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§
250 StGB
Schwerer Raub
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, c) eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder 2. der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht. (2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub 1. bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, 2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder 3. eine andere Person a) bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder b) durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt. (3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfolgt die Abgrenzung
zwischen Raub und räuberischer Erpressung nach dem äußeren
Erscheinungsbild der Tat, nämlich danach, ob der Täter eine fremde
bewegliche Sache wegnimmt oder das Opfer sie ihm übergibt (BGHSt 14,
386, 390; 25, 225, 228; 41, 123, 124; BGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 3 StR
251/11; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 255 Rn. 3 mwN). siehe hierzu näher: § 255 StGB Rdn. 5 - Abgrenzung zum Raub |
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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, ... |
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5.1 |
Was
als "Waffe" im Sinne des
§ 250 StGB zu gelten hat,
wird im
Strafgesetzbuch nicht geregelt. Der Inhalt dieses Rechtsbegriffs ist zu
bestimmen im Einklang mit dem allgemeinen Sprachgebrauch auch unter
Berücksichtigung seiner Wandelbarkeit je nach dem Fortschritt der
Waffentechnik in Anlehnung an die in den Waffengesetzen enthaltenen
Grundvorstellungen über eine Schußwaffe, wenn auch nicht in
unmittelbarer Abhängigkeit davon. Die Begriffsbestimmungen des
Waffengesetzes, das den Umgang mit Waffen oder Munition unter
Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung regelt, bieten dabei aber eine "gewisse Orientierung" (vgl.
BGH,
Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197 - NJW 2003,
1677;
BGH NJW 1965, 2115; BGHSt 24, 136, 138; BGH NStZ 1989, 476; vgl. auch
BGHSt 4, 125, 127). Maßgebend bleibt allein die Gefährlichkeit, die unabhängig von waffenrechtlichen Verboten zu bestimmen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197 - NJW 2003, 1677). Eine Waffe im Sinne des mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz neu gefaßten Tatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß objektiv gefährlich und geeignet sein, erhebliche Verletzungen beim Tatopfer zu verursachen (vgl. BGH, Beschl. v. 29.9.2004 - 5 StR 339/04). Nur eine geladene Schusswaffe stellt eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB dar (st. Rspr; vgl. BGHSt 44, 103, 104 f.; BGH StraFo 2008, 85; BGH, Beschl. v. 22.2.2001 - 3 StR 580/00), eine ungeladene oder unbrauchbare und nicht funktionsfähige Schusswaffe unterfällt dem Auffangtatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB (BGHSt 44, 103, 104 f.; BGH, Beschl. v. 16.12.2015 - 4 StR 438/15 Rn. 6), der gegenüber dem Absatz 2 dieser Bestimmung eine niedrigere Strafuntergrenze von drei Jahren statt von fünf Jahren Freiheitsstrafe aufweist (vgl. BGH, Beschl. v. 2.12.2008 - 4 StR 517/08). Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfordert kein Durchladen der verwendeten Schusswaffe, deren Unterladung durch Einfügen des bestückten Magazins genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390). Waffen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind (einsatzbereite) Gas- und Schreckschusswaffen nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197, 201; BGH, Beschl. v. 15.2.2011 – 3 StR 8/11; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 4 StR 40/11; BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 3 StR 83/12; BGH, Beschl. v. 10.9.2013 - 4 StR 331/13; BGH, Beschl. v. 10.5.2017 - 4 StR 167/17; SSW-StGB/Kudlich § 244 Rn. 7 m.w.N.). Hierzu hat der Tatrichter regelmäßig genaue Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390; BGH, Beschl. v. 15.2.2011 – 3 StR 8/11; BGH, Beschl. v. 15.3.2011 - 4 StR 40/11; BGH, Beschl. v. 10.9.2013 - 4 StR 331/13; BGH, Beschl. v. 16.7.2015 - 2 StR 12/15). Die geladene Schreckschusswaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt (und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen), ist generell als Waffe im Sinne strafrechtlicher Bestimmungen einzuordnen (BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197 - NJW 2003, 1677, vgl. auch den Vorlagebeschluss: BGH, Beschl. v. 15.5.2002 - 2 StR 441/01 sowie BGH, Beschl. v. 19.2.2002 - 5 ARs 6/02; BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 11/10; bereits früher bei Nahdistanz / Halten der Waffe an den Körper, vgl.: BGHSt 44, 103; BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Waffe 2 = StV 1999, 92; BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 4 StR 460/00; BGH, Beschl. v. 30.11.2000 - 4 StR 493/00 - StV 2001, 274; BGH, Beschl. v. 15.5.2001 - 3 StR 153/01; BGH, Urt. v. 19.9.2001 - 2 StR 224/01 - NStZ-RR 2002, 9; vgl. auch BGH, Urt. v. 12.10.2005 - 2 StR 298/05). Durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen wird die geladene Schreckschusswaffe der geladenen Gaspistole gleich gestellt, die schon bisher allgemein (vgl. BGHSt 24, 136 ff.; 45, 92; BGH NStZ 1981, 301; 1989, 476; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Schußwaffe 1; BGH, Urt. v. 21.3.2000 - 1 StR 441/99 - NStZ 2000, 433 m.w.N.; BGH, Urt. v. 19.9.2001 - 2 StR 240/01 - NStZ 2002, 31) ebenso wie die Schreckschusswaffe, mit der auch Gasmunition abgefeuert werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2001 - 4 StR 103/01: Gasdruckschreckschusspistole; BGH, Urt. v. 25.4.2001 - 3 StR 533/00 - NStZ 2001, 532) als Schusswaffe und damit als Waffe im technischen Sinn angesehen wird (vgl. zur geladenen Schreckschuss-, Gas- und Signalpistole BGH, Urt. v. 5.5.2011 - 3 StR 57/11). Maßgebend dafür ist, daß die Gefährlichkeit der geladenen Schreckschußwaffe nicht derart hinter der einer geladenen Gaswaffe zurücksteht, daß dies eine unterschiedliche rechtliche Einstufung länger rechtfertigt. (BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197, 201 - NJW 2003, 1677; BGH, Urt. v. 12.10.2005 - 2 StR 298/05). Gleiches gilt für eine funktionstüchtige Luftdruckpistole; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 11.1.2000 - 5 StR 444/99 - auszugsweise in NStZ 2000, 431; BGH, Urt. v. 12.10.2005 - 2 StR 298/05). Ausreichend ist dabei, dass die Waffe kurzfristig schußbereit gemacht werden kann, sie lediglich noch durchgeladen oder entsichert werden muß (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - 1 StR 429/99 - StV 2000, 77; BGH, Beschl. v. 9.11.1999 - 1 StR 501/99; BGH, Beschl. v. 16.5.2000 - 4 StR 89/00 - NStZ-RR 2001, 41: betr. Teppichmesser mit noch nicht herausgefahrener Klinge). Ein Messer ist je nach seiner Beschaffenheit entweder eine Waffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 WaffG oder ein gefährliches Werkzeug (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2005 - 3 StR 319/05; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 244 Rdn. 7 a m. w. N.). Einer Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB steht nicht entgegen, daß die Klinge des Teppichmessers noch nicht ausgefahren war. Denn ein Tatmittel ist auch dann gefährlich im Sinne dieser Vorschrift, wenn es nur eines kurzen Handgriffs - hier: Hinausschieben der Klinge - bedarf, um seine Eignung, erhebliche Verletzungen zuzufügen, herbeizuführen. Einer Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB steht nicht entgegen, dass die bei den beiden Taten eingesetzte Schusswaffe (noch) nicht durchgeladen war (vgl. BGHSt 45, 249, 251; BGH, Beschl. v. 9.11.1999 - 1 StR 501/99; BGH, Beschl. v. 16.5.2000 - 4 StR 89/00; BGH, Beschl. v. 30.11.2000 - 4 StR 493/00 - StV 2001, 274). Bei einem Teleskopschlagstock handelt es sich nicht um einen Totschläger im Sinne der Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG (BGH NStZ 2004, 111; BGH, Beschl. v. 1.7.2009 - 2 StR 84/09 - NStZ-RR 2009, 355). Ein Teleskopschlagstock unterfällt jedoch dem strafrechtlichen Waffenbegriff (vgl. BGH, Beschl. v. 4.8.2010 - 3 StR 105/10; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 250 Rn. 4a mwN). siehe zur Einordnung im Sinne des Waffenrechts - Schuss- und Feuerwaffen: § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG; Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1 und 2 - Schreckschusspistole: Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.7 - Gaspistolen: Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.8 - Luftdruckpistolen: Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1 - Messer: Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1.1 bis 2.1.4. - Gummiknüppel als Hiebwaffe (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.5.2001 - 3 StR 62/01 zu § 177 Abs. 3 StGB) siehe zur Eigenschaft eines Messers als Waffe näher unter: Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl, § 244 StGB |
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5.1.1 |
Zur Kenntnis des Gehilfen vom Ladezustand der Schusswaffe vgl. nur BGH, Beschl. v. 6.5.2009 - 2 StR 128/09 | |
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5.2 |
Es
ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der
Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 224
Abs. 1 Nr. 2 StGB und in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB identisch
auszulegen ist (BGH, Beschl. v.
17.6.1998 – 2 StR 167/98 - BGHSt 44, 103, 105, BGH, Beschl.
v. 3.4.2002
– 1 ARs 5/02 - NStZ-RR 2002, 265, 266, BGH, Beschl.
v. 3.11.2012 – 3
StR 400/12; BGH, Beschl. v. 12.12.2012 – 5 StR 574/12 - StV
2013, 444;
BGH, Urt. v. 12.3.2015 - 4 StR 538/14; vgl. auch Deutscher Bundestag,
13. Wp., Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/9064 S. 18). Nach der insoweit auf § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB übertragbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind gefährliche Werkzeuge nur solche Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung irgendwie gegen einen menschlichen Körper in Bewegung gesetzt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 6.9.1968 – 4 StR 320/68 - BGHSt 22, 235, 236; BGH, Urt. v. 8.3.1988 – 1 StR 18/88 - BGHR StGB § 223a Abs. 1 aF Werkzeug 2; BGH, Beschl. v. 7.12.1993 – 5 StR 644/93; BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 574/12; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 7 mwN). Hier wie dort sind demgemäß nur bewegliche Gegenstände erfasst. Für § 250 StGB wird dies zusätzlich daraus deutlich, dass gefährliche Werkzeuge im Sinne der Vorschrift „bei sich geführt“ werden können müssen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB; BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 574/12; vgl. zu dem sinngleichen Merkmal in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch BGH, Urt. v. 15.11.2007 – 4 StR 435/07 - BGHSt 52, 89, 92 ff.). siehe hierzu ausführlich: § 244 StGB, Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl --> Rdn. 5.2 sowie Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB --> Rdn. 10.2 Bejaht z.B. bei: - Elektroschockgerät / Elektroimpulsgerät (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03 - NStZ-RR 2004, 169; BGH, Urt. v. 12.2.2015 - 1 StR 444/14; BGH, Beschl. v. 18.2.2016 - 4 StR 550/15; BGH, Beschl. v. 30.3.2016 - 4 StR 102/16). Zwar kommt das Elektroschockgerät grundsätzlich als anderes gefährliches Werkzeug im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03 - NStZ-RR 2004, 169 für die entsprechende Qualifikation nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Ungeachtet möglicher Unterschiede bei den Anforderungen an die Gefährlichkeit des jeweiligen Werkzeuges in § 250 Abs. 1 StGB einerseits und § 250 Abs. 2 StGB andererseits (Nachw. bei SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 250 Rn. 20 f.; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 250 Rn. 6a) setzt die Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB jedenfalls die Funktionsfähigkeit des Elektroschockgerätes voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2015 - 4 StR 122/15). - Pfefferspray (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; BGH NStZ-RR 2003, 105; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07; BGH, Beschl. v. 10.3.2009 - 5 StR 73/09 - StV 2010, 240 zu § 244 StGB; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 250 Rdn. 6a) - Glasreinigungsspray (ins Gesicht gesprühtes) (vgl. BGH, Beschl. v. 17.2.2010 - 3 StR 10/10) - Schraubendreher (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 12 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 1.2.2005 - 4 StR 503/04); - Meißel mit abgebrochener Spitze (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09) - Baseballschläger (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470); - Tonfa (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2008 - 5 StR 46/08 - NStZ 2008, 626) - Winkeleisen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 400/01 - NStZ-RR 2002, 108) - Injektionsspritze (vgl. BGH, Beschl. v. 22.5.2001 - 3 StR 130/01) - Quarzhandschuhe (vgl. BGH, Beschl. v. 18.9.2013 - 5 StR 403/13; BGH, Urt. v. 26.4.2012 - 4 StR 51/12 - NStZ 2012, 563; BGH, Urt. v. 10.8.2016 - 2 StR 493/15 Rn. 32) - Spaltaxt (BGH, Beschl. v. 28.6.2016 - 3 StR 202/16) Zum Messer als gefährliches Werkzeug siehe auch Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl, § 244 StGB Beispiel: Nachdem ein Mittäter sich mit der Beute entfernt hatte, nahmen der Angeklagte und ein Mitangeklagter die Dienstwaffe des gefesselten Beifahrers an sich und führten sie auf der weiteren Flucht mit sich. Dieser im Sinne des § 267 Abs. 3 StPO bestimmende Umstand muss zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden. Denn hierdurch wurde nicht nur ein gemeinschaftlicher Verstoß gegen das Waffengesetz begangen, vielmehr wurde - wegen der Möglichkeit eines Waffeneinsatzes gegen etwaige Verfolger - die Gefährlichkeit des Tatgeschehens erheblich erhöht. Dieser Straferschwerungsgrund besteht unabhängig davon, ob die Waffe auch dann bei der Tat im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB "bei sich" geführt wird, wenn sich nach einem geglückten Raub die Tätergruppe teilt, ein Teil sich - unbewaffnet - mit der Beute entfernt und diese in Sicherheit bringt, der andere Teil dagegen ohne Beute, aber mit einer am Tatort vorgefundenen Waffe flieht (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 - 3 StR 362/04; zur generellen Problematik des Beisichführens in der Beendigungsphase: Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 244 Rdn. 14 m. w. N.). Daß die Täter ein anderes Wegnahmemotiv hatten, ist ohne Bedeutung. Für den Vorsatz reicht das Bewußtsein aus, die Waffe gebrauchsbereit bei sich zu haben; eine irgendwie geartete Verwendungsabsicht ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 - 3 StR 362/04; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 6 ff.). |
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5.3 |
Eine
Waffe führt im Sinne des § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
StGB bei sich, wer sie in irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat
bis zu deren Beendigung bei sich hat. Nicht vorausgesetzt ist, dass der
Täter oder Teilnehmer den Gegenstand in der Hand hält oder am
Körper trägt; es genügt, wenn dieser sich in
Griffweite befindet oder der Beteiligte sich seiner jederzeit ohne
nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann. Erforderlich ist weiter, dass
der Beteiligte die Waffe bewusst gebrauchsbereit bei sich hat, d.h. mit
dem allgemeinen, noch auf keinen bestimmten Zweck gerichteten
Bewusstsein, ein funktionsbereites Werkzeug zur Verfügung zu
haben, das dazu bestimmt ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen
(st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13; BGH,
Beschl. v. 12.7.2005 – 4 StR 170/05 - NStZ-RR 2005, 340; BGH,
Beschl. v. 27.9.2002 – 5 StR 117/02 -
NStZ-RR 2003,
12,13). Beisichführen einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB setzt voraus, daß die Waffe dem Täter "zur Verfügung steht", d.h. sich so in seiner räumlichen Nähe befindet, daß er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGHSt 31, 105; 43, 8, 10; BGH, Beschl. v. 29.8.2001 - 2 StR 266/01 - NJW 2002, 309). Bereits mit dem Ergreifen der Waffe bzw. des gefährlichen Werkzeugs kann das Qualifikationsmerkmal des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB erfüllt sein (vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 2 StR 583/12). Dass sich die Waffe in „Reichweite“ des Angeklagten befunden hat, belegt nicht, daß der Angeklagte die Waffe bei sich geführt hat. Bei einer in einem anderen Raum gelagerten Waffe kann je nach den tatsächlichen Verhältnissen das Merkmal des Beisichführens zu bejahen sein (vgl. auch BGH NStZ 1998, 354; siehe auch BGH, Urt. v. 21.3.2000 - 1 StR 441/99; BGH, Beschl. v. 29.8.2001 - 2 StR 266/01 - NJW 2002, 309). Das Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB erfordert ebenfalls nicht, dass der Tatbeteiligte es nach Eintritt in das Versuchsstadium in der Hand hält oder am Körper trägt. Ausreichend kann sein, wenn das Werkzeug sich in Griffweite des Beteiligten befindet oder er sich seiner jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1989 - 1 StR 564/89 - BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 2 Beisichführen 2; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13 - NStZ-RR 2014, 110; BGH, Beschl. v. 5.10.2016 - 3 StR 328/16; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 244 Rn. 27 mwN). Dies allein genügt allerdings nicht: Findet der Beteiligte den Gegenstand lediglich am Tatort vor und lässt ihn unangetastet, liegt kein Beisichführen vor (vgl. BGH, Beschl. v. 5.10.2016 - 3 StR 328/16; SKStGB/Hoyer, 47. Lfg., § 244 Rn. 20; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 244 Rn. 18; BeckOK StGB/Wittig, § 244 Rn. 10). Anderenfalls würde die tatbestandsmäßige Handlung zu einer bloßen Wahrnehmung, einem Internum ohne hierauf bezogenes äußeres Verhalten (vgl. BGH, Beschl. v. 5.10.2016 - 3 StR 328/16; Walter, NStZ 2004, 623, 624). Wenn sich das gefährliche Werkzeug nur in räumlicher Nähe des Beteiligten befindet, ist für eine Strafbarkeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB daher - neben dem Bewusstsein, das Werkzeug funktionsbereit zur Verfügung zu haben (vgl. BGH, Beschl. v. 27.9.2002 - 5 StR 117/02 - NStZ-RR 2003, 12, 13; BGH, Beschl. v. 12.7.2005 - 4 StR 170/05 - NStZ-RR 2005, 340; BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13 - NStZ-RR 2014, 110) - zusätzlich erforderlich, dass der Beteiligte es zum Tatort mitgebracht hat oder es zu irgendeinem Zeitpunkt bis zur Tatbeendigung noch ergreift (BGH, Beschl. v. 5.10.2016 - 3 StR 328/16). Der Umstand, dass sich die Vorfälle in der Küche zugetragen haben, belegt noch kein bewusst gebrauchsbereites Beisichführen, da sich in der Küche einer Wohnung typischerweise Messer befinden, wäre andernfalls praktisch jeder Diebstahl bzw. Raub von Gegenständen aus einer Wohnung nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bzw. § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB qualifiziert. Damit wäre der Anwendungsbereich der genannten Vorschriften in einer Weise unangemessen ausgedehnt, die ihrem Sinn und Zweck widerspräche (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13). Für die Erfüllung dieses Tatbestandes ist es nicht erforderlich, dass sich der Täter mit einem der dort bezeichneten Gegenstände zum Tatort begibt. Vielmehr genügt es, dass er einen solchen zu irgendeinem Zeitpunkt während der Tatausführung bei sich führt. Ausreichend ist daher auch, dass sich der Täter erst während der Tat und aus der Tatbeute mit einem solchen Werkzeug versieht (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1985 - 2 StR 125/85 - NStZ 1985, 547 mwN; BGH, Urt. v. 17.10.2013 - 3 StR 263/13: der Angeklagte nahm Bargeld und Gegenstände des Nebenklägers - unter anderem einen Messerblock mit fünf Messern - an sich, um diese zu behalten oder zu verwerten; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.8.2006 - 1 Ss 177/06 - StraFo 2006, 467 f.; MüKoStGB/Sander, 2. Aufl., § 250 Rn. 33). Das Beisichführen einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges setzt keine Kenntnis des Opfers hiervon voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04; BGH, Beschl. v. 21.10.2014 - 4 StR 351/14 Rn. 6). siehe auch nachstehend (zu § 250 Abs. 2 StGB) zu den "Fesselungsfällen", bei denen dem Fesselungsmaterial durch die konkrete Verwendung die Eigenschaft eines gefährlichen Werkzeugs zukommt. Setzt der Täter zur Drohung gegenüber dem Opfer eine ungeladene Pistole ein und befindet sich das zugehörige mit Munition versehene Magazin in seiner Kleidung, verwendet er keine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, er führt diese nur im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bei sich (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - 1 StR 429/99- BGHSt 45, 249 f.; BGH, Beschl. v. 25.2.2000 - 2 StR 445/99). siehe auch nachstehend --> § 250 Abs. 2 StGB |
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§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB |
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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ... b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, ... |
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10 |
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10.1 |
Ein
schwerer Raub gemäß § 250
Abs. 1 Nr. 1b StGB liegt vor,
wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ein Werkzeug
oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person
durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu
überwinden. Als Mittel kommen dabei auch Fesselungs- und
Knebelungswerkzeuge in Betracht, wenn sie einem der
angeführten
Zwecke dienen sollen (vgl. BGH, Urt. v. 4.8.2016 - 4 StR 195/16 Rn. 5;
BGH,
Urt. v. 15.8.2007 – 5 StR 216/07 - NStZ-RR 2007, 375;
BGH,
Urt. v. 18.1.2007 – 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332,
334; BGH, Beschl. v. 17.6.2003 – 3 StR 177/03 - NStZ-RR 2003,
328, 329 zu § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB; BGH, Urt. v. 6.10.1992
– 1 StR 554/92 - NStZ 1993, 79 zu § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB
aF). Für die Annahme des Qualifikationsmerkmals des § 250
Abs. 1 Nr. 1b StGB reicht es aus, dass ein Beisichführen und eine
Verwendungsabsicht zu irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zu
deren Beendigung gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v.
