatbeute nach den Feststellungen wesentlich dafür, dass sich der Angeklagte zur Mitwirkung an der Tat bereiterklärte. Seine Beuteerwartung war damit bestimmend für die Erbringung seines Tatbeitrages und sein eigenes Interesse an der Tat. Dies ändert aber nichts daran, belegt indes, dass das gesamte objektive Tatgeschehen im gemeinsamen Tatplan lag und mithin vom Vorsatz des A gedeckt war. Im Zeitpunkt der Wegnahme des Geldes durch B hatte er auch die für den Mittäter eines Raubes erforderliche Zueignungsabsicht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – 4 StR 204/11 - StraFo 2011, 408). A hat auf der Grundlage gemeinsamen Wollens und in der Erwartung, einen Teil der Beute zu erhalten, vor und während des tatbestandsmäßigen Geschehens im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit B Tatbeiträge erbracht, welche die Tatbestandsverwirklichung maßgeblich förderten (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 5 StR 88/12). Der vorliegende Fall, dass sich ein Mittäter in Abkehr vom gemeinsamen Tatplan das vorgefundene Geld alleine zueignen will, kann im Ergebnis nicht anders beurteilt werden als derjenige, dass sich der Angeklagte selbst vom gemeinsamen Tatplan distanziert und daher die weitere Tatvollendung nicht beobachten und beeinflussen kann: Selbst wenn der Angeklagte in dem Moment, als sein Mittäter das Geld wegnahm, die Tatbegehung abgebrochen hätte, wäre er in Anbetracht seiner fortwirkenden Tatbeiträge gleichwohl wegen vollendeten (mittäterschaftlichen) Raubes strafbar gewesen (vgl. § 24 Abs. 2 StGB). Die spätere Fehlvorstellung des Angeklagten über die Tatvollendung ändert an deren Zurechnung erst recht nichts (BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 5 StR 88/12). |
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42 |
Ob
bei einem Raubdelikt
Beendigung eingetreten ist, richtet sich danach, ob hinsichtlich der
Tatbeute noch irgendwelche direkte Eingriffsmöglichkeiten des
Eigentümers oder eines Beobachters bestanden hätten (vgl.
BGH, Beschl. v. 1.9.1999 - 1 StR 416/99 - NStZ 2000, 31; BGH, Beschl.
v. 27.11.2012 - 3 StR 433/12) oder die weggenommene Sache
endgültig gesichert ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.11.2012 - 3 StR
433/12; MüKoStGB/Sander, 2. Aufl., § 249 Rn. 38). |
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§ 249 Abs. 2 StGB |
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55 |
siehe hierzu: Zusammentreffen von Milderungsgründen, § 50 StGB | |
Konkurrenzen |
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K.1 |
Soweit
das Tatopfer während des Überfalls an den Händen
gefesselt worden ist, liegt tatbestandlich eine Freiheitsberaubung
schon deshalb nicht vor, weil das Opfer hierdurch in seiner
persönlichen Fortbewegungsfreiheit, das heißt in seiner
Fähigkeit, aufgrund eigener Willensentschließung seinen
Aufenthalt zu verändern (vgl. BGHSt 14, 314, 316; 32, 183, 188;
BGH,
Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 150/04: betr. Fesselung am
Oberkörper), nicht beeinträchtigt war. Soweit das Tatopfer
während des eigentlichen Raubgeschehens infolge der
Bedrohungssituation an einer Flucht gehindert war, ist zwar der
Tatbestand des § 239
StGB erfüllt; dieser tritt jedoch im
Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 249
StGB zurück, wenn
die Freiheitsberaubung nur das tatbestandsmäßige Mittel zur
Begehung des Raubes war (vgl. BGHR StGB § 239 Abs. 1 Konkurrenzen
8; BGH,
Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 150/04; BGH,
Beschl. v. 30.10.2007
