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§
64 StGB
Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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Nach § 64 StGB a.F. (Mussvorschrift) war bei
Vorliegen der
Voraussetzungen des § 64 StGB die Anordnung zwingend und nicht
in
das Ermessen des Tatrichters gestellt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 37, 5, 7;
38, 362, 363; BGH NStZ-RR 2003, 12; 2003, 295; BGH,
Beschl. v. 5.3.2003
- 2 StR 5/03; BGH,
Beschl. v. 7.9.2005 - 2 StR 385/05). Nach der jetzt geltenden Fassung (Ermessensvorschrift) soll das Gericht die Unterbringung anordnen. Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar begründen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.9.2008 - 3 StR 337/08; BGH, Beschl. v. 3.3.2008 - 3 StR 51/08; BGH, Beschl. v. 1.10.2007 - 3 StR 384/07 - wistra 2008, 20; BGH, Beschl. v. 13.11.2007 - 3 StR 452/07; BGH, Beschl. v. 19.2.2008 - 4 StR 36/08 - NStZ 2008, 392; BGH, Beschl. v. 14.5.2008 - 3 StR 140/08; BGH, Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 221/08; BGH, Beschl. v. 17.7.2008 - 3 StR 248/08; BGH, Beschl. v. 8.8.2008 - 2 StR 277/08; BGH, Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08; BGH, Beschl. v. 13.11.2008 - 5 StR 507/08; BGH, Beschl. v. 16.12.2008 - 3 StR 453/08 - NStZ 2009, 284; BGH, Beschl. v. 4.2.2009 - 2 StR 586/08 - NStZ-RR 2009, 235; BGH, Beschl. v. 3.3.2009 - 3 StR 52/09 - NStZ-RR 2009, 170; BGH, Beschl. v. 8.7.2009 - 2 StR 227/09; BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 5 StR 304/09; BGH, Beschl. v. 9.11.2009 - 5 StR 421/09; BGH, Beschl. v. 10.3.2010 - 2 StR 34/10; siehe auch unten Rdn. 20.7). Lediglich in besonderen Ausnahmefällen darf das Gericht von der Unterbringungsanordnung absehen (BTDrucks. 16/5137, S. 10; 16/1344, S. 12; BGH, Urt. v. 6.3.2008 - 3 StR 538/07; BGH, Beschl. v. 13.11.2007 - 3 StR 452/07; BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 7.1.2008 - 5 StR 425/07; BGH, Beschl. v. 27.6.2008 - 3 StR 212/08 - NStZ 2009, 392; BGH, Beschl. v. 7.10.2008 - 4 StR 257/08; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 5 StR 413/09 - NStZ-RR 2010, 42; BGH, Beschl. v. 17.11.2009 - 4 StR 375/09; BGH, Beschl. v. 9.9.2015 - 4 StR 335/15; BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4 StR 497/15 Rn. 20; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 64 Rn. 23). Nach der Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf soll gerade bei ausreisepflichtigen Ausländern die Möglichkeit eröffnet werden, von einer Unterbringung nach § 64 StGB Abstand zu nehmen (BT-Drucks. 16/1344, S. 12 f. und 16/5137 S. 10; vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 28.6.2017 - 4 StR 218/17; Schöch in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 159). Dies gilt insbesondere dann, wenn noch erhebliche sprachliche Verständigungsprobleme hinzukommen und auch eine Erfolg versprechende Therapie schon aufgrund der unzulänglichen Kommunikationsgrundlage mit den Therapeuten kaum vorstellbar wäre (BT-Drucks 16/5137 S. 10; vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 5 StR 472/08 - StV 2009, 15; BGH, Beschl. v. 3.3.2009 - 3 StR 52/09 - NStZ-RR 2009, 170; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 5 StR 493/09). Mit der Neufassung des § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) wurde in § 64 S. 2 StGB eine Vorgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1994 umgesetzt (vgl. BT-Ducks. 16/1110, S. 10). Danach ist die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt schon von Verfassungs wegen an die Voraussetzung geknüpft, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (BVerfGE 91, 1, 30). Diese Vorgabe war von den Strafgerichten bereits bei der Anwendung von § 64 Abs. 2 StGB a.F. zu beachten (vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 5 StR 378/08). siehe zur Ausgestaltung als Ermessensvorschrift auch unten Rdn. 20.7 |
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Zweck
dieser Maßregel der Besserung ist die Heilung von
stoffgebundenen Abhängigkeiten (BGH,
Beschl. v. 22.1.2009
- 3
StR
594/08; Fischer StGB 56. Auflage § 64 Rdn. 2 m.w.N.). Die
Maßregel des § 64 StGB dient in erster Linie dem Schutz der
Öffentlichkeit vor gefährlichen Tätern (BGH, Urt.
v. 21.3.1979
- 2 StR
743/78 - BGHSt 28, 327, 328, 332; BGH, Beschl. v. 15.5.1996 - 1 StR
257/96 - NStZ-RR 1996, 257; BGH, Beschl. v. 9.8.2016 - 3 StR 287/16 Rn.
3). |
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12 |
Zwischen
Strafe und Maßregel besteht grundsätzlich keine
Wechselwirkung; sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw.
verhängt werden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich den
Urteilsgründen oder der Strafhöhe im Einzelfall entnehmen
lässt, dass die Strafe und die Anordnung einer Maßregel
(oder ihre Nichtanordnung) sich gegenseitig beeinflusst haben (vgl.
BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365; BGH, Beschl.
v. 6.9.2016 - 3 StR 283/16 Rn. 5). Grundsätzlich besteht entsprechend der „Zweispurigkeit“ von Strafe und Maßregel zwischen beiden Rechtsfolgen keine Wechselwirkung, sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. verhängt werden (BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362, 365 mwN; BGH, Urt. v. 31.7.2013 - 2 StR 620/12). Ungeachtet dessen kann aber im Einzelfall eine Wechselwirkung zwischen den beiden Rechtsfolgen zu bejahen sein, weil die für die deren Anordnung jeweils wesentlichen Gesichtspunkte nicht stets streng voneinander zu trennen sind (vgl. BGH, Urt. v. 31.7.2013 - 2 StR 620/12; BGH, Urt. v. 20.9.2011 – 1 StR 120/11 - NStZ-RR 2012, 72, 74 mwN), z.B. kann ein Rausch auf die Bestimmung des Maßes der Schuld Einfluss haben und, sofern er hangbedingt ist, zugleich Grundlage einer Unterbringung sein. Derartige Zusammenhänge können nicht nur je nach den Umständen des Einzelfalles für die Frage der weiteren Beschränkbarkeit eines nicht gegen den Schuldspruch gerichteten Rechtsmittels im Zusammenhang mit der Unterbringungsanordnung bedeutsam sein (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.6.2011 - 2 StR 140/11; BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362; BGH, Beschl. v. 14.7.1993 - 2 StR 352/93 - BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 6), sondern auch im Blick auf eine die Unterbringung betreffende Entscheidung auf den Bestand des Strafausspruches Einfluss haben (vgl. BGH aaO; BGH, Urt. v. 24.6.2003 - 1 StR 25/03 - NStZ 2004, 111). Voraussetzung hierfür ist aber stets, dass die Urteilsgründe - auf diese kommt es an - konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Wechselwirkung zwischen der Entscheidung über die Höhe der Strafe und der Maßregel enthalten (BGH, Urt. v. 20.9.2011 - 1 StR 120/11; BGH, Beschl. v. 2.5.2012 - 3 StR 465/11). Auch wenn die Maßregelentscheidung auf dem Rechtsfehler beruht, ist damit nicht zwingend eine Aufhebung der Freiheitsstrafe zu verbinden. Jedoch kann diese im Einzelfall erfolgen, wenn nicht auszuschließen ist, dass eine Fehlbewertung der Maßregelvoraussetzungen auch einen Einfluss auf die Strafzumessung hat (vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2013 – 2 StR 255/13; BGH, Beschl. v. 22.8.2012 - 2 StR 235/12 - NStZ-RR 2013, 150, 151; Fischer, StGB 60. Aufl. § 64 Rn. 30). Die Unterbringung kann sich im Einzelfall wie ein zusätzliches Strafübel auswirken und deshalb Rückwirkungen auf die Bemessung der Höhe der Strafe haben (BGH StV 1994, 80), namentlich wenn sie die Dauer der Strafe erreicht oder gar überschreiten kann (vgl. BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 2 StR 29/12 - NStZ-RR 2012, 202, 203; BGH, Urt. v. 8.7.2015 - 2 StR 139/15; vgl. auch BGH, Urt. v. 31.7.2013 - 2 StR 620/12). siehe hierzu auch: § 63 StGB Rn. 70 - Wechselwirkungen zwischen stationärer Maßregel und Freiheitsstrafe und § 66 StGB Rn. 150.3 aF. - Wechselwirkung zwischen Strafe und Sicherungsverwahrung |
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14 |
Im Falle der Gefährlichkeit des Täters für
die
Allgemeinheit wird die Notwendigkeit einer Unterbringungsanordnung
grundsätzlich nicht durch minder einschneidende Mittel
außerhalb des Bereichs der strafrechtlichen Maßregeln
aufgehoben, weil bei den freiheitsentziehenden Maßregeln der
Besserung und Sicherung das Subsidiaritätsprinzip
nur für die
Frage der Aussetzung der Vollstreckung, nicht aber für die Frage
ihrer Anordnung gilt (vgl. BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 3 StR 287/14 [zu
§ 64 StGB]; BGH,
Urt. v. 23.2.2000 - 3 StR 595/99 - NStZ-RR 2000,
300, 301 [zu § 63 StGB
- Betreuerbestellung]; BGH,
Urt.
v. 14.2.2001 - 3 StR 455/00, Rn. 8 [zu § 63 StGB -
Betreuerbestellung]; BGH, Urt. v. 23.6.1993 - 3
StR 260/93 -
BGHR
StGB § 63 Beweiswürdigung 1 [zu
63 StGB - Betreuung]; vgl.
zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der
Prüfung des § 64 StGB auch BGH, Beschl. v. 20.7.2010 - 4
StR 291/10 - NStZ 2010, 692, 693). Da das Gewicht des mit der Unterbringungsanordnung einhergehenden Eingriffs maßgeblich von der Frage der Vollstreckung der Maßregel abhängt, ist vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung nach § 67b Abs. 1 StGB vorliegen. Nach dieser Norm, mit welcher gerade dem Bedürfnis Rechnung getragen werden soll, den Vollzug einer angeordneten Unterbringung zu vermeiden, wenn der Zweck der Maßregel durch mildere Maßnahmen erreicht werden kann (vgl. MünchKommStGB/Veh § 67b Rdn. 1), ist mit der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Als besonderer Umstand im Sinne des § 67b Abs. 1 Satz 1 StGB kommen auch Therapiebereitschaft und Bemühungen zur Aufnahme einer stationären Suchtbehandlung jedenfalls dann in Betracht, wenn die mit der Führungsaufsicht nach § 67b Abs. 2 StGB gegebenen Überwachungsmöglichkeiten und die Aussicht eines im Falle eines Weisungsverstoßes drohenden Widerrufs der Vollstreckungsaussetzung eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sich der Angeklagte der beabsichtigten, die Gefahr weiterer Taten ausschließenden Entwöhnungsbehandlung unterzieht (vgl. BGH, Beschl. v. 20.7.2010 - 4 StR 291/10 - NStZ 2010, 692, 693; vgl. auch BGH, Urt. v. 12.7.2001 - 4 StR 154/01 - RuP 2002, 192; BGH, Beschl. v. 22.3.1988 - 4 StR 97/88 - BGHR StGB § 67b Abs. 1 besondere Umstände 2). |
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15 |
Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt (§ 2 Abs. 6 StGB). | |
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18 |
Aus
§ 5
Abs. 3 JGG folgt, dass über die
Verhängung von
Jugendstrafe und die Anordnung der freiheitsentziehenden
Maßregel
nur aufgrund einheitlicher Betrachtung entschieden werden kann (vgl.
BGHSt 39, 92, 95 f.; BGH,
Beschl. v. 27.6.2007 - 2 StR 135/07; BGH,
Beschl. v. 25.11.2008 - 3 StR 404/08 - StV 2009, 353; vgl.
auch BGH,
Beschl. v. 8.7.2009 - 2 StR 227/09; BGH,
Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR
520/09). Durch diese spezifisch jugendstrafrechtliche
Vorschrift soll
dem Gedanken der Einspurigkeit
freiheitsentziehender
Maßnahmen im
Jugendstrafrecht Rechnung getragen werden (vgl. BGHSt 39,
92, 95
m.w.N.; BGH,
Beschl. v. 29.1.2002 - 4 StR 529/01 - NStZ-RR
2002,
182; BGH,
Beschl. v. 29.4.2003 - 4 StR 119/03). Wird trotz Vorliegens
erheblicher hierfür sprechender Umstände
verabsäumt, die
Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
zu erwägen (§ 7
Abs. 1 JGG), kann dies die mit am
Erziehungsbedarf orientierte Festsetzung der Jugendstrafe - auch ohne
dass die Voraussetzungen des § 5
Abs. 3 JGG hätten
erfüllt werden können - beeinflusst haben (vgl. BGH,
Beschl.
v. 9.1.2002 - 5 StR 543/01 insoweit nicht in NStZ-RR 2002,
107
abgedruckt; BGH,
Beschl. v. 25.11.2008 - 3 StR 404/08; BGH,
Beschl. v.
26.1.2010 - 5 StR 520/09; BGH, Beschl. v. 28.8.2012 - 3 StR
315/12). siehe hierzu näher: Die Folgen der Jugendstraftat, § 5 JGG Vgl. zu dem durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung auch BGH, Beschl. v. 17.12.2013 – 2 StR 154/13 für § 64 StGB, BGH, Beschl. v. 19.12.2012 – 4 StR 494/12 - BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 3 und BGH, Beschl. v. 18.1.1993 – 5 StR 682/92 - BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1, jeweils für § 63 StGB) |
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18.1 |
Gemäß
§ 105
Abs. 1 JGG gilt die Vorschrift
des § 5
Abs. 3 JGG auch bei Verfehlungen Heranwachsender, die nach den
allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht sind. siehe auch: Anwendung von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende, § 105 JGG |
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20 |
Die
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist nicht vom
Lebensalter des Täters abhängig; sie ist insbesondere
auch
gegen Jugendliche und Heranwachsende zulässig (§ 7
JGG) und
bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen geboten (vgl. BGH,
Beschl. v.
21.9.2004 - 3 StR 185/04). |
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20.1 |
Die
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt - im
Gegensatz zur Unterbringung nach § 63 StGB - nicht voraus,
daß bei Begehung der Tat die Voraussetzungen
des § 21
StGB
oder eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit im Sinne
des § 20
StGB vorlagen (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang
2; BGH NJW 1990,
3282;
BGH,
Beschl. v. 23.6.2000 - 2 StR 118/00; BGH,
Beschl. v. 26.10.2000 -
3 StR 343/00; BGH,
Beschl. v. 13.12.2000 - 2 StR 465/00; BGH,
Beschl.
v. 27.6.2001 - 5 StR 181/01; BGH,
Beschl. v. 11.12.2001 - 5 StR 552/01;
BGH,
Beschl. v. 16.7.2002 - 4 StR 179/02; BGH,
Beschl. v. 8.10.2002 - 4
StR 330/02; BGH,
Beschl. v. 29.10.2002 - 3 StR 326/02; BGH,
Beschl. v.
28.1.2003 - 1 StR 532/02; BGH,
Beschl. v. 30.9.2003 – 4 StR
382/03 - NStZ-RR 2004, 78, 79; BGH,
Beschl. v. 15.9.2005 - 3 StR
313/05;
BGH,
Beschl. v. 29.9.2003 - 3 StR 338/03; BGH NStZ-RR 2003, 41; BGH,
Beschl. v. 21.9.2004 - 3 StR 185/04; BGH,
Beschl. v. 20.2.2008 - 2 StR
37/08; BGH,
Beschl. v. 7.10.2008 - 4 StR 257/08; BGH,
Beschl. v.
28.1.2009 - 2 StR 412/08; BGH,
Beschl. v. 3.3.2009 - 3 StR 52/09 -
NStZ-RR 2009, 170; BGH,
Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 520/09; BGH,
Beschl. v. 3.8.2011 - 2 StR 317/11; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR
311/12; BGH, Beschl. v. 19.3.2013 - 3 StR 56/13; BGH, Beschl. v.
25.4.2013 - 5 StR 139/13; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 – 2 StR 174/13; BGH, Beschl. v. 5.4.2017 - 5 StR 111/17; Fischer,
StGB, 60. Auflage, § 64 Rdn. 14). Der Maßregelanordnung steht daher nicht entgegen, daß das Tatgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Tatbegehung verneint hat (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; BGH, Beschl. v. 5.7.2000 – 2 StR 87/00 - NStZ-RR 2001, 12; BGH, Urt. v. 17.8.2000 - 4 StR 233/00 - NStZ 2001, 41; BGH, Beschl. v. 12.9.2000 - 4 StR 305/00 - StV 2000, 656; BGH, Beschl. v. 15.9.2005 - 3 StR 313/05; BGH, Beschl. v. 12.1.2005 - 2 StR 449/04; BGH, Beschl. v. 30.09.2003 - 4 StR 382/03; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 64 Rdn. 11 m.w.N.). siehe auch: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, § 63 StGB; Verminderte Schuldfähigkeit, § 21 StGB |
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20.2 |
Hat
der Täter den Hang, alkoholische Getränke oder andere
berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, so kommt
die Anordnung der Maßregel nach § 64 Satz 1 StGB nur in
Betracht, wenn er eine rechtswidrige Tat im Rausch begangen hat oder
sie auf seinen Hang zurückgeht. Dabei ist die erste Alternative
nur ein Unterfall der zweiten, so dass diese den Oberbegriff darstellt
(BGH, Beschl. v. 25.2.2016 - 3 StR 6/16). Voraussetzung für eine Unterbringung gemäß § 64 ist (unter anderem) ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Für das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten zum Rauschmittelmissbrauch im Sinne des § 64 StGB ist der Zeitpunkt der Hauptverhandlung maßgeblich. Ein solcher Hang muss demnach nicht nur während der Anlasstat, sondern auch im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Hauptverhandlung gegeben sein. Ferner ist auch für die Gefährlichkeitsprognose entscheidend, ob die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hangs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, im Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 8.6.2010 - 3 StR 162/10; BGH, Urt. v. 17.11.2010 - 2 StR 356/10 - NStZ-RR 2011, 77; BGH, Beschl. v. 9.10.2012 - 1 StR 456/12; van Gemmeren in MünchKomm-StGB § 64 Rdn. 25, 46). Eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB im Zeitpunkt der Hauptverhandlung (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - 4 StR 36/01 - NStZ-RR 2001, 295; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 98/12; BGH, Beschl. v. 10.5.2012 - 4 StR 65/12; SSW-StGB/Schöch, § 64 Rn. 33) sicher feststehen; eine "hohe Wahrscheinlichkeit" genügt nicht (BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02 - NStZ-RR 2003, 106, 107). Kommt ein Gericht lediglich zu dem Ergebnis, ein Hang sei als Grundlage der Tat nicht auszuschließen, so ist für eine Unterbringung kein Raum (vgl. BGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 1 StR 317/14 Rn. 23; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02). Von einem Hang ist auszugehen, wenn entweder eine chronische körperliche Abhängigkeit oder eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Alkohol oder andere berauschende Mittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1, 4 und 5; BGH, Beschl. v. 15.10.1996 - 1 StR 591/96, BGH, Beschl. v. 14.2.1997 - 2 StR 583/96; BGH, Beschl. v. 10.9.1997 - 2 StR 416/97; BGH, Beschl. v. 15.11.2000 - 2 StR 413/00; BGH, Urt. v. 21.2.2001 - 2 StR 476/00; BGH, Beschl. v. 24.4.2001 - 5 StR 150/01; BGH, Beschl. v. 2.7.2002 - 1 StR 195/02; BGH, Beschl. v. 16.7.2002 - 4 StR 179/02; BGH, Beschl. v. 8.10.2002 - 4 StR 383/02; BGH, Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 451/03; BGH, Beschl. v. 2.7.2002 - 1 StR 195/02; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02; BGH, Beschl. v. 2.4.2004 - 1 StR 126/04; BGH, Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 213/04; BGH, Urt. v. 10.11.2004 - 2 StR 329/04; BGH, Beschl. v. 14.12.2005 - 1 StR 420/05; BGH, Beschl. v. 10.2.2005 - 4 StR 596/04; BGH, Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 406/03; BGH, Beschl. v. 10.12.2002 - 4 StR 479/02; BGH, Beschl. v. 22.1.2002 - 5 StR 549/01; BGH, Beschl. v. 25.7.2007 - 1 StR 332/07 - NStZ 2007, 697; BGH, Beschl. v. 18.7.2007 - 5 StR 279/07; BGH, Beschl. v. 10.8.2007 - 2 StR 344/07; BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138; BGH, Beschl. v. 15.4.2008 - 1 StR 167/08; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; BGH, Beschl. v. 30.4.2008 - 2 StR 51/08; BGH, Beschl. v. 13.6.2008 - 2 StR 111/08; BGH, Beschl. v. 13.11.2008 - 5 StR 507/08; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 316/09; BGH, Beschl. v. 9.11.2009 - 5 StR 421/09; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 5 StR 510/09; BGH, Beschl. v. 13.1.2011 - 3 StR 429/10; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 3 StR 154/11; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11 - StV 2012, 282; BGH, Beschl. v. 28.12.2011 - 2 StR 543/11; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 421/11; BGH, Beschl. v. 7.2.2012 - 5 StR 545/11 betr. „Alpha- und Betaalkoholismus“; BGH, Beschl. v. 21.6.2012 - 5 StR 232/12; BGH, Beschl. v. 2.8.2012 - 3 StR 216/12; BGH, Beschl. v. 28.8.2012 - 5 StR 382/12; BGH, Beschl. v. 27.9.2012 - 4 StR 253/12; BGH, Beschl. v. 19.3.2013 - 3 StR 56/13; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; BGH, Urt. v. 18.7.2013 - 4 StR 100/13; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13; BGH, Beschl. v. 26.5.2015 - 3 StR 159/15; BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 3 StR 48/16 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 14.6.2016 - 1 StR 219/16 Rn. 7; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 22.5.2017 - 1 StR 163/17; Fischer, StGB 59. Aufl. § 64 Rdn. 9; Körner BtMG 5. Aufl. § 35 Rdn. 297; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 40 jew. m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.3.2008 - 3 StR 64/08 betr. Wochenendkonsument und BGH, Urt. v. 8.8.2001 - 1 StR 139/01 betr. kontrolliertem Umgang mit Betäubungsmitteln; vgl. zum Beikonsum bei Methadon: BGH, Beschl. v. 27.6.2001 – 2 StR 204/01 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 7 mwN und BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; BGH, Urt. v. 15.5.2014 - 3 StR 386/13: schädlicher Gebrauch von Alkohol gemäß ICD 10 F10.1; BGH, Beschl. v. 3.2.2016 - 1 StR 646/15: monovalenter Konsum; BGH, Beschl. v. 9.8.2016 - 3 StR 287/16 Rn. 3). Wer dagegen nur gelegentlich Drogen konsumiert, wird vom Anwendungsbereich des § 64 StGB nicht erfasst. Die Grenze liegt dort, wo die Neigung zum Rauschmittelkonsum handlungsleitend wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.8.2012 - 2 StR 235/12; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 64 Rn. 8; LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 62). Ein Abhängigkeitssyndrom ist nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Hangs (vgl. BGH, Beschl. v. 6.11.2003 – 1 StR 406/03 - BGHR StGB § 64 Hang 2; BGH, Beschl. v. 4.4.1995 – 4 StR 95/95 - BGHR § 64 Abs. 1 Hang 5; BGH, Beschl. v. 17.6.2010 - 5 StR 206/10; BGH, Beschl. v. 7.2.2012 - 5 StR 545/11; BGH, Beschl. v. 21.6.2012 - 5 StR 232/12). Das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz (BGH, Beschl. v. 30.3.2010 – 3 StR 88/10 - NStZ-RR 2010, 216; BGH, Beschl. v. 3.8.2011 - 2 StR 317/11; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11; BGH, Beschl. v. 28.12.2011 - 2 StR 543/11; BGH, Beschl. v. 12.4.2012 - 5 StR 87/12; BGH, Beschl. v. 28.8.2012 - 5 StR 382/12; BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 3 StR 287/14; Fischer StGB 59. Aufl. § 64 Rn. 9 mwN; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.5.2009 - 3 StR 191/09 - NStZ 2010, 83: "intensive Neigung") oder ein gleich bleibendes Konsumverhalten (vgl. BGH, Beschl. v. 28.12.2011 - 2 StR 543/11) steht dem nicht entgegen. Gleiches gilt für die Fähigkeit, den Konsum „aufzuschieben“. Es ist nicht Voraussetzung des Hanges, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr ist es auch ausreichend, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschl. v. 7.1.2009 – 5 StR 586/08 - NStZ-RR 2009, 137; BGH, Beschl. v. 12.4.2012 - 5 StR 87/12). Die Tatsache, dass ein Angeklagter kurzzeitig in der Lage war, seinen Rauschmittelkonsum zu verringern oder einzustellen, steht dem Vorliegen eines Hanges nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.2014 – 3 StR 386/13 - NStZ-RR 2014, 271; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – 3 StR 421/11 - NStZ-RR 2012, 204; BGH, Beschl. v. 14.6.2016 - 1 StR 219/16 Rn. 7). Eine körperliche Entzugssymptomatik hat zwar erhebliche Indizwirkung für das Vorliegen eines Hanges im Sinne von § 64 StGB (BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 386/09, Rdnr. 6; BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 3 StR 154/11; Fischer, StGB 58. Aufl., § 64 Rdnr. 9), indes ist sie nicht Voraussetzung für dessen Bejahung (BGH, StraFo 2010, 74; BGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 3 StR 2/13). Auch hat ihr Fehlen für die Feststellung eines Hangs regelmäßig nur eine eingeschränkte Aussagekraft, da sie einen Grad der Neigung zum Rauschmittelkonsum kennzeichnet, den der Täter für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erreicht haben muss (BGH, Beschl. v. 2.8.2012 - 3 StR 259/12; BGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 3 StR 2/13). Dem Umstand, dass die gegenständlichen Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, steht jedoch nicht entgegen, dass bei dem Angeklagten zur Überzeugung des Gerichts keine Betäubungsmittelabhängigkeit bestand und dessen Schuldfähigkeit bei den Taten nicht erheblich beeinträchtigt war. Suchtmittelabhängigkeit sowie eine auf dem Betäubungsmittelkonsum beruhende Annahme von § 21 StGB sind Indizien für einen Hang. Allein mit ihrem Fehlen kann indes die Verneinung eines Hanges nicht begründet werden (vgl. BGH NStZ 2004, 681 f.; NStZ-RR 2008, 198, 199; BGH, Beschl. v. 1.12.2009 - 3 StR 458/09 - StV 2010, 120). Der Bejahung eines Hanges steht etwa nicht entgegen, dass der Angeklagte nach seiner Inhaftierung körperliche Entzugserscheinungen nicht aufwies, mithin eine körperliche Abhängigkeit (noch) nicht festgestellt werden konnte (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2001 - 1 StR 542/00; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; vgl. auch BGH, Beschl. v. 30.3.2010 - 3 StR 88/10; Fischer, StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 9). Das Fehlen von Entzugserscheinungen ist für das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB nur begrenzt aussagefähig. Die beim Absetzen von Rauschmitteln auftretenden Entzugserscheinungen kennzeichnen eine physische Abhängigkeit. Diesen Grad der Neigung zum Rauschmittelkonsum muss der Täter für die Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt aber nicht erreicht haben (BGH, Beschl. v. 2.8.2012 - 3 StR 259/12; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08 - StV 2008, 405 f.). Auch der Konsum von Heroin zum Zwecke der Schmerzmilderung schließt die Annahme eines Hanges zum übermäßigen Rauschmittelkonsum nicht aus. Bei Heroin handelt es sich um ein berauschendes Mittel im Sinne des § 64 StGB (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 7); es kommt nicht darauf an, ob das konsumierte Mittel bei dem konkreten Täter geeignet oder von ihm dazu bestimmt ist, einen "Rausch" zu erzeugen (BGH, Beschl. v. 28.12.2011 - 2 StR 543/11; Fischer, StGB 59. Aufl., § 64 Rn. 6). Dem Umstand, dass durch den Rauschgiftgebrauch bereits die Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sind, kommt für das Vorliegen eines Hanges zwar eine wichtige indizielle Wirkung zu, das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes die Bejahung eines Hanges nicht aus. Das Fehlen einer Persönlichkeitsdepravation steht ebenfalls der Annahme eines Hanges nicht entgegen (BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 18.9.2013 - 1 StR 382/13; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15). Ausreichend ist es bereits, wenn der Betroffene aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (BGH, Beschl. v. 18.9.2013 - 1 StR 382/13; BGH, Beschl. v. 18.9.2013 - 1 StR 456/13; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 12.4.2012 - 5 StR 87/12; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 1 StR 480/16 Rn. 5). Der Hang zum Konsum von Rauschmitteln im Übermaß verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12). Wird eine Abhängigkeit festgestellt, ist demgegenüber unbeachtlich, dass diese nicht auf eine Substanz gerichtet ist, da von der Vorschrift des § 64 StGB auch polyvalentes Suchtverhalten erfasst wird (vgl. BGH, Beschl. v. 18.9.2013 - 1 StR 382/13). Der nach § 64 Abs. 1 StGB erforderliche Hang, alkoholische Getränke oder andere Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, setzt danach nicht eine körperliche (physische) Abhängigkeit voraus (st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 11.1.2007 - 4 StR 516/06; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 5 StR 510/09; u. die Nachweise bei Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 7). Regelmäßiger Haschischkonsum kann zumindest zu psychischer Abhängigkeit führen. Bei Absetzen der Substanz sind psychische Entzugserscheinungen die Regel, das Verlangen nach erneuter Zufuhr bleibt relativ lange erhalten, so daß eine wochen- und monatelange Rückfallgefahr besteht (BGHR StGB § 64 Hang 1; BGH, Urt. v. 31.10.2001 - 2 StR 315/01 - NStZ-RR 2002, 74). Unzutreffend ist ferner die Rechtsauffassung, die Annahme eines Hangs im Sinne von § 64 StGB setze voraus, dass die Gewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgehe und es nicht genüge, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit dem Hang folge (vgl. BGH, Beschl. v. 25.8.1994 - 4 StR 380/94; BGH, Beschl. v. 7.1.2009 - 5 StR 586/08 - NStZ-RR 2009, 137; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 64 Rdn. 3). Die analoge Anwendung des § 64 StGB auf den Fall der Spielsucht kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.2004 - 5 StR 411/04 - BGHSt 49, 365 - NJW 2005, 230; BGH, Urt. v. 16.6.2005 - 5 StR 140/05 mit Anmerkung Schramm JZ 2005, 418, 419 f. und Bottke NStZ 2005, 327). Dies gilt nicht nur, wenn die Analogie (wie im Fall BGH, Urt. v. 25.11.2004 - 5 StR 411/04 - BGHSt 49, 365 - NJW 2005, 230) zur Vermeidung schwerer wiegender Maßregeln im Ergebnis dem Angeklagten zugute kommen soll, sondern erst recht, wenn sie sich zu Lasten des Angeklagten auswirken würde (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.2005 - 5 StR 140/05; Schramm aaO S. 420 und Bottke aaO). Die Menge und die Häufigkeit des Rauschmittelkonsums werden häufig die Annahme eines Hanges und damit eine Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen nahe legen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.2007 - 3 StR 194/07). Ausreichend für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls, dass der Betroffene aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.1997 - 2 StR 416/97 - m.w.N.; BGH, Urt. v. 10.11.2004 - 2 StR 329/04 - BGH NStZ 2005, 210; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12; BGH, Beschl. v. 18.3.2015 - 3 StR 29/15; BGH, Beschl. v. 14.9.2016 - 4 StR 212/16 Rn. 7). Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.1.2004 - 4 StR 147/03 - NStZ 2004, 384; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02 - NStZ-RR 2003, 106 f.; BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 31.3.2011 - 1 StR 109/11; BGH, Beschl. v. 6.3.2012 - 1 StR 50/12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 18.3.2015 - 3 StR 29/15), sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2004 - 2 StR 329/04; BGH, Beschl. v. 10.8.2007 - 2 StR 344/07; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11; BGH, Beschl. v. 14.9.2016 - 4 StR 212/16 Rn. 7). Eine "eingewurzelte, intensive Neigung, immer wieder Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen"', setzt neben dem Nachweis dauerhaften übermäßigen Betäubungsmittelkonsums zumindest voraus, daß der Angeklagte aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH, Beschl. v. 10.9.1997 - 2 StR 416/97; BGH, Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 213/04). Eine körperliche Entzugssymptomatik ist zwar nicht Voraussetzung eines Hangs im Sinne von § 64 Satz 1 StGB; sie hat hierfür aber eine erhebliche Indizwirkung, die zur Erörtung des Vorliegens eines Hangs drängt. Intervalle der Abstinenz stehen dem nicht zwingend entgegen (BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 386/09; Fischer, StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 9). