www.wiete-strafrecht.de |
|
§
266 StGB
Untreue
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
|
§ 266 Abs. 1 StGB |
|
|
5 |
Betrug
(§ 263
StGB)
und Untreue (§ 266
StGB) schützen das Vermögen
verstanden als die Summe aller geldwerten Güter, die einer Person
nach der Gesamtrechtsordnung zugewiesen sind (BGH, Beschl. v. 18.7.1961
- 1 StR 606/60 - BGHSt 16, 220, 221; BGH, Beschl. v. 22.11.2012 - 1 StR
537/12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 263 Rn. 3). Geschütztes Rechtsgut ist im Falle des § 266 StGB das fremder Hand anvertraute Vermögen (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2005 - 1 StR 491/04 - wistra 2005, 378). § 266 Abs. 1 StGB schützt als ein Vermögens- und Erfolgsdelikt (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/08, Rn. 115; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 592/10) nur das (private oder öffentliche) Vermögen des Geschäftsherrn oder Treugebers als ganzes, nicht seine Dispositionsbefugnis (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt 47, 295 - NJW 2002, 2801; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 592/10; BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14; a.A. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61: die Möglichkeit zur Disposition über das eigene Vermögen gehört zum Kern der von § 266 StGB geschützten Rechtsposition). Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal "Vermögensnachteil" handelt es sich um ein Rechtsgutsverletzungsdelikt. Die Tatvollendung verlangt grundsätzlich jeweils eine eingetretene Minderung des geschützten Vermögens dergestalt, dass sich bei einem Vergleich des Vermögenswertes vor und nach der tatbestandsmäßigen Handlung ein negativer Saldo ergeben muss (vgl. BVerfGE 126, 170, 213 f.; BVerfG NJW 2012, 907, 915 f.; BGH, Beschl. v. 22.11.2012 - 1 StR 537/12). |
|
|
10 |
§ 266
Abs. 1 StGB umfasst zwei Tatbestände, die
üblicherweise als Missbrauchstatbestand
(§ 266
Abs. 1 Var. 1: Wer … missbraucht) und
Treubruchtatbestand
(§ 266
Abs. 1 Var. 2:
Wer
… die ihm obliegende Pflicht … verletzt) bezeichnet
werden (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/08; vgl. statt
vieler Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch,
Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 1). Der
Halbsatz
„und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen
hat, Nachteil zufügt“, ist nach einhelliger Auffassung in
Rechtsprechung und Schrifttum auf beide Tatbestandsvarianten zu
beziehen (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 - - 2 BvR 2559/08; so schon RGSt
69, 58 <59>; vgl. Dunkel, GA 1977, S. 328
<331>;
Mayer, in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 1, 1954,
S. 333 <353>; Wegenast, Missbrauch und
Treubruch, 1994,
S. 11). Tathandlung der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB ist die im Außenverhältnis wirksame, aber im Verhältnis zum Geschäftsherrn bestimmungswidrige Ausübung der Befugnis zur Vermögensverfügung oder Verpflichtung (Mißbrauchstatbestand) oder die Verletzung der sich aus einem Treueverhältnis ergebenden Vermögensbetreuungspflicht (Treuebruchstatbestand); Taterfolg ist die Verursachung eines Vermögensnachteils (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1 StR 273/97 - BGHSt 43, 293). Ein Treueverhältnis im Sinne des § 266 StGB erfordert, dass der Täter innerhalb eines nicht unbedeutenden Pflichtenkreises bei Einräumung von Ermessensspielraum, Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit zur fremdnützigen Vermögensfürsorge verpflichtet ist (st. Rspr.,vgl. BGH, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 StR 432/01 - NStZ-RR 2002, 107; BGH, Beschl. v. 3.8.2005 - 2 StR 202/05 - wistra 2005, 460 u. zusammenfassend Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. Rdn. 28, 29 m.w.N.). Zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und dem Handeln des Täters muss ein innerer Zusammenhang bestehen (BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 380/12; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 50 mwN). Die Pflichtwidrigkeit der Handlung reicht zur Tatbestandserfüllung nur dann aus, wenn sie sich gerade auf den Teil der Pflichtenstellung des Täters bezieht, welcher die Vermögensbetreuungspflicht zum Gegenstand hat (BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 380/12; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 60). Untreue setzt sowohl in der Alternative des Missbrauchs- als auch der des Treubruchtatbestandes voraus, dass dem Täter eine sog. Vermögensbetreuungspflicht obliegt. Diese erfordert, dass der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen, die über für jedermann geltende Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und insbesondere über die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, ebenso hinausgeht wie über einen bloßen Bezug zu fremden Vermögensinteressen oder eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf materielle Güter anderer (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2012 – 2 StR 446/11, NStZ 2013, 40 f. Rn. 4; BGH, Beschl. v. 5.3.2013 – 3 StR 438/12 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585, 2590 f. Rn. 52; BGH, Urt. v. 11.12.2014 – 3 StR 265/14 - BGHSt 60, 94, 104 f. Rn. 26; BGH, Urt. v. 28.7.2011 – 4 StR 156/11 - NStZ-RR 2011, 374, 375 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 9). Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des ihm eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urt. v. 28.7.2011 – 4 StR 156/11 - NJW 2011, 2819; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 – 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427, 428; BGH, Beschl. v. 13.9.2010 – 1 StR 220/09 - BGHSt 55, 288, 297 f.; BGH, Beschl. v. 5.3.2013 – 3 StR 438/12 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585, 2590 f.; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 – 4 StR 163/16; BGH, Urt. v. 9.11.2016 - 5 StR 313/15 Rn. 33: betr. pflichtwidrige Genehmigungsentscheidungen). Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB setzt für den Missbrauchs- wie für den Treubruchtatbestand voraus, dass der Täter fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu betreuen hat (vgl. BGHSt 24, 386, 387; 33, 244, 250). Das Treueverhältnis kann insbesondere auf Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft beruhen (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.2010 - 5 StR 428/09; Fischer, StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 39). Der nähere Inhalt und damit auch die Bestimmung einer möglichen Verletzung von Vermögensbetreuungspflichten ergeben sich regelmäßig aus allgemeinem Zivil- oder auch Gesellschaftsrecht. Eine konkrete Pflichtenstellung des Organs einer Gesellschaft kann namentlich aus der Satzung wie auch aus gesellschaftsrechtlichen Regelungen zum Schutz des Gesellschaftsvermögens abzuleiten sein (BGH, Urt. v. 13.4.2010 - 5 StR 428/09). Das Verbot, in eigener Sache tätig zu werden, schließt ein gleichwohl bestehendes Treueverhältnis nicht aus (BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11; so bereits RGSt 72, 347, 348). Soweit in der Rechtsprechung gefordert wird, es müsse sich bei der Vermögensbetreuungspflicht um die bzw. eine Hauptpflicht handeln, soll damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Vermögensbetreuungspflicht um „die“ (wichtigste oder einzige) Hauptpflicht des Betreffenden handeln muss. Nicht anders als etwa bei dem Finanzminister eines Bundeslandes (BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - wistra 2016, 314 ff.), einem Oberbürgermeister (BGH, Urt. v. 24.5.2016 – 4 StR 440/15 - wistra 2016, 311 ff.) oder dem Vorsitzenden des Landesverbandes einer Partei (BGH, Urt. v. 11.12.2014 – 3 StR 265/14 - BGHSt 60, 94 ff.) soll damit vielmehr lediglich deren über eine unter- oder nachgeordnete Pflicht hinausgehende Bedeutung betont werden, die diese zu einer der Hauptpflichten, also einer zumindest mitbestimmenden Verpflichtung, erhebt (BGH, Beschl. v. 5.3.2013 – 3 StR 438/12 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52 Rn. 9; BGH, Urt. v. 11.12.2014 – 3 StR 265/14 - BGHSt 60, 94, 104 Rn. 26; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - wistra 2016, 314, 320 Rn. 52; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 18; vgl. auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 349 f.). Eine Strafbarkeit wegen Untreue setzt daher voraus, dass dem Täter die Vermögensbetreuung als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung obliegt (BGH, Beschl. v. 5.3.2013 – 3 StR 438/12 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52 Rn. 9; BGH, Urt. v. 11.12.2014 – 3 StR 265/14 - BGHSt 60, 94, 104 f. Rn. 26; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585, 2590 f. Rn. 52; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 10; weitere Nachweise bei SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 10) und die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2012 – 2 StR 446/11 - NStZ 2013, 40 f. Rn. 4; BGH, Beschl. v. 5.3.2013 – 3 StR 438/12 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585, 2590 f. Rn. 52; BGH, Urt. v. 11.12.2014 – 3 StR 265/14 - BGHSt 60, 94, 104 f. Rn. 26; BGH, Urt. v. 28.7.2011 – 4 StR 156/11 - NStZ-RR 2011, 374, 375 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 10 "Kassenarzt"; weitere Nachweise bei SSW-StGB/Saliger aaO). Pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB sind nur Verstöße gegen vermögensschützende Normen oder Obliegenheiten (vgl. BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 31 "Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Kassenärzten"; BGH, Beschl. v. 13.9.2010 - 1 StR 220/09 - BGHSt 55, 288, 300 f. - NJW 2011, 88, 91; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - BGHSt 56, 203 ff. - NJW 2011, 1747 betr. PartG: nicht der Verstoß gegen die nicht vermögensschützenden Vorschriften des Parteiengesetzes, sondern die Verletzung der dem Angeklagten aufgrund seiner Funktion durch Rechtsgeschäft auferlegten Treuepflichten begründete damit die Pflichtwidrigkeit seines Tuns i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB, hierzu auch BGH, Beschl. v. 5.9.2012 - 1 StR 297/12). Zwar genügt die bloße Verletzung einer nicht zumindest auch den fremden Vermögensinteressen dienenden Dienstpflicht nicht für eine Verurteilung wegen Untreue (vgl. RGSt 61, 228, 231 [zum Gerichtsvollzieher]; BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11 [zum Rechtspfleger]; SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 32 mwN; für den Nachlassrechtspfleger auch Otto JZ 1988, 883, 884). Jedoch ist eine Normverletzung pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm wenigstens auch, und sei es mittelbar vermögensschützenden Charakter hat (BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2010 - 1 StR 220/09 - BGHSt 55, 288, 300 f. - NJW 2011, 88, 91). Die Anwendung des Untreuetatbestands ist auf „klare und deutliche“ Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken; gravierende Pflichtverletzungen lassen sich nur dann bejahen, wenn die Pflichtverletzung evident ist (BVerfGE 126, 170 Rn. 110 f.; BGH, Urt. v. 28.5.2013 – 5 StR 551/11 - NStZ 2013, 715; BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 25). Allerdings liegt bei einem Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG stets eine „gravierende“ bzw. „evidente“ Pflichtverletzung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung vor (BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 25). Die Vermögensbetreuungspflicht gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmalim Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 1; BGH, Beschl. v. 26.11.2008 - 5 StR 440/08 - wistra 2009, 105; BGH, Beschl. v. 25.10.2011 - 3 StR 309/11; BGH, Beschl. v. 25.10.2011 - 3 StR 206/11; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 63). Bei Fehlen dieses besonderen persönlichen Merkmals (§ 28 Abs. 1 StGB) kommt nur eine Beteiligung (etwa als Gehilfe) an etwaigen Taten in Betracht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 9.11.2016 - 5 StR 313/15 Rn. 43; BGH, Urt. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585, 2600 mwN; vgl. MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 286). siehe auch: Besondere persönliche Merkmale, § 28 StGB --> Rdn. 5.6 u. 5.2 sowie unten Rdn. S.3.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 13 Abs. 2 StGB auf die durch Unterlassen verwirklichte Untreue anwendbar (BGH, Urt. v. 21.7.1989 - 2 StR 214/89 - BGHSt 36, 227, 229; weiterer Nachw. bei Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 32 a.E.). Bei der danach gebotenen wertenden Gesamtwürdigung der wesentlichen unterlassungsbezogenen Gesichtspunkte (vgl. BGH, Beschl. v. 30.6.2011 - 4 StR 241/11 mwN) kann etwa berücksichtigt werden, dass der Kern des Unrechts der Untreue (§ 266 StGB) in dem pflichtwidrigen Umgang mit dem Täter anvertrautem fremden Vermögen besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13 Rn. 15). |
|
|
15 |
Der
Missbrauchstatbestand
gemäß § 266 Abs. 1 1. Alt.
StGB erfasst Rechtsbeziehungen, durch die einem
Beteiligten rechtliches
Können gewährt wird, das über das rechtliche Dürfen
hinausgeht (BGH, Urt. v. 27.1.1988 – 3 StR 61/87 - BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Missbrauch 2; BGH, Urt. v. 16.12.2010 - 4 StR 492/10
- NStZ 2011, 280). Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - 5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148 - NStZ 2009, 694; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem kann bei einer Unrechtsvereinbarung bereits § 138 BGB entgegen stehen (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Die Sittenwidrigkeit etwa einer kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten zur Schädigung der Firma durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). In derartigen Fällen wird häufig bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages, ggfls. im kollusiven Zusammenwirken mit weiteren Beteiligten ersichtlich ein Missbrauch der Vertretungsmacht zum Nachteil der geschädigten Firma vorliegen (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577). Hieraus folgt, dass der Angeklagte durch den Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Der Anwendbarkeit des § 266 Abs. 1 StGB steht jedoch nicht entgegen, dass der durch den Geschädigten an den Angeklagten erteilte Auftrag rechtlich und sittlich missbilligten Zwecken diente (BGHSt 8, 254, 256 ff.; BGH NJW 1984, 800; BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 488/09 - wistra 2010, 184; Fischer, StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 46). Strafbarkeit wegen Untreue setzt auch in der Variante des Missbrauchstatbestandes voraus, dass den Täter eine sog. Vermögensbetreuungspflicht trifft, die aber weder bei einem bloßen Bezug zu fremden Vermögensinteressen noch bei einer allgemeinen vertraglichen Nebenpflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, gegeben ist. Vielmehr wird verlangt, dass den Täter eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen trifft (vgl. BGHSt 1, 186, 188 f.; BGH, Beschl. v. 3.5.2012 - 2 StR 446/11; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 35). Die Rechtsprechung entscheidet im Wege einer Gesamtbetrachtung, ob es sich bei den einer Person übertragenen Aufgaben um Angelegenheiten handelt, denen die Bedeutung der Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt. Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei in erster Linie, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbstständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (st. Rspr; vgl. BGHSt 3, 289, 294; 4, 170, 172; 13, 315, 317; BGH, Beschl. v. 3.5.2012 - 2 StR 446/11). An der für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht erforderlichen Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums kann es etwa fehlen, wenn die zu erfüllenden Pflichten in allen Einzelheiten vorgegeben waren und eine Dispositionsbefugnis nicht bestand (vgl. BGH, NStZ 1982, 201; NStZ 1983, 455; BGH, Beschl. v. 3.5.2012 - 2 StR 446/11: programmgestützte Kreditantragsbearbeitung; s. auch BGH, StV 1987, 535). Der Handlungsbevollmächtigte gemäß § 54 HGB ist Befugnisinhaber im Sinne des § 266 Abs. 1 1. Alt. StGB (BGH, Urt. v. 16.12.2010 - 4 StR 492/10 - NStZ 2011, 280; Wittig in von Heintschel-Heinegg, StGB, § 266 Rn. 7, 8.3; Schünemann in Leipziger Kommentar, 11. Aufl., § 266 Rn. 49; MünchKommStGB/Dierlamm § 266 Rn. 29). § 54 HGB regelt in Absatz 1 eine widerlegbare Vermutung für einen bestimmten typisierten Umfang der erteilten Handlungsvollmacht (Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Weber, HGB, 2. Aufl., § 54 Rn. 8; Baumbach/Hopt/Hopt aaO § 54 Rn. 9). Soweit die Auslegung der erteilten Vollmacht ergibt, dass eine der in Absatz 1 geregelten typisierten Formen vorliegt, ist auf die gesetzliche Vermutung zurückzugreifen (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weber aaO § 54 Rn. 9). Die Handlungsvollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Was gewöhnlich ist, bestimmt sich etwa nach der Branche sowie der Art und Größe des Unternehmens (Baumbach/Hopt/Hopt aaO § 54 Rn. 10). Bei einem Großunternehmen sind selbst Vertragsabschlüsse von erheblicher finanzieller Tragweite noch zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb zu rechnen (BGH, Urt. v. 19.3.2002 – X ZR 157/99 - BGHR HGB § 54 Abs. 3 Beschränkung 1; BGH, Urt. v. 16.12.2010 - 4 StR 492/10 - NStZ 2011, 280 betr. Abschluss von Kaufverträgen unter Missachtung der Vorgaben der Geschäftsleitung mit zu geringen, unter dem Einkaufs- oder Herstellungspreis liegenden Verkaufspreisen). Die Missbrauchsalternative des § 266 StGB scheidet bereits aus, wenn dem Angeklagten etwa von Kapitalanlegern keine Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis über ihr Vermögen eingeräumt worden ist. So etwa, wenn diese selbst Geldbeträge als Kaufpreis für eine bestimmte Anzahl Aktien auf das Treuhänderanderkonto überwiesen, wodurch es aus ihrem Vermögen ausschied und der Angeklagte mit der Überweisung auf das Anderkonto nicht mit einem Aktienerwerb beauftragt wurde, wobei er vor einem Erwerb die Werthaltigkeit der Aktien eigenständig hätte überprüfen sollen (vgl. BGH, Beschl. v. 3.8.2005 - 2 StR 202/05 - wistra 2005, 460). Stimmen die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchstatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes überein (vgl. BGH NJW 1984, 2539, 2540; BGH, Urt. v. 6.12.2001 - 1 StR 215/01 - BGHSt 47, 187, 192 - StV 2002, 137), stellt sich ein Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht durch im Außenverhältnis wirksame Verfügungen zugleich als Verstoß gegen die Vermögensfürsorgepflicht dar (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 - 1 StR 571/04 - wistra 2006, 105). siehe zum Missbrauchstatbestand im Zusammenhang mit pflichtwidrigen Abzeichnungen der überhöhten Rechnungen als sachlich und rechnerisch richtig durch den Leiter der technischen Abteilung eines Klinikums etwa BGH, Beschl. v. 31.3.2011 - 4 StR 657/10 |
|
|
20 |
Das
Treueverhältnis kann auf Gesetz, behördlichem Auftrag oder
Rechtsgeschäft beruhen (BGH,
Urt. v. 13.4.2010 - 5 StR
428/09 - BGHR StGB § 266 Abs. 1
Vermögensbetreuungspflicht
47; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14). Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427; Fischer, StGB, 55. Aufl. § 266 Rdn. 28 m. w. N.). Die rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen zuzugreifen, reicht zur Begründung einer Treuepflicht nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - 5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148 - NStZ 2009, 694: betr. Erfüllung allgemeiner arbeitsvertraglicher Pflichten; Fischer StGB, 55. Aufl. § 266 Rdn. 28). Die Begründung, der Angeklagte habe als "faktischer Prokurist" eine vertragliche Vermögensbetreuungspflicht gehabt, vermag die Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht zu belegen (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427). Beispiel: Aufgrund der Kündigung endete auch die durch den Arbeitsvertrag begründete Treuepflicht des Angeklagten gegenüber der Firma. Der Umstand, dass die Bestellung zum Prokuristen im Handelsregister und seine Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto nicht gelöscht wurden, steht dem ebenso wenig entgegen, wie seine nach wie vor bestehende faktische Möglichkeit, von Mitarbeitern große Bargeldbeträge ausgehändigt zu bekommen (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427: - insoweit war Unterschlagung nach § 246 StGB anzunehmen). Allgemeine schuldrechtliche Pflichten aus einem Vertragsverhältnis genügen für sich genommen nicht für die Annahme einer durch Rechtsgeschäft begründeten Vermögensbetreuungspflicht (BGHSt 33, 244, 249; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11, 14, 16; vgl. auch Fischer, StGB 55. Aufl. § 266 Rdn. 29). Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn es sich um Rücksichtnahme- oder Sorgfaltspflichten zugunsten des Vertragspartners handelt (vgl. BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 23; vgl. auch BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 9). Vertragliche Pflichten müssen, um eine Vermögensbetreuungspflicht begründen zu können, im besonderen Maße den Interessen des Vertragspartners dienen und gerade deshalb vereinbart worden sein. Die vereinbarte Regelung muss - als rechtsgeschäftlich eingegangene Vermögensbetreuungspflicht - mithin zugunsten des geschützten Vertragspartners Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweisen. Erschöpft sich der Verstoß in einer Verletzung der Pflicht, sich vertragsgemäß zu verhalten, begründet dies als solches noch keine Untreue (BGHSt 22, 190, 191; 33, 244, 250; BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 27; vgl. auch BGHSt 28, 20, 23 f.). Beispiel: Aus dem Auftrag einer Versicherungsgesellschaft, Berechtigte aus einer Lebensversicherung über Möglichkeiten der Wiederanlage frei gewordener Gelder zu beraten und ihnen Gelder auszuhändigen, wenn es zu keinem neuen Vertrag kommt, oder neue Kunden für die Versicherungsgesellschaft zu gewinnen, ergibt sich keine Treuepflicht im Sinne des § 266 StGB gegenüber den Kunden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 StR 432/01 - NStZ-RR 2002, 107). Die in § 266 StGB vorausgesetzte Pflicht, die Vermögensinteressen eines anderen wahrzunehmen, kann auch durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten begründet werden (vgl. BGHSt 2, 324; BGH NJW 1983, 1807; BGH, Urt. v. 23.3.2000 - 4 StR 19/00 - NStZ 2000, 375 betr. Konkurssachbearbeiter im Büro des Konkursverwalters; Lenckner in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 266 Rdnr. 32; Schünemann a.a.O. § 266 Rdnr. 66 und 67). |
|
|
20.1 |
Eine
Treupflichtverletzung im Sinne des § 266
Abs.1 StGB setzt
regelmäßig ein Rechtsverhältnis voraus, das auf die
Betreuung fremder Vermögensangelegenheiten gerichtet ist (vgl. BGH
NJW 1983, 461; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11,
14, 16). Eine solche Treuebeziehung
wird sich prinzipiell bei fremdnützigen Schuldverhältnissen
ergeben. Deshalb wird die Treupflicht auch als „fremdnützig
typisiertes Schuldverhältnis“ verstanden (vgl.
Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266
Rdn. 23a). Es wird sogar verlangt, daß die Treupflicht eine Art
Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. BGH GA 1977, 18, 19;
BGH,
Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147 - wistra
2004,
341). Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflicht zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14; zum Ganzen: BGH, Beschl. v. 13.9.2010 - 1 StR 220/09 - BGHSt 55, 288, 297 f. mwN). Nach ständiger Rechtsprechung ist erforderlich, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten sie als solche bezeichnen. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird (BGH NJW 1991, 2574 m.w.N.). Das Merkmal der Selbständigkeit bzw. des Handlungsspielraums dient dazu, die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB von bloßen Diensten der Handreichung abzugrenzen, wie sie etwa von Lieferanten und Boten erbracht werden. Hierbei ist aber nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14; Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 85; Fischer 55. Aufl. § 266 Rdn. 29). |
|
|
20.1.1 |
Aus
der Treuepflicht des Täter kann auch seine Pflicht
resultieren, die drohende Schädigung, von der er Kenntnis erhielt,
von dem Treugeber abzuwenden und diese zumindest zu melden (BGHSt 5,
187, 190) und kann anderenfalls die Verletzung der Treuepflicht durch
sein pflichtwidriges Unterlassen verwirklichen (vgl. BGHSt 36,
227; BGH,
Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR
493/07 - wistra 2008, 427). vgl. zum Unterhalten einer schwarzen Kasse bzw. deren mangelnde Auflösung (vgl. BGH, Urt. v. 6.9.2016 - 1 StR 104/15; BGH, Urt. v. 18.10.2006 – 2 StR 499/05 - BGHSt 51, 100; BGH, Urt. v. 29.8.2008 – 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323). |
|
|
20.1.2 |
Das
Einkassieren,
Verwalten und Abliefern von Geld für den
Auftraggeber wird in der Rechtsprechung regelmäßig als
herausgehobene Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen angesehen
und die Veruntreuung so eingenommener Gelder als Untreue im Sinne des
§ 266
StGB bewertet (BGHSt 2, 324; 13, 315; 18, 312; BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Treubruch 1; Missbrauch 2). So verfügen etwa
Rechtsanwälte, die für ihren Mandanten Fremdgeld
entgegennehmen, nur über einen geringen Handlungsspielraum zum
Umgang mit dem empfangenen Geld; gleichwohl wird bei ihnen eine
herausgehobene Treuepflicht bejaht (BGH NJW 1957, 596, 597; 1960, 1629;
2006, 3219, 3221). Denn der Grad der Selbständigkeit des
Verpflichteten stellt neben anderen Kriterien wie Dauer und Umfang der
Tätigkeit nur ein Indiz dafür dar, dass es sich - in
Abgrenzung zu bloßen Boten- und Handlangerdiensten - um
Vorgänge handelt, denen die Bedeutung der qualifizierten
Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt (BGHSt 13, 315,
317; BGH,
Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR
493/07 - wistra 2008, 427). Die Tathandlung kann in einem Unterlassen i.S.v. § 13 StGB bestehen, etwa dem Nichtabführen der Prämienüberschüsse zum monatlichen Abrechnungszeitpunkt. Für die Abgrenzung von Tun und Unterlassen kommt es auf den Schwerpunkt des Täterverhaltens an, über das in wertender Würdigung zu entscheiden ist (BGHSt 6, 46, 59; NStZ 1999, 607). Der Schwerpunkt des treuwidrigen Verhaltens kann in der unterbliebenen Weiterleitung der zum Abrechnungszeitpunkt an die Treugeberin zu zahlenden Prämiengelder liegen und demgegenüber die als positives Tun zu betrachtende Erstellung falscher Abrechnungen bei wertender Betrachtung als bloße Vorbereitung der den eigentlichen Schaden herbeiführenden Nichtabführung zu zahlender Prämien zurücktreten (vgl. BGH, Urt. v. 7.9.2011 - 2 StR 600/10). Fehlt es an einer gesetzlich oder vertraglich begründeten Pflicht einer Zuführung vereinnahmter Gelder auf ein von den sonstigen Konten des Vermögensbetreuungspflichtigen getrenntes Konto, kann eine Pflichtwidrigkeit bereits des Einforderns solcher Gelder auf ein nicht separates Konto weder aus dem Umstand hergeleitet werden, dass es dort zu einer Verrechnung (Kontokorrent) mit Schulden des Treupflichtigen kommt, noch daraus, dass dieser zum Zeitpunkt der Vereinnahmung nicht in der Lage war, die entsprechenden Beträge aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13; zu diesem Gesichtspunkt vgl. BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - 3 StR 276/03 - NStZ-RR 2004, 54 f.; KG NJW 2007, 3366 f.; siehe auch BGH, Urt. v. 19.5.1953 - 2 StR 116/53 - NJW 1953, 1600, 1601). Eine solche Begründung der Pflichtwidrigkeit, auf die das Tatgericht in der Sache abstellt, wäre bei fehlender sonstiger Pflicht zur Zuführung auf ein Anderkonto mit dem aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden sog. Verschleifungs- oder Entgrenzungsverbot (BVerGE 126, 170, 198; BVerfG NJW 2013, 365, 366) nicht zu vereinbaren. Dieses Verbot schließt es aus, Straftatbestandsmerkmale in einer Weise auszulegen, dass sie vollständig in einem anderen Tatbestandsmerkmal aufgehen, also zwangsläufig mit diesem mitverwirklicht werden (BVerfG jeweils aaO; BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13). vgl. zur Untreue (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) durch das pflichtwidrige Unterbleiben der Abführung der vereinnahmten Versicherungsprämien zu bestimmten Fälligkeitszeitpunkten etwa BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13; dort auch zum Rechtsgedanken der omissio libera in causa im Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit zu den verschiedenen Abführungszeitpunkten |
|
|
20.1.3 |
Leitsatz
Investitionsbeihilfen begründen grundsätzlich keine
Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB, es
sei denn, der Empfänger hat zugleich über den
Subventionszweck hinausgehende Vermögensinteressen des
Subventionsgebers zu beachten (BGH,
Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - Ls.
- BGHSt 49, 147 - NJW 2004, 2248 -
wistra 2004, 341). Da sich die Treupflicht grundsätzlich auf ein fremdes Geschäft bezieht, kommt bei dem Subventionsempfänger die Annahme einer Treupflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn er zugleich Vermögensinteressen seines Treugebers zu beachten hat. Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht. Die zweckwidrige Verwendung einer Subvention ist pönalisiert durch die Strafbestimmung des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. BGH GA 1977, 18, 19; BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147 - wistra 2004, 341). |
|
|
20.1.4 |
Auch wer als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater im Geschäftsleben auftritt, hat eine Vermögensfürsorgepflicht nur auf Grund einer entsprechenden konkreten Rechtsbeziehung zu bestimmten Personen, in der Regel seinen Mandanten (vgl. BGH, Beschl. v. 3.8.2005 - 2 StR 202/05 - wistra 2005, 460). | |
|
20.1.5 |
Ein
Verstoß gegen die aus seiner Organstellung als
Geschäftsführer folgenden Pflicht, Forderungen seines
Geschäftsherrn nicht für sich einzuziehen, kann darin
bestehen, die Provisionen zu vereinnahmen (vgl. BGH wistra 1998, 61;
BGH,
Urt. v. 4.4.2001 - 1 StR 582/00 - wistra 2001, 304: dort verneint,
weil der Angeklagte der Anspruchsinhaber war). Der 1.
Strafsenat hat
bereits in seinem Urteil vom 13.10.1994 - 1 StR 614/93 - wistra 1995,
61, 62 hervorgehoben, daß die Nichtherausgabe
erlangter
personengebundener Vorteile an den Arbeitgeber oder
Dienstherrn, deren
Gewährung diesen nicht schlechterstellt, grundsätzlich keine
Strafbarkeit nach § 266
StGB begründet (BGH,
Urt. v. 4.4.2001 - 1 StR 582/00 -
wistra 2001, 304). Ein Gesellschafter (wie etwa eine GmbH, vertreten durch den Angeklagten) darf die Erfüllung einer ihm gegen die Gesellschaft zustehenden Drittgläubigerforderung nur unter Beachtung der ihm aus dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Treuepflicht durchsetzen (BGH, Urteil v. 9.12.1991 - II ZR 87/91 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 10.7.2003 - 4 StR 172/03). |
|
|
20.1.6 |
Auch die entgegen den Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag vorzeitige - vor Fälligkeit, vor Eintritt der Auszahlungsbedingungen - erfolgte Weitergabe anvertrauter Gelder kann den Untreuetatbestand erfüllen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.8.2001 - 3 StR 120/01). | |
|
20.1.7 |
Durch
die Übertragung von
Pflichten, etwa von Dienstleistungen,
auf eine Firma, kann die qualifizierte
Vermögensbetreuungspflicht
auch diese Gesellschaft treffen (vgl. BGHSt 2, 324; BGH NJW 1983, 1807;
BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31), so,
wenn die als juristische Person mit einer eigenen Betriebsorganisation
auch die im Verhältnis zu dem beauftragenden anderen Unternehmen
erforderliche Selbständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben
besaß (vgl. BGHSt 13, 330, 331 f.; BGH,
Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR
493/07 - wistra 2008, 427). Für den
Angeklagten kann dann die
Treuepflicht als Geschäftsführer der übernehmenden Firma
aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB folgen (vgl. BGH,
Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR
493/07 - wistra 2008, 427). Die Begründung, der Angeklagte habe als Prokurist eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt, reicht bei einer Pflichtenübertragung auf eine andere Firma nicht aus, weil sich aus der Stellung als Prokurist allein die Übertragung einer Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber den Kunden nicht ergibt (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427). Ist jedoch die Treuepflicht einem Unternehmen übertragen worden, so kann ein Angestellter neben dem Unternehmensinhaber oder - bei juristischen Personen - deren gesetzlichen Vertreter dann Träger der qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht sein, wenn ihm die diese Pflicht begründenden Tätigkeiten übertragen werden und er aufgrund der ihm eingeräumten Befugnisse bei der Erfüllung dieser Aufgaben hinreichend selbständig agieren kann (BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31). Dazu muss ihm auch die Möglichkeit eingeräumt sein, über das der Firma anvertraute Treugut selbständig zu verfügen (BGHSt 13, 330, 332; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427). |
|
|
20.1.8 |
Der Treubruchtatbestand setzt voraus, daß die verletzte Pflicht innerhalb der vom Treugeber verliehenen Herrschaftsmacht anzusiedeln ist, über das fremde Vermögen zu verfügen und es zu betreuen (Identität der zu betreuenden und der geschädigten Vermögensinteressen; vgl. Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 101). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß Beziehungen, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellen, Verpflichtungen enthalten können, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt ist. Maßgebend für die Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht sind Inhalt und Umfang der sog. Treuabrede, wie sie sich aus dem zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnis, den getroffenen Vereinbarungen und deren Auslegung ergibt. So hat etwa ein im Außenverhältnis Vertretungsberechtigter ebenso wie ein interner Entscheidungsträger mit bestimmendem Einfluß auf Vergabeentscheidungen und Auftragserteilungen im Rahmen seiner Obliegenheiten selbstverständlich auf günstige Vertragsabschlüsse für den Treugeber hinzuwirken. Hingegen ist die Pflicht, persönliche Provisionen oder gar Schmiergelder an den Geschäftsherren herauszugeben (§ 667 BGB) grundsätzlich keine spezifische Treuepflicht. Sie unterscheidet sich nicht von sonstigen Herausgabe- und Erstattungspflichten (dazu BGH NStZ 1986, 361; wistra 1991, 138; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 19, 35, 40; BGH, Urt. v. 4.4.2001 - 1 StR 582/00 - wistra 2001, 304). Anders kann es sich allenfalls dann verhalten, wenn ein Anspruch, auch ein Provisionsanspruch, dem Treugeber selbst zusteht, die Forderung aber treuwidrig vom Treunehmer vereinnahmt wird (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 40). Entsprechendes gilt nach Auffassung des 1. Strafsenats auch für Beamte (siehe auch OVG Koblenz DVBl 2001, 752; BayVGH ZBR 1992, 29; zu unbefugt von einem Beamten angenommenen Vorteilen vgl. weiter BGHSt 30, 46, 48). Verstößt ein Beamter gegen seine allgemeine beamtenrechtliche Treuepflicht, so begründet das nicht ohne weiteres eine vermögensbezogene Treuwidrigkeit im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt 47, 295 - NJW 2002, 2801). | |
|
20.1.9 |
Zwar
folgt aus dem Verbot, zu einem bestimmten Zweck Vermögen des
Treugebers zu verwenden, nicht ohne Weiteres die Pflicht, das
Vermögen insoweit auch zu erhalten (Satzger NStZ 2009, 297, 300;
anders für den hiesigen Fall U. Fischer BB 2007, 997, 1000). Indes
liegt ein pflichtwidriger Verstoß gegen die
Vermögensbetreuungspflicht jedenfalls dann vor, wenn der verbotene
Vermögensabfluss zur Erzielung eines nicht
kompensationsbegründenden Vorteils eingesetzt wird (vgl. BGHSt 50,
331, 336, 337 f.; BGH,
Urt. v. 17.9.2009 -
5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148
- NStZ 2009, 694; Fischer, StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 40). Zur Umschichtung eines Teils des Geldvermögens einer Stiftung in wertgleiche Sachmittel durch den Vorstand vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10 (insoweit auch zu § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Stiftungsgesetzes). |
|
|
20.1.10 |
Im
Falle einer Limited als EU-Auslandsgesellschaft ist zur Bestimmung
der Pflichten des „Director“ im Rahmen des § 266
Abs.