12.3.2013 – 2 StR 583/12 - NStZ-RR 2013, 244, 245; BGH, Urt. v.
13.10.1959 – 5 StR 377/59; BGHSt 13, 259 f.; BGH, Urt. v.
4.8.2016 - 4 StR 195/16 Rn. 5). Bei der Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB handelt es sich um einen Auffangtatbestand (vgl. BGH, Urt. v. 6.9.2005 - 5 StR 284/05). Es genügt, daß der Täter das Mittel erst am Tatort vorgefunden und ergriffen hat (vgl. BGHSt 13, 259, 260; 20, 194, 197; BGH MDR 1993, 720; BGH NStZ 1994, 187; 1999, 242; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 2 Beisichführen 4; BGH, Beschl. v. 5.10.2004 - 3 StR 349/04). Ein Beisichführen und eine Verwendungsabsicht zu irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zu deren Beendigung, mithin auch im Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung des Raubes reichen für die Annahme des Qualifikationsmerkmals des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB aus (st. Rspr.; BGHSt 13, 259 f.; 20, 194, 197; 31, 105, 107; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 2 Beisichführen 4; BGH StV 1988, 429; NStZ 1998, 354; 1999, 242, 243; 2007, 332; NStZ-RR 2003, 202; BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 2 StR 583/12; Fischer StGB 59. Aufl. § 244 Rn. 29) Das Beisichführen des Mittels, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, erfüllt den Tatbestand. Über das vom Tatbestand Geforderte hinausgehend ist der Gebrauch des Mittels (etwa die Fesselung des Tatopfers mit Klebeband, vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2009 - 3 StR 372/09 - NStZ-RR 2010, 46). Es reicht zur Erfüllung von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nicht aus, irgendeinen Gegenstand zur Überwindung des Widerstands eines Dritten einzusetzen. Nach dem weiten Wortlaut der Norm ist es zwar nicht erforderlich, dass das mitgeführte Werkzeug oder Mittel seiner Beschaffenheit nach objektiv geeignet ist, das Opfer durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu nötigen. Als tatbestandsqualifizierende Drohungsmittel scheiden aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solche Gegenstände aus, bei denen die Drohungswirkung nicht auf dem objektiven Erscheinungsbild des Gegenstands selbst, sondern (allein oder jedenfalls maßgeblich) auf täuschenden Erklärungen des Täters beruht (vgl. BGHSt 38, 116, 118 f.; BGH, NStZ 1997, 184; NStZ 2007, 332, 333; NStZ 2011, 278; 703; BGH, Urt. v. 12.7.2017 - 2 StR 160/16 Rn. 6/7). Liegt danach aus der Sicht eines objektiven Betrachters auf das äußere Erscheinungsbild die objektive Ungefährlichkeit des Gegenstands offenkundig auf der Hand, liegt kein Fall des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB vor (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2017 - 2 StR 160/16 Rn. 7). Beispiel: Ein Schlüssel ist – anders als etwa ein Plastikrohr (BGHSt 38, 116, 117 ff.) oder ein Holzstück (BGH NStZ-RR 1996, 356) – ohne Weiteres geeignet, bei einer Verwendung als Schlag- oder Stoßwerkzeug gegen empfindliche Körperstellen durchaus ernsthafte Verletzungen zu verursachen. Von einer objektiven Ungefährlichkeit kann insoweit nicht die Rede sein. Dass die Drohwirkung des eingesetzten Schlüssels auch auf dem täuschenden Verhalten des Angeklagten beruht, steht der Anwendung des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2017 - 2 StR 160/16 Rn. 8). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind „Werkzeug oder Mittel„ im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB zwar grundsätzlich alle Gegenstände, die als Mittel zur Überwindung des Widerstands des Tatopfers mittels Gewalt oder Drohung geeignet sind. Sie müssen aber, sofern sie als Drohmittel eingesetzt werden (sollen), unter den konkreten Umständen ihrer geplanten Verwendung aus Sicht des Täters ohne Weiteres geeignet sein, bei dem Opfer den Eindruck hervorzurufen, sie können zur Gewaltanwendung verwendet werden und deshalb gefährlich sein. Dies ist indes nicht der Fall, wenn der Gegenstand schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich und deshalb nicht geeignet ist, mit ihm auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall das Tatopfer eine solche Beobachtung tatsächlich machen konnte oder ob der Täter dies durch sein täuschendes Vorgehen gerade vereitelt. Dann steht die Täuschung und nicht - wie erforderlich - die Drohung im Vordergrund (BGH NStZ 2007, 332, 333 = JR 2007, 379 m. Anm. Kudlich m.w.N.; BGH, Beschl. v. 30.9.2008 - 4 StR 359/08 - NStZ 2009, 95; BGH, Urt. v. 18.8.2010 - 2 StR 295/10 - NStZ 2011, 278; weitere Nachweise bei Fischer, StGB 57. Aufl. § 250 Rdn. 10 a). siehe auch nachstehend: --> nicht feststellbare Gegenstände und --> Scheinwaffen |
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10.2 |
Bejaht
bei: Die Drohung mit einer ungeladenen Waffe unterfällt § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB (BGHSt 44, 103, 105 ff.; 45, 249, 250, 251; BGH, Urt. v. 17.5.2001 - 4 StR 412/00; BGH, Beschl. v. 8.8.2001 - 3 StR 271/01; BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 394/03; vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08: Pistole, die keine echte Schußwaffe war). - Schreckschusspistole (abhängig vom Ladezustand; unter Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b fällt jedenfalls die ungeladene Schreckschusspistole (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1a Waffe 2; BGH NStZ-RR 2002, 265; 2004, 169; BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 394/03; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07; zur geladenen Schreckschusspistole siehe nachstehend zu Abs. 2); die ungeladene Maschinenpistole (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2004 - 3 StR 29/04); objektiv ungefährliches Gas (vgl. BGH, Urt. v. 6.9.2005 - 5 StR 284/05); die ungeladene Gaspistole (vgl. BGH, Beschl. v. 15.1.2004 - 3 StR 487/03) oder der ungeladene Gasrevolver (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 3 StR 313/00); funktionsfähige, aber ungeladene Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole (vgl. BGH, Beschl. v. 18.4.2012 - 1 StR 128/12); Deo-Spray, dass einer Kassiererin in die Augen gesprüht wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02; vgl. hierzu auch vgl. BGH StV 1998, 660; Boetticher/ Sander NStZ 1999, 292, 294 f.); der Einsatz von K.O.-Tropfen (Schlafmittel) kann je nach Dosierung ein sonstiges Mittel oder die Verwendung eines gefährliches Werkzeugs (dann § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) darstellen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.1998 - 1 StR 309/98 - StV 1998, 660; BGH, Beschl. v. 27.1.2009 - 4 StR 473/08 - NStZ 2009, 505). Zur Drohung mit einem Schlüssel siehe vorstehend Rn. 10.1. - Besitz und Einsatz von zur Fesselung bestimmten Paketklebebands (vgl. BGH, Beschl. v. 5.10.2004 - 3 StR 349/04; BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07; BGH, Urt. v. 22.10.2009 - 3 StR 372/09 - NStZ-RR 2010, 46; vgl. auch BGH NStZ 1993, 79; NStZ-RR 2003, 328 [zu § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB]) oder Kabelbindern (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2007 - 5 StR 534/07; BGH, Beschl. v. 6.10.2009 - 3 StR 303/09), Paketschnur oder Tuch zur Knebelung (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2004 - 1 StR 364/03); Zur Drosselung und Fesselung benutzter Gürtel (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2001 - 3 StR 64/01). Dass dies erst nach den eigentlichen Wegnahmehandlungen der Fall war, ist unschädlich (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332; BGHSt 20, 194, 197; BGH NStZ 1998, 354 m.w.N.). siehe auch nachstehend (zu § 250 Abs. 2 StGB) zu den "Fesselungsfällen", bei denen dem Fesselungsmaterial durch die konkrete Verwendung die Eigenschaft eines gefährlichen Werkzeugs zukommt. Den ungeladenen Pistolen kann jedoch dann die Eigenschaft als gefährliches Werkzeug beigemessen werden, wenn sie als Schlagwerkzeug eingesetzt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; BGH, Beschl. v. 15.1.2004 - 3 StR 487/03). In diesem Falle würde die Strafe infolge der gezielten Verwendung aus § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; zum "Verwenden" unten zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Das Treten mit "beschuhten Füßen" kann nur dann als "Verwenden" eines "gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB angesehen werden, wenn die Tritte im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH NStZ 1999, 616, 617). Dagegen kann sprechen, dass die Verletzungen nicht erheblich waren und ärztliche Hilfe nicht in Anspruch genommen werden mußte (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2000 - 4 StR 474/00). siehe hierzu auch: Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB Bei erzwungener Bekanntgabe der Zahlenkombination eines Tresorschlosses, die den Täter in die Lage versetzen soll, die Beute später selbst wegzunehmen, wird die Bemächtigungslage nicht zu einer Erpressung ausgenutzt (vgl. BGH bei Holtz MDR 1984, 276; BGH, Beschl. v. 13.10.2005 - 5 StR 366/05: [Der gefesselte Geschädigte sollte mittels Gewaltanwendung und Bedrohung ein Geldversteck verraten]; Herdegen in LK 11. Aufl. § 253 Rdn. 11; Träger/Schluckebier in LK § 239a Rdn. 15; Günther in SK-StGB 5. Aufl. (Stand April 1998) § 249 Rdn. 32; Sander in MK-StGB 2003 § 249 Rdn. 27), so dass in diesen Fällen regelmäßig nicht von räuberischer Erpressung, sondern von (schweren Raub) auszugehen sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 13.10.2005 - 5 StR 366/05). |
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10.3 |
Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (vgl. BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470; Fischer, StGB 55. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). | |
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10.4 |
Können
zu der näheren Beschaffenheit des Gegenstandes keine
Feststellungen getroffen werden, ist zu Gunsten des Angeklagten davon
auszugehen, dass es sich um einen Gegenstand handelte, der aus der
Sicht eines objektiven Betrachters nach seinem äußeren
Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich war. Derartige
Gegenstände stellen, wie der 4. Strafsenat in BGH,
Urt. v. 18.1.2007 - 4
StR 394/06 - NStZ 2007, 332 f.
entschieden hat, kein
taugliches Werkzeug oder Mittel im Sinne des § 250
Abs. 1 Nr. 1
Buchst. b StGB dar, denn bei Verwendung eines objektiv ersichtlich
ungefährlichen Gegenstandes, den das Opfer nicht oder nur
unzureichend sinnlich wahrnehmen kann (und soll), wird die
Zwangswirkung beim Opfer zwar mittels dieses Gegenstandes,
maßgeblich jedoch durch Täuschung hervorgerufen (vgl. auch
BGH,
Beschl. v. 10.7.2008 - 4 StR 298/08; Fischer StGB 55. Aufl. §
250 Rdn. 11 ff.). siehe auch: In dubio pro reo |
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10.5 |
Von
§ 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB werden grundsätzlich
alle Gegenstände erfasst, die als Mittel zur Überwindung des
Widerstands des Tatopfers mittels Gewalt oder Drohung geeignet sind,
also auch so genannte Scheinwaffen,
das heißt Gegenstände,
die objektiv ungefährlich sind und deren Verletzungstauglichkeit
lediglich vorgetäuscht wird (h.M., vgl. nur BGH,
Urt. v. 18.1.2007 - 4
StR 394/06 - NStZ 2007, 332; BGH,
Beschl. v. 22.7.2003 - 4 StR
265/03: "pistolenähnlicher,
nicht weiter aufklärbaren
Gegenstand"; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 250 Rdn. 10
und § 244 Rdn. 11 mit zahlr. Nachw.; in diesem Sinne auch die
Gesetzesmaterialien, vgl. Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks.
13/9064 S. 18; allerdings findet sich in den Gesetzesmaterialien zur
Neuregelung des § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB durch das 6.
Strafrechtsreformgesetz der Hinweis, es werde davon ausgegangen, dass
die einschränkende neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(BGHSt 38, 116, 117 bis 119 [„Plastikrohr„] und BGH NStZ
1997, 184 [„Labello„]) „auch bei der Auslegung von
§ 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b Beachtung finden wird„
(BTDrucks. aaO); vgl. auch BGH,
Urt. v. 11.4.2002 - 4 StR 2/02 -
NStZ-RR 2002, 213: betr.