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelgenuss bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sind, kann zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommen; das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 421/11; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12; BGH, Beschl. v. 27.9.2012 - 4 StR 253/12; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13; BGH, Urt. v. 15.5.2014 - 3 StR 386/13; BGH, Beschl. v. 18.3.2015 - 3 StR 29/15; vgl. auch BGH, Beschl. v. 14.10.2015 - 1 StR 415/15; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15; BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 3 StR 48/16 Rn. 7; BGH, Beschl. v. 9.8.2016 - 3 StR 287/16 Rn. 3: Angeklagter konnte sein Verhalten so anpassen, dass sein Konsum in der Familie unentdeckt blieb; BGH, Beschl. v. 14.6.2016 - 1 StR 219/16 Rn. 7; BGH, Beschl. v. 14.9.2016 - 4 StR 212/16 Rn. 7). Ausreichend ist es bereits, wenn der Betroffene aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 27.9.2012 - 4 StR 253/12). Dass der Angeklagte im Falle einer Beschäftigung in der Lage war, seinen Alkoholkonsum zu unterlassen, steht daher dem Vorliegen eines Hangs nicht entgegen, zumal wenn der Angeklagte bislang im Wesentlichen ohne Arbeit ist (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 421/11). Das Fehlen einer erheblichen Einschränkung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit hindert die Annahme eines Hanges nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.11.2011 – 2 StR 427/11; BGH, Beschl. v. 12.4.2012 - 5 StR 87/12; BGH, Urt. v. 15.5.2014 - 3 StR 386/13). Dass etwa der Angeklagte in der Lage war, seiner Tätigkeit als Kundenberater in einem Baumarkt nachzugehen, steht daher einem Hang ebenso wenig zwingend entgegen wie auch seine sonstigen Lebensverhältnisse (BGH, Beschl. v. 18.3.2015 - 3 StR 29/15). Hat der Rauschgiftkonsum des Angeklagten ersichtlich keinerlei Auswirkungen auf sein Sozialverhalten und seine Gesundheit, liegt die Annahme eines Hangs i.S.d. § 64 StGB beim Angeklagten nicht nahe (vgl. BGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 1 StR 317/14). Dass der Eigenkonsum Motivation für das groß aufgezogene gewinnbringende Handeltreiben war, belegt weder eine erhebliche Rauschgiftabhängigkeit noch einen Hang, Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, sondern zeigt lediglich den symptomatischen Zusammenhang zwischen einem etwaigen Hang und der Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten (vgl. BGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 1 StR 317/14; u.a. BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13). Ein Hang im Sinne des § 64 StGB setzt keine Depravation (schwere Persönlichkeitsveränderung) voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 1.4.2008 - 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12). Dem Fehlen einer Depravation kann jedoch, ebenso wie dem Vorliegen einer Depravation, in diesem Zusammenhang eine nicht unerhebliche indizielle Bedeutung zukommen (vgl. in diesem Sinne BGHR StGB § 64 Nichtanordnung 1; BGH, Beschl. v. 25.7.2007 - 1 StR 332/07 - NStZ 2007, 697; vgl. auch BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 267/07). Zwar hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in vereinzelten Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten sein muss (vgl. etwa BGH NStZ 2005, 626; 2004, 494). Jedoch ist der 1. Strafsenat nunmehr in BGH, Beschl. v. 25.7.2007 - 1 StR 332/07 - NStZ 2007, 697 von dieser Rechtsprechung abgerückt und hat klargestellt, dass ein Hang im Sinne des § 64 StGB eine Depravation nicht voraussetzt, vielmehr dem Fehlen wie dem Vorliegen einer Persönlichkeitsdepravation lediglich indizielle Bedeutung für einen Hang zukommen kann (so auch BGH, Beschl. v. 11.1.2007 - 4 StR 516/06; vgl. auch BGH, Beschl. v. 7.11.2008 - 1 StR 581/08 - NStZ-RR 2009, 59; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 StR 427/11). Beispiel: Hat das Tatgericht zu den Wirkungen des Rauschgiftkonsums beim Angeklagten festgestellt, daß er seine Arbeitsleistung - er war bei einer Straßenbaufirma für einen Nettomonatslohn von 3.000 DM beschäftigt - "durchgehend zur vollen Zufriedenheit seines Arbeitgebers erbracht hat" und er ebenso "seiner Rolle als Familienvater uneingeschränkt nachgekommen" ist und insgesamt "sein Leben ohne jegliche Einschränkung im Alltag" geführt hat, liegen Anordnungsfeststellungen insoweit nicht nahe. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte infolge seines Drogenkonsums einen Leberschaden erlitten hat und bei ihm nach seiner Festnahme Entzugserscheinungen aufgetreten sind, die er erst auf "mehrfache Nachfrage" die Symptomatik dahin konkretisiert hat, daß er "Knochenschmerzen und Schlafstörungen" gehabt habe, die aber aufgrund dreiwöchiger ärztlicher Behandlung nach sechs Wochen verschwunden seien (vgl. BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02). Für die Annahme eines Hanges ist nicht erforderlich, dass sich die Neigung nur auf ein spezielles Rauschmittel bezieht oder die Unfähigkeit besteht, den Konsum im Einzelfall zu begrenzen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.2007 - 3 StR 194/07; Tröndle/ Fischer aaO § 64 Rdn. 6, 6 a, 7). Das Fehlen von Entzugserscheinungen ist im Hinblick auf den Kokainkonsum des Angeklagten für das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB nur begrenzt aussagefähig; denn bei reiner Kokainabhängigkeit treten nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnis körperliche Entzugserscheinungen kaum auf (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2001 - 1 StR 542/00). Im Übrigen kennzeichnen beim Absetzen eines Rauschmittels auftretende Entzugserscheinungen die physische Abhängigkeit. Diesen Grad der Neigung zum Rauschmittelmissbrauch muss der Täter für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aber nicht erreicht haben (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; van Gemmeren in MünchKomm § 64 Rdn. 19). Das Vorliegen eines Hanges stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht im Belieben des Angeklagten steht (BGH, Beschl. v. 4.8.2011 - 3 StR 236/11). Dass der Angeklagte aufgrund seiner Selbsteinschätzung seit einiger Zeit seine Abhängigkeit von harten Drogen überwunden hat und das Ergebnis einer Blutanalyse keine Nachweise von harten Drogen erbracht hat, können das Tatgericht nicht von der Pflicht zur erschöpfenden Beweiswürdigung entbinden (vgl. BGHSt 14, 162, 164 f.; 29, 18, 20; BGH, Beschl. v. 14.6.2005 - 5 StR 214/05), sich ergebende massive Hinweise auf eine wenigstens weiter bestehende Drogenabhängigkeit auch ohne aktuellen Konsum harter Drogen in Erwägung zu ziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 3.7.2003 - 2 StR 212/03; BGH, Beschl. v. 11.2.2009 - 5 StR 13/09 - NStZ-RR 2009, 184; Fischer, StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 7). Ein Gericht ist - wie auch bei sonstigen Einlassungen eines Angeklagten (vgl. BGH, Beschl. v. 25.4.2007 - 1 StR 159/07 - BGHSt 51, 324 - NJW 2007, 2274) - nicht gehalten, dessen Behauptungen über das hohe Ausmaß und die lange Dauer seines bisherigen Konsums von Betäubungsmitteln als unwiderlegbar hinzunehmen, wenn Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen oder sie sogar kaum mit der nicht beeinträchtigten Lebensführung des Angeklagten, insbesondere im Hinblick auf seine Berufstätigkeit, sowie mit fehlenden gesundheitlichen Folgen (Entzugserscheinungen) nach seiner Inhaftierung vereinbar sind (vgl. BGH, Beschl. v. 7.11.2008 - 1 StR 581/08 - NStZ-RR 2009, 59; BGH, Beschl. v. 1.12.2009 - 3 StR 458/09 - StV 2010, 120). Hat der betäubungsmittelabhängige Angeklagte bis zu seiner Inhaftierung im Oktober 2005 täglich etwa 2 Gramm Drogen - Kokain und Heroin - konsumiert, weshalb seine Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich vermindert war und hat er die Tat - schwerer Raub - u. a. deshalb begangen, um für eine Zeit lang seinen Drogenkonsum finanzieren zu können und tatsächlich auch direkt nach der Tat mit dem erbeuteten Geld Heroin erworben und konsumiert, liegen ebenfalls Umstände vor, die zur Prüfung des § 64 StGB drängen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.2007 - 2 StR 167/07; vgl. auch BGH, Beschl. v. 24.9.2009 - 3 StR 340/09). Das zur Tatzeit konsumierte Methadon ist ein berauschendes Mittel im Sinne des § 64 StGB (vgl. BGH NStZ 98, 414; BGH, Beschl. v. 5.7.2000 - 2 StR 87/00 - NStZ-RR 2001, 12; BGH, Beschl. v. 27.6.2001 - 2 StR 204/01 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 7; BGH, Beschl. v. 4.11.2015 - 4 StR 337/15). Bereits die Tatsache, daß der Angeklagte mit Methadon behandelt wurde, deutet auf einen beim Angeklagten vorhandenen Hang hin, da zur Aufnahme in das Methadonprogramm eine Opiatabhängigkeit erforderlich ist (vgl. BGH NStZ 1998, 414; BGH, Beschl. v. 5.7.2000 - 2 StR 87/00 - NStZ-RR 2001, 12; BGH, Beschl. v. 18.6.2002 - 4 StR 207/02). Eine Unterbringungsanordnung gemäß § 64 StGB kommt nur in Betracht, wenn das Vorliegen eines Hangs sicher ("positiv") festgestellt ist. Ob der Angeklagte bei diesbezüglich naheliegenden Feststellungen in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist, muss der Tatrichter ggfls. mit der Hilfe eines Sachverständigen prüfen und entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 7.4.2004 - 2 StR 104/04). Kommt das Gericht lediglich zu dem Ergebnis, ein Hang sei als Grundlage der Tat nicht auszuschließen, so ist für eine Unterbringung kein Raum (BGH, Beschl. v. 6.7.1983 - 2 StR 334/83; BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - 4 StR 36/01 - NStZ-RR 2001, 295; BGH, Beschl. v. 26.2.2003 - 1 StR 7/03; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02; BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 224/09). Verbleibende Zweifel sind zugunsten des Angeklagten zu lösen und stehen deshalb der ihn belastenden (vgl. BGHSt 38, 4, 7 m.w.N.) Maßregelanordnung entgegen (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - 4 StR 36/01 - NStZ-RR 2001, 295). Für eine Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit kein Raum (vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2013 - 4 StR 145/13). Eine bloß gelegentlich auftretende Neigung ohne körperliche oder zumindest psychische Abhängigkeit begründet keinen Hang im Sinne des § 64 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 26.10.2000 - 3 StR 343/00; BGH, Beschl. v. 30.4.2008 - 2 StR 51/08; BGH, Beschl. v. 13.6.2008 - 2 StR 111/08; Fischer StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 7 ff.). Gelegentliches Sich-Betrinken in Verbindung mit Straffälligkeit im Rausch genügt nicht (BGH, Beschl. v. 15.10.1996 - 1 StR 591/96; BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 27.10.2000 - 2 StR 381/00; BGH, Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 451/03; vgl. auch BGH, Beschl. v. 13.3.2008 - 3 StR 64/08). War der Angeklagte durchaus noch in der Lage, den Konsum von Alkohol zu steuern und reflektiert mit Alkohol umzugehen, spricht dies gegen eine psychische Abhängigkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.2008 - 2 StR 111/08; Fischer, StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 11). Die Frage ob und gegebenenfalls in welcher Weise Testosteron, ein Sexualhormon, das im Bodybuilding und im Kraftsport zum Muskelaufbau eingesetzt wird, überhaupt ein "berauschendes Mittel" sein kann, dessen übermäßige Zusichnahme bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Anordnung einer Maßnahme nach § 64 StGB berechtigen könnte, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt (vgl. etwa BGH, Urt. v. 15.6.2011 - 2 StR 140/11). |
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20.2.9 |
Die
Entscheidung, nicht von der künftigen Straflosigkeit
ausgehen
zu können, muss sich ggfls. mit den Ausführungen im
Zusammenhang mit der Prüfung der Anordnung einer Unterbringung
in
einer Entziehungsanstalt in Einklang bringen lassen. Dies kann etwa
fraglich sein, wenn das Tatgericht unter Hinweis auf den erfolgreichen
Abschluss der Entziehungsmaßnahme und der jetzigen
Drogenabstinenz ausführt, es „sei jedoch nicht zu
befürchten, dass er aufgrund des Hanges erhebliche
rechtswidrige
Taten begehen werde, zumal der Angeklagte im Rahmen der erstrebten
ambulanten Drogentherapie Unterstützung in seinem
Abstinenzwillen
finden wird (vgl. BGH,
Beschl. v. 7.1.2009 - 5 StR 600/08). siehe auch: Strafaussetzung, § 56 StGB |
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20.3 |
§
64 StGB eröffnet nicht allgemein die Unterbringung
behandlungsbedürftiger Täter; die Maßnahme
ist vielmehr
abhängig von der künftigen Entwicklung des
Angeklagten als
Straftäter (BGH StV 1996, 538 m.w.N.; BGH,
Urt. v. 11.12.2001
- 1
StR 408/01 - NStZ 2002, 541). Ein symptomatischer Zusammenhang liegt vor, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist (BGH, Beschl. v. 6.11.2013 – 5 StR 432/13; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 – 4 StR 27/11 - NStZ-RR 2011, 309; BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - 1 StR 379/15 - NStZ-RR 2016, 113; BGH, Beschl. v. 12.10.2016 - 1 StR 470/16 Rn. 7), mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet (vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - 1 StR 379/15; BGH, Beschl. v. 12.10.2016 - 1 StR 470/16 Rn. 7). Eine Tat hat dann Symptomcharakter, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat (BGH, Urt. v. 11.9.1990 – 1 StR 293/90 - NStZ 1991, 128; BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15; BGH, Beschl. v. 25.2.2016 - 3 StR 6/16), also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urt. v. 18.2.1997 – 1 StR 693/96 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15; BGH, Beschl. v. 25.11.2015 - 1 StR 379/15; BGH, Beschl. v. 12.10.2016 - 1 StR 470/16 Rn. 7). Andere Delikte als solche der Beschaffungskriminalität kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn sich in ihnen die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (BGH, Urt. v. 18.2.1997 – 1 StR 693/96 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 10.11.2015 - 1 StR 482/15). Allerdings ist die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt regelmäßig auch dann gerechtfertigt, wenn die Begehung gewichtiger Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die über den Erwerb kleiner Rauschgiftmengen hinausgehen, wegen der Drogenabhängigkeit des Angeklagten konkret zu besorgen sind (BGH, Beschl. v. 8.5.2008 – 3 StR 148/08 Rn. 4 - NStZ-RR 2008, 234;BGH, Beschl. v. 20.6.2017 - 1 StR 213/17 Rn. 17 ). Bei Taten, die nicht auf die Erlangung von Rauschmitteln selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielen, bedarf die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hang und Anlasstat besonderer hierfür sprechender Umstände (vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2014 - 4 StR 572/13; BGH, Urt. v. 18.2.1997 – 1 StR 693/96 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Beschl. v. 3.3.2016 - 4 StR 586/15). Der 4. Senat hält daran fest, dass es an einem solchen Zusammenhang fehlt, wenn die Taten allein zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs (vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2008 – 5 StR 472/08 - BGHR StGB § 64 Nichtanordnung 2; BGH, Beschl. v. 3.3.2016 - 4 StR 586/15; BGH, Beschl. v. 12.4.2016 - 4 StR 17/16) oder zur Gewinnerzielung bestimmt waren (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2015 – 1 StR 482/15 Rn. 10, 18; BGH, Beschl. v. 3.3.2016 - 4 StR 586/15). § 64 Abs. 1 StGB setzt einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem festgestellten Hang zum übermäßigen Alkohol- bzw. Drogengenuss und der zukünftigen Gefährlichkeit des Täters voraus (vgl. nur BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1; BGH NStZ 2003, 86; BGH, Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 406/03; BGH, Beschl. v. 30.9.2003 - 4 StR 382/03; BGH, Beschl. v. 9.6.2009 - 4 StR 164/09 - NStZ 2009, 631; BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12; BGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 3 StR 2/13). Dieser Zusammenhang liegt vor, wenn die Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die konkrete Tat muss also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Rauschmitteln haben, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 26.2.2003 - 1 StR 7/03; BGH, Beschl. v. 9.3.2006 - 4 StR 472/05: Kein Zshg., weil Tat aus Eifersucht; BGH, Beschl. v. 25.2.2016 - 3 StR 6/16). Eine solche Annahme liegt eher fern, wenn der Täter gewaltsam sexuelle Handlungen erzwingt, die ihm so oder ähnlich über geraume Zeit vom Opfer gegen Bezahlung gestattet worden waren (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 26.2.2003 - 1 StR 7/03). Daran fehlt es etwa auch, wenn die akuten wahnhaften Vorstellungen des Angeklagten tatauslösend waren, während weder seine Betäubungsmittel- bzw. Alkoholabhängigkeit noch seine aktuelle Intoxikation zu den Tatzeiten als konstellativer Faktor für die Aufhebung seiner Schuldfähigkeit bedeutsam waren; die Taten ihre Wurzel jeweils in der Psychose des Angeklagten fanden, die unabhängig vom Betäubungsmittel- und Alkoholmissbrauch besteht, sich vielmehr losgelöst vom Drogen- und Alkoholkonsum verselbständigt oder sogar bereits vor dem Beginn des Konsums vorgelegen und ihrerseits die Drogensucht zur Folge gehabt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 25.2.2016 - 3 StR 6/16). Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, daß der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGH NStZ 2000, 25 f.; BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1; BGH, Beschl. v. 15.3.2000 - 2 StR 46/00; BGH, Beschl. v. 5.10.2000 - 4 StR 377/00; BGH, Beschl. v. 31.1.2001 - 2 StR 526/00; BGH, Beschl. v. 16.7.2002 - 4 StR 179/02; BGH, Beschl. v. 30.09.2003 - 4 StR 382/03; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 1.10.2008 - 2 StR 360/08; BGH, Beschl. v. 22.4.2009 - 2 StR 102/09; BGH, Beschl. v. 19.5.2009 - 3 StR 191/09 - NStZ 2010, 83; BGH, Beschl. v. 9.6.2009 - 4 StR 164/09 - NStZ 2009, 631; BGH, Beschl. v. 26.8.2009 - 2 StR 274/09; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11; BGH, Beschl. v. 3.8.2011 - 2 StR 317/11; BGH, Beschl. v. 25.10.2011 - 4 StR 416/11; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12; BGH, Beschl. v. 13.11.2012 - 3 StR 422/12; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13). Nach ständiger Rechtsprechung ist es somit nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist (BGH NStZ-RR 1997, 231; BGH NStZ 2000, 25; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 316/09). Mitursächlichkeit genügt (vgl. BGH NStZ 2004, 681 f.; BGH, Beschl. v. 21.6.2011 - 2 StR 189/11; BGH, Beschl. v. 13.8.2013 - 4 StR 249/13; BGH, Beschl. v. 15.8.2013 - 2 StR 225/13; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13; BGH, Beschl. v. 21.4.2015 - 4 StR 92/15). Ein solcher ursächlicher Zusammenhang ist typischerweise dann gegeben, wenn die Straftaten begangen werden, um Rauschmittel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Beschl. v. 28.8.2013 – 4 StR 277/13 - NStZ-RR 2014, 75; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13). Eine dissoziale Persönlichkeitsstruktur schließt die Mitursächlichkeit des Hanges für die Tatbegehung nicht aus (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 107; BGH, Beschl. v. 21.6.2011 - 2 StR 189/11; BGH, Urt. v. 18.7.2012 - 2 StR 605/11; BGH, Beschl. v. 15.8.2013 - 2 StR 225/13). Allerdings muss die hangbedingte Tat zugleich wiederum Symptomcharakter für künftige weitere Straftaten besitzen, deren Prognose den materiellen Maßregelgrund bildet (BGH, Urt. v. 18.7.2012 - 2 StR 605/11). Der Symptomwert der Tat ist (schon) dann zu bejahen, wenn der Hang des Täters zu übermäßigem Rauschmittelkonsum neben anderen Umständen zu deren Begehung beigetragen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 3 StR 312/08; BGH, Beschl. v. 5.8.2008 - 3 StR 224/08 - StraFo 2009, 82; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 275/08 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 17.6.2010 - 4 StR 126/10; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 277/11; BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - 5 StR 635/12; Fischer, StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 13). Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise bei der so genannten Beschaffungskriminalität von Rauschgiftsüchtigen gegeben, wenn also die Straftat unmittelbar oder mittelbar der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1997 - 1 StR 693/96; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08 - StV 2008, 405; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 275/08 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 382/08 - NStZ-RR 2009, 59; BGH, Beschl. v. 30.7.2009 - 4 StR 288/09; vgl. auch BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11 betr. Beschaffung von Alkohol und Drogen; BGH, Urt. v. 20.9.2011 - 1 StR 120/11; BGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 3 StR 2/13). Der Annahme eines symptomatischen Zusammenhangs steht insbesondere nicht von vornherein entgegen, dass die erlangten Betäubungsmittel nicht unmittelbar dem Eigenkonsum dienen, sondern mit dem Erlös aus deren Verkauf Schulden aus dem eigenen Drogenkonsum zurückgeführt werden sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 11.7.2013 - 3 StR 193/13; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08 - StV 2008, 405, 406). Der Zusammenhang kann grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1 und 2; BGH NStZ 2004, 681; NStZ-RR 2004, 78; BGH, Urt. v. 12.6.2008 - 3 StR 84/08 - NStZ 2009, 258; BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 4 StR 316/08: betr. Alkoholmissbrauch als nur ein zusätzlicher "konstellativer Faktor"; BGH, Beschl. v. 9.6.2009 - 4 StR 164/09 - NStZ 2009, 631 betr. sozialisationsbedingt eingetretenen Verschiebung der allgemeinen Norm- und Wertevorstellungen; BGH, Beschl. v. 12.10.2010 - 3 StR 289/10 betr. dissoziale Persönlichkeit und Drogenkonsum; Fischer StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 12; BGH, Beschl. v. 3.8.2011 - 2 StR 317/11). Gleiches gilt etwa, wenn der Angeklagte zur Milderung der Auswirkungen seiner Borderline-Persönlichkeitsstörung mit dem Drogenkonsum begonnen hat und dann abhängig geworden ist. Der Verweis auf die Borderline-Störung, die Anlass für die Entwicklung der Abhängigkeit sein mag, vermag bei massiver Beschaffungskriminaliät den evidenten Zusammenhang zwischen Hang und Straftaten nicht zu entkräften (vgl. BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - 5 StR 13/07 - NStZ 2007, 326). Bei Konflikttaten und (oder) Taten, denen eine Provokation des Täters durch das Opfer vorausging, liegt die Annahme eines Zusammenhangs mit einem Hang zum Missbrauch berauschender Mittel wenig nahe (BGH, Beschl. v. 12.3.2014 - 4 StR 572/13; BGH, Urt. v. 20.9.2011 - 1 StR 120/11 - NStZ-RR 2012, 72, 74; BGH, Urt. v. 16.4.2014 - 2 StR 530/13; v. Gemmeren n MüKomm-StGB, § 64 Rn. 37; vgl. auch Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 27). So versteht sich etwa angesichts der Wertung, der Angeklagte sei nur leicht alkoholisiert gewesen und es habe sich um eine von der Provokation durch das spätere Opfer initiierte Spontantat gehandelt, der symptomatische Zusammenhang zwischen der Tat und dem festgestellten Hang nicht von selbst (vgl. BGH, Beschl. v. 9.10.2012 - 1 StR 456/12; hierzu auch BGH, Urt. v. 20.9.2011 - 1 StR 120/11). Eine Symptomtat im Sinne des § 64 Satz 1 StGB ist durch die Urteilsfeststellung etwa nicht belegt, wenn nicht ersichtlich ist, dass die verfahrensgegenständliche Tat in einem (hinreichenden) symptomatischen Zusammenhang mit der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten stand und insbesondere keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Tat der Beschaffung von Finanzmitteln zum Drogenerwerb dienen sollte. Hiergegen kann zum einen sprechen, dass der Angeklagte mit Methadon substituiert wurde, und zum anderen, dass seine (erhebliche) bisherige Delinquenz nicht durch Taten gekennzeichnet ist, die dem Bereich der Beschaffungskriminalität zuzuordnen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12). Hatte der Angeklagte im unmittelbaren Tatvorfeld zwar erhebliche Mengen Alkohol konsumiert, was die sachverständig beratene Strafkammer veranlasst hat, in Verbindung mit dem konkreten Methadon- und Rohpynolkonsum des Angeklagten am Tattag von einer rauschbedingten erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit auszugehen, genügt dies jedoch nicht zum Beleg für eine Rauschtat im Sinne des § 64 StGB, wenn zum einen der angenommene Rauschzustand bei der Tatbegehung maßgeblich auf den stattgehabten Alkoholkonsum zurückgeführt wurde, zum anderen von der Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten ausgegangen wurde, dass dieser in den letzten drei Jahren vor der Tat keinerlei Alkohol konsumiert hatte, mithin kein Hang zu übermäßigem Alkoholkonsum vorlag. Einem alkoholbedingten Rausch zur Tatzeit kann damit kein Symptomwert für einen Hang im Sinne des § 64 StGB zuerkannt werden, weil sich der vorhandene Hang des Angeklagten zum Rauschmittelkonsum nicht auf Alkohol, sondern auf Betäubungsmittel bezieht (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12). Für die Begehung von Straftaten mitursächliche Persönlichkeitsmängel stehen der Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB nur dann entgegen, wenn die Unterbringung ausschließlich der Besserung des Angeklagten dient, also sich nicht gleichzeitig günstig auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Verminderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit auswirkt, und wenn bei erfolgreichem Verlauf der Behandlung das Ausmaß seiner Gefährlichkeit nach Frequenz und krimineller Intensität der von ihm zu befürchtenden Straftaten nicht deutlich herabgesetzt wird (BGH, Beschl. v. 22.9.1999 - 3 StR 393/99 - BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2; BGH, Beschl. v. 6.8.2002 - 4 StR 230/02 - BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 4; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 277/11). Der Erwartung, der Angeklagte werde außerhalb des Vollzugs (überhaupt) keine rechtswidrigen Taten mehr begehen, bedarf es nicht (BGH, Beschl. v. 28.6.2005 - 3 StR 195/05 - NStZ-RR 2005, 304, 305; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 277/11). Ein solcher symptomatischer Zusammenhang setzt nicht voraus, daß die Beschaffung von Betäubungsmitteln allein dem Eigenkonsum dient, denn dann schiede das Handeltreiben regelmäßig als Symptomtat aus (BGH, Beschl. v. 2.4.2003 - 2 StR 47/03). War etwa Auslöser der das Verlangen nach weiterem Alkohol, für dessen Erwerb Bargeld gewaltsam beschafft werden sollte, hat die Tat Symptomwert für den Hang im Sinn des § 64 Abs. 1 StGB (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2), dessen Annahme nicht entgegenstünde, wenn die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht vorlagen (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 6; BGH, Beschl. v. 28.3.2007 - 5 StR 32/07). Der symptomatische Zusammenhang mit den Anlasstaten und den künftig zu befürchtenden erheblichen rechtswidrigen Taten darf nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 28.2.2007 - 2 StR 28/07). Ein im Sinne des § 64 StGB erforderlicher symptomatischer Zusammenhang zwischen Betäubungsmittelabhängigkeit und Tat kann nämlich auch bei Betäubungsmittelstraftaten fehlen, wenn sie allein der Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs (und damit mittelbar auch des Betäubungsmittelkonsums) dienen (vgl. BGHR StGB § 64 Hang 2, Zusammenhang symptomatischer 2; BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 5 StR 472/08 - StV 2009, 15). Der bei § 64 StGB geforderte symptomatische Zusammenhang zwischen dem Hang zu übermäßigem Alkoholgenuss und der Tat sowie der zukünftigen Gefährlichkeit kann auch dann vorliegen, wenn ein evident gewordener Hang lediglich Einfluss auf die Qualität der bisherigen Straftaten hatte und ihm ein solcher Einfluss auch auf die künftigen zu befürchtenden Straftaten zukommen kann (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1; BGH, Beschl. v. 6.12.2005 - 4 StR 443/05). Es ist typisch für eine hangbedingte Gefährlichkeit, wenn der Täter straffällig wird, um in den Besitz von Rauschmitteln oder in den Besitz des für ihre Beschaffung notwendigen Geldes zu kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 27.8.2002 - 1 StR 295/02; BGH, Beschl. v. 5.2.2002 - 1 StR 9/02; BGH, Urt. v. 18.2.1997 - 1 StR 693/96; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 37 m.w.Nachw.) Dass der Angeklagte zuvor vergleichbare Taten noch nicht begangen, sondern die Betäubungsmittel auf andere - allerdings ebenfalls strafbare - Weise finanziert hat, beseitigt den symptomatischen Zusammenhang nicht (BGH, Beschl. v. 30.09.2003 - 4 StR 382/03; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11). Auch eine sorgfältige Planung der Tat spricht für sich genommen nicht gegen das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen der Tat und einem Hang im Sinne des § 64 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08). Angesichts des Gewichts der Anlasstat - der Angeklagte erstach das Opfer im alkoholbedingt schuldunfähigen Zustand (4,09 Promille) und wurde wegen vorsätzlichen Vollrausches verurteilt - gilt dies trotz der bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten auch für die Gefährlichkeitsprognose (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 2 und 7; BGH, Beschl. v. 14.3.2007 - 5 StR 535/06; BGH, Beschl. v. 18.7.2007 - 5 StR 279/07). Zwar spricht die Planung der Taten im nüchternen Zustand gegen einen symptomatischen Zusammenhang. Die Annahme, ein solcher Zusammenhang bestehe auch deshalb nicht, weil die Taten dem Ziel dienten, Geldmittel für die Begleichung von Schulden zu erlangen, lässt aber unberücksichtigt, dass der Angeklagte trotz regelmäßiger Einkünfte gerade deshalb nicht zur Tilgung seiner Schulden mit legalen Mitteln in der Lage war, weil er sein Einkommen vorrangig für Alkohol und Drogen ausgeben musste. Der Angeklagte beging die Taten damit nicht, um vorrangig seine allgemeine Lebenssituation zu verbessern, sondern um mit deliktisch generierten Einkünften zu gewährleisten, große Teile seines Einkommens auch weiterhin für Alkohol und Rauschgift einsetzen zu können. Damit handelte der Angeklagte zumindest mittelbar auch, um Geld für die Beschaffung von Rauschmitteln zu erlangen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.10.2016 - 1 StR 470/16 Rn. 8). |
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20.4 |
"Im
Übermaß" bedeutet, dass der Täter
berauschende
Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit,
Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich
beeinträchtigt wird (BGH,
Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02;
BGH,
Beschl. v. 6.11.2003 - 1 StR 451/03; BGH,
Beschl. v. 25.6.2004 - 2
StR 205/04; BGH,
Beschl. v. 14.12.2005 - 1 StR 420/05; BGH,
Beschl. v.