1 StGB auf das ausländische
Gesellschaftsrecht
zurückzugreifen (vgl. BGH,
Urt. v. 13.4.2010 - 5 StR
428/09;
Tiedemann in Scholz, GmbHG 10. Aufl. Vor § 82 Rdn. 67; Bittmann
aaO S. 952; Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 757; Radtke GmbHR 2008, 729,
734; Ransiek/Hüls ZGR 2009, 157, 175; Richter in Festschrift
für Tiedemann 2008 S. 1023, 1034; Rönnau ZGR 2005, 832, 854;
ZStW 2006, 887, 905; Schmitz in Joerden/Szwarc, Europäisierung des
Strafrechts in Polen und Deutschland 2007 S. 199; Pattberg, Die
strafrechtliche Verantwortlichkeit des Directors einer Limited in Krise
und Insolvenz 2010 S. 262, 287; Worm, Die Strafbarkeit eines Directors
einer englischen Limited nach deutschem Strafrecht 2009 S. 108 f.). Eine entsprechende Anwendung deutschen Gesellschaftsrechts kommt nicht in Betracht (a.A. Hoffmann in Sandrock/Wetzler, Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb der Rechtsordnungen 2004 S. 227, 258 ff.). Abgesehen davon, dass einer solchen Interpretation das strafrechtliche Analogieverbot widerstreiten könnte, stehen ihr die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche die Anwendung des Gründungsrechts der Gesellschaft vorschreibt, der eindeutige Wortlaut der relevanten Vorschriften (vgl. nur § 84 GmbHG) sowie das Fehlen einer Regelungslücke entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.2010 - 5 StR 428/09; auch Rönnau ZGR 2005, 832, 855 Fn. 111; Worm aaO S. 103 f., 106 f.). siehe auch im Zshg. mit dem Bestimmtheitsgebot: § 1 StGB, Keine Strafe ohne Gesetz --> Rdn. 1.1 |
|
|
20.1.11 |
Die
Sorgfaltsgeneralklauseln
des Gesellschaftsrechts sind als
Anknüpfungspunkt zur Bestimmung einer
Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB
geeignet, weil durch fallgruppenspezifische Konkretisierung die
Vorhersehbarkeit der Strafbarkeit im Regelfall gesichert ist (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u. a. - Absatz-Nr.
81 ff., 111 f., 128; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55,
266 - NJW 2010, 3458). Die Sorgfaltspflichten der § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 S. 1 AktG umfassen nach allgemeiner Auffassung zum einen die Pflicht, für die Legalität des Handelns der Gesellschaft, insbesondere auch für die Erfüllung der ihr aufgetragenen buchführungs- und steuerrechtlichen Pflichten Sorge zu tragen (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rn. 8; Spindler in MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 63 ff.; Mertens/Cahn in KK-AktG, § 93 Rn. 71 ff.; jew. mwN). Verstöße gegen die Legalitätspflicht können auch im Verhältnis zur Gesellschaft selbst nicht mit dem Vorbringen gerechtfertigt werden, sie lägen in deren Interesse (Kleindiek aaO, Rn. 9; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 43 Rn. 22; Hopt in Hopt/Wiedemann, AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 99; jew. mwN). Die - sei es auch profitable - Pflichtverletzung liegt nicht im Handlungsspielraum des geschäftsführenden Organs; die Bindung an gesetzliche Vorschriften hat vielmehr Vorrang (vgl. Rönnau in FS für Tiedemann S. 713, 725 mwN). Zum anderen begründet der Pflichtenmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 S. 1 AktG auch die Pflicht zur Loyalität gegenüber den übrigen Gesellschaftsorganen. Dies bedeutet insbesondere, dass das Geschäftsleitungsorgan durch Information und Beratung dafür zu sorgen hat, dass die anderen Organe die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen können (Kleindiek aaO, Rn. 10; Hopt aaO, Rn. 137; jew. mwN) (BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458 betr. Einrichtung und Unterhaltung einer "Kriegskasse" im Ausland). Die Buchführungsvorschriften beinhalten eine Konkretisierung der Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben des jeweiligen Organs und des ihm durch die Generalklauseln auferlegten Sorgfaltsmaßstabs (BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458; Kort in Hopt/Wiedemann, AktG, 4. Aufl., § 91 Rn. 1; Mertens/ Cahn in KK-AktG, 3. Aufl., § 91 Rn. 1). Die Rechtsprechung sieht in einer unordentlichen Buchführung dann eine pflichtwidrige Untreuehandlung, wenn der Treugeber keine Übersicht über seine Rechte und Pflichten, mithin über seinen Vermögensstand zu gewinnen vermag, so dass er verhindert ist, Ansprüche geltend zu machen, weil er sie nicht erkennt (vgl. schon BGH MDR/H 1956, 121; weit. Nachw. bei Saliger in SSW-StGB § 266 Rn. 73; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458). Die Vorstandsmitglieder einer AG unterliegen gesellschaftsrechtlich den in §§ 76, 82, 93 AktG umschriebenen Pflichten. Danach hat der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten, wobei die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). Trotz der Weisungsunabhängigkeit unterliegt das Leitungsermessen rechtlichen Grenzen. So sind nach § 82 Abs. 2 AktG der durch die Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand, die Geschäftsordnung sowie die Zuständigkeiten anderer Organe zu beachten. Über diese Regelungen hinaus wird den Geschäftsleitern bei unternehmerischen Entscheidungen ein weiter wirtschaftlicher Entscheidungsspielraum eingeräumt, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Sind jedoch diese in § 93 Abs. 1 AktG normierten äußersten Grenzen unternehmerischen Ermessens überschritten und ist damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt worden, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die (gleichsam „automatisch“) so gravierend ist, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründet (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 27; BGH, Urt. v. 22.11.2005 – 1 StR 571/04 - NStZ 2006, 221). Angesichts des durch § 93 Abs. 1 AktG eingeräumten weiten unternehmerischen Entscheidungsspielraums ist für eine gesonderte Prüfung der Pflichtverletzung als „gravierend“ bzw. „evident“ kein Raum (BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 27; vgl. auch LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 100; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b mwN). Eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG liegt vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss (BGH, Urt. v. 21.4.1997 – II ZR 175/95 - BGHZ 135, 244 Rn. 22; BGH, Urt. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, aaO). Diese mittlerweile als sogenannte Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze (vgl. RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BR-Drucks. 3/05, S. 20 f.) sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 29; BGH, Urt. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04 - BGHSt 50, 331, 336; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - NJW 2016, 2585 Rn. 57). Paragraph 93 Abs. 1 Satz 2 AktG definiert einen „sicheren Hafen“; d.h., die Einhaltung seiner Voraussetzungen schließt eine Pflichtverletzung aus. Umgekehrt begründet die Überschreitung seiner Grenzen durch einen Verstoß gegen Informationspflichten allein noch keine Pflichtverletzung. Vielmehr ist auch dann pflichtgemäßes Handeln nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG möglich; allerdings indiziert der Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Pflichtverletzung (hM; vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 31; Krieger/Sailer-Coceani in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 14; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 93 Rn. 12; MüKo-AktG/Spindler, 4. Aufl., AktG § 93 Rn. 40 mit zahlreichen wN; aA Scholz AG 2015, 222, 227). Letztlich ist eine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG immer nur dann zu bejahen, wenn ein schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 21.4.1997– II ZR 175/95 - BGHZ 135, 244 Rn. 22; BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 31 u.a. betr. Ausschöpfen von verfügbaren Informationsquellen; Hüffer/Koch aaO, Rn. 8); der Leitungsfehler muss sich auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 - 5 StR 134/15 Rn. 31; MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 56 mwN). |
|
|
20.1.12 |
L
E I
T S Ä T Z E
Die unzulässige Aufnahme rechtswidrig erlangter
Parteispenden in den Rechenschaftsbericht einer Partei stellt auch dann
keine pflichtwidrige Handlung i.S.d. Straftatbestandes der Untreue
gemäß § 266
Abs. 1 StGB dar, wenn das Parteiengesetz
für diesen Fall gegen die Partei eine zwingende finanzielle
Sanktion vorsieht, hier den Verlust auf staatliche Mittel im Rahmen der
Parteienfinanzierung in Höhe des Zweifachen des erlangten Betrages
gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG idF vom 28. Januar
1994. Pflichtwidrig i.S.d. § 266
Abs. 1 StGB sind nur
Verstöße gegen vermögensschützende Normen. Der
hier verletzte § 25 PartG idF vom 28. Januar 1994 bezweckt einen
solchen Vermögensschutz nicht (Fortführung von BGH, Beschl.
v. 13.9.2010 - 1 StR 220/09). 2. Die Parteien können aber - z.B. durch Satzungen - bestimmen, dass die Beachtung der Vorschriften des Parteiengesetzes für die Funktionsträger der Partei eine selbständige das Parteivermögen schützende Hauptpflicht i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB darstellt. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - Ls. - NJW 2011, 1747 |
|
|
20.1.15 |
Ob und in welchem Umfang die Begründung von Vermögensbetreuungspflichten aus faktischen Gegebenheiten im Hinblick auf den Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 2 GG nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2010 (2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170) überhaupt noch in Betracht kommt, hat der Bundesgerichtshof in BGH, Beschl. v. 9.5.2012 - 4 StR 381/11 offen gelassen. | |
|
20.1.20 |
Eine Geschäftsführung ohne Auftrag begründet für sich genommen kein Treueverhältnis, das Grundlage für eine Verurteilung wegen Untreue bilden könnte (BGH, Urt. v. 14.12.1954 – 5 StR 556/54 - LM Nr. 21 zu § 266 StGB; BGH, Beschl. v. 9.5.2012 - 4 StR 381/11). | |
|
20.1.25 |
Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann neben Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft auch ein sogenanntes „tatsächliches Treueverhältnis" sein. Ein solches „tatsächliches Treueverhältnis“ kann dadurch begründet sein, dass der Betreffende die organschaftlichen Aufgaben eines Geschäftsführers übernommen und diese ausgeführt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 40, 42; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 61, 65). Daneben kann aus einer tatsächlichen Übernahme eines nicht ganz unbedeutenden Pflichtenkreises – ohne dass eine faktische Organstellung vorliegen muss – eine Vermögensbetreuungspflicht auch dadurch begründet werden, dass der Betreffende diese Interessen wahrnimmt und der Vermögensinhaber auf die pflichtgemäße Wahrnehmung vertrauen darf (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; BGH, Urt. v. 14.7.1999 – 3 StR 188/99 - NStZ 1999, 558). | |
|
20.1.30 |
Die
ihm gegenüber
der Treugeberin obliegende Vermögensbetreuungspflicht kann der
Angeklagte verletzen, indem er im Rahmen der ihm von der
Treugeberin übertragenen Geschäftsbesorgung
Zahlungen auf Rechnungen anweist und hierdurch
Leistungen vergütete, die in der Begehung von Straftaten
bestanden (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2012 - 2 StR 591/11 betr. Verletzung
des Fernmeldegeheimnisses durch gesetzwidrige (§ 134 BGB)
Speicherung und Auswertung von Telefonverbindungsdaten;
vgl. dazu auch
Fischer in Lüderssen/Kempf/Volk, Die Finanzkrise, das
Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, 2011, S. 190, 193; Kindhäuser
in NK 3. Aufl., § 266 Rn. 81; Brand JR 2011, 394, 402). Die
Forderungen, deren Bezahlung durch die Treugeberin der Angeklagte durch
die Bestätigung als
sachlich und rechnerisch richtig unmittelbar
veranlasste, hatten in Höhe von jeweils "unter 50.000 €"
keinen rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Wert, weil sie insoweit
auf gemäß § 134 BGB nichtige Verträge
gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche der
Rechnungsstellerin nicht bestanden. Die Bezahlung der beiden
Rechnungen, soweit diese die Vergütung für die Begehung von
Straftaten einforderten, bewirkte einen Vermögensnachteil für
die Treugeberin, der nicht durch einen gleichwertigen Vorteil -
Erlöschen wirksamer Forderungen - kompensiert wurde. Die
Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht liegt demnach in der
Begleichung einer nichtigen Forderung, in einer rechtsgrundlosen
Zahlung (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2012 - 2 StR 591/11). Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Ergibt sich aus dem Verbotsgesetz keine Rechtsfolge, ist eine normbezogene Abwägung vorzunehmen, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen. Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsparteien, ist in der Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll (st. Rspr., BGH, Urt. v. 14.12.1999 - X ZR 34/98 - BGHZ 143, 283, 286 f.; BGH, Urt. v. 10.10.2012 - 2 StR 591/11). |
|
|
25 |
Der
Abschluß eines mit
einem Risiko behafteten Geschäfts
erfüllt aber nicht schon wegen des Risikos als solchem oder wegen
des Eintritts eines Verlustes den Tatbestand der Untreue.
Wirtschaftlich vernünftige Ausgaben im Rahmen kaufmännischen
Unternehmergeistes dürfen
nicht ohne weiteres pönalisiert werden. Ein riskantes Handeln,
dessen Folgen einen anderen treffen, ist allerdings in der Regel
pflichtwidrig, wenn der Handelnde den ihm gezogenen Rahmen nicht
einhält, insbesondere die Grenzen des verkehrsüblichen
Risikos überschritten hat (BGH wistra 1982, 148, 150; 1985, 190
f.; vgl. im einzelnen Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl., § 266
Rdn. 42 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26.
Aufl. § 266 Rdn. 20 ff.; Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck,
Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl. § 66 Rdn. 103 ff. sowie Schmid
ebenda § 31 Rdn. 115 ff.). Ein von § 266 StGB erfaßtes (Risiko-)Geschäft liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter bewußt und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten (BGH NStZ 1990, 437 f.). Für die Beurteilung des eingeräumten Spielraums maßgebend ist dabei das zugrundeliegende Treueverhältnis, danach beurteilt sich, wie weit diesem das Eingehen oder Vermeiden von Verlustrisiken innewohnt, sowie ob und in welchem Umfang sich eine Begrenzung der Dispositionsmacht daraus ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 4.2.2004 - 2 StR 355/03 - StV 2004, 424). |
|
|
25.1 |
Gravierende
Verstöße gegen die bankübliche
Informations- und Prüfungspflicht begründen eine
Pflichtwidrigkeit im Sinne des Mißbrauchstatbestandes des § 266
StGB (vgl. BGH,
Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - BGHSt
47,
148 - NJW 2002, 1211: dort lag die fehlende Bonität des
Kreditnehmers mehr als nahe.; vgl. auch BGH wistra 1985, 190; wistra
1990, 148). Leitsatz Die Wertung des Tatrichters, eine Kreditvergabe sei pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB, setzt eine umfassende Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers, der beabsichtigten Verwendung des Kredits und der Einschätzung der Risiken durch die Entscheidungsträger voraus (BGH, Urt. v. 6.4.2000 - 1 StR 280/99 - BGHSt 46, 30 - NJW 2000, 2364). Bei einer Kreditvergabe - die ihrer Natur nach mit einem Risiko behaftet ist - sind die Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen auf der Grundlage umfassender Information abzuwägen (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 149; BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78). Ist diese Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - 1 StR 280/99 - BGHSt 46, 30 - NJW 2000, 2364). Wenn allerdings die - weit zu ziehenden - Grenzen des unternehmerischen Entscheidungsspielraums, innerhalb dessen die Risikoabwägung durchzuführen ist, durch Verstöße gegen die banküblichen Informations- und Prüfungspflichten überschritten werden, mithin das Verfahren der Kreditgewährung fehlerhaft ist, liegt eine Pflichtverletzung vor, die zugleich einen Missbrauch der Vermögensbetreuungspflicht aus § 266 Abs. 1 StGB begründet (vgl. BGHSt 47, 148, 152; 47, 187, 197; 51, 331, 344 f.; BGH NJW 2006, 453; Bosch/Lange aaO S. 229; Ransiek ZStW 116 (2004), 634, 673). Handlungs- und Beurteilungsspielräume bestehen somit nur auf der Grundlage sorgfältig erhobener, geprüfter und analysierter Informationen (BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78). Leitsatz Für die Pflichtverletzung im Sinne des Mißbrauchstatbestandes des § 266 StGB bei einer Kreditvergabe ist maßgebend, ob die Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben. Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht ausreichend Genüge getan wurde (Fortführung von BGHSt 46,30) (BGH, Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - Ls. - BGHSt 47, 148 - NJW 2002, 1211). Der gebotene Umfang der Informationsverschaffung hängt auch davon ab, welches Risiko dem Entscheidungsträger hinsichtlich fehlender Informationen gestattet ist (Bosch/Lange aaO S. 233). Bei der Vergabe eines Großkredits durch eine Bank sind insbesondere die in § 18 Satz 1 KWG normierten Informations- und Prüfungspflichten von Bedeutung, nach denen eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers zu verlangen ist. Gegebenenfalls sind auch Prüfberichte oder testierte Jahresabschlüsse von Wirtschaftsprüfern zu analysieren (BGHSt 46, 30, 31 f.; 47, 148, 151; vgl. Ransiek aaO S. 670 f.; Bosch/Lange aaO S. 234). Wird ein neues Geschäftsfeld erschlossen oder eine neue Geschäftsidee verwirklicht, muss sich der Entscheidungsträger für die erforderliche Risikoanalyse eine breite Entscheidungsgrundlage verschaffen (BGH NJW 2006, 453, 455; BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78). |
|
|
25.1.1 |
Wird
die Entscheidung über eine Kreditvergabe von einem
mehrköpfigen Gremium getroffen, kommen allerdings auch für
den Fall des Einstimmigkeitsprinzips unterschiedliche
Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Frage (BGH,
Urt. v.
6.4.2000 - 1 StR 280/99 - BGHSt 46,
30, 35 - NJW 2000, 2364). Die Bankleiter
können sich grundsätzlich auf den Bericht des
federführenden Vorstandsmitglieds oder des als zuverlässig
bekannten Kreditsachbearbeiters verlassen. Ergeben sich jedoch Zweifel
oder Unstimmigkeiten, ist Rückfrage oder eigene Nachprüfung
geboten. Eine eigene Nachprüfung ist auch dann erforderlich, wenn
die Kreditvergabe ein besonders hohes Risiko - insbesondere für
die Existenz der Bank (vgl. BGHSt 37, 106, 123) - beinhaltet, oder wenn
bekannt ist, daß die Bonität des Kunden eines hohen Kredits
ungewöhnlich problematisch ist (BGH,
Urt. v. 15.11.2001
- 1 StR 185/01- BGHSt 47, 148 - NJW
2002, 1211). Zur Bewertung von Darlehensgewährungen durch Tolerierung von Scheckreiterei als Untreue vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2001 - 1 StR 448/00 - wistra 2001, 218 |
|
|
30 |
|
30.1 |
Der
Untreuetatbestand bezweckt den Schutz des Vermögens, das der
Pflichtige zu betreuen hat. Dieser verletzt dementsprechend seine
Pflicht nicht, wenn sein Vorgehen im Einverständnis des
Vermögensinhabers erfolgt (BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10 -
BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 mwN; BGH, Beschl. v. 15.5.2012
- 3 StR 118/11). Vermögensträgerin ist die GmbH selbst, Vermögensträger sind nicht die einzelnen Gesellschafter. Allerdings tritt an die Stelle des Vermögensinhabers bei juristischen Personen deren oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7), bei einer GmbH also die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266, 278). Indes kann auch diese nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen. Vielmehr ist ein Einverständnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, namentlich durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 3 StR 228/11 - NStZ-RR 2012, 80; BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - BGHSt 54, 52, 57 f.; BGH, Beschl. v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04 - NStZ-RR 2005, 86; BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147, 157 ff. [zur AG]; BGH, Urt. v. 20.6.1999 - 1 StR 668/98 - NJW 2000, 154, 155; zuletzt BGH, Beschl. v. 15.5.2012 - 3 StR 118/11; s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 20a; MünchKommStGB/Dierlamm, 2006, § 266 Rn. 133 ff.; LK/Rönnau, StGB, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 178; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125; ablehnend SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 70 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 99; SSW-StGB/Saliger, 2009, § 266 Rn. 86). Die Unwirksamkeit des Einverständnisses dient gerade dem Vermögensschutz, unabhängig davon, dass dies mittelbar auch den Gläubigern zugutekommt (BGH, Beschl. v. 15.5.2012 - 3 StR 118/11; vgl. auch Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; Ransiek, wistra 2005, 121, 122). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kapitalschutz nach § 30 GmbHG nicht ausschließlich den Gläubigern eine Befriedigungsreserve, sondern überdies der GmbH nach Möglichkeit ein ihren Bestand schützendes Mindestbetriebsvermögen sichern soll (s. BGH, Urt. v. 24.11.2003 - II ZR 171/01 - BGHZ 157, 72, 75; BGH, Urt. v. 17.3.2008 - II ZR 24/07 - BGHZ 176, 62, 65; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 30 Rn. 1). Es bestehen somit gesetzlich gewährleistete Eigeninteressen der GmbH (BGH, Urt. v. 10.7.1996 - 3 StR 50/96 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. auch BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147, 157 ff.), die von den Interessen der Gesellschafter unabhängig sind und daher deren Dispositionsmöglichkeit begrenzen (BGH, Beschl. v. 15.5.2012 - 3 StR 118/11). |
|
|
30.1.1 |
Das
Einverständnis des Geschäftsherrn schließt
regelmäßig den Tatbestand der Untreue aus (Fischer StGB 56.
Aufl. § 266 Rdn. 49 m. w. N.). Das gilt grundsätzlich auch
für vermögensnachteilige Dispositionen des
Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, wenn sie im
Einverständnis der Gesellschafter getroffen werden. Ein
Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die
Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb
missbräuchlich, wenn
unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht
die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird,
etwa
durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG,
durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder
durch Gefährdung der Liquidität (BGHSt 35, 333; 49, 147, 158;
BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265; BGH,
Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR
372/08 - wistra 2009, 275; BGH,
Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 -
BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 3 StR
228/11; BGH, Beschl. v. 15.9.2011 - 3 StR 118/11; vgl. auch
Schünemann in LK 12.