- 4 StR 470/07; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 239 Rd. 18). Zwar tritt § 239 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter den Tatbestand des Raubes (§ 249 StGB) zurück, wenn die Freiheitsberaubung nur das tatbestandliche Gewaltmittel zur Begehung des Raubes ist (BGH, Urt. v. 11.9.2014 – 2 StR 269/14 - StV 2015, 113; BGH, Beschl. v. 9.7.2004 – 2 StR 150/04; BGH, Beschl. v. 30.10.2007 - 4 StR 470/07 Rn. 1). So liegt es jedoch nicht, wenn der Angeklagte sein Tatopfer vielmehr während des mehraktigen Raubgeschehens über einen Zeitraum von 15 bis 20 Minuten an Händen und Füßen fesselte, nachdem er es mit einer Pistole bedroht, massiv körperlich misshandelt und ihm mit einem Elektroschockgerät Stromstöße versetzt hatte. Bei dieser Sachlage begegnet die Annahme von Tateinheit keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2017 - 2 StR 92/17 Rn. 18). siehe auch: Freiheitsberaubung, § 239 StGB --> Konkurrenzen m.w.N. |
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K.2 |
Zwischen Raubtaten und einhergehenden versuchtem Wohnungseinbruchsdiebstahl besteht keine Tateinheit, sondern Gesetzeskonkurrenz, da der Tatbestand des Diebstahls, und zwar auch in den Formen der §§ 243, 244 StGB, für den Raub keine selbständige Bedeutung mehr besitzt und in diesem aufgeht (BGHSt 20, 235, 237/238; BGH, Beschl. v. 25.2.1994 - 4 StR 34/94; vgl. auch Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 249 Rdn. 13; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 249 Rdn. 23). Tateinheit kommt lediglich bei vollendetem Diebstahl und versuchtem Raub in Betracht (BGHSt 21, 78, 80; BGH, Beschl. v. 30.3.2005 - 4 StR 16/05). | |
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K.3 |
In
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 14, 368, 390; BGH
NStZ 2002, 31, 32, jeweils m.w.N.) ist anerkannt, daß der
Tatbestand der Erpressung den des Raubs mitumfaßt. Der Raub ist
insofern der besondere Tatbestand gegenüber dem allgemeineren des
§ 255
StGB. Der engere Tatbestand des Raubs schließt zwar
die Anwendung des weiteren Tatbestands der räuberischen Erpressung
insoweit aus, als seine Voraussetzungen vorliegen. Das ändert aber
nichts daran, daß neben dem speziellen Tatbestand des Raubs
zugleich auch der allgemeinere Tatbestand der räuberischen
Erpressung erfüllt ist (vgl. BGH,
Urt. v. 5.3.2003 - 2 StR 494/02). Beispiel: Der Angeklagte beabsichtigte, einen Geldtransport zu überfallen. Getarnt als Bauarbeiter und bewaffnet mit einem ungeladenen Revolver wartete er, bis der Geldbote mit der Geldkassette den Seiteneingang einer Bank verließ. Er versuchte, diesen unter Vorhalt der Waffe in das Gebäude zurückzudrängen, um ihn dort dazu zu bringen, die Wegnahme des Geldkoffers hinzunehmen oder den Koffer zu übergeben. Der Geldbote drückte jedoch die Hand des Angeklagten, in der dieser den Revolver hielt, nach unten, schob ihn von der Tür weg, zog sich selbst in das Gebäude zurück und schloss die Tür (vgl. BGH, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 StR 92/14). Die Würdigung des Landgerichts, die Tat sei wahlweise als versuchter schwerer Raub oder versuchte schwere räuberische Erpressung zu werten, da nicht feststehe, ob der Angeklagte dem Geldboten den Koffer habe wegnehmen oder diesen sich habe übergeben lassen wollen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die wahlweise Verurteilung wegen versuchten schweren Raubes hat zu entfallen, weil der Tatbestand der räuberischen Erpressung den engeren Tatbestand des Raubes mitumfasst (BGH, Beschl. v. 22.1.1982 - 3 StR 479/81). Denn die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache im Sinne des § 249 StGB schließt auch die Nötigung eines anderen zur Duldung der Wegnahme im Sinne der §§ 253, 255 StGB ein (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1960 - 5 StR 80/60 - BGHSt 14, 386, 390 f.). Soweit in der Rechtsprechung früher die Auffassung vertreten worden war, eine wahlweise Verurteilung wegen Raubes oder räuberischer Erpressung sei zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1954 - 1 StR 631/53 - BGHSt 5, 280, 281), hatte sich zum damaligen Zeitpunkt die heute in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass § 249 StGB im Verhältnis zu den §§ 253, 255 StGB das speziellere Delikt darstellt (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 253 Rn. 10 mwN), noch nicht entwickelt (BGH, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 StR 92/14). |