6.11.2003 - 1 StR 406/03; BGH,
Beschl. v. 2.4.2004 - 1 StR 126/04; BGH,
Beschl. v. 25.7.2007 - 1 StR 332/07 - NStZ 2007, 697; BGH,
Urt. v.
18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138; BGH,
Beschl. v. 15.4.2008 -
1 StR 167/08; Körner aaO; Hanack aaO Rdn. 44 m.w.N. in
Fußn.
12). Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist
jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner
psychischen Abhängigkeit sozial
gefährdet oder
gefährlich
erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v.
21.8.2012 – 4 StR 311/12 mwN, insoweit in NStZ-RR 2013, 74 nicht
abgedruckt; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; BGH, Urt. v.
15.5.2014 – 3 StR 386/13 - NStZ-RR 2014, 271; BGH, Beschl. v.
3.2.2016 - 1 StR 646/15; BGH, Beschl. v. 14.6.2016 – 1 StR
219/16 - NStZ-RR 2017, 7; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn.
6; BGH, Beschl. v. 22.5.2017 - 1 StR 163/17 Rn. 5). Dies ist der Fall
bei der Begehung von zur Befriedigung des eigenen
Drogenkonsums dienender Beschaffungstaten (vgl. BGH, Beschl. v.
26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 2.4.2015 – 3 StR
103/15 Rn. 5; BGH,
Urt. v. 10.11.2004 – 2 StR 329/04 - NStZ 2005,
210). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (BGH, Beschl. v. 6. 9.2007 – 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn. 6). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschl. v. 30.7.2013 - 2 StR 174/13; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – 3 StR 421/11 - NStZ-RR 2012, 204; BGH, Beschl. v. 1.4.2008 – 4 StR 56/08 - NStZ-RR 2008, 198, 199; BGH, Beschl. v. 3.2.2016 - 1 StR 646/15; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn. 6; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 64 Rn. 10a). Eine Tendenz zum Betäubungsmittelmißbrauch ohne Depravation und erhebliche Persönlichkeitsstörung reicht nicht aus (BGHR StGB § 64 Nichtanordnung 1; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02). |
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20.5 |
„Im Rausch“ bedeutet, dass die Tat während des für das jeweilige Rauschmittel typischen, die geistig-psychischen Fähigkeiten beeinträchtigenden Intoxikationszustands begangen sein muss (BGH, Urt. v. 20.9.2011 - 1 StR 120/11; Schöch in SSW-StGB, § 64 Rn. 26). | |
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20.6 |
Für
die Prognose, ob die Gefahr, dass der Angeklagte infolge eines
Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, ist auf den
Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung abzustellen (vgl. BGH,
Beschl. v. 5.11.2015 - 2 StR 373/15). Eine der weiteren Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist die Gefahr, dass der Täter zumindest auch infolge seines Hangs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Eine bloße Selbstgefährdung reicht nicht aus (BGH, Beschl. v. 28.8.2007 - 4 StR 305/07 - NStZ-RR 2007, 368; OLG Hamm NJW 1974, 614). Die zu befürchtenden Taten müssen der Anlasstat nicht gleich oder ähnlich sein (vgl. BGH, Beschl. v. 11.7.2017 - 2 StR 203/17 Rn. 5; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 64 Rn. 15). Es genügt vielmehr, wenn sich unabhängig von Art und Qualität der Anlasstat feststellen lässt, dass aufgrund des Hangs (sonstige) erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind (BGH, Beschl. v. 11.7.2017 - 2 StR 203/17 Rn. 5). Zwar setzt § 64 StGB einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang zum Rauschmittelmissbrauch, der Anlasstat und zukünftiger Gefährlichkeit voraus; eine darüber hinausgehende 'Konnexität' zwischen der Abhängigkeit und zu erwartenden Straftaten ist jedoch nicht erforderlich. Es reicht grundsätzlich die Gefahr beliebiger Taten, wenn diese suchtbedingt und erheblich sind. Die Maßregel kann aber nicht unabhängig von dieser Gefahr allein zum Zweck der Heilung des Täters angeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2007 - 4 StR 305/07 - NStZ-RR 2007, 368; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 12 m.w.N.). Anders als bei § 63 StGB braucht der Täter für eine Unterbringung nach § 64 StGB nicht für die Allgemeinheit gefährlich zu sein. Wird daher die Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) u. a. mit der Erwägung abgelehnt, es fehle an der Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten, da es sich vorliegend durchweg um Beziehungstaten zum Nachteil der Geschädigten gehandelt habe und die Beziehung zu dieser nicht mehr bestehe, ist dies rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2010 - 2 StR 112/10; BGH, Beschl. v. 24.6.2010 - 4 StR 260/10). Lassen die Drogenabhängigkeit des Angeklagten, seine psychosoziale Desintegration und seine dissoziale Entwicklung zwar weitere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in Form des Erwerbs von kleinen Rauschgiftmengen zum Eigenkonsum erwarten, kann dies allein eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht rechtfertigen, wenn die Vorverurteilungen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und auch die vorliegende Tat die Annahme künftiger erheblicher Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht nahe legen (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.1993 - 1 StR 572/93 - NStZ 1994, 280 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 3.8.2004 - 1 StR 192/04). Für die anzustrengende Prognose sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Urteilsfindung maßgebend (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 4, 6; BGH, Beschl. v. 3.8.2004 - 1 StR 192/04). Angesichts eines seit vielen Jahren anhaltenden - ggfls. sogar täglichen - Heroinkonsums und der Feststellung, daß der Angeklagte den Betäubungsmittelhandel betrieben hat, um seinen Eigenkonsum zu finanzieren, liegt die Anordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hingegen nahe (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2002 - 1 StR 170/02; BGH, Beschl. v. 23.4.2002 - 5 StR 122/02). Lassen die getroffenen Feststellungen gewichtige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die über den Erwerb kleiner Rauschgiftmengen hinausgehen (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 5), konkret besorgen, weil angesichts der bestehenden Drogenabhängigkeit der Angeklagte sich auch künftig die für seinen Drogenkonsum erforderlichen erheblichen Geldmittel zu verschaffen suchen wird und seine Taten deutlich zeigen, dass er zu diesem Zweck das unerlaubte Handeltreiben mit - zum Teil an der Grenze zur nicht geringen Menge liegenden - Betäubungsmitteln und auch die Abgabe von Drogen an Minderjährige in Kauf nimmt, geht die Annahme, solche Taten seien nicht erheblich im Sinne von § 64 StGB, obwohl es sich im Fall des § 29a BtMG sogar um einen Verbrechenstatbestand handelt und auch das gewerbsmäßige Handeltreiben mit Betäubungsmitteln mit Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bedroht ist (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG) von einem rechtlich nicht mehr vertretbaren Maßstab aus (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2008 - 3 StR 148/08). Wird die Gefahr der Begehung künftiger Straftaten vom Tatgericht mit der Erwägung verneint, der Angeklagte sei bei Begehung der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen; er werde daher auch bei Fortbestehen seiner Sucht in der Lage sein, künftige Straftaten zu vermeiden, und sich gegebenenfalls einer freiwilligen Drogentherapie unterziehen können, tragen diese Erwägungen das Absehen von der Anordnung der Maßregel nicht, wenn der vielfach wegen Gewaltdelikten und Betäubungsmittel-Straftaten vorbestrafte und langjährig drogenabhängige Angeklagte seit Entwicklung seiner Heroinsucht in schneller Folge eine Vielzahl von Straftaten begangen hat, die unmittelbar auf seine Abhängigkeit zurückzuführen sind und deren krimineller Gehalt sich stetig steigerte. Daß er bei Begehung der abgeurteilten Taten voll schuldfähig war, steht dem nicht entgegen; vielmehr zeigen gerade diese Taten, daß der Angeklagte trotz voll erhaltener Steuerungsfähigkeit immer wieder geneigt ist, zur Finanzierung seiner Sucht auch Straftaten erheblichen Gewichts zu begehen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.11.2000 - 2 StR 431/00 - NStZ-RR 2001, 118). Wird die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB allein mit der Erwägung abgelehnt, die Gefahr der Begehung von Straftaten werde sich angesichts der Dauer der verhängten Freiheitsstrafen nicht realisieren, ist dies keine rechtlich tragfähige Begründung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die anzustellende Gefahrprognose ist derjenige der Hauptverhandlung (BGH, Urt. v. 10.08.2005 - 2 StR 209/05 - NStZ-RR 2005, 370, 371; BGH StV 2006, 579; BGH, Urt. v. 17.11.2010 - 2 StR 356/10 - NStZ-RR 2011, 77). Allein der bekundete Abstinenzwille reicht angesichts schwerwiegender hangbedingter Taten bei einer seit vielen Jahren bestehenden Heroinabhängigkeit des Angeklagten ersichtlich nicht aus, die Gefährlichkeit zu beseitigen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - 5 StR 13/07 - NStZ 2007, 326). Das Tatgericht darf sich zur Begründung der Prognose nicht allein auf das Gutachten des Sachverständigen stützen, denn die Frage der Erheblichkeit zukünftiger Straftaten ist eine Rechtsfrage, die nicht der Beurteilungskompetenz eines Sachverständigen unterfällt (vgl. BGH, Beschl. v. 8.8.2008 - 2 StR 337/08). Eine nur auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung reicht aber als Grundlage für die Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung nicht aus (vgl. BVerfG, Urt. v. 10. 2.2004 – 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190, 242; BGH, Beschl. v. 16.12.2015 - 2 StR 469/15). Herkunft und Bedeutung von Angaben aufgrund eines statistischen Prognoseinstruments sind unklar und erlauben für sich genommen eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der Gefahrenprognose nicht. Stützt der Tatrichter seine Prognose auf ein von einem Sachverständigen verwendetes standardisiertes Prognoseinstrument, hat er darauf zu achten, dass es im Einzelfall tauglich ist. Selbst dann bedarf es zur individuellen Prognose über die Anwendung derartiger Instrumente hinaus einer differenzierten Einzelfallanalyse (BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – 3 StR 169/10 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 8; BGH, Beschl. v. 16.12.2015 - 2 StR 469/15). Hat das Tatgericht dem Sachverständigen folgend lediglich aufgrund einer statistischen Untersuchung, wonach die Basisrate für Rückfälligkeit der Drogendelinquenz bei über 50 % liege, angenommen, dass der Angeklagte in Zukunft entsprechende erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, genügt dies den Anforderungen an die Gefahrenprognose nicht, wenn sich die Ausführungen des Sachverständigen in dieser allgemeinen Erwägung erschöpfen, ohne die Umstände des vorliegenden Falls in den Blick zu nehmen (BGH, Beschl. v. 25.3.2009 – 5 StR 7/09 - BGHR StGB § 66 Abs. 2 Gefährlichkeit 2, Rn. 4; BGH, Beschl. v. 30.3.2010 – 3 StR 69/10 - NStZ-RR 2010, 203, 204; BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – 3 StR 169/10 - StV 2011, 271; BGH, Beschl. v. 1.10.2013 – 3 StR 311/13 - NStZ-RR 2014, 42; BGH, Beschl. v. 12.4.2016 - 4 StR 17/16 Rn. 7). Zwar kann die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1 und 2). Gleichwohl darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht ausschließlich zur Besserung des Täters, also ohne gleichzeitige günstige Auswirkungen auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Verminderung der vom alkoholabhängigen Täter ausgehenden Gefährlichkeit erfolgen. Vielmehr ist erforderlich, daß bei erfolgreichem Verlauf der Behandlung jedenfalls das Ausmaß der Gefährlichkeit des Täters nach Frequenz und krimineller Intensität der von ihm zu befürchtenden Straftaten deutlich herabgesetzt wird (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2; BGH, Beschl. v. 6.8.2002 - 4 StR 230/02 - NStZ 2003, 86; BGH, Urt. v. 12.2.2009 - 4 StR 529/08 - NStZ 2009, 264). Die von § 64 Abs. 1 StGB geforderte Gefahr kann allein durch die Anlasstat begründet werden und wird durch eine hangbedingte schwere Gewalttat regelmäßig hinreichend belegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1988 – 2 StR 200/88 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 2; BGH, Beschl. v. 11.3.1997 - 5 StR 29/97; BGH, Beschl. v. 18.7.2000 - 5 StR 289/00 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 7; BGH, Beschl. v. 13.9.2000 - 2 StR 358/00; BGH, Beschl. v. 20.1.2004 - 4 StR 464/03; BGH, Beschl. v. 22.2.2006 - 5 StR 31/06 - NStZ-RR 2006, 204; BGH, Beschl. v. 12.12.2012 - 5 StR 580/12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 5 StR 334/09; BGH, Beschl. v. 25.11.2014 - 5 StR 509/14; Fischer, StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 13 f.). Das Gewicht der von dissozialen Lebensumständen des Angeklagten geprägten schweren Tat kann eine spezifische Wiederholungsgefahr indizieren (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 7; BGH, Beschl. v. 9.1.2002 - 5 StR 543/01 - NStZ-RR 2002, 107). Sexualdelikte kommen als Anlaßtaten durchaus in Betracht (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 28.10.1998 - 2 StR 404/98; BGH, Beschl. v. 7.5.1996 - 5 StR 158/96; vgl. auch BGH, Beschl. v. 21.9.1999 - 1 StR 430/99; BGH, Urt. v. 3.3.2000 - 2 StR 598/99). Daß die - allgemeine - Möglichkeit besteht, der Angeklagte könne unter Alkoholeinwirkung Aggressionstaten begehen, reicht für den von § 64 Abs. 1 StGB vorausgesetzten prognostischen Zusammenhang nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2000 - 2 StR 381/00). Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose ist es Aufgabe des Sachverständigen festzustellen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Angeklagte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sind und welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden. Ob sich aus der Wahrscheinlichkeitsaussage über das zukünftige Legalverhalten des Angeklagten die Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten im Sinne von § 64 StGB ergibt, ist hingegen eine vom Richter zu treffende normative Entscheidung (BGH, Beschl. v. 7.10.2010 - 3 StR 346/10 - StRR 2011, 111; vgl. hierzu Boetticher u.a., NStZ 2006, 537, 539 f.). Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass bei einem Drogenabhängigen grundsätzlich die Gefahr neuer erheblicher Straftaten besteht, gibt es nicht. Soweit zu erwarten wäre, dass der Angeklagte künftig Rauschgift nur zum Eigenkonsum erwirbt, könnte dies für sich genommen eine Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB nicht rechtfertigen (vgl. BGH NStZ 1994, 280; StV 1996, 880; BGH, Beschl. v. 15.6.2011 - 2 StR 645/10). Maßgebend ist, ob die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, im Zeitpunkt der tatgerichtlichen Hauptverhandlung besteht (BGH, Beschl. v. 22.1.1997 – 2 StR 656/96 - StV 1998, 73 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 24.1.2012 - 4 StR 636/11; BGH, Beschl. v. 9.10.2012 - 1 StR 456/12; siehe zum Zeitpunkt auch oben: Hang). Möglichkeiten, Chancen und Maßnahmen einer therapeutischen Behandlung haben dabei außer Betracht zu bleiben. Die Gefahr künftiger suchtbedingter Straftaten darf daher nicht deshalb verneint werden, weil der Angeklagte die Behandlungsbedürftigkeit seiner Sucht selbst einsieht und sich therapiewillig zeigt. Die Bereitschaft des Angeklagten, sich freiwillig einer stationären Therapie zu unterziehen, ist für sich genommen kein Grund, von der Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung abzusehen (BGH, Beschl. v. 5.12.1997 – 2 StR 504/97; BGH, Beschl. v. 5.3.2003 – 2 StR 5/03 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 24.1.2012 - 4 StR 636/11). |
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20.6.5 |
siehe
hierzu: Strafaussetzung, § 56
StGB --> Rdn.
20.10 siehe auch zur Gefahrenprognose im Rahmen des § 63 StGB: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, § 63 StGB ---> Rdn. 42 - Gefährlichkeitsprognose |
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20.7 |
Nach
der früher ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war, wenn die Voraussetzungen des
§ 64 StGB vorlagen, die Unterbringung zwingend
(früher
"Muss-Vorschrift") anzuordnen (st. Rspr. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362 f.;
BGHR StGB § 64 Ablehnung 8; BGH NStZ-RR 2003, 295;
BGH,
Beschl. v. 7.4.2004 - 2 StR 104/04; BGH,
Beschl. v. 10.2.2005 - 4 StR
596/04; BGH,
Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03; BGH,
Beschl. v.
18.3.2003 - 4 StR 95/03). Ein Wahlrecht oder ein Spielraum
war dem
Tatgericht dabei nicht eingeräumt (st. Rspr., vgl. BGHSt 37,
5, 7;
38, 362, 363; BGH,
Urt. v. 6.6.2002 - 1 StR 170/02). Hiervon durfte nur
abgesehen werden, wenn bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete
Aussicht eines Behandlungserfolgs bestand (vgl. BVerfGE 91, 1 ff.,
siehe dazu unten). Die Bereitschaft des Angeklagten, sich freiwillig
einer stationären Therapie zu unterziehen, ist für
sich
genommen kein Grund, von der Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung
abzusehen (BGH, Beschl. v. 5.12.1997 - 2 StR 504/97; BGH, Beschl. v.
5.3.2003 - 2 StR 5/03). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des
§ 64
StGB vermag der Hinweis darauf, dass der Angeklagte besser in einer
Betreuungsform außerhalb des Maßregelvollzugs zu
behandeln
wäre, die Ablehnung der Unterbringung nach § 64 StGB
auch
eingedenk des eröffneten tatgerichtlichen Ermessens nicht zu
rechtfertigen (vgl. BGH,
Beschl. v. 13.1.2010 - 5 StR 510/09). Die
Umgestaltung von einer Muss- in eine Sollvorschrift macht die
Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht
entbehrlich.
Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben
und die
Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht
nachprüfbar
machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.; BGH,
Beschl. v. 13.11.2008 - 5
StR 507/08; BGH,
Beschl. v. 10.3.2010 - 2 StR 34/10; siehe zur Gesetzesänderung auch
oben Rdn. 5
m.w.N.). Die Neufassung des § 64 StGB ermöglicht es nunmehr, in den Fällen, in denen die Ausgangsbedingungen sehr ungünstig sind, von der Anordnung der Unterbringung Abstand zu nehmen und dadurch den Maßregelvollzug von einem faktisch nicht zu leistenden Therapieaufwand zu entlasten, der für die aussichtsreichen Fälle die knappen Ressourcen entzieht (BRDrucks. 455/04 S. 21; vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138). Anlass für die Umgestaltung des § 64 StGB zu einer „Soll-Vorschrift“ war auch, dass nach bisherigem Recht an den Aufwand der Maßregelvollzugseinrichtungen, einen Behandlungserfolg zu erreichen, unter Hinweis auf den zwingenden Charakter der Vorschrift teilweise zu hohe Anforderungen gestellt wurden. Von den Verantwortlichen des Maßregelvollzugs war beklagt worden, dass die Kapazitäten der Anstalten durch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von in Anbetracht des Heilungszwecks weniger geeigneten Personen blockiert würden (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138). Die Unterbringung nach § 64 StGB hat Vorrang vor der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG (BGH, Beschl. v. 30.3.2010 - 3 StR 88/10 - NStZ-RR 2010, 216; BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 3 StR 201/12; BGH, Beschl. v. 4.7.2012 - 4 StR 173/12; BGH, Beschl. v. 11.7.2013 - 3 StR 193/13; BGH, Beschl. v. 18.2.2014 - 2 StR 623/13; BGH, Beschl. v. 5.4.2016 - 3 StR 554/15 Rn. 11). Für § 35 BtMG ist kein Raum, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2013 - 2 StR 384/12). Ein "Wahlrecht" des Angeklagten besteht insoweit nicht (BGH, Beschl. v. 5.4.2016 - 3 StR 554/15 Rn. 11). Von der Anordnung der Unterbringung darf nicht schon wegen der Möglichkeit der vollstreckungsrechtlichen Zurückstellung abgesehen werden. Der Sonderregelung der §§ 35, 36 BtMG geht die Maßregel gemäß § 64 StGB vor; da erstere erst im Vollstreckungsverfahren Platz greifen und nicht auf das Erkenntnisverfahren Einfluß haben können (vgl. BGH bei Holtz MDR 1992, 932; BGH, Beschl. v. 14.2.2001 - 2 StR 32/01; BGH, Beschl. v. 9.8.2001 - 3 StR 279/01; BGH, Beschl. v. 27.9.2002 - 5 StR 117/02 - NStZ-RR 2003, 12; BGH, Beschl. v. 8.10.2002 - 4 StR 330/02; BGHR StGB § 64 Ablehnung 7, 8; BGH, Beschl. v. 29.10.2002 - 3 StR 326/02; BGH, Beschl. v. 16.4.2003 - 2 StR 60/03; BGH, Beschl. v. 30.6.2004 - 2 StR 196/04; BGH, Beschl. v. 29.10.2002 - 3 StR 326/02; BGH, Beschl. v. 7.4.2004 - 2 StR 104/04; BGH, Beschl. v. 20.7.2004 - 3 StR 228/04; BGH, Beschl. v. 20.7.2004 - 5 StR 257/04; BGH, Beschl. v. 7.9.2005 - 2 StR 385/05; BGH, Beschl. v. 2.6.2006 - 2 StR 146/06; BGH, Beschl. v. 27.9.2006 - 2 StR 329/06; BGH, Beschl. v. 14.3.2007 - 2 StR 75/07; BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 14.5.2008 - 3 StR 140/08; BGH, Beschl. v. 27.6.2008 - 3 StR 212/08 - NStZ 2009, 392; BGH, Beschl. v. 8.8.2008 - 2 StR 337/08; BGH, Beschl. v. 8.8.2008 - 2 StR 277/08; BGH, Beschl. v. 5.12.2008 - 2 StR 424/08; BGH, Beschl. v. 25.11.2008 - 3 StR 404/08 - StV 2009, 353; BGH, Beschl. v. 4.2.2009 - 2 StR 586/08 - NStZ-RR 2009, 235; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR 271/09; BGH, Beschl. v. 10.3.2010 - 2 StR 34/10; BGH, Beschl. v. 30.3.2010 - 3 StR 88/10; BGH, Beschl. v. 22.2.2011 - 4 StR 5/11; BGH, Beschl. v. 3.5.2011 - 5 StR 568/10; BGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 1 StR 317/14; Fischer StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 24, 26; Basdorf/Schneider/König in Festschrift Rissing-van Saan, 2011, S. 59, 61). Hieran hat sich durch die Neufassung des § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI I 1327) grundsätzlich nichts geändert (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2008 - 3 StR 38/08; BGH, Beschl. v. 25.11.2008 - 3 StR 404/08 - StV 2009, 353; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 10.3.2010 - 2 StR 34/10; BGH, Beschl. v. 22.2.2011 - 4 StR 5/11; BGH, Beschl. v. 11.7.2013 - 3 StR 193/13; Fischer StGB 58. Aufl. § 64 Rdn. 26). Rechtsfehlerhaft ist es, die Höhe der Gesamtstrafe wesentlich auch nach Maßgabe der (formellen) Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtMG zu bemessen, denn bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Maßregel anzuordnen; hiervon darf nicht im Hinblick auf § 35 BtMG abgesehen werden (BGH NStZ-RR 2003, 12; BGH StraFo 2004, 359; BGH StV 2008, 405, 406; BGH, Beschl. v. 4.3.2009 - 2 StR 37/09 - NStZ 2009, 441; vgl. auch Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 26 m.w.N.). Wird - im gegenläufigen Fall - die Ablehnung der Maßregel des § 64 StGB mit dem Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht begründet, schließt dies eine mögliche Anwendung des § 35 BtMG bei weitergehenden Erkenntnissen nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 10.3.2009 - 5 StR 73/09 - StV 2010, 240). siehe auch: Zurückstellung der Strafvollstreckung, § 35 BtMG Das Gericht muß in diesen Fällen zunächst die Voraussetzungen des § 64 StGB, gegebenenfalls in Verbindung mit § 67b StGB, prüfen. Das Vorliegen einer zumindest erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten ist für die Feststellung eines Hangs im Sinne von § 64 StGB nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschl. v. 27.9.2006 - 2 StR 329/06; Tröndle/Fischer aaO § 64 Rdn. 11 m.w.N.). Erwägungen zu einer Anordnung nach § 64 StGB sind nicht etwa deshalb entbehrlich, weil von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten auszugehen ist. Es ist nicht erforderlich, daß zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit des Täters gemäß § 21 StGB feststeht (BGH, Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03; BGH, Beschl. v. 7.9.2006 - 2 StR 275/06: betreffend Alkoholabhängigkeit; siehe dazu auch oben). Eine suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie nicht den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht (BGH, Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 26/07; BGH, Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03; BGH, Beschl. v. 29.1.2003 - 1 StR 500/02; BGH, Beschl. v. 5.2.2002 - 1 StR 9/02; vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 7 m.w.N.). Eine festgestellte Persönlichkeitsstörung selbst rechtfertigt ein Absehen von der Maßregel nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03). Vgl. zu Polytoxikomanie auch BGH, Beschl. v. 21.12.2005 - 2 StR 452/05. Dem Absehen von der Maßregelanordnung im Hinblick auf eine frühere Unterbringungsanordnung mit der Erwägung, die insoweit zugebilligte Aussetzung zur Bewährung könne widerrufen werden steht § 67f StGB entgegen. Aus § 67f StGB ergibt sich, dass von einer an sich gebotenen Unterbringungsanordnung nicht deshalb abgesehen werden kann, weil eine bereits früher angeordnete und noch vollstreckbare Unterbringungsanordnung besteht. Vielmehr ist mit der Rechtskraft der späteren Anordnung die frühere erledigt (vgl. BGH NStZ 1992, 432; Beschl. v. 17.7.1997 - 4 StR 314/97; BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 15, § 67f Rdn. 1 m. w. N.). siehe auch: Mehrfache Anordnung der Maßregel, § 67f StGB |
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§ 64 Satz 2 StGB |
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§ 64 Satz 2 StGB Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. |
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35 |
Anordnung
und Vollzug der Maßregel müssen an die
hinreichend
konkrete Aussicht geknüpft sein, den Süchtigen zu
heilen oder
doch über eine gewisse Zeitspanne vor Rückfall in die
akute
Sucht zu bewahren (BVerfGE 91, 1; BGH NStZ 1995, 229; BGH,
Beschl. v.