Aufl. § 266 Rdn. 25; Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. §
266 Rdn. 68 ff.; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20;
siehe zum Einverständnis auch unten --> Rdn. 70). Vermögensnachteilige Dispositionen des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH, die offen erfolgen, sind grundsätzlich nicht pflichtwidrig, solange damit keine Beeinträchtigung des Stammkapitals (zu den Auswirkungen der Änderung von § 30 GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen - MoMiG - vgl. OLG Stuttgart, Beschl. vom 14. April 2009 - 1 Ws 32/09) oder keine konkrete wirtschaftliche Existenzgefährdung der Gesellschaft einhergeht (BGHSt 35, 335, 336 f.; 49, 147, 157 f.; BGH, Urt. v. 22.3.2006 - 5 StR 475/05 - wistra 2006, 265; BGH, Urt. v. 4.2.2010 - 1 StR 95/09 - wistra 2010, 221; Fischer, StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 96 m.w.N.). Handelt es sich um das Vermögen einer GmbH, fehlt es infolgedessen grundsätzlich an der Pflichtwidrigkeit des Handelns, wenn sich die Gesellschafter mit dem Vorgehen des Pflichtigen einverstanden erklärt haben (vgl. BGH NJW 2000, 154, 155; BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02 - wistra 2003, 385; BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666). Im Hinblick auf die eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 Abs. 1 GmbHG) ist anerkannt, daß eine Strafbarkeit wegen Untreue aber dann in Betracht kommt, wenn die Zustimmung der Gesellschafter zu einem Rechtsgeschäft der GmbH gegenüber treuwidrig und somit wirkungslos ist. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof zunächst bejaht, wenn die Zustimmung dazu führt, das Stammkapital der GmbH zu beeinträchtigen (BGHSt 9, 203, 216). Dem hat er den Fall gleichgestellt, daß die Zustimmung gegen die Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns verstößt (BGHSt 34, 379, 386 ff.). Da jedoch die Gesellschafter nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich frei sind, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen, hat der Bundesgerichtshof den erweiterten Anwendungsbereich unwirksamer Zustimmungen wieder auf Handlungen des Pflichtigen beschränkt, welche die wirtschaftliche Existenz der GmbH gefährden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23; BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02 - wistra 2003, 385). Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auch der Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH dann Untreue begeht, wenn er die Existenz der Gesellschaft gefährdet, indem er ihr die für ihren Fortbestand benötigten Mittel entzieht (BGH, Urt. v. 13.5.2004 – 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147, 157; BGH, Urt. v. 22.5.2003 - 5 StR 520/02 - NJW 2003, 2924 - wistra 2003, 344; BGH, Urt. v. 11.9.2003 - 5 StR 524/02 - wistra 2003, 457; BGH NJW 2003, 2996, 2998; BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147 - wistra 2004, 341; BGH, Urt. v. 22.3.2006 - 5 StR 475/05 - wistra 2006, 265; BGH, Beschl. v. 30.5.2013 - 5 StR 309/12 - "Durch Übertragung des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens bewirkte Entziehung desjenigen Vermögens, das die Gesellschaft noch zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten benötigte). Die in BGHSt 49, 147, 160 f. aufgestellten Grundsätze gelten in der Liquidation fort (BGH, Urt. v. 30.9.2009 - 2 StR 300/09). Eine solche Existenzgefährdung liegt jedenfalls vor, wenn das nach § 30 GmbHG geschützte Stammkapital der GmbH angegriffen wird (vgl. BGHSt 35, 333, 336 ff.; BGHZ 142, 92, 95; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37, 45; BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02 - wistra 2003, 385). So begeht der Geschäftsführer eine Untreue zu Lasten der GmbH, wenn er das zur Erhaltung des Stammkapitals, das der Verfügungsmacht der Gesellschafter im Interesse der Gläubiger entzogen ist, erforderliche Vermögen an die Gesellschafter auszahlt (BGHSt 35, 333, 337 f.; 9, 203, 216; 3, 32, 40; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45; BGH wistra 2003, 385, 387; BGH, Urt. v. 6.5.2008 - 5 StR 34/08 - wistra 2008, 379; Schaal in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. vor § 82 Rdn. 17 m.w.N.; Tiedemann, GmbH-Strafrecht 4. Aufl. vor §§ 82 ff. Rdn. 15). Dies gilt auch dann, wenn das Stammkapital bereits verloren und die GmbH überschuldet ist (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 21). Sie ist aber auch bejaht worden für Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen, die zwar das Stammkapital noch nicht unmittelbar beeinträchtigen, jedoch durch Entzug der Produktionsanlagen oder Gefährdung der Liquidität zu einer unmittelbaren Existenzgefährdung der GmbH führen (vgl. BGHSt 35, 333, 337; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37 m. w. N.; BGH, Urt. v. 11.9.2003 - 5 StR 524/02 - wistra 2003, 457). An diesen Maßstäben hält der Bundesgerichtshof trotz der in der Literatur erhobenen, auf den Schutzzweck des § 266 StGB abstellenden Einwendungen (vgl. die Nachw. bei Fischer StGB 56. Aufl. § 266 Rn. 52e) fest (BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666). Der Geschäftsführer einer GmbH besitzt gem. §§ 35, 37 GmbHG die Befugnis, über das Vermögen der Gesellschaft zu verfügen und sie anderen gegenüber zu verpflichten. Als Organ der Gesellschaft obliegt es ihm, nach Maßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG ihre Vermögensinteressen wahrzunehmen. Er ist daher tauglicher Täter einer Untreue zu Lasten der Gesellschaft (vgl. nur BGH NStZ 1998, 192, 193; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Treubruch 2; Lenckner/ Perron in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 25; Schaal in Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG 4. Aufl. vor § 82 Rdn. 10 f.). Eine Pflicht zur Betreuung der Vermögensinteressen der Gesellschafter trifft den Geschäftsführer demgegenüber nicht (BGH, Urt. v. 22.1.1953 - 3 StR 154/52; BGH, Urt. v. 25.4.2006 - 1 StR 519/05 - BGHSt 51, 29 - NJW 2006, 1984; Schünemann in Leipziger Kommentar 11. Aufl. § 266 Rdn. 125; Tiedemann in Scholz, GmbHG 9. Aufl. vor § 82 Rdn. 15; Gribbohm ZGR 1990, 1, 3, 13 f.; Kohlmann, Die strafrechtliche Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers, Seite 99 f.; ders. in Hachenburg, GmbHG 8. Aufl. vor § 82 Rdn. 60; vgl. auch Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 25). Eine entsprechende Pflicht, die Gesellschaft nicht existenzbedrohend zu beeinträchtigen, trifft nicht nur den Geschäftsführer als das vertretungsberechtigte Organ, sondern in gleicher Weise den beherrschenden Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.; BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147 - wistra 2004, 341). Hat der Gesellschafter der GmbH anstelle von Eigenkapital ein Darlehen gewährt - oder dieses stehengelassen (vgl. dazu Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 32a Rdn. 143 ff. m.w.N.) -, das als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren ist, weil es verlorenes Stammkapital ersetzt oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdeckt, besteht ebenfalls ein Rückzahlungsverbot im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG: Der Geschäftsführer darf das Darlehen nicht an den Gesellschafter zurückzahlen, soweit er damit in das (wiederhergestellte) Stammkapital eingreifen oder sogar die (erneute) Überschuldung der GmbH herbeiführen würde (vgl. BGHZ 90, 370, 376 ff.; 76, 326, 328 ff.; BGHR GmbHG § 30 Abs. 1 Gesellschafterdarlehen 1 = BB 2005, 176, 177; BGH NJW 2006, 225). Auszahlungen an den Gesellschafter dürfen nur geleistet werden, wenn die Aktiva die Passiva übersteigen und zudem nur in der Höhe, in welcher der sich daraus ergebende Unterschiedsbetrag den Nennwert des Stammkapitals übersteigt (vgl. Maurer GmbHR 2004, 1549, 1550 m.w.N.). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen dieses Rückzahlungsverbot begründet die Strafbarkeit wegen Untreue (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2008 - 5 StR 34/08 - wistra 2008, 379; Hartung NJW 1996, 229, 231 f.; Maurer aaO S. 1555; Gribbohm DStR 1991, 248, 249; Hachenburg/Kohlmann, GmbHG 8. Aufl. vor § 82 Rdn. 98; Dierlamm in MünchKomm-StGB, § 266 Rdn. 139, 170; vgl. auch BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 53; BGH wistra 2006, 309; BGH, Beschlüsse vom 15. April 1977 - 2 StR 799/76 und 800/76; Muhler wistra 1994, 283, 287). Nichts anderes gilt für Rückzahlungen auf ein von einem Gesellschaftsfremden gewährtes Darlehen, das durch eine Leistung des Gesellschafters (etwa Bürgschaften oder Bestellung von Grundpfandrechten) abgesichert ist, soweit diese Leistung verlorenes Stammkapital ersetzt oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdeckt (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2008 - 5 StR 34/08 - wistra 2008, 379). Ob der Geschäftsführer etwa durch eine Darlehensrückzahlung in das Stammkapital eingegriffen oder sogar eine darüber hinaus bestehende Überschuldung vertieft hat, lässt sich - anders als in den Fällen einer „Aushöhlung“ der Gesellschaft (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2008 - 5 StR 34/08 - wistra 2008, 379; BGHSt 35, 333, 338; BGH wistra 2006, 265) - nur anhand eines Überschuldungsstatus feststellen (vgl. zu dessen Inhalt BGHSt 15, 306, 309; BGH wistra 2003, 301, 302; 1987, 28; OLG Düsseldorf wistra 1998, 360, 361; 1997, 113; Richter GmbHR 1984, 137, 139; Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 7 ff.). siehe zum Überschuldungsstatus und zur Feststellung einer Überschuldung: Verletzung der Verlustanzeigepflicht, § 84 GmbHG L E I T S A T Z Zur Pflichtwidrigkeit bei Untreuehandlungen zu Lasten konzernintegrierter GmbHs bei Zustimmung der Alleingesellschafterin (BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - Ls. - BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666). Jedenfalls in Fällen, in denen die den Untergesellschaften entzogenen Vermögenswerte in der ausschließlichen Einflusssphäre des Konzerns verbleiben, kommt die besondere, auf die Wahrung fremder Vermögensinteressen gerichtete Betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zum Ausdruck. Werden Vermögenswerte der beherrschten Gesellschaften hier in einem solchen Ausmaß transferiert, dass die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten der einlegenden Konzernmitglieder im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet wird, so verletzt der Vorstand der herrschenden Gesellschaft hierdurch seine Vermögensbetreuungspflicht, sofern nicht die Rückzahlung, etwa durch ausreichende Besicherung, gewährleistet ist (BGHSt 49, 147, 160 f.). Diese Verpflichtung trifft im mehrstufigen Beherrschungsverhältnis nicht nur die Alleingesellschafterin der geschädigten Gesellschaft, sondern sämtliche die Untergesellschaft beherrschenden Konzernebenen über dieser (so in der Sache schon BGHSt 49, 147, 160 f.; im Ergebnis auch Ransiek wistra 2005, 121, 124 f.). Sie wird den Mitgliedern der vertretungsberechtigten Organe der herrschenden Gesellschaften nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zugerechnet (BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666). Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs neigt dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelikten der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das Interesse des Vertretenen und damit auf ein subjektives Element vom Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird (BGH, Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 372/08 - wistra 2009, 275). Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im Sinne des § 14 StGB im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen (vgl. Radtke in MünchKomm StGB vor § 283 Rdn. 58; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 14 Rdn. 26; Labsch wistra 1985, 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der Vertretene zur Erfüllung seiner außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines Vertreters bedient (Tiedemann in LK 11. Aufl. vor § 284 Rdn. 84, Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. StGB 27. Aufl. § 14 Rdn. 26; Radtke in MünchKomm StGB vor § 283 Rdn. 58; Arloth NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer JR 1988, 33, 34). Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen - unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert - ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird (Radtke in MünchKomm StGB vor § 283 Rdn. 58; Hoyer in SK-StGB 116. Lfg. § 283 Rdn. 106) (BGH, Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 372/08 - wistra 2009, 275). Soweit der Vertreter eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem Eigentumsdelikt in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung der Gesellschafter (oder des alleinigen Gesellschafters/Geschäftsführers) einer GmbH wegen des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses Ergebnis ist jedoch gerechtfertigt, weil in diesen Fällen durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw. das Eigentum der Gesellschaft andererseits - beeinträchtigt werden (BGH, Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 372/08 - wistra 2009, 275). Es stellt entgegen einer vielfach im Schrifttum geäußerten Auffassung (s. z.B. Labsch, wistra 1985, 1, 7 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Kasiske JR 2011, 235, 240; SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]) keinen Wertungswiderspruch dar, die mit Zustimmung der Gesellschafter vorgenommene Entnahme von Vermögenswerten durch den Geschäftsführer sowohl als Bankrott als auch als Untreue zu beurteilen. Ein Eingriff in das Gesellschaftsvermögen kann gleichzeitig verschiedene Rechtsgüter beeinträchtigen, die durch die unterschiedlichen Strafvorschriften geschützt sind: Während der Untreuetatbestand das Vermögen des Treugebers wahren soll, dienen die Bankrottbestimmungen dem Schutz der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urt. v. 20.7.1999 - 1 StR 668/98 - NJW 2000, 154, 155; BGH, Urt. v. 4.4.1979 - 3 StR 488/78 - BGHSt 28, 371, 372 f.). Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 GmbHG) kann in den Fällen, in denen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Vermögensverfügung aus den dargelegten Gründen ausgeschlossen ist, ein Eingriff in das betreute Vermögen mithin die Strafbarkeit sowohl wegen Untreue als auch wegen Bankrotts begründen (BGH, Beschl. v. 15.5.2012 - 3 StR 118/11; siehe auch BGH, Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 372/08 - NJW 2009, 2225, 2228; BGH, Beschl. v. 15.9.2011 - 3 StR 118/11 - NStZ 2012, 89, 91 m. zust. Anm. Radtke/Hoffmann; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125, 171; aA etwa SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b mwN). siehe auch: Bankrott, § 283 StGB (insb. zur Aufgabe der Interessentheorie) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass einverständliche Entnahmen bereits erzielter Gewinne und die Zahlung von Gewinnvorschüssen für sich allein noch keinen rechtswidrigen Nachteil für die GmbH bedeuten, und zwar selbst dann nicht, wenn die entnommenen Beträge zu Tarnungszwecken falsch gebucht werden; hat jedoch eine an sich zulässige Gewinnentnahme schädliche Folgen, die über die durch die Entnahme bewirkte Vermögensminderung hinausreichen, kann sie als rechtswidriger Nachteil für die GmbH gewertet werden (BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; vgl. BGH, Urt. v. 24.8.1988 – 3 StR 232/88 - BGHSt 35, 333, 336 f.). Pflichtwidriges Handeln und ein rechtswidriger Nachteil sind anzunehmen, wenn das Stammkapital beeinträchtigt oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft in anderer Weise gefährdet wird (BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 96, 156 mwN), etwa weil der Gesellschaft ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; vgl. BGH, Urt. v. 24.8.1988 – 3 StR 232/88 - BGHSt 35, 333, 337 f., sowie BGH, Urt. v. 24.10.1990 – 3 StR 16/90; BGH, Urt. v. 10.7.1996 – 3 StR 50/96 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23 und 37; BGH, Urt. v. 13.5.2004 – 5 StR 73/03 - BGHSt 49, 147, 157 ff.). Dass später (etwa im Oktober 2003 bei angenommenen Entnahmehandlungen Juni 2003) das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eröffnet wurde, genügt für die Annahme einer Liquiditätsgefährdung bereits zu Beginn des Tatzeitraums nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 – 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229, 230). siehe zu den Urteilsfeststellungen zur Gefährdung der Existenz oder der Liquidität einer GmbH auch unten Rdn. U.2.30 |
|
|
30.1.5 |
Der
Treubruchtatbestand des § 266
Abs. 1 StGB knüpft nicht an die
formale Position als Geschäftsführer, sondern an die tatsächliche
Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen an, wenn damit ein
schützenswertes Vertrauen in die pflichtgemäße Wahrnehmung der
Vermögensinteressen verbunden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5
StR 407/12; BGH, Urt. v. 10.7.1996
– 3 StR 50/96; BGH, Urt. v. 14.7.1999 – 3 StR 188/99 - NStZ
1999,
558, Fischer, StGB 60. Aufl., § 266 Rn. 33). Die Verwendung gesellschaftlicher Geldmittel oder Informationen für gesellschaftsfremde, ausschließlich dem Eigeninteresse dienende Zwecke für den Geschäftsführer stellt eine Treuepflichtverletzung dar (vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2014 - 1 StR 75/14 zum faktischen Geschäftsführer; zum formellen Geschäftsführer BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 - NJW 1986, 585; OLG Naumburg NZG 1999, 353 mwN), weil allein das Unternehmensziel, der Gegenstand des Unternehmens und das Unternehmensinteresse ihm gegenüber die maßgeblichen Kriterien für sorgfaltsgemäßes Handeln bilden (vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2014 - 1 StR 75/14 zum faktischen Geschäftsführer; zum formellen Geschäftsführer OLG Naumburg, NZG 1999, 353, mwN; Schneider/Crezelius in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 64). |
|
|
30.1.5.5 |
L
E I T S A T Z
Zu
den Anforderungen an die Annahme einer faktischen
Geschäftsführerstellung gegenüber einem abhängigen
Unternehmen (BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12 -
Ls.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Geschäftsführer auch derjenige anzuerkennen, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen hat, tatsächlich ausübt und gegenüber dem formellen Geschäftsführer eine überragende Stellung einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1952 – 1 StR 153/52 - BGHSt 3, 32, 37 f., BGH, Urt. v. 22.9.1982 – 3 StR 287/82 - BGHSt 31, 118, 122; BGH, Urt. v. 10.5.2000 – 3 StR 101/00 - BGHSt 46, 62, 64 f.; BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12). Geschäftsführer ist somit auch, wer ohne förmliche Bestellung die Stellung eines Geschäftsführers tatsächlich einnimmt. Der Umstand, dass es daneben einen formell bestellten Geschäftsführer gibt, muss dem nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12). Dann muss allerdings der faktische Geschäftsführer Geschäftsführerfunktionen in maßgeblichem Umfang übernommen haben, der etwa mit „ein Übergewicht“ (BGH, Urt. v. 19.4.1984 - 1 StR 736/83 - StV 1984, 461 f.), „eine überragende Stellung“ (BGH, Urt. v. 22.9.1982 - 3 StR 287/82 - BGHSt 31, 118, 120) oder „das deutliche Übergewicht“ (BGH, Beschl. v. 13.12.2012 - 5 StR 407/12 mwN) in - im Wesentlichen sprachlichen - Nuancen unterschiedlich umschrieben wird (so zusammenfassend: BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12; vgl. zusammenfassend schon BayObLG NJW 1997, 1936 mwN). Dass der Angeklagte tatsächlich einen erheblichen Einfluss gegenüber der bestellten Geschäftsführerin der GmbH hatte, die nahezu keine eigenständigen Entscheidungen getroffen hat, reicht für sich genommen nicht aus, um eine faktische Organstellung zu begründen, wenn dem Angeklagten die für eine organschaftliche Stellung typischen Befugnisse fehlten (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12). So etwa, wenn er keine Bankvollmacht hatte oder im Außenverhältnis keine Pflichten übernahm, die typischerweise mit der Stellung eines Organs verbunden sind (wie etwa gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden). Sind dem Betreffenden solche Kompetenzen nicht übertragen, spricht dies indiziell gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführung, weil sie zu den Essentialien einer Organstellung zählen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; BGH, Urt. v. 27.6.2005 – II ZR 113/03 - ZIP 2005, 1414). Allerdings hat die Rechtsprechung es im Einzelfall auch ausreichen lassen, wenn der faktische Geschäftsführer den förmlich bestellten Geschäftsführer anweisen kann und er durch ihn die Geschäftspolitik des Unternehmens tatsächlich bestimmt (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1997 – 4 StR 323/97 - StV 1998, 416; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.2.2002 – II ZR 196/00 - BGHZ 150, 61). Beruht die Macht des Dritten allein darauf, dass er sich gegenüber dem formellen Geschäftsführer in den wesentlichen unternehmerischen Fragen durchsetzen kann, bedarf das Verhältnis zur Gesellschafterebene vertiefter Betrachtung. Dass ein außenstehender Dritter, der weder Mitgesellschafter noch Angestellter ist, sondern vielmehr auf der Seite des – wenngleich wirtschaftlich einflussreichen – Auftraggebers steht, über seine wirtschaftliche Macht als Auftraggeber hinaus ermächtigt ist, die Geschäfte seines Vertragspartners zu führen und damit auch verpflichtet ist, dessen Vermögensinteressen zu schützen, erklärt sich aufgrund der bloß faktischen Einflussnahme nicht selbst. Vielmehr wird in solchen Fällen der Abhängigkeit des Geschäftspartners die übermächtige Vertragsgegenseite häufig die Geschäftstätigkeit des abhängigen Geschäftspartners bestimmen können. Dies genügt aber nicht für die Annahme einer „faktischen Geschäftsführung“, auch weil ansonsten der Angeklagte gegenläufigen Vermögenspflichten, nämlich für den Vertragspartner und das eigene Unternehmen, ausgesetzt wäre. Derjenige, der im Rahmen von schuldrechtlichen Beziehungen jedoch eigene Interessen im Wirtschaftsleben verfolgt, kann nicht die Vermögensinteressen der anderen Vertragspartei wahrnehmen. Deshalb sollen grundsätzlich auch nur fremdnützig typisierte Schuldverhältnisse mit Geschäftsbesorgungscharakter Treuepflichten begründen können (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 75 f.; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 38 und vgl. auch BGH, Urt. v. 13.5.2004 – 5 StR 73/03; BGHSt 49, 147, 155, und BGH, Beschl. v. 2.4.2008 – 5 StR 354/07 - BGHSt 52, 182, 186 f.). Maßgeblich ist, dass der Angeklagte in die Gesellschafterebene hinein über ein solches Machtpotential verfügt, das ihn in die Lage versetzt, die Unternehmensentscheidungen zu determinieren. Eine solche weitgehende Beherrschung wird regelmäßig gegeben sein, wenn die Gesellschafterin der GmbH für ihn handelt. Dies setzt grundsätzlich entweder eine persönliche Abhängigkeit oder aber ein aus anderen Gründen einverständliches Zusammenwirken mit ihr voraus, die es rechtfertigen, die GmbH als gleichsam abhängige und unselbständige Strohmannfirma für das Unternehmen des Angeklagten zu sehen. Nur dann kann dem Angeklagten auch eine weitere Vermögensbetreuungspflicht auferlegt werden (BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; vgl. zu den Pflichtenstellungen im faktischen GmbH-Konzern: BGH, Urt. v. 10.7.1996 – 3 StR 50/96 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 25). Der Frage, ob ein faktischer Geschäftsführer „von den acht klassischen Merkmalen im Kernbereich der Geschäftsführung mindestens sechs“ erfüllen müsse (vgl. näher BayObLG NJW 1997, 1936 mwN; Bedenken gegen eine zu formalisierte Betrachtungsweise bei Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 30 Rn. 58) brauchte der 1. Strafsenat nicht näher nachzugehen, weil es jedenfalls erforderlich ist, dass die Urteilsfeststellungen ein „Bild“ von den Verhältnissen ergeben, das Rückschlüsse auf die der Annahme faktischer Geschäftsführung zugrunde liegende konkrete Tätigkeit und ihren Umfang zulässt (Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 30 Rn. 57 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 22.9.1982 - 3 StR 287/82 - BGHSt 31, 118, 120) und diese im entschiedenen Einzelfall nicht vorlagen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12). Denn die Hinweise darauf, dass der Angeklagte „im wesentlichen“ die Geschicke der Firma bestimmte, und darauf, dass bei der Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers auch der formelle Geschäftsführer beteiligt gewesen sei, wenn auch nicht als „treibende Kraft“, genügen hierfür nicht. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass die ersichtliche alleinverantwortliche Verhandlung mit Kreditgebern als eines der acht klassischen Kernbereichsmerkmale gilt (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12; BayObLG NJW 1997, 1936). Die Annahme faktischer Geschäftsführung ist Ergebnis einer rechtlichen Bewertung von Tatsachen durch das Gericht. Nur diese Tatsachen können einem Geständnis zugänglich sein, nicht das Ergebnis der richterlichen Wertung (BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12). vgl. zur Vermögensbetreuungspflicht des faktischen Geschäftsführers auch BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 5 StR 407/12; BGH, Urt. v. 27.6.2005 – II ZR 113/03; BGH, Urt. v. 25.2.2002 – II ZR 196/00; BGH, Urt. v. 11.12.1997 – 4 StR 323/97, ferner BGH, Urt. v. 4.9.2014 - 1 StR 75/14 |
|
|
30.2 |
Geschädigter
i.S.d. § 266
StGB kann nur ein mit dem Täter nicht
identischer Träger fremden Vermögens sein, sei es eine
natürliche Person, sei es eine juristische Person, der eigene
Rechtspersönlichkeit zukommt (BGH,
Urt. v. 20.1.2000 - 4 StR
342/99; BGH, Urt. v. 24.7.1991 - 4 StR 258/91; BGH, Urt. v.
29.11.1983
- 5 StR 616/83; BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11). Eine in
diesem Sinn eigene Rechtspersönlichkeit wird der
Kommanditgesellschaft - kommt sie als verselbständigtes
Gesamthandsvermögen einer juristischen Person auch sehr nahe -
nicht zuerkannt (BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; vgl. ferner
BGH, Urt. v. 24.1.1990 - IV ZR 270/88 - BGHZ 110, 127; BGH, Urt. v.
16.2.1961 - III ZR 71/60 - BGHZ 34, 293, 296). Im Rahmen des § 266 StGB kann eine Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02; BGH, Urt. v. 20.1.2000 - 4 StR 342/99; BGH, Beschl. v. 22.2.1991 - 3 StR 348/90; BGH, Urt. v. 17.3.1987 - 5 StR 272/86; BGH, Urt. v. 29.11.1983 - 5 StR 616/83 jew. mwN; ebenso: BGH, Urt. v. 17.3.1987 - VI ZR 282/85 - BGHZ 100, 190, 192). Nach der Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs soll bei § 266 StGB zu Lasten des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft ein Vermögensnachteil lediglich in dem Umfang eintreten, in dem auch die Vermögen der Gesellschafter betroffen sind (vgl. BGH, Urt. v. 9.8.2016 - 1 StR 121/16 Rn. 6). Diese Auffassung wird auch vom Schrifttum geteilt (z.B. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 3; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 113; Wittig in BeckOK-StGB, § 266 Rn. 11; Saliger in Satzer/Schmitt/Widmaier, StGB, § 266 Rn. 19; Maurer/Odörfer, GmbHR 2008, 413, 414; Schulte, NJW 1984, 1671; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbHR 1984, 146). Beispiel: Hinsichtlich der Untreue des Angeklagten ist dies nicht bezüglich der gesamten Entnahmen, sondern lediglich insoweit der Fall, als es sich um die Vermögen derjenigen Kommanditisten handelte, die nicht in einer von § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen. Dies betraf lediglich Kommanditanteile im Gesamtumfang von 48 % (vgl. BGH, Urt. v. 9.8.2016 - 1 StR 121/16 Rn. 6). Bei einer Kommanditgesellschaft kann die Schädigung des Gesamthandsvermögens jedoch dann zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil führen, wenn und soweit sie zugleich das Vermögen der einzelnen Gesellschafter berührt (BGHSt 34, 221, 222 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGHZ 100, 190, 192 f.; vgl. Schaal aaO Rdn. 24 ff.). Auch hier schließt ein wirksames Einverständnis aller Gesellschafter die Annahme von Untreue aus (vgl. BGHR aaO). Handelt es sich bei einem der Gesellschafter um eine GmbH (bei einer GmbH & Co. KG regelmäßig der Komplementär), beurteilt sich die Wirksamkeit von deren Einwilligung nach den oben zur GmbH genannten Grundsätzen (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02 - wistra 2003, 385). siehe auch unten Rdn. 40.12 Zur Beurteilung von Pflichtwidrigkeiten im Zusammenhang mit dem kommunalrechtlichen Sparsamkeitsgebot und Vergütungszahlung sowie Subventionszahlungen siehe BGH, Urt. v. 29.8.2007 - 5 StR 103/07 - NStZ 2008, 87 Zur Untreue durch Geldtransferleistungen innerhalb einer Unternehmensgruppe siehe BGH, Urt. v. 22.11.2005 - 1 StR 571/04 - wistra 2006, 105 Betr. die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze siehe BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N. Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH hat gegenüber dieser und gegenüber den Kommanditisten eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 25; Waßmer in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuer-strafrecht, § 266 StGB Rn. 49). |
|
|
30.3 |
|
30.3.1 |
Die
Mitglieder des Präsidiums, das die Aktiengesellschaft
gegenüber den Vorstandsmitgliedern vertritt (§ 84 Abs. 1,
§ 87 Abs. 1 Satz 1, § 107 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 112
AktG i. V. m. der Satzung), haben bei Entscheidungen über die
inhaltliche Ausgestaltung der Dienstverträge mit den
Vorstandsmitgliedern und über deren Bezüge eine
Vermögensbetreuungspflicht, die aus ihrer Stellung als Verwalter
des für sie fremden Vermögens der Aktiengesellschaft folgt.
Nach den Vorgaben des Aktienrechts müssen sie bei allen
Vergütungsentscheidungen
im Unternehmensinteresse (zu den dabei
neben dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft zu
berücksichtigenden Interessen vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl.
§ 76 Rdn. 12) handeln, insbesondere den Vorteil der Gesellschaft
wahren und Nachteile von ihr abwenden (vgl. BGHZ 135, 244, 253;
Hüffer, AktG § 84 Rdn. 9, § 93 Rdn. 4, 5, § 116
Rdn. 4). Das Gebot, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den
Eintritt eines sicheren Vermögensschadens bei der Gesellschaft zur
Folge haben, gehört - ohne dass es dazu weiterer gesetzlicher oder
rechtsgeschäftlicher Regelungen bedürfte - zu den
Treuepflichten, die ein ordentliches und gewissenhaftes
Präsidiumsmitglied (§ 93 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 1
AktG) zwingend zu beachten hat. Diese aktienrechtliche Pflicht stellt
sich im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB als Pflicht zur Wahrnehmung
fremder Vermögensinteressen dar (vgl. BGH,
Urt. v. 6.12.2001 - 1 StR 215/01 -
BGHSt 47, 187, 200 f. - StV 2002, 137; BGH,
Urt. v.
21.12.2005 - 3 StR 470/04 - wistra 2006, 137). Allerdings beinhaltet nicht jede Vergütungsentscheidung des Präsidiums, die im Ergebnis zu einer Schädigung der Aktiengesellschaft führt, eine Pflichtverletzung. Denn auch hierbei handelt es sich um unternehmerische Führungs- und Gestaltungsaufgaben, für die in der Regel ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet ist. Die Anerkennung eines solchen weiten Handlungsspielraums findet ihre Rechtfertigung darin, dass unternehmerische Entscheidungen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden müssen, die wegen ihres Prognosecharakters die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält. Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, nicht überschritten sind (vgl. BGHZ 135, 244, 253 f.; 111, 224, 227; BGH, Urt. v. 6.4.2000 - 1 StR 280/99 - BGHSt 46, 30, 34 f. - NJW 2000, 2364; BGHSt 47, 148, 149 f.; 47, 187, 192; BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - wistra 2006, 137). Leitsatz Bewilligt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft für eine erbrachte dienstvertraglich geschuldete Leistung einem Vorstandsmitglied nachträglich eine zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und dem Unternehmen keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringt (kompensationslose Anerkennungsprämie), liegt hierin eine treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens. 2. Die zur Erfüllung des Tatbestandes der Untreue erforderliche Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht muss auch bei unternehmerischen Entscheidungen eines Gesellschaftsorgans nicht zusätzlich "gravierend" sein (Klarstellung zu BGH, Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - BGHSt 47, 148 und 187 - NJW 2002, 1211; BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - Ls. - wistra 2006, 137). |
|
|
30.3.2 |
Der
Vorstand unterliegt gesellschaftsrechtlich den in §§ 76,
82, 93 AktG umschriebenen Pflichten. Der Vorstand hat gem. § 76
Abs. 1 AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten. Gem.
§ 93 Abs. 1 AktG hat er bei seiner Geschäftsführung die
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters
anzuwenden; gem. § 82 Abs. 2 AktG unterliegt er gegenüber der
Gesellschaft den von der Satzung, dem Aufsichtsrat, der
Hauptversammlung und der Geschäftsordnung gezogenen
Beschränkungen (vgl. BGH,
Urt. v. 22.11.2005 -
1 StR 571/04 -
wistra 2006, 105). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dem Vorstand bei seinen in Ausfüllung der vorgenannten Pflichten getroffenen Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Werden hingegen die - weit zu ziehenden - äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit überschritten und wird damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die so gravierend ist, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründet (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - BGHSt 47, 148, 152 - NJW 2002, 1211; BGHSt 47, 187, 197; BGH, Urt. v. 22.11.2005 - 1 StR 571/04 - wistra 2006, 105; vgl. auch BGHZ 135, 244, 253). Leitsatz In einem Konzern verletzen die Vorstandsmitglieder der beherrschenden Aktiengesellschaft jedenfalls dann ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber einer abhängigen GmbH, wenn deren Vermögenswerte in einem solchen Umfang ungesichert im Konzern angelegt werden, daß im Fall ihres Verlustes die Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft oder deren Existenz gefährdet wäre (BGH, Urt. v. 13.5.2004 - 5 StR 73/03 - Ls. - BGHSt 49, 147 - wistra 2004, 341). Leitsatz Vergibt der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus deren Vermögen Zuwendungen zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muß vielmehr gravierend sein. Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen. Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - 1 StR 215/01 - Ls. - BGHSt 47, 187 - StV 2002, 137). Der Tatbestand der Untreue - in der Variante des Missbrauchs- oder Treubruchstatbestands - kann auch erfüllt sein, wenn Angestellte einer juristischen Person des Privatrechts, insbesondere auch einer Kapitalgesellschaft, dieser ohne wirksame Einwilligung Vermögenswerte entziehen, um sie nach Maßgabe eigener Zwecksetzung, wenn auch möglicherweise im Interesse des Treugebers zu verwenden. Für die hierbei zunächst erforderliche Feststellung einer § 266 Abs. 1 StGB unterfallenden Pflichtverletzung kommt es auf einen mittelbar oder „letztlich“ erzielten Vermögenszuwachs bei dem zu betreuenden Vermögen insoweit nicht an; dies könnte vielmehr allenfalls bei der Feststellung eines Vermögensnachteils von Bedeutung sein (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61). Dass die Vermögenswerte auf den verdeckten Konten verborgen wurden, um sie bei gegebenem Anlass zur Leistung von Bestechungszahlungen an Dritte und damit möglicherweise im mittelbaren wirtschaftlichen Interesse der Treugeberin zu verwenden, steht einer Pflichtwidrigkeit nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61). Leitsatz: 1. Ein Geschäftsführer einer GmbH und ein Vorstand einer AG können sich wegen Untreue strafbar machen, wenn sie unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG und unter Verletzung von Buchführungsvorschriften eine schwarze Kasse im Ausland einrichten (Fortführung von BGHSt 52, 323). 2. Ein den Untreuetatbestand ausschließendes Einverständnis der Mehrheit der Gesellschafter einer GmbH setzt voraus, dass auch die Minderheitsgesellschafter mit der Frage der Billigung der Pflichtwidrigkeit befasst waren. BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09 – LG Köln vgl. zur Abrechnungskompetenz des Vorstands über Haushaltsmittel einer Stiftung auch BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 380/12; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 128 f. |
|
|
35 |
|
35.1 |
Der
Bürgermeister einer
Stadt ist regelmäßig
verpflichtet, deren Vermögensinteressen im Sinne von § 266
Abs. 1 StGB eigenverantwortlich zu betreuen (vgl. BGH, Beschl. v.
20.5.1994 - 2 StR 202/94 - NStZ 1994, 586; BGH, NStZ-RR 2005, 83, 84;
BGH,
Urt. v. 8.5.2003 - 4 StR 550/02 - NStZ 2003, 540,
541; BGH, Beschl. v. 25.4.2006 - 1 StR 539/05 - wistra
2006, 306; BayObLG JR 1989, 299, 300) und steht gegenüber der
Stadt in einem Treueverhältnis (vgl. allgemein BGH GA 1956, 121
f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 34;
BGH, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 StR 400/06 - wistra 2007, 259; vgl. auch
BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 592/10). Im Rahmen dieser Vermögensbetreuungspflicht darf der Bürgermeister die Möglichkeit eines dem betreuten Vermögen vorteilhaften Vertragsabschlusses nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen, um unter Berufung darauf, daß Leistung und Gegenleistung äquivalent sind, für sich oder einen Dritten einen Betrag zu erlangen, den der Treugeber mit Sicherheit erspart hätte, wenn die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens genutzt worden wäre (vgl. BGHSt 31, 232 ff. = NJW 1983, 1807 ff.; BGH wistra 1984, 109 und 189, 224; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - 4 StR 550/02 - wistra 2003, 379). Zur Untreue durch Zahlung einer Abfindung durch einen Bürgermeister vgl. etwa BGH, Urt. v. 9.12.2004 - 4 StR 294/04 - wistra 2005, 178; zur Untreue durch Einstellung von Mitarbeitern und deren für diese vorteilhafte Gehaltseingruppierungen durch einen Oberbürgermeister siehe BGH, Urt. v. 24.5.2016 - 4 StR 440/15 |
|
|
35.2 |
Kassenärzte
haben bei der Verschreibung von Arzneimitteln eine
Betreuungspflicht gegenüber dem betroffenen Vermögen der
Krankenkasse. Sie treten bei der Verordnung von Arzneimitteln als
Vertreter der Krankenkasse auf und geben mit Wirkung für und gegen
die Krankenkasse Willenserklärungen zum Abschluß eines
Kaufvertrages über die verordneten Medikamente ab (vgl. BGH,
Beschl. v. 25.11.2003 - 4 StR 239/03 - BGHSt 49, 17 - NJW
2004, 454 -
wistra 2004, 143; BGH,
Beschl. v. 27.4.2004 - 1 StR 165/03 - wistra
2004, 422). Leitsatz - StGB § 266 Abs. 1 Den Vertragsarzt einer Krankenkasse trifft dieser gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB, die ihm zumindest gebietet, Heilmittel nicht ohne jegliche medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen. BGH, Beschluss vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16 – LG Halle vgl. zur Begründung der Vermögensbetreuungspflicht als Hauptpflicht über die Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgebots im Gesundheitswesen: BGH, Beschl. v. 16.8.2016 – 4 StR 163/16 Rn. 20 ff. |
|
|
35.3 |
Durch die gesetzliche Regelung des § 550b Abs. 2 BGB a.F. (nunmehr § 551 Abs. 3 BGB) wird zugleich eine auf Gesetz beruhende Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründet. Diese gesetzliche Regelung stellt einen Ausgleich zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters auf der einen und dem Schutzbedürfnis des Mieters auf der anderen Seite her; sie schützt dabei insbesondere den Rückzahlungsanspruch des Mieters im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Vermieters vor dem Zugriff von dessen Gläubigern (BGHSt 41, 224). Deshalb hat der Gesetzgeber die Mietkaution in Anlehnung an die Vorschriften über die Anlage von Einnahmen des Wohnungsverwalters (§ 27 Abs. 4 WEG) oder über den Umgang mit Mündelgeldern (§§ 1806, 1807 BGB) im Rahmen der Wohnungsmiete als Treuhandverhältnis ausgestaltet (BGHSt 41, 224, 228 unter Bezugnahme auf BT-Drucks 9/2079, S. 10). Auch wenn der dem Vermieter insoweit verbleibende Ermessensspielraum relativ eng gezogen ist, entsteht mit der Entgegennahme der Kautionsleistung eine Vermögensbetreuungspflicht, die für den Vermieter durch die mietrechtlich vorgesehene Verwendung dieser Gelder begründet wird (BGHSt 41, 224 S. 229; BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306; Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 113; kritisch hierzu: Dierlamm in MK-StGB 2006 § 266 Rdn. 11; Samson/Günther in SK-StGB 39. Lfg. § 266 Rdn. 29). Eine solche gesetzlich begründete Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht nur bei der Wohnraummiete. Mit der Anlage der Gelder unter Verstoß gegen die gesetzliche Regelung des § 550b Abs. 2 BGB a.F. handelt der Täter pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306 insoweit auch zur vertraglich begründeten Vermögensbetreuungspflicht bei gewerblicher Miete und zur Untreue durch Unterlassen bei späterer Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse mit gefährdeter Rückzahlung anfänglich eingezahlter Kautionen). Die bloße Vereinbarung einer Kaution als solche begründet bei der Gewerberaummiete keine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306). | |
|
35.4 |
Ein
Notar nimmt im Rahmen seiner Treuhandtätigkeit als objektiver
Sachwalter der Beteiligten fremde Vermögensinteressen kraft
eigener Rechtsmacht wahr. Hat er Gelder zur treuhänderischen
Verwahrung angenommen, muss der Notar - trotz des Vorliegens der
formalen Voraussetzungen für die Abwicklung des
Treuhandverhältnisses - von der Auszahlung absehen, wenn
hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung
der unwiderruflichen Weisung an der Erreichung unerlaubter oder
unredlicher Zwecke mitwirken würde (vgl. § 54d Nr. 1 BeurkG;
BGH,
Beschl. v. 29.7.2008 - 4 StR 232/08 - wistra 2008, 466;
Renner in
Huhn/von Schuckmann Beurkundungsgesetz 4. Aufl. § 54 d Rdn. 2;
Sandkühler in Arndt/Lerch/ Sandkühler Bundesnotarordnung 5.