Feuerzeugpistole). Entsprechend dem gesetzgeberischen Willen erscheint es aber gerechtfertigt, solche Gegenstände, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich sind, vom Anwendungsbereich des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB auszunehmen (BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332; im Ergebnis ebenso Eser aaO § 244 Rdn. 13; Günther aaO § 250 Rdn. 24; Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 45; Schroth NJW 1998, 2861, 2865; Kudlich JR 1998, 357, 359). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheiden als tatbestandsqualifizierende Drohungsmittel solche Gegenstände aus, bei denen die Drohungswirkung nicht auf dem objektiven Erscheinungsbild des Gegenstands selbst, sondern auf täuschenden Erklärungen des Täters beruht (vgl. BGHSt 38, 116, 118 f.; BGH, NStZ 1997, 184; NStZ 2007, 332, 333; BGH, NStZ 2011, 278; weitere Nachw. bei Fischer, StGB 58. Aufl., § 250 Rn. 10a). Danach haftet einem zur Drohung eingesetzten vorgeblich gefährlichen Gegenstand keine objektive Scheinwirkung an, wenn seine objektive Ungefährlichkeit schon nach dem äußeren Erscheinungsbild offenkundig auf der Hand liegt. Für diese Beurteilung kommt es allein auf die Sicht eines objektiven Betrachters und nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall das Tatopfer eine solche Beobachtung tatsächlich machen konnte oder ob der Täter dies durch sein täuschendes Vorgehen gerade vereitelte (vgl. BGH, aaO; BGH, Beschl. v. 11.5.2011 - 2 StR 618/10 - "grellbunte Spielzeugwasserpistole in der Hand in der Jackentasche"). "Plastikrohr"-Fall, BGHSt 38, 116: Namentlich vor dem Hintergrund der damaligen hohen Mindeststrafe des § 250 Abs. 1 StGB a.F. von fünf Jahren Freiheitsstrafe hat der Bundesgerichtshof die Einschränkung vorgenommen, dass nur solche Gegenstände erfasst werden, die unter den konkreten Umständen ihrer geplanten Anwendung aus der Sicht des Täters ohne weiteres geeignet sind, bei dem Opfer den Eindruck hervorzurufen, der Gegenstand könne zur Gewaltanwendung verwendet werden und deshalb gefährlich sein. Er hat dies bei einem kurzen gebogenen Plastikrohr von ca. 3 cm Durchmesser verneint, das der Täter dergestalt unter der Jacke trug, dass diese ausbeulte und so der von ihm gewollte Eindruck entstand, es handle sich um eine Schusswaffe. Das Plastikrohr habe einer Waffe nicht ähnlich gesehen. Erst der zusätzliche Hinweis „bin bewaffnet„ habe dem Tatopfer den Eindruck vermittelt, dass ihm von einer Waffe Gefahr drohe. Dessen Einschüchterung sei daher maßgeblich durch Täuschung und nicht durch das mitgeführte Werkzeug oder Mittel bewirkt worden (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332). "Labello"-Fall, BGH NStZ 1997, 184 In der weiteren angeführten Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof darüber zu befinden, ob ein Lippenpflegestift („Labello„), den der Täter dem Opfer mit einem der Enden gegen den Rücken gedrückt hatte und den dieses für die Spitze eines Messers, einer Schere oder eines sonstigen gefährlichen Gegenstandes hielt, ein taugliches Tatmittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. darstellt. Er hat dies im Anschluss an die tragenden Gründe der Entscheidung BGHSt 38, 116 verneint und in Fortführung der dort entwickelten Grundsätze ausgesprochen, dass jedenfalls dann, wenn der Gegenstand schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich ist und deshalb nicht geeignet ist, mit ihm - etwa durch Schlagen, Stoßen, Stechen oder ihn ähnlicher Weise - auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken, eine Anwendung des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. nicht in Betracht kommt. Bediene sich der Täter eines solchen Gegenstandes bei der Tat zur ausdrücklichen oder konkludenten Drohung, so stehe die Täuschung so sehr im Vordergrund seiner Anwendung, dass die Qualifizierung als Werkzeug oder Mittel im Sinne dieser Bestimmung verfehlt wäre (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332). Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in der Folge in weiteren Entscheidungen zur Anwendung gebracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 1996 - 4 StR 175/96 - NStZ-RR 1996, 356 [„Holzstück„], vom 22. Oktober 1996 - 4 StR 506/96 - NStZ-RR 1997, 129, 130 [„Bombenattrappe„] und vom 9. September 1997 - 4 StR 423/97 - NStZ 1998, 38 [„Schrotpatrone„]) (BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332). Können bei einem "metallischen Gegenstand" zur näheren Beschaffenheit keine Feststellungen getroffen werden, ist zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass es sich um einen Gegenstand, etwa um ein dünnes Metallrohr oder einen Metallstift, handelte, der bei objektiver Betrachtung nach seinem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich war (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2007 - 4 StR 394/06 - NStZ 2007, 332). "Sporttaschen-Fall" Der Angeklagte entwendete einem Mitpatienten in einem Krankenhaus ein Mobiltelefon. Mit Hilfe des Telefons erkundigte er sich, da er ein Bordell aufsuchen wollte, nach den dortigen Preisen; da er nicht über Geld verfügte, beschloss er, sich die notwendigen Mittel durch einen Tankstellenüberfall zu beschaffen. Er betrat eine Tankstelle, stellte eine verschlossene Sporttasche auf die Verkaufstheke, nahm demonstrativ das Mobiltelefon in die Hand und erklärte dem Verkäufer, in der Tasche befinde sich eine Bombe, die er zünden werde, wenn ihm nicht das Geld aus der Kasse ausgehändigt werde. Da der Verkäufer nicht wie gewünscht reagierte, sondern die Drohung nicht ernst nahm, brach der Angeklagte den Versuch ergebnislos ab. Kurz darauf wiederholte er an einer nahe gelegenen anderen Tankstelle sein Unternehmen. Die verängstigte Verkäuferin händigte ihm aufgrund seiner Drohung 1.525 € Bargeld sowie eine Stange Zigaretten aus. Das Geld gab der Angeklagte sodann wie geplant aus (vgl. BGH, Urt. v. 18.8.2010 - 2 StR 295/10 - NStZ 2011, 278). Die Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchter schwerer räuberischer Erpressung - jeweils unter Anwendung von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB - begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die vom Angeklagten verwendeten Gegenstände - eine handelsübliche Sporttasche und ein Mobiltelefon - waren zwar nach ihrer objektiven Beschaffenheit ungefährlich, so dass Fälle des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB jedenfalls nicht vorlagen. Es war aber hier auch kein Sonderfall gegeben, in welchem die Drohungswirkung eingesetzter Gegenstände nicht auf deren objektivem Erscheinungsbild, sondern ausschließlich auf täuschenden Erklärungen des Täters beruht. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn die objektive Ungefährlichkeit eines vorgeblich gefährlichen Gegenstands schon nach dessen äußeren Erscheinungsbild offenkundig auf der Hand liegt; hierbei kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall das Tatopfer eine solche Beobachtung tatsächlich machen konnte oder ob der Täter dies durch sein täuschendes Vorgehen gerade vereitelt (vgl. BGHSt 38, 116; BGH NStZ 1997, 184; 1998, 38; 2007, 332, 333 f.; weitere Nachw. bei Fischer, StGB, 57. Aufl., § 250 Rn. 10a; siehe dazu oben Rdn. 10.1). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Für einen objektiven Beobachter war die Gefährlichkeit der vom Angeklagten verwendeten Gegenstände, die er täuschend als "Bombe" bezeichnete, überhaupt nicht einzuschätzen; der äußere Augenschein gab keinen Anhaltspunkt dafür, ob die Behauptung des Angeklagten über die Gefährlichkeit zutraf. Der Sachverhalt lag daher im Ergebnis nicht anders als bei Verwendung sonstiger als "Scheinwaffen" bezeichneter, objektiv ungefährlicher Gegenstände (vgl. BGH, Urt. v. 18.8.2010 - 2 StR 295/10 - NStZ 2011, 278; Vgl. auch BGH, Urt. v. 20.8.2015 - 3 StR 259/15: Banküberfall mit Koffertrolley als behauptete Kofferbombe Nach dem Wortlaut des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB ist es weder erforderlich, dass das mitgeführte Werkzeug oder Mittel seiner Beschaffenheit nach objektiv geeignet ist, das Opfer durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu nötigen, noch bedarf es überhaupt seines derartigen Einsatzes; denn es kommt nur auf eine entsprechende subjektive Intention des Täters bei der Tatausführung sowie sein Bewusstsein an, das Werkzeug oder Mittel für diesen Zweck gebrauchsbereit bei sich zu haben (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2013 - 3 StR 261/13 - NStZ-RR 2014, 110 zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB). Dabei ist es ausreichend, wenn der Täter - wie hier festgestellt - zu diesen subjektiven Überlegungen erst während der Begehung der Tat gelangt (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2003 - 3 StR 420/02 - NStZ-RR 2003, 202 zu § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB), sodass der Qualifikationstatbestand im Allgemeinen dann ohne weiteres erfüllt ist, wenn der Täter das Werkzeug oder Mittel entsprechend seiner Absicht sogar tatsächlich einsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 6.9.2005 - 5 StR 284/05 - NStZ-RR 2005, 373). Soweit die Rechtsprechung wegen der weiten Fassung des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB den Tatbestand einschränkend dahin auslegt, dass dieser nicht auf Fälle Anwendung finden soll, in denen die objektive Ungefährlichkeit des Werkzeugs oder Mittels schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild offenkundig auf der Hand liegt (s. etwa BGH, Urt. v. 18.8.2010 - 2 StR 295/10 - NStZ 2011, 278 mwN), ist ein derartiger Sachverhalt hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegeben; denn ob der Koffer eine Bombe enthielt oder nicht, war nach seinem äußeren Erscheinungsbild gerade nicht erkennbar (BGH, Urt. v. 20.8.2015 - 3 StR 259/15). |
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10.6 |
Bei
einem Motivwechsel nach einer zunächst mit anderer Zielsetzung
begangenen Nötigung, kommt ein Schuldspruch wegen Raubs nicht in
Betracht, wenn es nur gelegentlich der Nötigungshandlung zur
Wegnahme kommt oder die Wegnahme der Nötigung nur zeitlich
nachfolgt, ohne daß eine finale Verknüpfung besteht (BGH NStZ-RR 2002,
304, 305 m.w.N.; BGH,
Urt.
v. 15.10.2003 - 2 StR 283/03 - BGHSt 48, 365 - NJW 2004,
528). Hingegen ist auch bei einer zunächst mit anderer Zielrichtung erfolgten Nötigung, die der Täter zur Wegnahme ausnutzt, der Raubtatbestand erfüllt, wenn die Gewalt noch andauert oder als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und dieses dazu veranlaßt, die Wegnahmehandlung zu dulden (BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 3). Gewalt zur Wegnahme unter Verwendung eines Mittels im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB wendet an, wer das Tatopfer zunächst mit anderer Zielrichtung gefesselt hat und im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der so bewirkten Wehrlosigkeit des Opfers dessen Sachen entwendet (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 - 2 StR 283/03 - BGHSt 48, 365 - NJW 2004, 528). |
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§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB |
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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ... c) eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt ... |
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15 |
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15.1 |
Der Tatbestand der Qualifikationsalternative des § 250 Abs. 1 Nr. 1 c StGB setzt voraus, dass die verletzte Person durch die Raubtat in die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung gebracht wird. Dafür reicht zwar jede Handlung im Zusammenhang mit der Tatbegehung aus. Indes muss sie während der Begehung des Raubes vorgenommen werden. Handlungen, die dem Versuch der Raubtat vorgelagert sind, scheiden dagegen aus (vgl. BGH, Urt. v. 23.3.2006 - 3 StR 373/05; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 250 Rdn. 23). Die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung setzt keine schwere Körperverletzung voraus, sondern kommt auch bei sonst einschneidenden oder nachhaltigen Beeinträchtigungen der Gesundheit in Betracht (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 28), wie etwa bei einer längeren Arbeitsunfähigkeit als Tatfolge (vgl. BGH, Urt. v. 25.5.2011 - 2 StR 605/10). | |
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15.2 |
Der
Gesetzgeber hat durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar
1998 (BGBl I S. 164) den Qualifikationstatbestand des gefährlichen
Raubes erweitert. Während es nach § 250
Abs. 1 Nr. 3 StGB aF
erforderlich war, daß der Täter oder ein anderer am Raub
Beteiligter durch die Tat einen anderen in die Gefahr des Todes (jetzt
§ 250
Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB nF) oder einer schweren
Körperverletzung im Sinne des § 224 StGB aF brachte,
genügt es nach § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB nF,
daß durch die Raubtat ein anderer in die Gefahr einer schweren
Gesundheitsbeschädigung gebracht wird. Der Begriff der schweren
Gesundheitsbeschädigung reicht weiter als derjenige der schweren
Körperverletzung (§ 224 StGB aF bzw. § 226
StGB nF). Es
kommt demgemäß nicht mehr darauf an, ob der Täter oder
Tatbeteiligte durch den Raub für einen anderen die Gefahr einer
der in § 226
StGB nF genannten Körperverletzungsfolgen
begründet. Vielmehr reicht es beispielsweise aus, wenn die Raubtat
das Opfer in die konkrete Gefahr einer ernsten langwierigen Krankheit,
einer ernsthaften Störung der körperlichen Funktionen oder
einer erheblichen Beeinträchtigung seiner Arbeitskraft bringt
(vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 6.
StrRG BTDrucks. 13/8587 S. 27 f.; BGH,
Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02;
Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 250 Rdn. 21;
Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 250 Rdn. 3; Schroth NJW 1998,
2861, 2865). Es werden damit von dem Qualifikationstatbestand nicht allein die Gefahren umfaßt, die der konkreten Raubhandlung generell für jeden von ihr potentiell Betroffenen innewohnen würden; vielmehr sind auch die Gefahren einbezogen, denen das konkrete Opfer allein wegen seiner individuellen besonderen Schadensdisposition durch die Raubhandlung ausgesetzt ist (Schroth NJW 1998, 2861, 2865). Dabei wird, wie aus der Absenkung der unteren Strafrahmengrenze von fünf auf drei Jahre geschlossen werden kann, auch die Gefahr von Verletzungsfolgen ausreichen, die in ihrer Schwere nicht mit den in § 224 StGB aF bzw. § 226 StGB nF genannten vergleichbar sind ( BGH, Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02; so wohl auch Schroth NJW 1998, 2861, 2865; aA Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 250 Rdn. 21 m. w. N.; offen Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 250 Rdn. 3). Die Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung umfaßt außer den Risiken, die generell für jeden Betroffenen von der Raubhandlung ausgehen, auch die konkreten Gefahren, denen das Opfer allein wegen seiner individuellen Schadensdisposition ausgesetzt ist (BGH, Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02 - Ls.). Der Tatbestand umfaßt nicht allein die Gefahren, die von Raubhandlungen generell ausgehen; vielmehr sind auch solche Gefahren einbezogen, denen das konkrete Opfer allein wegen seiner individuellen Schadensdispositon durch die Raubhandlung ausgesetzt ist (vgl. BGH NStZ 2002, 542 f.). Dabei können sich die Gesundheitsgefahren, die durch eine mit Gewaltausübung verbundene Raubhandlung für ein gesundes, im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte befindliches Opfer begründet werden, deutlich von denjenigen unterscheiden, die durch eine vergleichbare Handlung beispielsweise für einen alten Menschen oder einen durch Krankheit oder sonstige körperliche Gebrechen geschwächten Betroffenen eintreten (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.2003 - 4 StR 527/02 - NStZ 2003, 662: betr. wuchtigen Faustschlag in das Gesicht eines 72jährigen). Bei der Prüfung, ob eine Raubtat den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB erfüllt, ist daher festzustellen, welchen konkreten Gefahren der durch die Raubhandlung Betroffene ausgesetzt war, wobei seine individuelle körperliche und gegebenenfalls auch seelische Verfassung ebenso mit in Betracht zu ziehen sind wie etwa die Auswirkungen, die sich bei Verwirklichung des drohenden Gesundheitsschadens für seine Berufsfähigkeit ergeben hätten (vgl. dagegen RGSt 62, 161, 162; 64, 201 zu § 224 StGB aF; BGH, Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02: betr. Sturz eines 80-jährigen Raubopfers). Gesundheitsgefahren, die durch eine mit Gewaltausübung verbundene Raubhandlung für ein gesundes, im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte befindliches Opfer begründet werden, können sich deutlich von den Gefahren unterscheiden, die durch eine vergleichbare Handlung für ein Kind, einen alten Menschen, einen Behinderten oder einen durch Krankheit oder sonstige körperliche Gebrechen bereits geschwächten Betroffenen eintreten (vgl. BGH, Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02). Ist bei dem Opfer ein schwerer Gesundheitsschaden eingetreten, darf die Prüfung des subjektiven Tatbestandes nicht vorschnell allein auf die Gefahr verengt werden, die sich in diesem Schaden realisiert hat. Vielmehr ist zu klären, ob durch die Raubtat objektiv nicht noch andere erhebliche Gesundheitsgefahren begründet wurden, die nicht in einen entsprechenden Schaden umgeschlagen sind. Erst wenn auf diese Weise alle durch die Raubtat für den Betroffenen nach den individuellen Gegebenheiten und dem jeweiligen Tatablauf objektiv gesetzten konkreten Gesundheitsgefahren festgestellt sind, kann - so sie dem § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB unterfallen - verläßlich geprüft werden, ob sie subjektiv von dem - zumindest bedingten - Vorsatz des Täters (vgl. BGHSt 26, 176, 180 ff. zu § 113 Abs. 2 Nr. 2 StGB; BGHSt 26, 244 ff. zu § 11 Abs. 4 Nr. 2 BtMG aF; Eser aaO Rdn. 24 m. w. N.) erfaßt waren, insbesondere ob er eine individuelle Schadensdisposition des Opfers und die gegebenenfalls erst hieraus resultierende Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung erkannt hat. (vgl. BGH, Urt. v. 18.4.2002 - 3 StR 52/02). |
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§ 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB |
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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn ... 2. der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht. ... |
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20 |
Ob
jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich nach der deliktischen
Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede, die zwar durch
schlüssiges Verhalten zustande kommen und daher auch aus dem
konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken
mehrerer Personen hergeleitet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2015
- 2 StR 441/14 - BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 9 mwN; BGH,
Beschl. v. 1.9.2016 - 2 StR 197/16 Rn. 5). Erforderlich ist in solchen
Fällen jedoch eine sorgfältige und umfassende Würdigung
aller im konkreten Einzelfall für und gegen eine Bandenabrede
sprechenden Umstände, wobei sich der Tatrichter insbesondere
bewusst sein muss, dass ein Rückschluss von dem tatsächlichen
deliktischen Zusammenwirken auf eine konkludente Bandenabrede für
sich genommen zu kurz greifen kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2015 - 2 StR
441/14 - BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 9 mwN; BGH, Beschl. v.
1.9.2016 - 2 StR 197/16 Rn. 5). Angesichts des Umstandes, dass zwischen
den Überfällen in verschiedenen Orten mehr als sechs Jahre
liegen und unklar bleibt, wer neben dem Angeklagten an beiden
Überfällen mitgewirkt hat, versteht sich das Bestehen einer
konkludenten Bandenabrede letztlich nur wegen einer ähnlich
gelagerten Vorgehensweise nicht von selbst (vgl. BGH, Beschl. v.
1.9.2016 - 2 StR 197/16 Rn. 5). siehe zur Bandenmitgliedschaft unter: Bandentaten Es reicht aus, wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied bei der räuberischen Erpressung in irgendeiner Weise zusammenwirken. Die Bedrohung des Opfers selbst kann auch durch eine bandenfremde Person ausgeübt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2001 - GSSt 1/00 - BGHSt 46, 321 - NJW 2001, 2266; BGH, Beschl. v. 27.11.2003 - 3 StR 221/03). Das Merkmal "unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" ist als tatbezogenes, die Tatausführung näher kennzeichnendes Tatbestandsmerkmal anzusehen, das akzessorisch zu behandeln ist und nach allgemeinen Teilnahmegrundsätzen, insbesondere nach § 25 Abs. 2 StGB, dem nicht am Tatort agierenden Bandenmitglied zugerechnet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.2000 - 2 StR 186/00 - BGHSt 46, 138 - NJW 2001, 83). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm genügt es, dass der Raub oder - aufgrund der Verweisung des § 255 StGB - die räuberische Erpressung durch Mitglieder einer Bande begangen werden, die sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstahl verbunden hat (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 250 Rn. 2). Einer Erweiterung der Bandenabrede auf die zukünftig wiederholte Begehung von Raub- bzw. räuberischen Erpressungstaten bedarf es nicht (wohl anders, indes nicht tragend: BGH, Beschl. v. 13.4.1999 - 1 StR 77/99 - NStZ 1999, 454; NK-StGBKindhäuser, 4. Aufl., § 250 Rn. 16). Es genügt vielmehr, dass sich die konkrete Tat als eine solche einer Diebesbande darstellt, mithin an ihrer Begehung mindestens zwei Bandenmitglieder beteiligt sind (BGH, Beschl. v. 3.3.2015 - 3 StR 595/14). |
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§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB |
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... (2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub 1. bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, ... |
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25 |
Nach
der Konzeption der Raubdelikte ist ein Verwenden einer Waffe oder
eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 250
Abs. 2 Nr. 1
StGB aber nur dann zu bejahen, wenn der Täter zur Wegnahme der
fremden beweglichen Sache die Waffe oder das gefährliche Werkzeug
als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit
gegenwärtiger Gefahr für deren Leib oder Leben gebraucht
(BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211, 212), er es
also als
Nötigungsmittel zur Herbeiführung der Wegnahme benutzt (vgl.