20.6.2001 - 3 StR 209/01 - NStZ-RR 2002, 7; BGH,
Beschl. v. 28.8.2007 -
4 StR 305/07 - NStZ-RR 2007, 368; BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4
StR 497/15;
Fischer, StGB 55. Aufl. § 64
Rdn. 14 ff.). Erforderlich ist die Prognose, dass bei erfolgreichem
Verlauf der Therapie die Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich
herabgesetzt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12;
Fischer, StGB, 60. Aufl., § 64 Rn. 19 mwN). Dabei erfordert die
Prognoseentscheidung über den Behandlungserfolg eine
Gesamtwürdigung, die auch die Persönlichkeit des Täters,
die Art und das Stadium seiner Sucht sowie bereits eingetretene
physische und psychische Veränderungen und Schädigungen in
den Blick zu nehmen hat (BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4 StR 497/15; BGH,
Beschl. v. 18.12.2012 – 4 StR 453/12; BGH, Beschl.
v. 26.2.2014 – 4 StR 577/13). Insbesondere in der Persönlichkeit und den Lebensumständen des Angeklagten müssen sich daher konkret zu benennende Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass es innerhalb eines zumindest „erheblichen“ Zeitraums nicht (mehr) zu einem Rückfall kommen wird (BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4 StR 497/15; vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 16.1.2014 – 4 StR 496/13 - NStZ 2014, 203, 205 mwN). Maßgeblich sind insofern die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Verhandlung vor dem Tatrichter (BGH, Beschl. v. 8.5.2012 – 3 StR 98/12). Dies gilt auch für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Maßregel (BGH, Beschl. v. 10.5.2012 – 4 StR 65/12; siehe auch BGH, Beschl. v. 7.1.2008 – 5 StR 425/07). Formulierungen wie "Umstände, welche eine Therapie von vorneherein als aussichtslos erscheinen ließen, … nicht ersichtlich" seien, sind insoweit bedenklich (vgl. BGH, Beschl. v. 9.4.2008 - 2 StR 112/08). Es kommt nicht darauf an, dass die "Entziehungskur" als "nicht aussichtslos im Sinne von § 64 Abs. 2 StGB" erscheint, sondern es muss nach § 64 Satz 2 StGB eine hinreichend konkrete Aussicht gegeben sein, dass die Behandlung in der Entziehungsanstalt erfolgreich sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.2012 - 2 StR 520/11). Nach § 64 Satz 2 StGB bedarf es einer "hinreichend konkreten Erfolgsaussicht"; dies ist mit dem Fehlen von "Aussichtslosigkeit" ersichtlich nicht gleichbedeutend (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2013 - 2 StR 442/12; BGH, Beschl. v. 11.11.2015 - 2 StR 299/15). siehe auch zur Vollstreckungsreihenfolge: Vollstreckungsreihenfolge, § 67 StGB |
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35.3 |
Der bisherigen – auf den Wortlaut des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB und den Willen
des Gesetzgebers gestützten – Auslegung (vgl. BGH, Beschl. v. 17.4.2012 – 3 StR 65/12 - NJW 2012, 2292) - Rechtsprechung
einiger Strafsenate des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage vor der
Gesetzesänderung, wonach die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB dann
nicht vorliegen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht
innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen
Höchstfrist von zwei Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschl.
v. 15.4.2014 – 3 StR 48/14 - NStZ-RR 2014, 212, 213 mwN; BGH,
Urt. v. 20.1.2016 – 2 StR 378/15 - NStZ 2016, 683, 685; BGH, Beschl. v.
8.8.2012 – 2 StR 279/12 - NStZ-RR 2013, 7, 8; vgl. auch Fischer,
StGB, 64. Aufl., § 64 Rn. 19a; dagegen BGH, Urt. v. 6.2.1996 – 5 StR
16/96; zuletzt offengelassen BGH, Urt. v. 10.4.2014 – 5 StR 37/14 -
NStZ 2014, 315, 316; vgl. zum Ganzen Schneider, NStZ 2014,
617), ist mit der Neufassung des § 64 Satz 2 StGB
im Zuge des Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und
zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I 2016 S.
1610) die Grundlage entzogen worden (vgl. BGH, Beschl. v. 4.5.2017 - 2 StR 570/16 Rn. 4; Kissel/Mayer,
GVG, 8. Aufl., § 132 Rn. 21). Denn durch diese Gesetzesänderung
enthält § 64 Satz 2 StGB nun eine entsprechende Klarstellung, indem
nach dem Wort „Entziehungsanstalt“ die Worte „innerhalb der Frist nach
§ 67d Absatz 1
Satz 1 oder 3“ eingefügt wurden. Damit hat der Gesetzgeber – um eine
flexiblere Handhabung des § 64 StGB für den Einzelfall zu ermöglichen
(vgl. BT-Drucks. 18/7244, S. 13, 24 f.) – an die Rechtsansicht des 5.
Strafsenats des Bundesgerichtshofs angeknüpft (vgl. BGH, Urt. v.
10.4.2014 – 5 StR 37/14 - NStZ 2014, 315, 316),
wonach für eine erfolgversprechende Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2
StGB grundsätzlich die bei Verhängung einer Begleitstrafe geltende
verlängerte Unterbringungsfrist nach § 67d
Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfügung steht (BGH, Beschl. v. 15.3.2017 – 2
StR 581/16; BGH, Beschl. v. 4.5.2017 - 2 StR 570/16 Rn. 4). Die
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist mithin, wenn daneben eine
Freiheitsstrafe verhängt wird, nicht mehr von vornherein auf zwei Jahre
beschränkt; die Höchstfrist der Unterbringung verlängert sich in diesen
Fällen vielmehr nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB um die Dauer
des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe.
Durch den Verweis auf § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB sollte ausdrücklich
klargestellt werden, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
auch dann angeordnet werden kann, wenn ausnahmsweise eine notwendige
Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren zu prognostizieren ist
(BT-Drucks. 18/7244, S. 1, 2, 24 f.; BGH, Beschl. v. 14.6.2017 - 3 StR
97/17 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 25.7.2017 - 3 StR 113/17 Rn. 13). Zur früheren Rechtsprechung: L E I T S A T Z Eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Satz 2 StGB) besteht nicht, wenn die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschreitet (BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12 - Ls. - NJW 2012, 2292; vgl. auch BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12 - NStZ-RR 2013, 7; BGH, Urt. v. 20.12.2012 - 3 StR 377/12; BGH, Beschl. v. 27.3.2013 - 4 StR 60/13; BGH, Urt. v. 27.3.2013 - 2 StR 384/12: "zweieinhalb Jahre"; BGH, Beschl. v. 11.3.2014 - 4 StR 36/14: "mindestens" zwei Jahre). Gemäß § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB darf die Unterbringung nach § 64 StGB nicht länger als zwei Jahre dauern. Der insoweit eindeutige Wortlaut gründet auf der Überzeugung des Gesetzgebers, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei nur innerhalb einer bestimmten Frist, konkret innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwei Jahren, sinnvoll und erfolgversprechend (BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12; vgl. Protokolle des Sonderausschusses "Strafrecht", 4. Wahlperiode, S. 803 ff., 819, 936 f., und 5. Wahlperiode, S. 427; außerdem BT-Drucks. 5/4095, S. 33; bekräftigt BT-Drucks. 16/1110, S. 14; vgl. auch LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 167; SK-Sinn, StGB, Stand: Juli 2009, § 67d Rn. 2; Münch-KommStGB/Veh, § 67d Rn. 5; Satzger/Schmitt/Widmaier/Jehle, StGB, § 67d Rn. 9; Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 7. Aufl., S. 283 Rn. 486).). Aus der Systematik der Bestimmungen zu den freiheitsentziehenden Maßregeln ergibt sich nichts anderes. Insbesondere lässt sich § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB nicht entnehmen, der Gesetzgeber halte Unterbringungen über zwei Jahre hinaus in Einzelfällen für therapeutisch sinnvoll. § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB knüpft die Höchstfristverlängerung nicht an die tatrichterliche Prognose, eine die Zweijahresfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB überschreitende Therapie werde ausnahmsweise erfolgreich sein, sondern will ausschließlich Systembrüche korrigieren, die sich aus der Vollstreckungsreihenfolge ergeben können (vgl. BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12; BGH, Urt. v. 11.3.2010 - 3 StR 538/09 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10 mwN; BGH, Beschl. v. 5.11.2014 - 4 StR 358/14; zu § 89 Abs. 5 StGB E 1962 vgl. BT-Drucks. 4/650, S. 219; zur Vorbildfunktion des § 89 Abs. 5 StGB E 1962 für den späteren § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB vgl. BT-Drucks. 5/4095, S. 34). Die Auffassung des Gesetzgebers, eine auf länger als zwei Jahre prognostizierte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt biete keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg und habe deshalb von vornherein zu unterbleiben, findet ihre Bekräftigung in § 67 Abs. 2 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327). Nach dessen Satz 2 soll das Gericht bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach Satz 3 ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden, auf die Strafe angerechneten Unterbringung die Vollstreckung der verbleibenden Hälfte der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, erfolgversprechende Behandlungen dauerten "nach den Erfahrungen der Praxis gegenwärtig im Durchschnitt" ein Jahr, eine "sinnvolle Entziehungstherapie" sei "spätestens nach zwei Jahren beendet" (BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12; BT-Drucks. 16/1110, S. 14; zur durchschnittlichen Behandlungsdauer bereits die Gesetzentwürfe des Bundesrates zur Verbesserung der Vollstreckung freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung, BT-Drucks. 14/8200, S. 10, und zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt, BT-Drucks. 15/3652, S. 13 f.). Ist der Drogenkonsum nur Ausdruck der dissozialen Persönlichkeitsfehlentwicklung des Angeklagten, kann dies einen Heilungserfolg insgesamt oder jedenfalls innerhalb von zwei Jahren in Frage stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2012 - 4 StR 223/12; BGH, Beschl. v. 8.7.2009 – 2 StR 209/09; BGH, Urt. v. 11.8.2011 – 4 StR 267/11 Rn. 24; BGH, Beschl. v. 17.4.2012 – 3 StR 65/12 Rn. 7). Teilt das Urteil keine tragfähigen Gründe dafür mit, dass eine (nur) zweijährige Therapie bei dem Angeklagten erfolgversprechend ist, fehlt es bei einer Therapiedauer von drei Jahren - wie sie der gehörte Sachverständige prognostiziert hat -, an der notwendigen konkreten Erfolgsaussicht (BGH, Beschl. v. 17.7.2012 - 4 StR 223/12; BGH, Urt. v. 11.3.2010 – 3 StR 538/09 Rn. 10 ff. - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10 - NStZ-RR 2011, 5, 6 f.; BGH, Urt. v. 5.8.2010 – 3 StR 195/10 Rn. 10 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 11; BGH, Beschl. v. 17.4.2012 – 3 StR 65/12 Rn. 3). Die hinreichende Erfolgsaussicht der Maßregel ist nicht tragfähig begründet, wenn die Strafkammer unter Hinweis auf die entsprechende Höchstdauer der Unterbringung nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB, bei deren Überschreiten die geforderte Erfolgsaussicht nicht besteht (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2010 – 3 StR 538/09 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10 - NStZ-RR 2011, 5, 6 f.; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 195/10 - BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 11), von einer Therapiedauer von zwei Jahren ausgegangen ist und dabei ohne weitere Begründung allein auf die Ausführungen des gehörten Sachverständigen abgestellt hat, nach dessen Einschätzung bei dem Angeklagten allerdings eine Therapiedauer von zwei Jahren "einschließlich einer Langzeitbehandlung mit betreutem Wohnen für eine Dauer von 2 ½ bis 3 Jahren" erforderlich ist. Diese - bereits in sich widersprüchliche - Einschätzung vermag die Annahme des Landgerichts jedoch nicht zu stützen; aus ihr könnte allenfalls folgen, dass die zulässige Höchstdauer überschritten wird und die erforderliche Erfolgsaussicht deshalb nicht besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 16.8.2012 - 3 StR 322/12). Soweit das Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen davon ausgegangen ist, dass die Drogentherapie „mindestens zwei Jahre“ dauern werde, wird dadurch noch hinreichend belegt, dass die Entzugsbehandlung voraussichtlich innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist von zwei Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2016 - 2 StR 378/15; vgl. dazu auch BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12 - NJW 2012, 2292; BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14; vgl. dagegen BGH, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 StR 48/14 - NStZ-RR 2014, 212, 213, zu einer prognostizierten Therapiedauer von „nicht unter zwei Jahren“). Dies ist umso wahrscheinlicher, weil die vom Sachverständigen erforderlich erachtete neue medikamentöse Einstellung des Angeklagten als vorbereitende Behandlung noch im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB erfolgen kann und von daher auf den gesetzlichen Zeitrahmen nicht anzurechnen ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2016 - 2 StR 378/15; BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14). Allein die Feststellung einer erforderlichen "Therapiedauer" von drei Jahren vermag nicht hinreichend zu belegen, dass ein Behandlungserfolg nur dann zu erwarten ist, wenn der Angeklagte über den gesamten Zeitraum von drei Jahren hinweg in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. Jedenfalls dann, wenn die insgesamt erforderliche Therapiedauer den in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmten Zeitraum deutlich übersteigt, wird vielmehr differenzierend zu prüfen und darzulegen sein, inwieweit eine Verkürzung der eigentlichen Unterbringungszeit dadurch möglich ist, dass einerseits vorbereitende soziale Therapien noch während des Vorwegvollzugs von Strafe erfolgen, andererseits etwaige nach Erreichen des Halbstrafenzeitpunkts noch notwendige Nachsorgemaßnahmen ambulant durchgeführt werden und einem Bewährungsbeschluss nach § 57 Abs. 3 Satz 1, § 56c StGB vorbehalten bleiben können (BGH, Urt. v. 20.12.2012 - 3 StR 377/12). Leitsatz: Therapiedauer und konkrete Erfolgsaussicht (BGH, Urt. v. 10.4.2014 - 5 StR 37/14 - Ls.) Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshof hat in BGH, Urt. v. 10.4.2014 - 5 StR 37/14 offen gelassen, ob es an einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB im vorliegenden Fall bereits allein deshalb fehlt, weil die prognostizierte Therapiedauer zwei Jahre überschreitet (in diesem Sinne BGH, Urt. v. 11.3.2010 – 3 StR 538/09 - JR 2010, 500; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – 3 StR 377/12 - StV 2013, 698; BGH, Urt. v. 27.3.2013 – 2 StR 384/12 - StV 2013, 698; BGH, Urt. v. 16.1.2014 – 4 StR 496/13; BGH, Beschl. v. 17.4.2012 – 3 StR 65/12 - BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1; BGH, Beschl. v. 17.7.2012 – 4 StR 223/12 - StraFo 2012, 413; BGH, Beschl. v. 8.8.2012 – 2 StR 279/12 - NStZ-RR 2013, 7). Der 5. Senat hält jedoch an seiner gegenteiligen Auffassung (BGH, Beschl. v. 6.2.1996 – 5 StR 16/96) fest; danach steht eine Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren einer konkreten Erfolgsaussicht jedenfalls nicht grundsätzlich entgegen. Eine strikte Begrenzung der Unterbringungsdauer auf zwei Jahre mit der Folge der generellen Aussichtslosigkeit bei absehbar eine längere Dauer erfordernden Unterbringungen lässt sich dem Gesetzwortlaut nicht entnehmen (vgl. van Gemmeren aaO Rn. 73 mwN). § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB enthält gerade keine starre Beschränkung der Unterbringungsdauer; die Vorschrift ist vielmehr im Zusammenhang mit § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB zu sehen, der ausdrücklich eine Verlängerung der Zweijahresfrist vorsieht. Eine solche Begrenzung lässt sich auch nicht mit systematischen Erwägungen begründen, findet in den Gesetzesmaterialien keinen Niederschlag (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 218, siehe auch BT-Drucks. V/4095, S. 33) und widerstreitet dem Gesetzeszweck, die Allgemeinheit bei Bedarf auch durch im Einzelfall zwei Jahre übersteigende Therapie vor gefährlichen Tätern zu schützen (vgl. dazu auch Trenckmann, JR 2010, 501). Insbesondere ergäben sich im Vorfeld und in Konkurrenz zu schwereren freiheitsentziehenden Maßregeln (§§ 63, 66 StGB) prinzipielle Sperren gegen unter Umständen konkret aussichtsreiche längere Entzugstherapien. Diese wären – gerade auch im Blick auf § 72 StGB – mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz schwerlich vereinbar und widersprächen in Fällen der Sicherungsverwahrung dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 128, 326) initiierten gesetzlichen Konzept, Sicherungsverwahrung durch individuelle und intensive Therapie vermeidbar zu machen (vgl. § 66c Abs. 2 StGB) (BGH, Urt. v. 10.4.2014 - 5 StR 37/14). siehe auch unten Rdn. 35.10.75 - Überlange voraussichtliche Theapiedauer Hat das Tatgericht es versäumt, die voraussichtliche Dauer der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt im Urteil festzustellen, ist damit bereits die nach § 64 Satz 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht nicht belegt. Diese bestünde nur, wenn die nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB zulässige Höchstdauer der Unterbringung von zwei Jahren nicht überschritten würde (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2014 - 3 StR 508/14; BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12 - NJW 2012, 2292; vgl. auch BGH, Beschl. v. 30.6.2016 - 3 StR 221/16 Rn. 6). Der Mitteilung der voraussichtlichen Dauer bedarf es ferner, um dem Revisionsgericht die Überprüfung der Entscheidung über den Vorwegvollzug (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB) zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.2.2009 - 3 StR 569/08 - NStZ-RR 2009, 172), der gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3, § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB so zu bemessen ist, dass eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt möglich ist (BGH, Beschl. v. 25.11.2014 - 3 StR 508/14). |
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35.5 |
§ 64 S. 2 StGB verlangt, dass sich die hinreichend konkrete Aussicht der Rückfallfreiheit auf einen „erheblichen“ Zeitraum erstrecken muss. Der Gesetzgeber hat sich für diese Formulierung in bewusster Abkehr von der vom Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagenen Formulierung („nicht unerhebliche Zeit“) entschieden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/5137 S. 4, 10), die lediglich Fälle ausschließen wollte, in denen ein Suchtrückfall „fast unmittelbar nach der Entlassung im Abstand von wenigen Tagen oder Wochen“ zu erwarten ist (BT-Drucks. 16/1110, S. 14; vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 5 StR 378/08). Eine nachhaltige, d.h. sehr lang andauernde Heilung ist für die Erfolgsaussicht nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 4.6.2002 - 4 StR 160/02). Es genügt die konkrete Aussicht, 'den Süchtigen über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren' (BVerfGE 91, 1 f. = NStZ 1994, 578; BGH, Beschl. v. 24.11.2009 - 4 StR 422/09). Es müssen konkrete Anhaltspunkte für einen die Behandlung im Maßregelvollzug überdauernden Therapieerfolg festgestellt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 519/09; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 5 StR 378/08; Fischer StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 19). Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung ohne eine weitergehende Erfolgsaussicht ist unzureichend, zumal dann, wenn der Angeklagte nach regulärer Beendigung eines wenige Jahre zuvor durchgeführten Methadonprogramms wieder massiv rückfällig geworden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 519/09). | |
[ Hinreichend konkrete Erfolgsaussicht ] |
35.10 |
Die
Neuregelung des § 64 Satz 2 StGB
bestimmt, dass die Anordnung der Unterbringung nur dann ergehen darf,
wenn eine hinreichend
konkrete Erfolgsaussicht besteht, die
untergebrachte Person zu heilen oder über eine nicht
unerhebliche
Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der
Begehung
erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf den Hang
zurückgehen (BTDrucks. 16/1110 S. 10 und 13; siehe auch oben
"Neufassung"). Die Anordnung dieser beschwerenden Maßregel
ist
demnach nur dann vorgesehen, wenn sie geeignet ist, den Schutzzweck
gerade durch eine Behandlung zu erreichen (vgl. BVerfGE 91, 1, 28 f.). Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist an die Voraussetzung geknüpft, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25.7.2008 - 2 BvR 573/08 Rn. 2; BVerfG, Beschl. v. 5.7.2013 - 2 BvR 708/12 [juris Rn. 28] jeweils mwN). Erforderlich ist deshalb jedenfalls in Fällen, in denen sich dies angesichts der Feststellungen nicht von selbst versteht, die Darlegung im Urteil, dass sich unter Berücksichtigung der Art und des Stadiums seiner Sucht sowie bereits eingetretener physischer und psychischer Veränderungen und Schädigungen (BGH, Beschl. v. 18.12.2012 - 4 StR 453/12; BGH, Beschl. v. 26.2.2014 - 4 StR 577/13) in Persönlichkeit und Lebensumständen des Angeklagten konkret zu benennende Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass es innerhalb eines zumindest "erheblichen" Zeitraums nicht (mehr) zu einem Rückfall kommen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2007 - 3 StR 516/07 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 16.9.2008 - 5 StR 378/08; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 519/09 - NStZ-RR 2010, 141; BGH, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 StR 277/11; BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13). Wird die Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB auf die Erwägung gestützt, eine Therapie sei "nicht von vornherein als aussichtslos zu betrachten"; "zwar sei ein Therapiewille des Angeklagten nicht zu erkennen; dies rechtfertige aber noch nicht "die Aussichtslosigkeit einer Entziehungskur im Sinne des § 64 StGB", oder "es sei lediglich nicht auszuschließen, dass eine konsequente Therapie an dem Hang des Angeklagten etwas ändern könne" ist dies rechtsfehlerhaft, weil dies zur Annahme einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht nicht reicht (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - 3 StR 353/00 - NStZ-RR 2001, 103; BGH, Beschl. v. 29.7.2009 - 2 StR 266/09; BGH, Beschl. v. 19.8.2009 - 2 StR 301/09; BGH, Beschl. v. 30.9.2014 - 3 StR 261/14). Diese Auslegung des § 64 a.F. StGB hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994 für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 91, 1 ff.). Der Bundesgerichtshof hat seither in einer großen Vielzahl von Entscheidungen immer wieder darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf ein Merkmal des Fehlens von "Aussichtslosigkeit" rechtsfehlerhaft ist und § 64 Abs. 1 a.F. StGB in verfassungskonformer Auslegung stattdessen die Feststellung einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzt. Durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 16. Juli 2007 (BGBl. I 1327) ist § 64 StGB entsprechend geändert worden und trägt dem Erfordernis einer konkreten Erfolgsaussicht nun auch im Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich Rechnung (§ 64 Satz 2 StGB) (vgl. BGH, Beschl. v. 11.3.2009 - 2 StR 537/08 - StraFo 2009, 247; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.6.2013 - 2 StR 118/13). Bereits im Jahr 1994 hat das Bundesverfassungsgericht die damalige Regelung des § 64 Abs. 1 aF StGB für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 91, 1). In einer großen Vielzahl von Entscheidungen haben danach alle Strafsenate des Bundesgerichtshofs immer wieder Urteile aufgehoben, die auf einer Anwendung des verfassungswidrigen Kriteriums der "Aussichtslosigkeit" beruhten. Bei der ab 20. Juli 2007 geltenden Neufassung des § 64 StGB hat der Gesetzgeber auch den Wortlaut des § 64 Satz 2 StGB angepasst und klargestellt, dass es einer "hinreichend konkreten Erfolgsaussicht" bedarf; dies ist mit dem Fehlen von "Aussichtslosigkeit" ersichtlich nicht gleichbedeutend. Wenn Tatgerichte beinahe 20 Jahre nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und mehr als fünf Jahre nach der Gesetzesänderung immer noch auf das vom Bundesgerichtshof vielfach bemängelte verfassungswidrige Kriterium abstellen, mag das auch darauf beruhen, dass fehlerhafte, ihrerseits uninformierte Sachverständigengutachten kritiklos übernommen werden. Dies zeigt zunächst eine die Sachkunde in Frage stellende Unkenntnis des Sachverständigen von den normativen Grundlagen seines Gutachtensauftrags. Verantwortlich ist aber in jedem Fall das Gericht, das den Sachverständigen anzuleiten und Fehler seines Gutachtens kritisch zu hinterfragen hat (BGH, Beschl. v. 11.4.2013 - 2 StR 412/12). Sinn der Maßregelanordnung nach § 64 StGB ist es, möglichst umgehend mit der Behandlung zu beginnen, weil dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht. Deshalb ist die Erfolgsaussicht einer Entziehungsbehandlung schon für die voraussichtliche Dauer der Inhaftierung zu prüfen, zumal es auch darum geht, den Betroffenen durch die Behandlung in die Lage zu versetzen, an der Verwirklichung des Vollzugsziels mitzuarbeiten (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug 7 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 4.6.2002 - 4 StR 160/02 - NStZ 2002, 647). Zwar kann der zwischenzeitlich bereits erzielte Behandlungserfolg einer bereits begonnenen Therapie ausnahmsweise die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB entbehrlich machen (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2008 – 5 StR 425/07 Rn. 8). Dass ein solcher Behandlungserfolg mittlerweile tatsächlich eingetreten ist, muss hingegen festgestellt sein (vgl. BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4 StR 497/15). |
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35.10.5 |
Der
Umstand, dass der Angeklagte sich bereits
einmal einer Therapie unterzogen hat und rückfällig
geworden
ist, steht der erforderlichen hinreichend konkreten Aussicht auf einen
Behandlungserfolg (BVerfGE 91, 1 ff.) nicht notwendig entgegen (vgl.