Aufl. § 23 Rdn. 15 u. 143 ff.). Leitsatz Ein Notar, der schon vor der Beurkundung Kenntnis von einem von den Kaufvertragsparteien zum Nachteil des finanzierenden Geldinstituts geplanten Betrug erlangt hat und trotzdem hinterlegte Gelder auszahlt, verstößt gegen § 54 d Nr. 1 BeurkG und handelt pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB (BGH, Beschl. v. 7.4.2010 - 2 StR 153/09 - Ls. - NJW 2010, 1764). Nach § 54 d BeurkG hat der Notar von der Auszahlung abzusehen und alle an dem Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen hiervon zu unterrichten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung der unwiderruflichen Anweisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde, oder einem Auftraggeber durch die Auszahlung des verwahrten Geldes ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar droht. Nach dieser Vorschrift hat nicht nur derjenige Notar die Auszahlung zu unterlassen, der wegen eines erst nach Annahme des Verwahrungsauftrags verdichteten Verdachts eines Betrugs zu Lasten des Einzahlers Anlass hat, dessen Belange für gefährdet zu halten. Das Verbot trifft vielmehr auch den Notar, der bereits bei der der Verwahrung zu Grunde liegenden Beurkundung davon Kenntnis hatte, dass die Beteiligten einen Betrug zum Nachteil des künftigen Hinterlegers planen, und der deshalb nach § 14 Abs. 2 BNotO seine Amtstätigkeit insgesamt hätte versagen müssen (BGH - NotS - NJW-RR 2009, 488, 489; BGH, Beschl. v. 7.4.2010 - 2 StR 153/09 - NJW 2010, 1764). siehe betr. Einbindung in ein kriminelles Gesamtsystem i.V.m. Darlehensgewährungen auch BGH, Urt. v. 27.2.2003 - 5 StR 224/02 - wistra 2003, 259 Der Notar ist unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) und hat als unparteiischer Betreuer der an dem zu beurkundenden Rechtsgeschäft Beteiligten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO) die Pflicht, deren Vermögensinteressen wahrzunehmen. Zu dieser Vermögensbetreuungspflicht gehört, dass er die Beteiligten auch insoweit zu belehren hat, als er annehmen muss, sie würden die Bedeutung und Tragweite der zu beurkundenden Erklärungen nicht erkennen. Zwar erstreckt sich die Belehrungspflicht des Notars in der Regel nicht auf die wirtschaftlichen Folgen des zu beurkundenden Geschäftes. Jedoch besteht eine entsprechende Belehrungspflicht des Notars dann, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalles naheliegt, dass eine Schädigung eines Beteiligten eintreten kann, und der Notar nicht mit Sicherheit annehmen kann, dass sich der Gefährdete dieser Lage bewusst ist oder dass er dieses Risiko auch bei einer Belehrung auf sich nehmen würde (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14; BGH, Urt. v. 12.6.1990 – 5 StR 268/89 - NJW 1990, 3219, 3220). Beispiel: So liegt es etwa, wenn der Angeklagte (Notar) als naheliegend erkannt hatte, dass die Vermittler des gesondert Verurteilten eine unseriöse Überrumpelungstaktik anwandten und ihre Verkaufsmethoden betrügerisch ausgestaltet hatten, der Angeklagte aber gleichwohl die gebotenen Belehrungen nicht erteilte (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14 betr. Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB in der Form des Treubruchtatbestandes durch Beurkundung von Immobilienkaufverträgen mit möglicherweise auch minderwertiger Immobilien insbesondere mit falschen Versprechungen des Vermittlers unter gezielter Außerachtlassung der Belehrungspflichten). Eine aus gesetzlichen Vorschriften resultierende Pflicht zur Zuführung anvertrauter Gelder auf ein Anderkonto ist in § 54b Abs. 1 BeurkG für Notare begründet (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13 Rn. 6; vgl. zur Untreue durch einen Notar etwa BGH, Urt. v. 6.4.1982 - 5 StR 8/82 - NStZ 1982, 331 f.). |
|
|
35.5 |
Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht sich ein
Rechtsanwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und
nicht einem Anderkonto zuführt, sondern anderweitig verwendet,
grundsätzlich der Untreue schuldig. Das Verhalten des
Rechtsanwalts stellt nur dann keinen Verstoß gegen die
Treupflicht dar und führt nur dann nicht zu einem Nachteil im
Sinne des § 266
StGB, wenn er uneingeschränkt bereit und
jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen
flüssigen Mitteln vollständig auszukehren (BGH wistra 1988,
191 f.; BGHSt 15, 342, 344; RGSt 73, 284 f.). Ein Rechtsanwalt, der
sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrages zur Weiterleitung
bestimmte Fremdgelder auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt
und weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit fähig ist,
einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln
vollständig auszukehren, macht sich der Untreue in der Variante
des Treuebruchtatbestandes (§ 266
Abs. 1 Alt. 2 StGB) strafbar
(vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1960 - 4 StR 401/60, BGHSt 15, 342, 344; BGH,
Urt. v. 27.1.1988 - 3 StR 61/87 - BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 8; BGH, Beschl. v. 25.7.1997 - 3 StR 179/97 - NStZ-RR 1997,
357; BGH,
Beschl. v. 30.10.2003 - 3 StR 276/03 -
NStZ-RR 2004,
54;
BGH, Beschl. v. 24.7.2014 - 2 StR 221/14 - wistra 2015, 27,
28;
BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 -
2 StR 144/15; vgl. auch vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13
Rn. 7). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Rechtsanwalt die Mittel nicht von einem Dritten zur Auskehrung an den Mandanten erhalten, sondern dieser ihm Gelder zur Ausführung eines Auftrags überlassen hat (BGH NStZ 1982, 331; BGH bei Dallinger MDR 1975, 23; BayObLG GA 1969, 308; OLG Stuttgart NJW 1968, 1340). Zwar ist richtig, daß die bloße Nichterfüllung eines Auftrags ebenso wie dessen verzögerte Erfüllung nicht als solche zwingend eine tatbestandsmäßige Untreue darstellt. Verwendet der Rechtsanwalt indes die ihm vom Mandanten zur Verfügung gestellten Gelder für eigene Zwecke, statt sie getrennt von seinem Vermögen auf einem Anderkonto zur jederzeitigen Durchführung des erteilten Auftrags bereit zu halten, so ist nicht ersichtlich, warum dieses Verhalten strafrechtlich anders bewertet werden sollte als der zweckwidrige Einsatz von Mitteln, die für den Mandanten in Empfang genommen wurden (vgl. BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - 3 StR 276/03 - wistra 2004, 61). Für den Mandanten oder einen von diesem bestimmten Empfänger eingehende Gelder hat er unverzüglich zu übermitteln oder, falls dies ausnahmsweise nicht sofort durchführbar ist, den Mandanten hiervon sofort in Kenntnis zu setzen und dafür besorgt zu sein, dass ein dem Geldeingang entsprechender Betrag bei ihm jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1960 - 4 StR 544/59 - NJW 1960, 1629 mwN; BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14). Beispiel (BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14): Das verwendete Geschäftskonto des Angeklagten war häufig überzogen, so dass eingehende Fremdgelder unmittelbar mit Eingang auf dem Konto dem Ausgleich des Solls dienten; teilweise verwendete der Angeklagte die Gelder zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten. Beides reicht für die Annahme einer Untreue in der Form des Treuebruchs aus. Die Feststellungen belegen damit allerdings nicht nur den Eintritt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung. Mit der Kontokorrentbuchung der Bank oder dem Abfluss des Zahlungseingangs vom Konto ist bei dem Berechtigten bereits ein endgültiger Vermögensschaden eingetreten (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323, 336 ff.). Soweit dem Angeklagten in Einzelfällen möglicherweise Honoraransprüche in einer die Zahlungseingänge übersteigenden Höhe zustanden, hindert dies nicht die Annahme eines Vermögensnachteils. Zwar fehlt es an einem Vermögensnachteil, wenn der Täter einen fälligen Geldanspruch gegen das von ihm treuhänderisch verwaltete Vermögen hat und hierüber in entsprechender Höhe zu eigenen Gunsten verfügt, so dass der Treugeber von einer bestehenden Verbindlichkeit befreit wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1999 - 5 StR 667/98 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46). Dies setzt aber voraus, dass die Verwendung der Mandantengelder nicht mit dem Vorsatz rechtswidriger Bereicherung erfolgt, sondern tatsächlich dem Zweck dient, bestehende Honoraransprüche zu befriedigen (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1997 - 1 StR 638/97 - NStZ-RR 1997, 298, 299; BGH, Beschl. v. 5.7.2011 - 3 StR 444/10 - NStZ-RR 2011, 312, 313; BGH, Beschl. v. 24.7.2014 - 2 StR 221/14 - wistra 2015, 27, 28; Schmidt, NStZ 2013, 498, 500 f.). Daran fehlt es etwa, wenn der Angeklagte irgendwelche Honoraransprüche in keinem der abgeurteilten Fälle beziffert und geltend gemacht hat, so dass es schon deshalb an einer möglicherweise in Betracht kommenden Aufrechnungslage fehlt und die Verwendung der Fremdgelder durch den Angeklagten einzig dazu diente, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Kanzlei anfallenden Kosten begleichen und private Verbindlichkeiten erfüllen zu können (vgl. BGH, Beschl. v. 24.7.2014 - 2 StR 221/14 - wistra 2015, 27, 28). Hat sich die Tathandlung des Angeklagten in einem einmaligen Anspruchsschreiben unter Angabe seines Geschäftskontos für zu leistende Zahlungen erschöpft, rechtfertigt dies - auch wenn die Gegenseite mehrere Teilzahlungen erbracht hatte - nicht die Annahme von Tatmehrheit (vgl. BGH, Beschl. v. 24.7.2014 - 2 StR 221/14 - wistra 2015, 27, 28; BGH, Beschl. v. 25.7.1997 - 3 StR 179/97 - NStZ-RR 1997, 357). Zu den Pflichten des Anwalts aus dem Mandatsverhältnis zählt, dass er die für seinen Mandanten vereinnahmten Gelder ordnungsgemäß an diesen weiterleitet. Er darf an den gesetzlichen Vertreter nur auszahlen, wenn die gesetzlichen Regeln für den Umgang mit dem Vermögen des Geschäftsunfähigen eingehalten sind. Eine Auszahlung an die Eltern eines Kindes darf nur dann erfolgen, wenn diese das Geld ihrer Kinder nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anlegen (§ 1642 BGB) und Schenkungen aus dem Vermögen des Kindes grundsätzlich ausgeschlossen sind (§ 1641 BGB). Zu einer ordnungsgemäßen Anlageform gehört dabei auch, dass eine eindeutige Zuordnung des Vermögenswertes zu dem Vermögen des Kindes ohne weiteres möglich ist (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 24). Bei einem geschäftsunfähigen Mandanten muss der Rechtsanwalt Sorge tragen, dass das Geld gesichert die Vermögenssphäre des Geschäftsunfähigen erreicht. Diese aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag folgende Leistungssicherungspflicht ist zugleich eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urt. v. 6.9.2006 - 5 StR 64/06 - wistra 2007, 22). Zwar wird der Rechtsanwalt, der einen Geschäftsunfähigen vertritt, im Regelfall seine anwaltliche Pflicht dadurch erfüllen, dass er die Gelder an dessen Vertreter weiterleitet. Insoweit darf er - ohne eigene Nachforschungen anstellen zu müssen - darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Vertreter mit den ihnen ausgezahlten Geldern ordnungsgemäß umgehen werden. Anderes gilt aber dann, wenn er voraussieht, dass der gesetzliche Vertreter mit den zugewandten Geldern in einer die Vermögensinteressen des Geschäftsunfähigen verletzenden Art und Weise verfährt oder wenn er es sogar hierauf anlegt (BGH, Urt. v. 6.9.2006 - 5 StR 64/06 - wistra 2007, 22). Untreue kann durch den Rechtsanwalt durch aktives Tun wie auch durch Unterlassen begangen werden. Verwirklicht er den Tatbestand ausschließlich dadurch, dass er pflichtwidrig dem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern auf seinem Geschäftskonto belässt, so ist hierauf die Strafmilderungsvorschrift des § 13 Abs. 2 StGB anwendbar, denn der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt hier in einem Unterlassen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.1997 - 3 StR 179/97 - NStZ-RR 1997, 357; BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14). Die Unterscheidung zwischen den Begehungsformen hat sich daran zu orientieren, ob zu dem bloßen Gelderhalt ein Tätigwerden des Rechtsanwalts (Anfordern des Geldes, Verwenden des Geldes zu eigenen Zwecken, Ableugnen des Zahlungseingangs) hinzutritt oder sich der Vorwurf in dem bloßen Untätigbleiben nach Zahlungserhalt erschöpft (BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14). Zwar kann der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen im Sinne des § 13 StGB liegen, wenn ein Rechtsanwalt den Tatbestand der Untreue allein dadurch verwirklicht, dass er pflichtwidrig seinem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern diese Gelder auf seinem Geschäftskonto belässt und der Vorwurf sich in einem bloßen Vorenthalten der Gelder erschöpft (vgl. BGH, Urt. v. 25.7.1997 – 3 StR 179/97 - NStZ-RR 1997, 357). Tritt zur bloßen Entgegennahme des Geldes ein aktives Tun des Rechtsanwalts hinzu, indem er die Gelder beispielsweise anfordert, sie für eigene Zwecke verwendet oder ihren Eingang auf seinen Geschäftskonten leugnet, liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in aktivem Tun (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2015 – 1 StR 587/14 - NJW 2015, 1190, 1191). So liegt es etwa, wenn der Angeklagte die Gelder für eigene Zwecke verwendete und er gegenüber seinen Mandanten außerdem den Eingang der für sie bestimmten Gelder verschleierte, sie mit Ausflüchten hinhielt und ihnen vorspiegelte, ein gerichtliches Verfahren müsse eingeleitet werden oder dauere noch an (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2015 - 2 StR 144/15). Die Bewertung der Konkurrenzen bleibt von der Begehungsform allerdings unberührt. Der Verwirklichung des Treuebruchtatbestands (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) durch Unterlassen stünde die fortgesetzte Leistungsunfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Zahlungspflicht nicht entgegen, denn er ist verpflichtet, für seine Leistungsfähigkeit zu den verschiedenen Zahlungszeitpunkten Sorge zu tragen (Rechtsgedanke der omissio libera in causa, BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14; vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2013 - 1 StR 526/13 - NStZ 2014, 158, 159; vgl. im Kontext von § 266a StGB BGH, Beschl. v. 28.5.2002 - 5 StR 16/02 - BGHSt 47, 318, 320). |
|
|
35.6 |
Der Bundesgerichtshof hat einen Schuldspruch wegen Untreue bestätigt, bei dem der vom Amtsgericht als Vermögensvormund bestellte Angeklagte durch die Umschichtung des Mündelvermögens von einem Fonds auf ein Girokonto des Mündels diesem einen Vermögensnachteil zugefügt hat, weil ein wirtschaftlicher Nachteil darin gesehen werden konnte, dass durch die Auflösung des Fonds die lukrative Verzinsung von 5-6 % pro Jahr entfallen war. Eine in der Umschichtung liegende schadensgleiche Vermögensgefährdung, weil der Angeklagte plante, nach und nach Gelder des Mündels von dessen Girokonto abzuheben und für sich zu verwenden, wurde hingegen verneint, weil auch nach Auflösung des Fonds sich die Anlagesumme nach wie vor auf einem Konto des Geschädigten befand und damit noch nicht dessen unmittelbaren Rechtskreis entzogen war (vgl. BGH, Beschl. v. 10.10.2007 - 2 StR 407/07). | |
|
35.7 |
Leitsatz: Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger (BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - (Ls.) - wistra 2011, 184). Zwar handelt der Gerichtsvollzieher hoheitlich und wird nicht als Vertreter des Gläubigers tätig (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 753 Rn. 4). Die Zwangsvollstreckung dient aber den Gläubigerinteressen. Sie erfordert als verfahrenseinleitende Prozesshandlung einen Antrag des Gläubigers. Damit bestimmt der Gläubiger Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungszugriffs. Er hat die Herrschaft über seinen vollstreckbaren Anspruch und bleibt somit auch "Herr" seines Verfahrens (Zöller/Stöber aaO Vor § 704 Rn. 19). Zudem hat der Gerichtsvollzieher die Vorschriften der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) zu beachten (vgl. Zöller/Stöber aaO § 753 Rn. 4). Deren Einhaltung gehört nach § 1 Abs. 4 GVGA zu den Amtspflichten des Gerichtsvollziehers. Nach § 58 Nr. 1 GVGA handelt der Gerichtsvollzieher bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbständig. Er hat gemäß § 58 Nr. 2 GVGA die Weisungen des Gläubigers insoweit zu berücksichtigen, als sie mit den Gesetzen oder der Geschäftsanweisung nicht in Widerspruch stehen. Insbesondere hat der Gerichtsvollzieher nach § 106 Nr. 6 GVGA die empfangene Leistung und nach § 138 Nr. 1 GVGA bzw. § 170 GVGA gepfändetes oder ihm gezahltes Geld nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger abzuliefern. Ein Verstoß gegen diese Amtspflichten stellt es dar, wenn der Gerichtsvollzieher das von den Vollstreckungsschuldnern erhaltene Geld im Umfang der zuviel einbehaltenen Gebühren nicht an die Gläubiger weiterleitet (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - wistra 2011, 184). Die Forderung des jeweiligen Gläubigers ist zwar nicht bereits durch die Zahlung des jeweiligen Vollstreckungsschuldners an den Angeklagten als Gerichtsvollzieher im Sinne des § 362 BGB teilweise erfüllt worden. Die Erfüllungswirkung gemäß § 362 BGB tritt bei Zahlung erst ein, wenn der Gerichtsvollzieher das empfangene Geld an den Gläubiger weitergeleitet hat. Fehlt es hieran, ist die beizutreibende Forderung nicht durch Erfüllung erloschen (BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – III ZR 115/08 - MDR 2009, 466; Zöller/ Stöber aaO § 754 Rn. 6). § 362 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 BGB ist nicht anwendbar, weil die Rechtsstellung des Gerichtvollziehers gemäß § 754 ZPO nicht auf einem bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum Gläubiger, sondern auf seiner Stellung als auch im Bereich der Entgegennahme freiwilliger Zahlungen hoheitlich handelndes Organ der Zwangsvollstreckung beruht (BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - wistra 2011, 184). Auf freiwillige Zahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher ist aber § 815 Abs. 3 ZPO analog anwendbar (BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – III ZR 115/08 - MDR 2009, 466, 467; Zöller/Stöber aaO § 754 Rn. 6; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 815 Rn. 5). Nach der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur wird § 815 Abs. 3 ZPO nicht als Erfüllungsfiktion, sondern als eine von § 270 BGB abweichende Regelung über die Gefahrtragung verstanden (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – III ZR 115/08 aaO; BGH, Urt. v. 30.1.1987 – V ZR 220/85 - ZZP 102, 366; Zöller/Stöber aaO § 815 Rn. 2; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 4; MünchKomm-ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 815 Rn. 14). Der Schuldner ist bei freiwilliger Leistung unter dem Druck drohender Pfändung ebenso schutzwürdig wie bei der Wegnahme (BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – III ZR 115/08 aaO; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 5). Dieser Schutz des Schuldners trägt dem Umstand Rechnung, dass er auf den weiteren Verfahrensablauf keinen Einfluss nehmen kann (Münch-KommZPO/Gruber aaO § 815 Rn. 14). Verwendet der Gerichtsvollzieher das Geld nicht entsprechend den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, trägt der Gläubiger somit die Gefahr. Er kann den Schuldner nicht nochmals in Anspruch nehmen (BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - wistra 2011, 184). |
|
|
35.8 |
L E I
T S Ä T Z E
1. Die unzulässige Aufnahme rechtswidrig erlangter
Parteispenden in den Rechenschaftsbericht einer Partei stellt auch dann
keine pflichtwidrige Handlung i.S.d. Straftatbestandes der Untreue
gemäß § 266
Abs. 1 StGB dar, wenn das Parteiengesetz
für diesen Fall gegen die Partei eine zwingende finanzielle
Sanktion vorsieht, hier den Verlust auf staatliche Mittel im Rahmen der
Parteienfinanzierung in Höhe des Zweifachen des erlangten Betrages
gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG idF vom 28. Januar
1994. Pflichtwidrig i.S.d. § 266
Abs. 1 StGB sind nur
Verstöße gegen vermögensschützende Normen. Der
hier verletzte § 25 PartG idF vom 28. Januar 1994 bezweckt einen
solchen Vermögensschutz nicht (Fortführung von BGH, Beschluss
vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09). 2. Die Parteien können aber - z.B. durch Satzungen - bestimmen, dass die Beachtung der Vorschriften des Parteiengesetzes für die Funktionsträger der Partei eine selbständige das Parteivermögen schützende Hauptpflicht i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB darstellt. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - Ls. - NJW 2011, 1747 Den Vorsitzenden des Kreisverbandes einer Partei trifft eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB für das Vermögen des Parteikreisverbandes. Für den Vorsitzenden einer Untergliederung einer Partei gilt insoweit nichts anderes als für den Vorsitzenden eines Vereins (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - NJW 2011, 1747; BGH, Urt. v. 5.2.1991 - 1 StR 623/90 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 18; BGH, Urt. v. 27.2.1975 - 4 StR 571/74 - NJW 1975, 1234; BGH, Beschl. v. 13.6.1986 - 3 StR 197/86 - wistra 1986, 256). Daneben hat der Kreisverbandsvorsitzende auch gegenüber der Bundespartei eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - NJW 2011, 1747; BGH, Beschl. v. 21.12.2006 – 3 StR 240/06 - NStZ-RR 2007, 176). Ihn trifft die Pflicht, bei Wahrnehmung der ihm eingeräumten, (auch) für das Vermögen der Bundespartei bedeutsamen Befugnisse die Vermögensinteressen der Bundespartei zu wahren. Dies gilt namentlich auch, soweit er an den für die Parteienfinanzierung bedeutsamen Rechenschaftsberichten mitwirkt. Die Bundespartei ist auf materiell und formell richtige Berichte der nachgeordneten Gebietsverbände (§ 7 PartG) über die Herkunft und die Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei angewiesen, um dem Präsidenten des Bundestages einen ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht (vgl. § 23 PartG) erstatten zu können (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - NJW 2011, 1747). |
|
|
35.9 |
siehe vorstehend Rdn. 35.8 vgl. schon BGH, Urt. v. 27.2.1975 - 4 StR 571/74 - NJW 1975, 1234 für einen Vereinsvorsitzenden |
|
|
35.10 |
Als Lehrstuhlinhaber kann der Angeklagte seine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH, Urt. v. 27.7.1982 – 1 StR 209/82 - NJW 1982, 2881) dadurch verletzt haben, dass er es unterlassen hat, der Hochschule gegenüber die nach Abschluss der jeweiligen Projekte noch verbleibenden Drittmittel zu offenbaren. Nach dem Regelungsgehalt des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 gehört es zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Lehrstuhlinhabers, der Universität bislang unbekannte, ihr zustehende Vermögenswerte offenzulegen (vgl. auch BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323, 333 f.; BGH, Urt. v. 30.9.2010 - 4 StR 150/10 - NStZ-RR 2011, 82). | |
|
35.11 |
LEITSATZ
Dem mit
einem Zwangsverwaltungsverfahren befassten Rechtspfleger obliegt eine
Vermögensbetreuungspflicht gegenüber Gläubigern und
Schuldner (BGH, Urt. v. 28.7.2011 – 4 StR 156/11). Nach § 153 ZVG hat der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. i RPflG) des Vollstreckungsgerichts unter anderem die Geschäftsführung des Verwalters zu beaufsichtigen. Ihm kommt diesem gegenüber eine "verfahrensbeherrschende Stellung" zu (Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 1). Zwar handelt der Verwalter grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich, jedoch ist das Vollstreckungsgericht berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit festgestellte Pflichtwidrigkeiten abzustellen (vgl. Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 5). Diese Pflichten berühren nicht nur allgemeine Interessen der Gläubiger und Schuldner; sie betreffen vielmehr auch deren Vermögensinteressen. Denn die Aufsichtspflicht des Rechtspflegers bezieht sich insbesondere auf die treuhänderische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Gläubiger und des Schuldners. Hierzu kann und muss der Rechtspfleger dem Zwangsverwalter gegebenenfalls auch (Einzel-)Anweisungen erteilen, die etwa Mietverträge betreffen können (§§ 6, 10 Abs. 1 Nr. 2 ZwVwV bzw. § 6 ZVwVergV). Solchen Anweisungen muss der Zwangsverwalter folgen, er ist an sie gebunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV bzw. § 1 Abs. 1 Satz 2 ZVwVergV; BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11). Dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte - weil selbst betroffen (vgl. § 10 RPflG i.V.m. § 41 Nr. 1 ZPO) - in dem Zwangsverwaltungsverfahren gar nicht hätte tätig werden dürfen; denn das Verbot, in eigener Sache tätig zu werden, schließt ein gleichwohl bestehendes Treueverhältnis nicht aus (BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11; so bereits RGSt 72, 347, 348). |
|
|
35.12 |
Bereits das Reichsgericht (Urteil vom 16. Oktober 1905 - Rep. 426/05, RGSt 38, 190) hat den Zwangsverwalter zu den "kraft öffentlichrechtlicher Verpflichtung zu besonderer Treue verbundenen Personen" gerechnet und ihm eine Vermögensbetreuungspflicht auferlegt. Hieran hat sich nichts geändert. Denn aus §§ 152, 154 ZVG ergibt sich, dass der Zwangsverwalter eines Grundstücks fremdes Vermögen im Interesse aller Beteiligten, also insbesondere der Gläubiger und Schuldner (§ 9 ZVG), treuhänderisch verwaltet (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11; Böttcher/Keller in Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 152 Rn. 5; ebenso zur Stellung des Vergleichsverwalters: BGH, Urt. v. 26.7.1960 - 1 StR 248/60; zum Konkurs- und Insolvenzverwalter: BGH, Urt. v. 14.2.1955 - 3 StR 459/54; BGH, Urt. v. 14.1.1998 - 1 StR 504/97 - NStZ 1998, 246, 247; zu diesen auch SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 13, 33, Borchardt in Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 1, 9 ff. jeweils mwN). Diesen gegenüber ist er - selbständig und nach pflichtgemäßem Ermessen handelnd (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003, BGBl. I S. 2804 [gültig ab 1. Januar 2004] - im Folgenden: ZwVwV, bzw. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970, BGBl. I S. 185 [gültig bis 31. Dezember 2003] - im Folgenden: ZVwVergV) - für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich (§ 154 Satz 1 ZVG). Zu diesen Pflichten gehört es auch und insbesondere, das Grundstück "ordnungsgemäß zu benutzen" (§ 152 Abs. 1 ZVG). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, unterlässt er es also, alle möglichen Nutzungen zu ziehen (OLG Köln, Beschl. v. 25.6.2006 - 2 U 39/07; Böttcher/Keller aaO § 152 Rn. 19), also beispielsweise das Grundstück durch Vermietung nutzbar zu machen (Böttcher/Keller aaO § 152 Rn. 20, 32; zur Umwandlung von unentgeltlichen Überlassungsverträgen in ein Miet- oder Pachtverhältnis: Drasdo NJW 2011, 1782, 1784 mwN) und den Mietzins einzuziehen (OLG Köln aaO) oder zu niedrige Mieten anzuheben (KG, Urt. v. 12.1.1978 - 12 U 2661/77 - MDR 1978, 586; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 152 Rn. 3), so haftet er für den hierdurch den Gläubigern bzw. dem Schuldner entstandenen Schaden nach § 154 ZVG (vgl. OLG Köln aaO, KG aaO; ferner Böttcher/Keller aaO § 154 Rn. 3b)(BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11). | |
|
35.15 |
Bei der Pflicht zur Wahrung der
Vermögensinteressen der
Fraktion handelt es sich - auch mit Blick auf die weit darüber
hinausgehenden Aufgaben eines Fraktionsvorsitzenden - um eine
Hauptpflicht in dem umschriebenen Sinne (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2014 -
3 StR 265/14; schon BGH, Urt. v. 27.2.1975 - 4 StR 571/74 - NJW 1975,
1234 für einen Vereinsvorsitzenden). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 FraktG RP ist eine Verwendung der Mittel, welche die Fraktion zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erhalten hat, für Parteiaufgaben ausdrücklich untersagt. Diese eindeutige gesetzliche Regelung setzt die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Vorgaben um. Fraktionen sind als Gliederungen des Parlaments der organisierten Staatlichkeit eingefügt. Diese Zuordnung rechtfertigt es, ihnen zur Deckung ihrer im Rahmen der parlamentarischen Arbeit entstehenden Aufwendungen Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56, 104 f.; zu den Grundlagen der Fraktionsfinanzierung vgl. auch Lesch, ZRP 2002, 159; Paeffgen, in Festschrift Dahs, 143, 146 ff.). Staatliche finanzielle Mittel, die den Fraktionen über solche Zuschüsse zufließen, werden grundsätzlich von allen Staatsbürgern ohne Ansehung ihrer politischen Anschauungen oder Zugehörigkeiten erbracht und sind dem Staat zur Verwendung für das gemeine Wohl anvertraut. Diese Zweckbindung schließt es aus, dass bei einem so entscheidend auf das Staatsganze bezogenen Vorgang wie der Wahl der Volksvertretung die von der Allgemeinheit erbrachten und getragenen finanziellen Mittel des Staates zu Gunsten oder zu Lasten von politischen Parteien oder Bewerbern in parteiergreifender Weise eingesetzt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76, BVerfGE 44, 125, 143, 146; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14). Hieraus folgt, dass es einer Parlamentsfraktion verfassungsrechtlich verwehrt ist, ihr als Teil eines Staatsorgans aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellte Zuschüsse zur Finanzierung des Wahlkampfes einer Partei zu verwenden. Tut sie dies dennoch, so wird damit zugleich das Recht der übrigen Parteien und Wahlbewerber auf gleiche Wettbewerbschancen verletzt. Dieser Grundsatz gilt auch für die Wahlvorbereitung und erstreckt sich in diesem Rahmen auf die Wahlwerbung (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1982 - 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 mwN; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14). Leitsätze - StGB § 266 PartG § 25 Abs. 2 und 4, § 31c, § 31d Werden Gelder, die einer Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz aus dem Landeshaushalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewendet worden sind, gesetzwidrig für Zwecke der die Fraktion tragenden Partei ausgegeben, so stehen der Würdigung dieses Vorgangs als Untreue im Sinne des § 266 StGB zum Nachteil der Fraktion nicht die Bestimmungen des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz über die Folgen einer gesetzwidrigen Verwendung von Fraktionsgeldern entgegen. Dem Vorsitzenden einer Parlamentsfraktion kann dieser gegenüber eine Pflicht im Sinne des § 266 StGB zur Betreuung deren Vermögens obliegen, die er verletzt, wenn er veranlasst, dass das Fraktionsvermögen gesetzeswidrig verwendet wird. Nimmt eine Partei geldwerte Leistungen aus dem Vermögen einer von ihr getragenen Parlamentsfraktion entgegen, ohne diese als Spende dem Präsidenten des Deutschen Bundestages anzuzeigen und deren Wert an diesen weiterzuleiten, so stehen der Würdigung dieses Vorgangs als Untreue im Sinne des § 266 StGB zum Nachteil der Partei nicht die Bestimmungen des Parteiengesetzes, insbesondere dessen § 31c Abs. 1 Satz 1 und § 31d PartG, entgegen. Dem Vorsitzenden einer Partei kann dieser gegenüber eine Pflicht im Sinne des § 266 StGB zur Betreuung deren Vermögens obliegen, die er verletzt, wenn er eine rechtswidrige Spende annimmt und sie nicht gegenüber dem Präsidenten des Deutschen Bundestages anzeigt und an diesen weiterleitet. In diesem Fall wird der notwendige Zusammenhang zwischen der Verletzung der Treuepflicht und dem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB nicht dadurch ausgeschlossen, dass die unrechtmäßige Parteispende zunächst noch entdeckt werden muss und die Zahlungspflicht der Partei aufgrund der gesetzlichen Sanktion des § 31c PartG noch einen feststellenden Verwaltungsakt des Bundestagspräsidenten erfordert. Zum Verhältnis von gemäß § 266 StGB strafbarer Untreue und einem anschließenden Verstoß gegen § 31d PartG. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14 - LG Mainz |
|
|
35.99 |
vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10 - wistra 2010, 445, 446 für den Vorstand einer Stiftung; BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 146/13, wistra 2014, 186, 188 für den Vorsteher eines als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Wasserverbandes. | |
|
40 |
|
40.1 |
Ob
ein Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue eingetreten ist,
muß
grundsätzlich durch einen Vergleich
des gesamten Vermögens
vor und nach der beanstandeten Verfügung nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten geprüft werden (BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 39 m.w.Nachw.; BGH,
Urt.
v. 23.5.2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt
47, 295, 301 - NJW 2002, 2801; BGH,
Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR
410/09 -
StV 2010, 77; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10; BGH, Urt. v.