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K.4 |
Die
von den jeweiligen Tätern begangenen (gefährlichen)
Körperverletzungen (Schläge, Tritte, sonstige
Mißhandlungen) z. N. der Opfer der Überfälle werden
nicht zwingend von den Verurteilungen wegen (schweren) Raubes
konsumiert, auch wenn die Körperverletzungen Mittel der
Gewaltanwendungen bei den Raubüberfällen waren. Eine
Gewaltanwendung i.S.d. §§ 249
ff. StGB muß nicht so
intensiv sein, daß zugleich der Tatbestand der
Körperverletzung erfüllt ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02
m.w.N.). Dies ist etwa der Fall, wenn die
körperlichen Mißhandlungen der Geschädigten weit
über das für die Verurteilung wegen Raubs erforderliche
Maß der Gewalt hinausgehen, zusätzliches Unrecht enthalten
und daher von der Verurteilung wegen (schweren) Raubs nicht
umfaßt werden (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 173, 174 m.w.N.; BGH,
Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 363/02). siehe auch: Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB Zur Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bei Raub und den anschließend tateinheitlich begangenen Straftaten der gefährlichen Körperverletzung und der versuchten schweren räuberischen Erpressung vgl. etwa BGH, Beschl. v. 5.10.2000 - 4 StR 313/00 siehe zur natürlichen Handlungseinheit auch: Tateinheit, § 52 StGB |
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K.5 |
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K.5.1 |
Geht das Tatgericht zu Gunsten der Angeklagten davon aus, dass Gewaltanwendung und Drohungen nicht auch einer Wegnahme der von den Angeklagten mitgenommenen Sachen dienten, muß es - wiederum unter Anwendung des Zweifelssatzes - zu Gunsten der Angeklagten von dem diesem günstigeren Konkurrenzverhältnis der Tateinheit statt Tatmehrheit ausgehen (vgl. BGH NStZ 1983, 364 f.; BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1, 2 und 4; BGH, Beschl. v. 8.2.2000 - 4 StR 652/99). | |
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K.6 |
Der
mit dem Eindringen in die Wohnung des Geschädigten
verwirklichte Hausfriedensbruch steht zu dem nachfolgenden Raub in
Tateinheit (vgl. BGH,
Urt. v. 29.10.2009 - 4 StR 239/09 - NStZ-RR 2010,
53). siehe auch: § 123 StGB, Hausfriedensbruch siehe allgemein auch die Darstellung der Konkurrenzen zu --> § 250 StGB, Schwerer Raub |
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K.7 |
siehe: § 241 StGB Rdn. K.2 ff. | |
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K.8 |
siehe: § 239a StGB Rdn. K.6 - Erpresserischer Menschenraub und Raub | |
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K.9 |
Zwischen den Tatbeständen des § 249
StGB und des
§ 252
StGB besteht zwar Gesetzeseinheit in der Weise, dass § 249
StGB grundsätzlich § 252
StGB verdrängt. Anders ist
es allerdings, wenn die Nötigungshandlung in der Beendigungsphase
schwerer wiegt, weil erst nach der Vollendung der Wegnahme ein
Qualifikationstatbestand der §§ 250
oder 251
StGB
verwirklicht wurde. In diesem – vorliegend gegebenen –
Fall verdrängt der zur Sicherung der Beute aus dem
vorhergehenden Raub begangene besonders schwere räuberische
Diebstahl den Tatbestand des § 249
StGB (vgl. BGH, Beschl. v.