BGH, Beschl. v. 13.11.2012 - 3 StR 422/12 - NStZ-RR 2013, 210; BGH,
Beschl. v. 25.2.2014 - 4 StR 544/13; vgl. zur Abgrenzung zwischen
Verwenden und offenen Mitführen zudem: BGH, Beschl. v.
8.5.2012 - 3 StR 97/12 - StraFo 2012, 329). Der Strafschärfungsgrund der gegenüber § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB erhöhten Qualifizierung des Absatzes 2 Nr. 1 liegt darin, dass es tatsächlich zum Einsatz eines mitgeführten Werkzeugs als Nötigungsmittel kommt (vgl. BT-Drucks 13/8587, S. 45). Dabei ist zu fordern, dass das gefährliche Tatmittel zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung, also zur Ermöglichung der Wegnahme, verwendet oder - nach Vollendung des Raubes - als Mittel zur Sicherung des Besitzes an dem gestohlenen Gut eingesetzt wird (BGH, Beschl. v. 8.7.2008 – 3 StR 229/08 - NStZ-RR 2008, 342; BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 StR 445/08 - BGHSt 52, 376 - StV 2008, 641; BGH, Beschl. v. 28.9.2011 - 4 StR 403/11; Fischer, StGB 55. Aufl. § 250 Rdn. 17). |
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30 |
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30.1 |
siehe dazu oben zu Abs. 1 Nr. 1a Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieses Qualifikationstatbestandes wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur dann benutzt, wenn der Täter ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt, sondern auch, wenn sich die objektive Gefährlichkeit eines an sich ungefährlichen (neutralen) Gegenstandes erst aus seiner konkreten Verwendung ergibt, weil diese geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen; die Gefährlichkeit kann sich gerade daraus ergeben, dass ein Gegenstand bestimmungswidrig gebraucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211 und - je mwN - Fischer, StGB, 57. Aufl., § 250 Rn. 6 f. und 20 f.; MünchKommStGB/Sander, § 250 Rn. 60 f.). |
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30.2 |
Der
Angeklagte muss die Waffe oder das gefährliche Werkzeug zur
Bedrohung "bei der Tat" verwendet haben. Die gesetzliche Formulierung
entspricht dem insoweit gleichlautenden § 177
Abs. 4 Nr. 1 StGB
(siehe hierzu § 177 StGB, Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung).
Der notwendige zeitlich-örtliche Zusammenhang zwischen der den
Grundtatbestand erfüllenden Handlung und dem qualifizierenden
Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs ist ebenso
aufzufassen wie dort (vgl. BGH,
Urt. v. 4.4.2007 - 2 StR 34/07 -
NStZ-RR 2009, 133). Qualifiziert ist die Tat dann, wenn das
gefährliche Werkzeug zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen
Versuchsbeginn und Beendigung der Tat eingesetzt wird (vgl. BGH,
Urt. v. 4.4.2007 - 2 StR 34/07 -
NStZ-RR 2009, 133; Fischer, StGB,
62. Aufl., § 250 Rn. 18; vgl. auch BGH,
Beschl. v. 8.2.2006 - 2 StR 575/05; BGH,
Beschl. v. 25.2.2010 - 5 StR
542/09 - NJW 2010, 1385; siehe auch nachstehend
insb. betr.
den
Zeitpunkt zwischen Vollendung und Beendigung). "Bei der Tat" verwendet der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn er es zweckgerichtet im Rahmen der Verwirklichung des Raubtatbestandes gebraucht, also als Nötigungsmittel zur Herbeiführung der Wegnahme (BGH, Beschl. v. 13.11.2012 - 3 StR 422/12; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 250 Rn. 18). Eine Waffe wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB "bei der Tat verwendet", wenn der Täter sie als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt, das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und dadurch in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 3 StR 316/11 - StV 2012, 153; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 98/12 - NStZ 2013, 37; BGH, Beschl. v. 12.7.2016 - 3 StR 157/16 Rn. 5). Ein Täter verwendet keine Waffe im Sinne dieses Tatbestands, wenn er zur Drohung gegenüber dem Opfer eine ungeladene Pistole einsetzt und sich das zugehörige mit Munition versehene Magazin in seiner Kleidung befindet. Die Waffe ist in diesem Fall objektiv nicht gefährlich, auch wenn der Täter deren Einsatzbereitschaft ohne Weiteres herstellen und ihre objektive Gefährlichkeit herbeiführen kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - 1 StR 429/99 - BGHSt 45, 249 f.; BGH, Beschl. v. 25.2.2000 - 2 StR 445/99; BGH, Beschl. v. 22.3.2006 - 2 StR 66/06). Die Drohung mit einer ungeladenen Schusswaffe erfüllt die an das Verwenden einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu stellenden Voraussetzungen auch dann nicht, wenn der Täter sie in wenigen Sekunden mit zwei oder drei schnellen Handgriffen hätte laden können (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - 1 StR 429/99 - BGHSt 45, 249, 251 f.; BGH, Beschl. v. 8.7.2008 - 3 StR 229/08; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 63 m. w. N.). Anders jedoch, wenn der Angeklagte das Opfer mit der geladenen Gaspistole bedroht und vor Verlassen des Tatorts einen Schuss abgibt. In diesem Fall hat der Angeklagte die Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet (vgl. BGHSt 48, 197; BGH, Beschl. v. 15.3.2005 - 3 StR 56/05). Gleiches gilt, wenn eine Schreckschußpistole mit Platzmunition geladen ist und verwendet wird (vgl. BGHSt 48, 197; BGH, Beschl. v. 6.4.2004 - 3 StR 29/04). Lud dieser Angeklagte die Waffe spätestens im Anschluss an die Wegnahme und bedrohte den Zeugen damit, der sich seine Geldbörse von dem Angeklagten zurückholen wollte, setzte er die geladene Waffe damit zur Beutesicherung - zwar nach der Vollendung des Raubs, aber noch vor dessen Beendigung - ein, was für ein Verwenden "bei der Tat" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ausreichend ist (vgl. BGH, Beschl. v. 8.7.2008 - 3 StR 229/08; Fischer, StGB 55. Aufl. § 250 Rdn. 18 m. w. N.). Eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes kommt auch bei Einsatz der ungeladenen Schusswaffe als Schlagwerkzeug in Betracht, etwa wenn der Angeklagte dem Geschädigten mit einer entweder echten, aber ungeladenen Schusswaffe oder einer dieser täuschend ähnlichen Scheinwaffe (mehrfach) gegen dessen linke Wange und Schläfe schlug, um seiner Forderung nach Herausgabe weiterer Geldbeträge Nachdruck zu verleihen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.6.1998 – 2 StR 167/98 - BGHSt 44, 103, 105; BGH, Beschl. v. 13.8.2014 - 4 StR 241/14; siehe auch nachstehend Rdn. 30.3 mwN). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine Verwirklichung der Qualifikationstatbestände des § 250 Abs. 2 Nr. 1 und 3a StGB auch noch in der Phase zwischen der (vgl. BGHSt 26, 24, 25 f.) - Vollendung und der Beendigung der Raubtat möglich ist (BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 StR 445/08 - BGHSt 52, 376, 377 - StV 2008, 641; 53, 234, 236; BGH NStZ-RR 2008, 342, 343; BGH, Beschl. v. 9.4.2015 - 2 StR 424/14). Allerdings muss das den Qualifikationstatbestand erfüllende Handeln noch von Zueignungsabsicht (in Fällen der räuberischen Erpressung von Bereicherungsabsicht) getragen sein, was auch dann anzunehmen ist, wenn es auf Beutesicherung abzielt (vgl. BGHSt 53, 234, 237 m.w.N.; BGH NStZ-RR 2008, 342, 343; BGH, Beschl. v. 25.2.2010 - 5 StR 542/09 - NJW 2010, 1385; vgl. zu § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB auch Eser in Schönke/Schröder, 27. Aufl. § 250 Rdn. 10 f.). Ist etwa der Schlag mit einem Gegenstand noch in Beutesicherungsabsicht erfolgt, reicht dies für eine Verwendung "bei der Tat" aus (vgl. BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 StR 445/08 - BGHSt 52, 376, 377; BGH, Beschl. v. 13.11.2012 - 3 StR 422/12). Ein Verwenden 'bei der Tat' nach Vollendung liegt ferner vor, wenn das gefährliche Werkzeug vor Beendigung der Tat mit dem Ziel einer weiteren Wegnahme eingesetzt wurde, diese aber nicht mehr zur Vollendung gelangte (BGH NJW 2010, 1385; BGH, Beschl. v. 1.10.2013 - 3 StR 299/13). Entgegen der in der Literatur vorherrschenden Ansicht hat der Bundesgerichtshof die Qualifikationswirkung in dem Zeitraum zwischen Vollendung des Raubs und Beendigung der Tat (§ 78a StGB) daher für möglich gehalten, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt zwar nicht mehr mit Wegnahmevorsatz, aber mit der Absicht der Beutesicherung handelt (vgl. BGHSt 53, 234 [zu § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a]; BGHSt 20, 194, 197 [zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 a.F.]; BGHSt 52, 376; BGH NStZ-RR 2008, 342 [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]; BGH, Beschl. v. 25.2.2010 - 5 StR 542/09 - NJW 2010, 1385; vgl. auch BGH, Beschl. v. 8.4.2010 - 2 StR 17/10 - NJW 2010, 1892; Fischer StGB 57. Aufl. § 250 Rdn. 14, 26 m.w.N.; aA etwa Sander in MüKo-StGB § 250 Rdn. 65; Kudlich in Satzger/Schmitt/Widmaier StGB § 250 Rdn. 27; jew. m.w.N.; vgl. dazu auch Nestler JR 2010, 100 ff.). Leitsatz Die Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs nach Vollendung einer Raubtat setzt zur Verwirklichung der Qualifikation nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB Beutesicherungsabsicht voraus (BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 StR 445/08 - Ls. - BGHSt 52, 376 - StV 2008, 641; BGH, Beschl. v. 25.2.2010 - 5 StR 542/09 - NJW 2010, 1385; BGH, Beschl. v. 1.10.2013 - 3 StR 299/13). Leitsatz Setzt der Täter, vom Opfer wahrgenommen, nach Vollendung, aber noch vor Beendigung der Raubtat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug mit dem Ziel weiterer Weg nahme ein, so genügt dies für ein Verwenden „bei der Tat„ im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch dann, wenn die angestrebte weitere Wegnahme nicht vollendet wird (BGH, Beschl. v. 25.2.2010 - 5 StR 542/09 - Ls. - NJW 2010, 1385). So wie in den Fällen des § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB die Waffe in einem Handlungsausschnitt mitgeführt werden muss, der wenigstens zu einer Intensivierung der tatbestandstypischen Rechtsgutsverletzung bzw. zur Sicherung des Erlangten dient (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 250 Rdn. 12), ist es im Fall des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erforderlich, dass diese gerade als Mittel zur Sicherung des Besitzes an dem gestohlenen Gut eingesetzt wird (vgl. BGHSt 48, 365, 366 f. hinsichtlich der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen - qualifiziertem - Nötigungsmittel und Wegnahme beim Raub; vgl. auch Sander in MünchKommStGB § 250 Rdn. 58, § 252 Rdn. 13, 21). Nur der Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels zur Sicherung des durch den Diebstahl Erlangten begründet den besonderen Unrechtsgehalt des nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB qualifizierten räuberischen Diebstahls und stellt ihn dem nach derselben Vorschrift qualifizierten Raub gleich (im Anschluss an BGHSt 9, 162, 163) (BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 StR 445/08 - BGHSt 52, 376 - StV 2008, 641). |
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30.3 |
Die
Qualifikation des § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann
erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen
Gegenstand verwendet (BGH, Beschl. v. 17.6.1998 - 2 StR 167/98 - BGHSt
44, 103; BGH, Beschl. v 28.4.2015 - 3 StR 48/15). Das ist beim Einsatz
von Scheinwaffen nicht der Fall (BGH, Beschl. v 28.4.2015 - 3 StR
48/15; BGH, Beschl. v. 7.1.1999 - 4 StR 686/98 - StV 1999, 209). Eine Waffe oder etwa ein Messer als ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB bei der Tat verwendet, wenn es der Täter als Raubmittel oder Mittel der räuberischen Erpressung zweckgerichtet einsetzt, das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des gefährlichen Werkzeugs wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 3 StR 316/11 - StV 2012, 153 mwN; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 97/12; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 98/12; BGH, Beschl. v. 21.10.2014 - 4 StR 351/14 Rn. 5). Kein Verwenden ist dagegen das bloße Mitsichführen, und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen geschieht (BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09 - BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 9 mwN; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 97/12; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 98/12). Der Begriff des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470; BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09; Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 58). Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1999 - 4 StR 380/98 - BGHSt 45, 92 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 3.2.1999 - 1 ARs 1/99; BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211; Sander in MünchKomm, StGB § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 400/01 - NStZ-RR 2002, 108; BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470; BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211; BGH, Urt. v. 12.2.2015 - 1 StR 444/14). Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211; BGH, Urt. v. 12.2.2015 - 1 StR 444/14; Fischer, StGB 57. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Die konkludente Drohung erfordert, dass nach ihrem Erklärungsinhalt mit dem Einsatz des gefährlichen Werkzeugs gedroht wird. Dies gilt auch dann, wenn das gefährliche Werkzeug bereits in anderem Zusammenhang gebraucht worden ist (BGH, Urt. v. 15.10.2003 - 2 StR 283/03 - BGHSt 48, 365, 367; BGH, Urt. v. 12.2.2015 - 1 StR 444/14). Bedient sich der Täter zur Drohung eines objektiv ungefährlichen Gegenstandes, so verwendet er ihn dann als gefährliches Werkzeug, wenn er ankündigt, ihn in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.2007 - 2 StR 34/07 - BGHSt 51, 276, 278; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211 betr. konkludente Drohung der Strangulation bei kurz andauerndem Legen eines Kunststoffbandes um den Hals des Opfers; LK-Vogler, 12. Aufl., § 250 Rn. 32). Der Begriff des Verwendens setzt nicht voraus, dass sich aus der Art des Einsatzes des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen ergibt. Vielmehr genügt jedes Benutzen solcher Tatmittel bei der Anwendung von Gewalt oder als Drohmittel (BGHSt 45, 92, 94 f.; BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09). Für die Verwirklichung des Tatbestandes ist weiter ohne Belang, dass das Tatopfer den Gegenstand wegreißen konnte und es im weiteren Fortgang der Tat nicht mehr verwendet wurde; denn die Qualifikation ist verwirklicht, wenn das Werkzeug im Zeitraum vom Ansetzen zum Versuch bis zur Beendigung der Tat eingesetzt wird (vgl. BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 190/10 - NStZ 2011, 211; Fischer, StGB 57. Aufl. § 250 Rn. 18 mwN). Beispiel: Indem der Angeklagte dem Kassierer den Schraubendreher - den dieser gesehen hatte - in den Rücken drückte verwirklichte er den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv. Er drohte durch diese Handlung - im Zusammenwirken mit der vorangegangen Äußerung, wenn sich der Zeuge ruhig verhalte, werde (ihm) nichts geschehen - konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner Forderungen dieses gefährliche Werkzeug als Stichwerkzeug gegen ihn einzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 15; 2004, 169; BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470; BGH, Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR 556/09 - NStZ 2011, 158, 159; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 98/12, NStZ 2013, 37; BGH, Urt. v. 12.2.2015 - 1 StR 444/14; Fischer StGB 57. Aufl. § 250 Rdn. 18). Leitsatz Wer bei einer Raubtat das Opfer mit einer geladenen Schreckschußwaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt, bedroht, verwendet eine Waffe und erfüllt damit den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - Ls. - BGHSt 48, 197 - NJW 2003, 1677; vgl. auch den Vorlagebeschluss BGH, Beschl. v. 15.5.2002 - 2 StR 441/01). Der Täter verwendet die Waffe schon dann, wenn er sie zur Drohung mit Gewalt einsetzt (BGHSt 27, 176, 180; BGH, Beschl. v. 11.3.2003 - 3 StR 457/02; BGH, Beschl. v. 22.7.2003 - 4 StR 265/03; BGH, Urt. v. 16.9.2004 - 1 StR 233/04). Dies kann, ohne das Drohgebärden hinzutreten müssten, allein bei der Präsentation des gefährlichen Gegenstandes der Fall sein (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 - 3 StR 102/08 - StV 2008, 470: betr. vor dem Körper halten eines Baseballschlägers). Das Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges als Drohmittel bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, daß die Drohung von dem Bedrohten wahrgenommen wird (BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04 - BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5). Eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB "bei der Tat verwendet", wenn der Täter den Gegenstand als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt und wenn das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04 - BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5; BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 3 StR 316/11). Beispiel: Die Angeklagten überfielen zusammen mit dem gesondert Verfolgten V. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans nachts auf offener Straße zwei Passanten. Während V. dem Zeugen Z. ein Teppichmesser an den Hals hielt und der Angeklagte A. dessen Taschen durchwühlte, forderte der Angeklagte B. von der Zeugin die Herausgabe von deren Handtasche. Die Zeugin hatte zwar das Teppichmesser nicht gesehen, gab aber aufgrund der von ihr als gefährlich und bedrohlich eingeschätzten Situation die Handtasche heraus, aus welcher der Angeklagte B. das Portemonnaie mit 50 € Bargeld, Kredit- und EC-Karten und Ausweispapieren entnahm. Da die Zeugin das Teppichmesser nicht bemerkte, wurde es bei der Tat ihr gegenüber nicht als Drohmittel verwendet. Die Feststellungen ergeben indes einen zum Nachteil dieser Zeugin begangenen schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB, da der gesondert Verfolgte V. bei der Tat ein gefährliches Werkzeug bei sich führte. Bei dieser Tatqualifikation wird eine Kenntnis des Opfers von der Existenz des gefährlichen Werkzeugs nicht vorausgesetzt. Daneben belegen die Feststellungen einen versuchten besonders schweren Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB zum Nachteil des Zeugen Z. , denn gegenüber diesem Zeugen verwendeten die Angeklagten ein gefährliches Werkzeug, indem sie ihm das Teppichmesser an den Hals hielten. Insoweit wurde die Tat indes nicht vollendet, weil die Angeklagten nach dem Erscheinen einer weiteren Person ohne Beute flüchteten (vgl. BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 3 StR 316/11). Als "Waffe" oder "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 2 StGB kommen nur solche Tatmittel in Betracht, die, jedenfalls in ihrer konkreten Anwendung, objektiv geeignet sind, erhebliche Verletzungen zu verursachen (vgl. BGHSt 44, 103 f.; BGH, Beschl. v. 17.2.2004 - 4 StR 580/03). Ausreichend ist etwa, dass das Brecheisen zum Zweck der Einschüchterung dem Geschädigten so vorgehalten wurde, dass sich die Spitze unmittelbar vor seinen Augen befand, was ihn zu Tode ängstigte. Damit lag ein Verwenden dieses gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und nicht nur ein „offenes Mitsichführen“ vor (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2014 - 1 StR 24/14). Eine Waffe im Sinne des mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz neu gefaßten Tatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß objektiv gefährlich und geeignet sein, erhebliche Verletzungen beim Tatopfer zu verursachen. Die erhöhte Strafandrohung beim Verwenden einer Waffe nach dieser Vorschrift rechtfertigt sich aus der Gefahr der Realisierung dieser objektiven Gefährlichkeit im Falle der Eskalation. Das bloße Drohen mit einer objektiv nicht gefährlichen Schußwaffe erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an das Merkmal des Verwendens einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu stellen sind (vgl. BGH NStZ 2000, 156, 157 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 4.8.1998 - 5 StR 362/98; BGH, Beschl. v. 17.2.2004 - 4 StR 580/03; BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - 4 StR 64/04; BGH, Beschl. v. 6.4.2004 - 3 StR 29/04; BGH, Beschl. v. 29.9.2004 - 5 StR 339/04). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (vgl. hierzu nur BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 11/10 Rn. 3 mwN; BGH, Urt. v. 22.1.2015 - 3 StR 412/14). Wird eine Schreckschusspistole verwendet, muss diese für die Tatbestandserfüllung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch geladen gewesen sein (vgl. BGHSt 48, 197, 201 ff.; BGHR StGB § 250 Abs. 2 Waffe 2; BGH, Beschl. v. 3.4.2002 - 1 ARs 5/02; BGH, Urt. v. 21.8.2002 - 2 StR 152/02; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07) und es muss feststehen, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197, 201 f.; BGH, Beschl. v. 25.7.2012 - 2 StR 138/12). Hierzu hat der Tatrichter grundsätzlich besondere Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390; BGH, Beschl. v. 25.7.2012 - 2 StR 138/12; BGH, Beschl. v. 20.1.2015 - 3 StR 523/14; siehe hierzu insb. unten Rdn. U.2). Ansonsten kommt wegen des Mitführens eine Strafbarkeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB in Betracht (siehe dazu oben; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07). Bejaht auch beim Einsatz eines Barhockers (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2006 - 5 StR 3/06). Den ungeladenen Pistolen kann jedoch dann die Eigenschaft als gefährliches Werkzeug beigemessen werden, wenn sie als Schlagwerkzeug eingesetzt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2001 - 3 StR 271/01; BGH, Beschl. v. 26.9.2001 - 3 StR 319/01; BGH, Beschl. v. 22.7.2003 - 4 StR 265/03; BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; BGH, Beschl. v. 15.1.2004 - 3 StR 487/03). In diesem Falle würde die Strafe infolge der gezielten Verwendung aus § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03; zum "Verwenden" unten zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn Zum Einsatz von K.O.-Tropfen siehe oben --> Abs. 1 Nr. 1b Die stramme Fesselung mit Kabelbindern, die bei verschiedenen Opfern teils zu erheblichen Schmerzen und einem Blutstau, sowie darüber hinaus zu blutenden Verletzungen geführt hat, sowie eine schwere körperliche Misshandlung eines Zeugen, rechtfertigen die Annahme der Qualifikationen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a StGB (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 169; BGH NStZ 1998, 461; BGH, Beschl. v. 26.4.2006 - 1 StR 151/06; BGH, Beschl. v. 19.6.2007 - 4 StR 268/07; vgl. auch BGH, Beschl. v. 8.1.2013 - 5 StR 600/12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 250 Rn. 6a). Können weitere Feststellungen zu Art und Ladezustand der zur Bedrohung des Tatopfers eingesetzten „Waffe„ nicht getroffen werden, ist zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass es sich entweder um eine Scheinwaffe („Spielzeugpistole„) oder aber um eine ungeladene Schusswaffe handelte. Deren Einsatz als Drohmittel erfüllt indes nicht die Voraussetzungen der Qualifikation nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, sondern unterfällt § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 44, 103, 105 ff.; BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 394/03; BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 227/07). Ein Versuch des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB tritt hinter der Tatbestandsvollendung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB zurück (vgl. BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04). |
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35 |
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35.5 |
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35.5.5 |
Beispiel: Dem
Angeklagten A hat das Tatgericht - weil er erst durch die
Abgabe des Schusses Kenntnis von der Schussbereitschaft der Waffe
erhalten hat - das Verwenden der Schusswaffe für diese Tat nicht
zugerechnet und insoweit den Tatbestand des schweren Raubes nach
§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB als
erfüllt angesehen.