7.9.2010 – 2 StR 600/10 Rn. 8 - NStZ 2012, 151 f.; BGH, Beschl.
v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR
17/15 Rn. 62 - wistra 2016, 314, 321; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR
163/16 Rn. 34). Die Nachteilszufügung ist bei der Untreue als
Vermögensdelikt allein durch einen Vergleich des Vermögens,
das der Betreute ohne die Pflichtverletzung des Täters hätte,
mit dem Vermögen festzustellen, über das er infolge der
Pflichtverletzung verfügt. Dabei ist jeder Vorteil zu
berücksichtigen, der durch die pflichtwidrige Handlung erzielt
worden ist. Zum Vermögen gehört nach der maßgeblichen
wirtschaftlichen Betrachtungsweise alles, was in Geldwert messbar ist
(vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1975 – 4 StR 571/74 - NJW 1975, 1234 mwN;
BGH, Urt. v. 12.10.2016 – 5 StR 134/15; BGH, Urt. v.
9.11.2016 - 5 StR 313/15 Rn. 45). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevant ist, ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich, eigenständige Feststellungen zum Vorliegen des Vermögensschadens zu treffen, um so dieses Tatbestandsmerkmal von den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 266 Abs. 1 StGB sowie die Fälle der versuchten von denen der vollendeten Untreue hinreichend deutlich abzugrenzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/08 u.a. - BVerfGE 126, 170, 211 f.; BGH, Beschl. v. 6.6.2011 - 3 StR 115/11). Ein Vermögensnachteil liegt vor, wenn die treuwidrige Handlung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Treugebers führt, wobei ein Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der pflichtwidrigen Handlung zu erfolgen hat (BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 3 StR 447/11; BGH, Urt. v. 7.9.2011 - 2 StR 600/10 - NJW 2011, 3528, 3529; BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 410/09 - NStZ 2010, 329; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 33). |
|
|
40.2 |
Nach
ständiger Rechtsprechung ist der Vermögensnachteil im Sinne des
§ 266
StGB nach dem Prinzip
der Gesamtsaldierung
festzustellen ist, so
dass es an einem Nachteil im Falle einer schadensausschließenden
Kompensation fehlt. Eine solche liegt vor, wenn und soweit der durch
die Tathandlung verursachte Nachteil durch zugleich bzw. unmittelbar
eintretende wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird (BGH,
Beschl.
v. 17.8.2006 - 4 StR 117/06 - NStZ-RR 2006, 378,
379; BGH,
Urt.
v. 23.5.2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt
47, 295, 301 f.; BGH, Urt. v.
11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 33). Ein Nachteil i.S.v. § 266
StGB
liegt vor, wenn die treuwidrige
Handlung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen
Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des
Treugebers führt (Prinzip der Gesamtsaldierung,
BGHSt 15, 342, 343 f.; 47, 295, 301 f.; BGH NStZ 2004, 205, 206; 2010,
330, 331). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der pflichtwidrigen
Tathandlung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor
und nach dieser Handlung (BGH, Urt. v. 7.9.2011 - 2 StR 600/10). Eine Strafbarkeit wegen Untreue setzt gemäß § 266 Abs. 1 StGB die Zufügung eines Nachteils voraus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter Nachteil jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße zu verstehen. Die Vermögensminderung ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung - aufgrund eines Vergleichs des Vermögensstands vor und nach der treuwidrigen Handlung - festzustellen. Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung selbst zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird (BGHSt 15, 342, 343 f.; BGH NJW 1975, 1234, 1235; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 194/09 - wistra 2010, 181). Ein entsprechender Vorteil, der einen Nachteil entfallen lassen kann, tritt beispielsweise ein, soweit das betreute Vermögen von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befreit wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Verbindlichkeit schwer zu beweisen wäre (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46; BGH, Beschl. v. 27.8.2003 - 5 StR 254/03 - wistra 2004, 25). Andererseits kann durch den Abzug liquider Geldmittel aus einer Gesellschaft zur Begleichung nicht fälliger Forderungen ein Nachteil im Sinne von § 266 StGB entstehen, wenn ihr dadurch die wirtschaftliche Nutzung dieser Geldmittel zu Unrecht entzogen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.2001 - 5 StR 78/01 - NStZ 2001, 542). Ein Vorteil ist allerdings nur dann als wirtschaftlich vollwertig und kompensationsfähig anzusehen, wenn seine Realisierung jederzeit ohne nennenswerte Schwierigkeiten, etwa ohne besonderen Zeit- und Kostenaufwand und ohne Mitwirkung des Schuldners, zu erwarten ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 33; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 167 mwN). Ergibt sich - etwa aus einer Vereinbarung - allenfalls eine vage Chance zukünftiger Vermögensmehrung für das vom Angeklagten zu betreuende Vermögen, stellt dies keinen den Nachteil unmittelbar ausgleichenden Vorteil dar (vgl. BGHSt 17, 147, 148; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 38; BGH, Urt. v. 17.4.2002 - 2 StR 531/01 - NStZ-RR 2002, 237). Der schadensersatzrechtliche Ausgleichsanspruch gegen den Täter ist nach ständiger Rechtsprechung kein der Schadensentstehung entgegen stehender Vorteil. Ferner stellen weder die vage Chance, aufgrund des Mitteleinsatzes zu Bestechungszwecken später einmal einen möglicherweise im Ergebnis wirtschaftlich vorteilhaften Vertrag abzuschließen noch gar die bloße Absicht des Täters, die entzogenen Mittel für solche Zwecke zu verwenden, einen zur Kompensation geeigneten gegenwärtigen Vermögensvorteil dar (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61; wohl anders, aber zu weit OLG Frankfurt NStZ-RR 2004, 244, 245). Das Erlangen von durch spätere Geschäfte letztlich erzielten Vermögensvorteilen durch die Treugeberin kann den bereits eingetretenen Schaden nicht mehr beseitigen, sondern allenfalls eine Schadenswiedergutmachung darstellen (vgl. BGHSt 52, 323, 337 Rn. 43-46; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458; BGH, Urt. v. 7.9.2011 - 2 StR 600/10). Eine Kompensation durch Zugrundelegung hypothetischer Sachverhalte findet bei der Schadensberechnung nicht statt (vgl. BGH, Urt. v. 7.9.2011 - 2 StR 600/10; für den Bereich des Sozialversicherungsrechts BGH NStZ 1995, 85, 86; NStZ 2003, 313, 315). Hat der Angeklagte durch den in der Verwendung der Firmengelder für eigene Spekulationsgeschäfte und für die Teilnahme an Glücksspielen seine Verfügungsmacht („Griff in die Kasse“) verletzt und entstand den Kommanditisten ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB in Höhe der jeweiligen „Entnahmen“, muss hierbei nicht in jedem Fall berücksichtigt werden, dass der Angeklagte aus den Spekulationsgeschäften erzielte Gewinne den Firmenkonten gutbrachte. Eine derart ungewisse Aussicht auf Rückzahlung ist wirtschaftlich ohne Wert (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.2011 - 1 StR 336/11 mwN; BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11). Maßgeblich für den zur Bestimmung des tatbestandlichen Nachteils i.S.v. § 266 StGB erforderlichen Ver-mögensvergleich ist - gleichermaßen wie bei § 263 StGB - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung, hier also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach den Verfügungen zu Lasten der Firmenkonten (Überweisung, Einsatz der Kreditkarten). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; BGH, Beschl. v. 14.4.2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschl. v. 18.2.2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urt. v. 4.3.1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN). Einen Vermögensnachteil i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB kann auch darin liegen, dass durch die Abverfügung von Geldmitteln, ohne dass eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen wäre oder jedenfalls eine realistische Aussicht auf eine Gegenleistung erworben wurde, Überschuldung eintrat (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2009 - 1 StR 399/08 - wistra 2009, 273). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ein Vermögensnachteil zu verneinen ist, in Betracht kommen, wenn eine zwar objektiv gleichwertige Gegenleistung unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Verhältnisse des Geschädigten sowie der von ihm verfolgten Zwecke subjektiv wertlos ist, wobei auf den Standpunkt eines objektiven Betrachters abzustellen ist (vgl. nur BGHSt 16, 321, 325 f.; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 194/09 - wistra 2010, 181). |
|
|
40.3 |
Im Fall der Untreue besteht der Taterfolg in dem durch die Untreuehandlung bewirkten Vermögensnachteil. Hierunter fällt nicht jede durch die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht verursachte Vermögensbeschädigung. Vom Tatbestand des § 266 StGB sind vielmehr nur solche Nachteile erfasst, die der Täter demjenigen zufügt, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat; betreuter und geschädigter Vermögensinhaber müssen identisch sein (BGH, Urt. v. 25.4.2006 - 1 StR 519/05 - BGHSt 51, 29 - NJW 2006, 1984; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 47; Schünemann in Leipziger Kommentar 11. Aufl. § 266 Rdn. 101). | |
|
40.4 |
Ob ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH, Urt. v. 11.7.2000 - 1 StR 93/00 - wistra 2000, 384, 386; BGH, Urt. v. 14.7.2000 - 3 StR 53/00 - NStZ-RR 2001, 241, 242; BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 4 StR 117/06 - wistra 2007, 21). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben (BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 4 StR 117/06 - wistra 2007, 21). | |
|
40.5 |
Für
eine Verurteilung wegen Untreue wird gefordert (dies in
Frage stellend: BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - NJW 2011,
1747, 1751; dagegen beispielsweise SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 83,
84; offen gelassen in BGH, Beschl. v. 28.7.2011 - 4 StR 156/11 und BGH,
Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14), dass
der Vermögensnachteil über die reine Kausalität
hinausgehend unmittelbar
durch die Pflichtverletzung
ausgelöst worden sein muss (vgl. etwa BGH,
Urt. v. 25.4.2006 - 1 StR 519/05 -
BGHSt 51, 29, 33; BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 3 StR 447/11
Rn. 18; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 38). Mit
Blick auf den nach § 266
Abs. 1 StGB verlangten
Ursächlichkeitszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und
Nachteilsentstehung wird vorausgesetzt, dass durch die pflichtwidrige
Handlung der Vermögensnachteil entstand oder vertieft wurde (vgl.
BGH, Urt. v. 9.11.2016 - 5 StR 313/15 Rn. 46). Ein über den Zurechnungszusammenhang hinausgehendes Unmittelbarkeitserfordernis zwischen Pflichtwidrigkeit und Nachteil (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 28.7.2011 – 4 StR 156/11 Rn. 21 - NStZ-RR 2011, 374, 376) ist auch dann gegeben, wenn im Tatzeitpunkt aufgrund der Rahmenumstände sicher zu erwarten ist, dass der Schadensfall auch tatsächlich eintreten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 Rn. 90 - wistra 2016, 314, 325; BGH, Beschl. v. 16.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 39; für Schäden, die sich gleichsam von selbst vollstrecken auch SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 75a). Das Erfordernis der Unmittelbarkeit führt zunächst nicht dazu, dass Pflichtwidrigkeit und Nachteil in einem engen zeitlichen Verhältnis zueinander stehen müssen; denn unmittelbar in diesem Sinne bedeutet nicht zeitgleich, sofort oder auch nur alsbald (BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - BGHSt 56, 203, 221). In der Sache ist mit Blick auf die ratio legis sowie die Struktur des Tatbestands der Untreue nach § 266 StGB der Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteilseintritt auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Sanktion erst verhängt wird und damit der Vollschaden erst eintritt, nachdem die Tathandlung entdeckt worden ist. Für die Bejahung der Unmittelbarkeit maßgebend ist vielmehr, dass der Schadenseintritt nicht von einer Handlung eines Dritten abhängt, dem ein Beurteilungsspielraum oder Ermessen eingeräumt ist (BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 betr. Sanktionszahlungen bei rechtswidrigen Parteispenden). Ein in Ersatzansprüchen und Prozesskosten bestehender Nachteil nach Aufdeckung des Betrugs ist nicht unmittelbar (BGHSt 51, 29, 33; BGH NStZ 1986, 455, 456; Fischer StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 55). Er setzt nämlich mit der Aufdeckung der Tat einen Zwischenschritt voraus. Der für die Nachteilsfeststellung notwendige Gesamtvermögensvergleich hat aber auf der Grundlage des vom Täter verwirklichten Tatplans zu erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2009 - 5 StR 394/08 - BGHSt 54, 44 - NJW 2008, 3173 betr. § 266 StGB). Nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof zur Untreue durch fehlerhafte Dokumentation oder durch unordentliche Buchführung entwickelt hat, kann ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB als schadensgleiche Vermögensgefährdung nur angenommen werden, soweit die Durchsetzung der Ansprüche erheblich erschwert, wenn nicht gar verhindert worden wäre (BGH, Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 - BGHSt 47, 8, 11 - wistra 2001, 341; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 58; BGH, Beschl. v. 12.5.2004 - 5 StR 46/04 - wistra 2004, 348; BGH, Urt. v. 3.2.2005 - 5 StR 84/04 - wistra 2005, 223). Kommt es durch Schmiergeldzahlungen an einen Treupflichtigen zur Ausschaltung des Wettbewerbs, liegt es nahe, dass Preise vereinbart werden, die unter Wettbewerbsbedingungen nicht erzielbar wären. In diesem Fall ist die Annahme eines Vermögensnachteils in Höhe sachfremder oder unter Wettbewerbsbedingungen nicht ohne weiteres durchsetzbarer Rechnungsposten gerechtfertigt (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2006 - 5 StR 485/05 - wistra 2006, 386, auch BGH, Urt. v. 11.7.2001 - 1 StR 576/00 - BGHSt 47, 83, 88 - NJW 2001, 3718 zur Submissionsabsprache). Leitsatz Das pflichtwidrige Entziehen und Vorenthalten erheblicher Vermögenswerte unter Einrichtung einer treuhänderisch verwalteten „schwarzen Kasse“ durch Verantwortliche einer politischen Partei führt auch dann zu einem Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB, wenn durch Einsatz der vorenthaltenen Mittel unter Umgehung der satzungsgemäßen Organe politische oder sonstige Zwecke der Partei nach dem Gutdünken des Täters gefördert werden sollen (im Anschluss an BGHSt 40, 287; BGH, Urt. v. 18.10.2006 - 2 StR 499/05 - Ls. - BGHSt 51, 100 ff. - wistra 2007, 136). vgl. zur Bildung und dem Einspeisen von Geldern in sog. schwarze Kassen auch BGH, Beschl. v. 27.8.2014 - 5 StR 181/14 |
|
|
40.6 |
Leitsatz
Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im
geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene
Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient,
regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber
entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266
Abs. 1
StGB (BGH,
Urt.
v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - Ls. -
wistra 2006, 96). Die Zahlung von Schmiergeldern an Mitarbeiter des Vertragspartners begründet nur dann eine Untreue im Sinne des § 266 StGB, wenn sich feststellen läßt, daß jedenfalls diese Geldbeträge über den Preis auf den Vertragspartner umgelegt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102; BGH, Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 - BGHSt 47, 8 - wistra 2001, 341). Nicht jede Schmiergeldzahlung an einen Angestellten muß sich zwangsläufig bei dessen Arbeitgeber als Schaden auswirken (vgl. BGH NStZ 1995, 233, 234). Solche Zahlungen können auch - ohne daß der Bestechende im gleichen Umfang seine Preise verhandelbar stellen würde - im Hinblick auf noch unbestimmte zukünftige Geschäftsbeziehungen erfolgen oder allgemein der Kundenpflege dienen. Für die Preisgestaltung im Blick auf den jeweiligen Kunden sind nämlich eine Reihe von Faktoren mitbestimmend. Deshalb wird es auch im Einzelfall, je geringer der Umsatzanteil und je niedriger die Beträge in ihrer absoluten Höhe sind, umso gewichtigerer Anhaltspunkte bedürfen, die den Schluß zulassen, daß die Schmiergeldzahlungen in die Kalkulation des Bestechenden eingestellt waren. Nur dann könnten sie sich als Nachteil im Sinne des § 266 StGB zum Schaden des Geschäftsherrn auswirken (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49 - NJW 2001, 2102, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet (vgl. BGH, Urt. v. 9.7.2009 - 5 StR 263/08 - BGHSt 54, 39 - StV 2009, 581). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.2001 - 5 StR 571/00 - wistra 2001, 295, 296; BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). Jedenfalls wenn der zugewendete Vermögensvorteil eine gewisse Höhe erreicht, liegt es nahe, daß dieser Vermögenswert demjenigen entzogen wurde, für den der Schmiergeldempfänger als Treuepflichtiger eigentlich hätte tätig werden sollen (vgl. BGH NJW 2001, 2102, 2104 f.; BGH, Beschl. v. 11.7.2001 - 5 StR 530/01 - NStZ 2001, 650). Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96; vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.). Vorteile, die der Angeklagte durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags notwendig waren, können nicht gegengerechnet werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra 2006, 96). |
|
|
40.7 |
Der
2. Strafsenat hat mit Urteil vom 29. August 2008 (2
StR 587/07 - BGHSt 52,
323, 338 Rn. 46 - "Siemens") an seiner Auffassung nicht festgehalten,
das "bloße" Führen einer verdeckten Kasse sei lediglich als
schadensgleiche Vermögensgefährdung anzusehen (so noch BGHSt
51, 100, 113 f. Rn. 43 f.). Vielmehr hat er die Führung einer
solchen Kasse durch einen leitenden Angestellten einer
Aktiengesellschaft ohne Kenntnis des Vorstands und unter Verstoß
gegen dessen ausdrückliche Richtlinien bereits als
endgültigen Vermögensschaden der Treugeberin bewertet (vgl.
auch BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010,
3458). Leitsatz Schon das Entziehen und Vorenthalten erheblicher Vermögenswerte unter Einrichtung von verdeckten Kassen durch leitende Angestellte eines Wirtschaftsunternehmens führt zu einem endgültigen Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB; auf die Absicht, das Geld im wirtschaftlichen Interesse des Treugebers zu verwenden, kommt es nicht an (Weiterführung von BGH, Urt. v. 18.10.2006 - 2 StR 499/05 - BGHSt 51, 100 ff. - wistra 2007, 136; BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - Ls. - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61). Dass die Mittel in der verdeckten Kasse zunächst noch vorhanden sind, ist mit Fällen nicht vergleichbar, in denen ein Treupflichtiger eigene Mittel jederzeit bereit hält, um einen pflichtwidrig verursachten Schaden auszugleichen (BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233; NStZ-RR 2004, 54; Rönnau aaO S. 732 f.; Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rn. 139; vgl. aber auch Fischer aaO Rn. 75). Beim Unterhalten einer verdeckten Kasse wie im vorliegenden Fall hält der Treupflichtige nicht eigenes Vermögen zum Ersatz bereit, sondern hält Geldvermögen seines Arbeitgebers verborgen, um es unter dessen Ausschaltung oder Umgehung nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche, jedenfalls aber risikoreiche Zwecke einzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61). Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen Arbeitnehmer kann der Eintritt eines Vermögensschadens nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Täter beabsichtigt, die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch "letztlich" ein Vermögensvorteil entstehen könnte. Die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens obliegt dem Vermögensinhaber, im Fall einer Kapitalgesellschaft deren zuständigen Organen (BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323, 337 Rn. 43 f.; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458). |
|
|
40.8 |
Dass die Angeklagten die empfangenen Schmiergelder nicht an ihren Dienstherrn weitergeleitet haben, ist nicht als Untreue zu werten. Zwar kann gemäß § 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 in Verbindung mit § 667 BGB insoweit eine Herausgabepflicht bestehen (vgl. BGHZ 38, 171, 175; BAG AP Nr. 1 zu § 687 BGB). Eine Verletzung dieser Pflicht stellt jedoch keine Untreue im Sinne des § 266 StGB dar, weil sich die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten nicht auf die Abführung dieser Zahlungen bezieht (BGH wistra 1998, 61; NStZ 1995, 233, 234; NJW 1991, 1069; BGH, Urt. v. 15.3.2001 - 5 StR 454/00 - BGHSt 46, 310 - NJW 2001, 2102). | |
|
40.9 |
Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Untreue i.S.d.
§ 266
StGB auch bei Verstößen gegen haushaltsrechtliche
Vorgaben oder Prinzipien gegeben sein (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 -
1 StR 592/10; BGH,
Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02 - NJW 2003, 2179;
BGH,
Urt. v. 17.4.2002 - 2 StR 531/01 - NStZ-RR 2002, 237; BGH,
Urt. v.
14.12.2000 - 5 StR 123/00 - NStZ 2001, 248; BGH, Urt. v.
4.11.1997 - 1
StR 273/97 - BGHSt 43, 293; BGH, Urt. v. 21.10.1994 - 2 StR 328/94 -
BGHSt 40, 287; BGH, Urt. v. 6.5.1986 - 4 StR 124/86 - NStZ 1986, 455;
BGH, Urt. v. 1.8.1984 - 2 StR 341/84 - NStZ 1984, 549; vgl. auch
Dierlamm in MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 219 ff.; Saliger in
SSW, StGB, § 266 Rn. 94 ff. mwN). § 266
StGB schützt
jedoch als ein Vermögens- und Erfolgsdelikt (BVerfG, Beschluss vom
23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, Rn. 115) nur das (private oder
öffentliche) Vermögen des Geschäftsherrn oder Treugebers
als Ganzes, nicht aber seine Dispositionsbefugnis. Deshalb
begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche
Vorschriften einen Vermögensnachteil. Vielmehr bedarf es auch in
Fällen pflichtwidriger Verfügungen über Haushaltsmittel
der eigenständigen, wirtschaftlich nachvollziehbaren Feststellung,
dass das Vermögen des Berechtigten im Ganzen in einer bestimmten
Höhe unter Berücksichtigung der durch die Verfügung
erlangten Vermögensmehrungen vermindert ist (vgl. BGH,
Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02 - NJW
2003, 2179; BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1
StR 273/97 - BGHSt 43, 293; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 592/10). Zwar begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften einen Vermögensnachteil (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1 StR 273/97 - BGHSt 43, 293, 297; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48 S. 6; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 44; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 64). Aber auch wenn der Mitteleinsatz den vorgegebenen Zwecken entspricht und die durch Einsatz öffentlicher Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig ist, kann ein Vermögensnachteil und somit auch Haushaltsuntreue gegeben sein. Abgesehen von dem Fall, dass durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, kommt dies dann in Betracht, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird (BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1 StR 273/97 - BGHSt 43, 293; BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - wistra 2001, 146). Die haushaltsrechtliche Regelung, grundsätzlich nur nicht begonnene Projekte durch Subventionen zu fördern, stützt die Gestaltungsfreiheit des öffentlichen Subventionsgebers. Dieser kann so bei der Vergabe von Haushaltsmitteln unbeeinflußt durch einen vorherigen, möglicherweise wirtschaftlich riskanten Einsatz von Mitteln durch den Subventionsantragsteller die Subventionswürdigkeit eines Projekts, insbesondere auch im Vergleich zu anderen förderungswürdigen Projekten und unter Berücksichtigung der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Fördermittel, sachlich prüfen. Dem Grundsatz der Förderung lediglich nicht begonnener Projekte kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle Bedeutung zu. Wer aber die (materiellen) Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch; wie nahe sein Handeln dem gesetzgeberischen Motiv sonst kommt, ist ohne Bedeutung. Wird die zuständige staatliche Stelle durch Täuschung veranlaßt, den in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, so wird dadurch die Staatskasse in Höhe der unberechtigten Leistung geschädigt (vgl. BGHSt 19, 37, 44 f.; 31, 93, 95 f.; BGH, Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02 - wistra 2003, 299; Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 81). Zur Nachteilszufügung durch die Verringerung zweckgebundener Mittel ohne vollständige Zweckerreichung vgl. BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1 StR 273/97 - BGHSt 43, 293, 297 f. - NJW 1998, 913, vgl. auch BGH, Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02 - wistra 2003, 299). Bei der Beurteilung pflichtwidriger Verfügungen über Haushaltsmittel ist nicht auf das Gesamtergebnis einer Wirtschaftsperiode oder eine "letzten Endes" erreichbare Saldierung möglicher Vor- und Nachteile für das zu betreuende Vermögen abzustellen, sondern auf die einzelne Untreuehandlung (vgl. BGHSt 40, 287, 298; 43, 293, 296 f.; BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - NStZ 2001, 248, 251; BGH, Urt. v. 17.4.2002 - 2 StR 531/01 - NStZ-RR 2002, 237); es kommt für die Feststellung eines Vermögensschadens daher darauf an, ob zum Zeitpunkt des Eintritts des Vermögensnachteils dem Treugeber zugleich ein ausgleichender vermögenswerter Vorteil zufließt (BGH NStZ 1997, 543). Ein solcher Ausgleich kann bei pflichtwidrigen Entgeltleistungen an Dritte insbesondere in der Gleichwertigkeit der erlangten Gegenleistung liegen (vgl. BGHSt 40, 293, 298; BGH, Urt. v. 17.4.2002 - 2 StR 531/01 - NStZ-RR 2002, 237). Leitsatz Zu den Voraussetzungen der Haushaltsuntreue während der Aufbauphase in den neuen Ländern (BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - Ls. - wistra 2001, 146). Ein Nachteil kann in Gestalt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung bereits dann eintreten, wenn öffentliche Gelder einer haushaltsrechtlichen Kontrolle entzogen werden und damit letztlich der freien Verfügung des Disponierenden unterliegen (BGHSt 40, 287, 296 f., allerdings für die besondere Sachverhaltsgestaltung, die Budgetmittel betraf, die einem - sowieso nur eingeschränkter Kontrolle unterliegenden - Geheimdienst zugewiesen wurden). Unter dem Gesichtspunkt der Vermögensgefährdung ist gleichfalls in der Bildung sogenannter „schwarzer Kassen“ ein Vermögensnachteil zu sehen (BGH NStZ 1984, 549; NStZ 1986, 455). Abgesehen von diesen speziellen Sachverhaltsgestaltungen sind zur Feststellung eines Nachteils grundsätzlich die Leistung und die empfangene Gegenleistung im Wege einer Gesamtbetrachtung zu gewichten. Deshalb fehlt es an einem Nachteil, falls wertmindernde oder werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben (BGH NStZ 1986, 455, 456; BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - wistra 2001, 146). In BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 146/13 lag der Fall so, dass der eintretenden Vermögensminderung durch Leistung des erhöhten Gehalts keine Gegenleistung - Tätigkeit des Angeklagten als Geschäftsführer - gegenüber stand, auf die der Verband in demselben Umfang nicht schon zuvor Anspruch gehabt hätte. Der Schaden wird demnach vorliegend nicht aus einer (bloßen) Verletzung der Dispositionsfreiheit der Verbandsversammlung oder des Vorstandes hergeleitet (s. dazu BGH, Urt. v. 4.11.1997 - 1 StR 273/97 - NJW 1998, 913, 914; BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - NStZ 2001, 248, 251; Saliger, ZStW 2000, 563, 592; Schünemann, StV 2003, 463, 465), sondern aus der Verausgabung von Geldern ohne Erwirtschaftung einer entsprechenden Gegenleistung. Der Mitteleinsatz durch den Angeklagten stellt sich demnach haushaltsrechtlich nicht nur als formell, sondern zugleich als materiell zweckwidrig dar (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 146/13; hierzu BGH, Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02 -, NJW 2003, 2179, 2180; Saliger, aaO, 596; SSW-StGB/Saliger, § 266 Rn. 96). Leitsatz - StGB § 266, TVöD (VKA) § 16 Abs. 2 Satz 3 Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst. BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15 – LG Halle (Saale) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 9.12.2004 – 4 StR 294/04 - NStZ-RR 2005, 83; BGH, Urt. v. 26.4.2006 – 2 StR 515/05 - NStZ-RR 2006, 307; BGH, Urt. v. 29.8.2007 – 5 StR 103/07 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; BGH, Urt. v. 24.5.2016 – 4 StR 440/15 Rn. 11; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urt. v. 9.12.2004 – 4 StR 294/04 - NStZ-RR 2005, 83; BGH, Urt. v. 29.8.2007 – 5 StR 103/07 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; BGH, Urt. v. 24.5.2016 – 4 StR 440/15 Rn. 11; vgl. auch BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.). |
|
|
40.10 |
Bei
einer GmbH ist Träger der geschützten
Vermögensinteressen die GmbH selbst als juristische Person, nicht
jedoch sind es ihre Gesellschafter (vgl. BGHSt 3, 32, 39 f.; 34, 379,
385; BGH wistra 1983, 71 - 5 StR 176/82; BGH,
Urt. v. 25.4.2006 - 1 StR 519/05 -
BGHSt 51, 29 - NJW 2006, 1984; Gribbohm ZGR 1990, 1, 3
m.w.N.). Die stille
Gesellschaft bildet selbst kein
Gesellschaftsvermögen und ist weniger als Organisation, sondern
eher als Schuldverhältnis zu charakterisieren (BGH,
Urt. v. 25.4.2006 - 1 StR 519/05 -
BGHSt 51, 29 - NJW 2006, 1984; Gehrlein in
Ebenroth/Boujong/Joost HGB § 230 Rdn. 4; Schmidt aaO Rdn. 7 ff.). Die Berechnung des noch vorhandenen Eigenkapitals genügt den Anforderungen, die an die Darstellung eines die Grundsätze des § 30 Abs. 1 GmbHG verletzenden Angriffs auf das nach dem Gesellschaftsvertrag ausgewiesene Stammkapital, also das rechnerisch nach Bilanzierung die Verbindlichkeiten übersteigende Reinvermögen in Höhe der Stammkapitalziffer (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 6; BGHZ 76, 326, 335), zu stellen sind (vgl. dazu BGHSt 35, 333, 338), nicht, wenn das bei der Bilanzierung auf der Aktivseite zu berücksichtigende Anlagevermögen (vgl. § 266 Abs. 2 HGB) nicht berücksichtigt worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229). Beispiel: Nicht ausreichend ist die Feststellung, das die GmbH bereits am 31. Oktober 2001 unter Berücksichtigung eines "neutralisierten" Gewinns bis zum Stichtag in Höhe von 556.338,64 DM und der bis dahin erfolgten Entnahmen in Höhe von mindestens 577.154,64 DM und des zum Jahresanfang vorhanden gewesenen Eigenkapitals von 56.187,62 DM ein Eigenkapital von nur noch 35.371,62 DM und damit eine Kapitalunterdeckung hatte (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229). Zur Feststellung einer konkreten Existenzgefährdung der Gesellschaft bedarf es ggfls. einer Prüfung des Sachverhalts auf der Grundlage einer nach Zerschlagungswerten aufgestellten, die Abwicklungskosten und etwaige Sozialansprüche mit berücksichtigenden Bilanz (vgl. BGHZ 76, 326, 335; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229). Allerdings kann die Aufstellung einer solchen Bilanz nach Zerschlagungswerten zur Feststellung eines Angriffs auf das Stammkapital einer GmbH dann entbehrlich sein, wenn sich die Gefährdung der Existenz oder der Liquidität der GmbH allein auf Grund des tatsächlichen Geschehensablaufs feststellen lässt (vgl. BGHSt 35, 333, 338; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229). zu als Umlagezahlungen bezeichneten Überweisungen des Geschäftsführers einer konzerngebundenen, überschuldeten GmbH zugunsten deren Muttergesellschaft vgl. BGH, Beschl. v. 25.9.2007 - 4 StR 390/07 Unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme und etwaigen Vereinbarungen der Gesellschafter im Innenverhältnis gilt der Grundsatz der uneingeschränkten Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters, die nicht einmal mit der Insolvenz der Kommanditgesellschaft endet (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 5; BGH, Beschl. v. 13.1.2009 - 1 StR 399/08 - wistra 2009, 273; Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. 2006, § 31 Rdn. 184 m.w.N.). Veranlasst der faktische Geschäftsführers einer GmbH Zahlungen an seine Ehefrau aufgrund eines nur zum Schein abgeschlossenen Arbeitsvertrages, fehlt es an einem Vermögensnachteil der GmbH, wenn diese Zahlungen vereinbarungsgemäß zur Erfüllung des dem Geschäftsführer gegen die GmbH zustehenden Vergütungsanspruchs führten (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 33; BGH, Beschl. v. 12.7.2000 - 2 StR 163/00). Eine Untreue läge nur dann vor, wenn die geleisteten Zahlungen den Vergütungsanspruch des Angeklagten der Höhe nach überstiegen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.2000 - 2 StR 163/00). Der Untreuetatbestand kann schon deshalb nicht erfüllt sein, weil der GmbH kein Vermögensnachteil dadurch zugefügt worden ist, dass die von der Angeklagten zum Nachteil der Kunden ertrogenen Restzahlungen auf den Reisepreis nicht auf das von der Angeklagten für die GmbH geführte „Geschäftskonto“, sondern auf ihr Privatkonto einbezahlt worden sind. Die Gelder hätten der GmbH – soweit die Reiseleistungen nicht erbracht wurden – ohnehin nicht als Vermögenswert zugestanden. Es spielte daher keine Rolle, auf welches Konto der Angeklagten die Zahlungen nach Stellung des Insolvenzantrages für die GmbH eingingen. Dies gilt ebenso, wenn hierbei in einem Fall die Reise stattgefunden hat und insofern der GmbH der entrichtete Reisepreis zustand. Denn aufgrund der vorausgegangenen Absicht, den Reisepreis betrügerisch zu erlangen, kann eine Untreuehandlung zum Nachteil der GmbH nicht in der Umleitung des Zahlungseingangs auf ein anderes Privatkonto der Angeklagten gesehen werden, sondern darin, dass sie es unterlassen hat, der GmbH nach Durchführung der Reise den entrichteten Reisepreis zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.2012 - 5 StR 380/11). |
|
|
40.11 |
Geschädigter
im Sinne von § 266
StGB kann nur ein mit dem
Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein,
sei es eine natürliche, sei es eine juristische Person (BGH wistra
1984, 71; BGH,
Urt. v. 20.1.2000 - 4 StR
342/99 - wistra 2000, 178; zur
Untreue zum Nachteil einer GmbH vgl. Tiedemann in Scholz GmbHG 8. Aufl.