BGH NStZ-RR 1997, 131 f.; BGH,
Beschl. v. 4.12.2001 - 4 StR 492/01;
BGH,
Beschl. v. 5.2.2002 - 1 StR 9/02; BGH,
Beschl. v. 14.2.2007 - 5
StR 13/07 - NStZ 2007, 326: allein
das Scheitern einer länger
als
elf Jahre zurückliegenden Entwöhnungstherapie - zu
deren
Behandlungskonzept nichts bekannt ist - lässt nicht den
Schluss
auf die Erfolglosigkeit jedweden Therapieansatzes zu; BGH,
Beschl. v.
30.10.2008 - 3 StR 334/08 - NStZ-RR 2009, 77: betr. zweimaliger
Rückfälligkeit mit jeweils vorübergehendem
Erfolg; vgl.
auch BGH,
Beschl. v. 17.11.2009 - 4 StR 375/09; BGH, Beschl. v.
1.3.2012 - 2 StR 30/12: frühzeitiger
Therapieabbruch; BGH, Beschl.
v. 12.7.2012 - 2 StR 602/11: Angeklagter
hatte vor seinem erneuten
Rückfall nur eine von vier (freiwilligen) Therapien erfolgreich
beendet). Wiederholte Fehlschläge im Zusammenhang mit § 35 BtMG können Rückschlüsse für die für eine Maßregel nach § 64 StGB geforderte konkrete Erfolgsaussicht zulassen (BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - 5 StR 235/04; BGH, Beschl. v. 6.2.2008 - 4 StR 659/07). Allein der rasche Rückfall nach der ersten, zudem nur relativ kurzen stationären Therapie läßt eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs nicht entfallen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.2002 - 2 StR 136/02). Auch aus dem Umstand, dass eine frühere Drogenlangzeittherapie bereits kurz nach ihrem Beginn mit der Entlassung des Angeklagten wegen eines Disziplinarverstoßes abgebrochen wurde, folgt nicht die Annahme des Fehlens einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht (vgl. BGH, Beschl. v. 4.3.2008 - 3 StR 30/08). Die Teilnahme an einer - wenn auch mehrjährigen - Substitutionsbehandlung belegt nicht, daß Drogenfreiheit nicht zu erreichen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.8.1999 - 3 StR 303/99; BGH, Beschl. v. 5.7.2000 - 2 StR 87/00 - NStZ-RR 2001, 12). Ebenso wenig darf eine Prüfung deswegen unterbleiben, weil der Angeklagte bereits einmal nach einer ambulanten Therapie bei einer Drogenberatungsstelle rückfällig geworden war (vgl. BGH, Beschl. v. 8.3.2005 - 3 StR 22/05). Das Fehlen einer hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) folgt nicht schon ohne weiteres daraus, dass der Angeklagte zwei frühere Drogentherapien abgebrochen hat, zumal diese nicht im Maßregelvollzug durchgeführt wurden und eine davon überdies eine ambulante Maßnahme war (vgl. BGH, Beschl. v. 18.5.2010 - 3 StR 115/10). Zwar steht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Umstand, dass ein Täter bereits eine Entzugsbehandlung absolviert hat und danach wieder rückfällig geworden ist, der Erfolgsaussicht einer neuen Therapie nicht ohne weiteres entgegen (vgl. nur BGH, Beschl. v. 23.10.1996 – 4 StR 473/96 - NStZ-RR 1997, 131; BGH, Beschl. v. 13.4.2011 – 4 StR 7/11). Hat der Täter mehrere Entwöhnungsbehandlungen absolviert und ist er entweder danach wieder rückfällig geworden oder mussten die Therapien abgebrochen werden, so darf sich der Tatrichter jedoch nicht auf die bloße Mitteilung des Ergebnisses des Sachverständigen beschränken (BGH, Beschl. v. 10.5.2012 - 4 StR 65/12). Mehrfache erfolglose Therapieversuche können darauf hindeuten, dass es an der erforderlichen Erfolgsaussicht der Unterbringung fehlt (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 2 StR 288/09; BGH, Beschl. v. 26.2.2014 - 4 StR 577/13). Bei einer ausdrücklich erklärten Therapiebereitschaft des Angeklagten ist nicht anzunehmen, dass eine hinreichende konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg von vornherein fehlt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.3.1994, BGBl I, 3012; BGH, Beschl. v. 15.1.2002 - 4 StR 574/01; BGH, Beschl. v. 28.1.2003 - 1 StR 532/02). Dass beim Angeklagten eine für die Unterbringung erforderliche hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 S. 2 StGB) nicht besteht, kann jedenfalls nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, dass frühere Anordnungen nach § 35 BtMG widerrufen werden mussten (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.2008 - 3 StR 140/08). Hat der Angeklagte einen Selbstentzug mit ca. einjähriger Abstinenz vollzogen, ist dies ein zu beachtender Umstand. Dass der Angeklagte danach rückfällig geworden ist, belegt ein Fehlen der hinreichenden Erfolgsaussicht nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 6.10.2009 - 3 StR 303/09). Dem Erfordernis einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg steht jedenfalls nicht von vornherein entgegen, dass der Angeklagte bereits zwei stationäre Entwöhnungsmaßnahmen durchführte, zumal diese zumindest einen mehrere Jahre anhaltenden Erfolg erbrachten (BGH, Beschl. v. 30.10.2008 - 3 StR 334/08 - NStZ-RR 2009, 77, 78; BGH, Beschl. v. 13.1.2011 - 3 StR 429/10). Hat die seit vielen Jahren heroinabhängige Angeklagte hingegen mittlerweile 14 stationäre Entgiftungen erfolglos durchlaufen, kann auszuschließen sein, dass eine Behandlung der Angeklagten im Maßregelvollzug nunmehr eine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 3 StR 70/11). Hat der Angeklagte über einen Zeitraum von nahezu 14 Jahren hinweg Drogenentwöhnungstherapien - von nicht näher festgestellter Dauer - ohne durchgreifenden Erfolg absolviert, bedürfen die gleichwohl für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechenden Gesichtspunkte, zu denen auch der Grad der Therapiewilligkeit des Angeklagten gehört (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2011 - 4 StR 7/11 mwN), über die bloße Mitteilung des Ergebnisses der Bewertung des Sachverständigen hinausgehend einer eingehenden Darlegung in den Urteilsgründen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.1.2014 - 2 StR 650/13). Gleiches gilt, wenn bei dem Angeklagten schon über viele Jahre eine schwere Abhängigkeitserkrankung infolge multiplen Substanzgebrauchs, insbesondere seit 2004 wegen des Konsums von Heroin besteht und Substitutionsbehandlungen, in deren Rahmen der Angeklagte weiterhin Heroin konsumierte, und Langzeittherapien in der Vergangenheit sich als erfolglos erwiesen haben. Die dem Angeklagten gewährte Zurückstellung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen musste mehrfach widerrufen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 1.3.2016 - 5 StR 7/16; vgl. auch BGH, Beschl. v. 15.3.2016 - 26/16). |
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35.10.10 |
Bei
einer bereits länger andauernden
Heroinsucht des Angeklagten und seiner wiederholten
Rückfälligkeit nach Therapiebemühungen in
der
Vergangenheit ist nicht etwa schon durch die Entgiftung
während
der Inhaftierung ein Heilungserfolg eingetreten, der die
Maßregel
entbehrlich machen könnte (vgl. BGH,
Beschl. v. 20.8.2002 - 5
StR
348/02). Auch der Umstand, dass der Angeklagte eine
Unterbringung
ablehnt, steht deren Anordnung nicht entgegen (BGH bei Holtz MDR 1986,
880). Allein aus dem Umstand, daß der Angeklagte
Therapieangeboten bislang ausgewichen ist, kann auf das Fehlen einer
hinreichend konkreten Erfolgsaussicht nicht geschlossen werden, zumal
dann, wenn der Angeklagte sich nach den Aussagen seines
Bewährungshelfers seines Alkoholproblems bewußt ist
und sich
dessen schämt (vgl. BGH,
Beschl. v. 12.6.2001 - 5 StR 178/01). Das Fehlen von Therapiewilligkeit steht einer Anordnung nach § 64 StGB grundsätzlich nicht entgegen (BGH bei Holtz MDR 1996, 880; NStZ-RR 2004, 263; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 2 StR 288/09; BGH, Beschl. v. 10.5.2011 - 4 StR 178/11; BGH, Beschl. v. 10.8.2011 - 4 StR 345/11; Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 20). Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hängt nicht vom Therapiewillen des Betroffenen ab (BTDrucks. 16/1110 S. 13; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09; BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - 3 StR 502/09; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11). Ein bloßer Hinweis auf eine Therapieunwilligkeit des Angeklagten in den Urteilsgründen belegt das Fehlen der Erfolgsaussicht nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 2 StR 288/09; BGH, Beschl. v. 4.8.2011 - 3 StR 236/11). Zwar kann die Therapieunwilligkeit des Täters ein gegen die Erfolgsaussicht der Maßregel sprechender Umstand sein (vgl. BGH, Beschl. v. 4.4.2000 - 5 StR 94/00; BGH, Urt. v. 27.7.2000 - 1 StR 263/00 - NJW 2000, 3015, 3016 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 8.11.2000 - 1 StR 462/00; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09; BGH, Beschl. v. 10.5.2011 - 4 StR 178/11; BGH, Beschl. v. 10.8.2011 - 4 StR 345/11; BGH, Beschl. v. 3.7.2012 - 5 StR 313/12; BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12). In diesem Fall sind jedoch die Gründe und Wurzeln eines etwaigen Motivationsmangels festzustellen und zu überprüfen, ob eine Therapiebereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung geweckt werden kann (BGH NStZ 1986, 274; NStZ-RR 97, 70; BGH, Beschl. v. 19.3.2004 - 2 StR 513/03; BGH, Beschl. v. 5.5.2009 - 4 StR 99/09 - NStZ-RR 2009, 277; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 5 StR 382/09; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 5 StR 413/09 - NStZ-RR 2010, 42, 43; BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - 3 StR 502/09; BGH, Beschl. v. 22.9.2010 – 2 StR 268/10 - NStZ-RR 2011, 203; BGH, Beschl. v. 10.5.2011 - 4 StR 178/11; BGH, Beschl. v. 4.8.2011 - 3 StR 236/11; BGH, Beschl. v. 10.8.2011 - 4 StR 345/11; BGH, Beschl. v. 8.5.2012 - 3 StR 128/12; BGH, Beschl. v. 3.7.2012 - 5 StR 313/12; BGH, Urt. v. 31.7.2013 - 2 StR 620/12; BGH, Urt. v. 26.11.2014 - 2 StR 132/14; BGH, Urt. v. 3.3.2016 - 4 StR 497/15; BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 3 StR 48/16 Rn. 8; BGH, Beschl. v. 26.10.2016 - 4 StR 408/16 Rn. 6; Fischer StGB 60. Aufl., § 64 Rn. 20; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. § 64 Rn. 11); denn gerade auch darin kann das Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug bestehen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 3 StR 48/16 Rn. 8; BGH, Beschl. v. 19.3.2004 - 2 StR 513/03 - NStZ-RR 2004, 263; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09 - NStZ-RR 2010, 141). Dabei ist etwa auf die Frage einzugehen, ob nicht mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Angeklagten zu erreichen ist (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7; BGH, Beschl. v. 5.5.2009 - 4 StR 99/09 - NStZ-RR 2009, 277). Der pauschale Hinweis darauf, dass der Angeklagte eine entsprechende Bewährungsweisung nicht erfüllt hat, belegt ohne nähere Darlegung der Umstände dieser Therapie und ihres Scheiterns das Fehlen einer Erfolgsaussicht der freiheitsentziehenden Maßregel des § 64 StGB nicht (BGH, Urt. v. 31.7.2013 - 2 StR 620/12). Mangelnde Einsicht in die Missbrauchsproblematik und mangelnde Therapiemotivation kann ein Indiz dafür sein, dass eine Entwöhnungsbehandlung keine Erfolgschance bietet. Ob aber vom Mangel einer ernsthaften Therapiebereitschaft auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht geschlossen werden kann, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller insoweit maßgeblicher Umstände beurteilen. Denn Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug kann es gerade sein, die Therapiebereitschaft beim Angeklagten überhaupt erst zu wecken (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7; BGH NStZ-RR 1997, 34; BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 583/99 - NStZ-RR 2000, 299; BGH, Beschl. v. 12.12.2000 - 4 StR 464/00 - BGHSt 46, 225 - StV 2001, 160; BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09; BGH, Beschl. v. 22.9.2010 - 2 StR 268/10; BGH, Beschl. v. 3.7.2012 - 5 StR 313/12). Einer Therapieunwilligkeit der Angeklagten, deren Heroinkonsum auch bisher schon zeitweise mit Methadon substituiert wird, kann im Maßregelvollzug entgegengewirkt werden, worauf dieser abzielt (§ 137 StVollzG; BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12). Die Therapieunwilligkeit steht der Maßregelanordnung daher nicht notwendig entgegen (vgl. BT-Drucks. 16/1110 S. 13; BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - 3 StR 502/09 - NStZ-RR 2010, 141; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11 - NStZ-RR 2011, 30; BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.1.2013: Therapieunwilliger Angeklagter erklärte sich bereit, bei Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG an einer Suchtbehandlung teilzunehmen: Der pauschale Hinweis auf unterschiedliche Therapiekonzeptionen reicht zur Ablehnung nicht aus. Die Therapie im Maßregelvollzug hat im Übrigen gegenüber der nach § 35 BtMG Vorrang (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl. § 64 Rn. 26). Therapieunwilligkeit kann zwar ein Indiz für unzureichende Erfolgsaussichten der Entziehungsbehandlung sein. Ob der Schluss von einem Mangel an Therapiebereitschaft auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Behandlung gerechtfertigt ist, lässt sich aber nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände beurteilen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.4.1996 - 3 StR 95/96 - NStZ-RR 1997, 34, 35; BGH, Beschl. v. 22.9.2010 - 2 StR 268/10 - NStZ-RR 2011, 203; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09 Rn. 5; BGH, Beschl. v. 14.6.2017 - 3 StR 97/17 Rn. 7). An dieser Rechtsprechung ist auch nach der Neufassung des § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (in Kraft getreten am 20. Juli 2007; BGBl I S. 1327) festzuhalten, da auch weiterhin die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht vom Therapiewillen des Betroffenen abhängen soll (BTDrucks. 16/1110 S. 13; vgl. BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07 - NStZ-RR 2008, 8; BGH, Beschl. v. 5.5.2009 - 4 StR 99/09 - NStZ-RR 2009, 277). Beispiel: Soweit der Sachverständige (darüber hinaus) die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Abstinenztherapie verneint hat, weil der Alkohol- und Drogenkonsum des Angeklagten auf dessen "Persönlichkeitsstruktur" beruhe, weswegen "er persönliche Krisen nicht ohne Rauschmittel bewältigen könne" und er daher eine Therapie benötige, "die seine Verhaltensmuster verändere", gilt Folgendes: Dass der Süchtige die Bewältigung von Spannungssituationen durch die Zuführung von Suchtmitteln erreichen will, anstatt sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen, gehört zu den Kernproblemen der Sucht. Der Versuch, die Affekttoleranz des Abhängigen zu stärken, ist deshalb ein wichtiges Ziel jeder tiefgreifenden Therapie. Dies gilt auch für die Behandlung im Maßregelvollzug nach § 64 StGB (vgl. Schalast in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Band 3, 2006, S. 326, 333, 342 f.). Ein Fehlen der Erfolgsaussicht kann daher allein mit dem Hinweis auf diese Persönlichkeitsproblematik nicht belegt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 7.10.2010 - 3 StR 346/10 - StRR 2011, 111). Der Möglichkeit einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Unterbringung nach § 64 StGB geht dieser dem Vollstreckungsverfahren vorbehaltenen Maßnahme vor; von der Anordnung der Unterbringung darf daher nicht abgesehen werden, weil eine Entscheidung nach § 35 BtMG ins Auge gefasst ist (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 7 und 8; BGH StraFo 2003, 100; StV 2008, 405, 406; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 10.8.2011 - 4 StR 345/11; BGH, Urt. v. 26.11.2014 - 2 StR 132/14; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 64 Rdn. 24, 26; siehe hierzu vorstehend zu § 64 Satz 1 StGB). Keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (vgl. BVerfGE 91, 1) hat der Bundesgerichtshof bei einem 53-jährigen Angeklagten angenommen, der an chronischem Alkoholismus leidet, noch keine Therapie abgeschlossen hat und bei dem eine im Jahr 2001 nach § 64 StGB angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bereits nach einer Dauer von weniger als sechs Monaten abgebrochen werden mußte, da er nachdrücklich jegliche weitere Mitarbeit im Rahmen einer Therapie abgelehnt hatte. Er war weiterhin therapieunwillig und hat gegenüber dem vom Landgericht bestellten Sachverständigen erklärt, dass er weder auf freiwilliger Basis noch gemäß § 64 StGB suchttherapeutisch behandelt werden wolle und nur eine Haftstrafe akzeptiere (vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.2007 - 4 StR 577/06). Angesichts der "langjährigen, von chronischem Alkoholismus erschwerten dissozialen Persönlichkeitsstörung" des Angeklagten und seinem Entweichen aus dem Vollzug der zuletzt angeordneten Maßregel mit alsbaldigem Rückfall kann eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne von § 64 Abs. 2 StGB zu verneinen sein (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2001 - 2 StR 67/01). Gleiches gilt für die Beurteilung des sachverständig beratenen Tatrichters, der angesichts des jahrzehntelangen intensiven - und auch in Zeiten der Strafvollstreckung nicht unterbrochenen - Konsums harter Drogen und der vom Angeklagten mehrfach gegenüber dem Sachverständigen und der Strafkammer erklärten entschiedenen Ablehnung einer Therapie sowie seiner Ankündigung, auch bei Methadon-Substitution nicht auf den Beikonsum von Drogen zu verzichten (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 34; BGH, Beschl. v. 16.4.2002 - 3 StR 74/02) oder angesichts der Feststellungen zum Verlauf der früheren Unterbringung, aus der der Angeklagte wiederholt entwichen war (vgl. BGH, Beschl. v. 8.11.2000 - 1 StR 462/00). Allein der Umstand, daß er den Bitten seiner Eltern, sich einer Therapie zu unterziehen, nur halbherzig Folge leistete und sich nach einer Entgiftung alsbald wieder dem Drogenkonsum zuwandte, genügt ebenfalls nicht, anzunehmen, dass die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 85; 163; 1998, 70; BGH, Beschl. v. 21.1.1999 - 4 StR 697/98; BGH, Beschl. v. 6.6.2000 - 4 StR 208/00). Die angenommene hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB) ist nicht ausreichend begründet, wenn lediglich dargelegt wird, dass die Unwilligkeit des Angeklagten, sich im Maßregelvollzug therapieren zu lassen, einer Unterbringungsanordnung nicht entgegensteht und unerörtert bleibt, ob überhaupt eine konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten durch die Behandlung zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren. Der Angeklagte hatte seit 1996 eine Vielzahl von Entwöhnungsbehandlungen absolviert und war stets wieder rückfällig geworden. Auch eine 2003/2004 durchgeführte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt blieb nach neun Monaten ohne Erfolg und wurde für erledigt erklärt. Es versteht sich daher nicht von selbst, dass eine erneute Maßregelanordnung einen Erfolg erzielen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 21.6.2012 - 5 StR 286/12). Bei der „eher zwiespältigen“ Therapiemotivation des Angeklagten und der Vielzahl der in der Vergangenheit stets an mangelnder Behandlungsbereitschaft des Angeklagten gescheiterten Therapieversuche kann die konkreten Erfolgsaussicht für eine Therapie nach § 64 StGB zu verneinen sein (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.2014 - 5 StR 59/14). Die Annahme, daß keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Angeklagte von ihrem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren, ist bei Bemühungen um einen stationären Drogentherapieplatz nicht nahe liegend (vgl. BGH, Beschl. v. 9.1.2001 - 5 StR 555/00). |
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35.10.15 |
Zum
Absehen der Anordnung der Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt im Zusammenhang mit mangelhaften
Sprachkenntnissen des Angeklagten vgl. BGHSt 36, 199: (zweifeld); BGH,
Beschl. v. 15.3.2001 - 5 StR 591/00 - NStZ 2001, 418:
(bejahend); BGH
StV 1998, 74 (verneinend); BGH,
Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 209/01 -
NStZ-RR 2002, 7 (verneinend); BGH,
Beschl. v. 14.10.2004 - 4 StR 356/04
(verneinend). Danach haben nach bisheriger Rechtsprechung mangelhafte
oder fehlende Sprachkenntnisse des Angeklagten für die
Prognoseentscheidung im Rahmen des § 64 Satz 2 StGB
außer
Betracht zu bleiben (vgl. BGH,
Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 209/01 -
NStZ-RR 2002, 7). Diese Rechtsprechung wird in dieser Allgemeinheit
unter der Geltung des neuen Rechts jedoch nicht aufrecht zu erhalten
sein (vgl. BGH,
Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138). Auch nach der Umgestaltung des § 64 StGB zur Sollvorschrift mit der Gesetzesnovelle vom 16. Juli 2007 (BGBl. I 1327) sollte es im Grundsatz dabei verbleiben, dass die Sprachunkundigkeit eines Ausländers nicht ohne weiteres allein ein Grund für einen Verzicht auf seine Unterbringung sein kann (vgl. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/5137, S. 10). Indes muss nicht gegen jeden Sprachunkundigen, insbesondere wenn eine therapeutisch sinnvolle Kommunikation mit ihm schwer möglich sein wird, eine Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 28.10.2008 – 5 StR 472/08 - NStZ 2009, 204; BGH, Beschl. v. 17.8.2011 - 5 StR 255/11; BGH, Beschl. v. 12.3.2014 - 2 StR 436/13; BGH, Urt. v. 6.7.2017 - 4 StR 124/17 Rn. 11). Der Tatrichter hat insoweit aber eine Ermessensentscheidung zu treffen, die für das Revisionsgericht nachprüfbar sein muss (BGH, Beschl. v. 12.3.2014 - 2 StR 436/13; vgl. auch BGH, Beschl. v. 3.2.2016 - 4 StR 547/15: Fehlende Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass der aus Guinea stammende Angeklagte nie eine Schule besucht hat und die deutsche Sprache nicht beherrscht). Handelt es sich bei dem Angeklagten um einen EU-Ausländer mit Lebensmittelpunkt in Deutschland, bedarf es jedenfalls der Klärung, inwieweit das für den Vollzug einer Unterbringung des Angeklagten zuständige Krankenhaus des Maßregelvollzugs Behandlungsmöglichkeiten für entsprechend sprachige Patienten bietet (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2011 - 5 StR 255/11; Basdorf/Schneider/König in Festschrift Rissing-van Saan, 2011, S. 59, 62 ff.; vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 22.1.2013 - 5 StR 378/12). An fehlenden Sprachkenntnissen ausländischer Beschuldigter soll die Maßregelanordnung im Allgemeinen nicht scheitern (vgl. BGH, Beschl. v. 30.10.1996 - 2 StR 528/96 - StV 1998, 74 f.; BGH, Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 209/01 - NStZ-RR 2002, 7; BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12), zumal eine Überstellung des Verurteilten in sein Heimatland zum Maßregelvollzug in Betracht kommt (s. § 70 IRG, Art. 68 SDÜ; vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 3.9.2013 - 3 StR 232/13), sofern dort entsprechende Einrichtungen existieren. Die Überlegung, dass fehlende Sprachkenntnisse der Maßregelanordnung nicht entgegenstehen, wird zwar durch die Umgestaltung von § 64 StGB zur Sollvorschrift abgeschwächt (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138, 139). Sie besitzt jedoch weiterhin gewisse Aussagekraft (BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12). Mangelnde Sprachkenntnisse von Ausländern haben zwar als in der Persönlichkeit des Täters begründete, nicht suchtbezogene Umstände für die Unterbringungsanordnung eine, wenn auch im Einzelnen hinsichtlich ihrer Erheblichkeit nicht einheitlich beurteilte, Bedeutung (vgl. MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64, Rn. 71 sowie LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 141 f., jew. mwN; BGH, Beschl. v. 30.10.1996 - 2 StR 528/96 - StV 1998, 74; BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138, 139 sowie BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12 - NStZ 2012, 689; vgl. auch BT-Drucks. 16/1344 S. 12 f.). Bei weitgehender Sprachunkundigkeit kann die Annahme, eine Behandlung habe keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht, nahe liegen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – 3 StR 513/12 - BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1; BGH, Urt. v. 6.7.2017 - 4 StR 124/17 Rn. 11; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 64 Rn. 23a, 24 mwN). Denn mit der Umgestaltung von § 64 StGB zu einer Soll-Vorschrift beabsichtigte der Gesetzgeber auch die Schonung der Behandlungskapazitäten, die bis dahin durch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von in Anbetracht des Heilungszwecks weniger geeigneten Personen blockiert wurden (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2007 – 1 StR 411/07 - StV 2008, 138; BGH, Urt. v. 6.7.2017 - 4 StR 124/17 Rn. 11). Deshalb sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs ein Absehen von der Maßregelanordnung insbesondere bei ausreisepflichtigen Ausländern ermöglicht werden, bei denen infolge erheblicher sprachlicher Verständigungsprobleme eine erfolgversprechende Therapie kaum vorstellbar ist (BT-Drucks. 16/5137, S. 10). Hingegen genügt es regelmäßig für eine erfolgversprechende Maßregelanordnung, wenn der Betreffende zumindest über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt (BGH, Beschl. v. 20.6.2001 – 3 StR 209/01 - NStZ-RR 2002, 7; weitergehend: BGH, Urt. v. 6.7.2017 - 4 StR 124/17 Rn. 11: bei fehlenden Kenntnissen der deutschen Sprache für ausreichend angesehen, dass der Angeklagte fließend Englisch spricht und auch in der Lage sei, zumindest grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache während der Dauer des Vorwegvollzugs zu erwerben). Derartige Sprachdefizite waren in BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12 jedoch nicht festgestellt: Der - zunächst in Griechenland aufgewachsene - 31-jährige Angeklagte besuchte ab seinem 9. Lebensjahr eine Grund- und Hauptschule bzw. die Sonderschule sowie Berufsschulen in Deutschland und arbeitete hier mehrere Jahre lang. Danach liegt es nahe, dass er zumindest über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt; dies genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 209/01 - NStZ-RR 2002, 7). Darauf, dass der Angeklagte weder die deutsche noch die griechische Schriftsprache beherrscht, kann es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht nicht ankommen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12). Die offenbar weitgehend fehlenden deutschen Sprachkenntnisse des (seit 1968 im Inland lebenden) Angeklagten können einer Anordnung der Maßregel des § 64 StGB entgegenstehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07 - StV 2008, 138 f.; BGH, Beschl. v. 29.6.2016 - 1 StR 254/16 Rn. 16; siehe aber auch BGH, Urt. v. 22.1.2013 – 5 StR 378/12 - NStZ-RR 2013, 171; BGH, Beschl. v. 10.7.2012 – 2 StR 85/12 - NStZ 2012, 689 f.; näher dazu auch van Gemmeren in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 64 Rn. 71 und 80 mwN). Bei der Ermessensentscheidung kann auch berücksichtigt werden, dass bei einem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit eröffnet ist, von einer Unterbringung nach § 64 StGB Abstand zu nehmen, wenn erhebliche sprachliche Verständigungsprobleme bestehen und eine erfolgversprechende Therapie aufgrund der unzulänglichen Kommunikationsgrundlage mit dem Therapeuten kaum möglich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 25.2.2014 - 4 StR 567/13; BGH, Beschl. v. 3.3.2009 - 3 StR 52/09 - NStZ-RR 2009, 170, 171; BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 5 StR 472/08 - NStZ 2009, 205, jeweils mwN). |
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35.10.20 |
Die bloße Feststellung, die Erfolgsaussicht könne nicht verneint werden, reicht für die Anordnung nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich in Persönlichkeit und Lebensumständen des Verurteilten konkrete Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf der Therapie finden lassen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 19). Hieran können insbesondere bei verfestigter und langjähriger Dauer der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten und der Vielzahl der bisher ohne Ausnahme erfolglos absolvierten Therapien begründete Zweifel bestehen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2007 - 3 StR 516/07 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 6.2.2008 - 4 StR 659/07). | |
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35.10.25 |
Die Erfolgsaussichten einer Therapie können nicht allein deshalb verneint werden, weil der Verurteilte nach der Entziehungskur voraussichtlich zu seinem ebenfalls abhängigen Partner zurückkehren wird. Die gegenteilige Auffassung liefe im Ergebnis darauf hinaus, von vornherein auch diejenigen aufgrund ihrer Rauschmittelabhängigkeit gefährlichen Straftäter, die therapiewillig und grundsätzlich auch therapiegeeignet sind, die aber in enger sozialer und persönlicher Beziehung mit ebenfalls rauschmittelabhängigen Personen leben, von der erforderlichen Entziehungsbehandlung auszuschließen. Damit aber würde in weitem Umfang sowohl der auf individuelle Heilung des Straftäters von seiner Sucht gerichtete Zweck der Maßregel als auch der damit verbundene Präventionszweck der Maßregel verfehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 4.6.2002 - 4 StR 160/02 - NStZ 2002, 647). Auch wenn vieles dafür sprechen mag, daß die Rückkehr eines (ehemals) abhängigen Straftäters in sein "Milieu" nach Entlassung aus der Haft trotz Entziehungsbehandlung die Gefahr des Rückfalls in frühere Verhaltensweisen begründet, kann dies deshalb für sich kein Grund sein, die Anordnung der Maßregel abzulehnen. Zwar mag ein solcher Umstand einen dauerhaften Erfolg der Entziehungsbehandlung in Frage stellen. Doch verlangt § 64 Abs. 1 StGB nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes BVerfGE 91, 1 f. (= NStZ 1994, 578) nicht unbedingt die Aussicht auf eine vollständige Heilung von der Sucht; vielmehr genügt danach die konkrete Aussicht, "den Süchtigen über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren" (vgl. BGH, Beschl. v. 4.6.2002 - 4 StR 160/02 - NStZ 2002, 647). | |
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35.10.30 |
Mögliche
organisatorische
Schwierigkeiten
rechtfertigen es nicht, aus diesen Gründen von einer
Maßnahme nach § 64 StGB abzusehen (BGH,
Beschl. v.