Hinsichtlich der sich anschließenden räuberischen Erpressung
zum Nachteil des Zeugen B hat es hingegen im Ergebnis zutreffend auch
bei dem Angeklagten A die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB angenommen, die er im Wege der sukzessiven Mittäterschaft am
Qualifikationstatbestand (vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 25 Rdn. 21
a) verwirklichte, indem er die durch den Schuss für den Zeugen B
entstandene Zwangswirkung erkannte und billigte und sich in Kenntnis
des abgegebenen Schusses bis zum Verlassen des Tatorts am weiteren
Tatgeschehen beteiligte (vgl. BGH,
Beschl. v. 8.7.2008 - 3 StR 229/08). siehe auch: Täterschaft § 25 StGB --> Sukzessive Mittäterschaft |
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35.5.10 |
Beispiel: Wurde das Schusswaffenimitat bei Tatbegehung von A. auch als Schlagwerkzeug verwendet, muss dieser Einsatz vom Vorsatz des Mittäters B. umfasst sein. Hat der Mittäter B. lediglich den Einsatz der möglichen Scheinwaffe als Drohmittel, nicht aber als Schlaginstrument gebilligt, stellt sich das Verhalten des A. in Bezug auf B. als Mittäterexzess dar. Seine Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kommt insoweit nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.6.2015 - 3 StR 146/15). | |
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35.10 |
Da
es sich um einen die Haupttat qualifizierenden Umstand handelt,
setzt eine Haftung des Gehilfen voraus, dass er die Verwendung der
Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs zumindest billigend in Kauf
genommen hat. Für einen Exzess des Haupttäters hat der
Gehilfe deshalb nicht einzustehen (vgl. BGH,
Beschl. v. 4.12.2007 - 2
StR 469/07; BGH, Beschl. v. 21.10.2013 - 5 StR 425/13;
Tröndle/Fischer,
StGB 54. Aufl. § 27 Rdn. 5;
§ 26 Rdn. 16 a). siehe zum Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs auch: Schwere räuberische Erpressung, §§ 255, 250 StGB |
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45 |
Zwar ist eine Paketschnur für sich gesehen und generell kein gefährliches Werkzeug. Ihre Gefährlichkeit kann sich aber aus der tatsächlichen, konkreten Verwendung ergeben. Gerade für Fesselungsmittel hat der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung wiederholt auf die Bedeutung der Art ihrer Verwendung hingewiesen (vgl. nur BGH, Beschl. v. 3.4.2002 - 1 ARs 5/02 - NStZ-RR 2002, 265 - StraFo 2002, 239, m.w. RsprN). Wird jemand nur mit Klebeband ohne weitere Folgen an einen Stuhl gefesselt oder werden ihm die Hände mit Kabelbinder zusammengebunden, wird die Benutzung des Fesselungsmittels konkret kaum geeignet sein, erhebliche Verletzungen zu bewirken (vgl. BGH StV 1999, 91; BGH, Beschl. v. 12.1.1999 - 4 StR 688/98). Etwas anderes kann gelten, wenn im konkreten Fall das Fesselungsmaterial nach der Art seiner Verwendung geeignet war, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - 3 StR 345/03: "stramme Fesselung mit Kabelbinder, wobei die Hände blau anliefen" sowie einerseits BGH NStE Nr. 17 zu § 223a StGB, andererseits BGH StV 1999, 91, 92). Bejaht etwa, wenn der Angeklagte dem Opfer nicht nur die Hände auf dem Rücken und die Füße fesselte und er die Schnur auch um den Hals führte und mit der übrigen Fesselung verband und dies im Ergebnis zu einer ca. 1 cm breiten "Strangulationswunde" am Hals führte, die bis zu beiden Halsseiten reichte. Damit ist die besondere Art der Verwendung der Paketschnur dazu geeignet, auch eine erhebliche Körperverletzung zu bewirken und als "gefährliches Werkzeug" zu bewerten (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2004 - 1 StR 364/03). | |
§ 250 Abs. 2 Nr. 2 StGB |
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(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ... 2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder ... |
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55 |
Nach § 250 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist ein unter den Bedingungen des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB (bandenmäßig) begangener Raub als besonders schwerer Raub zu bewerten, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub eine Waffe bei sich führt. Dabei ist der auch für § 250 Abs. 2 Nr. 1 und § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB geltende Begriff der Waffe im technischen Sinn zugrunde zu legen (BGH, Beschl. v. 21.4.2015 - 4 StR 94/15; Eser/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 250 Rn. 31; SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 250 Rn. 26; Kindhäuser in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 250 Rn. 22). Danach ist eine Waffe ein körperlicher Gegenstand, der nach seiner Art für Angriffs- oder Verteidigungszwecke bestimmt und zur Verursachung erheblicher Verletzungen generell geeignet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 21.4.2015 - 4 StR 94/15; BGH, Beschl. v. 3.6.2008 – 3 StR 246/07 - BGHSt 52, 257 Rn. 13; BGH, Urt. v. 11.5.1999 – 4 StR 380/98 - BGHSt 45, 92, 93; Eser/ Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 250 Rn. 31; Kindhäuser in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 250 Rn. 22 und § 244 Rn. 4). Die Begriffsbestimmungen des Waffengesetzes – etwa im konkreten Fall vornehmlich die Regelungen zu den verbotenen Messern (vgl. Anlage 2 Abschnitt 1 Nrn. 1.4.1 bis 1.4.3 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) – können hierbei eine Orientierungshilfe bieten (vgl. BGH, Beschl. v. 21.4.2015 - 4 StR 94/15; BGH, Beschl. v. 4.2.2003 – GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197, 203; Kindhäuser in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 244 Rn. 5; SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 244 Rn. 6 mwN). | |
§ 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB |
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... (2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ... 3. eine andere Person a) bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder ... |
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70 |
Das Tatbestandsmerkmal "bei der Tat" bezieht sich auf die finale Verknüpfung von Gewalt und Vermögensverfügung, durch die die Erpressungsdelikte geprägt sind. Es ist daher nur dann erfüllt, wenn die schwere körperliche Misshandlung zur Erzwingung der Vermögensverfügung oder zumindest zur Sicherung der Beute verübt wird. Ein schlichter räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen einer räuberischen Erpressung und einer schweren Misshandlung genügt hierfür hingegen nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.6.2015 - 3 StR 193/15; BGH, Urt. v. 25.3.2009 - 5 StR 31/09 - BGHSt 53, 234, 236 f.). Dies gilt sowohl in dem Fall, in der die Misshandlung der Erpressung unmittelbar nachfolgt, als auch dann, wenn sie ihr unmittelbar vorangeht (BGH, Beschl. v. 30.6.2015 - 3 StR 193/15; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16.7.2009 - 4 StR 241/09 - NStZ 2010, 150 zu § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a StGB). | |
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75 |
Der
Gesetzgeber des 6. Strafrechtsreformgesetzes hat den Begriff der
schweren körperlichen Misshandlung nach § 250
Abs. 3 Buchst.
a StGB aus § 176a
Abs. 4 Nr. 1 StGB (§ 176 Abs. 3 Satz 2 Nr.
2 StGB aF) übernommen (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 32, 45), auf den
zur Auslegung des Begriffes zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH,
Urt. v. 15.9.2010 - 2 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 337, 338; Eser/Bosch
in
Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. § 250 Rn. 33; Sander
in MünchKomm, StGB, 2003, § 250 Rn. 65; einschränkend
Vogel in LK StGB, 12. Aufl., § 250 Rn. 39). Danach ist zur Annahme
einer schweren körperlichen Misshandlung nicht der Eintritt einer
schweren Folge im Sinne von § 226
StGB oder einer schweren
Gesundheitsschädigung im Sinne von § 239
Abs. 3 Nr. 2 StGB
erforderlich. Es ist jedoch vorauszusetzen, dass die körperliche
Integrität des Opfers entweder mit erheblichen Folgen für die
Gesundheit oder aber in einer Weise, die mit erheblichen Schmerzen
verbunden ist, beeinträchtigt wird (vgl. BGH,
Beschl.
v. 30.1.2007 - 3 StR 1/07 - NStZ-RR 2007, 175;
BGH, Urt. v. 15.9.2010 - 2 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 337, 338; BGH,
Urt. v. 17.8.2016 - 2 StR 562/15 Rn. 27; Eser/Bosch aaO; Fischer, StGB,
57. Aufl., § 250 Rn. 26; NK/Kindhäuser, StGB, 2010, §
250 Rn. 23; von Heintschel-Heinegg/Wittig, StGB, 2010, § 250 Rn.
11). Für das Vorliegen des Qualifikationsmerkmals der schweren körperlichen Misshandlung nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 a StGB genügt eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität mit erheblichen Folgen für die Gesundheit oder erheblichen Schmerzen; dabei genügen heftige und mit Schmerzen verbundene Schläge (BGH, Beschl. v. 27.5.1998 - 5 StR 216/98 - NStZ 1998, 461; BGH, Beschl. v. 26.4.2006 - 1 StR 151/06; BGH, Beschl. v. 30.1.2007 - 3 StR 1/07 - NStZ-RR 2007, 175; BGH, Beschl. v. 22.5.2013 - 2 StR 14/13; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 250 Rdn. 26). Eine "äußerst massive und brutale Vorgehensweise" mit zahlreichen Schlägen und Tritten mehrerer Täter u. a. gegen den Kopf des Opfers stellt eine solche schwere körperliche Misshandlung dar (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2007 - 3 StR 1/07). Keinesfalls ist Voraussetzung das Vorliegen einer schweren Körperverletzung nach § 226 StGB (vgl. BGH, a.a.O.). Der dem Nebenkläger bei der Raubtat von einem der Angeklagten zugefügte Tritt kann aufgrund seiner schwerwiegenden Verletzungsfolgen und der erheblichen damit verbundenen Schmerzen eine körperlich schwere Misshandlung im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a StGB darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2013 - 5 StR 575/12; BGH, Beschl. v. 27.5.1998 – 5 StR 216/98 - BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a Misshandlung, körperlich schwere 1; MünchKommStGB/Sander, 2. Aufl., § 250 Rn. 66 mwN). L E I T S A T Z Schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat können den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit.a StGB nur dann erfüllen, wenn sie weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind, insbesondere der Beutesicherung oder der Erlangung weiterer Beute dienen (BGH, Urt. v. 25.3.2009 - 5 StR 31/09 - Ls. - BGHSt 53, 234 - NJW 2009, 3041; im Anschluss an BGHSt 20, 194; BGH NJW 2008, 3651; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16.7.2009 – 4 StR 241/09 - NStZ 2010, 150; BGH, Beschl. v. 28.9.2011 - 4 StR 403/11 sowie oben Rdn. 25 zum Strafschärfungsgrund). Der schlichte räumlich-zeitliche Zusammenhang zwischen einem - vollendeten - Raub oder einer räuberischen Erpressung und einer unmittelbar nachfolgenden schweren Misshandlung genügt für die Annahme des Tatbestandsmerkmals „bei der Tat„ im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a StGB nicht. Dem steht schon der systematische Zusammenhang entgegen, in dem der Tatbestand steht. Da die Raubdelikte durch die finale Verknüpfung von Gewalt und rechtswidriger Vermögensverfügung geprägt sind, bezieht sich das Merkmal „bei der Tat„ auf eben diese Verknüpfung. Hierfür spricht auch die Regelung des räuberischen Diebstahls gemäß § 252 StGB, wonach der auf frischer Tat betroffene Dieb nur dann gleich einem Räuber - mit den entsprechenden Qualifikationen - bestraft werden kann, wenn er die Gewalt einsetzt, um sich im Besitz der Beute zu erhalten. Die Qualifikation betrifft deshalb bei den übrigen Raubtatbeständen auch nur die besondere Form oder Intensität des Gewalteinsatzes, der für die Herbeiführung der Vermögensverfügung aufgewendet wird. Dabei ist bei der Auslegung des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a StGB maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Vorschrift gegenüber den als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Strafbestimmungen der §§ 224 und 226 StGB eine deutlich angehobene Strafrahmenuntergrenze aufweist. Das bloße Übergehen zur schweren körperlichen Misshandlung nur bei Gelegenheit eines bereits vollendeten Raubes vermag diese signifikante Anhebung der Mindeststrafe nicht zu rechtfertigen (BGH, Urt. v. 25.3.2009 - 5 StR 31/09 - BGHSt 53, 234 - NJW 2009, 3041). Zwar erscheint es vom Wortlaut her möglich, im weiteren Zusammenhang mit einem vollendeten Raub oder einer räuberischen Erpressung stehende Körperverletzungen - etwa aus Wut über eine zu geringe Beute ausgeführte schwere Misshandlung - der Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a StGB zu unterstellen. Der besondere Schutzzweck des Raub- und Erpressungstatbestandes erfordert indes, dass die als schwere Misshandlung zu qualifizierende Körperverletzung von einer weiteren Verwirklichung der Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen ist (vgl. BGHSt 20, 194, 197; BGH, Urt. v. 25.3.2009 - 5 StR 31/09 - BGHSt 53, 234 - NJW 2009, 3041; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 250 Rdn. 12; a. A. Fischer, StGB 56. Aufl. § 250 Rdn. 26). |
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78 |
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78.5 |
Zwar
haftet jeder
Täter für das Handeln eines Mittäters nur im Rahmen
seines eigenen Vorsatzes, ist also für den tatbestandlichen Erfolg
nur so weit verantwortlich, wie sein Wille reicht; ein Exzess des
anderen fällt ihm nicht zur Last. Allerdings werden Handlungen
eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des
Falles gerechnet werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst,
auch wenn er sich diese nicht besonders vorgestellt hat; ebenso ist er
für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten Straftat
verantwortlich, wenn er mit der Handlungsweise seines Tatgenossen
einverstanden oder sie ihm zumindest gleichgültig war (vgl. BGH,
Urt. v. 19.3.2013 - 5 StR 575/12; BGH, Beschl. v. 11.1.2011 – 1
StR 517/10; BGH, Urt. v. 5.8.2010 – 3 StR 210/10; BGH, Urt.