vor §§ 82 ff. Rdn. 11 ff.). Vor der Eintragung in das Handelsregister besteht die GmbH als solche aber nicht (§ 11 Abs. 1 GmbHG); es kommt ihr noch keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Hieran ändert sich nichts dadurch, daß die Vorgesellschaft als weitgehend verselbständigte Vermögensmasse bereits am Wirtschaftsleben teilnehmen und durch Geschäfte, die ihr Geschäftsführer mit Ermächtigung der Gesellschafter in ihrem Namen abschließt, verpflichtet werden kann (vgl. BGHZ 80, 129, 139) und damit einer juristischen Person angenähert ist. Vor der Eintragung in das Handelsregister ist das "Gesellschaftsvermögen" rechtlich noch nicht der Gesellschaft zugeordnet, vielmehr besteht bei einer Mehrpersonengesellschaft Gesamthandsvermögen (BGHZ 80, 129, 135), bei einer Einmanngesellschaft Sondervermögen (vgl. Baumbach/Hueck GmbHG 16. Aufl. § 11 Rdn. 33 ff.). Die Schädigung dieses Gesamthands- oder Sondervermögens ist für § 266 StGB nur insoweit bedeutsam, als dadurch gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter bzw. des Alleingesellschafters berührt wird (vgl. BGH wistra 1989, 264, 266; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 27; BGH, Urt. v. 20.1.2000 - 4 StR 342/99 - wistra 2000, 178). |
|
|
40.12 |
Im
Rahmen des § 266
StGB kann eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer
Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein, als sie gleichzeitig
das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage
des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft,
sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen
(vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH,
Beschl. v. 30.8.2011 - 2 StR 652/10; E. Schramm, Untreue und Konsens,
2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§
82 ff. Rn. 22). siehe auch oben Rdn. 30.2 Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer StGB 58. Aufl. § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die Sparkasse nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (vgl. BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 2 StR 652/10; Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227). |
|
|
40.15 |
Das
Bestehen eines
Provisionsanspruches kann dazu führen, dass
eine vom Angeklagten vorgenommene Überweisung - unabhängig
davon, ob er sie hätte vornehmen dürfen - keinen Nachteil im
Sinne des § 266
StGB begründet. Mit der Erfüllung der
aus der Provisionsabsprache entstandenen Verbindlichkeit ist durch die
Tathandlung ein im Wege einer vorzunehmenden Gesamtsaldierung
anzusetzender gleichwertiger Vermögenszuwachs dadurch entstanden,
dass die provisionsschuldende Firma von einer entsprechenden
Verbindlichkeit befreit wurde (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 55; BGH,
Urt. v. 9.2.2006 - 5 StR 423/05 - wistra 2006, 186;
vgl. auch BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - 5 StR 72/10 betr.
Übertragung des Kapitalwerts einer Lebensversicherung bei
Firmenumwandlung). Mit der Zahlung ist der Provisionsanspruch des
Angeklagten erfüllt. Ob die Provision zu diesem Zeitpunkt
hätte bezahlt werden dürfen, ist für die strafrechtliche
Betrachtung ohne Belang, wenn durch die vorfristige Überweisung
jedenfalls kein Nachteil im Sinne des § 266
StGB entstanden ist
(vgl. BGH,
Urt. v. 9.2.2006 - 5 StR 423/05 -
wistra 2006, 186). Ob
dieses Verhalten eine schadensgleiche Vermögensgefährdung
darstellt, ist nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen
(vgl. BGH,
Urt. v. 9.2.2006 - 5 StR 423/05 -
wistra 2006,
186). Leitsatz Ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch dann vorliegen, wenn der Vermögensbetreuungspflichtige Provisionen erhält, die zwar vom Vertragspartner seines Geschäftsherrn stammen, aber über den Geschäftsherrn an einen Dritten ausbezahlt und von dort an den Treupflichtigen weitergeleitet werden (BGH, Beschl. v. 11.11.2004 - 5 StR 299/03 - Ls. - BGHSt 49, 317 - wistra 2005, 58; vgl. auch BGH, Beschl. v. 2.2.2010 - 4 StR 345/09). |
|
|
40.20 |
Der
Wert von
Bauleistungen kann entsprechend den unter
Wettbewerbsbedingungen ersichtlich zu erzielenden Preisen in Höhe
der erhaltenen Zahlungen festgesetzt und ein Nachteil in Höhe der
Einbehalte angenommen werden (vgl. BGHSt 38, 186, 190 f., 193; 47, 83,
88; BGH,
Beschl. v. 11.10.2004 - 5 StR 389/04 - wistra 2005, 28). Zum Berechnungsansatz bei Pauschalfestpreisen und nach der HOAI abzurechnenden Architekten- und/oder Ingenieurleistungen vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 194/09 - wistra 2010, 181 |
|
|
40.25 |
In
der Regel ist bei einer Untreue durch die Vergabe eines Kredits
ein
Vermögensnachteil für die Bank frühestens dann
eingetreten, wenn die Vermögensminderung durch die Auszahlung der
Darlehenssumme einerseits und der Anspruch auf Rückzahlung des
Kredits andererseits in einem wirtschaftlichen Missverhältnis
zueinander stehen. Ein solches ist regelmäßig gegeben, wenn
der Vertragsschluss und die sich daran anschließende
Darlehensauszahlung nach einer unzureichenden Bonitätsprüfung
vorgenommen worden sind und dies dazu geführt hat, dass die
Rückzahlung des Darlehens über das allgemeine Kreditrisiko
hinaus gefährdet ist (vgl. BGHSt 40, 287, 294 ff.; 46, 30; 47,
148; BGH wistra 2000, 60, 61; NJW 2008, 2451, 2452; NStZ 2009, 330,
331; BGH,
Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV
2010, 78; BVerfG NJW
2009, 2370, 2373). vgl. auch zur Ausreichung eines Darlehens trotz unterbliebener Dokumentation und fehlender ordnungsgemäßer Verbuchung bei werthaltigem Rückzahlungsanspruch: BGH, Urt. v. 28.11.2012 - 5 StR 328/12 |
|
|
40.30 |
Hatte
der Angeklagte als Geschäftsstellenleiter einer Bank den
Sollsaldo eines von ihm manipulierten Kontos dadurch erhöht,
daß er von diesem Geldbeträge auf andere von ihm
manipulierte Konten überwies und dadurch dort jeweils den
Sollsaldo entsprechend verringerte, wobei dem Geldabfluß auf dem
einen Konto der unmittelbare Geldzufluß auf dem anderen Konto
gegenüberstand und anderweitige Vermögensnachteile nicht
entstanden sind, ist eine derartige reine Umbuchung eines Sollsaldos
grundsätzlich nicht nach § 266
Abs. 1 StGB strafbar (vgl.
BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 29; BGH, Beschl. v. 10.1.1995 - 1
StR 582/94 - NStZ 1995, 232: betr. § 263
StGB; BGH,
Beschl. v.
8.11.2000 - 3 StR 123/00). Hat der Angeklagte Überweisungen von einem manipulierten Unter- auf das Hauptkonto des Bankkunden zur Erstattung von Überziehungszinsen vorgenommen, kann ein Vermögensnachteil der Bank nur eintreten, wenn sie gegen den Kunden einen Anspruch auf Zahlung von Überziehungszinsen hatte. War dem Kunden ein Kredit ohne Limit zugesagt worden, können bei unbegrenztem Kredit keine Überziehungszinsen geschuldet sein. Andererseits ist aber auch keine Untreue des Angeklagten zum Nachteil des Kunden belegt, wenn das angefochtene Urteil auch die Möglichkeit offen läßt, daß dieser wegen Überschreitung eines ihm wirksam gezogenen Kreditrahmens Überziehungszinsen schuldete. War dies der Fall, lag für ihn kein Vermögensnachteil darin, daß die entsprechenden Belastungen statt auf dem Haupt- auf dem Unterkonto gebucht waren (vgl. BGH, Beschl. v. 8.11.2000 - 3 StR 123/00). |
|
|
40.40 |
Beim
Kauf tritt ein
Vermögensnachteil regelmäßig nur ein, wenn die
erworbene Sache weniger wert ist als der gezahlte Kaufpreis (BGH, Urt.
v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10; BGH, Beschl. v.
2.7.2014 - 5 StR 182/14; vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 266 Rdn.
165). Bei wirtschaftlich ausgeglichenen Kaufverträgen können
Gesichtspunkte eines individuellen
Schadenseinschlags einen
Vermögensnachteil nur in engen Ausnahmefällen begründen,
etwa wenn der Vermögensinhaber durch deren Abschluss zu
vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird oder
nicht mehr über die Mittel verfügt, die zur
ordnungsgemäßen Erfüllung aller seiner
Verbindlichkeiten unerlässlich sind, und er hierdurch einen
Vermögensnachteil erleidet (vgl. BGHSt 16, 321, 327 f.; BGH, Urt.
v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10; Fischer StGB 57. Aufl. § 263 Rdn. 146
ff. m. w. N.). Ein individueller Schadenseinschlag kommt etwa in Betracht, wenn die Treugeberin als Folge der Ankäufe zu vermögensschädigenden Maßnahmen wie die Aufnahme eines Darlehens zu einem überhöhten Zinssatz oder den wirtschaftlich ungünstigen Verkauf eines Sachwertes genötigt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10). Soweit nur die Dispositionsfreiheit des Treugebers durch die Ankäufe beeinträchtigt worden ist, genügt dies für die Annahme eines Vermögensschadens nicht (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10). siehe zum persönlichen Schadenseinschlag nachstehend Rdn. 40.60 zum Vermögensschaden beim Betrug in Form des persönlichen Schadenseinschlags: § 263 StGB, Betrug Rdn. 55.12 |
|
|
40.50 |
Vgl. zum Entstehen eines Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB durch Nichtoffenbaren der (vollständig) vorhandenen Drittmittel im Zusammenhang mit der Gewährung von Fördermitteln an Universitäten BGH, Urt. v. 30.9.2010 - 4 StR 150/10 - NStZ-RR 2011, 82 | |
|
40.60 |
Die Rechtsfigur des persönlichen
Schadenseinschlags ist von der
Rechtsprechung für Fallgestaltungen einer objektiven Gleichwertigkeit
von Leistung und Gegenleistung entwickelt worden (vgl. BGH, Beschl. v.
2.7.2014 - 5 StR 182/14). Ob ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 23.5.2002 – 1 StR 372/01 - BGHSt 47, 295, 301). Bei wirtschaftlich ausgeglichenen Verträgen können Gesichtspunkte eines persönlichen Schadenseinschlags einen Vermögensnachteil bei der Untreue bzw. einen Vermögensschaden beim Betrug nur in engen Ausnahmefällen begründen, etwa wenn der Vermögensinhaber durch deren Abschluss zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt oder wenn er durch die Verfügung sonst in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit weitgehend beeinträchtigt wird (BGH, Beschl. v. 16.8.1961 – 4 StR 166/61 - BGHSt 16, 321, 327 f.; BGH, Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97 - BGHSt 43, 293, 298 f.; BGH, Urt. v. 24.6.2010 – 3 StR 90/10 - wistra 2010, 445, 447; BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14). Vorrangig ist jedoch stets zunächst der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln. Nur soweit sich hiernach kein Negativsaldo ergibt, kann bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte in einem zweiten Schritt zu prüfen sein, ob im Hinblick auf eine weitgehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzunehmen ist. Dies würde indessen – insoweit in Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – wiederum voraussetzen, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen (BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14; BGH, Beschl. v. 19.2.2014 – 5 StR 510/13 - NStZ 2014, 318). Ein Vermögensschaden kann ausscheiden bzw. vermindert sein, soweit das Erlangte einen für jedermann ohne größeren Aufwand realisierbaren Geldwert aufweist (BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14 im Zshg. mit der Bewertung der Erwägung zum individuellen Schadenseinschlag, den Käufern von Immobilien seien aufgrund der eingegangenen langjährigen Finanzierungsverpflichtung Mittel entzogen worden, die sie „für eine angemessene Wirtschafts- und Lebensführung benötigt“ hätten; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.3.2006 – 1 StR 379/05; BGH, Beschl. v. 19.2.2014 – 5 StR 510/13; siehe zur Schadensfeststellung bei nachhaltiger Beeinträchtigung der sonstigen Lebensführung nach Wohnungskauf im Rahmen eines Bauträgermodells auch schon BGH, Beschl. v. 9.3.1999 – 1 StR 50/99 - NStZ 1999, 555). Ob die Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170; 130, 1), nach der normative Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden zwar eine Rolle spielen, die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen dürfen (vgl. schon BGH, Beschl. v. 28.6.1983 – 1 StR 576/82 - BGHSt 32, 22, 23), in Teilen einer Korrektur bedarf, hat der 5. Strafsenat offen gelassen (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2014 - 5 StR 182/14; BGH, Beschl. v. 19.2.2014 – 5 StR 510/13 - NStZ 2014, 318). siehe zum persönlichen Schadenseinschlag auch: oben Rdn. 40.40 und ausführlicher § 263 StGB Rdn. 55.12 - Persönlicher Schadenseinschlag |
|
|
40.70 |
§ 31c PartG, der für rechtswidrig erlangte
Spenden
unter bestimmten Voraussetzungen eine Zahlungspflicht der betreffenden
Partei in Höhe des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages
normiert, lässt trotz seines sanktionsähnlichen Charakters
die mögliche strafrechtliche Verantwortlichkeit der
vermögensschädigend handelnden treuepflichtigen Personen nach
§ 266
StGB unberührt. Dies folgt schon daraus, dass die
Zahlungspflicht nach § 31c PartG die Partei trifft, der die Spende
zugeflossen ist, nicht aber die pflichtwidrig handelnde Person (vgl.
BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 39; Ipsen/Koch, ParteienG,
§ 31c Rn. 6). Parteispenden sind nach § 27 Abs. 1 Satz 3 und 4 PartG alle freiwilligen und unentgeltlichen Zahlungen sowie sonstige geldwerte Zuwendungen aller Art, die über Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge hinausgehen. Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst sämtliche Vorgänge, die für die Partei einen wirtschaftlichen, in Geld messbaren Vorteil begründen. Abzustellen ist dabei auf eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise, welche die tatsächlichen Gegebenheiten erfasst; nicht maßgebend ist demgegenüber die zivilrechtliche Wirksamkeit der vorgenommenen Rechtsgeschäfte. Eine geldwerte Zuwendung kann auch in Form selbst erbrachter oder eingekaufter Dienstleistungen der Fraktion an die hinter ihr stehende Partei geleistet werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 45; VG Berlin, Urteil vom 26. November 2004 - 2 A 146/03, NVwZ 2005, 1101, 1102; Ipsen/Jochum, ParteienG, § 27 Rn. 8 ff.; Kersten in: Kersten/Rixen, PartG, § 27 Rn. 8 ff.; Lampe in Erbs/Kohlhaas aaO, PartG § 27 Rn. 2 f.; Lenski, Parteiengesetz, § 27 Rn. 5 ff.; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 78 ff.). |
|
|
45 |
Nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der
Nachteil im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB bereits dann eingetreten
sein, wenn eine schadensgleiche
Vermögensgefährdung gegeben
ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gefährdung nach
wirtschaftlicher Betrachtung bereits eine Verschlechterung der
gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet (BGHSt 44, 376, 384; 48,
354, 357; BGH,
Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 -
wistra 2008, 306).
Für die Vollendung der Untreue kann daher schon eine
schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen (vgl. BGH,
Urt. v. 11.9.2003 - 5 StR 524/02 -
wistra 2003, 457;
Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 94, § 266
Rdn. 61). Eine konkrete Vermögensgefährdung liegt erst dann
vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalls mit wirtschaftlichen
Nachteilen ernstlich zu rechnen ist (BGH, Urt. v. 9.7.1987 – 4
StR 216/87 - BGHSt 34, 394, 395) oder wenn die Gefahr des
endgültigen Verlustes eines Vermögensbestandteils so
groß ist, dass sie schon jetzt eine Minderung des
Gesamtvermögens zur Folge hat (vgl. BGH,
Beschl. v.
2.4.2008 – 5 StR 354/07 - BGHSt 52,
182, 189). Erst die konkrete
wirtschaftliche Auswirkung macht eine zukünftige Verlustgefahr zu
einem wirtschaftlichen Schaden (vgl. BVerfGE, 126,
170, 228; BGH, Beschl. v. 30.5.2013 - 5 StR 309/12). Ein
solcher
schadensgleicher Gefährdungsschaden ist in wirtschaftlich
nachvollziehbarer Weise festzustellen; unvermeidliche Prognose- und
Beurteilungsspielräume sind durch vorsichtige Schätzung
auszufüllen (vgl. BVerfGE, 126, 170, 229 f.; BGH, Beschl. v.
30.5.2013 - 5 StR 309/12). Ein Nachteil im Sinn von § 266 Abs. 1 StGB als sog. Gefährdungsschaden kann darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Jedoch darf dann die Verlustwahrscheinlichkeit nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 - wistra 2016, 314, 321 Rn. 62 mwN), etwa weil im Tatzeitpunkt schon aufgrund der Rahmenumstände die sichere Erwartung besteht, dass der Schadensfall auch tatsächlich eintreten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 18.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 34; BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 Rn. 90 - wistra 2016, 314, 325; ferner OLG Stuttgart, Urt. v. 18.12.2012 – 1 Ss 559/12 - NStZ-RR 2013, 174, 175; Corsten/Raddatz, MedR 2013, 538, 539 f.). Ein Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme ist nur dann zutreffend, wenn das mit der Bürgschaftssumme abgesicherte Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen ist oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191; BGH, Beschl. v. 17.8.2006 - 4 StR 117/06 - wistra 2007, 21). Der 3. Strafsenat hat offen gelassen, ob das pflichtwidrige Verschweigen einer Forderung des Berechtigten zumindest dann einen Vermögensnachteil in Form einer schadensgleichen Gefährdung begründen könnte, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Offenbarungspflicht des Treupflichtigen oder im Verlauf der weiteren Entwicklung die Verjährung der Forderung droht und der Schuldner die entsprechende Einrede auch wirksam erheben könnte oder der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu besorgen ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2013 - 3 StR 146/13; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 229; ablehnend insgesamt Bublitz/Gehrmann wistra 2004, 126). Eine mitbestrafte Nachtat liegt auch dann vor, wenn nach dem Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, und damit nach Vollendung der Untreue durch die spätere Entwicklung der Schaden lediglich vertieft wird (vgl. BGH, Beschl. v. 18.8.2016 - 4 StR 163/16 Rn. 43;BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15 Rn. 92 - wistra 2016, 314, 325; ferner BGH, Beschl. v. 27.4.2004 – 1 StR 165/03 Rn. 23 - NStZ 2004, 568, 570). |
|
|
|
Eine
schadensgleiche Vermögensgefährdung entsteht nicht
bereits, wenn die Kaution
nicht vom sonstigen Betriebsvermögen
abgesondert, sondern auf ein „allgemeines“ Konto eingezahlt
wird. Insoweit ist die Sachverhaltskonstellation nicht anders zu
beurteilen als allgemein die unterlassene Einzahlung von Fremdgeldern
auf einem Anderkonto, obwohl eine Rechtspflicht zu einer abgesonderten
Anlage dieser Gelder besteht. Nach der ständigen Rechtsprechung
führt die Vermischung
treuhänderisch verwahrter fremder mit
eigenen Geldern nur dann nicht zu einem Vermögensnachteil
im Sinne
des § 266
StGB, wenn der die Treuepflicht Verletzende
uneingeschränkt bereit und jederzeit fähig ist, einen
entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln
vollständig auszukehren (st. Rechtspr.; vgl. nur RGSt 73, 283, 285
f.; BGHSt 15, 342, 344 f.; BGH BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil
56; BGH,
Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 -
wistra 2008, 306; BGH,
Beschl. v. 7.4.2010 - 2 StR 153/09 -
NJW 2010, 1764). Beispiel: Zwar steht die auf dem Girokonto eingezahlte Kaution grundsätzlich dem Zugriff von Privatgläubigern des Vermieters offen; damit waren diese Guthaben gefährdet. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung begründet diese bloße abstrakte Möglichkeit jedoch noch nicht. Die Gefahr eines endgültigen Verlusts eines Vermögensbestandteils muss vielmehr so groß sein, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat (BGHSt 51, 165, 177; vgl. auch BGHSt 21, 112 ff.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 32; BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306). Durch eine Pflichtverletzung kann das Vermögen eines Darlehensgebers schadensgleich gefährdet worden und ihm ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB entstanden, wenn der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht durch eine eintragungsbereite erstrangige Grundschuld, der andere Rechte nicht mehr vorgehen konnten, gesichert war (vgl. §§ 17, 18 Abs. 1 GBO; BGH, Beschl. v. 17.7.2007 - 3 StR 207/07 - wistra 2007, 422). Bei pflichtwidrigen Kreditgewährungen ist auf einen Vergleich der ausgereichten Darlehensvaluta mit dem Wert des Rückzahlungsanspruchs der kreditierenden Bank unter Berücksichtigung der Sicherheiten im Zeitpunkt der pflichtwidrigen riskanten Kreditgewährung abzustellen (vgl. BGHSt 47, 148, 157; BGH NStZ-RR 2005, 374, 375; BGH wistra 2000, 60, 61; BGH, Urt. v. 31.5.1960 - 1 StR 106/60; BGH, Beschl. v. 4.2.2009 - 5 StR 260/08 - wistra 2009, 189). Zur Nachteilszufügung im Zusammenhang mit dem Erhalt von Steueranteilen bei Fondsanlangen siehe BGH, Urt. v. 31.7.2007 - 5 StR 347/06 - wistra 2007, 462. Zum Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit der Bestellung eines Erbbaurechts bei Gefährdung der Gemeinnützigkeit eines Vereins vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2001 - 4 StR 264/00 - wistra 2001, 340 |
|
|
45.1 |
Eine
falsche Buchführung
begründet nicht schon als solche
einen Nachteil im Sinne des § 266
StGB (BGHSt 20, 304; BGH StV
1996, 431; BGH,
Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 -
BGHSt 47, 8, 11 -
wistra 2001, 341). In den Fällen unordentlicher Buchführung, kann eine Untreue durch eine mangelhafte Dokumentation dann eintreten, wenn die Realisierung von Forderungen nachhaltig und konkret erschwert ist oder wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 - BGHSt 47, 8, 11 - wistra 2001, 341; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 24, Nachteil 12; BGH, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 StR 400/06 - wistra 2007, 259). |
|
|
45.2 |
Kurzfristige
Überbrückungskredite haben von ihrer
Zweckbestimmung her nicht die Bedeutung eines kapitalersetzenden
Darlehens (vgl. BGHZ 90, 381 f, 394; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck,
GmbHG 17. A., § 32 a Rdn. 29 m.w.N.; anders aber für
Überbrückungskredite, die unmittelbar vor dem unvermeidbaren
Konkurs gewährt werden, BGHZ 133, 298, 304). Bestehen in diesen
Fällen keine Ansprüche der GmbH gegen den Angeklagten, kann
auch in der Nichtbuchung der Zwischenkredite und der verschleiernden
Buchführung hinsichtlich der Scheckentnahmen allein eine
Vermögensgefährdung nicht gesehen werden (BGHSt 20, 304 f; BGH,
Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 -
BGHSt 47, 8 - wistra 2001,
341; BGHR § 266 Abs. 1 Nachteil 12; BGH,
Beschl. v. 20.12.2002 - 2
StR 381/02). Zur pflichtwidrigen Geldentnahme im Zusammenhang mit eigenkapitalersetzenden Darlehen i.S.d. § 32a GmbHG, was unter gegebenen Umständen zu einem Rückzahlungsverbot nach § 30 GmbHG führen kann (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 53; zu den Pflichten eines ordentlichen Kaufmanns vgl. BGHSt 34, 379, 387). |
|
|
45.3 |
Zwar können die vom Bundesgerichtshof für Fälle des Erschleichens von Ernennungen zu Beamten entwickelten Grundsätze auf Angestellte nicht ohne weiteres übertragen werden, da diesen Arbeitsverhältnissen regelmäßig die dem Beamtenverhältnis eigene besondere Treuebeziehung fehlt (vgl. BGHSt 45, 1, 5 ff. m. w. N.; vgl. auch BVerfG NJW 1998, 2589, 2590; jeweils zum Schaden beim Anstellungsbetrug). Eine Übertragung ist aber zulässig und geboten, wenn die von der betroffenen Person zu erfüllenden Aufgaben eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit voraussetzen (BVerfG aaO; BGHSt 17, 254, 256 f.; BGH NJW 1978, 2042, 2043; BGH, Urt. v. 26.4.2006 - 2 StR 515/05 - wistra 2006, 307; vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 263 Rdn. 92; § 266 Rdn. 59; Cramer/Perron in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 263 Rdn. 154; jeweils m. w. N.). So liegt es etwa auf der Hand, dass die Stelle eines Fachdienstleiters für Tourismus, Sport und Kulturförderung nicht mit einer Person besetzt werden darf, deren Qualifikation darauf beruhen sollte, dass sie Präsident eines Sportvereins war und einen dreitägigen Lehrgang über kommunales Haushaltsrecht besucht hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2006 - 2 StR 515/05 - wistra 2006, 307). | |
|
45.4 |
Eine schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung kann auch in einem ganz erheblichen Prozessrisiko zu sehen sein, so etwa bei Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht (vgl. BGHSt 44, 376, 385 f.; BGH, Beschl. v. 25.4.2006 - 1 StR 539/05 - wistra 2006, 306). | |
|
45.5 |
Ist eine gestellte Sicherheit aufgegeben worden, kann dies grundsätzlich eine Vermögensminderung zur Folge haben (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67). Etwas anderes kann sich aus dem Umstand ergeben, dass dem Sicherungsnehmer eine schadensgleiche konkrete Gefahr nicht droht, weil ein Forderungsausfall beim Sicherungsgeber nicht zu befürchten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 StR 400/06 - wistra 2007, 259). | |
|
45.6 |
Zur Berechnung des Vermögensnachteils bei Zahlung des von der Bank an den Grundstückskäufer gewährten Darlehensbetrages entgegen der mit einer Bank geschlossenen Treuhandvereinbarung durch einen Notar vgl. BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 410/09 - StV 2010, 77 | |
|
55 |
Die Vorschrift bestimmt nicht ausdrücklich die Strafbarkeit des Versuchs (vgl. § 23 Abs. 1 Halbs. 2 StGB) und ist auch nicht als Verbrechenstatbestand (§ 12 Abs. 1 StGB) ausgestaltet (vgl. § 23 Abs. 1 Halbs. 1 StGB), so dass eine Versuchsstrafbarkeit ausscheidet (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 4 StR 234/00; BGH, Beschl. v. 7.2.2002 - 1 StR 222/01 - wistra 2002, 263). Nachdem der Versuch der Untreue nicht unter Strafe gestellt ist, tritt Strafbarkeit erst mit dem Erwachsen des Vermögensnachteils ein (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47, 22 - wistra 2001, 466). In der bloßen Ankündigung, sich pflichtwidrig verhalten zu wollen, liegt eine Verletzungshandlung i.S.d. § 266 StGB noch nicht (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47, 22 - wistra 2001, 466). | |
|
60 |
Die Untreue im Sinne von § 266 StGB ist beendet mit dem Eintritt des vom Vorsatz umfaßten Nachteils. Entsteht der Nachteil erst durch verschiedene Ereignisse oder vergrößert er sich nach und nach, dann ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgebend (vgl. BGHR StGB § 78a Satz 1 Untreue 1; BGH NStZ 2003, 540 f.; BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - 5 StR 412/03 - wistra 2004, 429). Der Beendigungszeitpunkt wird nicht durch Teilrückzahlungen hinausgeschoben, wenn diese zum Teil Schadenswiedergutmachung darstellten und sich der eingetretene Schaden nicht vertiefte (vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - 5 StR 412/03 - wistra 2004, 429). Für die Vollendung der Untreue kann schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen. Für die für den Beginn der Verjährung maßgebende Tatbeendigung ist aber die Realisierung dieser Gefährdung entscheidend. Entsteht der Nachteil im Sinne des § 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgeblich (BGHR StGB § 78 a Satz 1 Untreue 1, 2; BGH, Beschl. v. 11.7.2001 - 5 StR 530/01 - NStZ 2001, 650; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - 4 StR 550/02 - wistra 2003, 379). | |
|
65 |
Wegen
der grundsätzlichen Weite des Untreuetatbestandes in der
Treubruchalternative sind an die Annahme von Vorsatz nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes strenge
Anforderungen zu stellen, wenn nur bedingter Vorsatz in Frage steht und
der Täter nicht eigennützig gehandelt hat (vgl. BGH NJW 1975,
1234, 1236; NJW 1983, 461; 1984, 800, 801; BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 38; Schünemann in LK aaO Rdn. 151). Der Täter
muß sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern
auch und gerade des dadurch bewirkten Nachteils für das zu
betreuende Vermögen bewußt sein (BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 38 m.w.N.; BGH,
Urt.