14.10.2015 - 5 StR 385/15; BGH, Urt. v. 21.11.1967 – 1 StR
345/67 - BGHSt 21, 377, 380; BGH,
Urt. v. 18.4.2002 – 3 StR 52/02
- NStZ 2002, 542 Rn. 6; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Konkurrenzen 4 und
§ 252 Konkurrenzen 1). siehe auch: § 252 StGB, Räuberischer Diebstahl und Raub |
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K.15 |
siehe
§ 255 StGB Rdn. K.1 u. K.6 Beispiel: Die drei Angeklagten begaben sich aufgrund eines gemeinsamen Tatplans zunächst in die Wohnung des Zeugen Z1 und verlangten von diesem unter konkludenter Drohung mit gegenwärtiger Leibesgefahr Geld oder Drogen heraus. Der Angeklagte A nahm dabei das Rohr eines Staubsaugers in die Hand und hielt dies, während er die Forderung nach Geld oder Drogen wiederholte, drohend in Richtung des Opfers. Die Angeklagten durchsuchten die Wohnung und nahmen aus einem Umschlag 308 € an sich. Drogen fanden sie nicht. Nachdem der in der Wohnung anwesende Zeuge Z2 geäußert hatte, Z1 habe Drogen im selben Haus in der Wohnung des Zeugen Z3 gelagert, forderten sie Z1 auf, mit ihnen zu dieser Wohnung zu gehen und ihnen dort Zutritt zu verschaffen. In der Wohnung schlug der Angeklagte B , dem gemeinsamen Tatplan folgend, mehrfach auf den Zeugen Z3 ein und forderte ihn auf, das Drogenversteck preiszugeben. Trotz der Schläge machte Z3 keine Angaben. Dem Z1 gelang die Flucht, darauf ließen die Angeklagten von Z3 ab und verfolgten Z1, ohne an Betäubungsmittel gelangen zu können (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 3 StR 124/12). Den gemeinsamen Plan, neben Geld auch Drogen von dem Z1 gewaltsam zu erlangen, haben die Angeklagten ununterbrochen verfolgt, als sie sich nach ergebnisloser Suche nach Drogen in der Wohnung Z1 in diejenige des Z3 begaben, um sich dort nunmehr unter Gewaltanwendung auch gegen diesen Betäubungsmittel des Z1 zu beschaffen. Die in der Wohnung des Z1 begonnene Raubtat hat daher in der vergeblichen Suche nach Drogen in der Wohnung des Z3 lediglich ihre Fortsetzung gefunden. Damit belegen die Feststellungen nur einen vollendeten schweren Raub zum Nachteil des Z1 durch Wegnahme dessen Geldes. Dass die Angeklagten daneben vergeblich weitere Beute in Form von Betäubungsmitteln des Z1 erzielen wollten, führt nicht zur Annahme eines weiteren versuchten Raubdelikts. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie zur Erlangung der erstrebten weiteren Beute nicht nur zunächst Z1 bedrohten, sondern später auch Z3 schlugen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 3 StR 124/12; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 249 Rn. 67; S/S-Eser/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 249 Rn. 13). Die auf die Wegnahme der Drogen zielenden Tathandlungen sind daher lediglich als tateinheitlich zu dem vollendeten schweren Raub hinzutretendes versuchtes Sichverschaffen von Betäubungsmitteln nebst gefährlicher Körperverletzung zu werten (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 3 StR 124/12). Die dem Einsatz der Nötigungsmittel zeitlich vorgelagerte, aber Teil einer einheitlichen Handlung darstellende Wegnahme in Zueignungsabsicht besitzt für den Raub keine selbständige Bedeutung mehr und geht darin auf (BGH, Beschl. v. 30.3.2005 – 4 StR 16/05; BGH, Urt. v. 7.7.1965 – 2 StR 64/65 - BGHSt 20, 235, 237 f.; BGH, Beschl. v. 21.11.2016 - 1 StR 491/16 Rn. 2), so dass eine tateinheitliche Verurteilung wegen Diebstahls entfällt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2016 - 1 StR 491/16 Rn. 2). |
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Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 249 Abs. 1 StGB: 1 Jahr
bis 15
Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 249 Abs. 2 StGB: 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monate 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe |
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S.3 |
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S.3.4 |
Die
strafschärfende Erwägung, dass auf den Geschädigten
"allein aus eigennützigen und habsüchtigen Beweggründen
der Tatbeteiligten eingewirkt wurde" verstößt gegen das in
§ 46
Abs. 3 StGB umschriebene Doppelverwertungsverbot. Die den
Angeklagten angelastete Eigennützigkeit gehört zum Regelbild
der verwirklichten Raubtat und ist daher kein zulässiger
Strafschärfungsgrund (vgl. BGH,
Beschl. v. 19.9.2000 - 4 StR
357/00). Wird zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er mit den Verletzungshandlungen gegen das Opfer die Herausgabe von Bargeld erzwingen wollte, obgleich er - was das Tatgericht auch erkannt hat - vom Versuch des Raubes mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist, ist diese Erwägung rechtsfehlerhaft (BGHSt 42, 43; BGH, Beschl. v. 24.2.2009 - 4 StR 609/08 betr. § 255 StGB). siehe auch: § 24 StGB, Rücktritt --> Rdn. 15 |
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Urteil |
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U.1 |
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U.1.1 |
Die
Bezeichnung der Tat in der Urteilsformel als minder schwerer Fall
entfällt, weil allein für die Strafzumessung von Bedeutung.