27.2.2007 - 1 StR 76/07; BGH,
Beschl. v. 27.4.2006 - 5 StR 104/06). Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung und praktischen Durchführung der Maßregel dürfen grundsätzlich nicht die Entscheidung über deren Anordnung beeinflussen, solange die übrigen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 2 Aussichtslosigkeit 6; BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - 5 StR 13/07 - NStZ 2007, 326). |
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35.10.35 |
Hat der Angeklagte wiederholt "vergebliche Entgiftungsversuche" durchgeführt und fand schließlich keinen Arzt mehr, der ihn zur "Entgiftung" einweisen wollte, versteht sich die Erfolgsaussicht einer Unterbringungsanordnung nicht von selbst und bedarf der Erörterung (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.2008 - 4 StR 20/08 - NStZ 2008, 519). | |
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35.10.40 |
Soweit
vom Tatgericht mit dem
Sachverständigen für sinnvoll erachtet wird, dem
Angeklagten
den Abschluss der im Jugendstrafvollzug begonnenen Berufsausbildung zu
ermöglichen, kann dem gegebenenfalls bei der
gemäß
§ 67
Abs. 2 StGB zu treffenden Entscheidung über die
Vollstreckungsreihenfolge Rechnung getragen werden (vgl. BGH,
Beschl.
v. 16.9.2008 - 4 StR 316/08). siehe auch: Vollstreckungsreihenfolge, § 67 StGB |
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35.10.45 |
Das Leugnen der Tat durch den Angeklagten stellt keinen zulässigen Anknüpfungspunkt gegen eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB dar (vgl. BGH, Beschl. v. 30.9.2008 - 5 StR 305/08). | |
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35.10.50 |
Die
Ablehnung einer derartigen Maßregel mit
der kurzen Begründung, wegen der "nötigen
intellektuellen
Kapazität" werde die Behandlung keinen Erfolg haben, ist
unzureichend (vgl. BGH,
Beschl. v. 19.1.2000 - 2 StR 609/99).
Angesichts der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten und
seiner
intellektuellen und hirnorganischen Defizite sowie mit Blick auf die
zahlreichen kurz- und langfristigen Entzugs- und
Therapiemaßnahmen, denen er sich seit dem Jahr 1997 ohne
jeden
Erfolg unterzogen hat, kann im Einzelfall die Auffassung tragen, es
bestehe keine hinreichend konkrete Aussicht eines Therapieerfolgs (vgl.
BGH,
Beschl. v. 27.10.2009 - 3 StR 424/09 - NStZ 2010, 270). Bedenken können insofern bestehen, als die Strafkammer davon ausgeht, dass die Therapiekonzepte im Maßregelvollzug eine differenzierte intellektuelle und sprachliche Auseinandersetzung mit der Suchtproblematik erfordern, und die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung des Angeklagten wegen seiner "intellektuellen Minderbegabung" ablehnt, wenn eine erhebliche intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64 Rn. 68), nicht festgestellt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12). Allein ein fehlender Schulabschluss spricht nicht für eine intellektuelle Behinderung, die wegen ihrer Schwere dazu führen könnte, dass der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt nicht behandelbar wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2015 - 3 StR 314/15; BGH, Beschl. v. 22.1.2013 - 3 StR 513/12 - BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 1; MüKoStGB/van Gemmeren, 2. Aufl., § 64 Rn. 68). Von dem zu Therapierenden ist aber ein gewisses Maß an Introspektionsfähigkeit sowie Kränkungs- und Frustrationstoleranz zu fordern (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2015 - 3 StR 314/15; Dannhorn, NStZ 2012, 414, 417). |
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35.10.55 |
Erwägungen
zum Geschlecht der Beschwerdeführerin und
zu ihrer
Neigung zur "Rebellion" begegnen angesichts des Zwecks der
Maßregel (vgl. BGH,
Beschl. v. 8.7.2009 - 2 StR 209/09;
Fischer
StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 2, 20 f.) rechtlichen Bedenken. Mit Blick auf die Besonderheiten des konkreten Falles nicht durchgreifend rechtsfehlerhaft hat der Bundesgerichtshof die Nichtanordnung der Maßregel durch das sachverständig beratene Tatgericht bewertet, bei dem die Angeklagte eine akzentuierte Persönlichkeit aufwies, sie zudem unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, insbesondere einer begleitenden Essstörung litt und wiederholt ernsthafte Suizidversuche unternommen hatte (BGH, Beschl. v. 8.7.2009 - 2 StR 209/09). An einer Psychose leidende Täter, bei denen sich eine sekundäre Abhängigkeit von Alkohol oder Betäubungsmitteln ausgebildet hat, sind in aller Regel in einer Entziehungsanstalt nicht erfolgreich behandelbar (vgl. BVerfGE 91, 1, 22; BGH, Urt. v. 11.8.2011 - 4 StR 267/11; Schöch in LK-StGB, 12. Aufl. § 64 Rn. 140; MünchKommStGB/van Gemmeren, § 64 Rn. 58; Heilmann/Scherbaum in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der forensischen Psychatrie, Bd. 4, S. 570; Penners, Zum Begriff der "Aussichtslosigkeit" einer Entziehungskur nach § 64 StGB, 1985, S. 139 f.). Die vorhandene anhaltende wahnhafte Störung kann ein der hinreichenden Aussicht eines Therapieerfolges entgegenstehender Umstand sein (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 29.6.2016 - 1 StR 254/16 Rn. 16; BGH, Beschl. v. 21.8.2014 – 3 StR 341/14 - NStZ 2015, 539 f. sowie BGH, Urt. v. 10.4.2014 – 5 StR 37/14 - NStZ 2014, 315 f.). Vor dem Hintergrund des fortgeschrittenen Alters des Angeklagten, seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit und körperlichen Verwahrlosung sowie zahlreicher im Ergebnis erfolgloser stationärer Entgiftungsbehandlungen bedarf es mit Blick auf dessen geäußerte Therapieunwilligkeit einer eingehenderen Darlegung in den Urteilsgründen, auf welche Umstände die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht gestützt wird (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.2015 - 5 StR 79/15). |
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35.10.60 |
Die Erwägung, dass der Angeklagte bei einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bereits die erste Lockerung zur Rückkehr in sein Heimatland nutzen und die Therapie somit nicht ordnungsgemäß und erfolgreich beenden würde, darf keine Rolle spielen. Eine gegebenenfalls erhöhte Fluchtgefahr bei Lockerungen im Maßregelvollzug hat bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht, außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Beschl. v. 27.7.1999 - 4 StR 328/99; BGH, Beschl. v. 20.6.2001 - 3 StR 209/01 - NStZ-RR 2002, 7). | |
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35.10.65 |
Die vom Angeklagten geäußerte Absicht, selbst eine Drogentherapie aufnehmen zu wollen, ist nicht geeignet, ein Absehen von der Maßregelanordnung zu begründen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.7.2009 - 4 StR 288/09; BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 5 StR 334/09; Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 26 m.w.N.). | |
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35.10.70 |
Soweit darauf abstellt wird, dass zunächst eine Sozialtherapie vorgenommen werden sollte, um eine Erfolg versprechende Entziehungsbehandlung zu gewährleisten, trägt diese Erwägung die Ablehnung der Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB nicht. Dabei bleibt nämlich unbeachtet, dass der Angeklagte zunächst nach der Regelvorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB einen Teil seiner Freiheitsstrafe von nicht unerheblicher Dauer vor der Vollstreckung der Maßregel zu verbüßen haben wird, der für eine sozialtherapeutische Behandlung genutzt werden kann. Sollte diese zum Zeitpunkt des regulären Übergangs des Angeklagten in die Vollstreckung der Maßregel noch nicht abgeschlossen sein, so kommt grundsätzlich auch die nachträgliche Anordnung des Vollzugs eines weiteren Teils der Strafe in Frage (§ 67 Abs. 3 Satz 1 StGB; BGH, Beschl. v. 10.11.2009 - 5 StR 413/09 - NStZ-RR 2010, 42). | |
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35.10.75 |
Zur früheren Rechtsprechung
(vor Neufassung des § 64 Satz 2 StGB im Zuge des Gesetzes zur
Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer
Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I 2016 S. 1610): Im Grundsatz besteht die von § 64 Satz 2 StGB geforderte hinreichend konkrete Erfolgsaussicht nicht, wenn die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB (zwei Jahre) überschreitet (BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12 - NJW 2012, 2292; BGH, Beschl. v. 17.7.2012 - 4 StR 223/12, Rn. 6; BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12 - NStZ-RR 2013, 7; BGH, Urt. v. 27.3.2013 - 2 StR 384/12 - StV 2013, 698). Dabei kommt es auf die geschlossene Unterbringung in der Maßregeleinrichtung an. Notwendige ambulant durchzuführende Nachsorgemaßnahmen zählen nicht zu diesem Zeitrahmen (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2012 - 3 StR 377/12 - StV 2013, 698 (nur LS)). Nichts anderes gilt für Gruppen- oder sozialtherapeutische Maßnahmen, die die eigentliche Entwöhnungsbehandlung vorbereiten (BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14). Im Hinblick auf die von § 64 Abs. 2 StGB geforderte hinreichend konkrete Erfolgsaussicht bestehen Rechtsbedenken gegen die Anordnung dieser Maßregel, wenn das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen "von einer voraussichtlichen Dauer der Suchtbehandlung bis zur Erzielung eines Behandlungserfolges von drei Jahren" ausgegangen ist. Der 3. Strafsenat ist mit Blick auf die sich aus § 67d StGB ergebende Gesetzeslage, wonach die Höchstdauer der Unterbringung zwei Jahre nicht übersteigen darf, der Auffassung, dass in einem solchen Fall die notwendige Erfolgsaussicht zu verneinen ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2010 - 3 StR 538/09; BGH, Urt. v. 5.8.2010 - 3 StR 195/10; BGH, Urt. v. 20.12.2012 - 3 StR 377/12). Die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB liegen nicht vor, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist (zwei Jahre) zum Erfolg führen kann (BGH, Beschl. v. 17.4.2012 - 3 StR 65/12 - BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1 mwN; BGH, Beschl. v. 17.7.2012 - 4 StR 223/12 Rn. 6; BGH, Beschl. v. 8.8.2012 - 2 StR 279/12 - NStZ-RR 2013, 7, 8; BGH, Urt. v. 20.12.2013 - 3 StR 377/12 - StV 2013, 698). Dies liegt aber nahe, wenn die Therapie prognostisch "nicht unter zwei Jahre" in Anspruch nehmen wird (BGH, Beschl. v. 18.3.2014 - 3 StR 79/14; BGH, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 StR 48/14; zur Notwendigkeit, die voraussichtlich notwendige Therapiedauer zu benennen, vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2013 - 4 StR 60/13 Rn. 3 mwN). Zur gegenteiligen Auffassung des 5. Strafsenats siehe BGH, Urt. v. 10.4.2014 - 5 StR 37/14, hierzu oben Rdn. 35.3 - Zweijahresfrist vgl. auch BGH, Urt. v. 20.12.2013 - 3 StR 377/12 - StV 2013, 698 und BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14 zur Frage einer Verkürzung der eigentlichen Entzugsbehandlung durch vorbereitende Sozialtherapien im Vorwegvollzug der Strafe oder eine entsprechende Nachsorge siehe auch: oben Rdn. 35.3 - Zweijahresfrist; ferner § 67d StGB, Dauer der Unterbringung --> Rdn. 5 Soweit zur Begründung der Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeführt wird, dass eine Suchtbehandlung, die voraussichtlich etwa zwei Jahre dauern würde, im Rahmen der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe (von einem Jahr und vier Monaten) "nicht zu leisten" sei, ist diese Erwägung rechtsfehlerhaft. Denn eine derartige - über das stets zu beachtende Übermaßverbot hinausgehende - Einschränkung, dass die Dauer der Maßregel die Dauer der erkannten Freiheitsstrafe nicht übersteigen dürfe, lässt sich den Vorschriften über die Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB, die Dauer der Unterbringung gemäß § 67d StGB und über die Anrechnung des Maßregelvollzugs gemäß § 67 Abs. 4 StGB nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.6.2011 - 2 StR 158/11; vgl. auch Fischer, StGB 58. Aufl., § 67 Rn. 22). siehe auch oben Rdn. 35.3 - Zweijahresfrist |
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35.10.80 |
Wird
die Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64
StGB mit der Begründung abgelehnt, dass durch die derzeitige
freiwillige
und erfolgreich verlaufende Teilnahme des Angeklagten an
einer Langzeitdrogenentwöhnungstherapie
– trotz mehrerer
erfolgloser Entgiftungsbehandlungen – eine anhaltende
Abstinenz und soziale Reintegration erreichbar erscheine, so dass seine
zusätzliche Unterbringung in einer
Maßregelvollzugseinrichtung nicht geboten sei, ist die
Begründung hinsichtlich der Ablehnung der Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt rechtsfehlerhaft. In derartigen
Fällen ist diese bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64
StGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
anzuordnen (vgl. BGH,
Beschl. v. 4.3.2009 – 2 StR 37/09 - NStZ
2009, 441 mwN; BGH, Beschl. v. 20.7.2011 - 5 StR 172/11). Angesichts
einer ausstehenden Strafvollstreckung liegt kein Fall vor, in dem eine
vom Angeklagten freiwillig durchgeführte stationäre
Drogenentwöhnungstherapie im Blick auf die Sollvorschrift des
§ 64 Satz 1 StGB nF (vgl. dazu Basdorf/Schneider/König in
Festschrift für Rissing-van Saan, 2011, S. 59, 61 f.) eine andere
Entscheidung rechtfertigen würde (BGH, Beschl. v. 20.7.2011 - 5
StR 172/11). Die Gefahr künftiger suchtbedingter Straftaten darf daher nicht deshalb verneint werden, weil der Angeklagte die Behandlungsbedürftigkeit seiner Sucht selbst einsieht und sich therapiewillig zeigt. Die Bereitschaft des Angeklagten, sich freiwillig einer stationären Therapie zu unterziehen, ist für sich genommen kein Grund, von der Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung abzusehen (BGH, Beschl. v. 5.12.1997 – 2 StR 504/97; BGH, Beschl. v. 5.3.2003 – 2 StR 5/03; BGH, Beschl. v. 15.12.2015 - 1 StR 564/15). |
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35.10.85 |
Die Erwägung, dass die für erforderlich gehaltene Nachsorge nicht gewährleistet sei, wenn die Angeklagten in den Bereich ihres bisherigen Wohngebiets zurückkehren, bei dem es sich um einen sozialen Brennpunkt handelt, der sie zum Rückfall in den Drogenkonsum verleiten kann, ist kein tragfähiger Grund für die Nichtanordnung der Maßregel (vgl. BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - 2 StR 85/12). | |
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35.10.90 |
Der
Schluss vom Reiferückstand
des Angeklagten auf seine fehlende Therapierbarkeit ist für sich
genommen ohne weitere Erklärungen schon nicht nachvollziehbar,
zumal ein Mangel an Selbstwertgefühl bei
rauschmittelsüchtigen Straftätern keine Ausnahme darstellen
dürfte. Jedenfalls fehlten in der zugrundeliegenden Entscheidung
Darlegungen, inwiefern keine Therapieform in Betracht kommen soll, die
eine adäquate Behandlung des Angeklagten gewährleistet und
hinreichend konkrete Erfolgsaussichten bietet (vgl. BGH, Beschl. v.
12.9.2012 - 5 StR 418/12: die
Strafkammer hatte die Unterbringung des im Zeitpunkt der ersten Taten
gerade 21 Jahre alten Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mangels
hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Zur Begründung hatte sie
dargelegt, dass „ausgehend von dem noch kindlichen Reifegrad des
Angeklagten und dessen pathologischem Mangel an Selbstwert und
Ich-Erfahrung“ dieser „in absehbarer Zeit im Hinblick auf
seine Substanzmittelsucht nicht erfolgreich therapierbar ist, er
vielmehr zunächst zur Nachreifung eines geschützten Rahmens
mit fester Tagesstruktur und umfassender Betreuung bedarf, bevor
therapeutische Bemühungen einsetzen können“). Wie sich insbesondere aus § 93a JGG ergibt, geht das Gesetz davon aus, dass selbst ein Entwicklungsstand, der dem eines Jugendlichen entspricht, der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht entgegenstehen darf, sondern die Maßregel in Einrichtungen zu vollziehen ist, in der die für die Behandlung suchtkranker Jugendlicher erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen. Im Übrigen dürfen Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung und praktischen Durchführung der Maßregel grundsätzlich nicht die Entscheidung über deren Anordnung beeinflussen, solange die übrigen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.2.2007 – 5 StR 13/07 - NStZ 2007, 326 f.; BGH, Beschl. v. 26.11.1996 – 4 StR 538/96 - BGHR StGB § 64 Abs. 2 Aussichtslosigkeit 6). |
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35.10.95 |
Unter dem Aspekt der Verfestigung eines Konsumverhaltens kommt es weniger auf dessen Beginn als auf dessen Dauer an. Ein sechs Jahre andauernder Suchtmittelgebrauch vermag für sich betrachtet das Verdikt der Unbehandelbarkeit nicht zu begründen. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Angeklagte zuvor bereits noch keiner Therapie unterzogen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2015 - 3 StR 314/15). | |
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35.10.100 |
An die Feststellung der Erfolgsaussicht im
Sinne des §
64 Satz 2 StGB dürfen keine überspannten Maßstäbe
angelegt werden, wenn neben der Unterbringung in der
Entziehungsanstalt auch diejenige in der Sicherungsverwahrung in Frage
steht (vgl. BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14; BGH,
Beschl. v.
6.12.2007 - 3 StR 355/07 - StV 2008, 300). Sofern
nämlich
der Hang zur Begehung erheblicher Straftaten (§ 66 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 StGB) vom Hang des Täters zum übermäßigen
Konsum von berauschenden Mitteln im Sinne von § 64 Satz 1 StGB
verursacht ist - was die Verhängung der Sicherungsverwahrung nicht
in Frage stellt (vgl. BGH,
Urt. v. 11.3.2010 - 3 StR 538/09 - NStZ-RR
2011, 5, 6; BGH, Urt. v. 8.7.2010 - 4 StR 210/10 Rn.
15) -,
bietet die erfolgreiche Suchttherapie die einzige Möglichkeit
für den Angeklagten, die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu
vermeiden. Hinzu kommt, dass durch die Regelung des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl I, 2425) derjenige Angeklagte, gegen den Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, nunmehr einen Anspruch darauf hat, dass ihm bereits im Vollzug der vorangehenden Freiheitsstrafe eine intensive, in § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB näher beschriebene Betreuung, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung angeboten wird (§ 66c Abs. 2 StGB; BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14). Ziel dieser Betreuung ist es, die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung möglichst entbehrlich zu machen. Dem Beschwerdeführer wird deshalb diejenige therapeutische Betreuung anzubieten sein, die der vom Landgericht gehörte Sachverständige für notwendig gehalten hat, um die Behandlungsdauer in der Entziehungsanstalt zu verkürzen (BGH, Beschl. v. 25.3.2014 - 3 StR 11/14). |
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35.10.105 |
Das Fehlen einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg wird schon deshalb nicht offensichtlich, weil das Tatgericht in den Urteilsgründen seine Zustimmung zur Zurückstellung der Vollstreckung gemäß §§ 35, 36 BtMG in Aussicht gestellt hat. Indes wäre die Maßregelanordnung in Anbetracht des Gewichts des Tatvorwurfs - Besitz von 1,7 Gramm Heroin - jedenfalls unverhältnismäßig (§ 62 StGB; vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 80/14). | |
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35.15 |
Unter
Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246a
StPO) muss
ggfls. geprüft werden, ob die Gefahr besteht, daß
der
Angeklagte infolge seiner Abhängigkeit
rückfällig werden
und ob dem durch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt begegnet
werden kann, so daß er von seiner Drogensucht geheilt oder
doch
über eine gewisse Zeitspanne vor einem Rückfall in
die
Drogensucht bewahrt werden kann (vgl. BVerfGE 91, 1 - NStZ 1994, 578).
Durch die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind der
Wortlaut des § 64 Abs. 2 StGB (a.F.) und die frühere
Entscheidung BGHSt 28, 327, 328 überholt; vielmehr setzt die
Maßregelanordnung eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht -
so
jetzt auch der Gesetzeswortlaut - voraus (BVerfGE 91, 1 = NStZ 1994,
578; BGH,
Beschl. v. 12.1.2005 - 2 StR 449/04; BGH,
Beschl. v.
15.3.2006 - 2 StR 43/06; BGH,
Beschl. v. 30.7.2003 - 2 StR 245/03; BGH,
Beschl. v. 13.9.2005 - 3 StR 276/05: Erfolgsaussicht im konkreten
Fall
verneint; BGH,
Beschl. v. 10.10.2007 - 2 StR 420/07; BGH,
Beschl. v.
26.10.2007 - 2 StR 393/07). Angesichts eigener
Therapiebemühungen
wird dies nicht ohne weiteres verneint werden können (vgl.
BGH,
Beschl. v. 12.1.2005 - 2 StR 449/04). Eine
Unterbringungsentscheidung
ist rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht es unterläßt,
in der
Hauptverhandlung einen Sachverständigen über den
Zustand des
Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen (vgl. BGHR StPO
§ 246 a Satz 1 Sachverständiger 1; BGH,
Beschl. v.
20.1.2004
- 4 StR 464/03). Sowohl bei der Feststellung eines Hanges als
auch bei
der erforderlichen Gefährlichkeitsprognose ist das Gericht
gehalten, sich sachverständiger Hilfe zu bedienen. Dieses
Verfahrenserfordernis kann nicht etwa durch die in anderen Verfahren
erworbenen und andere Angeklagte betreffende "eigene Sachkunde" des
Gerichts ersetzt werden (BGH, Beschl. v. 15.7.1999 - 4 StR
231/99; BGH,
Beschl. v.
20.1.2004
- 4 StR 464/03; Meyer-Goßner StPO 51.
Aufl.
§ 246a Rdn. 2). Hat das Tatgericht die gemäß § 64 Satz 2 StGB erforderliche konkrete Erfolgsaussicht der Behandlung in der Unterbringung trotz einer erfolglos gebliebenen früheren Maßregelunterbringung nach § 64 StGB bejaht und sich zur Begründung ohne nähere Ausführungen der Bewertung der Sachverständigen angeschlossen, wonach weitere, ausreichend positive Faktoren vorhanden seien, die eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs erwarten ließen, reicht dies nicht aus, um die konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung nachvollziehbar darzutun. Beschränkt sich das Tatgericht darauf, sich der Beurteilung eines Sachverständigen anzuschließen, muss es dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 13.8.2013 - 4 StR 249/13; BGH, Beschl. v. 24.5.2012 – 5 StR 52/12 - NStZ 2012, 650, 651 mwN). Eigene Sachkunde des Gerichts kann nicht die maßnahmespezifische Untersuchung gemäß § 246a Satz 1 StPO durch einen Sachverständigen ersetzen (vgl. BGHR StPO § 246 a Satz 2 Sachverständiger 1; BGH, Beschl. v. 15.6.1999 - 4 StR 231/99; BGH, Beschl. v. 14.3.2001 - 3 StR 58/01 - StV 2001, 665; BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 5 StR 334/09). siehe auch: Zuziehung eines Sachverständigen, § 246a StPO |
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35.20 |
Kann sich das Tatgericht nicht von der nach § 64 Satz 2 StGB erforderlichen konkreten Erfolgsaussicht der Behandlung in der Unterbringung überzeugen und wird diese lediglich „zu Gunsten“ des Angeklagten unterstellt, wird dabei verkannt, dass es sich bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB um eine den Angeklagten beschwerende Maßregel handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.1991 – 4 StR 105/91 - BGHSt 38, 4, 7), deren tatbestandliche Voraussetzungen bei einer Anordnung sicher feststehen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2003 – 1 StR 25/03, insoweit in NStZ 2004, 111 nicht abgedruckt; BGH, Beschl. v. 1.3.2001 – 4 StR 36/01 - NStZ-RR 2001, 295). Für eine Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit kein Raum (BGH, Beschl. v. 18.6.2013 - 4 StR 145/13). | |
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50 |
Durch
die - ggfls. insoweit allein angefochtene - unterbliebene
Anordnung seiner
Unterbringung ist der Angeklagte nicht beschwert (st.
Rspr., vgl. BGHSt 28, 327; 37, 5 ff. m.w.N.; BGH,
Beschl. v. 14.1.2010
- 1 StR 587/09). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung
des
Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes
Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der
Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist
(vgl. etwa BGH, Urt. v. 21.3.1979 – 2 StR 743/78 - BGHSt 28, 327,
330 f.; BGH, Urt. v. 10.4.1990 – 1 StR 9/90 - BGHSt 37, 5,
7; BGH, Beschl. v. 13.6.1991 – 4 StR 105/91 - BGHSt 38, 4, 7;
BGH, Beschl. v. 2.12.2010 - 4 StR 459/10 - NStZ-RR 2011, 255; BGH,
Beschl.
v. 19.1.2011 - 1 StR 664/10; BGH, Beschl. v. 5.4.2011 - 3 StR 102/11;
BGH, Beschl. v. 29.8.2011 - 5 StR 329/11; BGH, Beschl. v. 19.10.2011 -
2 StR 421/11; BGH, Beschl. v. 10.2.2012 - 4 StR 628/11; BGH, Urt. v.
2.10.2013 - 1 StR 75/13; BGH, Beschl. v. 2.6.2015 - 5 StR 206/15; BGH,
Beschl. v. 5.4.2016 - 3 StR 95/16; BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 1 StR
45/16). Doch
kann das
Revisionsgericht das Urteil
auch hierauf
überprüfen, wenn der Angeklagte das Urteil mit der
Sachbeschwerde umfassend angegriffen hat (BGH,
Beschl. v. 27.2.2007 - 1
StR 76/07). Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat,
hindert die
Unterbringungsanordnung im weiteren Verfahren nicht (§ 358
Abs. 2
Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5; BGH,
Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 26/07; BGH,
Beschl. v. 27.4.2006 - 5 StR 104/06; BGH,
Beschl. v. 22.9.2003 - 3 StR
321/03; BGH, Beschl. v. 4.7.2012 - 4 StR 173/12). Der im
Übergehen
dieser Maßregelfrage
liegende
Rechtsmangel ist auf die nicht beschränkte sachlich-rechtliche
Anfechtung auch ohne besondere Beanstandung zu beachten und erzwingt
eine insoweit nicht durch das Verschlechterungsverbot
eingeschränkte neue tatrichterliche
Überprüfung (vgl.
BGH, Beschl. v. 20.10.1999 - 3 StR 366/99; BGHSt 37, 5; BGH,
Beschl. v.
6.5.2004 - 3 StR 151/04). Anlass hierfür besteht allerdings
nur
dann, wenn es nach den Urteilsfeststellungen nahe liegt, dass die
Voraussetzungen für eine Unterbringungsanordnung gegeben sind
(vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 10; BGH,
Beschl. v. 1.4.2008 -
5
StR 140/08; BGH, Beschl. v. 28.8.2012 - 3 StR 315/12; BGH,
Beschl. v.