v. 23.5.2002 - 1 StR 372/01 - BGHSt
47,
295 - NJW 2002, 2801. Eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter auch hinsichtlich der Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht vorsätzlich gehandelt hat (BGH, Beschl. v. 11.7.2006 - 3 StR 176/06 - wistra 2006, 463; siehe hierzu auch BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306). Für die Annahme vorsätzlichen Handelns i. S. v. § 266 Abs. 1 StGB genügt es nicht, dass der Angeklagte in Kenntnis der Treuhandvereinbarung über den Darlehensbetrag verfügt und zuvor die Einzahlung der Kosten bzw. die Stellung einer Sicherheit nicht überprüft hat (BGH, Beschl. v. 11.7.2006 - 3 StR 176/06 - wistra 2006, 463). Auch insoweit muss festgestellt sein, dass der Angeklagte wusste oder es zumindest billigend in Kauf nahm, dass die Kosten für die Eintragung der Grundschuld noch nicht bezahlt waren (vgl. BGH, Beschl. v. 11.7.2006 - 3 StR 176/06 - wistra 2006, 463). Zu den Anforderungen an den Vorsatz im Zusammenhang mit Besonderheiten im Rahmen der Beurteilung der Schuldfähigkeit vgl. BGH, Urt. v. 20.8.2003 - 2 StR 166/03. Dass der Angeklagte angesichts des Umstands, dass er fällige und durchsetzbare Kredite tilgte, ohne Tatvorsatz hinsichtlich des normativen Tatbestandsmerkmals der „Pflichtwidrigkeit“ gehandelt hat, liegt dann nicht auf der Hand, wenn es ihm gerade auch um die Abwendung des Privatinsolvenzverfahrens und damit um das Freiwerden seiner Bürgschaftsschulden mit Mitteln und auf Kosten der GmbH ging (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2008 - 5 StR 34/08 - wistra 2008, 379). Wird bei der Bewilligung eines Großkredits an ein Wirtschaftsunternehmen für die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Untreuetatbestandes ein Zeitpunkt vor der Kreditauszahlung als maßgeblich erachtet, so bedarf dies im Urteil näherer Darlegung und Begründung. Zum einen handelt es sich bei den Anbahnungsgesprächen, der Beschaffung der zur Beurteilung des Kreditengagements notwendigen Informationen, der Abwägung der Chancen und Risiken bis hin zum Abschluss des Kreditvertrages und der Auszahlung der Darlehensvaluta um einen einheitlichen, kontinuierlichen Vorgang mit zunehmenden rechtlichen Bindungen. Zum anderen ist die Kreditauszahlung der für das Vermögen der Bank entscheidende Moment. Außerdem wirkt sich ein vorheriger Verstoß gegen die banküblichen Prüfungspflichten nicht aus, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt beseitigt wird (BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78). Für die Frage vorsätzlichen Handelns bei der Untreue durch eine pflichtwidrige Kreditvergabe gilt im Grundsatz Folgendes: Kennt der Täter bei einer Kreditgewährung die Pflichtwidrigkeit seines Handelns sowie die den Minderwert des Rückzahlungsanspruchs begründenden Umstände und weiß er, dass dieser nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben als minderwertig angesehen wird, mag er sie selbst auch anders bewerten, liegt direkter Vorsatz vor (vgl. BGHSt 47, 148, 157; BVerfG NJW 2009, 2370, 2373). Rechnet er mit Umständen, die eine Pflichtwidrigkeit seines Tuns und eine Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs begründen, und nimmt er diese billigend in Kauf, ist bedingter Vorsatz gegeben. In beiden Fällen spielt es keine Rolle, wenn der Täter glaubt oder hofft, dass der Kredit letztlich dennoch zurückgeführt werden wird (BGHSt 46, 30, 35; 47, 148, 157). Die spätere Schadensentwicklung ist nur noch für die Strafzumessung von Bedeutung (BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78). Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Merkmale des Untreuetatbestands beziehen, also auch die Verursachung eines Nachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB für die Geschädigte umfassen. Dabei handelt es sich um ein selbständiges Tatbestandsmerkmal, das die Strafgerichte nicht mit der Pflichtwidrigkeit des Handelns „verschleifen“ dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/08, 105, 491/09 - BVerfGE 126, 170, 211; BGH, Beschl. v. 29.12.2014 - 2 StR 29/14 Rn. 8). Zum Vorsatz und zum Vermögensnachteil bei Untreuehandlungen durch pflichtwidriges Eingehen von Risiken für fremdes Vermögen siehe BGH, Beschl. v. 20.3.2008 - 1 StR 488/07 - NJW 2008, 2451 sowie BGH, Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - BGHSt 47, 148 - NJW 2002, 1211: betr. Kreditvergabe bei naheliegend fehlender Bonität. Zum Vorsatz betr. des Erkennens und Kenntnis der Überschuldung einer Firma, bei der der Angeklagte sämtliche Geschäftsanteile der Firma im Nennwert von insgesamt 500.000 DM zum Preis von nur 5 DM erworben hat, was nahe legt, dass er wusste, dass das Eigenkapital aufgebraucht und die Geschäftsanteile wertlos waren vgl. BGH, Urt. v. 30.9.2009 - 2 StR 300/09. Streitig geworden ist die Frage, ob im Rahmen der §§ 263, 266 StGB der bedingte Vorsatz hinsichtlich des Eintritts einer Vermögensgefährdung ausreicht (vgl. RGSt 75, 85; 76, 116; BGHSt 46, 30, 35; 47, 148, 156; 51, 100, 119 ff.; Fischer, StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 77 b; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 49) oder ob zusätzlich zu fordern ist, dass der Täter die konkrete Gefahr des endgültigen Vermögensverlustes sieht und auch deren Realisierung billigt (so BGH, Urt. v. 18.10.2006 - 2 StR 499/05 - BGHSt 51, 100, 121; ebenso Fischer StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 78 b; ders. StraFo 2008, 269, 275; Schünemann NStZ 2008, 430 ff.; aA BGH, Beschl. v. 20.3.2008 - 1 StR 488/07 - NJW 2008, 2451, 2452; NStZ 2009, 330, 331 - jeweils 1. Strafsenat; BGHSt 51, 331, 346 f.; ebenso Nack StraFo 2008, 277, 281; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 228; mangels Fallrelevanz offen gelassen in BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - StV 2010, 78; erwähnt auch in BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 94/10 - NJW 2011, 1747). Nach ständiger Rechtsprechung macht der weite Rahmen des objektiven Tatbestandes der Untreue erforderlich, strenge Anforderungen an den Nachweis der inneren Tatseite zu stellen. Dies gilt um so mehr, wenn nur bedingter Vorsatz in Frage steht und der Täter nicht eigennützig gehandelt hat (vgl. BGHSt 47, 295, 302; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 38 und 48, S. 9 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Der Täter muß sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern auch und gerade des dadurch bewirkten Nachteils für das zu betreuende Vermögen bewußt sein (BGH aaO; BGH, Beschl. v. 26.8.2003 - 5 StR 188/03 - wistra 2003, 463; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.12.2000 - 5 StR 123/00 - wistra 2001, 146). In den Fällen der schadensgleichen Vermögensgefährdung ist der Tatbestand der Untreue im subjektiven Bereich dahin zu begrenzen, dass der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens nicht nur die Kenntnis des Täters von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts und das Inkaufnehmen dieser konkreten Gefahr voraussetzt, sondern darüber hinaus eine Billigung der Realisierung dieser Gefahr, und sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des ihm unerwünschten Erfolgs abfindet (eingehend: BGH, Urt. v. 18.10.2006 - 2 StR 499/05 - BGHSt 51, 100 ff. - wistra 2007, 136; BGH, Beschl. v. 25.5.2007 - 2 StR 469/06 - wistra 2007, 384; demgegenüber hat der 1. Strafsenat in mehreren Entscheidungen - jeweils nichttragend - eine abweichende Rechtsauffassung geäußert, wonach der bedingte Vorsatz nicht auch die Billigung eines eventuellen Endschadens umfassen müsse (BGH, Beschl. v. 18.2.2009 - 1 StR 731/08 - BGHSt 53, 199, 204 Rn. 17; so auch schon BGH, Beschl. v. 20.3.2008 - 1 StR 488/07 - NJW 2008, 2451, 2452; offen gelassen durch den 3. Strafsenat in BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 576/08 - Rn. 25 - StV 2010, 78). Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend erfassen muss. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung 1; BGH, Urt. v. 29.8.2007 - 5 StR 103/07 - NStZ 2008, 87). Bei Risikogeschäften sind an die Feststellung der inneren Tatseite erhöhte Anforderungen zu stellen. Dies betrifft beide Vorsatzbestandteile. Die Möglichkeit einer Vermögensgefährdung ist dem Risikogeschäft immanent. Die bewusste Eingehung des immanenten Risikos kann deshalb für sich genommen nicht ausreichen, weil Risiken wesentliche Strukturelemente im marktwirtschaftlichen System sind und die Eingehung von Risiken notwendiger Bestandteil unternehmerischen Handelns ist. Die Rechtsprechung hat deshalb die innere Tatseite bei risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen besonderen Prüfungskriterien unterworfen. So ist auf der kognitiven Ebene zu verlangen, dass der Täter das von ihm eingegangene Risiko zutreffend bewertet hat. Da die Untreue ein Vorsatzdelikt ist, bildet der vom Tatgericht festzustellende Umfang der Kenntnis von den Risikofaktoren und dem Risikograd den Maßstab für die Prüfung des kognitiven Vorsatzelements (§ 16 StGB) (BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 21/22). Für die Praxis bedeutsamer sind allerdings die Anforderungen an das voluntative Vorsatzelement. Anders als etwa bei Kapitaldelikten lässt sich das voluntative Element nicht bereits weitgehend aus dem Gefährdungspotential der Handlung ableiten. Der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts allein kann kein Kriterium für die Entscheidung der Frage sein, ob der Angeklagte mit dem Erfolg auch einverstanden war. Es kommt vielmehr immer auch auf die Umstände des Einzelfalles an, bei denen insbesondere die Motive und die Interessenlage des Angeklagten zu beachten sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 23; BGH, Urt. v. 6.4.2000 – 1 StR 280/99 - BGHSt 46, 30, 35; vgl. auch BGH, Beschl. v. 26.8.2003 – 5 StR 145/03 - BGHSt 48, 331, 347 ff. – zum Betrug; vgl. auch Saliger in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, 2009, § 266 Rn. 104). Dabei ist zudem bei der Beurteilung eines Geschäftsvorgangs, bei dem keine Indizien für einen auch nur mittelbaren persönlichen Vorteil der Beteiligten bestehen, besondere Skepsis hinsichtlich des voluntativen Elements geboten (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 23). Für das voluntative Element kann es demnach nicht ausreichen, dass der Betreffende allein die Gefährdungslage billigt. Dies würde, da unternehmerische Entscheidungen regelmäßig einen Gefährdungsanteil aufweisen, dem subjektiven Untreuevorwurf nicht gerecht. Vielmehr kann nur dann von einer billigenden Inkaufnahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB ausgegangen werden, wenn der Täter nicht nur die konkrete Gefahr in Kauf nimmt, sondern darüber hinaus auch die Realisierung dieser Gefahr billigt, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des unerwünschten Erfolges abfindet (BGH, Urt. v. 18.10.2006 – 2 StR 499/05 - BGHSt 51, 100, 121; BGH, Beschl. v. 2.4.2008 – 5 StR 354/07 - BGHSt 52, 182, 189 f.; vgl. auch Matt in Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 266 Rn. 155). Für die Kennzeichnung der Innentendenz ist dieses Erfordernis notwendig, zumal die Untreue – anders als der Betrug – keine Eigen- oder Fremdbereicherungsabsicht voraussetzt. Das gedankliche Hinnehmen einer Vermögensgefährdung ist für sich genommen nicht aussagekräftig, weil sie eine Begleiterscheinung unternehmerischen Handelns ist. Dem objektiven Tatbestandsmerkmal „Nachteil“ entspricht eine innere Einstellung, die dadurch geprägt ist, dass sie sich letztlich mit dem Verlust abfindet (BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 24). Für die beweismäßige Feststellung des voluntativen Vorsatzelements kommt freilich dem auch vom Täter erkannten Gefährdungsgrad ein erhebliches indizielles Gewicht zu. Für je wahrscheinlicher der Täter den Erfolgseintritt hält, umso mehr spricht dafür, dass er sich letztlich mit einem Schadenseintritt abfindet. Denn die bloße Hoffnung auf den guten Ausgang steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen (BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 25; NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 266 Rn. 122). Auf die in der Literatur diskutierte Bedeutung der „guten Absichten“ kommt es in Bezug auf die vorsätzliche Tatbegehung nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61; vgl. auch BGH, Urt. v. 17.9.2009 - 5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148 - NStZ 2009, 694 sowie einerseits Nack StraFo 2008, 277 ff.; andererseits Fischer StraFo 2008, 269 ff.; dazu auch Schünemann NStZ 2008, 430 ff.). Bei unternehmerischen Entscheidungen ist den Verantwortlichen auch bei risikobehafteten Investitionen ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 22.11.2005 - 1 StR 571/04 - wistra 2006, 105; BGH, Urt. v. 16.2.2006 - 4 StR 305/05 - wistra 2006, 266). Zur Heranziehung heimlichen Vorgehens zur indiziellen Begründung des Vorsatzes (vgl. BGHSt 36, 1, 14; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - 5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148 - NStZ 2009, 694). Die allgemeine Absicht, mit den pflichtwidrigen Handlungen „letztlich“ (aber nach eigenem Gutdünken) den Interessen des Treugebers nicht schaden oder ihnen dienen zu wollen, schließt den Vorsatz nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 1 StR 592/10; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 266 Rn. 175 mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 Rn. 48 - BGHSt 52, 323, 329). Das vom Bundesverfassungsgericht statuierte Verschleifungs- oder Entgrenzungsverbot (BVerfGE 126, 170, 198 f.) wirkt sich gleichermaßen auf die Prüfung der subjektiven Tatseite aus. Der Vorsatz zur Pflichtwidrigkeit einerseits und zur Nachteilszufügung andererseits sind unabhängig voneinander zu prüfen; die innere Tatseite hinsichtlich des Merkmals des Nachteils darf nicht dergestalt in der des Merkmals der Pflichtwidrigkeit aufgehen, dass es seiner eigenständigen Bedeutung weitgehend beraubt wäre. Auch wenn die Pflichtwidrigkeit in einem inneren Zusammenhang mit dem Nachteil steht, weil die Pflichtwidrigkeit der Handlung sich häufig gerade aus der für das betreute Vermögen innewohnenden Gefährdung ergibt, ist auch in subjektiver Hinsicht zu unterscheiden zwischen dem Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und hinsichtlich der Nachteilszufügung (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2013 - 5 StR 551/11 Rn. 18). Das Treueverhältnis nach § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs.1 StGB (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 26, 53 f.; BGH StV 1995, 73; BGH, Beschl. v. 30.8.2007 - 4 StR 127/07; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427; BGH, Urt. v. 4.2.2010 - 1 StR 95/09 - wistra 2010, 221; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 266 Rdn. 80 m.w.N.). Es fehlt etwa beim Angeklagten, wenn er selbst nicht die Pflicht hatte, die Vermögensinteressen der Geschädigten wahrzunehmen, die ein von ihm zu diesen Taten Angestifteter hatte, jeweils verletzt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 30.8.2007 - 4 StR 127/07). Der zu Grunde zulegende Strafrahmen muss in diesen Fällen gemäß den §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB und im Falle der Beihilfe nochmals nach §§ 27 Abs. 2 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427). Führt allein die fehlende Treuepflicht zur Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue, so kommt dem Angeklagten die Milderung nach § 28 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nur einmal zu Gute (BGHSt 26, 53; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 3 StR 493/07 - wistra 2008, 427). |
|
|
70 |
Da
die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des
Missbrauchstatbestandes ist, schließt das Einverständnis des
Inhabers des zu betreuenden Vermögens bereits die
Tatbestandsmäßigkeit aus (BGH,
Urt. v.
21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50,
331, 342; BGH,
Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR
372/08 - wistra 2009, 275; BGH,
Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 -
BGHSt 54, 52, 57; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3
StR 90/10 - BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7; BGH, Urt. v.
27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266, 278 -
NJW
2010, 3458; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 3 StR 228/11; BGH, Beschl. v.
15.5.2012 - 3 StR 118/11; BGH, Beschl. v. 20.10.2016 - 2 StR 2/16 Rn.
8; Lenckner/Perron
StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 21; Fischer
57. Aufl. § 266 Rdn. 90 m. w. N.). Eine wirksame (ausdrückliche oder stillschweigende) Einwilligung der Treugeberin kann eine Pflichtwidrigkeit ausschließen (vgl. BGH, Urt. v. 29.8.2008 - 2 StR 587/07 - BGHSt 52, 323 - wistra 2009, 61; insoweit zutr. Saliger/Gaede HRRS 2008, 57, 69; vgl. auch Dierlamm in MünchKomm-StGB § 266 Rn. 129; Fischer StGB 55. Aufl. § 266 Rn. 49 ff.; Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. § 266 Rn. 66 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rn. 38; jew. m.w.N.). Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen, ist die Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB zwar in der Regel nicht verletzt, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis mit der vermögensschädigenden Pflichtverletzung erklärt hat; eine nachträgliche Genehmigung genügt dagegen nicht (BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50, 331, 342 f.; BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 betr. Entlastung des Fraktionsvorsitzenden; S/S-Perron, 29. Aufl., § 266 Rn. 21). Verstößt das Einverständnis des Treugebers gegen die eindeutigen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgabe, kann es keine tatbestandsausschließende Wirkung entfalten (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 31; BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50, 331, 342; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - 5 StR 521/08 - BGHSt 54, 148, 158). So entfaltet etwa das in der Zustimmung zu den Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen liegende Einverständnis des Mitangeklagten, bei dem es sich zugleich um den alleinigen Gesellschafter der GmbH handelt, zu dem dem Gesellschaftsvermögen nachteiligen Verhalten keine tatbestandausschließende Wirkung (zum Tatbestandausschluss bei wirksamer Zustimmung BGH, Beschl. v. 30.8.2011 – 3 StR 228/11 - NStZ-RR 2012, 80 mwN), wenn die entsprechende Zustimmung im Verhältnis zur Gesellschaft missbräuchlich war, weil mit ihr unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht eine Gefährdung der Liquidität der T. GmbH einherging (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2016 - 1 StR 628/15; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 – 3 StR 228/11 - NStZ-RR 2012, 80). Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (vgl. BGHSt 9, 203, 216; BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10). Eine erklärte Einwilligung ist nur dann unwirksam, wenn sie gesetzwidrig oder erschlichen ist, auf sonstigen Willensmängeln beruht oder - wie bei der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz einer juristischen Person - ihrerseits pflichtwidrig ist (BGH, Urt. v. 24.6.2010 - 3 StR 90/10; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458; Lenckner/Perron aaO § 266 Rdn. 21 f.; Fischer 57. Aufl. § 266 Rdn. 91 ff.; siehe zum existenzgefährdenden Eingriff vorstehend ---> GmbH, Rdn. 30.1.1). |
|
|
70.5 |
Da
der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen
anvertraute fremde Vermögen zu schützen (vgl. BGHSt 43, 293,
297), sind Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem
Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig
im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB (BGH,
Urt. v.
21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50,
331, 342; BGHSt 54, 52, 57),
sofern das Einverständnis nicht aus bestimmten Gründen
unwirksam ist (vgl. BGHSt 54, 52, 57 f.; NJW 2012, 2366, 2369; BGH,
Urt. v. 26.9.2012 - 2 StR 553/11). An die Stelle des
Vermögensinhabers tritt bei
einer GmbH die Gesamtheit ihrer
Gesellschafter, die zustimmen müssen (BGH NJW 2012, 2366,
2369;
BGH, Urt. v. 26.9.2012 - 2 StR 553/11). Oberstes Willensorgan der GmbH ist die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGHSt 9, 203, 216; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 3 StR 228/11; vgl. auch Rönnau in FS für Amelung S. 256 f.; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, 2010 S. 72 f.). Dies ergibt sich insbesondere aus deren Befugnis zur Erteilung von Weisungen gegenüber den Geschäftsführern gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG und zu Abänderungen des Gesellschaftsvertrags gemäß § 53 Abs. 1 GmbHG (Wolff in Münch., Hdb. d. GesR, 3. Aufl. Bd. 3, § 36 Rn. 3; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 45 Rn. 4; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 45 Rn. 5; anders Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 45 Rn. 4: Organstellung nicht der Gesamtheit der Gesellschafter, sondern der Gesellschafterversammlung). Ein die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB ausschließendes Einverständnis der Gesellschafter kommt auch dann in Betracht, wenn die Vermögensverfügung des Geschäftsführers unter Verstoß gegen Buchführungsvorschriften erfolgt (BGHSt 35, 333, 335 ff.; BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458; dazu Rönnau in FS für Tiedemann S. 713, 718 Fn. 25; Weimann, Die Strafbarkeit der Bildung sog. schwarzer Kassen gem. § 266 StGB, 1996 S. 78, 84; Hoffmann aaO S. 97 ff.; anders noch BGHSt 34, 379, 384 ff.). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt jedoch nur dem Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einem (Mehrheits-)Beschluss des die Gesamtheit der Gesellschafter repräsentierenden Gesellschaftsorgans (so BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50, 331, 342 betr. die Aktiengesellschaft; noch enger Krekeler/ Werner, Unternehmer und Strafrecht, 2006: stets Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich) tatbestandsausschließende Wirkung zu. Ob nur Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen werden kann, die im Wege eines förmlichen Beschlusses herbeigeführt worden sind (kritisch Ransiek NJW 2006, 814, 815 f.; Dierlamm in MüKo-StGB, § 266 Rn. 136), oder ob tatbestandsausschließende Wirkung auch solchen Mehrheitsentscheidungen zukommt, die nicht unter Einhaltung der Formalien der §§ 47 ff. GmbHG getroffen worden sind (so BGH, Urt. v. 18.10.1956 - 2 StR 434/56; vgl. zusammenfassend zum Streitstand Hoffmann aaO S. 190 ff.), hat der BGH in BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458 offen gelassen. Voraussetzung der Erteilung eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses durch eine Gesellschaftermehrheit ist jedenfalls stets die inhaltliche Befassung auch der Minderheitsgesellschafter mit der Frage der Billigung der betreffenden Pflichtwidrigkeit. Dies folgt daraus, dass Träger des rechtlich geschützten Vermögensinteresses die GmbH selbst ist, nicht ihre einzelnen Gesellschafter. Von einer Willensbildung ihres obersten Willensorgans und von einem mehrheitlichen Konsens in der Sache (Schramm, Untreue und Konsens, 2005 S. 125) kann aber nur die Rede sein, wenn die Gesamtheit der Gesellschafter mit der in Rede stehenden Fragestellung überhaupt befasst worden ist, nicht dagegen, wenn die fragliche Pflichtwidrigkeit vor der Minderheitsgesellschafterin bzw. deren willensbildenden Organen planmäßig verschleiert worden ist. Anderenfalls würden die Minderheitsrechte der uninformiert bleibenden Mitgesellschafterin, etwa auf Einberufung der Gesellschafterversammlung nach § 50 GmbHG sowie auf Auskunftserteilung und Einsicht in die Bücher und Schriften nach § 51a GmbHG, und ihre Befugnis zur Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit von Mehrheitsentscheidungen unterlaufen (BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458). Im neueren Schrifttum ist angezweifelt worden, ob den Anteilseignern einer Aktiengesellschaft in Übereinstimmung mit dem Urteil des 3. Strafsenats vom 21. Dezember 2005 (BGH, Urt. v. 21.12.2005 - 3 StR 470/04 - BGHSt 50, 331, 342 - "Mannesmann") überhaupt eine Kompetenz zu einer tatbestandsausschließenden Einwilligung in gesellschaftsschädigende Vermögensverfügungen des Vorstands in gleicher Weise zukommt wie den Gesellschaftern einer GmbH (vgl. dazu zuletzt Rönnau in FS für Amelung S. 247, 253 ff.; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 266 Rn. 102; Brammsen/Apel WM 2010, 781, 786 mwN einerseits; Hoffmann, Untreue und Unternehmensinteresse, 2010 S. 73 ff. andererseits; offen gelassen in BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458). Anders als bei der GmbH ist das Verhältnis der drei Organe der Aktiengesellschaft ein solches der Gewaltenteilung und wechselseitigen Kontrolle, in dem die Führung der laufenden Geschäfte ausschließlich dem Vorstand anvertraut ist (Rönnau aaO, S. 257 f.; Hoffmann aaO, S. 73 ff.; jew. mwN auch zur gesellschaftsrechtl. Lit.; vgl. allerdings zur Verpflichtung des Vorstands zur Beteiligung der Hauptversammlung bei tiefgreifenden Eingriffen in Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre BGHZ 83, 122 - "Holzmüller"; 159, 30, 38 ff. - "Gelatine"). Im Hinblick auf eben diese Kompetenzverteilung kommt eine Befugnis des Vorstands zur Einwilligung in pflichtwidriges Handeln jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es um ein eigenes pflichtwidriges Verhalten geht, das gerade in der Verschleierung der von ihm selbst vorgenommenen Vermögensverfügungen gegenüber den zu seiner Kontrolle berufenen beiden anderen Gesellschaftsorganen sowie den für diese tätigen Abschlussprüfern besteht (für die Bildung und Unterhaltung verdeckter Kassen im Ergebnis ebenso Brammsen/Apel WM 2010, 781, 786 f.). Von der insbesondere durch §§ 111 Abs. 1-3, 119 Abs. 1 Nr. 4 u. 7, Abs. 2 AktG gewährleisteten Kontrolle und Aufsicht durch die übrigen Gesellschaftsorgane kann sich der Vorstand nicht durch die Erteilung des Einverständnisses in seine eigene Pflichtwidrigkeit dispensieren (BGH, Urt. v. 27.8.2010 - 2 StR 111/09 - BGHSt 55, 266 - NJW 2010, 3458). |
|
|
70.10 |
Ein den Tatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB ausschließendes Einverständnis der später betreuten Person liegt nicht vor, wenn deren vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit abgegebenen Erklärungen, wonach der Angeklagte sich „mal was gönnen“ solle, keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.7.2014 - 5 StR 46/14). Es liegt weder ein nach § 518 Abs. 1 BGB formwirksames Schenkungsversprechen vor, noch lässt sich der unbestimmten Äußerung der Wille entnehmen, der Angeklagte dürfe im Falle der Geschäftsunfähigkeit und/oder Pflegebedürftigkeit über wesentliche Teile ihres Vermögens für eigene Zwecke verfügen und dadurch ihren angemessenen Unterhalt gefährden. Sinn und Zweck der Vorsorgevollmacht ist vielmehr, die Anordnung einer Betreuung zu vermeiden (vgl. BGH, Urt. v. 29.7.2014 - 5 StR 46/14; Palandt/Götz, aaO, Einf. vor § 1896 Rn. 5). Selbst wenn es zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung dem Wunsch der Betreuten entsprochen haben sollte, dass der Angeklagte Teile ihres Vermögens für sich verwendet, würde jedoch der Zweck dieser Vollmacht verfehlt, wenn der Bevollmächtigte dem Rechtsgedanken der Betreuerpflichten nach § 1901 Abs. 2 und 3 BGB zuwider ihren Unterhalt bis zu ihrem Tod gefährdet und ihre gesamte Lebens- und Vermögenssituation erheblich verschlechtert (vgl. zu § 1901 BGB: BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 – XII ZR 77/06, NJW 2009, 2814, 2816; BGH, Urt. v. 29.7.2014 - 5 StR 46/14). Dem Angeklagten war in dem BGH, Urt. v. 29.7.2014 - 5 StR 46/14 zugrundeliegenden Fall auch bewusst, dass „die Geschädigte die Bestreitung ihrer Pflegekosten gesichert habe sehen wollen“, so dass sich der Angeklagte mit Eintritt der kostenintensiven Pflegebedürftigkeit letztlich jedweder Verfügungen zu seinen Gunsten zu enthalten hatte. Dass die Betreute bei ihren die Pflegekosten nicht deckenden Rentenbezügen naheliegend auch ohne jede Vermögensreserven aufgrund sozialstaatlicher Fürsorge faktisch kaum anders versorgt worden wäre, steht dem nicht entgegen (vgl.BGH, Urt. v. 29.7.2014 - 5 StR 46/14). | |
|
75 |
Durch eine Nachtat werden die Erfolge der Vortat lediglich gesichert, ausgenutzt oder verwertet. Sie bleibt straflos, wenn sich aus dem Funktionszusammenhang der auf den Sachverhalt anzuwendenden Vorschriften ergibt, daß ihr gegenüber der Haupttat kein eigenständiger Unrechtsgehalt zukommt. Dann besteht kein Bedürfnis, sie neben der Haupttat selbständig zu bestrafen, sie ist bereits durch diese mit abgegolten. Voraussetzung für die Straflosigkeit ist dabei im einzelnen, daß die Geschädigten der beiden Straftaten identisch sind, die Nachtat kein neues Rechtsgut verletzt und der Schaden qualitativ nicht über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus erweitert wird (vgl. BGH, Beschl. v. 20.9.2000 - 3 StR 19/00 - wistra 2001, 60; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. Vor §§ 52 ff Rdn. 121, 123, 125). | |
§ 266 Abs. 2 StGB |
|
... (2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend. |
|
|
80 |
|
80.1 |
§ 247
StGB - Haus- und
Familiendiebstahl Ist durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt oder lebt der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. |
|
|
80.2 |
|
80.2.1 |
Die
Untreue kann nur auf Antrag verfolgt werden, wenn und soweit durch
sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266
Abs. 2, § 247
StGB; vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; schon BGH, Urt. v.