v. 26.4.2012 – 4 StR 51/12 - NStZ 2012, 563). Dies kann etwa eine Auseinandersetzung mit der Frage erfordern, ob die Angeklagten nach den gesamten Umständen des Falls von vornherein auch mit einer intensiveren Gewaltanwendung gegen den Nebenkläger rechnen mussten, die dann auch Tritte gegen das Schienbein umfassten. Die Angeklagten kannten den Nebenkläger vor der Tat nicht und konnten sich – soweit ersichtlich – weder ein Bild über dessen körperliche Konstitution und Wehrhaftigkeit machen, noch wussten sie, ob der Nebenkläger, den sie für einen Drogenhändler hielten, bewaffnet sein würde und sie ihn überhaupt allein in seiner Wohnung antreffen würden. Diese Umstände, die unter Beweiswürdigungsgesichtspunkten ungeachtet der Vielzahl der Angreifer bereits gegen einen auf nicht „erhebliche“ Gewaltanwendung beschränkten Tatplan sprechen können, wären im Urteil zu erörtern gewesen (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2013 - 5 StR 575/12). |
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§ 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB |
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(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub ... 3. eine andere Person... b) durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt. |
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80 |
Die Verursachung einer Todesgefahr begründet nach § 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB eine weitere Qualifikation. Der Gesetzgeber hält somit diese Variante eines Raubes im Vergleich zu den Taten, in denen das Opfer nicht in Todesgefahr geriet, für besonders strafwürdig. Damit ist aber umgekehrt impliziert, daß eine Raubtat, der lediglich ein Qualifikationsmerkmal fehlt, allein aus diesem Grund nicht als besonders mild bewertet werden darf (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2004 - 5 StR 372/04). Die erforderliche konkrete Todesgefahr ist kein Erfolg im Sinne von § 18 StGB (vgl. auch BGHSt 26, 175, 180 f. zu § 113 Abs. 2 Nr. 2 StGB; BGH NJW 1999, 3131; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 18 Rdn. 2; § 250 Rdn. 5, 10 m.w.N.), so dass eine nur fahrlässige Verursachung nicht ausreicht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.7.2004 - 2 StR 101/04). Hinsichtlich des Gefahrerfolgs ist vielmehr Vorsatz erforderlich (BGHSt 26, 244, 245; BGH StV 1991, 262; vgl. auch BGH, Beschl. v. 12.12.2000 - 4 StR 464/00 - BGHSt 46, 225 - StV 2001, 160). | |
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83 |
Leitsatz
Die qualifizierende Wirkung einer konkreten
Lebensgefährdung des Raubopfers nach Vollendung der Tat oder
Scheitern ihres Versuchs ist ausgeschlossen, wenn die die Lebensgefahr
verursachende Handlung nicht mit der Motivation der Beutesicherung
vorgenommen wird (im Anschluss an BGHSt 53, 234) (BGH,
Beschl. v. 8.4.2010 - 2 StR 17/10 -
Ls. - NJW 2010, 1892). Nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB ist die Tat qualifiziert, wenn der Täter eine andere Person "durch die Tat" in die (konkrete) Gefahr des Todes bringt. Diese Formulierung weicht von derjenigen des Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a ("bei der Tat") ab, entspricht aber der Formulierung des Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c. Für die Fälle des § 250 Abs. 2 Nr. 1 sowie des Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die Qualifikationswirkung jeweils nur dann eintritt, wenn die auf den Qualifikationserfolg gerichteten Handlungen des Täters (noch) Teil "der Tat", also des auf Verwirklichung des Raubtatbestands (§ 249 StGB) gerichteten Geschehens sind. Auch die qualifizierende Wirkung einer konkreten Lebensgefährdung "durch die Tat" nach §§ 249, 255 StGB setzt jedenfalls voraus, dass die die Lebensgefahr verursachende Handlung (noch) vom Vorsatz der Tatbestandsverwirklichung, nach Vollendung von Beutesicherungsabsicht getragen ist. Im Fall der Lebensgefährdung nach Fehlschlag des Versuchs der räuberischen Erpressung kommt die Anwendung der Qualifikation daher nicht in Betracht, da Beutesicherungsabsicht hier ausscheidet (vgl. BGH, Beschl. v. 8.4.2010 - 2 StR 17/10 - NJW 2010, 1892). |
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85 |
§ 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB setzt zumindest bedingten Vorsatz des Täters in Bezug auf den Eintritt der konkreten Gefahr des Todes voraus (BGH, Beschl. v. 23.7.2004 - 2 StR 101/04 - NStZ 2005, 156, 157; BGH, Beschl. v. 14.6.2016 - 3 StR 196/16 Rn. 9). | |
§ 250 Abs. 3 StGB |
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... (3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. |
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90 |
Bei
der Prüfung des Vorliegens eines minderschweren Falles muss
untersucht werden, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller
subjektiver Momente und der Täterpersönlichkeit vom
Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle so erheblich
abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 250
Abs. 3 StGB geboten erscheint. Dafür ist eine Gesamtbetrachtung
erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu
würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des jeweiligen
Täters in Betracht kommen, gleich, ob sie der Tat selbst
innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (BGH, Urt.
v. 22.6.2011 - 2 StR 135/11; siehe auch: § 50 StGB Rdn. 5). Die zur Begründung eines minder schweren Falles allein herangezogene Tatsache, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung gerade erst (d. h. vor drei Monaten) das 21. Lebensjahr vollendet hatte, ist für sich genommen nicht geeignet, einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB zu begründen (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2007 - 2 StR 606/06 - NStZ 2007, 404). Rechtsfehlerhaft ist der Ausschluss eines minder schweren Falles (§ 250 Abs. 3 StGB) infolge der Bewertung zu Lasten des Angeklagten, dass dieser zu der Tat "bewusst die von ihm vorher beschaffte Schreckschusspistole mitgenommen hat". Gleiches gilt auch bei der diesbezüglichen Strafzumessung. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB, denn der vorsätzliche Einsatz des sonstigen Werkzeugs zur Erzwingung des Rauberfolgs ist Voraussetzung des Tatbestands der Qualifikation gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB und darf innerhalb des dadurch eröffneten Strafrahmens nicht nochmals straferhöhend gewertet werden (BGH, Beschl. v. 16.3.2007 - 2 StR 35/07). Wird die Ausrüstung und der tatsächliche bzw. geplante Einsatz von Pfefferspray als bestimmender Umstand bei der Ablehnung von minder schweren Fällen nach § 250 Abs. 3 StGB herangezogen, wird damit entgegen § 46 Abs. 3 StGB das Merkmal des Tatbestandes bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten herangezogen, welches die Raubqualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und damit den zugrunde gelegten Strafrahmen begründet (vgl. BGH, Beschl. v. 21.12.2010 - 4 StR 610/10). Umgekehrt schließt es das Mitsichführen einer nicht funktionsfähigen Schußwaffe bei der Tat - für sich genommen - aus, dies als Umstand zu werten, der für die Annahme eines minder schweren Falles i.S.d. § 250 Abs. 3 StGB sprechen kann (vgl. BGH, Urt. v. 9.8.2000 - 3 StR 176/00 - NStZ-RR 2001, 215; Kudlich JR 1998, 357, 358 f.; Günther in SK-StGB, 43. Lfg. § 250 Rdn. 55; Tröndle/Fischer § 250 Rdn. 12). Denn dies steht im Widerspruch zu der Bewertung des Gesetzgebers, die der Neufassung des § 250 StGB durch das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164, 178) zugrunde liegt (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 6. StrRG, BTDrucks. 13/8587 S. 44, sowie den Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 17 f.). Der gegenüber dem § 250 Abs. 1 StGB a.F. mildere Regelstrafrahmen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB n.F. wurde danach gerade auch für den Fall geschaffen, daß der Täter beim Raub oder der räuberischen Erpressung eine nicht funktionsfähige Schußwaffe mit sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden (vgl. BGH NJW 1998, 2914, 2915; 1998, 3130; BGH, Urt. v. 9.8.2000 - 3 StR 176/00 - NStZ-RR 2001, 215). Die Annahme eines minder schweren Falles darf wegen der mit der Schaffung des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB vorgenommenen gesetzgeberischen Wertung jedenfalls nicht allein bzw. wesentlich mit dem Umstand begründet werden darf, dass bei der Tat eine Scheinwaffe eingesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 3.4.2002 - 1 ARs 5/02 - NStZ-RR 2002, 265; BGH, Urt. v. 7.1.2015 - 2 StR 163/14). Ein minder schwerer Fall kann vorliegen, wenn das Opfer die Beute sofort zurückerlangt hat, diese nicht allzu hoch war, die Tat auf einem spontanen Entschluss beruhte und die Gewaltanwendung (Reizgaseinsatz) ebenso wie die später - nach Vollendung - erfolgte Attacke mit dem Stuhl durch den Angeklagten zu keinen erheblichen Verletzungen des Opfers geführt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2007 - 5 StR 445/06). Bei der Prüfung des minder schweren Falles ist, wenn neben allgemeinen Milderungsgründen auch ein sog. "vertypter" Milderungsgrund vorliegt, zuerst zu erwägen, ob schon die unbenannten Milderungsgründe für die Annahme eines minder schweren Falles ausreichen oder ob erst das Hinzutreten des vertypten Milderungsgrundes die Tat als minder schweren Fall erscheinen lässt, oder ob der wegen des vertypten Milderungsgrundes nach § 49 StGB gemilderte Strafrahmen besser zur Ahndung des Unrechts geeignet ist (vgl. BGH NStZ 1999, 610; BGH, Beschl. v. 17.7.2007 - 4 StR 293/07; vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.9.2009 - 5 StR 375/09; BGH, Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 507/09; vgl. ferner BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12; BGH, Beschl. v. 4.8.2015 - 5 StR 247/15: § 23 Abs. 2 StGB; BGH, Beschl. v. 9.11.2016 - 2 StR 171/16 Rn. 6: betr. § 46a StGB). Nach der rechtlich zwingenden Prüfungsreihenfolge ist zunächst ohne Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes (etwa des § 21 StGB) und unter alleiniger Heranziehung der allgemeinen Strafmilderungsgründe zu prüfen, ob die Tat als minder schwerer Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB zu werten ist. Ist dies nicht der Fall, muss im Anschluss an die Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände weiter zu prüfen, ob der mildere Sonderstrafrahmen unter zusätzlicher Heranziehung des gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes (etwa des § 21 StGB) der Strafzumessung im engeren Sinne zu Grunde gelegt werden kann. Erst wenn danach weiterhin kein minderschwerer Fall anzunehmen ist, darf wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes der gemilderte Regelstrafrahmen der Strafzumessung zu Grunde gelegt werden (BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12; BGH, Beschl. v. 26.10.2011 - 2 StR 218/11 - NStZ 2012, 271; BGH, Beschl. v. 21.11.2007 - 2 StR 449/07 - NStZ-RR 2008, 105; Fischer, StGB, 59. Auflage 2012, § 50 Rn. 4 m.w.N.). Beispiel: Das Tatericht hat der Strafzumessung den nicht weiter geminderten Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt. Dabei hat es zwar die Gehilfenstellung des Angeklagten mitberücksichtigt, es hat indes nicht, wie geboten (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 50 Rn. 4), vorrangig geprüft, ob bereits die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles rechtfertigen, wonach der Sonderstrafrahmen nochmals nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB zu mindern gewesen wäre. Ungeachtet der Vorbelastungen des Angeklagten und der Tatbegehung im Jugendstrafvollzug ließ sich eine solche Möglichkeit bei dem Gewicht der vom Tatgericht aufgeführten allgemeinen Milderungsgründe und dem verhältnismäßig geringen konkreten Maß des Vermögensfaktors der Tat nicht sicher ausschließen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.9.2012 - 5 StR 415/12). Das Vorliegen eines vertypten Strafmilderungsgrundes kann bereits für sich allein oder zusammen mit den festgestellten sonstigen Milderungsgründen einen minder schweren Fall begründen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 7.6.2005 - 4 StR 173/05 und die Nachweise bei Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 50 Rdn. 4 ff.). Angesichts einer Serie von zehn Raubtaten, die in schneller Abfolge, meist nach drei bis vier Tagen, begangen wurden und bei denen zwei maskierte und bewaffnete Täter zusammenwirkten, liegt die Annahme minder schwerer Fälle bei einem mehrfach vorbestraften Angeklagten in einem solchen Maße fern, dass nur bei Vorliegen ganz erheblicher Strafmilderungsgründe ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Faktoren hätte festgestellt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2006 - 3 StR 451/05; zu den Anforderungen an die vorzunehmende Gesamtwürdigung Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 85 m. w. N.). In die Würdigung kann maßgebend der Umstand einzubeziehen sein, dass es sich um eine Tat eines suchtkranken Angeklagten innerhalb des Drogenmilieus mit einer geringen Beuteerwartung und geringer Beute handelte (vgl. BGH, Beschl. v. 10.3.2009 - 5 StR 56/09 - StV 2009, 358; vgl. auch BGH, Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 507/09). Die zweifache Milderung des Regelstrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB gemäß §§ 21, 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB eröffnet einen von sechs Monaten bis zu acht Jahren fünf Monaten Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen, der mithin günstiger als der des minder schweren Falles ist (vgl. BGH, Urt. v. 4.8.2004 - 2 StR 183/04). Nicht zu beanstanden ist, dass die angenommene erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund Alkoholisierung im Rahmen der Prüfung eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt wird, wenn der Angeklagte nur zwei Monate vor der jetzt abgeurteilten Tat wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB wegen erheblicher Verminderung der Schuldfähigkeit aufgrund Alkoholkonsums verurteilt worden war und Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte den Alkoholkonsum aufgrund einer Alkoholkrankheit nicht vermeiden konnte, nicht ersichtlich sind. Unter diesen Umständen erscheint eine positive Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit nicht angezeigt und bietet, wenn aus anderen Gründen die Voraussetzung des § 250 Abs. 3 StGB anzunehmen sind, keinen Raum für eine weitere Milderung des Strafrahmens gemäß §§ 21, 49 StGB (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 38; BGH, Beschl. v. 9.11.2009 - 5 StR 421/09). Erhebliche Bedeutung kann im Rahmen der Gesamtwürdigung dem Nachtatverhalten zukommen, etwa wenn der Angeklagte sich selbst der Polizei gestellt hatte, dort auch sogleich die Tat eingeräumt und zudem einen ebenfalls an der Tat beteiligten als Mittäter bezeichnet hatte; insoweit hat er wichtige Aufklärungshilfe geleistet (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2011 - 2 StR 135/11). Die vom Tatgericht angestellten Erwägungen können lückenhaft sein, wenn es im Wesentlichen auf das Gewicht des äußeren Tatgeschehens abgestellt und dabei nicht erkennbar berücksichtigt hat, dass der Angeklagte, der die Tat zur Finanzierung seiner Drogensucht beging, bei ihrer Begehung gerade erst 21 Jahre alt geworden war und er nach jugendstrafrechtlichen Ahndungen, bei denen lediglich Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel verhängt wurden, nunmehr erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Zu seinen Gunsten hatte die Jugendkammer, die insoweit keine näheren Feststellungen treffen konnte, zudem davon auszugehen, dass der Angeklagte die eingesetzten Waffen bei der Tat nicht selbst führte; entsprechend der Feststellungen wurden sie ausschließlich von dem – wegen der Tat vom Amtsgericht zu einer im Urteil nicht mitgeteilten Sanktion verurteilten – Mittäter eingesetzt. Nicht gewürdigt wurde auch die vom psychiatrischen Sachverständigen festgestellte „intellektuelle Grenzbegabung“ des Angeklagten, die allein im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten seiner Unterbringung in der Entziehungsanstalt erwähnt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2012 - 5 StR 391/12). In Anbetracht der zahlreichen strafmildernden Umstände (umfassendes Geständnis, junges Alter des Angeklagten, Unbestraftheit, Erstverbüßer, spontane Tatplanerweiterung, gewisser Dilettantismus und wenig vorausschauende Planung der Tat) ist die Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.2014 - 2 StR 90/14 - NStZ-RR 2014, 285). siehe zum minder schweren Fall auch: Zusammentreffen von Milderungsgründen, § 50 StGB; Räuberische Erpressung, § 255 StGB Rdn. 65; siehe auch: BGH, Beschl. v. 17.6.2004 - 3 StR 172/04 (infolge krimineller Intensität unvertretbar angenommener minder schwerer Fall); BGH, Beschl. v. 29.11.2012 - 5 StR 493/12 (Fehlerhafte Annahme minder schwerer Fälle) |
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Konkurrenzen |
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K.1 |
Die Qualifikation des Bandenraubes (§ 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB) wird durch den Qualifikationstatbestand des Raubes mit schwerer körperlicher Mißhandlung (§ 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB) verdrängt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.8.2000 - 1 StR 349/00). | |
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K.2 |
War
die Tat vollendet aber noch nicht beendet, da etwa die
endgültige Sicherstellung der Beute noch nicht erfolgt war, und
schoß der Angeklagte auf seinen Verfolger "um sich die erlangte
Tatbeute zu erhalten und nicht als Täter der Raubtat identifiziert
zu werden", steht in einem derartigen Fall die Gesetzesverletzung, die
der Beendigung eines bereits vollendeten Raubes dient, zu dieser Tat im
Verhältnis der Tateinheit nach § 52
StGB (vgl. BGHSt 26, 24
ff.; BGHR StGB § 52 Abs.1 Handlung, dieselbe 5, 8, 13 und 21; BGH,
Beschl. v. 27.8.2002 - 1 StR 287/02; BGH NStZ-RR 2002, 333; BGH,
Beschl. v. 12.11.2003 - 2 StR 294/03; BGH,
Beschl. v. 14.1.2004 - 2 StR
445/03). siehe hierzu auch die Nachweise unter Schwere räuberische Erpressung, §§ 255, 250 StGB |
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K.3 |
Zwischen versuchtem Raub und versuchten Totschlag besteht Tateinheit, wenn der Totschlagsversuch zugleich Fortsetzung der für den versuchten Raubes tatbestandsmäßigen Gewalthandlung ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10.5.2000 - 2 StR 142/00). | |
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K.4 |
Kommt der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zu, liegt hierin kein eigenständig zu beurteilender erpresserischer Menschenraubes nach § 239a StGB (vgl. BGHR StGB § 239a Abs. 1 Sichbemächtigen 8; BGH, Urt. v. 15.8.2007 - 5 StR 216/07). Etwas anderes gilt, wenn die Angeklagten sich des Tatopfers bereits in Erpressungsabsicht bemächtigt haben oder sie die stabilisierte Bemächtigungslage zumindest zu einer Erpressung ausnutzten (§ 239a Abs. 1 2. Halbs. StGB; vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2009 - 3 StR 372/09 - NStZ-RR 2010, 46). | |
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K.5 |
Die
der Qualifikation des § 224
Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde
liegende abstrakte Lebensgefährdung wird durch die Qualifikation
der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung in § 250
Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB verdrängt (vgl. BGH,
Beschl. v.