11.10.2012 - 2 StR 291/12; BGH, Beschl. v. 13.3.2013 - 2 StR 60/13;
BGH, Beschl. v. 5.3.2014 - 3 StR 12/14; BGH, Beschl. v. 13.8.2014 - 4
StR 241/14; BGH, Beschl. v. 21.7.2015 - 3
StR 256/15). Da die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB den Angeklagten nach bisheriger Rechtsprechung nicht beschwert, führt dies zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels des Angeklagten, mit dem dieser allein die Nichtanordnung der Maßregel beanstandet (st. Rspr.; BGHSt 28, 327, 330; BGH, Urt. v. 10.4.1990 - 1 StR 9/90 - BGHSt 37, 5, 7; BGH, Beschl. v. 13.6.1991 – 4 StR 105/91 - BGHSt 38, 4, 7; BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362, 363; BGH, Beschl. v. 10.1.2008 - 4 StR 665/07 Rn. 2 - NStZ-RR 2008, 142; BGH, Beschl. v. 7.1.2009 - 3 StR 458/08 - BGHR StGB § 64 Ablehnung 11 - NStZ 2009, 261; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – 4 StR 459/10 - NStZ-RR 2011, 255; BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 4 StR 238/12; BGH, Urt. v. 2.10.2013 - 1 StR 75/13; BGH, Urt. v. 2.10.2013 - 1 StR 75/13 Rn. 21; BGH, Beschl. v. 19.4.2016 - 1 StR 45/16 Rn. 1). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - 3 StR 424/09 - NStZ 2010, 270 mwN; BGH, Beschl. v. 5.4.2016 - 3 StR 95/16 Rn. 2). Beispiel (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2012 - 3 StR 414/12): Die Revision ist unzulässig. Nachdem der Senat mit Beschluss die Sache nur insoweit an das Landgericht zurückverwiesen hatte, als dieses in seinem ersten Urteil keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt getroffen hatte, war das Landgericht allein noch dazu berufen, diese Entscheidung nachzuholen. Das Landgericht hat die Unterbringung abgelehnt. Hierdurch ist der Angeklagte nicht beschwert, sodass er das Urteil nicht mit der Revision anfechten kann (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschl. v. 17.3.2009 - 3 StR 84/09 - NStZ-RR 2009, 252; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 - 4 StR 459/10 - NStZ-RR 2011, 255 mwN). Zwar beschwert die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB einen Angeklagten nach bisheriger Rechtsprechung nicht; dies führt indes lediglich zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels, mit dem dieser allein die Nichtanordnung der Maßregel beanstandet. Hingegen ist das Revisionsgericht gehalten, auf eine zulässig erhobene – die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.1992 – 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362 f.) – Revision des Angeklagten das Urteil aufzuheben, wenn es nach den Feststellungen nahe liegt, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsanordnung gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.1990 – 1 StR 9/90 - BGHSt 37, 5; BGH, Beschl. v. 7.1.2009 – 3 StR 458/08 - BGHR StGB § 64 Ablehnung 11; BGH, Beschl. v. 19.12.2007 – 5 StR 485/07 - NStZ-RR 2008, 107; BGH, Beschl. v. 9.11.2011 – 2 StR 427/11 - StV 2012, 282; BGH, Beschl. v. 7.10.2008 – 4 StR 257/08). Aus dem Beschluss des 1. Strafsenats vom 14. Januar 2010 (1 StR 587/09, in NStZ-RR 2011, 25 insoweit nicht abgedruckt), in dem im Ergebnis ein Rechtsfehler in der Sache verneint worden ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges (BGH, Beschl. v. 26.11.2012 - 5 StR 548/12). Die Erweiterung einer beschränkt eingelegten Revision ist nur bis zum Ablauf der Revisionseinlegungsfrist wirksam möglich (BGH, Beschl. v. 27.10.1992 – 5 StR 517/92 - BGHSt 38, 366; BGH, Beschl. v. 31.7.2012 - 4 StR 238/12). Wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Unrecht angeordnet, ist der Angeklagte hierdurch beschwert (BGH, Urt. v. 13.8.2009 - 3 StR 224/09). Andererseits wirkt der etwa von der Generalbundesanwaltschaft im Revisionsverfahren gestellte Aufhebungsantrag hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs mit dem Ziel, die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Maßregelanordnung nach § 64 StGB zu eröffnen, zu Lasten und nicht zu Gunsten des Angeklagten im Sinne des § 349 Abs. 4 StPO (BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 3; BGH NStZ-RR 1998, 142; BGH, Beschl. v. 4.4.2000 - 5 StR 94/00; BGH, Beschl. v. 6.11.2002 - 1 StR 382/02; BGH, Beschl. v. 14.12.2005 - 1 StR 420/05 - NStZ-RR 2006, 103; BGH NStZ-RR 2003, 106, 107 m. w. Nachw.) und hindert nicht die Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO (st. Rspr., u.a. BGH, Beschl. v. 14.12.2005 - 1 StR 420/05 - NStZ-RR 2006, 103; BGH, Beschl. v. 4.11.2009 – 2 StR 434/09; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 - 4 StR 459/10 - StraFo 2011, 53). Hieran hat sich durch die Novellierung der §§ 64, 67 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) nichts geändert (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2009 – 3 StR 458/08 Rn. 6 f. - NStZ 2009, 261; BGH, Beschl. v. 10.2.2012 - 4 StR 628/11). Die in der Entscheidung BGHSt 28, 327, 331 f. angeführten Argumente für eine zusätzliche Beschwer des Angeklagten durch die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB treffen auch nach der Neufassung der §§ 64, 67 StGB zu. Dies gilt auch für den Gesichtspunkt, dass sich eine zusätzliche Beschwer schon aus der gesetzlichen Regelung in §§ 331 Abs. 2, 358 Abs. 2 Satz 2 (jetzt: Satz 3) StPO ergibt, die diese Anordnung trotz des grundsätzlichen Verschlechterungsverbots als Ausnahme hiervon gestattet (BGH, Beschl. v. 13.6.1991 - 4 StR 105/91- BGHSt 38, 4, 7; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 - 4 StR 459/10 - StraFo 2011, 53). siehe auch: Bindung des Untergerichts; Verbot der Schlechterstellung, § 358 StPO --> Rdn. 25.3 f. Liegt nach den getroffenen Feststellungen eine Anordnung nach § 64 StGB nahe und hat das Tatgericht die gebotene Prüfung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen, so stellt dies einen in der Revision auf die Sachrüge hin zu beachtenden Rechtsfehler dar, auch wenn nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (vgl. BGHSt 37, 5; BGHR StGB § 64 Ablehnung 5; BGH, Beschl. v. 28.2.2001 - 3 StR 44/01; BGH, Beschl. v. 28.6.2001 - 1 StR 209/01; BGH, Beschl. v. 24.11.2015 - 3 StR 410/15). Der Umstand, dass die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt den Angeklagten nicht beschwert, hindert das Revisionsgericht nicht, auf eine zulässig erhobene - und die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362) - Revision des Angeklagten das Urteil insoweit aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2009 - 3 StR 458/08 - BGHR StGB § 64 Ablehnung 11; BGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 3 StR 251/11; BGH, Beschl. v. 30.8.2011 - 3 StR 264/11; BGH, Beschl. v. 11.10.2012 - 2 StR 291/12). Die Nachholung der Unterbringungsanordnung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 3 StR 251/11). Umgekehrt besteht kein Anlass, dass Urteil aufzuheben, soweit im angefochtenen Urteil eine Entscheidung über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist und sich die Prüfung einer Unterbringung gemäß § 64 StGB nach den Feststellungen für den Tatrichter nicht aufdrängte, etwa weil diese insbesondere nicht nahe legen, dass zwischen einem Hang des Angeklagten und der abgeurteilten Straftat ein symptomatischer Zusammenhang bestünde. So liegt es etwa, wenn das Landgericht lediglich nicht hat „völlig“ ausschließen können, dass der Angeklagte „bei dem körperlichen Angriff aufgrund seiner Alkoholisierung in Verbindung mit seiner emotional-instabilen Persönlichkeitsakzentuierung oder einer inzwischen ausgebildeten entsprechenden Persönlichkeitsstörung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war" (vgl. BGH, Beschl. v. 4.11.2009 - 2 StR 434/09 - NStZ-RR 2010, 116). Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urt. v. 10.4.1990 - 1 StR 9/90 - BGHSt 37, 5; BGH, Beschl. v. 12.9.2000 - 4 StR 305/00 - StV 2000, 656; BGH, Beschl. v. 12.10.2000 - 5 StR 407/00; BGH, Beschl. v. 30.1.2001 - 1 StR 542/00; BGH, Beschl. v. 28.2.2001 - 3 StR 44/01; BGH, Beschl. v. 12.6.2001 - 5 StR 178/01; BGH NStZ-RR 2008, 107; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 275/08 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 382/08 - NStZ-RR 2009, 59; BGH, Beschl. v. 25.11.2008 - 3 StR 404/08 - StV 2009, 353; BGH, Beschl. v. 4.2.2009 - 2 StR 586/08 - NStZ-RR 2009, 235; BGH, Beschl. v. 17.3.2009 - 3 StR 74/09; BGH, Beschl. v. 25.3.2009 - 5 StR 86/09 - NStZ-RR 2009, 204; BGH, Beschl. v. 22.4.2009 - 2 StR 102/09; BGH, Beschl. v. 5.5.2009 - 4 StR 99/09 - NStZ-RR 2009, 277; BGH, Beschl. v. 9.6.2009 - 4 StR 164/09 - NStZ 2009, 631; BGH, Beschl. v. 24.6.2009 - 2 StR 170/09; BGH, Beschl. v. 26.8.2009 - 2 StR 274/09; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR 271/09; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR 305/09; BGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 386/09; BGH, Beschl. v. 1.12.2009 - 3 StR 474/09; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09; BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - 3 StR 502/09; BGH, Beschl. v. 18.5.2010 - 3 StR 115/10; BGH, Beschl. v. 22.2.2011 - 4 StR 5/11; BGH, Beschl. v. 10.5.2011 - 4 StR 178/11; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - 4 StR 27/11; BGH, Beschl. v. 19.6.2012 - 3 StR 201/12; BGH, Beschl. v. 4.7.2012 - 4 StR 173/12; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4 StR 311/12; vgl. insoweit auch die nachstehenden Nachweise). Das Verbot der Schlechterstellung steht einer möglichen Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Beschl. v. 3.7.2012 - 5 StR 313/12). Will der Angeklagte insoweit eine Überprüfung ausschließen, muss er die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht von seinem Rechtsmittelangriff ausklammern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 7.10.1992 – 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 362 f.; BGH, Beschl. v. 13.12.2000 - 2 StR 465/00; BGH, Beschl. v. 28.2.2001 - 3 StR 44/01; BGH, Beschl. v. 14.3.2001 - 2 StR 54/01; BGH, Beschl. v. 25.4.2001 - 2 StR 146/01; BGH, Beschl. v. 12.6.2001 - 5 StR 178/01; BGH, Beschl. v. 27.6.2001 - 5 StR 181/01; BGH, Beschl. v. 9.8.2001 - 3 StR 279/01; BGH, Beschl. v. 17.8.2001 - 2 StR 239/01; BGH, Beschl. v. 7.11.2001 - 2 StR 428/01 - NStZ-RR 2002, 73; BGH, Beschl. v. 19.2.2002 - 4 StR 31/02; BGH, Beschl. v. 6.3.2002 - 4 StR 13/02; BGH, Beschl. v. 6.8.2002 - 5 StR 319/02; BGH, Beschl. v. 8.10.2002 - 4 StR 330/02; BGH, Beschl. v. 29.10.2002 - 3 StR 326/02; BGH, Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 26/07; BGH, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 StR 560/06; BGH, Beschl. v. 2.6.2006 - 2 StR 146/06; BGH, Beschl. v. 10.2.2005 - 4 StR 596/04; BGH, Beschl. v. 12.1.2005 - 2 StR 449/04; BGH, Beschl. v. 20.7.2004 - 5 StR 257/04; BGH, Beschl. v. 7.4.2004 - 2 StR 104/04; BGH, Beschl. v. 30.9.2003 - 4 StR 382/03; BGH, Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03; BGH, Beschl. v. 5.3.2003 - 2 StR 5/03; BGH, Beschl. v. 28.1.2003 - 1 StR 532/02; BGH, Beschl. v. 8.1.2003 - 2 StR 459/02; BGH, Beschl. v. 29.10.2002 - 3 StR 326/02; BGH, Beschl. v. 5.6.2002 - 2 StR 136/02; BGH, Beschl. v. 13.6.2007 - 2 StR 167/07; BGH, Beschl. v. 13.6.2007 - 3 StR 194/07; BGH, Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 221/08; BGH, Beschl. v. 27.6.2008 - 3 StR 212/08 - NStZ 2009, 392; BGH, Beschl. v. 17.7.2008 - 3 StR 248/08; BGH, Beschl. v. 19.8.2008 - 3 StR 297/08; BGH, Beschl. v. 5.9.2008 - 5 StR 358/08; BGH, Beschl. v. 9.9.2008 - 3 StR 337/08; BGH, Beschl. v. 5.8.2008 - 3 StR 224/08 - StraFo 2009, 82; BGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 275/08 - NStZ-RR 2009, 48; BGH, Beschl. v. 30.10.2008 - 3 StR 334/08 - NStZ-RR 2009, 77; BGH, Beschl. v. 13.11.2008 - 5 StR 507/08; BGH, Beschl. v. 16.12.2008 - 3 StR 453/08 - NStZ 2009, 284; BGH, Beschl. v. 15.12.2009 - 3 StR 516/09). Hat der (allein Rechtsmittel einlegende) Angeklagte insoweit seinen Revisionsangriff (wirksam) beschränkt, ist die Nichtanordnung bereits rechtskräftig (vgl. BGH, Beschl. v. 25.3.2003 - 5 StR 77/03). Die Beschränkung der Revision des Angeklagten, der die Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB vom Revisionsangriff ausgenommen hat, steht einer Anordnung der Maßregel nicht entgegen, wenn das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.9.2010 - 3 StR 273/10 - NStZ 2011, 106). Die Ausnahme der Nichtanwendung des § 64 StGB kann sich ansonsten allenfalls aus einer Gesamtschau mit dem übrigen Vorbringen ergeben (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 10 m.w.N.; die im übrigen uneingeschränkte Anfechtung des Urteils stünde dem nicht entgegen, vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2000 - 1 StR 87/00; BGH, Beschl. v. 6.5.1998 - 5 StR 53/98 m.w.N.; vgl. aber auch BGH, Beschl. v. 28.1.2004 - 2 StR 493/03: durch Anfechtung des Schuldspruchs keine wirksam erklärte Rechtsmittelbeschränkung auf die Anfechtung der Unterbringungsanordnung). Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision kann unwirksam sein, wenn die (fehlerhafte) Entscheidung über die Nichtanwendung von § 64 StGB und die rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung nach den Urteilsgründen in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen; so etwa, wenn das Tatgericht den Rechtsfolgenausspruch insoweit ausdrücklich als Einheit behandelt hat, so dass eine Auftrennung in Straf- und Maßregelausspruch nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 4.3.2009 - 2 StR 37/09 - NStZ 2009, 441). Erklärt etwa der Angeklagte, er nehme die Nichtanordnung einer Maßregel gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff aus, ist diese Revisionsbeschränkung unwirksam, wenn zugleich der Schuldspruch mit einer Verfahrensrüge und der Sachbeschwerde angegriffen wurde, der von der Maßregelfrage nicht getrennt werden kann (BGH NStZ-RR 2010, 171 f.), ferner wenn die Entscheidung über den Straf- und den Maßregelausspruch untrennbar erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 22.6.2011 - 2 StR 139/11). Wendet sich der Angeklagte mit seiner gegen das Urteil eingelegten Revision ausdrücklich allein gegen die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, ist das Rechtsmittel mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (BGH, Urt. v. 21.3.1979 - 2 StR 743/78 - BGHSt 28, 327, 330 f.; 37, 5, 7; 38, 4, 7; BGHR StGB § 64 Ablehnung 1; BGH, Beschl. v. 14.9.2000 - 4 StR 314/00 - StV 2001, 100; BGH, Beschl. v. 19.6.2002 - 2 StR 120/02; BGH, Beschl. v. 10.1.2008 - 4 StR 665/07; BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - 1 StR 607/07 - NStZ 2008, 353; BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - 3 StR 424/09 - NStZ 2010, 270; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 - 4 StR 459/10 - StraFo 2011, 53). Eine Beschwer ist Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels (BGH, Beschl. v. 24.11.1961 – 1 StR 140/61 - BGHSt 16, 374, 376; BGH, Beschl. v. 19.7.2006 - 2 StR 181/06; BGH, Beschl. v. 9.5.2012 - 4 StR 649/11). Sie muss sich aus dem Urteilsspruch selbst ergeben, nicht aus den Gründen des Urteils (BGH, Urt. v. 18.1.1955 – 5 StR 499/54 - BGHSt 7, 153; BGH, Beschl. v. 9.5.2012 - 4 StR 649/11; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. vor § 296 Rn. 11 m.w.N.). Beispiel: Der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils wird vom Revisionsgericht bestätigt, das Urteil auf die Revision des Angeklagten jedoch aufgehoben, soweit von der Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist. Im weiteren Urteil sieht das Landgericht erneut davon ab, den Angeklagten unterzubringen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unzulässig. Das Landgericht hatte in der neuen Hauptverhandlung ausschließlich darüber zu befinden, ob der Angeklagte nach § 64 StGB unterzubringen war. Da es von einer Unterbringung abgesehen hat, ist der Angeklagte durch diese Entscheidung nicht beschwert (BGHSt 28, 327, 330 ff.; BGHR StGB § 64 Ablehnung 1; BGH, Beschl. v. 19.7.2006 - 2 StR 181/06 - NStZ 2007, 213). Dies hindert das Revisionsgericht indes nicht, auf eine zulässig erhobene - und die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende - Revision des Angeklagten, die sonstige Rechtsfehler rügt, das Urteil aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (vgl. BGH, Beschl. v. 7.1.2009 - 3 StR 458/08 - NStZ 2009, 261 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 17.3.2009 - 3 StR 84/09 - NStZ-RR 2009, 252). Die Beschränkung der Revision des Angeklagten, nach der die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist nicht rechtswirksam, wenn der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge sowie der allgemeinen Sachrüge auch den Schuldspruch angreift. In einem solchen Fall kann mit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung gemäß § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 365; BGH, Beschl. v. 26.8.2009 - 2 StR 302/09; BGH, Beschl. v. 19.1.2010 – 4 StR 504/09 - NStZ-RR 2010, 171, 172; BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 2 StR 80/14 betr. allgemeine Sachrüge; BGH, Beschl. v. 5.11.2014 - 4 StR 358/14; BGH, Beschl. v. 27.4.2017 - 4 StR 605/16 Rn. 13). Die Unterbringung in der Entziehungsanstalt ist regelmäßig nicht losgelöst vom Strafausspruch überprüfbar. Der Hang, i.S.v. § 64 StGB alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, stellt zugleich eine Betäubungsmittelabhängigkeit dar, die – auch wenn sie nicht zu einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB führt – einen bestimmenden Strafzumessungsgrund darstellt, der Einfluss auf den Strafausspruch hat. Dieser innere Zusammenhang lässt eine gleichwohl erteilte Rechtsmittelbeschränkung unbeachtlich sein (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2011 - 2 StR 140/11). Eine die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausnehmende Revisionsbeschränkung ist grundsätzlich möglich und im Einzelfall wirksam, wenn sich weder den Urteilsgründen noch der Strafhöhe entnehmen lässt, dass die Strafe von dem Unterbleiben der Anordnung einer Maßnahme nach § 64 StGB beeinflusst worden ist (vgl. BGHSt 38, 362 ff; Fischer, StGB 58. Aufl. § 64 Rn. 29 mwN). Die Senatsentscheidungen vom 15. Juni 2011 - 2 StR 140/11 und vom 22. Juni 2011 - 2 StR 139/11 stehen dem nicht entgegen. Soweit die Begründungen jener Einzelfallentscheidungen als zu weitgehend interpretiert werden könnten, stellt der 2. Senat klar, dass eine Ausnahme der Nicht-Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB vom Revisionsangriff nur dann unwirksam ist, wenn sich im Einzelfall aus den Urteilsgründen eine unlösbare Verbindung von Straf- und Maßregelausspruch ergibt (vgl. BGH, Beschl. v. 2.11.2011 - 2 StR 251/11). Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision ist etwa unwirksam, soweit die Nichtanwendung des § 64 StGB und der Strafausspruch vom Rechtsmittelangriff ausgenommen werden, wenn die Entscheidung über die Gewährung der Strafaussetzung hinsichtlich der anzustellenden Sozialprognose des unter Suchtdruck handelnden Angeklagten auf denselben Gesichtspunkten wie die Täterprognose bei der Entscheidung über die Anwendung des § 64 StGB beruht (vgl. BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 2 StR 29/12 - NStZ-RR 2012, 202, 203; BGH, Urt. v. 8.7.2015 - 2 StR 139/15). Sind aber bestimmte Feststellungen doppelrelevant, ist eine rechtlich und tatsächlich selbständige Beurteilung der angegriffenen Entscheidung über die Versagung der Strafaussetzung nicht losgelöst von der Entscheidung über die Unterbringung nach § 64 StGB möglich (vgl. BGH, NStZ 1994, 449; BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 2 StR 29/12 - NStZ-RR 2012, 202, 203; OLG Köln NStZ-RR 1997, 360, 361; OLG München NStZ-RR 2009, 10, 11; Fischer StGB 59. Aufl. § 64 Rn. 29). Auch der Strafausspruch kann bei dieser Fallgestaltung nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen werden, wenn es sowohl für die Entscheidung über die Anwendung des § 64 StGB als auch für die Entscheidung über eine Strafrahmenmilderung gemäß § 21 StGB darauf ankommt, aus welchem Grunde der Angeklagte Drogen zu sich nimmt (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 6; BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - 2 StR 29/12). siehe auch: Beschränkung der Berufung, § 318 StPO Soweit in entsprechenden Fällen eine Entscheidung über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist, erfolgt insoweit oftmals eine (teilweise) Aufhebung des Urteils mit den zugehörigen Feststellungen und im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, sofern nicht auszuschließen ist, daß bei einer Unterbringungsanordnung eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1974, 544; BGH NStZ 1992, 381; BGH, Beschl. v. 27.9.2006 - 2 StR 329/06; BGH, Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 26/07; BGH, Beschl. v. 27.2.2007 - 1 StR 76/07; BGH, Beschl. v. 19.4.2007 - 3 StR 75/07; BGH, Beschl. v. 11.2.2009 - 5 StR 13/09 - NStZ-RR 2009, 184). Derartige Folgerungen sind jedoch keinesfalls zwingend (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2000 - 2 StR 465/00; BGH, Beschl. v. 13.3.2002 - 1 StR 47/02). Für das Revisionsgericht kann auszuschließen sein, dass das Tatgericht bei Anordnung der Unterbringung eine mildere Strafe verhängt hätte, so dass der Strafausspruch deshalb bestehen bleiben kann (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2012 - 2 StR 291/12). Grundsätzlich besteht zwischen den Rechtsfolgen von Strafe und Maßregel keine Wechselwirkung (BGH, Urt. v. 7.10.1992 - 2 StR 374/92 - BGHSt 38, 363, 365 mwN; BGH, Beschl. v. 9.10.2012 - 1 StR 456/12). Teilt das Urteil die insoweit relevanten persönlichen Verhältnisse des Angeklagten vollständig mit und kann das Revisionsgericht ausschließen, dass eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die eine vom Angeklagten ausgehende Gefahr im Sinne des § 64 StGB belegen und mithin die Anordnung der Unterbringung rechtfertigen, kann das Revisionsgericht entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Maßregel erkennen, wenn die Urteilsgründe keinerlei Anhaltspunkte für einen Einfluss der Anordnung der Unterbringung auf die Entscheidung über die Höhe der Strafe ergeben und der Strafausspruch für sich genommen rechtsfehlerfrei ist (vgl. BGH, Beschl. v. 9.10.2012 - 1 StR 456/12; BGH, Beschl. v. 15.4. 2008 - 1 StR 167/08 mwN). siehe auch: § 354 StPO Rdn. 70 - Wegfall der Maßregelanordnung Jedenfalls dann, wenn wie in der vorliegenden Konstellation neben der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch die Anordnung der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, bedarf es für eine insgesamt gesetzmäßige Entscheidung einer einheitlichen Rechtsfolgenbetrachtung, bei der Maßregelentscheidung und Strafausspruch aufeinander abgestimmt werden. Die Beschränkung der Revision auf die Frage der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung ist daher auch insoweit unwirksam, als sie den Strafausspruch betrifft (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2013 - 2 StR 1/13). |
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55 |
Die
frühere Rechtsprechung, wonach die Anordnung der
Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt bei
Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich auch dann zwingend
war,
wenn die Maßregel
schon in
einem früheren Verfahren angeordnet worden ist (vgl. u.a. BGH
NStZ
1992, 432; BGH,
Urt. v. 12.9.2001 - 3 StR 313/01; BGHR StGB §
64
Ablehnung 6 m.w.Nachw.), ist durch das Gesetz zur Sicherung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S.
1327) überholt, da
seither die Maßregelanordnung im Ermessen des Gerichts steht.
Sie hat
nur noch Bedeutung für die Fälle, in denen das
Gericht unter Ausübung
seines Ermessens die Maßregel anordnet (vgl. BGH, Beschl. v.
25.11.2010
- 3 StR 406/10 - NStZ-RR 2011, 105). Dieser Grundsatz gilt aber dann,
wenn die in dem späteren Verfahren abzuurteilende Tat
nach
der früheren Verurteilung begangen worden ist (vgl. BGH,
Beschl.
v. 22.7.2005 - 2 StR 258/05). Die Grundsätze der
nachträglichen Gesamtsstrafenbildung (§ 55
StGB)
haben
Vorrang vor § 67f
StGB, so daß bei bereits
früherer
Anordnung der Maßregel diese aufrechtzuerhalten, nicht aber
eine
neue Maßregel anzuordnen ist (BGHSt 30, 305; BGH NStZ 1998,
79;
BGH,
Urt. v. 10.9.2003 - 1 StR 147/03; BGH,
Beschl. v. 22.7.2005 - 2
StR 258/05; BGH, Beschl. v. 25.11.2010 - 3 StR 406/10 -
NStZ-RR 2011,
105). Nur so wird vermieden, daß sich die nicht
gleichzeitige Aburteilung der Taten zu Lasten des Täters
auswirkt,
etwa bei der Dauer des Maßregelvollzugs (BGH,
Urt. v.
10.9.2003 -
1 StR 147/03; vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 26.
Aufl.