Der minder schwere Fall wird insoweit nur in der Normenkette der
angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht (vgl. BGHSt 27, 287,
289; 23, 254, 256; BGH,
Beschl. v. 11.3.2008 - 3 StR 36/08; BGH,
Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 192/02; BGH,
Beschl. v. 22.7.2003 - 3 StR
243/03; BGH,
Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08). siehe zur Urteilsformel auch: Urteil, § 260 StPO |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Raub (§ 249 Abs. 1 StGB) beträgt zwanzig Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Der Strafrahmen des § 249 Abs. 2 StGB betrifft minder schwere Fälle und bleibt bei der Bestimmung der Verjährungsfrist unberücksichtigt (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
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Z.2 |
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Z.2.1 |
Verbrechen
des Raubes nach § 249
StGB stellen eine Katalogtat nach
§ 100a
Abs. 2 Nr. 1 k StPO dar, bei der unter den weiteren
Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die
Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf. siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO |
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Z.2.2 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO), so dürfen nach § 100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig. siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation |
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Z.2.3 |
Nach
§ 100f
Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen
außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich
gesprochene Wort
mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete,
auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in
Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht
hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Dabei darf sich gemäß § 100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nach § 100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Für das Verfahren gelten nach § 100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO entsprechend. siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel |
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Z.2.3.1 |
Den
Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen,
Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung
in § 100h
StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor. siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel |
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Z.2.4 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat
vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie 2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO). siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten |
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Z.3 |
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Z.3.1 |
Ist
der Beschuldigte dringend verdächtig, wiederholt oder
fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende
Straftat nach § 249
StGB begangen zu haben und
begründen
bestimmte Tatsachen die Gefahr, dass er vor rechtskräftiger
Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die
Straftat fortsetzen wird und ist Haft zur Abwendung der drohenden
Gefahr erforderlich, besteht der - gemäß §
112a
Abs. 2
StPO subsidiäre - weitere Haftgrund nach § 112a
Abs.
1 Nr. 2
StPO, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten
ist. Liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 StPO vor und sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 StPO nicht gegeben, wird der Haftbefehl auch dann nach § 112 StPO erlassen, wenn Wiederholungsgefahr besteht (vgl. § 112a Abs. 2 StPO; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 112a Rdnr. 17). |
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Z.4 |
§
256
StGB sieht bei Straftaten nach § 249
StGB die
Möglichkeit der Anordnung der Führungsaufsicht vor. Danach
kann, wenn der Angeklagte eine zeitige Freiheitsstrafe von mindestens
sechs Monaten verwirkt hat und die Gefahr besteht, daß er weitere
Straftaten begehen wird, - unbeschadet der Vorschriften über die
Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67b,
67c,
67d
Abs. 2
bis 6 und 68f)
- neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet
werden (§ 68
StGB). Die Anordnung von Führungsaufsicht setzt die Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit des Angeklagten voraus (vgl. hierzu Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 68 Rdn. 6) und ist bei der Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen in der Regel entbehrlich, weil in diesen Fällen entweder § 57 StGB oder § 68f StGB eingreift (vgl. BGHR StGB § 256 Führungsaufsicht 1; BGH, Beschl. v. 8.2.2000 - 4 StR 488/99; Fischer StGB 56. Aufl. § 68 Rdn. 6). siehe auch: § 68 StGB, Voraussetzungen der Führungsaufsicht |
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Z.5 |
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Z.5.1 |
Wer
durch eine rechtswidrige Tat, insbesondere nach § 249
StGB
verletzt ist, kann sich gemäß § 395
Abs. 3 StPO der
erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen,
wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren
Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint. siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss |
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Z.5.2 |
Dem
Nebenkläger ist nach § 397a
Abs. 1 Nr. 3 StPO auf seinen
Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er durch ein
Verbrechen nach den § 249
StGB verletzt ist, das bei ihm zu
schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt
hat oder voraussichtlich führen wird, oder nach § 397a
Abs. 1
Nr. 4 StPO, wenn er durch eine rechtswidrige Tat nach den § 249
StGB verletzt ist und er bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend
wahrnehmen kann. siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf
§ 249
StGB wird verwiesen in: § 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten § 126 StGB siehe auch: § 126 StGB, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten § 138 StGB siehe auch: Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB § 251 StGB siehe auch: Raub mit Todesfolge, § 251 StGB § 316a StGB siehe auch: Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a StGB § 100a StPO siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation § 112a StPO siehe auch: Weitere Haftgründe, § 112a StPO § 395 StPO siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss § 397a StPO siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 20. Abschnitt (Raub und Erpressung) |
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