9.7.2004 - 2 StR 170/04; BGH,
Beschl. v. 12.8.2005 - 2 StR 317/05; BGH,
Beschl. v. 11.9.2013 - 2 StR 287/13).
Dies gilt allerdings nicht für den Grundtatbestand der
vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223
Abs. 1 StGB, dessen Tatvariante der Gesundheitsbeschädigung weder
im Unrechtsgehalt der körperlichen Misshandlung gemäß
§ 250
Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a noch in dem der konkreten
Lebensgefährdung gemäß § 250
Abs. 2 Nr. 3
Buchstabe b aufgeht (insoweit missverständlich BGH,
Beschl. v.
9.7.2004 - 2 StR 170/04). Die
vorsätzliche Körperverletzung
steht in Tateinheit zum schweren Raub (vgl. BGH,
Beschl. v. 12.8.2005 - 2 StR 317/05). § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bleibt neben dem Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a StGB bestehen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2012 - 5 StR 541/12). § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB tritt lediglich gegenüber § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB zurück, da die der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB verdrängt wird (BGH, Beschl. v. 26.11.2012 - 5 StR 541/12; BGH, Beschl. v. 12.8.2005 - 2 StR 317/05 - BGHR StPO § 224 Abs. 1 Nr. 5 Gesetzeskonkurrenz 1; insoweit missverständlich BGH, Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 170/04 - StraFo 2004, 396; vgl. auch Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 16, § 250 Rn. 30). Das Merkmal der körperlich schweren Mißhandlung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 a StGB, welches auch in den Qualifikationen der §§ 176a Abs. 1 Nr. 4 und 177 Abs. 4 Nr. 2 StGB enthalten ist, ist in Anlehnung an das frühere Regelbeispiel des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB a.F. auszulegen (BGH NJW 2000, 3655). Der Unrechtsgehalt des Körperverletzungsdelikts wird von dieser Tatbestandsalternative vollständig abgedeckt (Tröndle/Fischer, § 177 Rn. 61; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 177 Rn. 29; SKHorn/Wolters § 177 Rn. 22). Ebenso geht das potentielle Gefährdungsdelikt des § 244 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. Tröndle/Fischer § 224 Rn. 12 m.w.N.) vollständig in der als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Norm des § 250 Abs. 2 Nr. 3 b StGB auf (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 170/04). |
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K.6 |
Die von den jeweiligen Tätern begangenen (gefährlichen) Körperverletzungen (Schläge, Tritte, sonstige Mißhandlungen) z. N. der Opfer der Überfälle werden nicht zwingend von den Verurteilungen wegen (schweren) Raubes konsumiert, auch wenn die Körperverletzungen Mittel der Gewaltanwendungen bei den Raubüberfällen waren. Eine Gewaltanwendung i.S.d. §§ 249 ff. StGB muß nicht so intensiv sein, daß zugleich der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02 m.w.N.). Dies ist etwa der Fall, wenn die körperlichen Mißhandlungen der Geschädigten weit über das für die Verurteilung wegen Raubs erforderliche Maß der Gewalt hinausgehen, zusätzliches Unrecht enthalten und daher von der Verurteilung wegen (schweren) Raubs nicht umfaßt werden (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 173, 174 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 363/02). | |
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K.7 |
Gegenüber dem vollendeten schweren Raub tritt die tateinheitlich verwirklichte versuchte (schwere) räuberische Erpressung, die auf denselben Gegenstand, nämlich einen Teilbetrag des schließlich durch den Raub erbeuteten Geldbetrages gerichtet war, als mitbestrafte Vortat zurück (vgl. BGH NJW 1967, 60, 61; BGH, Beschl. v. 21.10.1997 - 4 StR 464/97; BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - 4 StR 554/03; BGH, Beschl. v. 7.11.2012 - 5 StR 511/12; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 253 Rdn. 31). | |
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K.8 |
Ging die Freiheitsberaubung über das zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 177 StGB Erforderliche hinaus, steht die sexuelle Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 4 StR 440/00). Hierzu kann auch ein zuvor (etwa durch die gewaltsame Wegnahme des Kraftfahrzeugs des Tatopfers) begangener schwerer Raub in Tateinheit stehen, wenn etwa die durch die Fesselung ausgeübte Gewalt bereits der Wegnahme des Kraftfahrzeugs des Tatopfers diente, mithin auch insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt wurde (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Konkurrenzen 1, 7; BGH, Beschl. v. 2.3.1995 - 4 StR 49/95; BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 4 StR 440/00). | |
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K.9 |
Hat
der Angeklagte das zunächst dem Eigentümer geraubte
Kraftfahrzeug an ein Autohaus weiterverkauft, ist hierdurch eine
weitere Rechtsgutverletzung eingetreten, da dieses nach § 935 Abs.
1 BGB trotz Gutgläubigkeit kein Eigentum erwerben konnte und somit
um die Gegenleistung geschädigt worden ist. Es liegt daher
Tatmehrheit vor (vgl. RG HRR 1933, 550; BGH,
Beschl. v. 10.10.2001 - 3
StR 372/01). siehe auch: Betrug, § 263 StGB |
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K.10 |
Die
Nötigung tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter dem
versuchten besonders schweren Raub zurück (vgl. BGHSt 48, 233, 238
f.; 32, 165, 176; BGH,
Urt. v. 23.7.2008 - 5 StR 46/08 - NStZ
2008,
626; Fischer aaO § 240 Rdn. 63). siehe auch: Nötigung, § 240 StGB |
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K.11 |
Die
durchgängige Gewaltanwendung bei der Deliktsbegehung kann den
Tatbestand der schweren Vergewaltigung und den der schweren
Vergewaltigung tateinheitlich verbinden (vgl. BGH,
Beschl. v. 6.10.2009 - 3 StR 303/09
betr. sexuelle Erregung des Angeklagten und
Vergewaltigung des Tatopfers anlässlich dessen Fesselung zu
Raubzwecken). vgl. auch die Darstellung zu den Konkurrenzen unter: Raub, § 249 StGB |
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K.12 |
siehe
hierzu: §
251 StGB Rdn. K.15 - Versuchter Raub mit Todesfolge und besonders
schwerer Raub |
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K.14 |
Der vollendete schwere Raub zum Nachteil der Zeugin Z1 und der versuchte besonders schwere Raub zum Nachteil des Zeugen Z2 stehen im Verhältnis der Idealkonkurrenz, § 52 StGB. Anders als in den Fällen, in denen sich die Tat nur gegen ein Opfer richtet (BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04 - BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5), tritt hier der versuchte besonders schwere Raub nicht hinter dem vollendeten schweren Raub zurück. Raub und räuberische Erpressung sind Willensbeugungsdelikte. In das höchstpersönliche Rechtsgut der Willensfreiheit haben die Angeklagten zum Nachteil beider Zeugen eingegriffen. Wer durch eine Handlung höchstpersönliche Rechtsgüter von mehreren Personen angreift, begeht dadurch die gleiche Tat mehrmals (BGH, Urt. v. 28.4.1992 - 1 StR 148/92 - BGHR StGB § 253 Abs. 1 Konkurrenzen 2). Wenn der Täter mehrere Personen an der Ausübung von Widerstand gegen eine Wegnahme hindern will, ist der Tatbestand mehrfach erfüllt (BGH aaO für den Fall der Nötigung mehrerer Personen zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung) (vgl. BGH, Beschl. v. 8.11.2011 - 3 StR 316/11 - BGHR StGB § 249 Abs. 1 Konkurrenzen 1 und 6; vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 15.1.1992 – 3 StR 522/91 und BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 5 StR 256/12). | |
Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 250 Abs. 1 StGB: 3
Jahre bis 15
Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 6 Monate bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 250 Abs. 2 StGB: 5 Jahre bis 15 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 2 Jahre bis 11 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 6 Monate bis 8 Jahre 5 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 6 Jahre 3 Monate 4 Wochen Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 250 Abs. 3 StGB: 1 Jahr bis 10 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 5 Jahre 7 Monate 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 4 Jahre 2 Monate 2 Wochen 4 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 10 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB enthält für minder schwere Fälle des § 250 Abs. 1 und 2 StGB dieselbe Strafandrohung (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 24.11.2016 - 4 StR 269/16). |
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S.1.1 |
Wird
die wegen versuchten schweren Raubes verhängte Einzelstrafe
(etwa von drei Jahren Freiheitsstrafe) dem Strafrahmen für minder
schwere Fälle nach § 250
Abs. 3 StGB entnommen und eine
weitere Milderung gemäß § 49
StGB abgelehnt, "weil ohne
die Heranziehung der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21
StGB)
und des Versuchs ein minder schwerer Fall nicht hätte
begründet werden können", ist dies rechtsfehlerhaft, wenn
dabei übersehen wird, dass die zweifache Milderung des
Regelstrafrahmens des § 250
Abs. 1 StGB gemäß
§§ 21,
23
Abs. 2, 49
Abs. 1 StGB einen von einem Monat bis zu
acht Jahren fünf Monaten Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen
eröffnet, der mithin günstiger als der des minder schweren
Falles ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 23.6.2000 - 2 StR 118/00; BGH,
Beschl.
v. 1.3.2001 - 4 StR 36/01 - NStZ-RR 2001, 295; vgl.
auch BGH,
Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR
556/09; vgl. auch BGH,
Beschl. v. 17.6.2010 - 5 StR
206/10 betr.
doppelte Milderung des Strafrahmens des § 250 Abs. 2
StGB im Verhältnis zum minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3
StGB). Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn bei den Angeklagten die verhängten Strafen von zwei Jahren und sechs Monaten (B.) und ein Jahr (A.) aus dem gemäß §§ 23 Abs. 2, 46b Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB (B.) bzw. §§ 30 Abs. 1, 2, 46b Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB (A.) zweifach gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommen (sechs Monate bis acht Jahre und fünf Monate) wurden, dabei jedoch die vorrangige (vgl. BGH Beschl. v. 19.11.2013 – 2 StR 494/13 m.w.N.) Prüfung unterlassen, ob das Hinzutreten bereits eines der „vertypten“ Milderungsgründe zu den allgemeinen Milderungsgründen zur Annahme eines minderschweren Falles im Sinne von § 250 Abs. 3 StGB ausgereicht hätte. In diesem Fall wäre eine weitere Milderung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB gemäß § 49 Abs. 1 StGB in Betracht gekommen, die zu einem Strafrahmen von drei Monaten bis sieben Jahren und sechs Monaten geführt hätte. Mit Rücksicht auf die zahlreichen Milderungsgründe sowie auf die im unteren Bereich des vom Landgericht gewählten Strafrahmens liegende Strafe kann der Senat nicht ausschließen, dass die Freiheitsstrafen bei den Angeklagten B. und A. niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht diesen Strafrahmen zugrunde gelegt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 2 StR 144/14). Stützt sich das Tatgericht zur Begründung der im anwendbaren Strafrahmen gefundenen Strafe ausschließlich unter pauschaler Verweisung auf die im Rahmen der Erörterungen zum minderschweren Fall dargestellten nicht unerheblichen Strafmilderungsgründe und werden Strafschärfungsgründe nicht genannt, kann eine beträchtliche Übersetzung der erheblichen Mindeststrafe des § 250 Abs. 2 StGB unbegründet sein (vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2009 - 5 StR 241/09 - NStZ-RR 2009, 336 betr. Verurteilung zu sechs Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe). Fehlt es an der notwendigen Gesamtwürdigung, von welchem Strafrahmen auszugehen ist, dem des § 250 Abs. 3 oder dem der §§ 250 Abs. 2, 46b, 49 StGB, kann dies den Angeklagten beschweren, da der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) für den Angeklagten günstiger ist als der nach §§ 46b, 49 StGB gemilderte Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB (Freiheitsstrafe von zwei Jahren bis zu elf Jahren und drei Monaten). Bei den dem Angeklagten zugutegehaltenen Strafmilderungsgründen kann insbesondere zu berücksichtigen sein, dass der eigenhändige Tatbeitrag des Angeklagten relativ geringfügig war und in die Gesamtwürdigung maßgebend einzubeziehen ist, dass es sich um eine Tat innerhalb des Drogenmilieus mit bereits geringer Beuteerwartung handelte, bei der der Angeklagte zudem keine Selbstzueignungsabsicht hatte. Angesichts des Umfangs und Gewichts der schon zugunsten des Angeklagten angeführten Milderungsgründe (unter anderen seine Drogensucht zur Zeit der Tat, die knapp fünf Jahre zurücklag, die lange Verfahrensdauer von über vier Jahren und das Fehlen von Vorstrafen) kann sich daher die Annahme eines minder schweren Falles aufdrängen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.7.2014 - 5 StR 275/14). Ist der Straftatbestand des besonders schweren Raubs erfüllt, bestimmt sich die zu verhängende Strafe allein nach dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB, sofern nicht die Voraussetzungen eines minder schweren Falls (§ 250 Abs. 3 StGB) gegeben sind. Der Straftatbestand des 250 Abs. 1 StGB tritt hinter dem Tatbestand des § 250 Abs. 2 StGB zurück (BGH, Beschl. v. 30.10.2013 - 2 StR 282/13; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 250 Rn. 50) mit der Folge, dass das verdrängte Strafgesetz nicht zur Anwendung kommt (vgl. BGH, Beschl. v. 30.10.2013 - 2 StR 282/13; Fischer, StGB, 60. Aufl., Vor § 52 Rn. 44). Dem Tatgericht ist es deshalb auch verwehrt, auf den Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB zurückzugreifen (BGH, Beschl. v. 30.10.2013 - 2 StR 282/13). |
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S.3 |
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S.3.2 |
Zu
gunsten des Angeklagten kann die geringe Beute und der
Umstand, dass es sich bei dem Tatgeschehen um eine Abrechnung unter
Kriminellen handelte, zu berücksichtigen sein (vgl. BGH,
Beschl.
v. 25.2.2009 - 5 StR 22/09). In die bei der Strafrahmenwahl gebotene Gesamtwürdigung kann der für den Angeklagten sprechende Umstand einzubeziehen sein, daß die Tat zwar schon vollendet war, der vom Angeklagten begründete Gewahrsam aber unmittelbar nach Vollendung der Tat durch das Eingreifen des Tatopfers wieder gebrochen wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2002 - 4 StR 442/02). |
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S.3.3 |
Der
Regelung des § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB unterfällt der
Einsatz eines einfachen Schlaginstruments ebenso wie die Verwendung
einer aufmunitionierten vollautomatischen Selbstladeschußwaffe
oder einer scharfen Handgranate; sie erfaßt daher ohne weitere
Differenzierung Tatmodalitäten, die sich in ihrer
Gefährlichkeit für die betroffenen Tatopfer sehr
unterschiedlich darstellen können. In einem solchen Fall verbietet
es § 46
Abs. 3 StGB nicht, eine im Einzelfall aufgrund des
verwendeten Tatwerkzeuges besonders gefährliche Art der
Tatausführung, durch die das geschützte Rechtsgut in
besonders intensiver Form gefährdet wird, straferschwerend zu
berücksichtigen (vgl. auch BGHSt 44, 361, 368; BGH,
Urt. v.
11.4.2002 - 4 StR 537/01 - NStZ 2002, 480 u. Parallelsache
BGH, Urt. v.