§ 67 f Rdn. 5). siehe auch: Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe, § 55 StGB |
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55.1 |
Die Frage, ob, wenn die Unterbringung nach § 64 StGB neben mehreren in demselben Urteil verhängten Strafen in Betracht kommt, die Maßregelanordnung einer der Strafen zuzuordnen ist oder dies dem Vollstreckungsverfahren (§ 44 b StrVollstrO) überlassen bleibt (in BGH, Beschl. v. 25.8.1994 - 4 StR 380/94 u. BGH, Beschl. v. 10.12.2002 - 4 StR 479/02 - nicht erörtert) ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Relevanz könnte die Beantwortung dieser Frage vor allem dann haben, wenn ein angefochtenes Urteil wirksam beschränkt wurde. | |
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60 |
Eine nachträgliche Unterbringung eines rückfallgefährdeten Drogenhändlers nach dem StrUBG kommt grundsätzlich nicht, vielmehr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Die allgemeine und abstrakte Gefährlichkeit von Delikten - z.B. einer möglicherweise künftigen Abgabe von Betäubungsmitteln und Handel mit Betäubungsmitteln - kann im Bereich des StrUBG, anders als aber im Bereich des § 66 StGB (vgl. BGH, Urt. v. 27.7.2000 - 1 StR 263/00 - NStZ 2000, 587), nicht Grundlage der nachträglichen Unterbringung eines Verurteilten sein. Zweck des StrUBG ist der Schutz der in dessen § 1 Abs. 1 abschließend aufgezählten höchstpersönlichen Rechtsgüter anderer. Das Allgemeingut "Volksgesundheit" fällt hierunter nicht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.10.2002 - 3 Ws 195/02 - NJW 2003, 598). | |
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65 |
Zusammentreffen
von § 63, § 64 StGB u. § 66
StGB Ergeben sich die Voraussetzungen für Unterbringungsanordnungen sowohl nach § 64 StGB als auch nach § 66 StGB, hat der Tatrichter zu prüfen, ob ausnahmsweise ein Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in Betracht kommt (vgl. BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; BGH, Beschl. v. 6.12.2005 - 4 StR 443/05; siehe hierzu auch unter Sicherungsverwahrung § 66 StGB Rdn. Z.7.1.1). Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 StGB kommt eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dann nicht in Betracht, wenn der Zweck der Maßregel durch die (mildere) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erreicht werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 6.12.2007 - 3 StR 355/07 - StV 2008, 300 f.; BGH, Beschl. v. 19.5.2009 - 3 StR 191/09 - NStZ 2010, 83; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 316/09; BGH, Urt. v. 10.4.2013 - 2 StR 1/13). Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kann neben der Anordnung von Sicherungsverwahrung (vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 72 Rdn. 2 a) oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BGH StV 1998, 72) in Betracht kommen. Das Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die Unterbringung in der Entziehungsanstalt verlangt vielmehr ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit, dass allein mit der Maßregel nach § 64 StGB die vom Angeklagten ausgehende Gefahr beseitigt werden kann (vgl. BGH NStZ 2009, 442, 443 mwN). Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßregel führen demnach zur kumulativen Anordnung der Maßregeln (BGH NStZ-RR 2008, 336; BGH, Beschl. v. 19.5.2009 - 3 StR 191/09 - NStZ 2010, 83; BGH, Urt. v. 15.6.2011 - 2 StR 140/11; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 374/11). Wird die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet, kann die Beschränkung des Revisionsangriffs auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) unwirksam sein, wenn sich die Anfechtung auch auf die zugleich angeordnete Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) erstreckt, weil beide Anordnungen untrennbar verknüpft sind und nicht losgelöst voneinander geprüft und beurteilt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.2012 - 1 StR 64/12; vgl. auch § 72 StGB). siehe auch: Sicherungsverwahrung, § 66 StGB --> Zusammentreffen von § 64 StGB und § 66 StGB; Zur Anordnung der Unterbringung gegen Jugendliche und Heranwachsende ---> Maßregeln der Besserung und Sicherung, § 7 JGG siehe zum Zusammentreffen von § 63 StGB u. § 64 StGB: § 63 StGB, Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus siehe zum Zusammentreffen von § 64 StGB u. § 66a StGB: BGH, Urt. v. 14.5.2013 - 1 StR 573/12 Liegen die Voraussetzungen sowohl des § 66 StGB (bzw. § 66a StGB) als auch des § 64 StGB vor, erfordert das - freilich nur ausnahmsweise (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2013 - 1 StR 573/12; BGH, Urt. v. 27.7.2000 - 1 StR 263/00 - BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; BGH, Beschl. v. 6.12.2005 - 4 StR 443/05 - NStZ-RR 2006, 104, 105) - Absehen von der (vorbehaltenen) Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die Unterbringung nach § 64 StGB ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit in dem Sinne, dass mit der alleinigen Unterbringung gemäß § 64 StGB die vom Angeklagten ausgehende Gefahr beseitigt werden kann (BGH, Urt. v. 14.5.2013 - 1 StR 573/12; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.7.2000 - 1 StR 263/00 - BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; BGH, Urt. v. 9.11.2006 - 3 StR 360/06 - NStZ 2007, 328; BGH, Urt. v. 31.7.2008 - 4 StR 152/08 - NStZ-RR 2008, 336 f.; BGH, Urt. v. 12.2.2009 - 3 StR 569/08 - NStZ 2009, 442 f.; BGH, Urt. v. 15.6.2011 - 2 StR 140/11; BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13). Dabei setzt die gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 StGB vorzunehmende Prognose eine umfassende Gesamtwürdigung voraus (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2013 - 1 StR 573/12; BGH, Urt. v. 31.7.2008 - 4 StR 152/08 - NStZ-RR 2008, 336, 337; BGH, Urt. v. 12.2.2009 - 3 StR 569/08 - NStZ 2009, 442, 443). Unsicherheiten über das Ausreichen allein der milderen Maßregel des § 64 StGB führen zur kumulativen Anwendung der Maßregeln (§ 72 Abs. 2 StGB; vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2013 - 1 StR 573/12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 21.5.2008 - 5 StR 97/08 - NStZ 2009, 87; BGH, Urt. v. 31.7.2008 - 4 StR 152/08 - NStZ-RR 2008, 336, 337; BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 374/11 - NStZ-RR 2012, 106, 107; BGH, Urt. v. 10.4.2013 - 2 StR 1/13; BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13). Erweist sich die Ablehnung einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft, so ist damit zugleich einer angeordneten Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung die Grundlage entzogen (§ 72 Abs. 1 StGB; vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2011 - 3 StR 374/11 - NStZ-RR 2012, 106, 107). Nichts anderes gilt im umgekehrten Fall, wenn also das Landgericht von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen hat, weil es rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass der vom Angeklagten ausgehenden Gefahr schon durch die Anordnung einer Maßnahme nach § 64 StGB und eine erfolgreiche Therapie begegnet werden kann (BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13 betr. Revison der Staatsanwaltschaft). Soweit das Landgericht bereits wegen des Vorrangs der Maßregel des § 64 StGB und der daraus von ihm hergeleiteten Unverhältnismäßigkeit der den Angeklagten ungleich schwerer belastenden Sicherungsverwahrung von deren Anordnung abgesehen hat, hat schon die Aufhebung der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zur Folge, dass die Nicht-Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung keinen Bestand haben kann (BGH, Urt. v. 16.1.2014 - 4 StR 496/13). Bei der Prüfung, ob eine weitere freiheitsentziehende Maßregel anzuordnen ist, muss der Tatrichter in einem Fall, in dem nach einer früheren Unterbringung gemäß § 63 StGB nunmehr eine solche nach § 64 StGB im Raum steht, in Anlehnung an § 72 Abs. 1 StGB schon bei seiner Entscheidung über deren Verhängung prüfen, ob der Zweck der Maßregel, deren tatbestandliche Voraussetzungen er bejaht, nicht bereits durch die früher verhängte Maßregel erreicht wird oder wurde (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2016 - 2 StR 378/15; BayObLG, Beschl. v. 22.6.2004 - NStZ-RR 2004, 295, 296). |
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70 |
Die
Beendigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist
zwingend anzuordnen, sobald sich der Zweck der Unterbringung auf
zuverlässiger Erkenntnisgrundlage als nicht mehr erreichbar
herausstellt (OLG Hamm, Beschl. v. 21.10.2003 - 2 Ws 253-255/03). Bestimmt das Rechtsmittelgericht, dass die Maßregelanordnung entfällt, entfällt damit auch die Grundlage für die einstweilige Unterbringung (§ 126a StPO) (vgl. BGH, Beschl. v. 16.7.2008 - 2 StR 161/08). Nach dem vom Bundesverfassungsgericht am 16. März 1994 (BGBl. I 3012) für nichtig erklärten § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB konnte das Gericht nachträglich bestimmen, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen ist, wenn ihr Zweck aus Gründen, die in der Person des Untergebrachten liegen, nicht erreicht werden kann. Entgegen dem Wortlaut dieser früher geltenden Norm liegt die Anordnung des weiteren Vollzugs einer - erfolglosen - Unterbringung jedoch nicht etwa im Ermessen des Gerichts, sondern nach der genannten verfassungsrechtlichen Entscheidung (BVerfG 91, 2 ff. = NStZ 1994, 578) darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter vollzogen werden, wenn entgegen einer anfänglichen Prognose keine hinreichend konkrete Aussicht mehr auf einen Behandlungserfolg besteht (OLG Hamm, Beschl. v. 21.10.2003 - 2 Ws 253-255/03). Folglich ist die Beendigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zwingend anzuordnen, sobald sich der Zweck der Unterbringung auf zuverlässiger Erkenntnisgrundlage als nicht mehr erreichbar herausstellt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Führungsaufsicht und die damit zusammenhängende Unterstellung unter die Bewährungsaufsicht tritt von Gesetzes wegen ein (§ 67d Abs. 5 Satz 2 StGB), und zwar unabhängig davon, ob der Verurteilte noch Strafhaft zu verbüßen hat (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1996, 567; KG NStZ-RR 2002, 138, 139). Der Gesetzgeber hat die Führungsaufsicht für eine Vollzugslage eingeführt, in der die Überführung des Probanden in den Strafvollzug die Regel ist und gleichwohl den Beginn der Führungsaufsicht ohne Ausnahme auf die Beendigung der Unterbringung bestimmt. Die die Führungsaufsicht betreffenden Anordnungen sind deshalb zu diesem Zeitpunkt zu treffen. Insofern unterscheidet sich der § 67d Abs. 5 Satz 2 StGB nach seinem eindeutigen Wortlaut von § 68f Abs. 1 StGB, der die Führungsaufsicht nach voller Verbüßung längerer Freiheitsstrafen betrifft und Führungsaufsicht erst mit der Entlassung in die Freiheit eintreten lässt (OLG Hamm, Beschl. v. 21.10.2003 - 2 Ws 253-255/03). Nach den Grundsätzen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) ist in der neuen Entscheidung lediglich die frühere Anordnung der Maßregel aufrechtzuerhalten, nicht aber eine (weitere) neue Maßregel anzuordnen (BGHSt 30, 305; BGHR StGB § 64 Anordnung 4; BGH, Beschl. v. 20.1.2006 - 2 StR 566/05). |
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Urteil |
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U.1 |
Die
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist bei
Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich auch dann
zwingend,
wenn die Maßregel schon in einem früheren Verfahren
angeordnet worden ist, die in dem späteren Verfahren
abgeurteilten
Taten aber zum Teil nach der früheren Verurteilung begangen
worden
sind (vgl. BGH NStZ 1998, 79). Klarstellend hat der Bundesgerichtshof
insoweit bemerkt, dass gemäß § 67f
StGB mit
der
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei der zweiten
Gesamtfreiheitsstrafe die durch die erste Gesamtfreiheitsstrafe
aufrechterhaltene Maßregel erledigt ist (vgl. BGH,
Beschl. v.
5.9.2006 - 3 StR 305/06). Gegebenenfalls empfiehlt sich die Klarstellung, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur einmal angeordnet ist. Diese Maßregel kann in demselben Verfahren nur einheitlich und deshalb auch nur einmal angeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 4.6.2003 - 2 StR 137/03). |
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U.2 |
Die
Anordnung der Unterbringung hält rechtlicher
Überprüfung nicht stand, wenn die
tatsächlichen
Voraussetzungen der Maßregelanordnung nicht positiv
festgestellt
und bewiesen sind. Hat das Tatgericht die Feststellung des von
§
64 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Hangs, Rauschmittel im
Übermaß zu sich zu nehmen ausdrücklich
allein auf die
"unwiderlegte Einlassung" des Angeklagten gestützt, im
Tatzeitraum
drogenabhängig gewesen zu sein und beschränkt sich
die
weitere Begründung des Maßregelausspruchs im
wesentlichen
auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts, ist die Anordnung der
Maßregel nicht hinreichend begründet (vgl. BGH,
Beschl. v.
6.6.2001 - 2 StR 191/01). Mit der bloßen Bezugnahme auf die Aussage des Sachverständigen, wonach die Tat "wahrscheinlich" darauf zurückgehe, dass der Angeklagte Geld für "seinen Alkoholkonsum benötigte und er durch seinen Lebensstil gruppendynamischen Effekten unterlag", ist eine Symptomtat nicht sicher festgestellt und der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen Hang und Straftat nicht belegt (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.2012 - 2 StR 520/11). Es ist gerade Aufgabe des Tatrichters, sich gegenüber dem Sachverständigen die Eigenständigkeit der Beurteilung zu bewahren (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2002 – 1 StR 512/01; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13; van Gemmeren in MünchKommStGB, Band 2, 2. Aufl., § 64 Rn. 109). Beantwortet er allerdings eine für die Entscheidung über die Anordnung der Maßregel relevante Frage abweichend von der Bewertung des Sachverständigen, muss der Tatrichter seine vom Sachverständigen verschiedene Beurteilung in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise begründen (BGH, Urt. v. 22.1.2002 – 1 StR 512/01; BGH, Urt. v. 11.3.2014 - 1 StR 655/13). Für die Annahme fehlender Erfolgsaussicht der Maßregel im Hinblick auf die problematische "psychische Disposition" des Angeklagten bedarf es der Prüfung und Darlegung, daß auch mit therapeutischen Mitteln eine positive Beeinflussung des Angeklagten nicht zu erreichen wäre (BGHR § 64 StGB Abs. 1 Erfolgsaussicht 7; BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 583/99; BGH, Beschl. v. 18.5.2000 - 4 StR 127/00). Die Formulierung, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sinnvoll sei, „weil derzeit nicht festzustellen ist, dass eine derartige Maßnahme von vornherein aussichtslos erscheint (§ 64 Abs. 2 StGB)“ ist rechtsfehlerhaft. Erforderlich ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 29.7.2009 - 2 StR 266/09; BGH, Beschl. v. 24.11.2009 - 4 StR 422/09; Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 18 f.; siehe dazu auch oben Rdn. 35.2). Ist das Tatgericht „vollumfänglich“ der psychiatrischen Sachverständigen gefolgt, welche die negative Gefahrenprognose mit „seiner (des Angeklagten) offenkundigen sich steigernden Neigung zu körperlichen Übergriffen“ begründet hat und wird im Rahmen der konkreten Strafzumessung mitgeteilt, dass das Gericht, nachdem der Angeklagte behauptet hatte, früherer Aggressionsdelikte bewusst wahrheitswidrig beschuldigt worden zu sein, „die Anträge der Verteidigung auf Sachverhaltsaufklärung aller vorheriger Verfahren zurückgewiesen“ und „lediglich die Warnfunktion der beiden Vorstrafen“ berücksichtigt hat, findet danach die die Prognose tragende Erwägung in den getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2012 - 4 StR 558/11). Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erweist sich als rechtsfehlerhaft, wenn das Urteil keine Feststellungen zu der von § 64 Satz 2 StGB verlangten Erfolgsaussicht dieser Maßregel enthält und sich diese nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil auch nicht von selbst versteht (vgl. BGH, Beschl. v. 26.8.2009 - 2 StR 302/09; BGH, Beschl. v. 4.11.2014 - 4 StR 467/14; vgl. auch BGH, Beschl. v. 27.11.2014 - 5 StR 454/14 betr. außerordentlich ungünstige Umstände für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht; BGH, Beschl. v. 4.11.2014 - 5 StR 464/14 betr. langjährige Drogenabhängigkeit). Legt das Tatgericht bei der Nichtanordnung der Maßregel seiner vom Gutachten des Sachverständigen abweichenden Entscheidung in der Sache die bloße Vermutung zugrunde, der auch nach ihrer Auffassung weiterhin alkoholabhängige Angeklagte sei dauerhaft abstinent, ist damit den insoweit bestehenden Darlegungserfordernissen namentlich in Bezug auf hinreichende eigene gerichtliche Sachkunde (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2008 – 2 StR 391/08 - NStZ-RR 2009, 11; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 244 Rn. 73, jeweils mwN) offensichtlich nicht genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.2012 - 5 StR 446/12). Nach § 64 Satz 2 StGB ergeht die Unterbringungsanordnung nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten durch die Behandlung zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen. Diese konkrete Erfolgsaussicht, die insbesondere von der Persönlichkeit des Täters, der Art und dem Stadium seiner Sucht sowie von bereits eingetretenen physischen und psychischen Veränderungen und Schädigungen abhängt (BGH, Beschl. v. 18.12.2012 - 4 StR 453/12; LK-Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 137), ist in den Urteilsgründen nicht rechtsfehlerfrei belegt, wenn der Angeklagte nach den Feststellungen seit Jahrzehnten schwer alkoholabhängig ist, mit Spider Naevi, Palmarerythem und Polyneuropathie bereits äußerlich erkennbare Zeichen der Alkoholkrankheit trägt und seit Jahren allmorgendlich unter Entzugserscheinungen leidet und die hinreichende Erfolgsaussicht allein darauf gestützt wird, dass der Angeklagte im Jahre 1993 im Anschluss an eine - allerdings vorzeitig abgebrochene - Entwöhnungsbehandlung etwa ein Jahr alkoholabstinent lebte. Angesichts der Tatsache, dass diese nur kurzfristig erfolgreiche Maßnahme bereits annährend zwei Jahrzehnte zurückliegt, der Angeklagte nach seinem Rückfall durchgängig Alkohol konsumiert hat und mehrere Entgiftungsbehandlungen - zuletzt im Jahre 2002 - ohne nachhaltigen Erfolg geblieben sind, erweist sich die Einschätzung des Tatgerichts als nicht tragfähig (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2012 - 4 StR 453/12; BGH, Beschl. v. 16.9.2009 - 2 StR 288/09). Zwar ist ein Gericht nicht gehindert, von dem Gutachten eines vernommenen Sachverständigen abzuweichen, da dieses stets nur Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein kann; insbesondere kann ihm das erstattete Gutachten die erforderliche Sachkunde verschafft haben, um die zu klärende Beweisfrage eigenständig und auch im Gegensatz zum Sachverständigen zu beantworten. Will es jedoch eine Frage, für deren Beantwortung es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen musste, im Widerspruch zu dem Gutachten beantworten, muss es die Gründe hierfür in einer Weise darlegen, die dem Revisionsgericht die Nachprüfung erlaubt, ob es das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat. Hierzu bedarf es einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit den Darlegungen des Sachverständigen, insbesondere zu den Gesichtspunkten, auf welche das Gericht seine abweichende Auffassung stützt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2001 - 3 StR 333/01 - NStZ-RR 2002, 259 bei Becker; BGH, Urt. v. 10.12.2009 - 4 StR 435/09 - NStZ-RR 2010, 105, 106 jeweils mwN; BGH, Beschl. v. 21.8.2014 - 3 StR 341/14). Mit der unterschiedlichen Beurteilung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB in dem vorläufigen schriftlichen Gutachten einerseits und in dem in der Hauptverhandlung erstatteten mündlichen Gutachten andererseits muss sich das Tatgericht näher befassen. Zwar bereitet ein schriftliches Gutachten die Begutachtung in der Hauptverhandlung lediglich vor; maßgeblich ist daher nur das mündliche Gutachten des Sachverständigen (vgl. BGH, Urt. v. 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167; BGH, Beschl. v. 11.2.2016 - 2 StR 458/15). Widersprechen sich beide Gutachten in einem entscheidenden Punkt, muss diese Abweichung näher begründet werden (BGH, Beschl. v. 13.5.2005 – 2 StR 160/05 - NStZ 2005, 683, 684; BGH, Beschl. v. 11.2.2016 - 2 StR 458/15). Das Gericht muss sich mit diesem Widerspruch auseinandersetzen und in den Urteilsgründen nachvollziehbar darlegen, warum es das eine Ergebnis für zutreffend, das andere für unzutreffend erachtet (BGH, Beschl. v. 29.12.1989 - 4 StR 630/89 - NStZ 1990, 244, 245; BGH, Beschl. v. 13.7.2004 - 4 StR 120/04 - NStZ 2005, 161; BGH, Beschl. v. 11.2.2016 - 2 StR 458/15). |
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Z.2 |
Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB ist, sofern bei einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren nicht ausnahmsweise von einer Vikariierung abgesehen wird, der vorweg zu vollstreckende Teil der Freiheitsstrafe so zu bemessen, dass nach seiner Verbüßung und einer anschließenden Unterbringung eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt, möglich ist. Ein Beurteilungsspielraum steht dem Tatrichter insoweit nicht zu. Zur Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe ist eine Prognose darüber notwendig, wie lange genau die Unterbringung in der Maßregel zur Durchführung der Therapie voraussichtlich erforderlich sein wird. Die Therapiedauer muss individuell festgelegt werden. Es genügt nicht, dass der Tatrichter nur eine Mindest- und eine Höchstdauer – also einen Zeitraum – prognostiziert (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 24.9.2008 – 1 StR 478/08 - Rn. 6 f.; BGH, Beschl. v. 13.1.2010 – 3 StR 532/09 - Rn. 4; BGH, Beschl. v. 31.8.2010 – 3 StR 309/10 - Rn. 3; BGH, Urt. v. 8.4.2010 – 4 StR 53/10 - Rn. 5; so zusammenfassend: BGH, Beschl. v. 27.3.2013 - 4 StR 60/13; siehe hierzu im Einzelnen: § 67 StGB, Reihenfolge der Vollstreckung). | |
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Z.3 |
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Z.3.7 |
Sind
dringende Gründe für die Annahme vorhanden,
daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert (§ 126a Abs. 1 StPO). siehe auch: Einstweilige Unterbringung, § 126a StPO |
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Z.3.8 |
Nach
§ 81
StPO kann das Gericht zur Vorbereitung eines
Gutachtens
über den psychischen Zustand des Beschuldigten nach
Anhörung
eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen,
daß
der Beschuldigte - für längstens sechs Wochen - in
ein
öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort
beobachtet wird. Diese Anordnung trifft das Gericht nur, wenn der
Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist und die Anordnung
zu
der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder
Maßregel der Besserung und Sicherung nicht außer
Verhältnis steht. Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das
Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens
zuständig wäre. Gegen den
Anordnungsbeschluß ist
sofortige Beschwerde zulässig, die aufschiebende Wirkung hat.
Kommt die Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung in Frage, ist die
Mitwirkung eines Verteidigers nach § 140
Abs. 1 Nr. 6 StPO
notwendig. siehe auch: Unterbringung zur Beobachtung des Beschuldigten, § 81 StPO |
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Z.3.9 |
Die
"Organisationshaft" bezieht sich auf die Organisation des
Vorwegvollzugs einer in einem rechtskräftigen Urteil
gemäß §§ 63,
64 StGB angeordneten
Maßregel
der Besserung und Sicherung. Unter "Organisationshaft" ist die
Freiheitsentziehung in einer Justizvollzugsanstalt zu verstehen, die
gegen einen rechtskräftig Verurteilten bis zu dem Zeitpunkt
seiner
Überstellung in die zuständige
Maßregeleinrichtung -
psychiatrisches Krankenhaus oder Entziehungsanstalt -
vorübergehend vollzogen wird. BVerfG, Beschl. v. 26.9.2005 - 2 BvR 1019/01 Eine gesetzeswidrige und dem zu vollstreckenden Urteil widersprechende Umkehrung der Vollstreckungsreihenfolge liegt bei der "Organisationshaft" dann vor, wenn die Vollstreckungsbehörde in Umsetzung des gerichtlichen Rechtsfolgenausspruchs nicht unverzüglich die Überstellung des Verurteilten in den Maßregelvollzug einleitet und herbeiführt (BVerfG, Beschl. v. 26.9.2005 - 2 BvR 1019/01; vgl. hierzu Brandenburgisches OLG, StV 2001, S. 23 (25)). Das Oberlandesgericht Hamm hat ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung (vgl. MDR 1980, 952) aufgegeben, wonach bei fehlenden Kapazitäten im Maßregelvollzug die Vollstreckung von Organisationhaft für etwa drei Monate zulässig sein soll. Weder die für die Strafvollstreckungsbehörden maßgeblichen Vorschriften der §§ 449 ff. StPO noch die Vorschrift des § 67 Abs. 2 und 3 StGB erlauben die sog. Organisationshaft (OLG Hamm, Beschl. v. 25.11.2003 - 4 Ws 537 u. 4 Ws 569/03). |
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Z.3.9.1 |
Zur Frage der Anrechnung der "Organisationshaft" bei der Strafzeitberechnung, wonach die "Organisationshaft", soweit die Strafzeitberechnung betroffen ist, dem Betroffenen nicht zum Nachteil gereichen darf siehe: BVerfG, Beschl. vom 18.6.1997, 2 BvR 2422/96, NStZ 1998, S. 77. Im Rahmen der Strafzeitberechnung kann durch eine Anrechnung der "Organisationshaft" auf die Freiheitsstrafe sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer keinen Nachteil erleiden muss. Dies ist wegen der besonderen Bedeutung des Freiheitsgrundrechts von Verfassungs wegen geboten (BVerfG a.a.O.). | |
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Z.4 |
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Z.4.1 |
Ist
damit zu rechnen, daß die Unterbringung des Beschuldigten
in
einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so soll nach
§
80a
StPO schon im Vorverfahren einem Sachverständigen
Gelegenheit
zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden Gutachtens
gegeben werden. siehe auch: § 80a StPO, Zuziehung im Vorverfahren Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO; vgl. nur BGH, Beschl. v. 18.5.2010 - 3 StR 115/10). Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so ist nach § 246a StPO in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden. siehe auch: § 246a StPO, Zuziehung eines Sachverständigen |
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Z.4.2 |
Das
Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs.
3 GG - Prozessgrundrecht
- gilt nicht für die Anordnung von Maßregeln der
Besserung
und Sicherung (vgl. BGH,
Beschl. v. 15.4.2008 - 5 StR 431/07 - BGHSt
52, 205 ff. - NStZ 2008, 330). siehe auch: § 1 StGB, Keine Strafe ohne Gesetz --> Rdn. 25.2 - Maßregeln der Besserung und Sicherung |
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Z.4.5 |
Das
Verwertungsverbot des § 51
Abs. 1 BZRG gilt auch bei der Anordnung
von Maßregeln
der Besserung und Sicherung
(vgl. BGHSt 25, 100 ff.; BGH,
Beschl. v.
4.10.2000 - 2 StR 352/00 - StV 2002, 479; BGH,
Beschl. v. 27.6.2002 - 4
StR 162/02 - NStZ-RR 2002, 332; BGH, Beschl. v. 21.8.2012 - 4
StR
247/12). So liegt etwa in der Heranziehung im Bundeszentralregister
getilgter Verurteilungen zur Beurteilung der
Gefährlichkeitsprognose ein Verstoß gegen das auch bei der
Anordnung
von Maßregeln der Besserung und Sicherung geltende gesetzliche
Verwertungsverbot des § 51
Abs. 1 BZRG, der auf Sachrüge hin zu
berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2013 - 4 StR 145/13;
BGH, Beschl. v. 28.8.2012 – 3 StR 309/12 - BGHSt 57, 300, 302 f.; BGH,
Beschl. v. 21.8.2012 – 4 StR 247/12 - NStZ-RR 2013, 84). Nach
dieser
Vorschrift dürfen aus Taten, die Gegenstand getilgter Verurteilungen
sind, keine nachteiligen Schlüsse auf die Persönlichkeit eines
Angeklagten gezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2013 - 4 StR
145/13; BGH,
Beschl. v. 4.2.2010 – 3 StR 8/10 - BGHR BZRG § 51
Verwertungsverbot 11). siehe auch: Verwertungsverbot, § 51 BZRG - Rdn. 5 |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf
§ 64 StGB wird verwiesen in: § 67 StGB siehe auch: Vollstreckungsreihenfolge, § 67 StGB § 67g StGB siehe auch: Widerruf der Aussetzung, § 67g StGB § 67h StGB siehe auch: Befristete Wiederinvollzugsetzung; Krisenintervention, § 67h StGB |
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Z.8.2 |
§ 64 StGB wurde mit Wirkung vom 1.8.2016
geändert durch das Gesetz zur
Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer
Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. I S. 1610). Zuvor hatte die
Vorschrift folgenden Wortlaut: "§ 64 StGB Unterbringung in einer Entziehungsanstalt Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen." |
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Z.20 |
Ein
Verstoß gegen § 265
Abs. 2 StPO liegt etwa vor,
wenn der Angeklage weder in der Anklageschrift noch in dem
Eröffnungsbeschluss auf die Möglichkeit
seiner
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen
Krankenhaus hingewiesen worden ist und auch in der Hauptverhandlung das
Gericht einen solchen Hinweis nicht erteilt hat. Der Umstand, dass der
Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anordnung der
Maßregel
beantragt oder dass der zur Frage der Schuldfähigkeit des
Angeklagten in der Hauptverhandlung gehörte
Sachverständige
die Anordnung der Maßregel ausdrücklich empfohlen
hat, macht
einen solchen gerichtlichen Hinweis nicht entbehrlich (BGHSt 22, 29,
31; BGHR StPO § 265 Abs. 2 Hinweispflicht 2 und 6; BGH NStZ
1985,
325; BGH NStZ 1998, 529; BGH,
Beschl. v. 26.4.2000 - 2 StR 136/00; BGH,
Beschl. v. 4.6.2002 - 3 StR 144/02; BGH,
Beschl. v. 25.5.2005 - 2 StR
142/05; BGH,
Beschl. v. 2.4.2008 - 2 StR 529/07). Die
Einführung
nur durch eine Beweisperson reicht nicht aus (vgl. BGH,
Beschl. v.
4.6.2002 - 3 StR 144/02; BGH,
Beschl. v. 9.7.2008 - 1 StR 280/08;
Engelhardt in KK 4. Aufl. § 265 Rdn. 24 m. w. N.). siehe auch: Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts, § 265 StPO Hat der Verteidiger in seinem Schlussvortrag auch zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus Stellung genommen und das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen aus seiner Sicht bejaht, kann bei dieser Sachlage auszuschließen sein, dass das Urteil auf dem Verfahrensverstoß beruhen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 26.5.1998 - 5 StR 196/98; BGH, Beschl. v. 9.7.2008 - 1 StR 280/08). siehe auch: Revisionsgründe, § 337 StPO |
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Strafgesetzbuch - Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen der Tat) 6. Titel (Maßregeln der Besserung und Sicherung) |
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