26.2.1987 - 1 StR 5/87). Das Fehlen des gemäß § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB grundsätzlich erforderlichen Strafantrages des Verletzten begründet ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis (vgl. etwa BGH, Urt. v. 30.4.2009 - 1 StR 342/08 - BGHSt 53, 311 - wistra 2009, 359). Beispiel: War allein die Ehefrau des Angeklagten Gesellschafterin der geschädigten GmbH, ist als Verletzte der Untreuetaten zum Nachteil der GmbH allein die Ehefrau des Angeklagten anzusehen (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 86; BGH, Urt. v. 30.4.2009 - 1 StR 342/08 - BGHSt 53, 311 - wistra 2009, 359). Stellt diese einen Strafantrag nicht, fehlt es insoweit an einem erforderlichen Strafantrag gemäß § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2009 - 1 StR 342/08 - BGHSt 53, 311 - wistra 2009, 359). Auch die Gesellschafter einer GmbH sind als Verletzte im Sinne des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB anzusehen (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926; BGH, Beschl. v. 6.7.1999 - 4 StR 57/99; BGH, Beschl. v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04 - NStZ-RR 2005, 86 - wistra 2005, 105; a.A. Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 122 unter Hinweis auf ein den früheren Untreuetatbestand des § 81a GmbHG betreffendes Urteil des BGH vom 24.3.1955 - 4 StR 529/54). Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 2 StR 652/10; BGH, Urt. v. 3.5.1991 - 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft - wie etwa OHG oder KG - sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschl. v. 6.7.1999 - 4 StR 57/99). Deren Einverständnis schließt die Annahme von Untreue aus, soweit sie selbst betroffen sind (BGH, Beschl. v. 22.2.1991 - 3 StR 348/90). In gleicher Weise kann bei einer Kommanditgesellschaft der Angeklagte selbst, soweit sein Gesellschaftsanteil betroffen ist, nicht Geschädigter einer von ihm begangenen Untreue sein (BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 2 StR 652/10). Auch hinsichtlich eines Kommanditisten, der in einer gemäß § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten stand bzw. steht, scheidet eine Untreue zu dessen Nachteil bei Fehlen eines form- und fristgerechten Strafantrags aus (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.1991 - 2 StR 613/90; BGH, Urt. v. 26.2.1987 - 1 StR 5/87). Die Anwendbarkeit des § 247 StGB entfällt nicht etwa dadurch, dass hinsichtlich eines oder mehrerer der gesamthänderisch verbundenen Kommanditisten die Voraussetzungen des § 247 StGB nicht gegeben sind (vgl. hierzu aber auch Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 6). Der Haus- und Familienfrieden, den zu schützen Normzweck des § 247 StGB ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1979 - 4 StR 204/79 - BGHSt 29, 54, 56), besteht nur in dem Umfang nicht, in dem ein durch die Untreue verletzter Gesellschafter nicht in einer im Sinne des § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Täter steht (vgl. BGH, Beschl. v. 6.7.1999 - 4 StR 57/99). Fallen Taten zu Lasten mehrerer Geschädigter tateinheitlich zusammen, ergibt sich der Umfang der Verfolgbarkeit - wie stets - nach Maßgabe des § 247 StGB. Demzufolge bestimmt sich auch die Höhe des dem Angeklagten anzulastenden Nachteils und damit des großen Ausmaßes i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB - wenn eine Untreue zum Nachteil der Komplementär-GmbH nicht festgestellt ist (dazu vgl. auch BGH, Urt. v. 17.3.1987 - 5 StR 272/86) - nach der Summe der zugefügten Nachteile hinsichtlich der Kommanditisten, die entweder form- und fristgerecht Strafantrag gestellt haben oder die nicht in einer durch § 247 StGB privilegierten Beziehung zum Angeklagten standen bzw. stehen (BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11). |
|
|
80.2.2 |
Etwas anderes gilt, wenn die Untreuehandlungen zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil der GmbH selbst, nämlich zu einer konkreten Existenzgefährdung für die Gesellschaft, geführt hat (vgl. BGHSt 35, 333, 336 f. auch zu den an die Feststellungen zu stellenden Anforderungen; BGH NJW 2003, 2924, 2926; BGH, Beschl. v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04 - NStZ-RR 2005, 86 - wistra 2005, 105; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229), denn zu der geschädigten GmbH besteht keine privilegierende Beziehung im Sinne des § 247 StGB (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926). Insbesondere bei einem Angriff auf das durch § 30 GmbHG geschützte Stammkapital ist eine solche Gefährdung anzunehmen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; BGH NJW 2000, 154, 155; BGH, Beschl. v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04 - NStZ-RR 2005, 86 - wistra 2005, 105). | |
|
85 |
|
85.1 |
§ 248a
StGB - Diebstahl und
Unterschlagung geringwertiger Sachen Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. siehe hierzu: § 248a StGB, Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen und unten Rdn. Z.1.3 Bei der Prüfung der Regelwirkung der § 266 Abs. 2, § 243 Abs. 2, § 248a StGB ist nicht auf die Höhe des tatsächlichen Schadens, sondern auf die Vorstellung des Angeklagten abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1995 - 2 StR 657/94; BGH, Beschl. v. 29.1.2015 - 1 StR 587/14). |
|
|
90 |
|
90.1 |
§ 263
Abs. 3 StGB - Besonders
schwere Fälle des Betruges (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, 2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, 3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, 4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder 5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat. siehe hierzu: Betrug, § 263 StGB ---> § 263 Abs. 3 StGB |
|
|
90.1.1 |
Die Annahme eines besonders schweren Falles ist auch bei einem sehr hohen Schaden nicht zwingend, wenn gewichtige schuldmindernde Umstände vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 24.7.2001 - 1 StR 192/01 - wistra 2001, 388: betr. Schaden iHv 3,1 Mio DM; Geständnis, Schuldeinsicht, hohes Alter des Angeklagten, Leichtsinn des Opfers, länger zurückliegende Tatzeit). | |
|
90.1.5 |
Gewerbsmäßigkeit
im Sinne der § 266
Abs. 2, § 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1
StGB setzt ein zumindest mittelbar eigennütziges Handeln des
Täters oder Teilnehmers voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2012 - 3
StR 447/11; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 231/11 - NJW 2012, 325,
328 mwN). Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch eine wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschafft (BGH, Urt. v. 17.6.2004 – 3 StR 344/03 - BGHSt 49, 177, 181). Dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte auch wesentliche Beträge der veruntreuten Gelder dritten Personen hat zukommen lassen. Dadurch entfällt die Eigennützigkeit seines Handelns nicht, wenn der Angeklagte auf alle Einzelbeträge unmittelbar selbst zugreifen und über die Verwendung des Geldes – ob für sich oder für andere, aus welchen Gründen auch immer – nach eigenen selbstbestimmten Vorstellungen verfügen konnte (vgl. BGH, Urt. v. 9.7.2013 - 5 StR 181/13; BGH, Beschl. v. 7.9.2011 – 1 StR 343/11 - wistra 2011, 462). |
|
|
90.1.10 |
Die von der Rechtsprechung gezogene Grenze
eines
Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Sinne der § 266
Abs. 2, § 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB liegt bei etwa 50.000
€ (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2014 - 3 StR 265/14 Rn. 56). siehe hierzu näher: § 263 StGB - Vermögensverlust großen Ausmaßes |
|
|
90.1.15 |
Der Bundesgerichtshof teilt nicht die in der Literatur vertretene Auffassung, dass die durch das 6. StRG eingeführte Verweisung in § 266 Abs. 2 StGB auf § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB letztlich auf eine Verletzung des Doppelverwertungsverbots hinauslaufe, weil die Stellung als Amtsträger in der Regel überhaupt erst die in § 266 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Täterqualifikation (kraft "behördlichen Auftrags") begründe (so Schünemann in LK-StGB 11. Aufl. § 266 Rdn. 176; krit. auch Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 266 Rdn. 31; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 266 Rdn. 22). Für eine korrigierende Auslegung, die im Ergebnis die das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB betreffende Verweisung in § 266 Abs. 2 StGB leerlaufen ließe, sieht der Bundesgerichtshof keinen Anlaß und hat offen gelassen, ob die Verletzung der die Täterschaft wegen Untreue begründenden Vermögensfürsorgepflicht kraft "behördlichen Auftrags" in der Regel oder gar stets den Mißbrauch der Befugnisse oder der Stellung "als Amtsträger" (§ 11 Nr.2 StGB) als tauglichem Täter voraussetzt (vgl. BGH, Beschl. v. 13.7.2000 - 4 StR 271/00 - wistra 2000, 421). | |
Konkurrenzen |
|
|
K.1 |
Die
Zahl der materiell-rechtlichen Handlungen hängt nicht von der
Anzahl der Verletzten, sondern von der Zahl der Verletzungshandlungen
ab (vgl. BGH,
Beschl. v. 26.7.2005 - 3 StR 36/05; Lenckner/Perron in
Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. § 266 Rdnr. 54). Eine
von Anfang an unordentliche und auf Täuschung angelegte
Buchhaltung kann nahe legen, dass die einzelnen
Schädigungshandlungen zu einer Tat im Rechtssinne verbunden sind
(vgl. BGH,
Beschl. v. 26.7.2005 - 3 StR 36/05). Eine natürliche Handlungseinheit liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (BGH, Beschl. v. 14.9.2010 – 4 StR 422/10; BGH, Beschl. v. 3.8.2010 – 4 StR 157/10; BGH, Beschl. v. 18.5.2010 – 4 StR 182/10 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - wistra 2011, 184). So liegt es etwa, wenn der Angeklagte als Gerichtsvollzieher die von den Vollstreckungsschuldnern geleisteten Zahlungen aufteilte und die Gelder am selben Tag an zwei Gläubiger weiterleitete, wobei er jeweils zu hohe Gebühren in Höhe von 17,50 € in Abzug brachte. Angesichts des Umstandes, dass die am selben Tag vorgenommenen Überweisungen bzw. Ausbuchungen jeweils denselben Vollstreckungsschuldner betrafen, liegt es nahe, dass der Angeklagte die Verfügungen zusammen erledigte und nicht aufgrund eines neuen Tatentschlusses handelte (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2011 - 4 StR 409/10 - wistra 2011, 184). Ebenso verhält es sich bei mehreren Überweisungen eines Hausverwalters für 25 Wohnungseigentümergemeinschaften, der seine alleinige Verfügungsberechtigung über die Konten der Haus- und Wohnungseigentümer ausnutzte, um zweckfremde Ab- und Umbuchungen vorzunehmen und sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, die am selben Tag von demselben Bankkonto auf dasselbe Empfängerkonto erfolgten, was nahe legt, dass der Angeklagte diese Verfügungen jeweils zusammen erledigte. Danach stehen die jeweils am selben Tag vorgenommenen Überweisungen von demselben Bankkonto auf dasselbe Empfängerkonto jedenfalls in natürlicher Handlungseinheit (vgl. BGH, Beschl. v. 24.3.2015 - 4 StR 52/15). siehe zur natürlichen Handlungseinheit näher: § 52 StGB Rdn. 15 - Natürliche Handlungseinheit Bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktserie ist die Frage der Konkurrenz für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen. Wenn ein Mittäter seinen mehrere Einzeldelikte umfassenden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht hat, so verletzt er den Tatbestand zwar nicht nur einmal; indes werden ihm die Einzeltaten der Mittäter nicht in Tatmehrheit, sondern als in gleichartiger Tateinheit begangen zugerechnet (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 253/09 - wistra 2010, 99: der Angeklagte erbrachte seinen (einzigen) Tatbeitrag, der darin lag, dass er den Mitangeklagten anwies, er solle eine Million Euro beschaffen, vor den zu diesem Zweck vorgenommenen vier Einzelabhebungen; Fischer, StGB 56. Aufl. § 25 Rdn. 23 m. w. N.). siehe hierzu näher: § 52 StGB, Tateinheit --> Rdn. 50.1 |
|
|
K.2 |
Betrug
und Untreue können nur dann tateinheitlich
zusammentreffen,
wenn der Täter bereits bei Vornahme der Täuschung in einem
Treueverhältnis im Sinne des § 266
StGB zu dem
Getäuschten oder zu dem zu Schädigenden stand (vgl. BGHSt 8,
254, 260; BGH GA 1971, 83, 84; BGH,
Beschl. v. 25.11.2008 - 4 StR
500/08 - wistra 2009, 106; vgl. auch Fischer StGB 55. Aufl. §
266
Rdn. 87). Eine Idealkonkurrenz zwischen Untreue und Betrug setzt
voraus, dass der Täter im Rahmen einer schon bestehenden
Vermögensbetreuungspflicht die Vermögensschädigung des
zu betreuenden Vermögens durch eine Täuschungshandlung
bewirkt hat (BGH wistra 2007, 302, 303; 1991, 218, 219 m.w.N.; BGH,
Beschl. v. 5.3.2008 - 5 StR 36/08 - NStZ 2008, 340; vgl. auch
BGHR StGB
§ 263 Abs. 1 Täuschung 10). siehe hierzu auch: Betrug, § 263 StGB |
|
|
K.3 |
Tateinheit
ist in solchen Fällen möglich, in denen die
Verwirklichung beider Tatbestände in einer
Ausführungshandlung zusammentrifft (BGH,
Urt. v.
11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47,
22, 26 - wistra 2001, 466 zu § 332 StGB; BGH,
Urt.
v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05 - wistra
2006, 96; BGH, Beschl. v.
11.1.2012 - 1 StR 386/11: Schreiben
von E-Mails). Derartige
Überschneidungen können sich etwa in engem zeitlichem
Zusammenhang mit der Herbeiführung des Vermögensnachteils
für den Treugeber im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB ergeben
(vgl. BGH,
Urt. v.
11.5.2001 - 3 StR 549/00 - BGHSt 47,
22, 27 f. -
wistra 2001, 466; BGH wistra 2004, 29, 30; BGH,
Urt. v. 11.2.2009 - 2
StR 339/08 - NStZ 2009, 445). Tatbestandliche
Ausführungshandlungen der Untreue können auch schon zu einem
früheren Zeitpunkt vorgenommen worden sein, wenn der Täter
bereits eine pflichtwidrige Handlung ausgeführt hat. Dabei liegt
zwar dann, wenn der Täter anlässlich der Bestechungstat
lediglich ankündigt, sich pflichtwidrig verhalten zu wollen, noch
keine Verletzungshandlung im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB vor.
Anders ist es aber, wenn in einem solchen Gespräch bereits
Einzelheiten einer späteren Manipulation konkret vereinbart
werden. Dabei sind um so geringere Anforderungen an den Inhalt eines
solchen Gesprächs zu stellen, je mehr es sich um ein unter den
Beteiligten eingespieltes System handelt (vgl. BGH,
Urt. v.
11.5.2001 - 3 StR 549/00 -
BGHSt 47, 22, 27 f. - wistra 2001, 466; BGH,
Urt. v. 11.2.2009 - 2
StR 339/08 - NStZ 2009, 445). siehe auch: Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB |
|
|
K.3.5 |
Voraussetzung
für
die sog. Klammerwirkung
ist, dass zwischen wenigstens einem der an sich
selbständigen Delikte und dem sie verbindenden, sich über
einen gewissen Zeitraum hinziehenden (Dauer-)Delikt zumindest
annähernde Wertgleichheit besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 19.4.2011
- 3 StR 230/10 Rn. 17 mwN). Die Klammerwirkung bleibt daher aus, wenn
das (Dauer-)Delikt in seinem strafrechtlichen Unwert, wie er in der
Strafandrohung seinen Ausdruck findet, deutlich hinter den während
seiner Begehung zusätzlich verwirklichten
Gesetzesverstößen zurückbleibt (vgl. BGH, Beschl. v.
10.11.2010 - 5 StR 464/10 Rn. 3). Eine Verklammerung mehrerer jeweils - etwa durch eine Angebotserhöhung - verwirklichter Untreuestraftaten durch Delikte der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr scheidet aus. Die Obergrenze des Strafrahmens für die Straftaten der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bleibt deutlich hinter derjenigen der Untreuestraftaten zurück, zumal wenn Gründe, die eine nicht von den Strafrahmen bestimmte Gewichtung gebieten könnten, nicht ersichtlich sind. Die (mehreren) Taten der Untreue stehen deshalb - jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr - in Realkonkurrenz (vgl. BGH, Beschl. v. 11.1.2012 - 1 StR 386/11; BGH, Urt. v. 8.11.2007 - 3 StR 320/07; weitere Nachweise zur Rspr. bei Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl. § 52 Rn. 30). |
|
|
K.4 |
Beispiel: Mit der Überweisung des veruntreuten Kapitals ist jedenfalls eine Vermögensminderung eingetreten, weil der Rückzahlungsanspruch nicht gesichert war. Damit war die Untreue – im Hinblick auf den Gesamtbetrag – bereits vollendet. Die späteren Maßnahmen, insbesondere der Abschluss der Verlängerungsvereinbarung waren deshalb keine neuen Taten, sondern lediglich Einzelhandlungen, die geeignet waren, den mit der Überweisung des Kapitalstocks ausgelösten Schaden zu vertiefen. Mit den nachfolgenden Handlungen wurde das bereits aus dem Vermögen herausgelöste Kapital zugunsten der Täter verwertet. Qualitativ wird hierdurch kein neuer Schaden begründet (BGH NStZ 2008, 396, 397; vgl. auch Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 151 f.). Ob hierfür ein neuer Entschluss gefasst wird, ist unerheblich. Diese Handlungen sind dann lediglich unter dem Gesichtspunkt „Art der Ausführung und verschuldete Auswirkungen der Tat“ nach § 46 Abs. 2 StGB strafzumessungsrechtlich relevant (vgl. BGH, Beschl. v. 30.9.2010 - 5 StR 259/10 - NStZ 2011, 160). | |
|
K.5 |
L
E I T S A T Z Veruntreuende
Unterschlagung tritt aufgrund formeller Subsidiarität hinter
gewerbsmäßig begangener Untreue zurück (BGH, Beschl. v.
26.6.2012 - 2 StR 137/12 - Ls.). siehe hierzu näher: § 246 StGB, Unterschlagung --> Rdn. K.1 |
|
Strafzumessung |
|
|
S.1 |
Strafrahmen
§ 266 Abs. 1 StGB: 1
Monat bis 5 Jahre
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis 360 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monat 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen Strafrahmen § 266 Abs. 1 i.V.m. § 263 Abs. 3 StGB: 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 5 Jahre 7 Monate 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 4 Jahre 2 Monate 2 Wochen 4 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 10 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe |
|
|
S.3 |
|
S.3.1 |
Zur Bestimmung des Schuldumfangs bedarf es der Feststellung des tatsächlich eingetretenen Schadens (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 27). Hierbei kommt einem bloßen Gefährdungsschaden nicht das gleiche Gewicht zu wie dem endgültig eingetretenen Nachteil (BGH, Besch. v. 2.4.2008 - 5 StR 354/07 - wistra 2008, 306; Fischer, StGB 55. Aufl. § 266 Rdn. 82). | |
|
S.3.2 |
|
S.3.2.1 |
Bei
einem Gehilfen, der im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst
in einem Treueverhältnis zu den Geschädigten stand, ist eine
Strafmilderung nach § 28
Abs. 1 StGB neben der Milderung nach
§ 27
Abs. 2 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht
hätte schon wegen Fehlens des Treueverhältnisses Beihilfe
statt Täterschaft angenommen (vgl. BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschl.
v. 22.4.1988 - 2 StR 111/88 - BGHR StGB
§ 28 Abs. 1 Merkmal 2; BGH,
Beschl. v. 1.3.2005 - 2 StR 507/04 -
wistra 2005, 260; BGH, Beschl. v. 25.10.2011 - 3 StR 206/11; vgl. auch
BGH,
Urt. v. 27.11.2009 - 2 StR 104/09 -
NJW 2010, 784: betr. Bestätigung der vom Tatgericht vorgenommenen
doppelten Milderung beim Gehilfen ohne eigenes Treueverhältnis;
BGH, Beschl. v. 20.5.2015 - 1 StR 33/15 zur erforderlichen
Berücksichtigung beider vertypter Milderungsgründe auch bei
Geldstrafe, insoweit auch unter Hinweis auf KG, Beschl. v.
2.4.2012 – [4] 161 Ss 30/12 [67/12] - StV 2013, 89, 91). Ist die Tat des Angeklagten bereits nach den allgemeinen Regeln ohne Rücksicht auf das Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH NJW 2006, 522, 530) als Teilnahme zu werten, ist eine doppelte Strafrahmenmilderung nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 StGB zu prüfen (vgl. BGHSt 26, 53, 55; BGH NStZ-RR 2006, 109; BGH, Urt. v. 26.9.2012 - 2 StR 553/11). Beispiel (BGH, Beschl. v. 27.1.2015 - 4 StR 476/14): Aus der unterlassenen Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB ergibt sich kein durchgreifender Rechtsfehler. Zwar stellt die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 – 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten, wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.2013 – 5 StR 66/13; BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – 1 StR 234/12 - NJW 2013, 949, Tz. 10; BGH, Beschl. v. 8.1.1975 – 2 StR 567/74 - BGHSt 26, 53). Dies ist hier der Fall. Nach den Feststellungen war der Angeklagte an der Firma B. GmbH & Co. KG maßgeblich mit 38 % beteiligt. Die Firma B. T. GmbH betrieb er sogar allein. Er hatte als maßgeblicher Mitgesellschafter bzw. Alleininhaber der Unternehmen und als an der Tatplanung wesentlich Beteiligter Tatherrschaft über das Geschehen und ein erhebliches Eigeninteresse am Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Verträge mit der Firma p. . Die Strafkammer hat den Angeklagten daher ersichtlich nur deshalb (lediglich) wegen Beihilfe verurteilt, weil er gegenüber der Firma p. nicht vermögensbetreuungspflichtig war, so dass die unterlassene weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB nicht zu beanstanden ist. siehe auch: § 28 StGB, Besondere persönliche Merkmale --> Rdn. 5.2 u. 5.6 mwN |
|
|
S.3.2.2 |
Bei Untreuehandlungen eines Angestellten führen Mängel im Kontrollsystem des geschädigten Unternehmens nur dann zu einer Strafmilderung, wenn nicht gleichzeitig ein straferschwerender Pflichtenverstoß vorliegt, z.B. der Mißbrauch des dem Täter in seiner Person entgegengebrachten besonders hohen Vertrauens (vgl. BGH, Beschl. v. 14.8.2002 - 1 StR 286/02; G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 340). | |
|
S.3.2.3 |
Zwar
dürfen Ersatzansprüche von Geschädigten aus der
Straftat nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie eine
typische und vorhersehbare Folge der Tat sind (BGH wistra 2005, 458).
Der Angeklagte muss damit rechnen, daß die Tat eines Tages
entdeckt und er zur Rückzahlung des Schadensbetrages nicht in der
Lage sein wird. Diese typische und vorhersehbare Folge der Tat darf
nicht - noch dazu mit besonderem Gewicht - strafmildernd
berücksichtigt werden (vgl. BGH,
Urt. v. 20.7.2005 - 2 StR 168/05
- wistra 2005, 458). Auch die Erwägung, daß der Angeklagte
aus Angst vor Entdeckung das veruntreute Geld "nicht tatsächlich
hat genießen können", stellt einen Rechtsfehler zu Gunsten
der Angeklagten dar; denn dies ist kein Umstand, der eine geringere
Strafe rechtfertigt (vgl. BGH,
Urt. v. 20.7.2005 - 2 StR 168/05 -
wistra 2005, 458). Ohne Rechtsverstoß kann im Einzelfall aber zu Gunsten des Angeklagten zu würdigen sein, dass er durch die Insolvenz der Gesellschaft seine wirtschaftliche Existenz verloren hat, wenn die Tatfolgen für den Betroffenen durch die Insolvenz und seine persönliche Inanspruchnahme für Kreditverbindlichkeiten in ihrer wirtschaftlichen Dimension über den bloßen Untreueschaden hinausgehen (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2006 - 5 StR 475/05 - wistra 2006, 265). Bei teilweisen Rückzahlungen an die Geschädigten, die nur etwa 2 % der den abgeurteilten Fällen zugrunde liegenden Schadenssumme betragen, ist ggfls. einschränkend zu berücksichtigen, dass diese überwiegend der Vermeidung von Strafanzeigen und damit des vorzeitigen Zusammenbruchs des Geldbeschaffungssystems gedient haben können und deswegen hierin eine echte Schadenswiedergutmachung nicht erblickt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 26.7.2005 - 3 StR 36/05). |
|
|
S.3.3 |
Die strafschärfende Berücksichtigung des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Mitangeklagten begründet keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB), wenn es zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes genügte, dass der Angeklagte aufgrund seiner eigenen Sonderstellung als Pflichtenträger und seiner eigenen Pflichtenverletzung den tatbestandsmäßigen Erfolg zumindest mit herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2014 - 1 StR 75/14). | |
|
S.3.3.1 |
Zur strafschärfenden Bewertung des Missbrauchs einer Vertrauensstellung eines städtischen Sachbearbeiters mit Zeichnungsrechten siehe: BGH, Beschl. v. 30.3.2007 - 1 StR 70/07 - wistra 2007, 261 | |
|
S.3.4 |
Bei der Strafzumessung (für die in Rede stehenden Taten) kann die genannte Bewertung, der Täter habe die Geschicke der Firma im Wesentlichen allein bestimmt, jedenfalls ohne hier nicht erkennbare Besonderheiten nicht, wie geschehen, strafschärfend herangezogen werden (§ 46 Abs. 3 StGB; BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 1 StR 459/12 betr. Kriterien zur Begründung der Annahme einer faktischen Geschäftsführerstellung, siehe hierzu oben Rdn. 30.1.5.5). | |
Urteil |
|
|
U.1 |
|
U.1.1 |
Ist
die Untreue gewerbsmäßig begangen und damit ein
Regelbeispiel erfüllt, ist dieser Umstand nicht mit in die
Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH,
Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 178/09
- NStZ-RR 2010, 41; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn.
25). siehe auch: § 263, Betrug --> Rdn. U.1.1 m.w.N |
|
|
U.1.2 |
Beispiel: Der
Angeklagte ist der Untreue in zwei Fällen, davon in
einem Fall in vier tateinheitlich zusammentreffenden Fällen,
schuldig (vgl. BGH,
Beschl. v. 3.12.2009 - 3 StR 253/09 - wistra 2010,
99). siehe zu gleichartiger Tateinheit auch: § 52 StGB, Tateinheit --> Rdn. 5.1 u. 51 sowie zur Urteilsformel U.1.2 |
|
|
U.2 |
Leitsatz Anforderungen an die Feststellungen zur vermögensschädigenden Überschuldung konzernabhängiger Gesellschaften durch Darlehensgewährung bei zentralem Cash-Management (BGH, Beschl. v. 31.7.2009 - 2 StR 95/09 - Ls. - BGHSt 54, 52 - NJW 2009, 3666). | |
|
U.2.30 |
Zwar
kann sich die Gefährdung
der Existenz oder der Liquidität einer GmbH
auch ohne Aufstellung einer Vermögensbilanz allein auf Grund eines
tatsächlichen Geschehenslaufs feststellen lassen (vgl. BGH, Urt.
v. 24.8.1988 – 3 StR 232/88 - BGHSt 35, 333, 338; BGH,
Beschl. v.
10.1.2006 – 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229, 230). Wird aber
angenommen, dass bei der GmbH ab dem Zeitpunkt der für
maßgebliche erachteten Entnahmen noch Gelder „in
erheblichem Umfang“ eingegangen sind und zudem das
einzige Firmenkonto – und damit nach dem vom Tatgericht
angenommenen Zeitpunkt des Eintritts der Existenzgefährdung der
GmbH – noch ein Bankguthaben von mindestens 70.000 € auf,
wird der Umstand, dass die GmbH
sich bereits in einem
Zustand der Existenzgefährdung durch Liquiditätsverluste
befunden hat und die Entnahmen sich nicht mehr im Bereich des Erlaubten
bewegten, sondern einen rechtswidrigen Vermögensnachteil für
die Gesellschaft bedeuteten, von den Feststellungen nicht
genügend belegt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12). Der tatsächliche Geschehenslauf kann daher bei vorstehender Fallgestaltung nicht allein die gebotenen konkreten Feststellungen zum Vermögensnachteil ersetzen. Der 5. Senat hatte hierbei nicht die sich aus den unvollständigen Buchhaltungsunterlagen ergebende Schwierigkeit verkannt, tatzeitbezogene Feststellungen zur Vermögenssituation der GmbH zu treffen. Dennoch darf die konkrete Ermittlung des Nachteils nicht aus der Erwägung heraus unterbleiben, dass sie mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist; verbleiben Unsicherheiten, ist vielmehr unter Beachtung des Zweifelssatzes der (Mindest-)Schaden im Wege der Schätzung zu ermitteln (vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; BVerfGE 126, 170, 211 f.). Dass später (etwa im Oktober 2003 bei angenommenen Entnahmehandlungen Juni 2003) das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eröffnet wurde, genügt für die Annahme einer Liquiditätsgefährdung bereits zu Beginn des Tatzeitraums nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2013 - 5 StR 427/12; BGH, Beschl. v. 10.1.2006 – 4 StR 561/05 - wistra 2006, 229, 230). siehe zum existenzgefährdenden Eingriff auch oben Rdn. 30.1.1 |
|
|
U.2.50 |
Ehe der Tatrichter den Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der Nachteilszufügung verneinen kann, muß er das objektive Tatgeschehen zutreffend beurteilen und genau darlegen, welche Handlung des Angeklagten er als Mißbrauch der ihm eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, ansieht. Dies setzt Feststellungen zu den dem Angeklagten eingeräumten Befugnissen voraus. Erst wenn feststeht, was der Angeklagte nicht (mehr) tun durfte, kann geprüft werden, ob bereits diese Handlung zu einem Nachteil für das betreute Vermögen geführt und welche Vorstellungen sich der Angeklagte in Bezug auf diese Handlung und ihre Folgen gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2000 - 3 StR 336/00 - wistra 2001, 61). | |
Prozessuales |
|
|
Z.1 |
|
Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Soweit § 266 Abs. 2 StGB bestimmt, dass § 263 Abs. 3 StGB entsprechend gilt und damit eine Regelung für entsprechend anwendbar erklärt, die besonders schwere Fälle betrifft, hat dies bei der Bestimmung der Verjährungsfrist keine Auswirkung (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
|
Z.1.2 |
Da
§ 266
Abs. 2 StGB bestimmt, dass § 247
StGB entsprechend
gilt, ist bei Untreuehandlungen im Rahmen der in § 247
StGB
geregelten privilegierenden Umstände das Antragserfordernis zu
berücksichtigen. Ein Strafantrag kann daher etwa
Verfahrensvoraussetzung für die Strafverfolgung sein, wenn sich
die Untreue gegen Mitgesellschafter richtet (vgl. BGH,
Beschl.
v. 10.1.2006 - 4 StR 561/05 - wistra
2006, 229). Die Gesellschafter einer
GmbH sind als Verletzte im Sinne des § 266
Abs. 2 i.V.m. §
247 StGB anzusehen (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926; BGH, Beschl. v.
6.7.1999 - 4 StR 57/99; a.A. Schünemann in LK 11. Aufl. § 266
Rdn. 122 unter Hinweis auf ein den früheren Untreuetatbestand des
§ 81a GmbHG betreffendes Urteil des Senats vom 24.3.1955 - 4 StR
529/54). Das Fehlen des danach grundsätzlich erforderlichen
Strafantrages der Mitgesellschafter des Angeklagten würde nur dann
kein Strafverfolgungshindernis begründen, wenn die
Untreuhandlungen zu einem im Rahmen des § 266
StGB bedeutsamen
Vermögensnachteil der GmbH selbst geführt hätten, denn
zu der geschädigten GmbH besteht keine privilegierende Beziehung
im Sinne des § 247
StGB (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926; BGH,
Beschl.
v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04 - NStZ-RR
2005, 86 - wistra 2005,
105). Das Fehlen fristgerechter Strafanträge (§§ 77b, 247, 266 Abs. 3 StGB) führt nur dann zu einem Strafverfolgungshindernis, wenn der Angeklagte zu allen Gesellschaftern (der Kommanditgesellschaft) in einer privilegierten Beziehung im Sinne des § 247 StGB steht (BGH, Beschl. v. 6.7.1999 - 4 StR 57/99; BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 247 Rn. 10; Hohmann in MüKomm-StGB, 3. Aufl., § 247 Rn. 9). Dies ist etwa nicht der Fall. wenn es sich bei den Gesellschaftern um den Onkel des Angeklagten, dessen Kinder oder die Kinder der Schwestern handelt, weil diese keine Angehörige i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.2012 - 1 StR 586/11; BayObLG, Urteil vom 28. Oktober 1997 - 4 St RR 221/97, NJW 1998, 3580; Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 5). siehe auch: Personen- und Sachbegriffe, § 11 StGB; Haus- u. Familiendiebstahl, § 247 StGB; Antragsberechtigte, § 77 StGB sowie oben --> Rdn. 80.2.1 |
|
|
Z.1.3 |
Soweit
§ 266
Abs. 2 StGB bestimmt, dass § 248a
StGB
entsprechend gilt, kann in diesen Fällen die Tat nur auf Antrag
verfolgt werden, es denn, daß die Strafverfolgungsbehörde
wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der
Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten
hält. siehe auch: § 248a StGB, Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen |
|
|
Z.5 |
|
Z.5.1 |
Wird wegen Verdachts einer Straftat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, ein Haftbefehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist, so ist nach § 130 StPO der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort von dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu setzen und davon zu unterrichten, daß der Haftbefehl aufgehoben werden wird, wenn der Antrag nicht innerhalb einer vom Richter zu bestimmenden Frist, die eine Woche nicht überschreiten soll, gestellt wird. Wird innerhalb der Frist Strafantrag nicht gestellt, so ist der Haftbefehl aufzuheben. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist. § 120 Abs. 3 StPO ist anzuwenden (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - StB 5/10). | |
|
Z.6 |
|
Z.6.1 |
|
Z.6.1.1 |
Für
Straftaten der Untreue ist gemäß § 74c
Abs. 1
Nr. 6a GVG, soweit zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des
Wirtschaftslebens erforderlich sind und soweit nach § 74 Abs.
1
GVG als Gericht des ersten Rechtszuges und nach § 74
Abs. 3 GVG
für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel
der Berufung gegen die Urteile des Schöffengerichts das
Landgericht zuständig ist, eine Strafkammer als
Wirtschaftsstrafkammer zuständig. § 120
GVG bleibt
unberührt. |
|
|
Z.6.1.2 |
Seine
Zuständigkeit prüft die Wirtschaftsstrafkammer als
besondere Strafkammer nach § 74c
GVG zur Eröffnung des
Hauptverfahrens gemäß § 6a
Satz 1 StPO von Amts wegen.
Danach darf sie ihre Unzuständigkeit nur auf Einwand des
Angeklagten beachten. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum
Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend
machen (§ 6a
Satz 2 und 3 StPO). siehe auch: Zuständigkeit besonderer Strafkammern, § 6a StPO |
|
|
Z.8 |
|
Z.8.1 |
In § 266
StGB wird verwiesen auf: § 243 StGB siehe auch: Besonders schwerer Fall des Diebstahls, § 243 StGB § 247 StGB siehe auch: Haus- u. Familiendiebstahl, § 247 StGB § 248a StGB siehe auch: Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen, § 248a StGB § 263 StGB siehe auch: Betrug, § 263 StGB Auf § 266 StGB wird verwiesen in: § 261 StGB siehe auch: Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, § 261 StGB |
|
Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 22. Abschnitt (Betrug und Untreue) |
|
© 2000-2017 Peter Wiete • E-Mail: info@wiete-strafrecht.de