11.4.2002 - 4 StR 538/01: der Angeklagte und sein Mittäter setzten
jeweils mit 14 Patronen geladene Schußwaffen ein, mit denen sie
sowohl die Bankangestellten als auch mehrere anwesende Kunden
bedrohten, vgl. auch BGH,
Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 54/01
a.E.; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 46 Rdn. 300). Die strafschärfende Erwägung, der Angeklagte habe es in Kauf genommen, durch die Tat eine größere Anzahl von Menschen in Furcht und Schrecken zu versetzen, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar ist bei der Begehung einer Straftat nach § 255 StGB die Angst des Tatopfers regelmäßig nur die Folge der für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben; sie stellt daher grundsätzlich keinen selbständigen Strafschärfungsgrund dar (§ 46 Abs. 3 StGB; vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 3; BGH StV 1996, 206; NStZ 1998, 404; offen gelassen in BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 5). Erkennbar wollte das Landgericht dem Angeklagten jedoch insoweit nur besonders anlasten, daß bei den Banküberfällen jeweils mehrere Menschen, darunter auch unbeteiligte Bankkunden, in Angst um ihr Leben versetzt worden sind. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. auch BGH NStZ 1998, 404, 405; BGH, Urt. v. 11.4.2002 - 4 StR 537/01 - NStZ 2002, 480 u. Parallelsache BGH, Urt. v. 11.4.2002 - 4 StR 538/01). Die Annahme einer gesteigerten kriminellen Energie und einer besonderen Gefährlichkeit kann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn der Angeklagte den Raubüberfall mit einer großkalibrigen und damit besonders gefährlichen Waffe in einem von 15 bis 20 Personen besuchten Vereinslokal begangen hat, bei dem in besonderem Maße die Gefahr bestanden hatte, daß einer der Gäste dem Opfer zu Hilfe kommen und damit dem Angeklagten Anlaß zur Schußabgabe geben konnte (vgl. BGH, Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 54/01). Auch eine den Durchschnitt sonstiger Fälle weit übersteigende Brutalität und Menschenverachtung über einen längeren Zeitraum hinweg mit grausamen Folterungen stellt einen bestimmenden Strafschärfungsgrund dar (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2016 - 5 StR 387/15). |
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S.3.4 |
Wird
zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er "ein
gefährliches Werkzeug mit sich" führte, lässt diese
Erwägung mit Blick auf den angenommenen schweren Raub
gemäß § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einen
Verstoß gegen § 46
Abs. 3 StGB besorgen (vgl. BGH,
Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR
556/09). Die straferschwerende Bewertung, dass "er, als er zum zweiten Mal zum Opfer in die Wohnung ging, auch ganz gezielt das Pfefferspray mitgenommen (hat), gerade um den Widerstand des Opfers durch Anwendung des Sprays zu brechen" verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB, denn die Merkmale des Tatbestandes - hier: des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB - die der Gesetzgeber bereits bei der Bestimmung des Strafrahmens als maßgeblich verwertet hat, dürfen nicht nochmals bei der Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 228 [zu § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F.]; BGH, Beschl. v. 4.2.1999 - 4 StR 16/99 [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F.]; BGH, Beschl. v. 3.12.2002 - 4 StR 442/02; vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 12.6.2012 - 3 StR 186/12: straferschwerende Berücksichtigung des Umstands, dass der Angeklagte "den angestrebten Taterfolg nicht nur durch das bloße Entreißen der Handtasche, sondern unter Einsatz des Pfeffersprays […] zu erreichen" versuchte; dabei hat der BGH offen gelassen, ob eine strafschärfende Verwertung des Pfeffersprayeinsatzes unter dem Gesichtspunkt rechtsfehlerfrei wäre, dass nicht nur die Wegnahme ermöglicht, sondern zudem die Identifizierung des Angeklagten als Täter erschwert werden sollte). Die strafschärfende Erwägung, wonach sich eine erheblich "über die durch § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gesetzlich vorgegebenen Mindestvoraussetzungen hinausragende kriminelle Energie" daraus ergebe, daß der Angeklagte den Geschädigten unter Vorhalten "eines scharf geladenen, schußbereiten Revolvers" dazu gezwungen habe, gegen die Wegnahme des Geldbündels keinen Widerstand zu leisten, ist unter dem Gesichtspunkt der Doppelverwertung nach § 46 Abs. 3 StGB rechtlich bedenklich, da die Anwendung der Qualifikationsnorm des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB regelmäßig die Verwendung einer gefährlichen und damit geladenen Waffe (vgl. BGHSt 45, 249) voraussetzt (BGH, Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 54/01; siehe auch nachstehend --> Urteilsfeststellungen). Wird dem Angeklagten bei der Strafrahmenwahl und - durch Bezugnahme - auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne angelastet, dass er vom Einsatz der geladenen Gaspistole durch den Mitangeklagten gewusst und diesen gebilligt habe, werden damit Umstände, die den Qualifikationstatbestand nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch Zurechnung gemäß § 25 Abs. 2 StGB begründen, als Strafschärfungsgrund verwendet. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 21.1.2014 - 2 StR 645/13). Die strafschärfende Erwägung, dass auf den Geschädigten "allein aus eigennützigen und habsüchtigen Beweggründen der Tatbeteiligten eingewirkt wurde" verstößt gegen das in § 46 Abs. 3 StGB umschriebene Doppelverwertungsverbot. Die den Angeklagten angelastete Eigennützigkeit gehört zum Regelbild der verwirklichten Raubtat und ist daher kein zulässiger Strafschärfungsgrund (vgl. BGH, Beschl. v. 19.9.2000 - 4 StR 357/00). Hat das Tatgericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bei der Begehung der Tat das Messer bei sich geführt und damit das Tatopfer bedroht habe, beschreibt es damit allein den Tatvorwurf des besonders schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB und führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, wenn das Revisionsgericht nicht ausschließen kann, dass das Tatgericht ohne Berücksichtigung dieses Umstands zu einer geringeren Strafe gelangt wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 16.11.2016 - 2 StR 316/16 Rn. 2). siehe auch: Grundsätze der Strafzumessung, § 46 StGB |
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Urteil |
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U.1 |
Die
von § 260
Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung
der Straftat macht die Kennzeichnung der jeweils gegebenen
Qualifikation notwendig (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1
Urteilsformel 4; BGH, Beschl. v. 28.7.2009 - 3 StR 295/09; BGH,
Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR
11/10; BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2
StR 279/12;
Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. §
260 Rdn. 25a). So ist etwa bei § 250
Abs. 1 Nr. 1 StGB auf
"schweren Raub" (vgl. nur BGH,
Beschl. v. 6.10.2009 - 3 StR 303/09)
und
bei Verwirklichung des § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB durch die
Verwendung der Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs auf
"besonders schweren Raub" zu erkennen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 342; BGH,
Beschl. v. 3.9.2009 – 3 StR 297/09 - NStZ-RR 2009, 377; BGH,
Beschl. v. 28.7.2009 - 3 StR 295/09; BGH,
Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR
271/09; BGH,
Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 349/09; BGH,
Beschl. v.
20.10.2009 - 3 StR 386/09; BGH,
Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR
11/10; BGH,
Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 -
NStZ 2010, 390; BGH,
Urt. v. 18.2.2010 - 3 StR
556/09; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR
190/10 - NStZ
2011, 211; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 4 StR 124/11; BGH, Urt. v.
5.5.2011 - 3 StR 57/11; BGH, Beschl. v. 26.10.2011 - 2 StR 218/11;
BGH, Beschl. v. 11.1.2012 - 4 StR 591/11; BGH, Beschl. v. 14.3.2012 - 2
StR 520/11; BGH, Beschl. v. 12.6.2012 - 3 StR 186/12; BGH, Beschl. v.
5.6.2012 - 4 StR 140/12; BGH, Beschl. v. 17.7.2012 - 3 StR 158/12;
BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12; BGH, Beschl. v. 20.9.2012 - 3
StR 380/12; BGH, Beschl. v. 3.7.2013 - 4 StR 186/13; BGH, Beschl. v.
8.7.2014 - 2 StR 144/14; Fischer, StGB 58.
Aufl. § 250 Rdn. 2;
Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30). Die Angabe mittäterschaftlicher Begehung ("gemeinschaftlich") in der Urteilsformel ist entbehrlich und hat aus Gründen der Übersichtlichkeit zu unterbleiben (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2009 - 3 StR 295/09; BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 386/09; BGH, Beschl. v. 11.1.2012 - 4 StR 591/11; BGH, Beschl. v. 5.6.2012 - 4 StR 140/12; BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 2 StR 144/14; MeyerGoßner/Schmitt StPO 57. Aufl. § 260 Rn. 24). siehe hierzu näher: § 260 StPO, Urteil --> Abs. 4 |
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U.1.1 |
Die
Aufnahme des Vorliegens eines gesetzlichen Regelbeispieles in die
Urteilsformel ("im minder schweren Fall") ist entbehrlich, weil allein
für die Strafzumessung von Bedeutung (vgl. BGH,
Beschl. v.
1.9.2009 - 3 StR 349/09; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260
Rdn. 24 f.). Der minder schwere Fall wird insoweit nur in der
Normenkette der angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht (vgl.
BGHSt 27, 287, 289; 23, 254, 256; BGH,
Beschl. v. 11.3.2008 - 3 StR
36/08; BGH,
Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 192/02; BGH,
Beschl. v.
22.7.2003 - 3 StR 243/03; BGH,
Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08). siehe zur Urteilsformel auch: Urteil, § 260 StPO |
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U.2 |
Verwendet
ein Mittäter des Angeklagten eine zur Bedrohung
eingesetzte geladene Schreckschußpistole, muss für eine
Verurteilung des Angeklagten nach § 250
Abs. 2 StGB festgestellt
werden, dass der Angeklagte Kenntnis vom Ladezustand dieser Waffe hatte
(vgl. BGH,
Urt. v. 19.7.2005 - 4 StR 184/05). Das zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigte hohe Gefährdungspotential durch das Vorhalten eines "nicht gesicherten und geladenen Revolvers, in dessen Lauf sich eine schußbereite Patrone befand", ist rechtlich bedenklich und müsste auch belegt sein. Sofern es sich bei der verwendeten Waffe tatsächlich um einen Revolver gehandelt hatte, hätte es der Feststellung bedurft, daß dieser ausnahmsweise über eine Sicherungseinrichtung verfügte, die der Angeklagte entriegelt hatte, da Revolver in aller Regel über keine Sicherungen verfügen. Im übrigen wäre dann die zur Begründung einer höheren Gefährlichkeit herangezogene Feststellung, wonach sich eine Patrone im Lauf befunden habe, unberechtigt, da sich bei Revolvern die Patronen nicht im Lauf, sondern in der Trommel befinden, was bei diesen Waffen den Normalzustand darstellt (vgl. BGH, Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 54/01). Die Feststellungen zu der vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten geladenen und funktionsfähigen Schreckschusspistole tragen nicht die Annahme des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn sie nicht belegen, dass nach der Bauart der Schreckschusspistole beim Abfeuern der Munition der Explosionsdruck nach vorne durch den Lauf austritt und es sich deshalb um eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.2003 – GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197, 201; BGH, Beschl. v. 6.6.2012 – 5 StR 233/12; BGH, Beschl. v. 18.7.2012 - 5 StR 327/12; BGH, Beschl. v. 25.7.2012 - 2 StR 138/12). Bedroht der Täter bei einer Raubtat das Opfer mit einer - geladenen oder unterladenen - Schreckschusswaffe, erfüllt er den Qualifikationstatbestand nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Kartuschenmunition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGHSt 48, 197). Feststellungen hierzu sind etwa nicht entbehrlich, wenn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390). Fehlende diesbezügliche Feststellungen können sich auf den Schuldspruch auswirken und zur Urteilsaufhebung führen, da bei lückenhaften Feststellungen zur Tatwaffe nicht erkennbar ist, ob die Angeklagten lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht, mithin einen schweren Raub begangen haben, oder einen besonders schweren Raub im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 3 StR 83/12). Bedrohte der Angeklagte die überfallene Kassiererin mit einer funktionsfähigen "Schreckschuss-, Gas- und Signalpistole der Marke 'Reck', Modell G5", wobei das Magazin mit fünf Kartuschen - "einer Kartusche Kal. 8 mm Knall und vier Kartuschen Kal. 8 mm CS-Reizgas" - geladen war, ergibt sich hieraus zwar nicht ausdrücklich, jedoch aufgrund der mitgeteilten näheren Umschreibung, dass der Angeklagte eine geladene Schreckschusswaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt, verwendete und mithin den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllte (vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.2003 - GSSt 2/02 - BGHSt 48, 197; BGH, Beschl. v. 9.2.2010 - 3 StR 17/10 - NStZ 2010, 390; BGH, Urt. v. 5.5.2011 - 3 StR 57/11; BGH, Beschl. v. 6.6.2012 - 5 StR 233/12; kritisch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 244 Rn. 7 ff.). Zum einen ist bei einer Signalpistole der Druckaustritt nach vorn erforderlich, weil sich anderenfalls Signalmunition nicht verschießen ließe. Zum anderen ergibt sich hier aufgrund der mitgeteilten konkreten Typenbezeichnung die Bauweise der Pistole (BGH, Urt. v. 5.5.2011 - 3 StR 57/11; s. dazu BGH, Urt. v. 14.11.2001 - 3 StR 352/01). Wird zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass seine Pistole bei den Raubtaten nicht geladen war, darf nicht gleichwohl bei der Strafzumessung statt des damit anzuwendenden Strafrahmens des § 250 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von drei bis 15 Jahren) rechtsfehlerhaft der Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB zugrunde gelegt werden, der die Verhängung einer Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren vorsieht (vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.2012 - 4 StR 140/12). |
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U.2.30 |
Beispiel: Die Feststellung, die Zeugin Z. sei 'zuvor' also bevor der Mitangeklagte M. den Tatort verließ mit einem Schal und dem abgeschnittenen Trageriemen ihrer Handtasche an Händen und Füßen gefesselt worden, rechtfertigt aber nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen eines insoweit (nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) qualifizierten Raubes. Ob eine Fesselung der Zeugin der von vornherein getroffenen Tatabrede entsprach, war nicht festgestellt worden. Auch ließen die Feststellungen nicht erkennen, ob der Angeklagte sich zum Zeitpunkt der Fesselung überhaupt noch im Haus befand, ob er gegebenenfalls daran unmittelbar beteiligt war, ob es während der Tatausführung zu einer sei es auch nur stillschweigenden - Absprache mit dem Mitangeklagten über die Fesselung kam oder der Angeklagte sich wenigstens in Kenntnis der Fesselungsabsicht des Mitangeklagten weiter an der Tat beteiligt hat (zum letztgenannten Fall mittäterschaftlicher Zurechnung vgl. BGH NStZ-RR 2002, 9 [Senat]; NStZ 2004, 263; Fischer StGB § 25 Rn. 20). Derartiger Feststellungen hätte es aber bedurft, um beurteilen zu können, ob der Angeklagte das Qualifikationsmerkmal selbst erfüllt hat oder ihm dieses nach mittäterschaftlichen Grundsätzen zuzurechnen war (BGH, Beschl. v. 12.3.2013 - 2 StR 583/12). | |
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U.2.50 |
Wird die Anwendung bei nicht nahe liegenden Ausnahmestrafrahmen verneint, erleichtert es die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht unerheblich, wenn das Tatgericht - sei es auch nur kurz - auf den § 250 Abs. 3 StGB eingeht (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2009 - 1 StR 526/09). | |
Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für schweren Raub (§ 250 Abs. 1 und 2 StGB) beträgt zwanzig Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB betrifft minder schwere Fälle und bleibt bei der Bestimmung der Verjährungsfrist unberücksichtigt (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
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Z.2 |
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Z.2.1 |
Das
Verbrechen nach § 250
StGB stellt ferner eine Katalogtat nach
§ 100a
Abs. 2 Nr. 1 k StPO dar, bei der unter den weiteren
Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die
Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf. siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO |
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Z.2.2 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO), so dürfen nach § 100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig. siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation |
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Z.2.3 |
Nach
§ 100f
Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen
außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich
gesprochene Wort
mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete,
auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in
Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht
hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Dabei darf sich gemäß § 100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nach § 100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Für das Verfahren gelten nach § 100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO entsprechend. siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel |
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Z.2.3.1 |
Den
Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen,
Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung
in § 100h
StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor. siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel |
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Z.2.4 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a
Abs. 2 StPO
bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat
vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie 2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO). siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten |
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Z.2.5 |
Verbrechen
nach § 250
Abs. 1 und 2 StGB gehören zu den in
§ 100c
Abs. 2 StPO genannten besonders schweren Straftaten
(Katalogtaten), bei denen unter den Voraussetzungen des § 100c
Abs. 1 StPO die akustische Wohnraumüberwachung angeordnet werden
darf. siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO |
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Z.2.6 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß eine
Straftat nach § 250
Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen worden ist, so
können gemäß § 111
Abs. 1 Satz 1 StPO auf
öffentlichen Straßen und Plätzen und an anderen
öffentlich zugänglichen Orten Kontrollstellen eingerichtet
werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese
Maßnahme zur Ergreifung des Täters oder zur Sicherstellung
von Beweismitteln führen kann, die der Aufklärung der
Straftat dienen können. An einer Kontrollstelle ist
gemäß § 111
Abs. 1 Satz 2 StPO jedermann verpflichtet,
seine Identität feststellen und sich sowie mitgeführte Sachen
durchsuchen zu lassen. siehe auch: Kontrollstellen, § 111 StPO |
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Z.3 |
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Z.3.1 |
Ist
der Beschuldigte dringend verdächtig, wiederholt oder
fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende
Straftat nach § 250
StGB begangen zu haben und begründen
bestimmte Tatsachen die Gefahr, dass er vor rechtskräftiger
Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die
Straftat fortsetzen wird und ist Haft zur Abwendung der drohenden
Gefahr erforderlich, besteht der - gemäß § 112a
Abs. 2
StPO subsidiäre - weitere Haftgrund nach § 112a
Abs. 1 Nr. 2
StPO, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten
ist. Liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 StPO vor und sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 StPO nicht gegeben, wird der Haftbefehl auch dann nach § 112 StPO erlassen, wenn Wiederholungsgefahr besteht (vgl. § 112a Abs. 2 StPO; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 112a Rdnr. 17). |
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Z.4 |
§
256
StGB sieht bei Straftaten nach § 250
StGB die
Möglichkeit der Anordnung der Führungsaufsicht vor. Danach
kann, wenn der Angeklagte eine zeitige Freiheitsstrafe von mindestens
sechs Monaten verwirkt hat und die Gefahr besteht, daß er weitere
Straftaten begehen wird, - unbeschadet der Vorschriften über die
Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67b,
67c,
67d
Abs. 2
bis 6 und 68f)
- neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet
werden (§ 68
StGB). Die Anordnung von Führungsaufsicht setzt die Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit des Angeklagten voraus (vgl. hierzu Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 68 Rdn. 6) und ist bei der Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen in der Regel entbehrlich, weil in diesen Fällen entweder § 57 StGB oder § 68f StGB eingreift (vgl. BGHR StGB § 256 Führungsaufsicht 1; BGH, Beschl. v. 8.2.2000 - 4 StR 488/99; Fischer StGB 56. Aufl. § 68 Rdn. 6). siehe auch: § 68 StGB, Voraussetzungen der Führungsaufsicht |
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Z.5 |
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Z.5.1 |
Wer
durch eine rechtswidrige Tat, insbesondere nach § 250
StGB
verletzt ist, kann sich gemäß
§ 395
Abs. 3 StPO der
erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen,
wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren
Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint. siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss |
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Z.5.2 |
Dem
Nebenkläger ist nach § 397a
Abs. 1 Nr. 3 StPO auf seinen
Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er durch ein
Verbrechen nach § 250
StGB verletzt ist, das bei ihm zu schweren
körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder
voraussichtlich führen wird, oder nach § 397a
Abs. 1 Nr. 4
StPO, wenn er durch eine rechtswidrige Tat nach § 250
StGB
verletzt ist und er bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht
vollendet hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen
kann. siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 250
StGB wird verwiesen in: § 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten § 66b StGB siehe auch: Nachträgliche Sicherungsverwahrung, § 66b StGB § 126 StGB siehe auch: § 126 StGB, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten § 138 StGB siehe auch: Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB § 251 StGB siehe auch: Raub mit Todesfolge, § 251 StGB § 316a StGB siehe auch: Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a StGB § 100a StPO siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation § 100c StPO siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO § 111 StPO siehe auch: § 111 StPO, Kontrollstellen § 112a StPO siehe auch: Weitere Haftgründe, § 112a StPO § 395 StPO siehe auch: § 395 StPO, Befugnis zum Anschluss § 397a StPO siehe auch: § 397a StPO, Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand |
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Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 20. Abschnitt (Raub und Erpressung) |
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